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Nachgehende Vorsorge bei Quarzexposition: Rechtsgrundlagen und Verfahren
Dr. Heinz Otten, Sankt Augustin
Seite 2
Nachgehende Arbeitsmedizinische Vorsorge
Begriffsbestimmung(en) -1-
ArbMedVV – arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach Beendigung bestimmter Tätigkeiten, bei denen nach längerer Latenzzeit Gesundheitsstörungen auftreten können (§ 2)
Seite 3
Nachgehende Arbeitsmedizinische Vorsorge
Begriffsbestimmung(en) -2-
BGV A4 - arbeitsmedizinische Untersuchung (als Angebot an Versicherte) nach Beendigung einer Tätigkeit mit Krebs erzeugenden Stoffen, bei der die Auslöseschwelle überschritten war, und mind. eine Nachuntersuchung stattgefunden hat
GesBergV - s.o. oder nach einer Tätigkeit mit fibrogenenGrubenstäuben
Seite 4
Vorschriften zur nachgehenden Vorsorge
BGV A4 - 1.10.1984
GesBergV - 1.01.1992
(GefStoffV - 23.12.2004)
ArbMedVV - 24.12.2008
TRGS 559 - 20.07.2011
Seite 5
Nachgehende Vorsorge – Hintergrund für die GUV
Auftrag der GUV gemäß SGB VII
..... mit allen geeigneten Mitteln ......
Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und ... verhüten;
nach Eintritt von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit wiederherstellen und den Versicherten oder Hinterbliebene durch Geldleistungen entschädigen.
Seite 6
Rechtliche Grundlagen
Sozialgesetzbuch Sieben (SGB VII)
Kompensation (§ 9)
Prävention (§§ 14, 15 / BGV A4/DGUV-V1)
Heilbehandlung und Rehabilitation (§§ 26, 34)
Berufskrankheitenverordnung (BKV)
Seite 7
Zweck der nachgehenden Untersuchungen
Nachgehende Untersuchungen dienen, sofern geeignete diagnostische Methoden zur Verfügung stehen, der Früherkennung von (Krebs-) Erkrankungen und ermöglichen die Verbesserung der Heilbehandlung und den frühzeitigen Einsatz sonstiger Leistungen der Unfallversicherungsträger.
Sie können dazu beitragen, neue Erkenntnisse über Erkrankungen bei exponierten Versicherten zu gewinnen.
Seite 8
Zweck der nachgehenden Untersuchungen
Weitere Ziele:
Beweissicherung für Versicherungsansprüche
Evaluation der Wirksamkeit von Schutzsystemen
Förderung von Erkenntnissen über Erkrankungen und die Einstufung von Gefahrstoffen.
Seite 9
Probleme der nachgehenden Vorsorge - retrospektiv
begrenztes Methodenspektrum
Primat der Untersuchung
begrenzte Meldebereitschaft der Betriebe trotz Meldepflicht
Seite 10
Probleme der nachgehenden Vorsorge – staatl. Recht
kein „Abschneidekriterien“ (Tätigkeiten mit Expo.)
keine Gewähr für Angebote nach Betriebsende
keine Differenzierung nach Meldung / Untersuchung
keine zentrale Datensammlung zur Berücksichtigung der Berufslebensexposition und Koordination
Seite 11
ArbMedVV - § 5 Abs. 3
Der Arbeitgeber hat Beschäftigten sowie ehemals Beschäftigten nach Maßgabe des Anhangs nachgehende Untersuchungen anzubieten.
Seite 12
ArbMedVV - § 5 Angebotsuntersuchungen
§ 5 Abs. 3
Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses kann der Arbeitgeber diese Verpflichtung mit Einwilligung der betroffenen Personen auf den zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger übertragen.
Voraussetzung dafür ist, dass er dem Unfall-versicherungsträger die erforderlichen Unterlagen in Kopie überlässt.
Seite 13
Übereinkommen über Berufskrebs (ILO 139)
Übereinkommen über die Verhütung und Bekämpfung der durch Krebs erzeugende Stoffe und Einwirkungen verur-sachten Berufsgefahren24. Juni 1974
Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 139 vom 13. Mai 1976(BGBl. 1976 II S. 577)
Seite 14
ILO Übereinkunft Berufskrebs Nr. 139
Artikel 3:Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, hat die Maßnahmen vorzuschreiben, die zum Schutz der Arbeitnehmer gegen die Gefahren einer Exposition gegenüber krebserzeugenden Stoffen oder Einwirkungen zu treffen sind, und für die Einführung eines geeigneten Aufzeichnungssystems zu sorgen.
Seite 15
ILO Übereinkunft Berufskrebs Nr. 139
Artikel 5:
... dass sich Arbeitnehmer während und nach ihrer Beschäftigung den ärztlichen Untersuchungen oder biologischen oder sonstigen Tests oder Untersuchungen unterziehen können, die erforderlich sind, um den Grad ihrer Exposition festzustellen und ihren Gesundheits-zustand in Bezug auf die Berufsgefahren zu überwachen.
Seite 16
Krebs in Deutschland 2008 (Dachdokumentation Krebs im RKI)
0
50000
100000
150000
200000
250000
Männer Frauen
Inzidenz: alle Tumore
Mortalität: alle Tumore
InzidenzLungenkrebs
MortalitätLungenkrebs
Seite 17
4104-Asbest BroCa(14.186)
4105-Asbest Meso.(15.192)
2402-ion.Strahlen(4.178)
1301-Arom.Amine(1.945)
Sonst (5.054)
n = 40.555
37,5%
34,9%10,3%
12,5%4,8%
Krebs-BKen 1978 - 2010
Seite 18
Metall (11.941)
Chemie (6.250)
Bergbau (5.445)
Bau (5.552)
FET (4.611)
Handel+ Verw(3.113)übrige (3.643)
n = 40.555
Krebs-BKen: Branchen
Seite 19
ArbMedVV – Anhang (Auszug)
Teil1 Nr. 3: Anlässe für nachgehende Untersuchungen
Tätigkeiten mit Exposition gegenüber krebser-zeugenden oder erbgutverändernden Stoffen und Zubereitungen der Kategorie 1 oder 2 im Sinne der Gefahrstoffverordnung.
Seite 20
TRGS 559 (20.07.2011)
(8) Einatembarer Quarz kann Krebserkrankungen der Atemwege verursachen. Daher hat der Arbeitgeber bei Exposition gegenüber quarzhaltigem Staub (silikogenemStaub) den Beschäftigten und den ehemals Beschäftigten nachgehende Untersuchungen nach § 2 Abs. 6 Nr. 3 i. V. m. Anhang Teil 1 Abs. 3 ArbMedVV anzubieten. Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses kann der Arbeitgeber diese Verpflichtung mit Einwilligung der be-troffenen Person auf den zuständigen Unfallversicherungs-träger übertragen.
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ArbMedVV und TRGS 559 nach AK 2.2
Nach Inkrafttreten der geänderten Version der TRGS 559 Mineralischer Staub ist offiziell der Wegfall der Pflichtunter-suchungen für freie kristalline Kieselsäure (Quarz) festzustellen.
Seite 22
Eine Konzentration von etwa 0,015 mg/m³ an Quarz wird als so niedrig angesehen, dass sie im Bereich der Nachweisgrenze der verwendeten Messverfahren liegt. Es wird Einvernehmen darüber erzielt, dass sie der Verordnungslage entspricht.
Bagatellgrenze der Exposition (?) – AK 2.2
Seite 23
BK 4101/02 (1994-2010)
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
1994 1996 1998 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010
angezeigt
anerkannt
Bergbauinkl. BK 4112
2008-2010:
140 BK-Nr 4112
3.486 BK-Nr 4101
Seite 24
Latenzzeit (in Jahre)
BK 4101 im Uranerzbergbau:
10%-P. Median 90%-P.
1992: 15 25 40
2002: 35 52 55
2010: 45 58 62
Seite 25
BONFIS (1)
RechtsgrundlageGesundheitsschutz-Bergverordnung (GesBergV)vom 31. Juli 1991
Zielgruppenach dem 31.12.1991 aus einer Staubgefährdung ausgeschiedene Versicherte mit mindestens einer Nachuntersuchung (Ziel-Erkrankung: Silikose)
Seite 26
BONFIS (2)
Aufgaben- Meldungen der Unternehmen sammeln und speichern- nachgehende Untersuchungen veranlassen- erfasste Daten aufbereiten und auswerten
Umfang der Daten - keine medizinischen Daten
Zahl der erfassten Personen- 49.900 Versicherte
Seite 27
Nachgehende Vorsorge: Register für Krebs gefährdete Versicherte - Zahl der erfassten Versicherten (2010/2011)
GVS/ZAs (331.100)ODIN (50.100)ZeBWis (12.500)BONFIS (49.900)BGETEM (37.200)
N= 480.800
Seite 28
Staubbelastung Uranbergbau Wismut
0
5
10
15
1945 1955 1965 1975 1985
Jahr
Stau
bkon
zent
ratio
n, a
lveo
leng
ängi
geFr
aktio
n (m
g/m3 )
Bergbau inSachsenBergbau inThüringen
Seite 29
ZeBWis (1)
RechtsgrundlageSGB VII / RVO und Beschluss der MV des HVBG 1991
Zielgruppevor dem 31.12.1990 aus einer Tätigkeit unter Tage oder in der Aufbereitung der Wismut ausgeschieden
EinrichtungTätigkeitsbeginn 1.1.1992Übergang an GVS zum 1.1.2012
Seite 30
ZeBWis/GVS (2)
Umfang der Daten (ca.)- Identmerkmale zu: 165.000 Personen- Beschäftigungsdaten zu: 132.000 Personen- med. Daten aus
nachgeh. Untersuchungen: 52.000 Personen- aktuell betreut 12.500 Personen
Seite 31
Strahlung
Rn-FP
LRN
Gamma
Staub
A-Staub
E-Staub
Quarz
A-Staub
Arsen
Retrospektive Belastungsanalyse Uranerzbergbau Wismut
Job-Exposure-Matrix (1946-1990)
132.000 Berufsanamnesen
1.800.000 Expositionsjahre
940 Tätigkeiten
250 Beschäftigungsorte
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Berufskrankheiten im Uranerzbergbau
Erkrankung 1946-1990 1991-2010 Silikose 14.531 2.748Lungenkrebs, Quarz 173(Lungen-)Krebs 5.492 3.663
Asbest-Erkr. 19 141
Vibrations-Erkr. 5.232 383
Lärm-Schwerh. 4.878 318
Haut-Erkr. 601 46
Sonstige 572 280
Summe: 31.325 7.752
Seite 33
Fragen
relevantes Problem ?
wirksame Behandlung möglich ?
Frühstadium diagnostizierbar ?
Einrichtungen vorhanden ?
Qualitätssicherung vorhanden ?
Seite 34
Qualitätssicherung
Klassifikation nach ILO 1971/1980/2000/2011-D
Untersuchungsbogen
Einführungsseminare
Zweitbeurteilung
Seite 35
Endpunkt nachgehender Untersuchung „Quarz“
AK 2.2 kommt zu einmütiger Auffassung, dass dafür nicht der Endpunkt Lungenkrebs infrage kommt, da auch bislang schon Screeninguntersuchungen für Krebs nicht Ziel der arbeits-medizinischen Untersuchung gewesen sind.
„Es kann also bei der nachgehenden Vorsorge für Quarz auch in Zukunft nur um die Erkennung von Silikose gehen.“(Febr. 2012)
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Zusammenfassung
Methodenspektrum für die Früherkennung der Silikose vorhanden, für Lungenkrebs noch begrenztehemals vs. aktuell exponierte Versicherte sind hinsichtlich Risiko relevant zu unterscheidenRisikoadaptiertes Vorgehen erforderlich – welche Daten stehen zur Verfügung?Register über exponierte/erkrankte Versicherte als wichtige Voraussetzung für zielgerichtete Untersuchungsangebote