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¡NO PASARAN! Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936 –1939 e.V. 2014 ´ Auftakt einer Reise auf den Spuren der Ver- gangenheit Ende Oktober 2013: Im Haus der Handels- und Industriegewerkschaft in Barcelona spricht der französische Histo- riker der Universität in Dijon, Serge Woli- kow, über die Ebroschlacht vom 25. Juli bis 16. November 1938. Mit Nachdruck betont er vor den Anwesenden: „Was von 1936 bis 1939 in Spanien tobte, das war kein Bürgerkrieg sondern die erste bewaff- nete Auseinandersetzung zwischen Demo- kratie und Faschismus.“ Unter den Gästen aus Frankreich, Ita- lien, Russland und Deutschland sitzen die Brüder Vincent (96) und Joseph Almude- ver (94) aus Frankreich. Beide Spanien- kämpfer.  Joseph war Kämpfer in der spani- schen republikanischen Armee, dann in der Internationalen Brigade. Er bekräftigt aus eigenem Erleben die Erkenntnisse des Wissenschaftlers: Der durch Franco im Juli 1936 ausgelöste Putsch war kein Krieg zwi- schen Spaniern, sondern zwischen Antifa- schisten und Faschisten. Und die Non-In- terventions-Haltung in London und Paris war ein Verbrechen. Joseph und Vincent gehörten der französischen Gruppe an, die Ende Oktober, Anfang November letzten Jahres nach Barcelona gereist war. In einer international zusammengesetzten Delega- tion unternahmen sie eine Erinnerungsrei- se an die Orte, an denen vom 25. Juli bis 16. November 1938 im unteren Ebrotal ei- ne der blutigsten Schlachten in Nordkata- lonien stattgefunden hat. Eine Station war Campredo. Hier weih- te der Bürgermeister zur Erinnerung an die Ereignisse vor 75 Jahren einen Gedenk- stein ein. Vom alten Turm auf der kleinen Anhö- he bietet sich an diesem sonnigen Tag ein weiter Blick auf den Ebro, lässt fast verges- sen, was vor 75 Jahren geschehen ist. 700 Angehörige des französischen Bataillons „Commune de Paris“ kamen hier bei der Erfüllung des Auftrages ums Leben, bei Gandesa einen Entlastungstangsangriff  zu unternehmen, der zur erfolgreichen Über- schreitung des oberen Ebro beigetragen hat. In mir kommt die Erinnerung an die Sitzung des Bundestages vom 29. Septem- ber 2006 hoch. Aus Anlass des 70. Jahres- tages der Gründung der Internationalen Brigaden in Spanien hatte die Fraktion Die Linke einen Antrag eingebracht. Das Par- lament, hieß es da, möge den Kampf der 5 000 deutschen Freiwilligen an der Seite der Spanischen Republik für ein antifa- schistisches und demokratisches Europa würdigen. Erinnert wurde daran, dass in Frankreich die republikanischen Freiwilli- gen den Résistance-Kämpfern gleichge- stellt wurden und daran, dass Spanien 1996 allen noch lebenden ausländischen Kämp- fern für die Spanische Republik die Ehren- staatsbürgerschaft verliehen hat. Während die Grünen moderate Zustimmung zum Anliegen der Linken bekundeten, schütte- ten CDU/CSU und FDP Hohn und Spott über die Linksfraktion aus. Die SPD verzichtete gleich ganz auf ihr Rederecht. Der deutsche Spanienkämpfer Kurt Goldstein und der ehemalige Generalsek- retär der KP Spaniens, Santiago Carrillo, auch er kämpfte gegen Franco, wurden auf der Besuchertribüne Zeugen dieser schmählichen neudeutschen Geschichts- stunde. Bis heute steht die politische Wür- digung der deutschen Spanienkämpfer aus. Trotz alledem: Nichts ist vergessen und Niemand. HANS CANJÉ IN DIESEM HEFT n 75 Jahre danach: Reise an den Ebro und nach Barcelona im Oktober 2013 (Seite 2) n Historischer Rückblick: Frauen im Spanienkrieg (Seite 8) n Spanien heute: Erinnerungskultur (Seiten 9 –11); Bewegung „15 M Berlin“ (Seite 22) n Deutsche Verbrechen: die „Legion Condor“ (Seite 12) n Bruderorganisationen: AABI, ACER, AICVAS, „Terre de Fraternité“ (Seiten 17 und 18) n Bei Freunden unterwegs: in Moskau, am Jarama und in Benicássim (Seiten 19 – 21) Das war kein Bürgerkrieg „Nichts ist vergessen und Niemand“ (F. J. DEGENHARDT) Torre de Campredo, Oktober 2013: Einweihung einer Gedenktafel FOTO: ANGELIKA BECKER

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¡NO PASARAN!Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936 –1939 e.V. 2014

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Auftakt einer Reise auf den Spuren der Ver-gangenheit Ende Oktober 2013: Im Hausder Handels- und Industriegewerkschaft inBarcelona spricht der französische Histo -riker der Universität in Dijon, Serge Woli-kow, über die Ebroschlacht vom 25. Julibis 16. November 1938. Mit Nachdruckbetont er vor den Anwesenden: „Was von1936 bis 1939 in Spanien tobte, das warkein Bürgerkrieg sondern die erste bewaff-nete Auseinandersetzung zwischen Demo-kratie und Faschismus.“

Unter den Gästen aus Frankreich, Ita-lien, Russland und Deutschland sitzen dieBrüder Vincent (96) und Joseph Almude-ver (94) aus Frankreich. Beide Spanien-kämpfer.  Joseph war Kämpfer in der spani-schen republikanischen Armee, dann inder Internationalen Brigade. Er bekräftigtaus eigenem Erleben die Erkenntnisse desWissenschaftlers: Der durch Franco im Juli1936 ausgelöste Putsch war kein Krieg zwi-schen Spaniern, sondern zwischen Antifa-schisten und Faschisten. Und die Non-In-terventions-Haltung in London und Paris

war ein Verbrechen. Joseph und Vincentgehörten der französischen Gruppe an, dieEnde Oktober, Anfang November letztenJahres nach Barcelona gereist war. In einerinternational zusammengesetzten Delega-tion unternahmen sie eine Erinnerungsrei-se an die Orte, an denen vom 25. Juli bis16. November 1938 im unteren Ebrotal ei-ne der blutigsten Schlachten in Nordkata-lonien stattgefunden hat.

Eine Station war Campredo. Hier weih-te der Bürgermeister zur Erinnerung an dieEreignisse vor 75 Jahren einen Gedenk-stein ein.

Vom alten Turm auf der kleinen Anhö-he bietet sich an diesem sonnigen Tag einweiter Blick auf den Ebro, lässt fast verges-sen, was vor 75 Jahren geschehen ist. 700Angehörige des französischen Bataillons„Commune de Paris“ kamen hier bei derErfüllung des Auftrages ums Leben, beiGandesa einen Entlastungstangsangriff  zuunternehmen, der zur erfolgreichen Über-schreitung des oberen Ebro beigetragenhat.

In mir kommt die Erinnerung an die Sitzung des Bundestages vom 29. Septem-ber 2006 hoch. Aus Anlass des 70. Jahres-tages der Gründung der InternationalenBrigaden in Spanien hatte die Fraktion DieLinke einen Antrag eingebracht. Das Par-lament, hieß es da, möge den Kampf der5 000 deutschen Freiwilligen an der Seiteder Spanischen Republik für ein antifa-schistisches und demokratisches Europawürdigen. Erinnert  wurde daran, dass inFrankreich die republikanischen Freiwilli-gen den Résistance-Kämpfern gleichge-stellt wurden und daran, dass Spanien 1996allen noch lebenden ausländischen Kämp-fern für die Spanische Republik die Ehren-staatsbürgerschaft verliehen hat. Währenddie Grünen moderate Zustimmung zumAnliegen der Linken bekundeten, schütte-ten CDU/CSU und FDP Hohn undSpott über die Linksfraktion aus. Die SPDverzichtete gleich ganz auf ihr Rederecht.

Der deutsche Spanienkämpfer KurtGoldstein und der ehemalige Generalsek -retär der KP Spaniens, Santiago Carrillo,auch er kämpfte gegen Franco, wurdenauf der Besuchertribüne Zeugen dieserschmählichen neudeutschen Geschichts-stunde. Bis heute steht die politische Wür-digung der deutschen Spanienkämpfer aus.Trotz alledem: Nichts ist vergessen undNiemand. HANS CANJÉ

IN DIESEM HEFTn 75 Jahre danach:

Reise an den Ebro und nach Barcelonaim Oktober 2013 (Seite 2)

n Historischer Rückblick:Frauen im Spanienkrieg (Seite 8)

n Spanien heute:Erinnerungskultur (Seiten 9 –11);Bewegung „15 M Berlin“ (Seite 22)

n Deutsche Verbrechen:die „Legion Condor“ (Seite 12)

n Bruderorganisationen:AABI, ACER, AICVAS, „Terre de Fraternité“ (Seiten 17 und 18)

n Bei Freunden unterwegs:in Moskau, am Jarama und in Benicássim (Seiten 19 – 21)

Das war kein Bürgerkrieg„Nichts ist vergessen und Niemand“ (F. J. DEGENHARDT)

Torre de Campredo, Oktober 2013: Einweihung einer GedenktafelFO

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¡NO PASARÁN! 2014REISE IN DIE GESCHICHTE02

75 Jahre nach der Schlacht am Ebro und der Verabschiedung der Interbrigaden in BarcelonaEine Reise auf den Spuren der Spanienkämpfer,27. Oktober bis 1. November 2013

Von  Barcelona startete in drei großen Bus-sen eine einwöchige, gemeinsame Reise zuden wichtigsten Schlachtfeldern am unte-ren Teil des Ebro, des spanischen Schick-salsflusses, an dem im Sommer 1938 dieletzte Großoffensive der von den Interna-tionalen Brigaden unterstützten Streitkräf-te der Spanischen Republik gegen die vor-drängenden, von Hitler und Mussolini un-terstützten Franco-Faschisten stattfand.

Die alte spanische Stadt Tortosa, die amUfer des Ebro liegt, wurde von Bombernder deutschen „Legion Condor“ fast völligdem Erdboden gleichgemacht. Einer derbekanntesten Journalisten jener Zeit, Er-nest Hemingway, berichtete damals als Augenzeuge in seinen Depeschen an nord-amerikanische Nachrichtenagenturen vonder Zerstörung der Stadt ohne Rücksichtauf die Zivilbevölkerung und gab damit ei-nen Vorgeschmack auf das, was bald imZweiten Weltkrieg folgen sollte: „Über uns,im hohen, wolkenlosen Himmel dröhnt eine Bomberflotte nach der anderen überTortosa hinweg. Als sie dann plötzlich ihreBombenlasten mit Donner fallen ließen,verschwand die kleine Stadt am Ebro in ei-ner aufsteigenden, gelben Staubwolke. DerStaub legte sich nicht, da immer mehrBomber kamen, und schließlich hing er wie

ein gelber Nebel über dem gesamten Ebro-Tal.“ (Catalonia: A Cultural History byMichael Eaude)

Mit seinem Wasserkraftwerk, seinenelektrochemischen Anlagen und der Eisen-brücke über den Ebro war das StädtchenFlix für die Faschisten ein bedeutendes,strategisches Ziel. So war es auch einer derersten Orte Kataloniens, der von der fa-schistischen Luftwaffe, die hauptsächlichaus Hitlers „Legion Condor“ bestand, zer-stört wurde. Der Luftangriff dauerte vierStunden. Viele Zivilisten starben, nochmehr wurden verletzt. Die entsetzten Ein-wohner suchten Zuflucht in den Höhlender umliegenden Hügel.

„Normalerweise nehme ich meine Fami-lie zu offiziellen Anlässen nicht mit. Aberdieses Mal ist es anders“, sagte Marc MurBagés, der Bürgermeister von Flix, als eruns am Denkmal für die InternationalenBrigaden auf einer Anhöhe hoch über demEbro empfing. „Meine Kinder müssen sichder Bedeutung dieses Kampfes für Spa-niens Freiheit bewusst sein“, unterstrich ermit hoch erhobener, geballter Faust.

Obwohl schon Anfang November, wares immer noch heiß und der Himmel stahl-blau. Wir waren unterwegs zur AnhöheCota 402, dem ehemaligen Kommando-stand der 35. Division der Republikani-schen Armee. Am Fuße der Anhöhe, ge-genüber dem Friedhof des in der Nähe lie-genden, ebenfalls von der „Legion Con-dor“ zerstörten Städtchens Corbera, ginges für unsere Busse nicht mehr weiter. Diemitgereisten Rollstuhlfahrer/-innen wur-den mit geländegängigen Fahrzeugen zumZiel transportiert. Für alle anderen ging eszu Fuß einen steilen Pfad bergauf, wobei einem im losen Sand immer wieder derHalt wegrutschte. Wie anstrengend musstedieser Weg für die Interbrigadisten gewe-sen sein, die damals Gepäck, Waffen undMunition hier hoch schleppen mussten?

Je höher wir stiegen, desto beeindru-ckender war der Blick auf die umliegendeLandschaft, die Terra Alta. Als wir schließ-lich unser Ziel erreicht hatten, war dieFernsicht überwältigend. Wir stellten fest,dass Enthusiasten offensichtlich mehrereMonate damit verbracht hatten, die Schüt-zengräben von damals wieder herzustellen.Auch standen einige alte Luftabwehrkano-nen in entsprechend hergerichteten Stel-lungen, und man bekam einen guten Ein-druck davon, wie es hier vor 75 Jahren aus-gesehen haben musste. Auch hier wurdevon Joseph und Vincent Almudéver einGedenkstein eingeweiht.

Von der Cota 402 konnten wir in derFerne die Serra de la Cavalls und die Serrade Pandols erkennen, auch das Dorf Gan-desa, das jetzt ein relativ moderner Ort ist,damals jedoch fast vollständig zerstört wur-de. Das gleiche Schicksal hatte das in derNähe der Cota 402 liegende damals 2 500Einwohner zählende Corbera d’Ebre er -eilt, wo eine der blutigsten Episoden derSchlacht am Ebro stattgefunden hat. DieBewohner verließen damals für immer ihrvon deutschen Bomben völlig in Schuttund Asche gelegtes Dorf und bauten weiterunten am Hang ein neues auf. Die Ruinendes alten Dorfes, einschließlich der Kirche,von der nur noch die Außenmauern stehen,dienen heute als Mahnmal und Museum.

Als wir in Corbera d’Ebre ankamen,dämmerte es bereits, und die Silhouettender zerstörten Häuser und der stehen ge-bliebenen Schornsteine machten die At-mosphäre noch ergreifender. ANN RUPP

(auf Anregung des Vereins Arbeiter-fotographie, aus: NRZ, 18.1.2014)

Fossar de la Padrera, Montjuic, Barcelona: Säulen mit den Namendeutscher Konzentrationslager

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¡NO PASARÁN! 2014 GEDENKEN 03

Am 9. Juni 1917 begann die Lebensge-schichte von Gert Hoffmann. Aufgewach-sen in einer sozialdemokratischen, jüdi-schen Familie gemeinsam mit seinem älte-ren Bruder Wolfgang. Sein Bruder Wolf-gang, welcher mit 14 Jahren von zu Hauseausriss, um sich in Hamburg als Schiffsjun-ge durchzuschlagen, kam als gestandenerKommunist nach dem Krisenjahr 1929und dem Schwarzen Freitag, welcher denSchiffsverkehr auf der Nordsee beendete,nach Hause. Er spielte dadurch für Gert

eine bedeutende Rolle. Die GebrüderHoffmann wurden politisch aktiv. GertsStandpunkt war „Immer für Gerechtigkeitkämpfen“.

Aufgrund der starken „Nazi“-Präsenzwaren die Hoffmanns trotz allem immeraktiv. Die Folgen – ein abwechselnder Ge-fängnisbesuch der beiden Brüder. Als 1936 der spanische Bürgerkrieg aus-bricht, ist Gerts revolutionärer Eifer nochgrößer. Seine politische Aktivität wird ihmallerdings 1937 zum Verhängnis, und erwird zu fünf Jahren schweren Zuchthauseswegen Hochverrates verurteilt.

Zeitgleich endet die Schlacht um Ma-drid mit einem Sieg der Republikaner, dasrote Madrid hält Stand. Wolfgang, GertsBruder, war einer der Interbrigadisten, diehier kämpften. Die Sehnsucht in Gert wur-de größer, gemeinsam mit seinem Brudergegen General Franco zu kämpfen. Aber,für ihn ging es ab nach Stein, wo er bis zurAmnestie 1938 einsitzt und dann als poli-tischer Gefangener entlassen wird.

Sein Vater riet ihm so schnell als mög-lich fortzugehen. Aus diesem Grund emi-grierte Gert nach Tschechien. Gert schaff-te es über Paris nach Spanien. Das war

1938. In diesem Jahr tobte der erbitterteKampf – Franco gegen die Menschen Spa-niens.

Gert wollte Frieden, Freiheit und De-mokratie. Gemeinsam mit anderen stritter für ein besseres Morgen. Nach seinerGrundausbildung wurde er mit dem Batail-lon 12. Februar an die Front am Ebro ge-schickt. Die Internationale Brigade wurdedemobilisiert, Gert als Soldat der Spani-schen Republik mobilisiert. Als diese verlo-ren ist, musste Gert 1939 nach Frankreichfliehen. So wie viele andere seiner Mitstrei-ter. In Spanien hat der Faschismus gesiegt!

Als er in Frankreich ankam, wurde er insInternierungslager gesperrt. Während derInternierung konnte er seinen Vater sowieseinen Bruder ausfindig machen. Aller-dings war es das letzte Treffen mit seinemBruder. Denn Wolfgang Hoffmann wirdim Vernichtungslager Groß-Rosen ermor-det. Sein Vater kommt in einem französi-schen Lager ums Leben, seine Mutter wur-de in den letzten Tagen vor Kriegsende insKZ Auschwitz deportiert und von den Na-zis ermordet.

Gert Hoffmann gelang die Flucht ausden Lagern von St. Cyprien und Gurs, ertauchte in Frankreich unter. Nach erneuterVerhaftung gelang es ihm, an gefälschtespanische Papiere zu kommen und wurdesomit als Spanier von den Nazis zurZwangsarbeit verpflichtet. Nach einemBombardement konnte er aus der Muni -tionsfabrik fliehen und sich schließlichdem französischen Widerstand anschlie-ßen. Er wurde von der US-Armee kurz vorKriegsende rekrutiert und nahm als GI ander Befreiung Deutschlands teil. Zurückge-kehrt ist Gert 1945 nach Wien.

Im Oktober 1985, im Alter von 69 Jah-ren, ging er noch als Brigadist nach Nicara-gua, wo er sich am Aufbau des Landes be-teiligte.

Wir möchten hier noch ein Zitat vonGert Hoffmann einfügen, welches er „ir-gendwann 1998“ von sich gab: „Wenn mei-ne Kinder mich heute fragen, ob ich zumeinen Jugendidealen stehe, antworte ichihnen: Meine Träume von damals habensich nicht erfüllt. Um ihre Verwirklichunghaben sich unzählige Menschen bemühtund dafür große Opfer gebracht. Ich kannmich damit nicht abfinden, dass es unmög-lich sein soll, der Gerechtigkeit in dieserWelt zum Durchbruch zu verhelfen.“

No pasarán, compañero! Aus: www.meinbezirk.at (gekürzt)

Nachruf auf Gert HoffmannGert Hoffmann (9. Juni 1917– 9. Juli 2014), einer der beiden letztenösterreichischen überlebenden Spanienkämpfer ist verstorben.

Spanienkämpfer Gert Hoffmann:¡No pasarán!

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„Wenn meine Kinder mich heute fragen, ob ich zu meinen Jugend-

idealen stehe, antworte ich ihnen:Meine Träume von damals habensich nicht erfüllt. Um ihre Verwirk-lichung haben sich un zähligeMenschen bemüht und dafür große Opfer gebracht. Ich kannmich damit nicht abfinden, dasses unmöglich sein soll, der Ge-rechtigkeit in dieser Welt zumDurchbruch zu verhelfen.“

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¡NO PASARÁN! 2014

Er war einer von 1 500 Österreichern, dienach dem Putsch spanischer Generäle ge-gen die Volksfrontregierung in Madrid am17./18. Juli 1936 auf die Iberische Halbin-sel eilten, um die Republik zu verteidigen:Hans Landauer, geboren am 19. April 1921in Oberwaltersdorf/Niederösterreich undverstorben am 19. Juli 2014 im Alter von93 Jahren in seiner Heimatgemeinde Ober-waltersdorf.

Während des Zweiten Weltkrieges imKZ Dachau inhaftiert, war er im Nach-kriegsösterreich zunächst bei der Kriminal-polizei tätig und später Angehöriger einesUN-Polizeikontingents auf Zypern. Mitdem Herausgeber des „Lexikons der öster-reichischen Spanienkämpfer 1936 – 1939“sprach bei einem Treffen der Interbrigadis-ten in Spanien mit KARLEN VESPER.

n Herr Landauer, sind Sie verwandt mitdem berühmten deutschen AnarchistenGustav Landauer, der 1919 von rechterSoldateska ermordet worden ist?

Nein.n Aber in Spanien sind Sie doch sicherauf die Namensgleichheit mit jenem an-gesprochen worden. Oder nicht?

Sie hatten in Spanien andere Helden.Und außerdem hieß ich dort nicht Land-auer, sondern Operschall.n Wie sind Sie nach Spanien gelangt?Wie haben Sie vom Putsch der Generäleerfahren?

Aus der „Arbeiter-Zeitung“ und ande-ren linken, illegalen Presseerzeugnissen. Ichwar damals Blattbindergehilfe in der FirmaA. Rudolph, einer Weberei in Ober-Wal-tersdorf in Niederösterreich. Dort wusstenalle Bescheid. Die Arbeiter in diesem Be-trieb waren alle links, entweder Kommu-nisten oder Sozialdemokraten. Sie fieber-ten mit Volksfrontspanien.n Waren Sie politisch organisiert?

Ich war bei den Kinderfreunden, dersozial demokratischen Jugendorganisation,und ab 1934 bei den Roten Falken. Meinebeiden sozialdemokratischen Großväterwaren Bürgermeister in Oberwaltersdorfund in Tattendorf. Nach unserer Nieder -lage in den Februarkämpfen 1934 gegen

hat mich dann in ein Hinterzimmer ge-führt, zu „Monsigneur Max“. Ich platztefast vor Stolz, habe ihm meinen Reisepassunter die Nase gehalten. Da sagte „Max“entsetzt im härtesten Wiener Dialekt: „Wasdenn, bist du blöde? Wir schicken dochkeine Kinder nach Spanien!“ Da war ichsprachlos.n Und nun?

Ich lass mich nicht so leicht von etwasabbringen, was ich mir fest vorgenommenhabe. Also habe ich gelogen: „Das ist derPass von meinem Cousin.“ Den es garnicht gab. „Ich bin nicht 16, sondern schon18“, log ich. „Und ich heiße auch nichtLandauer, sondern Operschall.“ Das warder Geburtsname meiner Mutter. Kurzum,ich habe mich durchgesetzt. In Spanien ha-ben mich dann die Bürokraten von derKomintern noch einmal um zwei Jahre äl-ter gemacht. Offenbar, weil auch sie Bauch-schmerzen hatten, einen Bub kämpfen zulassen.n Als Sie in Spanien ankamen, tobte dieSchlacht um Brunete.

Ja, die war in vollem Gange. Am 18.oder 19. Juli 1937, ein Jahr nach demPutsch, sind wir – 35 Mann – mit einemAutobus in Richtung Madrid gefahren.Das österreichische Bataillon „12. Februar1934“ wurde nun als 4. Bataillon der XI.Brigade eingegliedert. Ich gehörte der Ma-schinengewehrabteilung an. Einige Tagewaren wir nördlich von Brunete im Ein-satz. Dann haben wir Quinto eingenom-men. Anschließend ging es nach Mediana.Da wurde ich am 4. September 1937 ver-wundet. Ich kam ins Spital nach Benicàs-sim. Dort war ich drei Wochen. Die Stadtliegt an der Costa del Azahar, am Mittel-meer. Es war wunderschön. Zum erstenMal in meinem Leben habe ich im Meergebadet.n Was war die schlimmste Schlacht, dieSie mitmachten?

Die schlimmste Materialschlacht, wie esso schön im Kriegsdeutsch heißt, war dieEbro-Schlacht. Da war ich nicht mehr imBataillon „12. Februar“, sondern im „Batal-lón Special“ der 35. Division. Um Corbera,eine katalanische Stadt im Nordosten Spa-niens, sind 28 Österreicher gefallen. Da-nach hat es in der gesamten XI. Internatio-nalen Brigade nurmehr 180 Österreicherund 200 Deutsche gegeben. Alle anderenwaren Holländer, Dänen und Spanier.n Wie viele Österreicher haben in denInterbrigaden gekämpft?

das Dollfuß-Regime und den Austrofa-schismus sind sie aus ihren Gemeindestu-ben verjagt worden.

Ich wohnte bei meinem Großvater müt-terlicherseits. Eines Tages kam ein Freund,schwenkte einen Brief und verkündete:„Der Haiderer Franz kämpft schon in Spa-nien.“ Da habe ich mir gesagt: Dort musstdu auch hin. Ich gestehe: Mich hat vor al-

INTERVIEW04

Parole „Milchkaffee“Wie es dem Roten Falken Hans Landauer mit einer Notlüge gelang, in den Spanienkrieg zu ziehen. Aus: ND, 16. Juli 2011

lem jugendliche Abenteuerlust gepackt.n Und da trabten Sie einfach los?

Ich hatte natürlich Hilfe. Es gab eine sogenannte „Transportorganisation“. Ich be-kam von denen 150 Schilling Fahrgeld undeine Anlaufadresse in Paris: Café Grison,Rue d’Alsace 39. Am 18. Juni 1937 bin ichlos. 24 Stunden später saß ich in dem Caféund sagte die wunderbare Parole: „Café aulait, s’il vous plait.“ Und außerdem, dass ich„Monsigneur Max“ sprechen wolle. DerKellner antwortete: „Un peu, s’il vousplait.“ Aus dem „un peu“, aus dem kurzenAugenblick, wurden zwei Stunden. Man

Barcelona, 28. Oktober 1938: Hans Landauer bei der Verabschie-dung der Interbrigaden

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¡NO PASARÁN! 2014

Etwa 1 500. Nach meinen Recherchensind 235 gefallen.n Hatten Sie auch Angst?

Na klar. Wenn die Granaten links undrechts von dir explodieren, da schlotterndir alle Glieder. Ich habe mir da gesagt:„Nur ein Ochs fürchtet sich nicht, wenn erzur Schlachtbank geführt wird.“n Sind auch Sie nach Francos Sieg inFrankreich interniert gewesen wie vieleInterbrigadisten?

Ja, in Saint-Cyprien, Gurs, Argelès-sur-mer, Toulon. Im November 1940 wurdeich von den Deutschen verhaftet, kam überMünchen ins Gestapo-Gefängnis in Wienund wurde wegen „Hochverrat“ verurteilt.Vom 6. Juni 1941 bis zum 29. April 1945war ich in Dachau.n Sie haben sich um die Erforschung derGeschichte österreichischer Interbriga-disten verdient gemacht. Fühlten Sie eineinnere Verpflichtung dazu?

Ich begann damit erst nach der Pensio-nierung. Ich habe im Dokumentationsar-chiv in Wien, im DÖW, gearbeitet. Das ist1963 von Professor Herbert Steiner grün-det worden, ein feiner Kerl; er war in derEmigration in England, seine Eltern sind inAuschwitz umgebracht worden. Es gab imDÖW anfangs nur 36 Dossiers von öster-reichischen Spanienfahrern. Also habe ichmich in die Materie gekniet – gegen denWillen einiger österreichischer Spanien-fahrer.n Wieso das?

Die wollten nicht, dass ausgerechnet ichihre Geschichte niederschreibe. Die warennoch in stalinistischem Denken verhaftet.n Und fürchteten die Enthüllung unan-genehmer Wahrheiten, etwa stalinisti-scher Willkür?

Das wird’s gewesen sein. Die traf ja auchÖsterreicher. Zum Beispiel Josef Frank. Ergehörte zu jenen, die nach dem Spanien-krieg in die Sowjetunion gingen. Dort ister als „deutscher Spion“ verurteilt worden.Eine totale Idiotie! Ein Jahr nach seinerVerurteilung starb er in einem Lager in derGegend von Taschkent.n Wissen Sie, wie viele österreichische Spanienkämpfer Opfer Stalinschen Ter-rors wurden?

Wir wissen, dass von den in die Sowjet-union gegangenen Spanienfahrern 13 umsLeben gekommen sind. Aber nicht alle wa-ren Opfer Stalins, viele starben in Fortset-zung ihres antifaschistischen Kampfes. Jo-sef Goldberger und Franz Zivny wurden

nach der Eroberung von Charkow durchdie Wehrmacht von einer Einsatzgruppedes deutschen Sicherheitsdienstes erschos-sen. Elf österreichische Interbrigadistenstarben als Kundschafter der Roten Armeeoder als Beauftragte der KPÖ. Sie solltenin Österreich die illegale Arbeit stärken;vier von ihnen erreichten ihr Einsatzgebietnicht, sind mit dem Flugzeug abgestürzt.

Ich will damit sagen: Auch wenn wirüber das weitere Schicksal von einigenösterreichischen Spanienfahrern in derSowjetunion nichts wissen, bedeutet dasnicht, dass sie alle Opfer Stalins gewordensind. Österreichische Spanienfahrer habenübrigens auch in der britischen und in derUS-Armee gekämpft. Sie mussten nicht inden Kampf gegen Hitler ziehen, aber siehaben es getan.n Wie war das Verhältnis der Österrei-cher in der Nachkriegszeit zu den „eige-nen“ Spanienkämpfern?

Bis heute werden wir von offizieller Sei-te nicht geehrt. Unerträglich fand ich aberauch die gegenseitigen Beschimpfungenunter ehemaligen Interbrigadisten in derZeit der Blockkonfrontation. Es gab vielböses Blut. Erst nach dem Untergang des„realen Sozialismus“ fanden wir wieder zu-sammen. Außerdem gab es jetzt Wichtige-res, als sich zu streiten.n Und das wäre …?

Gemeinsam zu versuchen, der globalenneoliberalen Offensive und den neuenKriegen Einhalt zu gebieten. Ich bin zwar

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pessimistisch, ob dies gelingt. Aber ich willdie heutige Jugend nicht vom Kämpfen ab-halten. Die spanische und auch die nord-afrikanische Jugend stimmt mich zuver-sichtlich.

Der Veteran neben dem Gedenksteinfür die Freiwilligen auf dem Ehren-friedhof von Barcelona

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„Spanien im Herzen“, Lieder des Spanischen Bürgerkrieges, 7-CD/1-DVD Box mit 300-seitigem Begleit-buch mit allen Liedtexten, 173 €

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¡NO PASARÁN! 2014

Er hätte seine helle Freude an diesem „be-gehbaren Denkmal“ gehabt, das ihm dieOstberliner Bezirksverordneten-Versamm-lung Marzahn-Hellersdorf und die Lager-arbeitsgemeinschaft Buchenwald da errich-tet haben: Eine – natürlich Rotbuche – im„Kurt-Julius-Goldstein-Park“ als Ehrungfür unseren Kameraden. Zumal es angrenztan die Alice-Salomon-Hochschule, die erstin den letzten Augusttagen, ganz in seinemSinne, mit den Studierenden Mitveranstal-ter der antifaschistischen Woche „Aktiv ge-gen Rassismus und Ausgrenzung“ war.

Am 3. November 1914 wurde Kurt Ju -lius in Dortmund als Sohn einer jüdischenKaufmannsfamilie geboren. Der Vater, imErsten Weltkrieg schwer verwundet, mühtesich, seinen Sohn in der Tradition seinesGlaubens zu erziehen. Dazu gehörte, ihn sofrüh wie möglich mit der Kunst des Lesensund Schreibens vertraut zu machen. „Aus-geschlossen von der Sprache bedeutet aus-gestoßen aus der Geschichte, Verstummenbedeutet sterben.“ So das Wort des Vaters.

Die weisen Worte tragen Früchte. Werihn bei einem seiner vielen Auftritte, ob aufKundgebungen, Veranstaltungen, vor al-lem und besonders gerne vor jungen Men-schen erlebt hat, der wird den stimm- undsprachgewaltigen Redner (ob in Deutsch,Spanisch, Französisch, nicht ganz so per-fekt in Russisch und Englisch), einen Plau-derer mit immer wieder fesselnden Ge-schichten aus seinem bewegten Leben inErinnerung haben. Da war spürbar: DerMann steht hinter dem, was er sagt.

Am 24. September 2007 endete das Le-ben des über die Grenzen unseres Landeshinaus hochgeachteten Mannes in Berlin.Mit ihm verlor die internationale antifa-schistische Gemeinschaft einen der letztenZeitzeugen, der Auskunft geben konnteüber den frühen Kampf der Arbeiter imRuhrgebiet, über den Freiheitskampf derInternationalen Brigaden an der Seite derspanischen Demokraten gegen den faschis-tischen Putschisten Franco, über das Lei-den und den Kampf der Häftlinge im Kon-

an allen Kampfabschnitten dabei, wird ver-wundet, Politkommissar, erlebt das Endedes spanischen Freiheitskampfes, der fürihn auch ein Kampf gegen den deutschenFaschismus war, in Frankreich. Endstationist hier das Internierungslager Drancy. Dasmit dem faschistischen Deutschland kolla-borierende Vichyregime liefert ihn an dieGestapo aus. Das KZ Auschwitz-Birkenau,die Grube Jawischowitz ist ab Juli 1942 dienächste Station. Die Nummer 58 866 wirddem hier Zwangsarbeit leisten müssenden„Püttmann“ in den linken Unterarm täto-wiert.

Das neue Leben nach der Befreiung beginnt mit der Solidaritätsaktion „Brotfür die Kinder“ im hungernden Nach-kriegsdeutschland. FDJ-Funktionär inWestdeutschland, 1947 Mitarbeiter imZentralkomitee der SED, Intendant desRundfunksenders Stimme der DDR (vor-mals Deutschlandsender), Funktionen inder Internationalen Föderation der Wi-derstandskämpfer (FIR), bis zu seinemTod Ehrenvorsitzender des InternationalenAuschwitz-Komitees, und der Vereinigungder Verfolgten des Naziregimes – Bund derAntifaschisten (VVN-BdA), das sind dieweiteren Stationen.

Das Ende der von ihm gewollten DDRtrifft ihn tief. „Wir glaubten an die Refor-mierbarkeit der DDR“ sagt er „schwerenHerzens“ im Mai 1997 auf einem VVN-Kongress , denn ihr antikapitalistischer An-satz war richtig. … Auf keinen Fall wolltenwir das in der DDR begonnene Werk ge-fährden. Und wir wollten uns nicht imGlobke-Oberländer-Kiesinger-Staat wie-derfinden.“ Aber weiter: „Das Ziel bleibt,wenn es auch in weite Ferne gerückt ist.“

1996 wird Kurt Goldstein, wie allennoch lebenden ausländischen Kämpfernfür die Spanische Republik, die Ehren-staatsbürgerschaft des Landes verliehen.Späte Erfüllung eines Versprechens vonDolores Ibarruri, der langjährige General-sekretärin der Kommunistischen ParteiSpaniens, am 15. November 1938 bei derAbschiedsparade der Internationalen Bri-gaden in Barcelona: „Nie werde ich euchvergessen. Und wenn einst die Blumen desFriedens, verflochten mit dem Siegeslor-beer der Spanischen Republik, erblühen,dann: Kommt wieder! Kommt zurück zuuns, hier findet ihr ein Vaterland. … Hierhabt ihr eure Freunde, und ihr alle findethier die Liebe und Dankbarkeit des ganzenspanischen Volkes …“ HANS CANJÉ

zentrationslager Auschwitz-Birkenau, überden Todesmarsch der Geschundenen, deram 17. Januar 1945 begann und am 22. desMonats in Buchenwald endete.

Nur 500 von den dreitausend auf denMarsch Getriebenen hatten überlebt. Am11. April erlebte er die Selbstbefreiung desLagers durch die Häftlinge. Er gehört zudenjenigen, die hier den Schwur ablegten,nicht zu ruhen bis zur Vernichtung des Nazismus mit all seinen Wurzeln und fürden Aufbau einer neuen Welt des Friedensund der Freiheit zu kämpfen. Mit Spanien

GEDENKEN06

KurtIm Gedenken an Kurt Goldstein.Am 3. November wäre unser Kamerad Kurt Julius 100 Jahre altgeworden.

und Auschwitz im Herzen lebte er diesenSchwur im Sinne des Wortes, bis zum letz-ten Atemzug.

1928 war er das erste Mal auffällig ge-worden. Eine lokale Zeitung wusste zu ver-melden: „In Hamm wurde der OberschülerJulius G. wegen kommunistischer Umtrie-be von der Schule verwiesen. Er hielt auföffentlichen Kundgebungen und Demons-trationen Ansprachen gegen Polizei undStaat.“ Am 3. April 1933 rückten die Abge-sandten des neuen „Polizeistaats“ mit ei-nem Haftbefehl gegen den „Umtriebigen“an. Der nun zweifache „Staatsfeind“, Judeund Kommunist, konnte entkommen unddamit begann eine zwölf Jahre währendeReise, wie er es einmal beschrieb, „vonDeutschland nach Deutschland“.

Über das damals noch unter französi-scher Verwaltung stehende Saarland führtdiese Reise über Luxemburg, Paris nach Pa-lästina. Als General Franco im Juni 1936mit Unterstützung der italienischen unddeutschen faschistischen Regime gegen dieRepublik putscht, ist er unter den ersten300 Freiwilligen, die dem Ruf zur Bildungder Internationalen Brigaden folgen. Er ist

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¡NO PASARÁN! 2014

Antoine Piñol wurde 1915 in Katalonien(Spanien) geboren. Er wurde früh Waise,sein Vater starb während des Militärdiens-tes 1921. Seine Mutter, die nicht allein fürihn sorgen konnte, brachte ihn zur Groß-mutter nach Frankreich. Und so kam er imAlter von 6 Jahren nach Villeneuve sur Lot.

Antoine verließ die Schule frühzeitigund begann den Beruf eines Mechanikerszu erlernen. Seine Leidenschaft gehörtedem Rugby und dem Ringkampf, wo er alsJunior auch erfolgreich an den französi-schen Landesmeisterschaften teilnahm.

Für seine weitere Bildung fühlte sich dieGroßmutter zuständig. Sie sprach weiter-hin spanisch mit ihm, so dass er sich nachwie vor als Spanier fühlte. 1936 – mit Be-ginn des Spanienkrieges – fasste er denEntschluss, auf der Seite der Republik ge-gen die Feinde der Freiheit zu kämpfen. Erverließ Ende September 1936 das Haus sei-ner Großmutter und passierte die Grenzeim Raum Perpignan. Auf der Weiterreisetraf er im Zug auf Italiener, die das gleicheZiel hatten. Antoine schloss sich ihnen an.Die Reise endete in Albacete, wo sich dieItaliener am „Plaza de toros“ (Stierkampf-arena) formierten. Antoine zog mit ihnenweiter.

Bei Madrid machten sie in einem Klos-ter halt, das zu einer Kaserne umfunktio-niert worden war. Dort lernten sie in weni-gen Tagen den Umgang mit der Waffe. DerInspekteur der Interbrigaden Luigi Longobesuchte die Einheit und führte ihren neu-

en Komandeur Guido Picelli ein. Dieserwar ein bewährter italienischer Abgeord-neter und kam geradewegs aus Russland.

Seine ersten Kampferfahrungen sam-melte Antoine Piñol in der Universitäts-stadt von Madrid, danach in den Kämpfenum die Anhöhen Cerro de los Angeles undCerro de San Cristobal, nahe des Guadala-jara. Dort fiel am 5. Januar 1937 sein Be-fehlshaber Guido Picelli. Nach den Kämp-fen bei Caspe wurde er im Mai 1937 Ober-leutnant der Abteilung der „Arditis“ (in-nerhalb der Interbrigade Garibaldi).

In Huesca wurde er verwundet und insHospital nach Benicássim gebracht. Nachder Entlassung trat er in die Offiziersschulevon Monzón ein, wo er seine militärischenKenntnisse vervollkommnete. Im Februar1938 führte er einen nächtlichen Angriffim Raum Zalamea und der Sierra Quema-da in der Extramadura. Im Juli 1938 nahmer an der Ebro-Schlacht teil, er trug da -bei die Verantwortung für einen Frontab-schnitt von ca. einem Kilometer Länge ander Festung von Miravet.

An diese Schlacht behielt er schwere Er-innerungen zurück. Nachts attackiertendie Mauren der Franco-Truppen, jedeNacht verlor er aufs Neue Kampfgefährten,und am Tag versuchten sie sich gegen die

Bombenangriffe zu verteidigen. Im Herbst1938 wurde er wiederholt verwundet undin Barcelona operiert, zuletzt am Vorabenddes Einmarsches der Franco-Truppen am24. Januar 1939. Mit Hilfe eines Mitpa-tienten gelang es ihm, sich zu versteckenund die Grenze nach Frankreich zu über-schreiten. So kehrte er im Alter von 24 Jah-ren nach Hause zurück, wo er dachte, Ruhefinden zu können.

Aber bereits wenige Tage später ver-schleppte ihn die französische Polizei indas Konzentrationslager von Septfonds imDepartement Tarn et Garonne. Nach sechsMonaten Aufenthalt im Internierungslagerkonnte er mit Hilfe seiner Frau mit fal-schen Papieren entkommen. Nach Hausezurückgekehrt, fand er eine Einberufungin ein Arbeitslager der Mercedes-Werke inDeutschland vor. Jetzt war der Zeitpunktgekommen, wo er in die Résistance-Bewe-gung eintrat. Er kämpfte in einer spani-schen Gruppe der Maquí in einer Artille-rie-Einheit im Südosten Frankreichs biszum Kriegsende.

Heute wohnt er 99-jährig nahe vonAgen, im Süden von Toulouse. n Quelle: Artikel über Antoine Piñol

von Jean-Yves Dana in „La guerre d’Espagne“ („Der Spanienkrieg“), Verlag Bayard jeunesse 2006. Die Bildersind diesem Artikel entnommen. Zu-sammengefasst von MANUEL DURAN,Übersetzung: KERSTIN HOMMEL

Spanienkämpfer Antoine Piñol

PORTRÄT 07

Antoine Piñol als Interbrigadist in Madrid

Militärausweis für Antoine Piñol als Interbrigadist

Ein herzliches ¡Salud! senden wir an dienoch lebenden Zeitzeugen des interna-tionalen Kampfes zur Verteidigung derSpanischen Republik gegen den Faschis-mus – an die Spanienkämpfer Josep undVincent Almudéver (Ehrenmitgliederdes KFSR), an Cesar Covo und AntoinePiñol (alle in Frankreich lebend), JuanMiguel Mora und Virgilio Fernandez (inMexiko), Delmer Berg (in den USA),und Stan Hilton (Brite, Australien le-bend). Auf meiner Reise an den Jaramaim Februar 2014 erfuhren wir erstmalsetwas über Antoine Piñol, vorgestelltvon der französischen Partnerorganisa -tion ACER, von Manuel Duran.

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¡NO PASARÁN! 2014

Das Projekt „Frauen und der SpanischeKrieg 1936 – 1939“ ist entstanden, weil wirder Ansicht waren, dass über die Frauen imWiderstand sehr wenig berichtet wordenist. Sie haben aber genauso tapfer und mu-tig wie die Männer für eine bessere Welt ge-stritten.

In der Literatur zum Spanischen Kriegwerden vorrangig die männlichen Kämpfererwähnt, während die Frauen eine Rand-notiz bleiben. Sie waren jedoch auch Be-standteil der Spanischen Volksarmee, undvon ihrem Einsatz hing Erfolg oder Nieder-lage mit ab. Die widrigen Bedingungen desKrieges stellten an die Frauen die höchstenAnforderungen.

Ihre Namen und Verdienste in diesemTeil des antifaschistischen Widerstands-kampfes sind es wert, genannt zu werdenund dürfen nicht in Vergessenheit geraten.

Das Projekt ist gegliedert in folgendeThemenbereiche: 1. Ausländische Frauen, die nach Spanien

kamen oder der Spanischen RepublikHilfe leisteten

– Frauen, die während des Krieges in Spa-nien für die Republik arbeiteten

– Frauen, die während des Spanischen Krieges kurzzeitig in Spanien waren

– Frauen, die während des Krieges in Spa-nien Hilfe für die Republik in ihrenHeimat- oder Exilländern leisteten

2. Spanierinnen, die für die Republik ar-beiteten und kämpften

– Frauen in den Milizen– Frauen im rückwärtigen Dienst und in

den medizinischen Einheiten– Frauen in Funktionen in den Parteien,

Gewerkschaften und Organisationen– Frauen, die während der Franco-Dikta-

tur verhaftet oder ermordet wurden – Frauen, die nach 1975 die Organisation

„Mujeres del 36“ („Les Dones 36“)gründeten.

nards nach Frankreich fliehen. Ab 1936setzten sie ihre Solidaritätsarbeit in Agen,Südfrankreich, fort und halfen dort denFreiwilligen, die zur Unterstützung derSpanischen Republik auf dem Weg zu denInterbrigaden waren.

1942, nach der Besetzung auch des Sü-dens Frankreichs durch die Wehrmacht, arbeitete Irene Bernard in einer spezifi-schen Gruppe der französischen Wider-standsbewegung, die von deutschen Emig-ranten gebildet worden war. Sie übernahmdort Kurierdienste, organisierte den Trans-port von Flugblättern und Lebensmittelnfür illegal lebende Widerstandskämpfer.

1944 musste auch Irene Bernard in denUntergrund gehen. Sie engagierte sich inden bewaffneten Gruppen der BewegungFreies Deutschland für den Westen (CAL-PO), die innerhalb der Résistance kämpf-ten und für diese militärisch wichtige In-formationen sammelten.

Sie engagierte sich nach Kriegsende inder Betreuung verwundeter deutscher Sol-daten, die in Kriegsgefangenschaft geratenwaren. 1946 kehrte sie ins Saarland zurückund war dort aktiv in der Frauen- und Frie-densbewegung, insbesondere im Demokra-tischen Frauenbund Saar, später dann auchin der VVN-BdA und bei der Durchfüh-rung antifaschistischer Stadtrundfahrten.Sie starb am 11. Juli 2002.

Bisher haben wir den ersten Teil unseresProjektes abgeschlossen. Er bedarf nunnoch der Überarbeitung. Der 2. Teil wirdnoch viel Zeit in Anspruch nehmen: DieQuellen müssen aus dem Spanischen über-setzt werden. Dabei werden wir von vielenFreunden aus dem In - und Ausland unter-stützt. Herzlichen Dank an sie sowie dieBundestagsfraktion der Partei DIE LINKEfür die finanzielle Unterstützung in Höhevon 500 Euro.

Die Arbeit an diesem Projekt ist sehr be-wegend, weil viele dieser Frauen ihr Lebenlang ihren Idealen treu geblieben sind undihren Kampf für Frieden und Fortschritt inder Welt nie aufgegeben haben.

Hier nur ein Beispiel: Irene Bernard,geborene Altpeter, wurde am 2. Mai 1908in Saarbrücken geboren. Nach dem Besuchder Volksschule absolvierte sie eine Ausbil-dung zur Bürokauffrau und arbeitete in ei-nem Saarbrücker Unternehmen. Sie heira-tete Leander Bernard, mit dem sie dreiKinder hatte. Beide waren in der Sozialisti-schen Arbeiterjugend aktiv und organisier-ten ab 1933 über die Interna tionale RoteHilfe und die Rote Hilfe Deutschlands dieSolidaritätsaktionen für Emigranten. Siestellten dafür in ihrer Wohnung Übernach-tungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Nach der Angliederung des Saarlandesan das Deutsche Reich mussten die Ber-

PROJEKT08

Frauen und der Spanische Krieg 1936 –1939Dieses Projekt beschäftigt sich mit Frauen im Widerstand gegenFranco.

Von INGRID SCHIBOROWSKI

„¡Salud! Brüder!“ Ein Gruß an die Interbrigadisten

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¡NO PASARÁN! 2014

Schon damals, als Tausende in meiner StadtNew York demonstrierten und Geld sam-melten, um Madrid bangten und dann umdie Republik, nahm ich als Neunjährigeran einem von uns Kindern geschaffenenSchauspiel im Sommerferienlager teil, umfür die Sache Spaniens zu werben. DasStück war wohl naiv, traf aber dennochschon gegen die Hauptverbrecher. Nochals Oberschüler während des Kriegs lerntenund sangen wir Linken die Spanienlieder,von Robeson, Pete Seeger, Woody Guthrieund vor allem von Ernst Busch.

Als ich an der Harvard-Universität stu-dierte, zogen mehr als Hundert von uns ineinem Demonstrationszug durch das ehr-würdige Harvard Yard mit der Forderung,die USA sollen nach dem Sieg über den Fa-schismus in Deutschland, Italien und Japannicht länger die freundschaftlichen Bezie-hungen zu Franco-Spanien beibehalten.

Als ich 1947 vom ersten Weltjugendfes-tival in Prag zurückkehrte und unser Schiffabends an der katalonischen Küste vorbei-zog, feierten wir im Gedenken an die Anti-faschisten, die in Spanien gekämpft hattenund noch kämpften, und schickten Fla-schen mit Solidaritätsbotschaften und be-leuchteten Kerzen in Richtung Küste in derHoffnung, dass vielleicht ein paar davonsolche Kämpfer erreichen würden.

1952, ich wurde wegen des Koreakriegseingezogen und in Bayern stationiert, be-suchte ich während eines Urlaubs Italienund war am 1. Mai im „roten Bologna“, wo ich dann mit jungen Italienern mitmar-schieren konnte. Unsere Hauptverbindungwaren mangels Sprachkenntnissen jenegroßen Lieder aus dem Spanischen Krieg.

Keine vier Monate später ging es fürmich auch um Spanien: Ich erhielt einenBrief von der Militärjustiz im fernen Pen-tagon, der mir vorwarf, meine Mitglied-schaft in einer Reihe von linken Organisa-tionen verheimlicht zu haben – darunterder Organisation, die Hilfe für spanischeAntifaschisten im Lande und im Exil orga-nisierte. Auch die Sache Spaniens war zudieser Zeit in meiner Heimat tabu! DieStrafe hätte bis zu fünf Jahren Gefängnissein können, das ließ mich entscheiden, es

lieber woanders zu versuchen, wie es sichdann bald herausstellte, in der DDR.

Und hier passierte es, nach meinem er-neuten Studium, dass ich 1961 als Dolmet-scher eine größere Gruppe von amerikani-schen Spanienkämpfern kennenlernen und

nationalismus ein so großes Vorbild fürheute und morgen boten. Doch außerdem,weil die Fragen des Spanienkriegs nochheute höchst relevant sind! Die Welt hatfeststellen müssen, dass etliche führendeMenschen, die mit ausgebreiteten Armenund emotionaler Stimme von Demokratieund Freiheit redeten, sich dann, wenn esauf Geld, Besitz und Macht ankam, dochlieber mit den bösesten und blutigstenKräften verbündeten, um den Nöten, denTräumen und den Mühen der kleinen Leu-te entgegenzuwirken. Bis heute.

Am meisten fürchteten solche Kräftedie Hoffnung auf Sozialismus, der ihre Mil-liarden und nunmehr Billionen antastenkönnte. Aber auch weitaus bescheidenereZiele, soweit sie den 99 Prozent zugutekommen würden, wollen die Vertreter deseinen Prozent nicht dulden. Man sah das sodeutlich und so tragisch in Spanien, aberich sah es auch über die Jahre in Guatemalaund in Chile, im Kongo und in Ägypten,in Palästina und Vietnam, aber auch aufPlätzen in Hunderten von Städten derUSA, wo gegen Occupy-Gruppen mitPfeffergas, Polizeistöcken und Verhaftun-gen vorgegangen wurde. Und heute wiedermit Handschellen oder sogar Panzern ge-gen Protestierende, egal ob diese sich gegenschießwütige Polizisten oder niedrigst be-zahlende Giganten wie McDonalds oderWal-Mart wenden.

Auch in diesem Land und auf diesemKontinent erheben sich immer wieder diebulligen Köpfe mit den Hass-Losungenund den allzu guten Beziehungen – inDuisburg oder Dresden. Und nun sehenwir sie schwerer bewaffnet, sogar mit SS-Runen oder Hakenkreuz auf den Helmen,als „Azov“, „Rechten Sektor“ oder „Swo-boda“, verbrennend und tötend in Odessaund der Ost-Ukraine. Und immer nochnehmen die freiheitlichen Redner und Po-litiker und Waffenhersteller solche kleinenZeichen augenzwinkernd in Kauf.

Die bitteren Erkenntnisse von Jarama,Belchite und Teruel bleiben all zu aktuell,womöglich noch gefährlicher als 1936 bis1939! Der Mut, das Engagement, die Op-ferbereitschaft der Kämpfer von damals –der Thälmanns und Edgar-Andrés, derLincolns, Dabrowskis, Naftali-Botwinsund Garibaldis, und vor allem der kämp-fenden Spanier und Spanierinnen – diesind heute so dringend nötig wie je zuvor.

Und diesmal dürfen wir am Ende nichtverlieren!

Ich und Spanien noch heuteImmer wieder trat sich die Sache um Spanien in mein Leben hinein.Von VICTOR GROSSMANN

GESCHICHTE 09

manche als langjährige Freunde gewinnenkonnte, wie die legendären Milton Wolff,Moe Fishman und Bill Bailey.

Jahre später wurde es dann möglich,doch endlich auch Spanien zu besuchen,etliche Kämpfer oder deren Kinder aus anderen Ländern kennenzulernen, manchespanische Kämpfer auch, sowie den Kämp-fen von Jarama, von Brunete und am Ebrobis Corbera und Gandesa gedankenvollnachzugehen.

All das hat mein Leben äußerst berei-chert. Die Traditionen von Spanien blie-ben mir immer sehr nahe am Herzen, undich wollte sie, soviel wie nur möglich, be-sonders jungen Leuten in Deutschlandweitergeben, gerade auch im Buche „Ma-drid du Wunderbare“!

Denn sie dürfen nicht mit den letztenKämpfern aussterben. Nicht nur, weil diejungen Männer und Frauen von damals anHeldentum, an Engagement und an Inter-

Victor Grossmann

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¡NO PASARÁN! 2014

Die argentinische Richterin María Serviniengagiert sich als Klägerin vor der Justiz inArgentinien gegen die durch den Franquis-mus begangenen Verbrechen und hat dabeiin Spanien selbst vielfältige Aktivitäten inGang gesetzt. Mit ihrem Gang zur Audien-cia Nacional (Nationaler Gerichtshof ) be-zweckt sie, eine Generalgenehmigung fürZeugenaussagen in Spanien zu erhalten, daman den Betroffenen der Verbrechen undderen Angehörigen wegen ihres in denmeisten Fällen hohen Alters bzw. auch Gesundheitszustandes keine lange Reisenach Argentinien zumuten kann. Das be-trifft zum Beispiel Ascensión Mendieta,Opfer der Diktatur. Sie geht von einer Zu-stimmung aus, da es sich lediglich um Be-weisaufnahmen handelt. Beschämend fürdie spanische Regierung, dass die Klagenund Recherchen außerhalb des Landes ini-tiiert und sicher auch finanziert werden.Argentinien ist in der Aufarbeitung vonVerbrechen ehemaliger Diktaturen bei-spielgebend. Die Richterin wird von einemAmtskollegen begleitet und unterstützt.

n Der Fall Darío RivasIm April 2010 hat der heute 94-jährige Darío Rivas, 1920 in Galizien geboren undheute in Buenos Aires lebend, eine Anklagegegen den spanischen Staat ins Rollen ge-bracht. Er sieht in ihm den Hauptverant-wortlichen für die zwischen 1936 und1977 begangenen Verbrechen an Men-

Galizien. Bei einer dieser Reisen, 1994, er-fuhr er durch Zufall von einer Augenzeu-gin die genauen Umstände des Mordes anseinem Vater und den vermutlichen Ortdes Geschehens. Freiwillige der ARMHaus Bierzo, Förderer der ersten Exhumie-rungen von Opfern des Franquismus, öff-neten die Stelle und fanden die Überrestedes Vaters. Darío ließ sie in die Familien-grabstätte von Loentía überführen. DieGrabschrift lautet: „Papa, ruhe in Frieden,das wünscht sich dein geliebter Sohn“. Da-mit verabschiedet er sich zum dritten Malvon seinem Vater.

Darío Rivas, ansässig in Buenos Aires,verwurzelt mit Spanien, kämpft in seinemhohen Alter noch entschlossen für das Ge-denken an die, „die rechtlos starben“. AlsAnerkennung wurde er am 31. Juli 2014vom Provinzialrat von Lugo (Galizien) mitder Ehrenplakette der Provinz geehrt.

Anlässlich des Staatsbesuches der Bun-deskanzlerin Merkel Ende August 2014 inGalizien, Spanien, wollte ihr D. Rivas einenBrief, der die Bitte um eine angemesseneEntschuldigung bei der spanischen Bevöl-kerung für Deutschlands Unterstützungfür Franco enthielt, persönlich überrei-chen. Er wurde von den Sicherheitskräftengewaltsam zurückgehalten.

n Der Fall Félix PadínDie argentinische Richterin fordert am3. August 2014 den Gewerkschafter derCNT, Félix Padín, 98 Jahre alt, auf, vordem Gericht von Miranda de Ebro in ihrerAnwesenheit über seine „Erlebnisse“ wäh-rend des franquistischen Regimes auszusa-gen. Er gehörte damals einem berüchtigten„Arbeitsbataillon“ an. Die CNT (Gewerk-schaft der anarchistischen Arbeiterbewe-gung), die selbst Anklägerin der Verbre-chen des Franquismus ist, zeigt sich zufrie-den mit dieser Möglichkeit. „Es handeltsich um einen weiteren Schritt im Kampfgegen die Straffreiheit des Franquismus.“Sie rief für diesen Tag zu einer Demonstra-tion zur Unterstützung für Félix Padín vordem Gerichtsgebäude von Miranda auf.

n QUELLEN: www.laopinioncoruna.es,www.ceaqua.org, www.publico.es

n *ARMH – Asociación para la Recupe-ración de la Memoria Histórica, Ver -einigung zum Wiedererlangen des his-torischen Gedächtnisses, die sich derSuche nach verschwundenen Opfernder franquistischen Repression widmet.

schen, die den Franquismus nicht unter-stützten. Bisher gibt es schon mehr als 300Anzeigen allein in Argentinien.

Sein Wille ist es, dass die argentinischeJustiz die Verantwortlichen der Verbrechenwährend der Diktatur in Spanien öffent-lich benennt und dass diese verurteilt wer-den. Man geht von über 130 000 Erschos-senen und von mehr als 30 000 verschwun-denen Kindern aus. Die argentinischeRichterin unterstützt ihn dabei.

Diese Idee, seine Initiative zur umfassen-den Untersuchung und Klärung der Ver-brechen, besonders der des „lautlosen Ver-schwindens“, dem Mord an unzähligenMenschen, beschäftigt ihn, seitdem im Jahr2005 die sterblichen Reste seines 1936 er-schossenen Vaters, des von der Volksfrontgewählten Bürgermeisters von Castro deRei (Galizien), mithilfe der ARMH gefun-den wurden.* Sein Vater hatte ihn (mitneun Jahren) und seine Geschwister 1929nach dem Tod der Mutter in das ökono-misch aufblühende Argentinien geschickt.Als er siebzehn war, erhielt er einen Briefaus der „Heimat“ mit der schmerzlichenNachricht, dass der Vater nach zweimona-tigem Gefängnisaufenthalt in Lugo auf of-fener Straße von Falangisten erschossenworden war. Da musste er sich zum zweitenMal von seinem Vater verabschieden.

Obwohl er sich geschworen hatte, nie-mals mehr nach Spanien zurückzukehren,reiste er einige Male mit seiner Frau nach

ERINNERUNGSKULTUR10

Die argentinische Justiz untersucht die Verbrechen des Franquismus Die Abgeordnetenkammer Argentiniens hat den 14. April als „Nationalen Tag des spanischen Exils“ deklariert. Zusammengetragen und übersetzt von MARGUERITE BREMER

Ascensión Mendieta, Opfer der Diktatur,auf einer Pressekonferenz

über die Verbrechen des Franquismus

FOTO: ALEJANDRO TORRÚS

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¡NO PASARÁN! 2014

Die Transición hat die Namen der stärks-ten Verteidigerinnen eines modernen öf-fentlichen Bildungswesens gelöscht. Dankdes Bemühens des spanischen Journalistenund Historikers Manuel Martorell mit Unterstützung der Kulturvereinigung Itur-berri und von Frau Dr. Olga García Do-mínguez, einer eng mit Elisa verbundenenspanischen Genossin, die sie aus ihrer ge-meinsamen Zeit in Berlin gut kannte, fan-den die Schwestern in ihrem Heimatort imValle de Egüés endlich eine öffentliche Eh-rung. Da Olga García einen Teil des Erbesder Schwestern verwaltet, konnte sie fürdie Ausstellung Dokumente und Fotos zurVerfügung stellen. Damit brachte sie dieSchwestern symbolisch wieder „nach Hau-se“. In einer Gesprächsrun de während derEhrung klagte sie an: „Man vergaß die bei-den, weil sie Kommunistinnen waren, hierhat man immer versucht, die intellektuel-len Leistungen von Mitgliedern der Kom-munistischen Partei abzuwerten. … In die-sem Land hat man alles verschwiegen.“

Wer waren diese Frauen? Josefa(1883 –1958) und Elisa Úriz Pi (1893 –1979). Sie waren Pioniere einer modernenSchule in Spanien. Beeinflusst wurden siedurch die Bewegung der pädagogischen Er-neuerung, die in den zwanziger Jahren inEuropa eingesetzt hatte. Sie erhielten Be-

rufsverbot, weil sie den Lehrern und Stu-denten der Pädagogik die Lektüre der Fe-ministin Margarita Nelken empfahlen.Mit der Zweiten Republik, die auch Re -formen im Bildungswesen initiierte, hattensie wesentlichen Anteil an der schwierigenUmsetzung der Vorhaben. Besonders aktivwaren sie in Katalonien.

Als der Bürgerkrieg ausbrach, waren siebesonders aktiv in der Betreuung und Ver-sorgung der Kinder mit Lebensmitteln.Martorell verfügt über sichere Daten, diebezeugen, dass es den Schwestern gelungenist, täglich 100 000 Essen für Kinder zu ga-rantieren. 1938 beauftragte sie die Regie-rung der Republik damit, die Evakuierungund Flucht großer Kindergruppen zu or -ganisieren. 1939 mussten sie selbst nachFrankreich emigrieren. Sie waren in ver-schiedenen Lagern interniert, sehr bemüht,nicht getrennt zu werden. In Paris kämpf-ten sie an der Seite der spanischen Résis-tance gegen die deutschen Besatzer.

Im Zusammenhang mit der streng ge-heim gehaltenen Aktion der französischenAktion „Bolero-Paprika“ mussten sie dasLand verlassen und erhielten 1952 in derDDR politisches Asyl. Sie lebten bis zu ihrem Tode in Berlin. Josefa verstarb nacheinem kampferfüllten Leben 1958.

Elisa war in der internationalen Frauen-bewegung aktiv. U.a. war sie im Generalse-kretariat der Internationalen Demokrati-schen Frauenföderation als Vertreterin derspanischen Frauen tätig. Sie setzte ihr En-gagement für die spanischen Frauen fort.So klagte sie auf internationaler Ebene dieSituation der in spanischen Gefängnissenvon der franquistischen Diktatur inhaftier-ten Frauen an. Sie erreichte, dass eine inter-nationale Kommission von Juristen Endeder fünfziger Jahre das grausame Frauenge-fängnis von Yesarías inspizierte.

Elisa wirkte in ihrer Position daran mit,in Anlehnung an den 8. März jährlich ei-nen Internationalen Tag des Kindes zu be-gehen, sowie eine „Weltcharta der Rechteder Kinder“ bei der UNO einzufordern.Beide Initiativen wurden nach langen De-batten von der UNO angenommen.

Trotz des Endes der Franco-Diktaturkonnte Elisa Úriz Pi wegen ihres bereits ho-hen Alters und ohne gültigen Pass nie mehrin ihre Heimat zurückkehren. Sie verstarb1979 in Berlin.

Es freut mich persönlich sehr, dass dieseFrauen nun wenigstens symbolisch in ihregeliebte Heimat zurückkehren. Mögen vie-le Einwohner der Stadt und Region dieAusstellung über das Leben und Wirkender Schwestern besuchen und die NamenPepita y Elisa Úriz Pi, die nun ein Platz inBadostáin trägt, in Ehren halten.

MARGUERITE BREMER, Verehrerin undFreundin von Elisa, 24. August 2014

GEDENKEN 11

Ehrung für die Schwestern Josefa und Elisa Úriz PiGeboren in einem kleinen Ort in der spanischen Provinz Navarra, im politischen Exil in Berlin, Hauptstadt der DDR, verstorben.

Teilnehmer der Ehrung in Badostáin

”„Machen Sie sich nicht des Verbrechens schul-dig, dem Mord an der

Spanischen Republik tatenlos zu-zusehen. Wenn Sie es zulassen,dass Hitler in Spanien siegt, wer-den Sie die nächsten sein, die seinem Wahnsinn zum Opfer fal-len werden. Der Krieg wird ganzEuropa, wird die ganze Welt erfassen. Kommen Sie unseremVolk zu Hilfe!“ PAUL CASAL

Diese Worte sprach der Cellist Paul Casalwährend eines Konzerts in Barcelona am17. Oktober 1938 via Radio an die demo-kratischen Staaten der Welt.

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¡NO PASARÁN! 2014

„Die Verbrechen der ‚Legion Condor‘ –Faschismus heute“. So überschrieb Profes-sor Wolfgang Wippermann am vergange-nen Sonnabend in Berlin seinen Gastvor-trag beim Verein „Kämpfer und Freundeder Spanischen Republik 1936 –1939“(KFSR). Anlass der gutbesuchten Veran-staltung im Café Sibylle im Berliner Stadt-teil Friedrichshain waren die Umbenen-nung der Wannseestraße in Spanische Alleein Berlin-Zehlendorf vor 75 Jahren unddie Siegesparade der gerade aus Franco-Spanien heimgekehrten faschistischen Eli-tetruppe am 6. Juni 1939.

Zur Einstimmung auf diese Thematikzitierten Vereinsmitglieder aus einschlägi-gen Dokumenten und entsprechenden his-torischen Quellen. Dazu gehörten glei-chermaßen Zeitungsberichte aus jenen Ta-gen wie Erinnerungen von Zeitzeugen.

Das Bekenntnis von ReichsmarschallHermann Göring, der als Luftwaffencheffür den lange Jahre geheimgehaltenen Ein-

an einer Kreuzung dieser Allee ein erstesAchtungszeichen setzen konnten. Anderer-seits hatte der schon vor dem Tod Francosim Dezember 1975 verordnete „Pakt desSchweigens“ auch noch lange nach demEnde der faschistischen Diktatur unter Kö-nig Juan Carlos fortbestanden, während diverse kirchliche Träger des Franco-Re-gimes sich höchstpäpstlicher Seligspre-chung erfreuen durften.

Zwar ist der Kampf der mehr als 25 000Legionäre, die Nazideutschland zur Unter-stützung für das von PutschistengeneralFrancisco Franco mit Hilfe rechter Partei-en und katholischer Kirchenführer instal-lierte faschistische Regime nach Spanienentsandt hatte, inzwischen aus dem Tradi-tionsverständnis der Bundeswehr getilgtworden. Dennoch nimmt das offizielle Ber-lin nach wie vor keinen Anstoß an dem aufdie verhängnisvolle Komplizenschaft hin-weisenden Straßennamen. Offenbar, weiler geradezu symbolhaft für den schon 1939von Franco und Co. verkündeten Sieg im„Kreuzzug gegen den gottlosen Kommu-nismus“ steht.

Daher, so der Historiker weiter, sei esauch kein Wunder, wenn der in diesem Zu-sammenhang noch immer geläufige Begriff„Faschismus“ zugunsten des Wortes „Na-tionalsozialismus“ zunehmend aus demGedächtnis der Menschen eliminiert wer-den soll, obwohl das damit gemeinte Re-gime weder national und schon gar nichtsozialistisch dahergekommen ist. Damitverbunden sei zugleich eine Kampfansagean den heutigen Antifaschismus, der so delegitimiert werden soll, wenn er gegenden damaligen wie den heutigen Faschis-mus als Ideologie, Partei und System Frontmacht. Vielmehr gelte es, antifaschistischesGedankengut zu revitalisieren und –grenzüberschreitend – in praktisches Han-deln umzusetzen: im heutigen Spanienwie im Frankreich des Front National, imGriechenland der „Goldenen Morgendäm-merung“ wie in der auf „Swoboda“ und„Rechter Sektor“ gestützten Ukraine, inden baltischen „Demokratien“, wo immernoch die Veteranen der Waffen-SS verehrtwerden, in Ungarn wie in Skandinavienund wo auch immer rechte oder auch nurals „rechtspopulistisch“ verharmloste Be-wegungen zu Gange sind.

Die von Dolores Ibárruri im SpanischenKrieg geprägte Losung des Widerstandes„No pasarán! – Sie werden nicht durch-kommen!“ gilt heute mehr denn je.

satz deutscher Wehrmachtsangehöriger aufder Iberischen Halbinsel maßgeblich mit-verantwortlich war, vor dem NürnbergerKriegsverbrechertribunal fehlte dabeiebensowenig wie das des Jagdfliegers Jo-hannes Trautloft. Der hatte über Madridwie seine Kameraden über dem total zer-störten baskischen Städtchen Gernika(span.: Guernica) Geleitschutz für deut-sche Bombergeschwader geflogen und zweiJahrzehnte später der gerade gegründetenBundeswehr die Traditionspflege in Sachen„Legion Condor“ dringend ans Herz ge-legt.

Damit waren dem Professor für NeuereZeitgeschichte an der FU Berlin bereitswesentliche Stichworte vorgegeben. Im-merhin hatte Wippermann einem demGuernica-Gedenken gewidmeten Arbeits-kreis von Antifaschisten angehört, die seitvielen Jahren für die Umbenennung derSpanischen Allee streiten und mit der 1998erfolgten Namensgebung „Guernicaplatz“

GEDENKEN12

Schatten der Legion(äre)Eine Veranstaltung am 14. Juni 2014 erinnerte an die Verbrechen der faschistischen „Legion Condor“ während des Spanienkrieges. Debatte über aktuelle Erscheinungen des Neofaschismus. Von PETER RAU, www.jungewelt.de

Am 26. April 2014 erinnerte Euskal Et-xea Berlin (als baskisches Kulturzentrumim Ausland anerkannt) am 77. Jahrestagan die Bombardierung von Gernika. DieMitglieder des Zentrums versammeltensich an einem sehr speziellen Ort: In die-sem Gebäude, dem Gemeinschaftskran-kenhaus Havelhöhe, befand sich in denJahren 1934 bis 1946 die Ausbildungs-stätte der deutschen Luftwaffe. Die ers-ten Missionen der Piloten, die hier aus-gebildet wurden, führten in die „LegionCondor“, die für die Bombardierungvon Gernika verantwortlich war.

Euskal Etxea brachte eine Erinne-rungstafel an, und der Künstler BenWargin pflanzte einen Baum als Symbolfür Frieden und gegen Gewalt und Krie-

ge, so, wie er es schon an verschiedenenOrten in Deutschland getan hat.

„Heute wie vor 77 Jahren, als Ger- nika bombardiert wurde, war es ein son-niger Himmel ohne Wolken. An diesemPlatz, auf dem Geländes des Gemein-schaftskrankenhauses Havelhöhe, habenwir uns versammelt: der Künstler Ben Wargin, Mitglieder des Vereins Kämpferund Freunde der Spanischen Republik1936 –1939 e.V., die Direktion desKrankenhauses, der Botschaftsrat derspanischen Botschaft und etliche Mit-glieder von Euskal Etxea“, so ein Spre-cher des Zentrums.

Ben Wargin und das baskische Kul-turzentrum Euskal Etxea Berlin planen,2015 die Ehrung zu vervollständigen, in-dem sie einen weiteren Baum pflanzen,dieses Mal im Europapark der Stadt inder Biskaya.

(Übersetzung ANGELIKA BECKER)

„Die Bombardierung begann hier“

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¡NO PASARÁN! 2014

Zwei Filmprojekte setzen sich mit derGeschichte des Bürgerkriegs, der Dikta-tur Francos und dessen Erbe in der De-mokratie auseinander: „Die SiedlerFrancos“ und „Der ungesühnte spani-sche Völkermord“. Die FilmemacherLucía Palacios und Dietmar Post wollennun mit einem Cross-Media-Projekt eineDatenbank der Orte des Verbrechens er-stellen.

„Als wir 1999 mit der Recherche zu un-serem Film „Die Siedler Francos“ began-nen“, so die Filmemacher Lucía Palaciosund Dietmar Post, „fragten wir uns, warumes keine Klarheit bezüglich der Opferzah-len während des Spanienkriegs und der darauffolgenden Diktatur gab. Schnell fan-den wir heraus, dass es auch mit dem Un-willen der spanischen Politik zusammen-hing. So ist es der Zivilbevölkerung in Zu-sammenarbeit mit vielen Historikern ge-schuldet, dass in den letzten 15 Jahren dieseLücken z.T. geschlossen werden konnten.

Entscheidenden Einfluss auf eine Revi-sion der Geschichte hatte dabei die Aushe-bung der überall in Spanien zu findendenMassengräber. Die neuen historischen Fun-de konnten so in unseren Film einfließen.Und wie sehr diese Erkenntnisse innerhalbder spanischen Gesellschaft für Unwohl-sein sorgen, zeigen die Publikumsreaktio-nen nach den Aufführungen. Einige Zu-schauer sagten, wie nahe die Erzählungenüber die täglichen Gängelungen unter derDiktatur an einen herankämen, wie sehrdie Beschreibung der unbewältigten Ver-gangenheit eine Art von Schamgefühl aus-lösen würde.

Dies erklärt vielleicht auch den Versuch,den Film verbieten lassen zu wollen sowiedie Ignoranz auf großen Festivals. Als wirden Film im September in Rumänien vor-stellten, überhäufte uns das Publikum mitLob: „Genau wie unter Ceausescu.“ Seitsechs Monaten betreiben wir ein ambulan-tes Kino und fahren in Spanien übers Landund in die Städte und zeigen den Film inKulturzentren, Vereinen, Kinoclubs, die zuZeiten der Diktatur verbotene Filme zeig-ten, in Museen, Buchläden, Schulen, Uni-versitäten, auf Dorfplätzen und überalldort, wo man uns einlädt.

Viele Menschen haben uns jetzt gefragt,ob es nicht sinnvoll wäre, eine Fortsetzungvon „Die Siedler Francos“ zu drehen. ZurErinnerung, der Film endet mit dem Hin-weis, dass seit September 2013 erstmalig inder Geschichte überhaupt, die Möglichkeiteines Gerichtsprozesses gegen die letztenVerantwortlichen der Diktatur besteht.

Wir würden ungern einen zweiten Teilvon einem vorherigen Film drehen. Aberwir wollen sehr wohl einen komplett neuenFilm drehen, der allerdings über eine bloßeDarstellung des möglichen Gerichtsverfah-rens in Argentinien hinausgeht. Wir wol-len uns auf historische Spurensuche bege-ben. Dafür wird es unabdinglich sein, sichmit dem Beginn des militärischen Kon-flikts in Spanien auseinanderzusetzen.

Bei näherer Betrachtung wird klar, dassdie spanischen Militärs nur mit Hilfe deritalienischen, deutschen und portugiesi-schen Faschisten an die Macht gelangenkonnten. Deshalb wird sich dieser neueFilm (vorläufiger Titel: „Der ungesühntespanische Völkermord“) mit der euro -päischen Schuldfrage aus einandersetzen.Denn auch die aus heutiger Sicht völlig un-verständliche Nicht-Ein mischungspolitikGroßbritanniens und Frankreichs trug di-rekt zum Ende der ersten spanischen De-mokratie (1931 – 1936) bei.

Im Zusammenhang mit dem Film sollein großes virtuelles Museum entstehen,welches erstmalig in der Geschichte Spa-niens eine komplette Landkarte des Terrorsaufzeigen wird. Der Film „Der ungesühntespanische Völkermord“ könnte somit alsAufhänger und Ausgangspunkt für ein we-sentlich größeres Projekt genutzt werden,nämlich für ein virtuelles Museum, wie esbisher in diesem historischen Umfangnoch nicht existiert.

Im Film wird der Zuschauer gemeinsammit den Protagonisten an einige zentraleOrte des Terrors geführt werden. Diese Or-te werden auf einer Landkarte des Terrorsmarkiert. Diese Landkarte soll helfen, einekonkrete Datenbank der Gräueltaten zu er-stellen, damit die Orte der Erinnerungauch endlich als solche anerkannt undkenntlich gemacht werden. Diese Ortesind:   Massaker und Bombardierungenwährend des Bürgerkrieges, die Massengrä-ber, die Gefängnisse, die psychiatrischenAnstalten, Zuchthäuser, die 185 KZs alleinin Spanien, die KZ-ähn lichen Internie-rungslager in Frankreich, Folterzentren derPolizei, die Zentrale der Geheimpolizei,

Krankenhäuser, wo Babys verkauft wurden,Kinderheime und viele Orte mehr.

Die Zeugenaussagen sollen so konkre-ten Daten und Orten zugeordnet werden.Es gibt bisher verschiedene Einzelinitia -tiven, die lokal solche Datenbanken erstel-len. Wir wollen allerdings in Zusammen -arbeit mit diesen Gruppen, Historikern,Stiftungen, Universitäten, Gedenkstätten,

FILMPROJEKT 13

Spanien im Blickpunkt

Museen eine zentrale Datenbank schaffen,die es in Spanien nicht gibt, weil sich dortdie offizielle Politik konsequent weigert,Orte der Erinnerung zu erhalten oder zuschaffen. Wichtig wäre hier eine kontinu-ierliche Zusammenarbeit mit Universitä-ten, so dass Studenten direkt in diese For-schungsarbeit einbezogen werden können.

Wir bitten Bürgerinnen und Bürgerweltweit um Unterstützung. Für den be-reits fertigen Film „Die Siedler Francos“ suchen wir Aufführungsmöglichkeiten inKinos, Jugendzentren, Schulen, Universitä-ten und Vereinshäusern. (Crowdfunding-Aktion: http://playloud.org/loscolonos-delcaudillo_cineambulante.html)

Für den neuen Film „Der ungesühntespanische Völkermord“ sowie für die Da-tenbank Landkarte des Terrors suchen wirOrganisationen und/oder private Unter-stützer. Bitte haben Sie keine Scheu undmelden Sie sich direkt bei den Filmema-chern Lucía Palacios und Dietmar Post un-ter [email protected].

LUCÍA PALACIOS, DIETMAR POST

Filmplakat: „Die Siedler Francos“

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¡NO PASARÁN! 2014

Der Kampf der Werftarbeiter, die Entlar-vung der bürgerlichen These „Faschismusgleich Sozialismus“ und das exemplarischeBeispiel des Hamburger SpanienkämpfersErich „Vatti“ Hoffmann, sein Kampf für eine sozialistische und damit humanisti-sche Gesellschaft, standen u. a. im Mittel-punkt dieses Wochenendes.

Der Freitagabend galt der Freundschaftund Solidarität mit unseren aus England,Irland, Schottland, Wales, Österreich,Frankreich, Spanien und Schweden ange-reisten Kameradinnen und Kameraden.Der Abend fand eine musikalische Umrah-mung durch den Auftritt unseres Pascalsaus Paris und der Gruppe „Sokugayu“, diemit einem Programm zum Gedenken anden vor 80 Jahren von den Faschisten er-mordeten Dichter Erich Mühsam auftrat.

Eröffnet wurde die Veranstaltung mitdem Grußwort unseres SpanienkämpfersGert Hoffmann aus Wien. Leider ist Gertwenige Wochen später verstorben. Gertsletzte Worte an uns alle waren: „Es lebedie internationale Solidarität aller Völker,

findet in der GET einen Aufruf der illega-len Hamburger SPD von 1933, in dem esheißt: „Thälmann war kein Putschist, keinAnhänger des individuellen Terrors, son-dern ein Sozialist, dem es auf geistige Aus-einandersetzungen ankam. Wir haben esimmer und sehnlichst von ganzem Herzengewünscht, dass die von ihm verkündetenWorte für die Schaffung einheitlicher so-zialistischer Aktionen Leben und Wirk-lichkeit geworden wären.“

Nach dem Kriege war diese Aussage inweiten Gewerkschafts- und sozialdemokra-tischen Kreisen leider nicht zur allgemei-nen Erkenntnis gereift.

Angelehnt daran eine ungeheuerlicheGeschichte von 1970, die zu einer der The-men der Hafentage wurde: Auf dem Werft-gelände wurde 1945 eine Gedenktafel fürelf von den Nazis ermordete Arbeiter an -gebracht. Im Jahre 1970 verschwand dieseTafel. Ein Ersuchen der Hamburger Ver-folgtenorganisationen an den Betriebsratvon Blohm & Voss, eine neue Tafel aufzu-stellen, wurde vom Betriebsrat mit der Be-gründung abgelehnt, dass solch eine Tafelkeine würdige Ehrung darstellt und manbei gegebenen Anlässen an den großenMahnmalen gedenke solle. Es existiert bisheute keine offizielle Erinnerungstafel aufder Werft!

Den Weg der Arbeiter durch den altenElbtunnel zur Werft gingen auch die Teil-nehmer der Hafentage, um dort der ermor-deten Antifaschisten zu gedenken. Einschottischer Seemann und Genosse trugdie Interbrigadenfahne voran.

Nun hatten junge Antifaschisten zurÜberraschung aller eine Erinnerungstafelerstellt und installierten sie während unse-res Gedenkvortrages auf der Aussichts-plattform am alten Elbtunnel.

Es war ein bewegender Moment als dortBlumen niedergelegt wurden und spontandas Lied der Moorsoldaten in verschiede-nen Sprachen angestimmt wurde.

Auf der anschließenden Hafenrund-fahrt hörten die Teilnehmer eine ausführ -liche Schilderung des Widerstandes derWerftarbeiter und deren Unterstützungder Spanischen Republik. Im Interna -tio nalen Seemannsclub „Druckdalben“wurden die Hafentage mit einer beeindru-ckenden Präsentation von jungen Antifa-schistinnen und Antifaschisten zu ihremantimilitaristischen Kampf und ihren Ak-tivitäten gegen die Kriegspolitik der BRDund der EU fortgesetzt. �

die Opfer der kapitalistischen Profitwirt-schaft geworden sind! Es lebe unsere brü-derliche Freundschaft mit den VölkernGriechenlands, Italiens, Portugals, Irlandsund Spaniens, die alle im Kampf stehen gegen die Hungerpolitik ihrer Regierun-gen.“ – Gert, wir werden deinen Kampfweiterführen!

Den Samstag nutzten viele, um vormit-tags die Gedenkstätte Ernst Thälmann(GET) am Thälmann-Platz in Hamburgzu besuchen. Der Vorsitzende, Hein Pfohl-mann, führte sie durch die Ausstellungund erläuterte danach auf einem Gangrund um das Wohnhaus Ernst Thälmannsrevolutionäre Brennpunkte. Die Gedenk-stätte erhält keine staatliche Unterstützungund ist ständigen Anfeindungen und Ge-schichtsfälschungen ausgesetzt.

Als Beispiel sei das oft falsch dargestellteVerhältnis Ernst Thälmanns zu den sozial-demokratischen Genossen genannt. Man

VERANSTALTUNG14

Antimilitaristischer Kampf –damals und heuteSo lautete das Motto der 4. Antifaschistischen Hafentage vom 30. Mai bis zum 1. Juni 2014 in Hamburg

Gedenkmarsch für die ermordeten Antifaschisten durch den alten Elb -tunnel zur Werft

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¡NO PASARÁN! 2014

schaft ein Vortrag über den Spanienkämp-fer Erich Hoffmann, genannt „Vatti“; vor-getragen von Thomas Mayer.

Der Vortrag machte durch die Schilde-rung des Lebens von Erich Hoffmanndeutlich, dass die Kämpfer der Interbriga-den eine zutiefst humanistische Gesinnunghatten und das eigene Leben für andereeinsetzten.

Der Leidensweg Erich Hoffmanns – desKommunisten –, der von den Nazis gefol-tert und im Spanischen Bürgerkrieg schwerverwundet wurde, führte ihn nach Ausch-witz. Dort gelang es seiner Widerstands-gruppe 1944 ungarische Kinder vor der Ermordung durch die SS zu retten. Siebrachten sie von Auschwitz auf dem Todes-marsch nach Buchenwald. Der 11. April1945, der Tag der Selbstbefreiung des Kon-zentrationslagers Buchenwald, war auchder Tag der Befreiung für „Vatti“. Dasschönste für ihn war, dass von den Kindernetwa 150 diesen Tag erleben konnten.

Erich Hoffmann starb am 14. Februar1959 im Alter von 53 Jahren. Er ist im „Eh-renhain Hamburger Widerstandskämpfer“beigesetzt.

In diesem Ehrenhain fanden die Hafen-tage ihren würdigen Abschluss. Wirschmückten die Gräber mit roten Nelkenund unsere Liedermacher und Sänger PeterSchenzer und Dirk Wilke stimmten inter-nationale Widerstandslieder an, die wir inverschiedenen Sprachen mitsangen.

REINHARDT SILBERMANN, Initiative Antifaschistische Hafentage

Hamburg „Wolf Hoffmann“

GEDENKEN 15Als Gastredner konnten wir den ehema-

ligen ITF-Präsidenten Eike Eulen begrü-ßen, der in seiner Rede insbesondere denantifaschistischen Kampf der Internationa-len Transportarbeiterföderation würdigte.

Manus O’Riordan, unser Dubliner Ka-merad, sang dann mit seiner wunderbarenStimme das Lied der Seeleute „Ship forSpain“: „I had a ship, the captain said, aship that sailed for Spain. And when I getanother ship I’ll sail there once again.“ DasLied der britischen Seeleute ist 1938 ent-standen. Den Abend beschlossen PascalGabay und Achim Bigus mit Liedern ausdem spanischen Freiheitskampf in deut-scher und französischer Sprache.

Das Programm am Sonntag widerlegteinmal mehr die Abartigkeit der These„Faschismus gleich Sozialismus“. Zur Er-läuterung: In Hamburg gibt es eine Ge-denkstätte für von den Nazibestien in einerSchule ermordete Kinder – „Die Kindervom Bullenhuser Damm“. Die Gedenk -stätte mit Ausstellung, die im Keller derSchule untergebracht ist, in der die Kinderan Heizungsrohren erhängt wurden, er-schütterte die Teilnehmer zutiefst. Die En-kelin von Ernst Thälmann, Vera Dehle-Thälmann, fand nur schwer Worte, um derKinder und der dort ermordeten sowje -tischen Zwangsarbeiter zu gedenken. Veraist aktive Vorsitzende der Lagergemein-schaft Ravensbrück.

Noch benommen von den Eindrücken,erwartete uns in der Willi-Bredel-Gesell-

In Sachsenburg – heute ein Ortsteil vonFrankenberg in Sachsen – wurde 1933 ei-nes der ersten Konzentrationslager der Faschisten eingerichtet. Es bestand von1933 bis 1937. Mein Vater, Hans Mosch,war vom März bis 6. September 1933 imLager. In dieser Zeit waren vorwiegendKommunisten und Sozialdemokraten in-haftiert. Später wurden auch andere Anti-faschisten und Juden ins Lager gebracht.Prügelstrafe und andere bestialische Grau-samkeiten waren an der Tagesordnung.Der Prügelbock ist eine „Erfindung“ ausSachsenburg.

Die Würdigung des antifaschistischenKampfes zu DDR-Zeiten wurde nach1989 in den Schmutz gezogen und von Faschisten beschmiert. Es gab die Auf -fassung, „man sollte lieber Arbeitsplätzeschaffen, statt Gedenkplätze zu erhalten“.

Durch die ehemaligen Häftlinge unddie VVN-BdA Chemnitz wurde eine wür-dige Ehrung der Sachsenburger wieder ge-währleistet. Durch die Initiative von Enri-co Hilbert, Vorsitzender der VVN-BdAChemnitz und stellvertretender Vorsitzen-den unseres Vereins, fand vom 30. Mai biszum 1. Juni der 5. Sachsenburg-Dialogstatt. Die Teilnehmer hatten die Möglich-keit, mit Abiturientinnen aus Leipzig zudiskutieren, die eine Woche in Sachsenburgan der zukünftigen Gedenkstätte gearbei-tet haben. Bei einem Rundgang wurden dieVerhältnisse im ehemaligen Lager geschil-dert und dargestellt, wie die Gedenkstätteweiter gestaltet werden soll.

Ich finde es sehr wichtig, dass im Mittel-punkt des Sachsenburg-Dialogs die Le-bensabschnitte von Personen stehen, dieaktiv gegen die Faschisten gekämpft haben.Mit der Buchbesprechung „Amboss oderHammer“ von Lothar Kunze wurde überseine Jugend und das Leben seines Vatersberichtet.

Am Sonntag stand anlässlich seines 100.Geburtstages das Leben von Walter Jankaim Mittelpunkt. Die Anwesenheit seinerTochter, Yvonne Blackert, stellte eine Be-reicherung dar. Für mich und die vielen an-deren Teilnehmer war es neben der Würdi-gung der antifaschistischen Kämpfer eineErweiterung des eigenen Wissens. VielenDank an En rico! HERBERT MOSCH

SachsenburgerDialog

Pascal Gabay und Achim Bigus begeisterten mit Liedern aus dem spanischen Freiheitskampf.

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¡NO PASARÁN! 2014

Aus Anlass eines Vortrages wurde mir deutlich, dass auch ein insgesamt gut vor-gebildetes Publikum nicht ausreichendüber den Anlass, den Verlauf und das We-sen des Spanienkrieges informiert ist. Nochgrößere Unklarheiten bestanden dann inder Diskussion über den Zusammenhangzu aktuellen Problemen: „Gibt es noch ei-nen proletarischen Internationalismus?“,„Was ist der Unterschied zu Solidarität?“„Was ist aus dem Internationalismus derInterbrigaden, praktiziert zur Verteidigungder Spanischen Republik 1936 bis 1939, geworden?“, „Mit welchen Kräften könnenwir uns heute solidarisch erklären“ …

In unserem Verein sind viele Kenntnissegebündelt, aber immer noch werden neueQuellen und Informationen erschlossen,neue Sichtweisen ergeben sich manchmal.

Unumstößlich dürfte unter uns sein,dass die Spanische Republik sich nur solan-ge halten konnte, weil sie eine internationa-le Unterstützung durch die fortschritt -lichen Kräfte der Welt erfuhr. Wäre es nurnach dem Willen der bürgerlichen Demo-kratien gegangen, hätte Franco schnell ge-siegt. Ein ganz wichtiger Organisator die-ser Unterstützung war die damals starkekommunistische Weltbewegung in Formder kommunistischen Parteien, ihrer Inter-nationale und der staatlichen Macht derSowjetunion. Dabei sei nicht negiert, dasses auch große Hilfe durch bürgerliche, kul-turelle, religiöse und andere Kräfte gab, dieihre Solidarität mit der II. Spanischen Re-publik bekundeten und ihr aktiv halfen.

Die Internationalen Brigaden waren nurein Ausdruck der internationalen Hilfe ge-gen den Putschisten Franco und seine Hel-fer. Daneben gab es unzählige Hilfsaktio-nen, vor allem auf humanitärem Gebiet(Sammlung von Geld, von Lebensmitteln,von medizinischem Gerät und Materia-lien). Nicht zu unterschätzen ist die mora-lische Unterstützung durch Demonstratio-nen, durch unzählige Künstler usw.

nien fokussiert. Und er hat damit auch einwichtiges Betätigungsfeld.

3. Aber die heutigen, noch blutigerenAuseinandersetzungen in der Welt zwin-gen uns, wenigstens ab und zu über denTellerrand unseres Vereines zu schauen.Dies ist ja auch bisher geschehen. MeinAnliegen besteht darin herauszufinden,welche Erkenntnisse wir aus unserer Be-schäftigung mit dem Spanienkrieg 1936bis 1939 für das Verständnis der heutigenAuseinandersetzungen in der Welt ziehenkönnen:n Welche konkreten Auseinandersetzun-

gen sind für uns besonders interessantund wichtig (mich beschäftigt seit lan-gem der palästinensisch – israelischeKonflikt, aber auch die kriegerischenKonflikte in den ehemaligen Staaten derSowjetunion …)?

n Warum erleiden die progressiven Kräfte in der Welt immer wieder entscheidendeNiederlagen nach anscheinend dauer-haften Erfolgen?

n Ist die Rede vom „proletarischen Inter-nationalismus“ überhaupt noch sinn-voll?

n Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede der Ereignisse gibt es imVergleich zur Situation vor 75 Jahren?

n Welche Kräfte wirkten damals, und wel-che wirken heute?

n Was können wir tun, um kriegerische Auseinandersetzung zu verhindern oderzu beenden? Wollen wir Pazifisten sein?

n Welche Hilfe können oder müssten die „progressiven Kräfte“ von heute (wel-che?) wo und wie leisten?

Und jede Antwort wirft neue Fragen auf.Trotzdem sind solche Auseinandersetzun-gen für uns selbst und auch für die mensch-liche Gesellschaft notwendig und, – wieich finde – sehr interessant.

Vielleicht gelingt es uns, aus unseremVerein heraus ein Diskussionsforum hier-für zu bilden.

Vergessen wir nicht, dass über all demdie drohende Gefahr des erstarkenden Fa-schismus mit seinem Streben nach Welt-herrschaft schwebte. Ebenso dürfen wirnicht vergessen, dass die seit der Oktober-revolution materiell gewordene System -auseinandersetzung zwischen dem kapita-listischen und einem sozialistischen Wirt-schaftssystem noch sehr jung war, aber vonbeiden Seiten als der Hauptwiderspruchdieser Zeit angesehen wurde. Dieser Fakthat sehr starken Einfluss auf die Hilfe, ins-besondere die staatliche, für die SpanischeRepublik gehabt.

Wie andere Freunde vertrete ich dieAuffassung, dass der Spanienkrieg undnicht erst der Überfall des faschistischenDeutschlands auf Polen den Beginn deszweiten Weltkrieges markiert. Diese Mei-nung stützt sich vor allem darauf, dass Ver-treter aus mehr als 50 Staaten der Welt aufSeiten der II. Republik kämpften, dass zu-mindest Mexiko und die Sowjetunion die-se unterstützten, dass Frankreich, trotz sei-ner wankelmütigen Haltung, massiv in die-sen Krieg einbezogen war (Hauptweg fürdie Internationalen und z. T. Waffenliefe-rungen in die Spanische Republik, Auf-fanggebiet für Kriegsflüchtlinge usw.). Aufder anderen Seite stand die für Francoüberlebenswichtige Unterstützung durchHitler-Deutschland und Mussolini-Italien,sowie durch Portugal. Nicht zu vergessenist die Hilfe für Franco durch die interna-tionale Banken- und Wirtschaftswelt.

Anscheinend waren trotzdem damalsdie gesellschaftlichen Zustände in der Weltübersichtlicher als heute. Oder doch nicht?

1. Dieses ganze (historische) Spektrumwäre durch Artikel, Diskussionen, Buch -besprechungen und andere Mittel zu ver-mitteln und zu diskutieren.

2. Unser Verein ist natürlicherweisestark auf den Spanienkrieg und seine Ver-arbeitung und Bedeutung im heutigen Spa-

DEBATTE16

Gibt es heute noch „Proletarischen Internationalismus“? Ein Diskussionsbeitrag zu den Aufgaben unseres Vereinsvon HERMANN DRUMM

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¡NO PASARÁN! 2014

Angesichts der alten und neuen interna -tionalen Konflikte unterstreicht die „Aso-ciación de Amigos de las Brigadas Interna-cionales“ die Verteidigung der Werte derinternationalen Solidarität, der Gerechtig-keit und der Freiheit gegenüber der Vor-herrschaft der Mächtigen in der Welt.

Folgende Höhepunkte der Erinnerungs-arbeit werden mitgeteilt:

Am 13. September haben unsere iri-schen Freunde in Limerick ein Denkmaleingeweiht für alle Freiwilligen, die aus die-ser Grafschaft aufgebrochen sind, um dievom Faschismus angegriffene SpanischeRepublik zu verteidigen.

Den nächsten Kalender widmen wir denFrauen, die aus aller Welt nach Spanien ka-men und ihr Zuhause verließen, um 1936der Sache der Freiheit zu helfen. Er wirdEnde des Monats fertig gestellt sein.

Ebenfalls wollen wir zum Novemberden 3. Band der Serie „Lugares de las Bri-gadas Internacionales en Madrid“ („Orteder Interbrigaden in Madrid“) veröffent -lichen. Dieser wird den Kämpfen am Jara-

ma und an der Straße von La Coruña ge-widmet sein. Dann fehlt nur noch der4. Band, gewidmet der Schlacht von Bru-nete, der im Juni 2015 erscheinen wird.

Wie wir dies bereits in jedem Jahr getanhaben, werden wir am Sonnabend, dem 8.November, den Jahrestag der Ankunft derInterbrigaden in Madrid zur Unterstüt-zung der Verteidigung der Stadt begehen.Wir würden uns über die Anwesenheit desmexikanischen Brigadisten Juan Miguel deMora freuen, der sich entschlossen hatte andiesen Veranstaltungen teilzunehmen. Wirwünschen ihm baldige Genesung, um ihnunter uns zu haben. Kopf hoch, Juan Mi-guel.

Für die erste Novemberwoche bereitenwir gerade eine Woche der Interbrigadenan der Fakultät für Geschichte der Univer-sität Complutense in Madrid vor. Vorgese-hen ist auch eine Veranstaltung mit derVorstellung der Arbeit von Isabel Esteveüber das Kinderheim „Ernst Thälmann“in La Moraleja (Madrid) sowie von fünfOriginalfotos von der Ankunft des Edgar-

André-Bataillons in Madrid, die das Archivder Interbrigaden erhalten hat. Mit demMotiv eines dieser Fotos werden wir einGedenk-T-Shirt vorbereiten.

In der darauffolgenden Woche, am11. November, werden wir in Madrid denDokumentarfilm „Der Krieg ist schön“ vonAlewen Wetherby zeigen, der auf demgleichnamigen Roman des nordamerikani-schen Brigadisten Jim Neugass basiert.

Bei unseren Veranstaltungen haben wirdie Musik vermisst. Deshalb haben wir dieGründung eines Chors der InternationalenBrigaden auf den Weg gebracht. Damit sollan das weltweit verbreitete, antifaschisti-sche spanische Liedgut, erinnert werden.Lieder, die dazu beitrugen, die Moral derKämpfer aufrecht zu halten, sie zu stär -ken, und die jetzt dazu dienen können, dieWerte der internationalen Solidarität aus-zudrücken, die die Brigadistas verteidigthaben.

Wir grüßen alle Freunde, die unser Stre-ben teilen und wünschen ihnen

Salud y República!Madrid, 10. September 2014

Übersetzung: MARGUERITE BREMER, zusammengefasst von KERSTIN HOMMEL

n Weitere Infos unter:www.brigadasinternacionales.org

INTERNATIONALE VERBINDUNGEN 17

Wir hatten die große Freude, im Juni ausAnlass unserer Hauptversammlung eineDelegation des KFSR begrüßen zu kön-nen: Harald Wittstock, Kerstin Hommelund Jordi Banque.

Sie haben an unserer Arbeit teilgenom-men und sich überzeugen können, dass unsere Vereinigungen die gleichen Zieleverfolgen und die gleichen Probleme in derOrganisation haben, damit die Geschichteder internationalen Freiwilligen im repu-blikanischen Spanien nicht in Vergessen-heit gerät.

Wir müssen auch darüber wachen, dassdie Symbole des Internationalismus, für diedie Internationalen Brigaden stehen, nichtunüberlegt gebraucht werden. MancheKommentatoren der – beunruhigenden –aktuellen Konflikte in der Welt erlauben

sich unehrenhafte Vergleiche zwischendem Engagement 1936 für die SpanischeRepublik und dem Engagement heute fürden Djihad. Erinnern wir uns daran, dassdie Freiwilligen nicht nach Spanien gekom-men sind, um für eine Ethnie, eine Ideolo-gie, eine Religion zu kämpfen, sondern umdem Faschismus Widerstand zu leisten, dersich in ganz Europa auszudehnen drohte.Die Freiwilligen waren grundsätzlich Men-schen des Friedens, und sie wollten die be-drohte Freiheit der Völker verteidigen.

Die historische Forschung ist daher einwichtiges Thema, und wir sind sehr zufrie-den über die ersten Ergebnisse des Univer-sitätspreises „Henri Rol-Tanguy“ (auf derEbene Master 2), den wir ausgelobt haben,um die historische Forschung über denSpanischen Krieg zu fördern. Im ersten

Jahr der Existenz dieses Preises haben wirdrei Bewerber gewonnen, die die Bewe-gung der Waffen, die britischen Freiwilli-gen und die grenzüberschreitenden Netz-werke zum republikanischen Erinnern inSpanien und Frankreich studieren.

Schließlich kündigt sich das Jahr 2016an, und wir wollen den 80. Jahrestag derGründung der Brigaden zu einer wichtigenEtappe machen auf dem Weg, die Anerken-nung der höchsten Autoritäten der franzö-sischen Republik zu erhalten für die antifa-schistische Avant-Garde, die die Freiwilli-gen tatsächlich waren. Wir bereiten dafüreine Ausstellung über die InternationalenBrigaden vor, die im ganzen Land zirkulie-ren könnte, und darüber hinaus eine großeManifestation in Paris.

Es ist noch zu früh, um über das Pro-gramm dieses Ereignisses zu sprechen, aberwir werden unser Möglichstes tun, damitdies ein großer Moment des Internationa-lismus wird. SOLEDINA CHANTEREAU

(Übersetzung ANGELIKA BECKER)n Weitere Infos unter: www.acer-aver.fr

Neue Informationen von der „Asociación de Amigos de las Brigadas Internacionales“ (AABI)

Grüße von den „Les Amis desCombattants en Espagne Républicaine“ (ACER, Frankreich)

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¡NO PASARÁN! 2014

Marco Puppini informiert im Namenunserer italienischen Freunde von derAssociazione Italiana Combattenti Vo-lontari Antifascisti di Spagna (AICVAS)über ihre Initiativen und Projekte für dasJahr 2014:

1. Im Rahmen einer Zusammenarbeit mitdem „Instituto Nazionale per la Storia delMovimiento di Liberazione“ wollen wirdie Lebensläufe aller italienischer Freiwilli-gen digitalisieren, die im Laufe von vielenJahren durch die Assoziation gesammeltwurden und die gegenwärtig im Archivdieses Instituts in Mailand aufbewahrt wer-den. Dieses digitale Archiv kann dann mitanderen Quellen zusammenarbeiten, wiez. B. der zu Verbannung verurteilten Anti-faschisten oder den Partisanenkämpfernwährend der Résistance, die nach demKrieg politische Ämter bekleidet haben.Diese Projekt ist auf 2 Jahre angelegt.

2. Weiterhin planen wir, eine Web-Do-kumentation über die Internierung der Ve-teranen des republikanischen Spaniens inden Gefangenenlagern in Frankreich zu erstellen, ebenfalls über zwei Jahre.

3. Beide Projekte erhalten eine Förde-rung durch das italienische Verteidigungs-

guerra civile spagnola 1936 –1939“, das2013 veröffentlicht wurde. Es wurde schonin Turin, Mailand, Rom, Parma und ande-ren ita lienischen Städten vorgestellt. Au-ßerdem die Vorstellung des Buches vonMatteo Cefis „E’andato coi rossi. Voluntaribergamaschi nella guerra civile spagnola“über die antifranquistischen Freiwilligender Provinz Bergamo. Dieses Buch wurde2013 mit der Unterstützung und unterSchirmherrschaft der AICVAS veröffent-licht und bereits in Barcelona und Berga-mo vorgestellt. Die AICVAS hat auch dieSchirmherrschaft über die „Chronologiedes Bürgerkriegs“ übernommen, die vonPietro Ramella geschrieben wurde und ineinigen Monaten veröffentlicht wird.

6. Ebenfalls unter der Schirmherrschaftder AICVAS haben wir eine Wanderaus-stellung von Ilde Bottoli und FrancescoPinzi mit dem Titel: „De la Despedida a ladeportación. El largo viaje de los antifascis-tas de España hasta la deportación“ (Vonder Verabschiedung bis zur Deportation.Die lange Reise der Antifschisten von Spa-nien bis zur Deportation) organisiert. Siewurde schon in Mailand gezeigt und machtgegenwärtig in Portet sur Garonne (Frank-reich) Station. Eine weitere Ausstellung„La Catalogna bombardata“ (Das bombar-dierte Katalonien), die in Zusammenarbeitmit der Associación Altraitalia de Barcelo-na erstellt wurde, wandert und war bereitsin Sesto Levante (Genua) zu sehen.

7. Für den Herbst planen wir ein Konfe-renz mit dem einzigen in Italien existieren-den Monument für die Garibaldis in Spa-nien im Mittelpunkt. Es steht in der StadtSacile (Friaul) und wurde vor vielen Jahrendurch ANPI (Associazione Nazionale Par-tigiani Italiani) errichtet. Gegenwärtig be-findet es sich in einem vernachlässigten Zu-stand. MARCO PUPPINI

(Übersetzung: ANGELIKA BECKER)

ministerium, als Teil der Initiativen zur Er-innerung an den 70. Jahrestag der Befrei-ung. Eine entsprechende Kommission hatbeide Projekte aus einer Vielzahl von Prä-sentationen ausgewählt, die von verschie-denen, dem Ministerium nahestehendenVereinigungen eingereicht worden waren.

4. Ende dieses Jahres wird ein Buch er-scheinen, das Gemälde und Zeichnungenvon Dante Pescò, „Giandante“ reprodu-ziert – Gemälde und Zeichnungen, diezum Großteil während des Bürgerkriegsund in den französischen Konzentrations-lagern entstanden sind. Giandante hat alsFreiwilliger im Bataillon Garibaldi undspäter als Kommissar der InternationalenBrigaden gekämpft.

5. Weitere Präsentationen sind die desBuches von Marco Puppini und AugustoCantaluppi: „Non avendo mai preso un fu-cile tra le mani Antifasciste italiane alla

BRUDERORGANISATIONEN18

Eine Information unserer Freunde von der Associazione Italiana Combattenti VolontariAntifascisti di Spagna (Italien)

Guy Saurat von den Freunden der „Erdeder Brüderlichkeit“ (Terre de Fraternité)schickte uns herzliche Grüße und über-mittelte uns auch einige Ideen für unserekünftige Zusammenarbeit.

In seinem Schreiben berichtet er mitgroßer Sorge über Ehrungen für Faschis-ten in den vergangenen Monaten an ver-schiedenen Orten Spaniens, so zum Bei-spiel für Falangisten oder Angehörigeder „Legion Condor“. Solche Gedenk-veranstaltungen finden nicht nur in Spa-nien, sondern in verschiedenen europäi-schen Ländern statt – ob gegenwärtig inder Ukraine oder im Oktober 2013 die

Ehrung der Blauen Division, die wir ge-meinsam verurteilten, als wir uns inMontornes zum Jahrestag der Verab-schiedung der Interbrigaden getroffenhaben.

Guy unterstreicht die Notwendigkeitder Schaffung einer antifaschistischenProjektkoordination. Unter anderemschlägt er vor, über einzelne Initiativenhinausgehend, Proteste an die spanischeRegierung sowie an die politischen Par-teien und europäischen Institutionen zusenden.

In jedem Land sollte es eine Gruppegeben, die diese Aktivitäten koordiniert.Er bittet uns um Beteiligung an dieserantifaschistischen Arbeit!

(Übersetzt und zusammengefasst: KERSTIN HOMMEL)

Marco Puppini

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TGrüße von „Terre de Fraternité“

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¡NO PASARÁN! 2014 INTERNATIONALE VERBINDUNGEN 19Liebe Freunde des KFSR, anlässlich derEröffnung der Ausstellung „No pasarán“weilte ich am 17. April. 2014 in Moskauund hielt in eurem Auftrag eine Grußan-sprache. Die Ausstellung wurde repräsen-tiert vom „Zentralen Museum des GroßenVaterländischen Krieges 1941 – 1945“ inMoskau, welches sich auf dem Gelände desParks des Sieges befindet.

Unser Grußwort wurde von mir zu Be-ginn der Eröffnung vorgetragen. Mit Freu-de nahm ich zur Kenntnis, dass der heutigeBotschafter Spaniens ebenfalls Grüße sei-nes Landes überbrachte. In bewegendenWorten brachte er die Würdigung des Anteils der Sowjetunion an der Hilfe des republikanischen Kampfes in Spanien zumAusdruck. Gemeinsam schnitten wir dasBand zur Eröffnung der Ausstellung durch.Zu erwähnen ist besonders die hohe An-zahl der Besucher, vor allem von Schülernund Studenten, anlässlich der Eröffnungder Ausstellung.

Zuvor gab es noch ein Kulturprogramm,wobei ich besonders vom Auftritt der Kin-der aus dem Kinderheim „Interdom“ inIwanowo begeistert war.

Das anschließende wissenschaftlicheKolloquium hob noch einmal die Bedeu-tung der damaligen Hilfe der Sowjetunionfür die Verteidigung der Spanischen Repu-blik hervor sowie deren Wirkung zur Ver-tiefung und Verbreitung des antifaschisti-schen Gedankens bis in die heutige Zeit.

Salud! WOLFRAM GUMPEL

Ausstellung „No Pasaran“ in Moskau

WOLFRAM GUMPEL hat die Eröffnungsveranstaltung der Ausstellung „No pasarán“ – Hilfe der Sowjetunion für das republikanische Spanien 1936 –1939“ in Moskau mit der Kamera festgehalten.

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¡NO PASARÁN! 2014GEDENKEN20

Die diesjährige Veranstaltung war denKämpfern der XII. Internationalen Brigadegewidmet. Das waren 2 000 Freiwillige, diein den Bataillonen Garibaldi, André Martyund Dombrowski gekämpft haben.

Am Vorabend des Marsches entlang derPositionen der XII. Brigade wurde dasTreffen im Ateneo von Madrid eröffnet.Ein Höhepunkt war die Ehrung der Siege-rin eines irischen Schülerwettbewerbeszum Kampf der Interbrigaden. Das Po -dium setzte sich international zusammen:Vicente Gonzales (Präsident der AABI),Manuel Duran (ACER), Marco Puppini(AICVAS), Manus O’Riordan (IBMT,Großbritannien), Harry Owens (FIBI, Ir-land) und Muireann Hickey (Siegerin desSchülerwettbewerbes).

In seinem Beitrag erinnerte Manuel Du-ran an einen der letzten Überlebenden desBataillons Garibaldi Antonio Piñol (sieheBeitrag auf Seite 7). Viel Beifall bekam Manus O’Riordan, dessen Vater in Spaniengekämpft hatte, als er an die spanische Re-gierung appellierte, die Suche nach den ver-schwundenen toten Brigadisten und Repu-blikanern zu unterstützen. Marco Puppinistellte gemeinsam mit Augusto Cantaluppiihr Buch über die italienischen Frauen imSpanischen Bürgerkrieg vor. Zuvor hattedie Schülerin Muireann Hickey ihre Arbeit

über die Rolle der irischen Frauen bei derVerteidigung der Spanischen Republik ver-lesen. Ein Vertreter der Botschaft Irlandsüberreichte der Siegerin das Diplom – dererste Preis ist die Reise nach Madrid. Har -ry Owens von der FIBI organisierte denWettbewerb bereits zum zweiten Mal.

Die Veranstaltung im Ateneo war ein gelungener Auftakt und ein Wieder sehenmit vielen Freunden.

Am Samstagmorgen fuhren wir in denSüdosten von Madrid. Am Monument fürCharlie Donnelly (irischer Schriftsteller,mit 23 Jahren in Spanien gefallen) kamenimmer mehr Menschen an, auch viele jungeLeute. Noch war es kühl, aber die Februar-sonne schien bereits über die Olivenhaine.Zunächst gelangten wir zur historischenBrücke von Arganda. Hier – wie an ande-ren markanten Punkten – wurden kurzeEr läuterungen zum Verlauf der Kämpfeentlang der Frontlinie der XII. Brigade vor77 Jahren gegeben. Auf der Brücke wurdezur Erinnerung an den unlängst verstorbe-nen Pete Seeger das Lied vom Jarama Val-ley angestimmt.

Ein langer Zug führte zu den HügelnColinas de Pajares, dort wo am 11. Februar

1937 das Bataillon André Marty stand.Viele republikanische Fahnen leuchtetenweithin sichtbar. Von einem ehemaligenKommandoposten der Franquisten lag dasJarama-Tal zu unseren Füßen, und wir hör-ten die Schilderungen über die Kämpfe, dieso vielen Verteidigern der Republik das Le-ben kostete.

In den Mittagsstunden trafen allmäh-lich alle am Monument unweit von Moratade Tajuña ein, auf einer Anhöhe gelegen.Hier fand der Marsch traditionell seinenAbschluss, aber zunächst herrschte Volks-feststimmung. Mit Liedern des antifa-schistischen Kampfes, Mandarinen undRotwein wurden die geschätzt 500 Teil-nehmer, darunter ca. 80 britische und iri-sche Freunde, von regionalen linken Grup-pen begrüßt. Fahnen der verschiedenstenpolitischen Couleur sah man hier vereint.

Mit einer Kranzniederlegung wurde derspanischen und internationalen Kämpferam Jarama gedacht. Zum Abschluss halltendie Klänge der „Internationale“ über dasTal, so wie am 14. Februar 1937, als die Bri-gadisten, nach einem Moment der Schwä-che, der Niederlage, erneut in den Kampfgegangen sind – neu aufgestellt, um einenAngriff der Faschisten abzuwehren.

Anschließend traf man sich zum Essen,traditionell im „Mesón el Cid“. Gelegen-heit für Gespräche, Reden und natürlichLieder oder auch für einen Besuch des benachbarten Museums über die Jarama-Schlacht. Fortgesetzt wurde das Treffen amSonntag mit einem Spaziergang von derMetro-Station Moncloa zum Monumentfür die Interbrigaden in der Universitäts-stadt Complutense – vorbei an der Puentede los Franceses, durch den Parque del Oeste. Dem Spaziergang schlossen sichauch Passanten an, interessiert den Ausfüh-rungen von Severiano Montero u. a. Freun-den der AABI folgend.

Zum Abschlussmeeting am Denkmaldie Grüße des KFSR zu überbringen waretwas Besonderes, weil nicht selbstver-ständlich – nur eine internationale Protest-aktion hatte das Vorhaben rechter Kräfteverhindert, das Denkmal für die Interbri-gaden abzureißen. Solidarische Grüße wur-den an die Teilnehmer des bevorstehenden„Marsches der Würde“ gegen die unsozialePolitik der gegenwärtigen Regierung ge-sandt, der aus allen Landesteilen nach Ma-drid führte.

¡La lucha continua! Der Kampf gehtweiter!

7. Jarama-MarschMadrid, 21.– 23. Februar 2014. Ein Reisebericht von KERSTIN HOMMEL

Marsch entlang der Frontlinie der XII. Interbrigade – 77 Jahre nach derSchlacht am Jarama

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¡NO PASARÁN! 2014 REISEBERICHT 21

Ende Oktober hat der Herbst in Benicás-sim schon Einzug gehalten. Am Strand undseiner Promenade sind nur noch wenigeUrlauber unterwegs, bei den meisten Ap-partements die Rollläden bereits herunter-gelassen. Dabei ist das Wetter noch außer-ordentlich gut, die Sonne glitzert auf denleichten Wellen, und die Wärme lässt beimmitteleuropäischen Besucher Sommerge-fühle aufkommen. Und im Hotel „Vora -mar“ ganz im Norden der Bucht von Beni-cássim herrscht sogar noch sommerlicherHochbetrieb.

Das war auch 1937 so, denn in diesemJahr richteten die Interbrigaden in Benicás-sim ein eigenes Hospital ein. Das 1931 er-baute Hotel „Voramar“ bildete den Kern eines Krankenhauses, das außer im Hotelauch in den von reichen Spaniern enteigne-ten Sommervillen entlang der Strandpro-menade den Betrieb aufnahm.

Und das wiederum ist der Grund, wa-rum im Jahr 2013 einige Dutzend haupt-und nebenberufliche Wissenschaftler undInteressierte den Weg nach Benicássim ge-funden haben.

Am 18. und 19. Oktober 2013 fandenhier die „III. Jornadas Internacionales deMemoria Histórica“ („III. InternationaleTagung der historischen Erinnerung“)statt. Der Veranstaltungsort, gleich gegen-über dem Hotel, wurde während des Spa-nischen Krieges „Villa General Miaja“ ge-nannt, nach dem General, der eine ent-scheidende Rolle bei der Verteidigung Madrids spielte. Hier befand sich der Sitzder Wachmannschaft des Krankenhauses,und hier war es auch, wo die Trauerfeiernfür die im Krankenhaus Verstorbenen statt-fanden. Die Tagung befand sich also aufwahrhaft historischem Boden.

Unter Beteiligung verschiedener lokalerund überregionaler Gruppen, die zur histo-rischen Erinnerung arbeiten (u. a. AABIund KFSR), stellte das örtliche Organisati-onskomitee unter Leitung von Josep Me -dina ein vielfältiges Programm von Vorträ-

gen, Erinnerungsveranstaltungen und ei-nem historischen Rundgang zusammen.Zentrales Thema waren hierbei die Inter-nationalen Brigaden. Aber auch zu The-men wie der franquistischen Repression gegen Frauen und den Inhalten einer ört -lichen Zeitung während der Jahre der Spa-nischen Republik konnte man bisher Un-bekanntes erfahren.

in und um die Villen zu Zeiten des Spani-schen Krieges ausgesehen haben muss.

Zum Abschluss der internationalen Ta-gung begaben sich die Teilnehmer auf denFriedhof von Benicássim, um die im Kran-kenhaus verstorbenen Brigadisten zu eh-ren. Die dort angebrachte Gedenktafel –sie geht ebenfalls auf die örtliche Initiativezur Bewahrung der Erinnerung zurück –enthält die Namen der Verstorbenen, dar -unter fünf Deutsche und ein Österreicher.Die Tafel wurde in den vergangenen Jahrenmehrfach abgebaut und wieder angebracht,je nachdem, wer im Rathaus von Benicás-sim regierte.

Analog dazu hängt auch die offizielleUnterstützung der Tagung vom Wohlwol-len des Bürgermeisters ab. Konnten dieI. und II. Internationale Tagung in den Jahren 2010 und 2011 noch auf Hilfe ausdem Rathaus zählen, gab es 2012, nach ei-nem Wechsel im Bürgermeisteramt, garkeine Veranstaltung. In diesem Jahr kamsie nur durch den ehrenamtlichen Beitragaller Beteiligten und die großzügige Unter-stützung des Besitzers des Hotels „Vor-amar“ zustande.

Wichtig zu erwähnen ist, dass die örtli-che Presse durchaus Interesse an der Veran-staltung hatte und gleich zwei Zeitungen inihren Wochenendausgaben wohlwollendberichteten.

Die Gedenktafel mit den Namen derVerstorbenen findet sich nach wie vor aufdem Friedhof von Benicássim, und auch2014 wird die Internationale Tagung wahr-scheinlich stattfinden. Doch zurücklehnenkann man sich nicht, denn angesichts derpolitischen Unwägbarkeiten und des Auf-stiegs der Rechtskonservativen und äußers-ten Rechten in Spanien und Europa, bleibtes ein wichtiges Anliegen, die Erinnerungan die Interbrigadisten in Benicássimwachzuhalten.

Als KFSR sollten wir die bereits ge-knüpften Kontakte weiterführen und denKameraden vor Ort jede mögliche Unter-stützung zukommen lassen.

Ein Buch mit den Vorträgen der III. Jor-nadas, u. a. mit einem Aufsatz des Verfas-sers zu den deutschen Interbrigadisten inBenicássim, wird voraussichtlich im Herbst2014 erscheinen. PETER SCHULZ

n Lesetipp: „Soldaten am Meeresstrand“, Aufsatz von Egon Erwin Kisch, veröf-fentlicht in „Unter Spaniens Himmel“,Deutscher Militärverlag, Berlin 1961.

III. Internationale Tagung in BenicássimNach einjähriger Unterbrechung organisierte eine örtliche Initiative wieder eine Gedenkveranstaltung am Ort des Krankenhauses der Internationalen Brigaden.

Einer der Höhepunkte der diesjährigenVeranstaltung war die Teilnahme einer Ju-gendgruppe des antifaschistischen Vereins„Tacheles UER e.V.“ aus Ückermünde, dievon KFSR-Vorstandsmitglied Jordi Ban-que begleitet wurde, und sich am Ende ei-ner Rundreise zu Erinnerungsorten desSpanischen Krieges in Benicássim einfand.Die Präsentation des Vereins und die An-wesenheit der Jugendlichen stießen aufgroßes Interesse und entfachten lebhafteDiskussionen über die Jugendarbeit unddie Erinnerungskultur in verschiedenenLändern Europas.

Weiterer Höhepunkt war der geführ-te Rundgang zu den Villen entlang derStrandpromenade. Anhand der detailrei-chen Ausführungen von Guillem Casañ,einem örtlichen Historiker, der sich um dieErforschung der Geschichte der Interbriga-den in Benicássim verdient gemacht hat,konnten sich die zahlreichen Teilnehmerein realistisches Bild davon machen, wie es

Das Hotel „Voramar“ wurde zumKrankenhaus für die Spanienkämpfer.

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Das Entstehen einer neuen Gesellschaftvorantreiben, die das Leben eines jedenMenschen über wirtschaftliche und politi-sche Interessen stellt – dafür ist in Berlin eine Bewegung entstanden, die sich „15MBerlin“ nennt und Teil der Gruppe des„15M“ in Spanien ist. Diese Gruppe wurdeu. a. deswegen von spanischen in Berlin le-benden und arbeitenden Emigranten ge-gründet, um ihre Teilhabe am politisch-ge-sellschaftlichen Leben in Spanien aufrecht-zuerhalten.

Als „15M Berlin“ wollen wir der Politikund der Wirtschaft Spaniens zeigen, dasswir ihre Korruption und ihre Dekadenz,egal wo wir leben, öffentlich anprangern.Das System, das aus der staatlichen Trans-formation und der Verfassung von 1978hervorging, ist nicht nur korrupt, sondernentfernt sich darüber hinaus auch immerweiter vom Willen der Bevölkerung. Esist Zeit, einen neuen verfassungsgebendenProzess in Spanien einzufordern, in demwir gemeinsam und demokratisch über dieGestaltung der Gesellschaft, in der wir le-ben möchten, entscheiden.

Außerdem zeigen wir unsere Solidaritätmit allen Menschen, die in Irland, Portu-gal, Italien, Griechenland, Zypern und

anderswo unter den Auswirkungen derKlassenpolitik Europas leiden.

In der Gruppe des „15M Berlin“ gibtes verschiedene Arbeitsgemeinschaften, soz. B. die AG Vernetzung, die AG Feminis-mus oder die AG Bildung.

Die AG Vernetzung beispielsweise küm-mert sich um die Kontakte des „15M Ber-lins“ mit anderen ähnlich ausgerichtetenGruppen, Bürgerinitiativen und Bürger-rechtsbewegungen.

Die AG Bildung entstand aus der Not-wendigkeit heraus, dass ernsthafte politi-sche Arbeit nur stattfinden kann, wenn aufInformationen und Kenntnisse über gesell-schaftliche, politische und wirtschaftlicheEntscheidungen und Prozesse zurückge-griffen werden kann. Wir wissen, was wirnicht wollen: das derzeitige System. Umuns jedoch eine Meinung bilden und anpolitischen und gesellschaftlichen Prozes-sen teilhaben zu können, müssen wir theo-retische und praktische Beispiele kennen-lernen. Dazu dient die Diskussion über verschiedene und aktuelle Themen, dievon Interesse für die Gruppe sind.

Mit unserer Beratungsstelle „Berlin.Wie bitte?“ helfen wir Menschen, die gera-de nach Berlin emigriert sind, damit siesich in der neuen Stadt zurechtfinden, ihrebürgerlichen Rechte kennenlernen, um die-se ausüben können. Auf unserer Webseitebieten wir zudem eine Online-Beratungan: http://berlinwiebitte.wordpress.com/.

Die AG GAS ist eine Gruppe der „Ge-werkschaftlichen Aktion“ (GAS), die aus-ländischen Arbeitnehmer/-innen Unter-stützung bei Problemen und Konfliktenam Arbeitspatz sowie bei der Organisie-rung untereinander anbietet. Wir machenauf ausbeuterische Verhältnisse am Arbeits-platz aufmerksam und prangern diese an.Wir wollen eine Verbesserung der Arbeits-verhältnisse für migrierte Arbeitnehmer/-innen erreichen und verhindern, dass diebürgerlichen und zivilen Rechte vieler aus-ländischer Mitarbeiter/-innen weiterhinmit Füßen getreten werden. Wir beratendie Arbeitnehmer/-innen, damit sie sichgewerkschaftlich organisieren können, undhelfen bei der Vernetzung mit deutschenGewerkschaften.

Die AG Kommunikation kümmert sichz. B. um unsere Webseite, unseren face-book- und twitter-Account, um die Men-schen über unsere Arbeit zu informierenund auf dem Laufenden zu halten. Darüberhinaus haben wir dieses Jahr ein Kinofo-rum eröffnet, in dem wir Dokumentarfil-me zu bestimmten Themen vorführen wiezum Beispiel allgemein zum Thema Ab-treibung oder über die Geschichte des„15M“ in Spanien.

Die Gruppe „15M Berlin“ trifft sich allezwei Wochen im Plenum immer am erstenund dritten Samstag des Monats. Norma-lerweise finden wir uns in Bars oder Cafésvon Hausprojekten zusammen, die unserepolitischen Ansichten teilen. Darüber hin -aus gibt es regelmäßige Treffen in den ver-schiedenen Arbeitsgemeinschaften.

Wir nehmen auch an Kundgebungenund Demonstrationen teil, die von po -li tischen Gruppen in Berlin organisiert werden wie zum Beispiel „Blockupy“ und„Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“.Die Mehrheit unserer Mitglieder kommtaus Spanien. Das ist aber keine Vorausset-zung, um bei uns mitwirken zu dürfen. Dawir während unserer Treffen Spanisch spre-chen und die interne Kommunikationauch auf Spanisch stattfindet, sind Spa-nischkenntnisse natürlich von Vorteil. n Infos: http://15mberlin.com

¡NO PASARÁN! 2014SPANIER IN BERLIN22

Die Gruppe „15M Berlin“ Vorgestellt: „15M“ ist eine überparteiliche, politische Bewegung, die2011 im Zuge der Krise in Spanien aus der Initiative einer empörtenBevölkerung („Los indignados“) entstanden ist.

Solidarität mit den Teilnehmern des„Marsches der Würde“ nach Madridim März 2014

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¡NO PASARÁN! 2014 VORSCHAU 23

Die FIR als internationale Dachorganisa -tion ehemaliger Widerstandskämpfer, Par-tisanen, Deportierter, Opfer des Nazire-gimes und Angehöriger der Anti-Hitler-Koalition feiert den 70. Jahrestag der Be-freiung der verschiedenen okkupiertenLänder, der Lager und Haftstätten und er-innert an den politischen Neuanfang. Daserste Datum ist dabei der 27. Januar 1945,an dem Einheiten der Roten Armee dasVernichtungslager Auschwitz erreichtenund einige Tausend Häftlinge befreienkonnten.

Nicht nur in Polen, auch in vielen ande-ren Ländern werden die Mitgliedsverbän-de der FIR dieses Datum zum Anlass fürpolitisches Erinnern an die menschenver-achtenden Folgen von Antisemitismus undAntiziganismus nehmen. Weitere interna-tionale Konferenzen sind geplant. Im Märzfindet gemeinsam mit dem tschechischen

Ausstellung auch in Österreich gezeigt wer-den. Damit leistet die FIR einen wichtigenBeitrag zur geschichtlichen Aufklärung.

Vom 5. bis 10. Mai 2015 fährt erneutder „Zug der Tausend“ von Brüssel nachAuschwitz. Dieses internationale Jugend-treffen, das gemeinsam mit dem Institutdes Vétérans und dem belgischen Ausch-witz-Komitee organisiert wird, bringt Ju-gendliche und Zeitzeugen aus vielen euro-päischen Ländern zusammen.

Als verbindendes Element vieler ge-meinsamer Aktionen der FIR-Verbändehat sich die Stafette der „Fackel der FIR“erwiesen, die bereits in Belgien, Bulgarien,Israel, Italien, den Niederlanden, Serbien,Ungarn und Zypern Station gemacht hat.

Weitere Mitgliedsverbände wollen die„Fackel der FIR“ bis zum Jahrestag der Be-freiung in ihren Ländern präsentieren. DieFIR mit ihren Mitgliedsverbänden zeigtsich so als lebendige Dachorganisation, diedem Anliegen der ehemaligen Kämpferund heutigen Antifaschisten Geltung ver-schafft. ULRICH SCHNEIDER,

Generalsekretär der FIR

Freiheitskämpferverband in Prag ein inter-nationales Treffen mit Veteranen der FIR-Verbände statt. Im April soll in Moskau ei-ne geschichtspolitische Konferenz stattfin-den, zu der neben der FIR auch zahlreicheandere internationale Organisationen ein-geladen wurden. Den Höhepunkt werdenauch zu diesem Jahrestag die Feierlich -keiten in Moskau zum Tag des Sieges am9. Mai 2015 bilden.

Neben diesen internationalen Veranstal-tungen, an denen die FIR und ihre Mit-gliedsverbände beteiligt sein werden, setztdie FIR im kommenden Jahr selber Projek-te um, die die Lebendigkeit der antifaschis-tischen und Veteranenverbände unter Be-weis stellen.

Dazu gehört die Arbeit mit der Ausstel-lung „Europäischer Widerstand gegen denFaschismus“. 2013 fand bereits die Eröff-nung in Belgien statt, und diese Versionwird nun auch in den Niederlanden ge-zeigt. Ab Januar 2015 geht auch diedeutschsprachige Fassung auf Tour. Berlin,Bremen und Hamburg sind die ersten Sta-tionen in Deutschland. Außerdem soll die

Die FIR im Jahr 2015

AntifaschistischeHafentage 2015

Weitere Termineim Jahr 2015

Die 5. Antifaschistischen Hafentage Ham-burg „Wolf Hoffmann“ finden vom 29. bis31. Mai 2015 statt.

Das Jahr 2015 steht im Zeichen des 70.Jahrestages der Befreiung vom Faschismus.

Der Kampf gegen die faschistische Bestiemit der Waffe in der Hand begann 1936 inSpanien.

In der breiten Öffentlichkeit wird demlebensgefährlichen Kampf der Seeleute beider Versorgung der Spanischen Republiknur wenig Beachtung geschenkt. Mit ihrenSchiffen versorgten fast drei Jahre lang Seeleute unter ständiger Lebensgefahr dieRepublik mit Waffen und Versorgungs -gütern und evakuierten bedrohte Kinder,Frauen und Verwundete.

Auf den Hafentagen 2015 werden wirdie sowjetische Hilfe für die Republik unddie britischen und sowjetischen Blockade-brecher besonders würdigen.

Geplant sind außerdem die folgendenProgrammpunkte: n Gustav Schöning, ein Hamburger Ar-

beiter, sein Weg nach Spanien und seinErleben der Befreiung vom Faschismus1945

n Eine Erinnerung an unseren im Sommer 2014 verstorbenen SpanienkämpferGert Hoffmann

n Die traditionelle antifaschistische Ha-fenrundfahrt

n Dokumentarfilm über Veteranen des Spanischen Krieges mit englischen Un-tertiteln REINHARDT SILBERMANN

n 10. Januar 2015Wie bereits in den vergangenen Jahrenist unser Verein KFSR mit einem Standauf der Internationalen Rosa-Luxem-burg-Konferenz vertreten; URANIA,An der Urania 17, 10787 Berlin

n 20. – 22. Februar 2015Der 8. Jarama-Marsch führt die Teil-nehmer diesmal entlang der Verteidi-gungslinien der XI. und XV. Inter-brigade. Madrid, Spanien

n 11./12. April 2015 Gemeinsam mit der LAG Buchenwald-Dora organisieren wir eine Busfahrtnach Weimar/Buchenwald anlässlichdes 70. Jahrestages der Selbstbefreiungdes KZ Buchenwald. Geplant ist u. a.eine Baumpflanzung für den Spanien-kämpfer Otto Kipp.

n 5. – 10. Mai 2015Internationale Jugendtreffen: „Zug derTausend“ von Brüssel nach Auschwitz(siehe auch obigen Artikel), alle Infos:www.vvn-bda.de/internationales-jugendtreffen-auschwitz-2015/

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Herausgeber: Verein Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936 –1939 e.V., Vorstand

Adresse der Redaktion: Franz-Mehring-Platz 1, 10243 BerlinE-Mail: [email protected]: www.spanienkaempfer.deV. i.S.d.P.: Kerstin Hommel

Gestaltung: Jörg RückmannDruck: Druckerei Bunter Hund

Diese Zeitung wird durch Spenden finanziert. Um die Herstellung der Zeitungzu ermöglichen, empfehlen wir eine Spende von einem Euro pro Zeitung.

Spendenkonto/Kontoverbindung: Berliner Sparkasse IBAN: DE31 1005 0000 1653 5289 11 BIC: BELADEBEXXXVerwendungszweck: „No pasarán“

IMPRESSUM & KONTAKT

RE ISE - IMPRESS IONEN 2013/2014

Die Ruinen von Corbera d’Ebre (Bericht zur Ebro-Reise auf Seite 2)

Ebro-Reise: Am Turm von Campredo: v. l.n. r. Die Spanienkämpfer Vincent und Joseph Almudever an der Seite der Résistance-Kämpferin Cecile Rol-Tanguy

7. Jarama-Marsch: Monument für die Interbrigadisten bei Morata de Tajuña

Auszüge aus der Rede von Dolores Ibárruri, genannt „La Pasionara“, in Barcelona am 15. November 1938

7. Jarama-Marsch (Bericht Seite 20)

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