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Der Gastroenterologe Schwerpunkt Gastroenterologe 2021 · 16:25–34 https://doi.org/10.1007/s11377-020-00496-x Angenommen: 30. November 2020 Online publiziert: 22. Dezember 2020 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Redaktion M. Fried, Zürich J. Hampe, Dresden R. Jakobs, Ludwigshafen F. Mathis-Ullrich · P. M. Scheikl Institut für Anthropomatik und Robotik (IAR), Health Robotics and Automation Laboratory (HERA), Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe, Deutschland Robotik im Operationssaal – (Ko-)Operieren mit Kollege Roboter Hinführung zum Thema Die Medizinrobotik birgt das Potenzi- al, chirurgische Eingriffe zu verbessern, indem hochpräzise Bewegungen und übermenschliche Perzeption durch die Technologie ermöglicht werden. Zudem gewährleistet innovative Medizintechnik die Digitalisierung des Operationssaals, die sichere und personalisierte Behand- lung von Patienten und den effizienten Einsatz von medizinischem Personal und Ressourcen im Gesundheitswesen. Methoden des maschinellen Lernens ver- sprechen insbesondere durch die Analyse großer Datenmengen die Verbesserung der Qualität von Diagnose und Behand- lung sowie die aktive Unterstützung von Chirurgen. Robotergestützte Chirurgie Trotz der nur langsam ansteigenden Anzahl durchgeführter Operationen in Deutschland nimmt der Anteil robotisch assistierter Chirurgie stetig zu (. Abb. 1). Allein der wohl bekannteste Chirur- gieroboter Da Vinci (Intuitive Surgical Inc., Sunnyvale, CA, USA) wurde bisher mehr als 5500-mal installiert und in mehr als 7 Mio. Eingriffen verwendet. Die Medizinrobotik verspricht, durch Integration von hochpräzisen Sensoren und flexiblen aktiven Instrumenten die natürlichen Fähigkeiten der Chirurgin zu erweitern. Obwohl Chirurgieroboter erst in der letzten Dekade regulär in den Operationssälen Einzug erhielten, wurden schon in den 1980er-Jahren an robotischen Assistenzsystemen für die Chirurgie geforscht. » Schon in den 1980er- Jahren wurde an robotischen Assistenzsystemen für die Chirurgie geforscht Das erste Konzept von ROBODOC (THINK Surgical ® , Fremont, CA, USA) wurde im Jahr 1986 für die assistierte Hüſtoperation vorgestellt. Im gleichen Jahr führte ein Programmable-Uni- versal-Machine-for-Assembly(PUMA)- Roboter eine neurochirurgische Biopsie im Gehirn erfolgreich durch [10], wurde später für die transurethrale Resektion der Prostata verwendet [4] und wurde somit der Vorgänger des PROBOT (ent- wickelt am Imperial College London). Es folgten mehrere experimentelle Sys- teme für die telemanipulierte Chirurgie, bis im Jahr 2000 das Da-Vinci-System kommerzialisiert wurde und seitdem den Chirurgierobotermarkt anführt. Bei der unter dem Namen „Lindbergh Operation“ bekannt gewordenen Rei- he von transatlantisch teleoperierten Cholezystektomien steuerte der Chirurg in New York einen Chirurgieroboter, der an Patienten in Strasbourg ope- rierte [13]. Während Da Vinci, so wie viele Wettbewerber, für chirurgische Interventionen der Gynäkologie, der Urologie und der Allgemeinchirurgie genutzt werden, werden zurzeit ver- mehrt robotische Assistenten für andere medizinische Disziplinen zertifiziert und kommerzialisiert. Prominent vertreten ist dabei die Orthopädie, aber auch mikrochirurgische Systeme für Anwen- dungen in der Ophthalmologie oder der Neurochirurgie sowie Systeme für die Gastroenterologie. Chirurgieroboter sind unter verschie- denen Gesichtspunkten einzuordnen. Insbesondere ist bei der Konzeption, Entwicklung und Nutzung eines sol- chen Systems sicher zu stellen, dass der Chirurg durch ein robotisches Sys- tem mit adäquater Automatisierung unterstützt wird. Die Wahl der Au- tomatisierungsstufe richtet sich häufig nach Standardisierung des Eingriffs, Erfahrung des Chirurgs und Verfügbar- keit von Daten. Im Allgemeinen teilt man Chirurgieroboter in verschiedene Automatisierungsgrade. Die sog. Tele- manipulation beinhaltet eine einseitig gerichtete, direkte Fernsteuerung eines Roboters durch den Operateur mittels Joysticks oder eines haptischen Steuer- terminals und bezeichnet eine geringe Automationsstufe mitdem menschlichen Akteur als Unterbrecher des digitalen In- formationstransfers. Ein zunehmendes Automationslevel zeigen Operationen auf, bei denen vorgeplante Prozedu- ren und programmierte Aktionen unter Sensoreinsatz automatisch vom Robo- ter durchgeführt werden. Vollautonome Operationen existieren zurzeit weitge- hend in der Forschung und werden noch nicht regulär im Operationssaal eingesetzt. Dennoch verspricht der Ein- satz von maschinellen Lernmethoden die wachsende Autonomie von Chir- Der Gastroenterologe 1 · 2021 25

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DerGastroenterologe

Schwerpunkt

Gastroenterologe 2021 · 16:25–34https://doi.org/10.1007/s11377-020-00496-xAngenommen: 30. November 2020Online publiziert: 22. Dezember 2020© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil vonSpringer Nature 2020

RedaktionM. Fried, ZürichJ. Hampe, DresdenR. Jakobs, Ludwigshafen

F. Mathis-Ullrich · P. M. ScheiklInstitut für Anthropomatik und Robotik (IAR), Health Robotics and Automation Laboratory (HERA),Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe, Deutschland

Robotik im Operationssaal –(Ko-)Operieren mit KollegeRoboter

Hinführung zum Thema

Die Medizinrobotik birgt das Potenzi-al, chirurgische Eingriffe zu verbessern,indem hochpräzise Bewegungen undübermenschliche Perzeption durch dieTechnologie ermöglicht werden. Zudemgewährleistet innovative Medizintechnikdie Digitalisierung des Operationssaals,die sichere und personalisierte Behand-lung von Patienten und den effizientenEinsatz von medizinischem Personalund Ressourcen im Gesundheitswesen.MethodendesmaschinellenLernensver-sprechen insbesonderedurchdieAnalysegroßer Datenmengen die Verbesserungder Qualität von Diagnose und Behand-lung sowie die aktive Unterstützung vonChirurgen.

Robotergestützte Chirurgie

Trotz der nur langsam ansteigendenAnzahl durchgeführter Operationen inDeutschland nimmt der Anteil robotischassistierter Chirurgie stetig zu (. Abb. 1).Allein der wohl bekannteste Chirur-gieroboter Da Vinci (Intuitive SurgicalInc., Sunnyvale, CA, USA) wurde bishermehr als 5500-mal installiert und inmehr als 7 Mio. Eingriffen verwendet.Die Medizinrobotik verspricht, durchIntegration von hochpräzisen Sensorenund flexiblen aktiven Instrumenten dienatürlichen Fähigkeiten der Chirurginzu erweitern. Obwohl Chirurgierobotererst in der letzten Dekade regulär inden Operationssälen Einzug erhielten,wurden schon in den 1980er-Jahren an

robotischen Assistenzsystemen für dieChirurgie geforscht.

» Schon in den 1980er-Jahren wurde an robotischenAssistenzsystemen für dieChirurgie geforscht

Das erste Konzept von ROBODOC(THINK Surgical®, Fremont, CA, USA)wurde im Jahr 1986 für die assistierteHüftoperation vorgestellt. Im gleichenJahr führte ein Programmable-Uni-versal-Machine-for-Assembly(PUMA)-Roboter eine neurochirurgische Biopsieim Gehirn erfolgreich durch [10], wurdespäter für die transurethrale Resektionder Prostata verwendet [4] und wurdesomit der Vorgänger des PROBOT (ent-wickelt am Imperial College London).Es folgten mehrere experimentelle Sys-teme für die telemanipulierte Chirurgie,bis im Jahr 2000 das Da-Vinci-Systemkommerzialisiert wurde und seitdemden Chirurgierobotermarkt anführt.Bei der unter dem Namen „LindberghOperation“ bekannt gewordenen Rei-he von transatlantisch teleoperiertenCholezystektomien steuerte der Chirurgin New York einen Chirurgieroboter,der an Patienten in Strasbourg ope-rierte [13]. Während Da Vinci, so wieviele Wettbewerber, für chirurgischeInterventionen der Gynäkologie, derUrologie und der Allgemeinchirurgiegenutzt werden, werden zurzeit ver-mehrt robotische Assistenten für anderemedizinischeDisziplinen zertifiziert und

kommerzialisiert. Prominent vertretenist dabei die Orthopädie, aber auchmikrochirurgische Systeme für Anwen-dungen in der Ophthalmologie oder derNeurochirurgie sowie Systeme für dieGastroenterologie.

Chirurgieroboter sind unter verschie-denen Gesichtspunkten einzuordnen.Insbesondere ist bei der Konzeption,Entwicklung und Nutzung eines sol-chen Systems sicher zu stellen, dassder Chirurg durch ein robotisches Sys-tem mit adäquater Automatisierungunterstützt wird. Die Wahl der Au-tomatisierungsstufe richtet sich häufignach Standardisierung des Eingriffs,Erfahrung des Chirurgs und Verfügbar-keit von Daten. Im Allgemeinen teiltman Chirurgieroboter in verschiedeneAutomatisierungsgrade. Die sog. Tele-manipulation beinhaltet eine einseitiggerichtete, direkte Fernsteuerung einesRoboters durch den Operateur mittelsJoysticks oder eines haptischen Steuer-terminals und bezeichnet eine geringeAutomationsstufemitdemmenschlichenAkteur als Unterbrecher des digitalen In-formationstransfers. Ein zunehmendesAutomationslevel zeigen Operationenauf, bei denen vorgeplante Prozedu-ren und programmierte Aktionen unterSensoreinsatz automatisch vom Robo-ter durchgeführt werden. VollautonomeOperationen existieren zurzeit weitge-hend in der Forschung und werdennoch nicht regulär im Operationssaaleingesetzt. Dennoch verspricht der Ein-satz von maschinellen Lernmethodendie wachsende Autonomie von Chir-

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Schwerpunkt

Abb. 19 ZunehmendeOperationszahlenmit ro-botischer Unterstützung.aOperationen inDeutsch-land,bOperationenmitOperationsroboter. (Aus[29])

urgierobotern zur Durchführung vonmedizinischen (Teil-)Prozessen.

» Vollautonome Operationenwerden noch nicht regulär imOperationssaal eingesetzt

Zudem unterscheiden sich Chirurgiero-boter aufgrund ihrer mechanischenStruktur (Kinematik). Diese reichen vonaus der Industrie bekannten Roboterar-men mit 6–8 Freiheitsgraden bis hin zukomplett flexiblen Systemen, den sog.medizinischenKontinuumsrobotern. ImGegensatz zu flexiblen Instrumenten, dieinhärent sicher sind, müssen starre, ro-botisch geführte Instrumente jeweilsum einen mechanischen Fixpunkt imKörper (Einschnitt) bewegt (pivotiert)werden, sodass kein Gewebe verletztwird. Die Pivotierung kann entwederdurch eine mechanische Fixierung miteingeschränkten Freiheitgraden oderdurch die Steuerungssoftware ermög-licht werden.

Robotische Assistenz

Die Medizinrobotik birgt das Potenzial,minimal-invasive chirurgische Eingriffezu verbessern, indem hochpräzise Bewe-gungen skaliert und Interaktionskräftegemessen werden können. Während mi-nimal-invasive Telemanipulatoren und

Navigationsassistenten vermehrt Einzugin den Operationssaal gefunden haben,befinden sich medizinische Kontinu-umsroboter (Definition siehe Abschnitt„Flexible Chirurgieroboter und roboti-scheEndoskopie“)undKapselendoskopehauptsächlich in der Forschung.

Minimal-invasive Tele-manipulatoren

Seit der Zulassung desDa-Vinci-Systemshat sich dieses zum Goldstandard derMedizinroboter entwickelt und sah lan-ge Zeit kaum Konkurrenz. Da zurzeitviele der von Intuitive Surgical Inc. ge-haltenen Patente auslaufen, drängen zu-nehmend Wettbewerber auf den Markt,um ihren Anteil am enormen Marktpo-tenzial von geschätzt 20 Mrd. US-Dollarim Jahr 2021 zu beanspruchen. Zu denbekanntestenWettbewerbern mit Zulas-sung gehören Avatera (avateramedical,Jena, Deutschland), Senhance (TransEn-terix, Morrisville, NC, USA) und Versi-us (CMR Surgical, Cambridge, Vereinig-tes Königreich). Weitere sich in der Ent-wicklung befindende Chirurgieroboter,die in den nächsten Jahren ihre Zulas-sung erwarten, sind Hugo (Medtronic,Dublin, Irland), Dexter (DistalMotion,Lausanne, Schweiz) und Innovationenvon der Fa. Verb Surgical, die 2015 durcheinen Zusammenschluss der Technolo-giegiganten Google Alphabet (Mountain

View, CA, USA) und Johnson&Johnson(New Brunswick, NJ, USA) entstand.

» Die vorgestelltenMedizinroboter stellen einengeringen Automatisationsgraddar

Die hier vorgestellten Medizinroboterstellen im Allgemeinen einen geringenAutomatisationsgrad dar, da sie durcheinen Operateur von einer Konsole ausferngesteuert werden (. Abb. 2). DieKonsole skaliert die Handbewegungender Chirurgin und überträgt diese andie robotischen Operationsinstrumente,die durch einen Trokar in den Körpereingebracht werden, um so hochpräziseBewegungen zu ermöglichen. ImGegen-satz zum Marktführer Da Vinci bieteneinige robotische Systeme (z.B. Avatera;MiroSurge, Deutsches Zentrum für Luft-und Raumfahrt, Köln, Deutschland; Se-nhance, TransEnterix) zusätzlich durchAnbringung von Kraftsensoren am dis-talen Ende des robotischen Instrumentsdie Möglichkeit eines haptischen Feed-backs an den Chirurgen, um somit dietaktile Wahrnehmung zu unterstützen.

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Robotische Navigationsassistenten

Robotische Navigationssysteme unter-stützen Chirurgen bei der präzisen Po-sitionierung von chirurgischen Instru-menten undwerden aufgrund der hohenPräzision insbesondere in der Neuro-chirurgie angewandt, so zum Beispielder Stealth AutoguideTM (Medtronic,Dublin, Irland), ROSA ONE® (Zim-mer Biomet, Warsaw, IN, USA) oderNeuromate® (Renishaw, Gloucesters-hire, Vereinigtes Königreich). Das inder Orthopädie genutzte MAKO-System(Stryker, Kalamazoo, MI, USA) plantpräoperativ virtuelle Grenzen, die einam Roboter befestigter und zugleichmanuell geführter Fräser nicht über-winden kann. Intuitive Schnittstellenzum Chirurgen bilden bei robotischenNavigationssystemen oft haptische In-formationen oder erweiterte Realität,indem chirurgische Bilder auf dem Bild-schirm augmentiert oder Informationenin Datenbrillen dargestellt werden [17].

Flexible Chirurgieroboter undrobotische Endoskopie

Im Gegensatz zu robotischen Syste-men, die ein starres Instrument führen,versprechen flexible Instrumente ei-ne höhere Manipulierbarkeit innerhalbenger Gefäße und Organe. Ein medizi-nischer Kontinuumsroboter bezeichnetdaher ein ansteuerbares flexibles Ins-trument, das entlang kontinuierlicherKurven bewegt werden kann, z.B. in derEndoskopie. ImAllgemeinenunterschei-den sich Kontinuumsroboter aufgrundder Anzahl ansteuerbarer Freiheitsgradeund der damit verbundenen Flexibilitätder Bewegung sowie der intrinsischenoder extrinsischen Aktuierung. Zudemwerden diese flexiblen Roboter mit In-strumenten oder Sensoren versehen, umBehandlung und Diagnose mit erhöhterManipulierbarkeit innerhalbdesKörpersdurchzuführen.

Chirurgieroboternmit starren Instru-menten folgend nehmen nun endolumi-nale robotische Systeme für den klini-schen Einsatz in der GastroenterologieEinzug in den Operationssaal. Das Flex®Robotic System(Medrobotics,Raynham,MA,USA)besteht aus einem teleoperier-

Zusammenfassung · Abstract

Gastroenterologe 2021 · 16:25–34 https://doi.org/10.1007/s11377-020-00496-x© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

F. Mathis-Ullrich · P. M. Scheikl

Robotik im Operationssaal – (Ko-)Operieren mit Kollege Roboter

ZusammenfassungHintergrund. Medizinrobotik birgt dasPotenzial, chirurgische oder endoluminaleEingriffe zu verbessern, indem dieseTechnologie hochpräzise Bewegungen undübermenschliche Perzeption ermöglicht.Ziel der Arbeit. Darstellung historischer,existierender und zukünftiger robotischerAssistenten sowie Herausstellung derenAuswirkungen auf die robotische Chirurgieund Endoskopie.Methoden. Insbesondere werden historischeMedizinroboter sowie konventionelleTelemanipulatoren vorgestellt und diesemit minimal-invasiven Kontinuumsroboternund neuartigen robotischen Konzeptenaus Praxis und Forschung verglichen.

Zusätzlich wird eine Perspektive für diezukünftige Generation von Chirurgie- undEndoskopierobotern geboten.Schlussfolgerung. RoboterassistierteMedizin bietet einen großen Mehrwertfür die Qualität der Intervention sowieSicherheit für Chirurgen und Patientinnen.Zukünftig werden vermehrt Prozessschritte(teil-)autonom in Kooperation mit Expertendurchgeführt.

SchlüsselwörterRobotische Operationsverfahren · Compu-tergestützte Chirurgie · Minimal-invasiveChirurgie · Endoskopie · Telemedizin

Robots in the operating room—(co)operation during surgery

AbstractBackground. Medical robotics has the po-tential to improve surgical and endoluminalprocedures by enabling high-precisionmovements and superhuman perception.Objectives. To present historical, existing andfuture robotic assistants for surgery and tohighlight their characteristics and advantagesfor keyhole surgery and endoscopy.Methods. In particular, historical medicalrobots and conventional telemanipulatorsare presented and compared with minimallyinvasive continuum robots and novel roboticconcepts from practice and research. In

addition, a perspective for future generationsof surgical and endoluminal robots is offered.Conclusion. Robot-assistedmedicine offersgreat added value for quality of interventionas well as safety for surgeons and patients.In the future, more surgical steps will beperformed (semi-)autonomously and incooperationwith the experts.

KeywordsRobotic surgical procedures · Computer-assisted surgery · Minimally invasive surgery ·Endoscopy · Telemedicine

ten endoluminalen System, das in Studi-en für den transanalen und transoralenEingriff untersucht wurde. Eine verglei-chende Studie demonstriert eine verein-fachteNavigationbeimkolorektalenEin-griff in der nichtlinearen Anatomie desRektums sowie reduzierten Blutverlustund Operationszeiten mit dem Flex Ro-botic System im Vergleich zum Da Vin-ci Si [15]. Das Invendoscope (vormalsInvendo Medical, Deutschland) wurdeim Jahr 2017 von Ambu (Ballerup, Dä-nemark) übernommen und ist ein ro-botergestütztes, handgehaltenes Einweg-koloskop mit einer wiederverwendbarenHandbedienung, über die das automati-sche Einführen sowie die Verformungder Instrumentenspitze gesteuert wird

[18].DasCE-zertifizierteEndomina-Sys-tem (Endo Tools Therapeutics, Gosse-lies, Belgien) ist über einen Joystick an-steuerbar und bietet einen flexiblen the-rapeutischen Kanal, der sich unabhän-gig vom Endoskop bewegen kann. DasAer-O-Scope (GI View Ltd., Tel Aviv, Is-rael) und das Endotics-System (ERA En-doscopy, Peccioli, Italien) sind Systeme,die Aspekte der autonomen Fortbewe-gung für die Koloskopie aufweisen. Dasinnovative Aer-O-Scope besteht aus ei-nemweichen,mehrlumigenKanalmit ei-nem integrierten pneumatischen Eigen-antrieb. Wird das Instrument in das Rek-tum eingeführt, so wird ein Ballon na-he der Instrumentenspitze aufgeblasen,um einen luftdichten Abschluss mit dem

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Schwerpunkt

a b

Abb. 28 aAvatera-System(Mit freundl.Genehmigung,©AvateraMedical,Deutschland)undbDexter(mit freundl. Genehmigung,©Distal Motion, Schweiz)

Kolon zu bilden und eine raupenartigeBewegung zu ermöglichen.

» Das Endotics-Systemweist Aspekte der autonomenFortbewegung für die Koloskopieauf

Das Endotics-System besitzt eine lenk-bare Spitze mit integrierter LED-Kame-ra, Insufflations- und Absaugkanal, dieüber ein Kabel von außen angesteuertwird. Das System verfügt über proxi-male und distale Verankerungen, sodasseine automatische raupenartige Bewe-gung ermöglicht wird. Neben den kon-ventionellen Antrieben durch Kabel fürflexible robotische Instrumente werdenweiterhinneuartigeAntriebskonzepteer-forscht. Dies zeigt z. B. ein flexibles Ko-loskop, das durch einen externen robo-tisch geführten Magneten durch das Ko-lon bewegt wird und somit den Kontaktdes Instruments mit der Darmwand mi-nimiert, um Verletzungen vorzubeugen([16]; . Abb. 3).

Weitere chirurgische Disziplinen pro-fitieren von flexiblen robotischen Syste-men. So ermöglicht z. B. die teleope-rierte robotische Plattform MonarchTM

(Auris Health Inc., Redwood City, CA,USA)die ferngesteuerte Biopsie der Lun-ge und ist mit einer endoskopischen Ka-mera, einer Lichtquelle, Zu- und Ablaufsowie einerNadel oderBiopsiezange aus-gestattet [14]. Auch für endovaskuläreInterventionen drängen robotische Sys-teme auf den Markt. Während die ro-botischen Systeme CorPath (CorindusInc., Waltham, MA, USA) und R-OneTM(Robocath, Rouen, Frankreich) den Füh-

rungsdraht und Katheter außerhalb desPatienten ansteuern, ermöglicht dasNio-be-System (Stereotaxis Inc., Saint Louis,MO, USA) die automatisierte magneti-sche Steuerung derKatheterspitze für In-terventionen im schlagenden Herzen.

» Steuerbare Nadeln stelleneine weitere robotischeUnterstützung für die Chirurgiedar

Sogenannte steuerbare Nadeln stelleneine weitere Möglichkeit der roboti-schen Unterstützung für die Chirur-gie dar und werden insbesondere fürdie Leberchirurgie erforscht [6]. Die-se asymmetrischen Nadeln können inweiches Gewebe eingeführt werden undermöglichen durch gezielt kombinierteTranslation und Rotation der Nadel eineBewegung auf einem vorher definiertenPfad, während sie durch medizinischeBildgebung, wie Fluoroskopie, beobach-tet und digital verfolgt werden kann.

Sonstige robotische Systeme

Kabellose robotischeSystemekönnenak-tiv innerhalb anatomischer Strukturenbewegtwerden. Bei der robotischenKap-selendoskopie wird eine Kamerakapseldurch externe Magnetfelder und derenGradienten bewegt und vom Chirurgendurch den Körper gesteuert. Oft wer-den verschiedene Funktionen miteinan-der kombiniert wie bei einer weichenEndoskopiekapsel, die Bilder aufnimmtund gleichzeitig eine Biopsie im Magendurchführt ([20]; . Abb. 4).

Magnetisch aktuierte kabellose Syste-me weisen den Vorteil der Miniaturisie-rung auf, da diese Roboter keine odernur wenige bewegliche Bauteile beinhal-ten, sondern über externe Magnetfelderangetrieben sind und sich somit insbe-sonderefürhochpräzisemikrorobotischeAnwendungen eignen [24]. Durch Inno-vationen,wieMikroroboteroderAnwen-dung sog. Smart Materials, wird in Zu-kunft die Art und Verfügbarkeit von ro-botischen Endoskopen und Instrumen-ten erweitert, um anatomische Barrierenin derChirurgie zu überwinden und ver-besserte Manipulierbarkeit zu gewähr-leisten.

Vorteile vonMedizinrobotern

In der Vergangenheit stellten die hohenInvestitionskostenvonchirurgischenRo-botern ein großes Hindernis dar. Mit derindenletztenJahrenentstandenenDyna-mik amMarkt, getrieben vom AuslaufenderPatenrechte fürdasDa-Vinci-System,wird vermehrt Augenmerk auf die Vor-teile der roboterassistiertenChirurgie ge-legt. ImAllgemeinen beinhalten die Vor-teile der robotisch assistierten Schlüssel-lochtechnologie für die Patienten einenreduzierten Blutverlust sowie geringereTraumatisierung des umliegenden Ge-webesund schnellereWundheilung.Chi-rurgen profitieren von verbesserter Ar-beitssicherheit und Ergonomie sowie dervergrößertenVisualisierungdesOperati-onssitus und präziser Manipulierbarkeitvon chirurgischen Instrumenten. Somitkönnen intelligente Systeme und roboti-sche Instrumente die natürlichen Fähig-keiten der Chirurgen durch zusätzlicheSensorik und Aufbereitung von komple-xen Daten erweitern.

Verbesserte Präzision durchRoboter

Generell verspricht die roboterassistierteChirurgie eine verbesserte Präzision undFlexibilitätder Instrumente.WerdenPrä-zision undGeschwindigkeit vonmanuellund robotergestützten laparoskopischenEingriffenmiteinanderverglichen, zeich-net sich die robotisch unterstütze Ope-ration durch erhöhte Präzision aus, istaber zugleich langsamer [28]. Ein wei-

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Abb. 39 Ein flexi-ble Koloskop, dasdurch einen exter-nen robotisch ge-führtenMagnetendurch das Kolonbewegtwird. (Mitfreundl. Genehmi-gung,©STORM Lab,University of Leeds,Leeds, VereinigtesKönigreich)

Abb. 48 Eineweiche Endoskopiekapsel, die Bilder aufnimmtundeine Biopsie imMagendurchführt.(Mit freundl. Genehmigung,©Max Planck Institute for Intelligent Systems, Tübingen, Deutschland)

terer Vorteil der roboterassistierten Chi-rurgie zeigt sich durch die Möglichkeitzum Skalieren von Instrumentenbewe-gungen und zum Filtern von ungewoll-ten Bewegungen wie von menschlichemTremor. So kann ein robotisches Systemaktive Unterstützung bei mikrochirurgi-schen Interventionen oder in kritischenSituationen leisten, in denen sehr klei-ne oder langsame Bewegungen der chi-rurgischenInstrumentebenötigtwerden.Zudem trägt in der Laparoskopie oderEndoskopie eine robotisch stabil gehal-tene Kamera zur besseren Sichtbarkeitvon Gefäßen und Organen und damitzur Qualität des Operationsergebnissesbei.

Verfügbarkeit von Informationenund Daten

DiedigitaleAnbindungvonChirurgiero-botern andenOperationssaal ermöglicht

nicht nur dasAufzeichnen vonwichtigenPatienten- und Prozessdaten, sondernunterstützen chirurgische Entscheidun-gen durch maschinelle Lernverfahren.Zudem realisiert das sog. Telementoringdie Einbindung internationaler Exper-ten in Echtzeit. Durch Anzeigen derrichtigen Informationen zur richtigenZeit können Chirurgen bei komplizier-ten Operationen unterstützt werden. Sokönnen präoperative Computertomo-graphieaufnahmen zum Patienten regis-triert werden, um ein Kamerabild durchÜberlagerung von Daten und erweiterteRealität mit notwendigen Informatio-nen zu ergänzen. Zudem ergänzt taktileSensorik die natürliche Perzeption undermöglicht das interoperative Anpas-sen von Interaktionskräften zwischenInstrument und Gewebe. Durch die zu-sätzliche Aufnahme von Patienten- undProzessdaten wird zudem das TrainingvonunerfahrenenChirurgenunterstützt,

da Qualität und Lernkurven quantitativgemessen und evaluiert werden.

Sicherheit für den Chirurgen

Der Einsatz von Chirurgierobotern ver-bessert nicht nur die Patientensicherheit,sondern ermöglicht auch eine erhöhteSicherheit für die Chirurgen durch ver-besserte Ergonomie und eine Reduktionder Strahlenbelastungbei Interventionenmit intraoperativer Bildgebung. BeideswirddurchdieNutzung einer geschlosse-nen (z.B.DaVinci, Avatera) oder offenen(z.B.TransEnterix,Medtronic,CMRSur-gical) Steuerkonsole bzw. der (Teil-)Au-tonomie von Chirurgierobotern gewähr-leistet.

Kosten von robotergestützterChirurgie

Ein wesentlicher und häufig diskutierterNachteil der robotergestützten Chirurgiesind die hohen Kosten dieser Technolo-gie. Eine Studie aus dem Jahr 2017 un-tersuchte die bei der robotisch gestütztenund der offenen Hepatektomie entstan-denen direkten variablen und fixen so-wie indirekte Kosten [3]. Offensichtlichvariieren die durchschnittlichen Kostenfür die robotergestützte Chirurgie mitder Art der medizinischen Intervention,StandardisierungeinesProzessesundderErfahrung des Roboterpiloten. Wie dierobotergestützte Chirurgie ist die lapa-roskopische Chirurgie minimal-invasiv,benötigt aber für einfache Eingriffe ge-ringere finanzielle Ressourcen [12].

» Die Kosten für dierobotergestützte Chirurgievariieren mit der Art derIntervention

Bezogen auf die Gastroenterologie exis-tieren groß angelegte Untersuchungen,die die laparoskopische mit der robo-tischen kolorektalen Chirurgie verglei-chen [1, 21]. Im Vergleich zu laparosko-pischen Eingriffen ergab sich, dass dierobotische Operation von Rektumkar-zinomen 27–63% niedrigere Konversi-onsraten zur offenen Chirurgie aufwie-

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Schwerpunkt

Abb. 59 Seman-tische Segmentie-rung in Endoskop-bildern und kogniti-verMedizinroboteramKarlsruher Insti-tut für Technologie(Karlsruhe,Deutsch-land)

sen – ein Ergebnis, das nicht für Ko-lonkarzinome repliziert werden konnte.Bei der robotergestützten Resektion desKolonkarzinoms verringerte sich die Lie-gedauer um 0,4–1 Tag gegenüber der la-paroskopischenOperation. Infektionsra-ten, Morbidität und Mortalität von Pati-enten in beiden Gruppen sind vergleich-bar, während die Operationsdauer derrobotischen Eingriffe in beiden Studienum 21–37% anstieg. Alle diese Fakto-ren beeinflussen die Kosten der roboter-gestützten Eingriffe immens, wobei mitkurzfristig zu erwartenden Fortschrittenin der Technologie robotergestützte Ein-griffe effizienter und damit auch ökono-misch sinnvoll werden.

Perspektive: kognitiveAssistenzrobotik

InmedizinischenEingriffenundderDia-gnostik fallen beachtliche Datenmengenan, die jedoch meist nicht weiterverwer-tet werden. Methoden des maschinellenLernens (ML) ermöglichen es, diese Da-ten nach Aufbereitung nutzbar zu ma-chen. Mustererkennung in annotiertenBilddaten der Dermatologie ist ein pro-minentes Beispiel [5]. Beim sog. bestär-kenden Lernen werden Daten aus In-teraktion mit der Umgebung gewonnen.Diese mächtigenMethoden stellen einenTrend desML dar und es ist in naher Zu-kunft zu erwarten, dass diese auch für dieMedizin nutzbar werden. So wurde bei-spielsweisewährendderPandemie durchdas „severe acute respiratory syndromecoronavirus type 2“ (SARS-CoV-2) diese

MethodikbeiderEntwicklungvonWirk-stoffen gegen das Virus eingesetzt [22].Insbesondere in der Gastroenterologieist zu erwarten, dass künftige robotischeSysteme durch integrierte Sensorik er-weitert werden, um große Datenmengenzu sammeln, die mittels Methoden desmaschinellen Lernens ausgewertet wer-denkönnen. SomitwirddiemechanischePräzision von robotischen Endoskopenummaschinelle Kognition und datenba-sierte Entscheidungshilfe erweitert.

Rein datenbasierte Entscheidungs-hilfen/Unterstützung

Im Jahr 2014 erhielt die erste datenba-sierte Anwendung für Smartphones eineCE-Zertifizierung für die RisikoanalysevonMuttermalen und Läsionen (SkinVi-sion, Amsterdam, Niederlande), die dasBewusstsein für Hautkrankheiten schär-fen soll. Solche Anwendungen bergendas Potenzial, Hautkrebs früher und flä-chendeckend zu erkennen, als es auf-grund der begrenzten Anzahl dermato-logischer Experten möglich ist. Daten-basierte Entscheidungshilfen werden je-doch nicht nur von Laien genutzt, son-dernunterstützen auchmedizinische Ex-perten beim Bewerten komplexer Daten.

» Tiefe neuronale Netzekönnen Polypen in Echtzeiterkennen

Dies betrifft vor allem das Erkennenfrüher Anzeichen von Darmkrebs wäh-

rend Koloskopien in endoskopischenBilddaten [27] und der Segmentierungvon radiologischen Bilddaten [26]. DieseAssistenzsysteme sollen einerseits denAufwand von arbeitsintensiven Eingrif-fen verringern und andererseits me-dizinische Experten unterschiedlicherKompetenzstufen in der Diagnostikunterstützen [11]. Sogenannte tiefe neu-ronale Netze sind in der Lage, Polypen inEchtzeit zu erkennen [7]. Die erste kon-trollierte und randomisierte Studie mit1058 Patienten vergleicht ein lernendesSystem mit dem Behandlungsstandard.Dabei ergab sich eine signifikant höhereErkennungsrate von Polypen kleiner als10mm in allen Segmenten des Dick-darms [25].

Kognitive Operationsrobotik

Ergänzend zu konventionellen, teleo-perierten Chirurgierobotern steckt inder Automation von repetitiven chi-rurgischen Aufgaben noch signifikantesPotenzial zur Reduktion von physischerund kognitiver Last und somit für ver-besserte Patientenversorgung. Verstärktwerden ML-Methoden eingesetzt, umRoboter von und mit Menschen lernenzu lassen (sog. kognitive Robotik). De-monstrationen von Experten könnengenutzt werden, robotischen Assistentenkomplexe Aufgaben, wie das Einfüh-ren einer Nadel [9], beizubringen undchirurgische (Teil-)Prozesse zu auto-matisieren. Ferner können gewünschterobotische Verhalten extrahiert werden,um somit z.B. eine autonome Kame-raführung zu schaffen, die aus eigenenErfahrungen lernt und somit ihr Ver-halten für zukünftige Eingriffe optimiert[2]. Dabei beschränkt sich die Forschungnicht nur auf starre Instrumentation, wiedie autonome Steuerung von flexiblenKathetern [8] oder ein Koloskoproboter,der sich aufgrund erlernter Rotations-bewegungen durch das Kolon bewegt[23], zeigen. Bei lernenden Systemenstellt die Verarbeitung von Sensordaten,z.B. chirurgische Bilddaten, eine großeHerausforderung in der Entwicklungautonomer chirurgischer Systeme dar.Nur eine ausgereifte Wahrnehmung derUmgebung (z.B. semantische Segmen-tierung von chirurgischen Werkzeugen

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Schwerpunkt

und Organen in Endoskopbildern [19])bildet die Basis für sichere autono-me Chirurgie- und Endoskopieroboter(. Abb. 5).

Limitationen von kognitiverChirurgierobotik

Lernende Systeme ermöglichen, dassdas Erlernte eines Systems auf andereübertragen werden kann, und sind des-halb sehr effizient und zukunftsträchtig.Jedoch werden diese Maschinen denChirurgen nicht ersetzen, sondern ihnin seinem eigenen Können unterstüt-zen, z.B. durch die Automatisierungvon repetitiven und standardisierten(Teil-)Aufgaben. Die inhärente „Black-box“-Natur aktueller lernender Systemestellt einen stark limitierenden Faktordar. Auch wenn das gelernte Verhal-ten solcher Systeme intelligent zu seinscheint, basiert es im Kern auf Mus-tererkennung, die nur so gut ist, wiedie verfügbaren Daten. Abstraktionsfä-higkeit und die Fähigkeit zur kreativenLösungsfindung, die einen wichtigenTeil menschlicher Intelligenz darstellen,fehlen den Systemen komplett. EineZertifizierung lernender Systeme stelltdemnach eine signifikante Hürde für dieklinische Translation dar. Insbesondereethische Fragestellungen wie „Wie gutmuss Kollege Roboter operieren?“ und„Wer trägt die Verantwortung?“ dürfenin diesem Prozess nicht vernachlässigtwerden.

Fazit für die Praxis

4 Chirurgieroboter erobern den Marktmit unterschiedlichen Automati-sierungsgraden. Es existieren aber(noch) keine Systeme, die vollauto-nom operieren.

4 Robotische Chirurgie- und Endosko-pieassistenten weisen unterschied-liche Dimensionen, Kinematik undUnterstützungsgrade auf. Sie müs-sen auf das jeweilige Einsatzgebietangepasst werden.

4 Die nächste Generation robotischerAssistenten stellen sog. kognitiveChirurgieroboter dar, die den Chir-urgen bei (Teil-)Aufgaben autonomunterstützen können.

4 Bei der (Ko-)Operation mit Roboternsind das menschliche Abstraktions-vermögen und kreative Lösungs-findung essenziell, während derRoboter mit höchster Präzision sowiedurch Verfügbarkeit und Vernetzungvon Daten unterstützt.

4 Experten sollten die Entwicklungvon intelligenten Chirurgieroboternmit ihrer Expertise unterstützen, umAssistenzsystemeeffizient, sicherundmit einem Mehrwert für Patientenund Ärzte zu gestalten.

Korrespondenzadresse

Jun.-Prof. Dr. F. Mathis-UllrichInstitut für Anthropomatikund Robotik (IAR), HealthRobotics and AutomationLaboratory (HERA), KarlsruherInstitut für Technologie (KIT)Engler-Bunte-Ring 8,76131 Karlsruhe, [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. F.Mathis-Ullrich undP.M. Scheiklgeben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Für diesenBeitragwurden vondenAutoren keineStudien anMenschenoder Tierendurchgeführt.Für die aufgeführten Studiengelten die jeweils dortangegebenen ethischenRichtlinien.

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Fachnachrichten

Morbus Crohnmit maschinellem Lernen verstehen

Komplexe Netzwerke von Bakterien und Metaboliten stellen biochemischeFingerabdrücke der Interaktionen zwischen Wirt und Darmmikroben dar.Forscher*innen der Technischen Universität München (TUM) haben gezeigt, dassdiese Interaktionen bei Morbus Crohn-Patientinnen und -Patienten fehlgeleiteteImmunreaktionen auslösen und funktionelle Veränderungen des Darms währenddes Auftretens eines Krankheitsschubs bewirken.

Morbus Crohn ist ein chronisch entzündlicher

ZustanddesDarmsmit nochunbekannterUr-

sache. Die pharmakologische Behandlungder Krankheit beruht auf der Unterdrückung

des Immunsystems durch unspezifische

Medikamente und der Blockade von Entzün-dungsprozessen durch biologische Therapie.

Frühere Studien haben gezeigt, dass be-stimmteMikrobiom-Signaturenmit Morbus

Crohn verknüpft sind. Nun erforschten Wis-

senschaftler*innen der TUM, wie Verände-rungen in der Struktur und Funktion von

Darmmikroorganismen mit dem Krankheits-

verlauf und dem Risiko eines Rückfalls beischwerer Erkrankung zusammenhängen.

Ziel war die Charakterisierung des Mikro-

bioms im Rahmen einer Kohorten-Studie

mit Patientinnen und Patienten, die sicheiner Stammzellen-Therapie unterziehen.

Diese bewirkt ein vorübergehendes Nach-

lassen von Krankheitssymptomen, wobei einTeil der Betroffenen im Laufe der Zeit einen

Rückfall erleidet. Die Rolle mikrobieller Ver-änderungen für den Krankheitsverlauf und

die therapeutische Relevanz bei refraktärer

und nicht beeinflussbarer Erkrankung mitMorbus Crohn nach einer Eigen-Stammzell-

transplantation stand im Mittelpunkt ihrer

Untersuchung.

‘‘Wir haben funktionelle Fingerabdrückeidentifiziert, die mit therapeutischem Ver-

sagen oder Erfolg während des Krankheits-

verlaufs verknüpft sind. Damit verstehen wirnun besser, welchen Anteil ein Ungleich-

gewicht der Darmflora an einer schweren

Morbus Crohn-Pathologie hat‘‘, sagte Dirk

Haller, Professor für Ernährung und Immu-nologie und Direktor des ZIEL – Institute

for Food and Health. “Die Identifizierung

mikrobieller Metaboliten könnte ein Ansatzsein, um potenzielle therapeutische Ziele zu

finden“, fügte er hinzu.‘‘Unsere Daten zeigen, dass zeitliche Fluktua-

tionen in den Profilen der Darmmikrobiota

und Metaboliten die patientenbezogenenUnterschiede in der Krankheitsaktivität wi-

derspiegeln. Mit Hilfe von maschinellen Ler-

nalgorithmen konnten wir im Mausmodellmit hoher Genauigkeit nach der Schwere der

Entzündungen klassifizieren“, sagte AmiraMetwaly, Postdoktorandin und Erstautorin

der Studie.

Das Forschungsteam identifizierte damit

nicht nur ein Netzwerk von miteinander in

Zusammenhang stehenden Bakterien undMetaboliten, die eine Vorhersage des kli-

nischen Ergebnisses einer Morbus Crohn-Therapie verbessern können. Es fand zudem

eine für den Krankheitsausgang relevante Si-

gnatur, die den Schwefelstoffwechsel und dieEntgiftungsaktivität des Körpers einschließt.

Publikation: A. Metwaly et al., Integratedmi-crobiota and metabolite profiles link Crohn’s

disease to sulfur metabolism. Nature Com-munications (2020).

Quelle: Dr. Katharina Baumeister-KrojerPressereferentin, TUM

Der Gastroenterologe 1 · 2021 33

Page 10: Redaktion (Ko-)OperierenmitKolle Roboter - Springer

Buchbesprechung

S.F. Schoppmann,M. RieglerMultidisciplinary Managementof Gastroesophageal RefluxDisease

Das multidisziplinäre Management derGastroösophagealen Refluxkrankheit

Springer International Publishing 2021,1. Auflage, 217 S., 19 s/w Abbildungen,66farbigeAbbildungenAbb., (ISBN:978-3-030-53750-0), Hardcover 145,59 EUR

Die gastroösophage-

ale Refluxkrankheit(GERD) zählt heute

zu den häufigsten

Lebensstilerkrankun-gen. Die Diagnose

wie auch die Be-handlung dieser

Erkrankung stellen

eine beträchtlicheHerausforderung dar und erfordern einen

multidisziplinären Ansatz. Das vorliegen-

de Werk wurde von zwei hervorragendenGERD-Experten herausgegeben, Sebastian

F. Schoppmann von der Universitätsklinikfür Chirurgie, Medizinische Universität Wien,

und Martin Riegler von Reflux & Health Care

in Wien, gemeinsammit weiteren herausra-genden, weltweit anerkannten Koautoren.

In diesem Buch wird ein klarer und umfas-

sender Überblick zum gegenwärtigen Standdes multidisziplinären GERD-Managements

geboten. Es werden alle Aspekte der Dia-gnose und des Managements der GERD,

inklusive der Endoskopie, Gastroenterologie,

Radiologie, Pulmologie, Chirurgie, Palliationund interventionellen Medizin, auf hohem

Niveau präsentiert und diskutiert. Darüber

hinaus werden anatomische, physiologische,histopathologische und pathophysiologische

Charakteristika des Ösophagus in beeindru-ckender Weise aufgezeigt. Auf 217 Seiten

werden multi- und interdisziplinäre Ansät-

ze zur GERD und zum Barrett-Ösophagus(BE) einschließlich der neuesten Erkenntnis-

se im Verständnis dieser Erkrankungen, wie

auch Überlegungen zu den rezenten dia-gnostischen und therapeutischen Verfahren

abgedeckt. Aufgrund der fundierten Expertiseder Autoren und der hochpräzisen Litera-

turrecherche werden alle derzeit bekannten

Aspekte der GERD und des BE umfassend undmit hoher inhaltlicher Qualität dargestellt.

Insbesondere wird durch die PräsentationneuesterMethoden in der Therapie von GERD

und BE das breite Spektrum des heute zurVerfügung stehenden Behandlungsinstru-

mentariums demonstriert und damit das Tor

zu einer individualisierten Therapie dieserErkrankungen geöffnet.

Im ersten Abschnitt wird die Pathophysiologie

von Verletzungen des unteren Ösophaguss-phinkters dargestellt und ein neues patholo-

gisches Testverfahren für derartige Sphinkter-verletzungen präsentiert. Abschnitt 2 umfasst

detaillierte Informationen zur ösophagealen

Funktionstestung auf GERD. Die bedeutendenAbschnitte 3 und 4 in diesem Buch behan-

deln die Endoskopie und endoskopische

ablative Therapien bei GERD und BE. Es wer-den die endoskopische Mukosaresektion, die

endoskopische Submukosadissektion, dieRadiofrequenzablation sowie die Kryoballo-

nablation beschrieben. Die dazugehörigen

Diagramme und Abbildungen helfen diediversen Verfahren auch für den Nichtspezia-

listen verständlich zu machen. Die aktuellen

Studien zum endoskopischen Managementder GERD und des BE werden vorgestellt und

besprochen. Im fünften Abschnittwird auf dieBedeutung der Bildgebung für die Diagnose

und Darstellung zusätzlicher Pathologien vor

Durchführung einer Antirefluxchirurgie ein-gegangen – wie auch auf ihren Wert in der

Diagnose von Früh- und Spätkomplikationen

der Antirefluxchirurgie. Anschauliche Abbil-dungen legen die verschiedenen Befunde

auf beeindruckende Weise dar. Abschnitt 6ist den diversen extraösophagealen Mani-

festationen der GERD gewidmet, u.a. dem

chronischen Husten, dem Globussyndrom,der Heiserkeit, dem Stimmlippengranulom

und der Stimmlippendysfunktion, dentalen

Erosionen und der chronischen Rhinosinu-sitis. Darüber hinaus werden die Diagnostik

und das Management dieser Manifestationenwiedergegeben. Chirurgisch orientierte Le-

ser werden über die Abschnitte 7 bis 10, die

sich mit der Antirefluxchirurgie beschäftigen,erfreut sein. Begleitet von eindrucksvollen

Abbildungen werden im Text die verschiede-

nen Verfahren der Fundoplicatio übersichtlichvorgestellt. Insbesondere wird im achten Ab-

schnitt eines der neuartigen Instrumente inder GERD-Therapie präsentiert. Hier wird auf

die Technik der magnetischen Sphinkteraug-

mentation eingegangen und deren aktuelleEvidenz diskutiert. Ein ganzer Abschnitt des

Buches (Abschnitt 11) ist der Diagnose desBarrett-Karzinoms unter Einsatz diverser bild-

gebender Techniken gewidmet. Zu guter Letztgibt es zwei Kapitel zum ösophagealen Ade-

nokarzinom, einschließlich der chirurgischen

Behandlung und Palliation.Alle Kapitel des Buches werden durch aus-

führliche und aktuelle Literaturübersichten

ergänzt. Zusätzlich zur ausgezeichneten Edi-tierung werden die exzellenten Texte und

Tabellen im Buch durch hochqualitative Ab-bildungen (Radiologie, Endoskopie, Chirurgie)

bereichert. Schnelle Leser würden sich viel-

leicht ein alphabetisches Stichwortverzeichnisam Buchende wünschen.

Zusammenfassend stellt diesesWerk eine um-

fassende, aktuelle Präsentation aller Aspektedes multidisziplinären Managements der

gastroösophagealen Refluxerkrankung dar,einschließlich neuartiger diagnostischer und

therapeutischer Konzepte und Strategien.

Dieses Buch ist eine wertvolle Ergänzung fürdie Bibliothek jedes Mediziners, der sich mit

Diagnose und Behandlung der gastroösopha-

gealen Refluxerkrankung beschäftigt.

H. Hauser (Graz, Österreich)

34 Der Gastroenterologe 1 · 2021