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Offen legen oder nicht? Chancen und Risiken der Publikation von Qualitätsinformationen Dr. David Schwappach, MPH Juniorprofessor für Gesundheitsökonomie Universität Witten / Herdecke Masterstudiengang "Management von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen" Witten 2006

Offen legen oder nicht? Chancen und Risiken der Publikation von Qualitätsinformationen Dr. David Schwappach, MPH Juniorprofessor für Gesundheitsökonomie

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Offen legen oder nicht?

Chancen und Risiken der Publikation von Qualitätsinformationen

Dr. David Schwappach, MPH

Juniorprofessor für Gesundheitsökonomie

Universität Witten / Herdecke

Masterstudiengang "Management von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen"

Witten 2006

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Hintergrund und bisherige Praxis

USA: Langjährige Erfahrung mit Publikation vergleichender Qualitätsdaten,insb. "report cards" und Klinik-Rankings

- "America's Best Hospitals"- "Five Star Ranking"- Leapfrog Group "Hospital Compare"

UK: Vergleichende Leistungsbeurteilung aller NHS-Einrichtungen seit 2001- "Balanced Score Cards" und Ergebnisse von Nutzerbefragungen- Dr. Foster "Good Hospital Guide"

D: Verstärkte Forderung nach Veröffentlichung von Qualitätsdaten (BQS)- "Focus" Ärzte- und Kliniktest- Klinikführer Rhein-Ruhr (seit 2005)- Der große Berliner Klinikvergleich (2006)

Quelle: Der Spiegel. 16/01/ 2006.

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Beispiel: Leapfrog Krankenhausvergleich (USA)

Quelle: Leapfrog Group. Hospital Quality and Safety Survey 2006 .

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Beispiel: "Hospital Compare" Krankenhausvergleich (USA)

Quelle: US Department of Health and Human Services. Hospital Compare 2006.

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Beispiel: NHS "Performance ratings" (UK)

Buckinghamshire Mental Health NHS Trust

Performance rating: 0 stars

Summary

Overall, this Trust has received a performance rating of 0 stars.

Your trust has shown the poorest level of performance against key targets in particular.

Key targets

CPA systems implementation

Crisis resolution team implementation

Financial management x

Hospital cleanliness -

MHMDS implementation

Key targets legend

Achieved

Underachieved -

Significantly underachieved x

Not applicable N/ A

Quelle: NHS Healthcare commission. Mental health trusts performance ratings 2004/2005.

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Beispiel: NHS "Performance ratings" (UK)

Balanced scorecard: patient focus

The trust was placed in the lowest band of performance in this focus area.

Patient focus

Better hospital food 2

Learning disability: reducing long-term NHS residence 3

Patient complaints 2

Privacy and dignity 4

Service user survey: access and waiting 3

Service user survey: better information, more choice 3

Service user survey: building closer relationships 3

Service user survey: safe, high quality, coordinated care 2

Balanced scorecard legend

Poor 1

2

3

4

Good 5

Not applicable N/A

Data not available

Data not provided

Quelle: NHS Healthcare commission. Mental health trusts performance ratings 2004/2005.

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Beispiel: NHS Patientenbefragungen (UK)

Yes, definitely

Yes, to some extent

NoNumber of

total specific responses

Missing responses

% % % n n

ENGLAND 62 28 9 10805 94

CARE TRUSTS 62 27 11 669 10Bradford District Care Trust 56 33 11 149 1Camden and Islington Mental Health Trust 68 26 6 120 6Manchester Mental Health and Social Care Trust 60 29 11 163 1Sandwell Mental Health NHS and Social Care Trust 63 26 11 141 2Sheffield Care Trust 64 23 14 96 0

COMMUNITY WITH MENTAL HEALTH 62 29 9 1692 13Bedfordshire and Luton Community NHS Trust 58 32 10 142 2Berkshire Healthcare NHS Trust 68 24 8 164 2Cornwall Partnership NHS Trust 66 29 5 153 1Devon Partnership NHS Trust 57 33 10 89 0Dorset Health Care NHS Trust 58 32 10 147 3Hertfordshire Partnership NHS Trust 55 34 11 166 0North Staffordshire Combined Healthcare NHS Trust 57 32 11 88 1Northamptonshire Healthcare NHS Trust 61 27 12 178 1South Downs Health NHS Trust 71 21 8 141 0

Q22. Were the purposes of the medications explained to you?

Service User Questionnaire 2005

Quelle: NHS Healthcare commission. Survey of NHS users of mental health services 2005.

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Beispiel: Klinikführer Rhein-Ruhr (D)

Quelle: Initiativkreis Ruhrgebiet. Klinikführer Rhein Ruhr 2005/6.

Onkologie

Zufriedenheit der Patienten

Empfehlungs- rate der Ärzte

Anzahl der Eingriffe Konservative Behandlung von

Ort Krankenhaus Mit Ärzten

Mit Pflege

Mit Erfolg Lungentumoren

Tumoren der Leber, Galle oder Bauchspeicheldrüse

Magen-Darmtumoren

Gebiet: Rhein-Ruhr West

Knappschaftskrankenhaus Bottrop ••• ••• ••• •• ••• • •

Klinikum Duisburg • • •• •• •• • •

Ev. Krankenhaus Mülheim an der Ruhr • •• • ••• ••• •• •••

St. Marien-Hospital Mülheim an der Ruhr • •• ••• • ••• ••• •••

J ohanna-Etienne-Krankenhaus • ••• •••• • •• •• •

Ev. Krankenhaus Oberhausen ••• ••• •••• •• •• ••• ••

Legende: • niedrig | •• weniger hoch | ••• hoch | •••• sehr hoch

Drei Punkte ••• sind ein Anzeichen dafür, dass eine Fachabteilung hohe Empfehlungsraten und Ergebnisse erreicht hat. Diese Bewertung haben wir immer dann vergeben, wenn das Abschneiden bei Patienten- und Ärztebefragung sowie bei der Fallzahlenanalyse und der ermittelten Behandlungsqualität im zweitoberen Viertel bzw. in der zweitbesten Gruppe aller in diesem Fachbereich erzielten Ergebnisse liegt. Zwei Punkte •• wurden vergeben, wenn eine Fachabteilung weniger hohe Empfehlungsraten und Ergebnisse erzielt hat. Das war der Fall, wenn eine Abteilung mit den Ergebnissen einer Befragung oder Erhebung im drittoberen Viertel lag.

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Beispiel: Krankenhausvergleich Berlin (D)

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Entscheidende Fragen zur Offenlegung von Qualitätsdaten

Werden die positiven Erwartungen erfüllt?

2. Welche Effekte hat die Veröffentlichung von Qualitätsvergleichen?

1. Bilden Qualitätsvergleiche tatsächlich angemessen die Qualität ab?

Sind Qualitätsvergleiche zuverlässig und valide?

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Beispiel: Zuverlässigkeit von Qualitätsvergleichen

Quelle: Berliner Klinikvergleich. Der Tagesspiegel 2006.

Bezieht sich nur auf "Geringrisikopatienten"

DRK Kliniken Park-Klinik

Fallzahlen 155 284

Geringrisiko-Patienten 103 245

Hochrisiko-Patienten 52 39

Mortalitätsrate 0.0% 0.4%

Todesfälle 0 von 103 1 von 245

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Beispiel: Zuverlässigkeit von Qualitätsvergleichen

Schwedisches Kniegelenks-Register: 37.642 Eingriffe, 93 KrankenhäuserQualitätsindikator Risiko der "Revisions-Operation" nach Gelenkersatz

Quelle: Robertsson et al. Variation in outcome and ranking of hospitals. Acta Orthopaedica 77, pp 487-493, 2006.

Rangplatz nach

statistischem Verfahren

Spital Methode 1 Methode 2

A 1 8

B 5 12

C 10 16

D 15 4

E 20 28

F 30 1

G 48 3

H 71 93

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Zuverlässigkeit von Qualitätsvergleichen

1. Bilden Qualitätsvergleiche tatsächlich angemessen die Qualität ab?

- Methodik von Qualitätsvergleichen oft kritisch (z.B. Fallzahlen)

- Relative Rangposition häufig abhängig von Risikoadjustierungsmodell

- Unzureichende Risikoadjustierung "verschleiert" auffällige Ergebnisse

- Qualitätsindikatoren (z.B. Mortalität und Komplikationen) korrelieren häufig nicht. Relative Gewichtung?

- Rankings nach "Ärzte-Empfehlungen" sind häufig systematisch verzerrt (z.B. Belegarzt-Abteilungen) und korrelieren nur wenig mit objektiven Qualitätsindikatoren

- Vergleich der Ergebnisse von Patientenbefragungen oft aussagekräftig, aber bilden in der Regel nicht technische Qualitätsaspekte ab

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Erwartungen an die Offenlegung von Qualitätsdaten

Patienten: Allgemeines "Recht" auf Information Nutzung für Nachfrageentscheidungen

Leistungserbringer: Anreiz für Qualitätsverbesserungsaktivitäten

Gesamtsystem: Qualitätswettbewerb

Öffentlichkeit: Transparenz schaffen Nachvollziehbarkeit von Ressourceneinsatz

WERDEN DIE ERWARTUNGEN ERFÜLLT?

Empirisch gut überprüfbar

2. Welche Effekte hat die Veröffentlichung von Qualitätsvergleichen?

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Effekte von Qualitätsvergleichen: Patienten

Patienten können mit Entscheidungen auf die Informationen reagieren

Qualitätsdaten und -vergleiche müssen existieren und offen gelegt werden

Patienten müssen dies wissen und leichten Zugang haben

Patienten müssen die Informationen verstehen können und ihnen Vertrauen

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Effekte des "Quality Counts" Reports (Wisconsin)

Evaluation der Wirkungen des Reports durch Bevölkerungsbefragung vor und nach der Veröffentlichung

Quelle: Hibbard et al. It isn't just about choice. Medical Care Research Review 62, pp 358-371, 2005.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

A B CPre Post

Es gibt Unterschiede in dem Risiko durch einen medizinischen Fehler verletzt zu werden.

Es gibt Unterschiede in der Qualität der Krankenhäuser dieser Region.

Es gibt Unterschiede in dem Risiko einevermeidbare Komplikation zu erleiden.

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Effekte des "Quality Counts" Reports (Wisconsin)

Evaluation der Wirkungen des Reports durch Bevölkerungsbefragung vor und nach der Veröffentlichung

Quelle: Hibbard et al. It isn't just about choice. Medical Care Research Review 62, pp 358-371, 2005.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

D EPre Post

Korrekte Nennung von "High Performer" Krankenhäusern

Korrekte Nennung von "Low Performer" Krankenhäusern

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Präoperative Nutzung von Qualitätsvergleichen

- Pennsylvania "Consumer Guide to Hospitals to CABG surgery" - Befragung von Patienten nach dem Eingriff

Quelle: Schneider et al. Use of Public performance reports. JAMA 279, pp 1638-1642, 1998.

Bewusstsein, Wissen, Nutzung, Barrieren % Patienten

Grundsätzliches deklariertes Interesse 55%

Theoretische Bereitschaft, anhand Guide Arzt zu wählen 58%

Wussten über den Guide vor der Operation 12%

Hatten den Guide gesehen / genutzt 4%

Rating hatte einen "gewissen Einfluss" auf Entscheidung 2%

Korrekte Wiedergabe des jeweiligen Ratings 1%

Keine Zeit für Nutzung zwischen Entscheidung und OP 59%

Kein geographisch akzeptable Alternative 33%

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Nutzung und Effekte von Qualitätsvergleichen: Patienten

Quelle: Robinowitz et al. Public reporting of provider performance. Ann Rev Public Health 27, pp 517-536, 2006.Schneider et al. Publicly disclosed information about the quality of health care. Quality in Health Care 10, pp 96-103, 2001.

- Steigendes, theoretisches Interesse an publizierten Qualitätsdaten

- Grosse Probleme im Verständnis und in der Interpretation der Daten

- Daten-Aufbereitung erschwert häufig Nutzungspotential

- In den USA kaum Einfluss auf Nachfrageentscheidungen

- Daten werden allenfalls sporadisch genutzt

- Nutzung fast ausschließlich durch "upper class" Patienten (männlich, jung, weiss, hohe Bildung und Einkommen, Stadtbewohner)

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Effekte von Qualitätsvergleichen: Zuweiser

- Pennsylvania "Consumer Guide to Hospitals to CABG surgery" - Befragung von zuweisenden Kardiologen

Quelle: Schneider et al. Influence of cardiac-surgery perfomance reports on referral practices and access to care. NEJM 335, pp 251-256, 1996.

Bewusstsein, Wissen, Nutzung, Barrieren % Kardiologen

Kenntnis des Guides 82%

Beurteilen die Informationen als "sehr wichtig" 10%

Diskutieren den Guide mit betroffenen Patienten 10%

Guide hat Einfluss auf Zuweisungs-Praxis 2%

Kritik: Fehlende Qualitätsindikatoren ausser Mortalität 78%

Kritik: Inadequate Risikoadjustierung 79%

Zunehmende Schwierigkeiten, Chirurgen für Hochrisikopatienten zu finden

59%

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Effekte von Qualitätsvergleichen: Leistungserbringer

Massive Selektionsmechanismen nach Offenlegung1)Verschiebungen in den Patientenkollektiven außerhalb PA/NY Zunahme der Krankheitsschwere in Nachbarstaaten

(out-of-state-transfers)

2) Verschiebungen in den Kollektiven innerhalb PA/NY Zunahme der Krankheitsschwere in Lehr-/ Universitätsspitälern

3)Verschlechterung der Versorgung innerhalb PA/NY Höhere Kosten und schlechtere Ergebnisse durch

Zunahme der Prozeduren bei Gesünderen (Upgrading) Abnahme der Prozeduren bei Kränkeren

(Downgrading)

Ökonometrische Analyse des Verhaltens von Leistungsanbietern nach der Publikation von Qualitätsvergleichen bei Bypass-OP in Pennsylvania / NY

Quelle: Dranove et al. Is more information better? The effects of report cards on health care providers. J Political Economy 111, pp 555-588, 2003.

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Effekte von Qualitätsvergleichen: Leistungserbringer

- Wisconsin "QualityReport" Studie, 115 Krankenhäuser - Experimentelle Studie mit zwei Interventionsgruppen (öffentlicher /

privater Report) und Kontrollgruppe (kein Report)

Quelle: Hibbard et al. Does publicizing hospital performance stimulate quality imporvement efforts? Health Affairs 22, pp 84-94, 2003.

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Freiwillige Offenlegung: "Reporter" vs. "Non-reporter"

% Qualitätsmerkmal erfüllt

Qualitätsmerkmal Public reporter Non-public reporter Differenz

Durchimpfungsrate Erwachsene 41 31 10

Asthma Arzneimittelgebrauch (5-9 J ahre) 66 59 7

Brustkrebs-Screening 55 53 2

Chlamydien Screening (16-20 J ahre) 45 48 -3

Cholesterol Management (LDL <130) 43 29 14

Diabetes, gute HbA1c Kontrolle) 56 42 14

Bluthochdruck Kontrolle 62 59 3

Quelle: US National Committee for quality assurance. The state of health care quality 2005.

Gibt es bei freiwilliger Offenlegung Qualitätsunterschiede zwischen Reportern und Non-Reportern?

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Dysfunktionale Konsequenzen der Veröffentlichung

Quelle: US National Committee for quality assurance. The state of health care quality 2005.

Bei Leistungsanbietern

Konvergenz Streben nach Unauffälligkeit anstelle Exzellenz

Gaming Änderungen in klinischer Praxis oder Kodierung für strategische Vorteile

Kurzsichtigkeit Obsession für kurzfristige Ziele

Versteinerung Widerwille gegen innovative Verfahren

Tunnel-Blick Konzentration auf die beurteilten Qualitätsaspekte

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Zusammenfassung: Wirkungen der Veröffentlichung

Erwartungen an vergleichende Qualitätsberichte werden kaum erfüllt

Informationen werden von Patienten kaum genutzt (USA, 2004: 19%)

Positive Wirkung auf: Qualitätsverbesserungsaktivitäten in Spitälern Image von Spitälern

Keine / geringe Wirkung auf: Patientenwahl / Nachfrage / Marktanteil Zuweiserverhalten

Offenlegung birgt paradoxerweise Risiko für Qualitätsverschlechterung

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Ausblick

Veröffentlichung vergleichender Qualitätsinformationen "unaufhaltbar"

Daten müssen verständlich mit möglichst hohem Nutzwert sein

Freiwillige vs. verbindliche Offenlegung umstritten

Gefahren müssen eingegrenzt und beobachtet werden

Sinnvolle und gewünschte Indikatoren, Datenbewertung, keine Über-Simplifizierung, Wahlmöglichkeit

Patientenselektion, Ungleichheit in der Versorgung, Tunnel-Blick

Opt-out Gaming