Upload
hadan
View
216
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Prof. Dr. Bernhard Badura
Die Arbeitswelt hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten grundlegend verändert. Die Führungskultur in den Unternehmen hat damit nicht Schritt gehalten.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 2
Unternehmen = Geldmaschinen?
Aus Sicht der globalen Finanzindustrie sind Unternehmen zuallererst Geldmaschinen, deren Wert vom kurzfristigen finanziellen Erfolg abhängt und Menschen primär durch Angst und Geld getriebene Egoisten.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 3
Unternehmensführung
Die sich daraus ergebenden Leitvorstellun-gen haben negative Konsequenzen für die Motivation und die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Was die folgenden Befunde nahelegen.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 4
Bei der Lebenserwartung, einem zentralen Indikator für die Bewertung von Gesellschaften, liegt Deutschland auf Platz 28, obwohl wir bei den Ausgaben für die Gesundheit weltweit eine Spitzenposition einnehmen (The World Factbook 2012).
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 5
Bei der beschwerdefreien Lebenserwartung – einem wichtigen Index für den Gesundheitszustand der Erwerbsbevölkerung – liegt Deutschland bei den Männern 14 Jahre und bei den Frauen 11 Jahre hinter dem wirtschaftlich ebenfalls sehr erfolgreichen Spitzenreiter Schweden (Eurostat 2012).
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 6
Laut Aussagen des „Stressreports“ der Bundesregierung liegen die psychischen Belastungen hierzulande auf einem hohen Niveau (Lohmann-Haislah 2012)
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 7
Die Zahlen der GKV signalisieren steigende Ausgaben für Krankengeld und insbesondere für die Versorgung psychisch Kranker. Psychische Störungen stehen seit Jahren an der Spitze der Frühverrentungsstatistik (FZ-Report 2013).
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 8
Der „Engagement-Index“ von Gallup, der jährlich international vergleichend erhoben wird und bei dessen Entwicklung renommierte Forscher mitgearbeitet haben, zeigt, dass „Dienst nach Vorschrift“ und „innere Kündigung“ in Deutschland weit verbreitet sind (Gallup 2013).
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 9
Insbesondere verbreitete psychische Beeinträchtigungen wie Schlafstörungen oder Depressivität verdienen eine stärkere Beachtung, weil sie die Qualität der Arbeit und die Produktivität beeinträchtigen (z. B. Iverson et al. 2010; Badura et al. 2013).
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 10
Länder mit der höchsten Lebenserwartung
11
Quelle: The World Factbook 2012
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
BeschwerdefreieLebenserwartung
(HLY - Healthy life years) 2008
12 © Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Anteil der Gesundheitsausgaben 2010
im internationalen Vergleich
13
* KKP: Kaufkraftparitäten sind Umrechnungskurse, die die Unterschiede in den Preisniveaus zwischen den einzelnen Ländern beseitigen.
(Quelle: OECD Health Data 2012) http://www.oecd.org/germany/BriefingNoteDEUTSCHLAND2012inGerman.pdf
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Länder mit der niedrigsten Lebenserwartung
14
Quelle: The World Factbook 2012
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Win-Win-Situation
In einer globalisierten Wirtschaft sind gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein nicht mehr zu bagatellisierender Erfolgsfaktor!
Aktive Betriebliche Gesundheitspolitik ist im Interesse der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und – zur Kontrolle der Ausgaben in den sozialen Sicherungssystemen – auch im Interesse des Staates.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 15
Was tun?
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 16
Ziele
Auf der obersten Führungsebene besteht ein dringender Handlungsbedarf in Richtung Mitarbeiterorientierung und einem achtsamen Umgang mit ihrer Gesundheit.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 17
Wovon hängt der Erfolg von Unternehmen ab?
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 18
Theorie A
von: • innovativer Technik • effizienten Prozessen • Einhaltung vorgegebener Regeln • fachlicher Qualifikation der Mitarbeiter
„harten“ Faktoren
19 © Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Theorie B
von der Qualität der Kooperation, d.h.: • einem vertrauensvollen Miteinander
(„Betriebsklima“) • der Qualität der Führung • gemeinsamen Überzeugungen, Zielen
und Werten („Kultur“) • sozialer Kompetenz der Mitarbeiter
„weichen“ Faktoren
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 20
Gesunde Führung braucht Kennzahlen
Fehlzeitenstatistiken sind eine irreführende Grundlage Betrieblicher Gesundheitspolitik.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 21
KFZ-Endfertigung
22
Verteilung der Fehlzeiten auf die untersuchten Unterabteilungen Quelle: Schwarting 2012 N=789
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
KFZ-Endfertigung
23
Körperlicher Gesundheitszustand Quelle: Schwarting 2012
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
KFZ-Endfertigung
24
Psychischer Gesundheitszustand Quelle: Schwarting 2012
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Zusammenhang zwischen „weichen“ Faktoren und Gesundheit
25
*Korrelation nach Bravais Pearson auf dem Niveau von 0,05 zweiseitig signifikant Quelle: Schwarting & Ehresmann 2013
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Fehlzeitenstatistiken sagen viel aus über den Gesundheitszustand eines Unternehmens und wenig über den Gesundheitszustand seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 26
Nicht jeder Abwesende ist krank.
Aber auch nicht jeder Anwesende ist gesund.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 27
Kostenfaktor Präsentismus
Baase kommt in ihrer gut dokumentierten Studie an 12.397 Beschäftigten der Firma Dow Chemical zu dem Ergebnis, dass dem Unternehmen jährlich pro Beschäftigten folgende Kosten entstehen: • 661 $ bedingt durch Fehlzeiten, • 2278 $ bedingt durch medizinische Behandlungen • 6771 $ bedingt durch eingeschränkte
Arbeitsfähigkeit (Präsentismus) (Baase 2007)
28 © Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Kosten chronischer Krankheiten
29 © Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
„Depressionen, Angstzustände und emotionaler Stress führten zu den höchsten Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit, aber auch Migräne und Kopfschmerzen […]“.
(Baase 2007)
30 © Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
31 © Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Ergebnisse der Gesundheitsbefragung bei Unilever
1. Die Vitalität der Unilever-Mitarbeiter/innen in Deutschland liegt unter dem deutschen Bundesdurchschnitt.
2. Business Case: Unilever verliert 21 Tage pro Mitarbeiter/in und Jahr (ca. 10% der Jahresarbeitszeit) durch Absentismus und Präsentismus, wobei das Verhältnis 1:3 ist. Kosten (1Tag 250 €): ca. 7 Mio. €
3. Stress, Schlafprobleme und Depression sind die Hauptthemen. Rückenschmerzen und Gelenkschmerzen das zweitwichtigste Handlungsfeld.
32 © Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Fazit:
Das psychische Befinden der Mitarbeiter-innen und Mitarbeiter ist sehr viel besser geeignet als Maßstab guter Führung als Unfallzahlen und Fehlzeiten.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 33
„Risikofaktor Organisation“
Eine kurze Zusammenfassung zu Forschungsergebnissen an der Fakultät für
Gesundheitswissenschaften
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 34
Organisationsdiagnose psychischen Befindens
Eine Sekundäranalyse von 10 Unternehmensstichproben (N=3669) kommt zu folgendem Ergebnis:
• 20% leiden zeitweise unter depressiver Verstimmung und schlechtem gesundheitlichen Allgemeinzustand.
• Männer und Führungskräfte sind davon weniger, Frauen und Mitarbeiter stärker betroffen.
Quelle: Rixgens, Badura 2012; standardisierte Befragung
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 35
Determinanten von Gesundheit und Fehlzeiten in zwei Stahlwerken
Physikalische Arbeitsumgebung, Zeitdruck und Schichtdienst dürfen in ihrem Einfluss auf die Gesundheit nicht unterschätzt werden. Ihre Auswirkungen sind jedoch weniger relevant als betriebsintern vermutet.
Quelle: Krüger 2013; standardisierte Befragung
N=321 (80%) N=221 (70%)
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 36
Immaterielle Faktoren wie Kultur, Klima und Führung sind Haupttreiber von Arbeitsfähigkeit, Erschöpfung und Fehlzeiten. Quelle: ebd.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 37
Enge Bezüge zum Qualitätsmanagement
Investitionen in das Sozial- und Humanvermögen zur Verbesserung der psychischen und physischen Fitness haben positive Auswirkungen auch auf das Qualitätsbewusstsein. Quelle: Lükermann 2013; standardisierte Befragung
N=4049
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 38
Der Einfluss von Führung, Kultur und Klima auf Fehlzeiten und Gesundheit
in der Automobilproduktion Es besteht kein Zusammenhang zwischen Gesundheit und Fehlzeiten. • Es besteht ein starker Zusammenhang
zwischen Führung, Kultur, Klima und Gesundheit.
• Wahrgenommene Gerechtigkeit ist von zentraler Bedeutung für Gesundheit.
Quelle: Schwarting, Ehresmann 2013; standardisierte Befragung
N=789 (81%)
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 39
Determinanten von Mobbing und Innerer Kündigung
Eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur, die gelebt wird und sich auszeichnet durch
• ein starkes Gemeinschaftsgefühl
• und einen angstfreien Umgang mit Konflikten
verringert das verbreitete Auftreten von Mobbing und innerer Kündigung
Quelle: Steinke et al. 2013; standardisierte Befragung; 9 Unternehmen
N=4049 (40%)
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 40
Fazit: Die Bedeutung der Unternehmenskultur
Kultur ist was bei den Beschäftigten ankommt – nicht was top-down versendet wird.
Ein Klima der Angst und des Misstrauens zerstört die intrinsische Motivation, ist ein Risiko für die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Lebensdauer eines Unternehmens.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 41
Kulturentwicklung Zur Entwicklung einer Kultur der Achtsamkeit für Gesundheit empfehlen wir folgende Schritte: 1. Die Einrichtung eines Steuerkreises zur Investition der
bereitgestellten Mittel in bedarfsgerechte und professionell gesteuerte Projekte.
2. Kompetenzentwicklung zum Thema Arbeit, Organisation und Gesundheit bei Führungskräften, Experten und Mitarbeitern.
3. Aufbau eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements zur optimalen Steuerung einzelner Projekte zur Kompetenz- und Organisationsentwicklung.
4. Organisationsdiagnose: zur Begründung von Handlungsbedarf und zur Evaluation einzelner Projekte.
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 42
43
ISBN: 978-3-642-36912-54
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
BGM-Qualifizierungsprogramme an der Universität Bielefeld
44
Aufbau und Etablierung der Programme wurden gefördert mit finanziellen Mitteln des Landes NRW und des Europäischen Sozialfonds
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
© Bernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften 45