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Prof. Dr. Laurenz Volkmann (Friedrich-Schiller-Universität Jena)
Drei Dimensionen des Themas
Bildungspolitische Dimensionen: Inklusion als Revolution?
Aspekte einer veränderten Lehr-Lern-Konzeption: Von der Integration/Differenzierung zur Inklusion
Fallbeispiele Dennis und Susan: Mögliche Folgerungen
Folie 2
Bildungspolitische Grundlagen
-Seit 1970er Jahren Thema „Inklusion“ in USA und anderen
Ländern
-Beispiel GB: Department for Education and Skills: Special
Education Needs and Disability Act; „Index for Inclusion“ (2002)
-2009 Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention
(ratifiziert von Deutschland 2009)
Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf
haben Rechtsanspruch, gemeinsam mit anderen Kindern
unterrichtet zu werden.
-Unterschiedliche Umsetzung in dt. Ländern
Folie 3
Bildungspolitische Dimensionen
Folie 4
Bildungspolitische Grundlagen
Einige Herausforderungen:
-- Akzeptanz des Konzepts „inklusive Bildung“ bei allen Beteiligten
- Frage der Finanzierung: Bund, Länder, Gemeinden; pädagogisches
Personal, Klassenzimmer und Lernmaterial, Fortbildung….
-Differenzierung innerhalb der Gruppe der zu „Inkludierenden“
-Differenzierung nach Schulart
- Erstellen von Konzepten, Materialien, Betreuung usw. (Universität –
Schule)
- Unterstützung von Lehrkräften (zusätzliche Sonderpäd.?
Fortbildung?)
- Pädagogisch und fachbezogen?
-Definition von „Inklusion“ im universitären Kontext
- FSU: Wer inkludiert das Thema? (FD – EW – FW)?
Folie 5
Folie 6
Neue Umfrage zur Inklusion: Die Zweifel wachsen
Von Martin Teigeler
Behinderte und nichtbehinderte Schüler sollen gemeinsam
unterrichtet werden. Die Landesregierung führt diese Bildungsreform
ab 2014 schrittweise ein. Doch eine am Dienstag (26.11.2013)
veröffentlichte Umfrage zeigt: Die Skepsis in der Bevölkerung wächst
- vor allem bei Rot-Grün-Wählern.
Vor allem die Zusatzkosten der Reform lösen Sorgen aus. Die
Zustimmung zur Inklusion bröckelt. Dies ist das Ergebnis einer am
Dienstag (26.11.2013) in Düsseldorf vorgestellten Umfrage, die im
Auftrag der Lehrergewerkschaft Bildung und Erziehung (VBE) entstand. http://www1.wdr.de/themen/politik/sp_inklusion/inklusionumfrage100.html
Problematik der Definition „Inklusion“ SZ, 2013:
Die Zeiten sind vorbei, in denen die Bildungselite an deutschen Unis unter sich war. Zwar haben
Akademikerkinder immer noch eine größere Chance auf einen Universitätsbesuch als andere. An
den Unis sind der jüngsten Sozialerhebung des Deutschen Studentenweks (DSW) zufolge aber
etwa gleich viele Studierende aus Akademiker- und Nicht-Akademiker-Familien anzutreffen.
Das Nicht-Akademiker-Kind ist also alles andere als eine schützenswerte und besonders
förderungsintensive Minderheit. Die Freie Universität (FU) Berlin lässt ihnen trotzdem eine
besondere Zuwendung angedeihen.
Auf der Webseite der FU Berlin ist unter dem Punkt "Diversität und Lehre" unter anderem eine
didaktische Empfehlung "Bildungshintergrund Nicht-Akademiker Familien" zu finden. Diese soll
Dozenten offenkundig für den Umgang mit Betroffenen (dieser Begriff drängt sich bei der Lektüre
auf) sensibilisieren - strotzt aber nur so vor klischeehaften Thesen und diskriminierenden Tipps.
Besser fördern und integrieren können Sie diese Studentinnen und Studenten, indem
Sie versuchen, Studentinnen und Studenten die Angst vor Redebeiträgen zu nehmen, sie zu
Diskussionen ermutigen und jeden Redebeitrag - unabhängig von der Qualität - wertschätzen.
Folie 7 http://www.sueddeutsche.de/bildung/fu-berlin-nicht-akademiker-kinder-die-unbekannten-wesen-1.1707041
„Das moderne Bildungswesen ist gleichermaßen von homogenisierenden (vereinheitlichenden) ´Disziplinierungstendenzen´ und heterogenisierender (Pluralität erzeugender) ´Befreiungsideen´ geprägt, die das Spannungsverhältnis von Gleichheit und Differenz in der modernen Gesellschaft widerspiegeln.“ (Schorch 2007: 80) „Vom ersten Schultag an greifen in unserem Schulsystem institutionelle Maßnahmen, die auf die Sicherung einer fiktiven Homogenität ausgerichtet sind.“ (Tillmann 2004: 9)
Von der Integration zur Inklusion
Homogenisierung versus Individualisierung
Maßnahmen zur Sicherung einer fiktiven Homogenität - Versetzungsordnungen
- Vorschriften zur Notengebung
- Fachleistungsdifferenzierung
- Dreigliedrigkeit des Schulsystems
Reduktion der Vielfalt und Streben nach Homogenität
„soziale Entmischung gekoppelt an eine gewisse
Leistungsentmischung“
(Höhmann et al. 2009: 25)
Von der Integration zur Inklusion
Von der Integration zur Inklusion Differenzierung: Emotionale, physische und soziale Unterschiede:
Alter und Entwicklung,
Geschlecht,
sozialer Hintergrund (Familie/Elternhaus),
(inter)kulturelle Erfahrungen und Bildung,
(mutter)sprachliche Fertigkeiten,
intellektuelles Leistungsvermögen (Fähigkeiten/Begabungen; Lerntempo;
Lernmodi),
Vorerfahrungen und Vorkenntnisse,
Arbeitshaltung und Interessen (Motivation, Ausdauer,
Konzentrationsfähigkeit),
Disziplin (Bereitschaft sich anzustrengen und einzuordnen),
soziale Fähigkeiten im Umgang mit Lehrern und Mitschülern.
(vgl. Haß 2006: 250; Lightbown/Spada 1999: 106ff.; MacIntyre 2002; Nunan 1999: 57)
Von der Integration zur Inklusion Differenzierung Äußere Differenzierung Innere Differenzierung
Differenzierung nach - Schularten - Schulwegen - Klassen und Kursgruppen äußere Differenzierung nach Leistungsklassen werden in der Grundschule weitgehend abgelehnt äußere Differenzierungs-maßnahmen nach Förder- bzw. Neigungsaspekt
Differenzierung nach
- Inhalten
- Medien
- Methoden …
innerhalb einer Lerngruppe
Möglichkeiten der Binnendifferenzierung im Fremdsprachenunterricht
Aufgabenorientierter Unterricht Freiarbeit Projektarbeit Wochenplanarbeit Stationentraining/Stationenlernen Lerntheke Lernen durch Lehren Lehrwerk Web 2.0 WebQuest Evaluation
(vgl. Bönsch 2008; Eller 2008; Grieser-Kindel/Henseler/Möller 2009; Häussermann/Piepho 1996; Haß, 2006; Klein-Landeck 2008; Kunze 2008; Legutke/Thomas 1991; Meyer, 2008; Schwerdtfeger 2001; Themenhefte: At Work, 2005 & 2009; Der fremdsprachliche Unterricht, 2008; Friedrich-Jahresheft 2004; Praxis Fremdsprachenunterricht, 2009)
„Lernertypen“ als Schlüsselansatz
Folie 13
Von der Integration zur Inklusion
Lernertypen: Bezug MI
Folie 14
Von der Integration zur Inklusion
Folie 15 Dr. Nancy Grimm
Folie 16
Von der Integration zur Inklusion
Quelle: Wikipedia: „Inklusion“
Süddeutsche Zeitung “Inklusion ist keine Reform, sondern eine Revolution fürs Klassenzimmer” (SZ, 7. Dez. 2012)
Integration vs. Inklusion I
Integration Inklusion
Traditionelle Strukturen, ausgehend von „Gaußschen Verteilung“ Traditionelle Lernziele: „academic achievement“
Alle Lerner, stellt sich gegen „bell-curve thinking“ (jeder Mensch hat besondere Eigenschaften, Talente usw., von denen die Gemeinschaft profitieren kann) Ganzheitliche Lernziele: Soziale Verantwortung, soziale Kompetenzen, Toleranz, Empathie, „Diversität“ als bereichernde Erfahrung
Traditionelle Lehr/Lernmethoden Multiple Angebote
„Special needs“-Lerner: Sonderschulen oder individuelle Lerner durch Sonderberücksichtigung in bestehende Systeme integriert
Inklusion als reziproker Prozess
Keine Notwendigkeit für mainstream LL zur Adaption
Mainstream muss sich anpassen: „addressing and responding to the diversity of needs of all learners through increasing participation in learning, cultures and communities, and reducing exclusion within and from education. “(UNESCO Guidelines 2005: 13) Dies geht nicht ohne systemische Veränderungen (ibid.)
Folie 17
Integration vs. Inklusion II Integration Inklusion
Mainstream existiert weiter It claims that learners with behaviourally conspicuous features are more often than not “a product of social factors in the contexts in which [the individual] participates that create barriers and limit opportunities for equal participation” (Alton-Lee et al.: 99). Disruptive students, for example, quite often identified by being noisy and inattentive, might just find it difficult to follow the routines of traditional classroom discourse.
Traditionelle Lehr/Lernmethoden Instruktion, Lehrerzentrierung „Ability-based pedagogy“
Lernerautonomie, Peer-teaching, Entdecken „anderer“ Kompetenzen bei
LuL
Folie 18
Integration vs. Inklusion III Integration Inklusion
Vorurteil 1: Inklusion bedeutet „Herabsenken des Niveaus“
… the possibility of learners profiting from inclusive methodologies: “To date there has been no large scale study in this country [UK] that has addressed the question as to whether inclusive schools […] do worse by many or all of their pupils because the presence of pupils with SEN [Special Educational Needs] distorts school processes in some way. Alternatively, do such schools actually do better because they become more skilful at responding to individual differences?” (Dyson et al. 2004: 10) The result of Dyson et al.’s large-scale study is that they “found no evidence of a relationship between inclusion and attainment at LEA level [Local Educational Authority]” (2004: 11); this means they found no correlation either way.
Folie 19
Integration vs. Inklusion IV Integration Inklusion
Vorurteil 2: „Inkludierte profitieren weniger davon als in speziell für sie eingerichteten Lehr-Lern-Kontexten“
Melanie Nind – basing her assessment on Hornby et al. (1997), Norwich/Lewis (2001) or Corbett/Norwich (2005) – comes to the following conclusion: “While there is evidence that certain groups of learners, such as children with Down’s syndrome and children with specific learning difficulties, have distinctive group characteristics, evidence that effective teaching for such distinctive groups of pupils is different from effective teaching for other pupils is weak.” (2005: 1)
Folie 20
Inklusion: 4 Prinzipien im Kontext autonomen Lernens
Folie 21
Florian/Black-Hawkins (2011):
-a shift in teaching and learning from an approach that works for most
learners existing alongside something ‘additional’ or ‘different’ for those
(some) who experience difficulties, towards one that involves the development
of a rich learning community characterised by learning opportunities that are
sufficiently made available for everyone, so that all learners are able to
participate in classroom life. (ibid.: 826)
- work choice: Students choose how, where and with whom they want to
learn within options created by the teacher
-Peer tutoring
-Clear structure: Klare und transparente Vorgaben (Routinen und Stukturen:
SNL)
Inklusion: Prinzipien autonomen Lernens
Folie 22
Little (1991) and Dam (1995):
Establish an atmosphere of caring and sharing in which all learners feel respected and valued;
Engage the interests and needs of all learners by allowing them to make their own choices and thus
by letting them bring in their own diverse identities;
Put trust in learners that they will all make progress and develop their personality;
Support the learners by focusing on their achievements;
Strongly adhere to the principles of formative – rather than summative – assessment;
Involve the learners in self-assessment;
Introduce/design activity types which everybody can participate in. This means
o they do not presuppose a certain level of competency; students can start out from their existing
knowledge;
o they are open for a variety of approaches and solutions;
o they can take the learners’ interests and needs as their starting point;
o they allow for modifications to give space for creative endeavours.
Support the social aspects of learning by establishing group work and by relying on peer-tutoring.
Inklusion: Weitere LuL-Methoden Learner-directed and initiated activities:
Share homework in pairs or with a group;
Work with chosen activities, individually, in pairs or in groups within the given framework;
Evaluate the process as well as the outcome of the activity undertaken;
Decide on homework – “what” and “why”.
A joint “together session” for teacher and learners including:
Presentation and evaluation of results or products from group work, pair work, or individual
work;
Joint events with language input and language activities such as songs, lyrics, story-telling,
quizzes, etc.;
Joint overall evaluation of the period.
All learners have a personal logbook in which they enter their individual learning outcomes as
well as personal comments on the work process – following the structure of the lesson plan. In
this way the logbook documents each learner’s personal journey of learning, and it can thus be
followed by all stakeholders (teacher, parents, etc.).
Transparency is also supported by posters on the wall which might include:
Things to remember (deadlines, etc.);
Plans for groups at work/projects undertaken;
Ideas for homework and for types of activities that learners can choose from;
“Helpers” (peers who have volunteered to help if the teacher is occupied elsewhere).
Folie 23
Beispiel Dam/Legenhausen (i.Dr.)
Kontext
-Dänische folkshole (6-15 Jahre, Gesamtschule)
- Englischunterricht, 5. Klasse, Alter der Lernenden: ca. 11 Jahre
1. Beispielschüler DENNIS
-Lese/Schreibprobleme
-- Weiterhin Konzentrations- und Verhaltensprobleme
-- Durch Einbindung in Strukturen (Autonomie, Peer-Learning mit
„Brigitte“: „not a big problem in the English lessons“)
-- Visuelle , kinetische Ausdrucksmöglichkeiten erlaubt
-1. Vokabeltest; Übersetzung E-Dänisch (Dennis verwendet Skizzen
statt Ü)
-2. „Dennis spielt gerne Theater“
Folie 24
Beispiel Dennis
Tagebucheintrag einer Mitschülerin
See a play call Denis menase [sic Menace]: It
was a very good play because they have
practiced very much. Dennis was very good to
play Dennis menase. I have never heard hem say
so much. They play very well.
Folie 25
Beispiel Susan (Dyslexie)
-- Stützung: - Kooperation mit Brigitte, Wahl der
„Ausdrucksweise“ (Visualisierung), Wahl des Themas (Hobby)
-- nach ½ Jahr Englisch liest Susan (visualisierten) Text freiwillig
im Klassenzimmer vor
Folie 26
Transkription:
i my winter holiday i vas In my winter holiday I was
i wars id t feredn Borg I was in Fredensborg
we went to the Riding camp we went to the riding camp
and i Riding on a hors and I was riding on a horse
hes name is Bølle hes fateh er his name is Bølle his father’s
's name Bingo and hes mothers name Bingo and his mother’s
neam is putte and hes grand father name is Putte and hisgrandfather’s
s neam is laban name is Laban
Folie 27
Susan
Entry logbook:
I thinke that a good group is when you listen to each other and
discovs the things in the group and a good group work is when
everybody cab work very good toghter and were ther is one in
the group ther can help you. [Someone must have helped her
writing this.]
“Susan ended her schooling in the 10th grade at Karlslunde
school with one of the top marks in the English oral state exam.”
Folie 28
Zusammenfassung
Beispiele zeigen:
Keine Kompetenzraster oder Kompetenzlevel präsupponiert; SuS mit
vorhandem Wissen / Kompetenzen angesprochen
Offenheit für Vielfältigkeit bei Mitteln, Herangehensweisen und Lösungen
“Abholen” der SuS bei deren Interessen, Bedürfnissen und speziellen
Neigungen / Begabungen
Zulassen von Modifikationen / Normabweichungen, um kreativen
Vorgehensweisen Raum zu schaffen
Schaffen einer für alle passenden Lerneratmosphäre
Dam: Unterricht muss abzielen auf alle Lernenden: “all learners by allowing
them to make their own choices and thus by letting them bring in their own
diverse identities”
Prinzip Hoffnung und Vertrauen: alle haben die Chance, sich zu entwickeln.
Folie 29