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GesundheitsLaden Stuttgart e.V.
Projektdokumentation
Let’s Go! Eine Gebrauchsanweisung für die Pubertät
Im Rahmen des Projekts „fair-play- Partizipation und Genderperspektive in der außerschulischen Jugendbildung“ der BAG Jungenarbeit in
Kooperation mit der BAG Mädchenpolitik
Gesehen werden beflügelt
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Gliederung
1. Zielsetzung
2. Rahmenbedingungen
2.1. dreitägige Bildungsreise
2.2. Ort der Durchführung
2.3. Zielgruppe
3. Vorbereitung
3.1. Methodische Herangehensweise
4. Durchführung
5. Nachtreffen und Abschlussfest
6. Reflexion unter besonderer Berücksichtigung folgender Kategorien
6.1. Genderperspektive
6.2. Kooperation Mädchenarbeit und Jungenarbeit
6.3. Partizipation
6.4. Selbstwirksamkeit
6.5. Intersektionalität
7. Perspektiven und Konsequenzen für die weitere Arbeit
8. Auswertung aus Sicht der Jugendlichen
9. Anhang
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1. Zielsetzung
Ziel des Projektes „Let’s go – eine Gebrauchsanweisung für die Pubertät“ war es, Mädchen
und Jungen darin zu unterstützen, die Lebensphase Pubertät gesund und kompetent zu
durchleben. Selbstwirksamkeitserfahrungen und die Resilienzfähigkeit von Mädchen und
Jungen in der Pubertät sollten gestärkt werden. Dies implizierte, Freiräume zu schaffen, sich
mit eigenen Potenzialen und Begrenztheiten auseinanderzusetzen, Mädchen und Jungen als
aktive Gestalter_innen ihres Lebens ernst zu nehmen, die positiven Seiten der Pubertät
erfahrbar zu machen und Risikokompetenzen zu stärken. Ein besonderer Fokus sollte dabei
darauf liegen, geschlechtsspezifische Bewältigungsstrategien herauszuarbeiten und sichtbar
zu machen sowie der Frage nachzugehen, wie Mädchen hier von Jungen und Jungen von
Mädchen profitieren können. Dies wiederum sollte zu einer Erweiterung der eigenen
Rollenvielfalt sowie einer Erweiterung der individuellen Bewältigungsstrategien führen.
Ein hoher Grad an Partizipation der Teilnehmer_innen war ebenfalls ein zentrales Ziel.
2. Rahmenbedingungen
2.1. dreitägige Bildungsreise von Montag, 13.05. – Mittwoch, 15.05.2013
Im Rahmen des Projektes fair_play führten wir mit 12 Jugendlichen der Heilbrunnenschule
aus Stuttgart – Möhringen eine dreitätige Bildungsreise unter dem Titel „Let’s go – eine
Gebrauchsanweisung für die Pubertät“ durch. Begleitet wurden wir von den beiden
Klassenlehrer_innen. Diese haben im Rahmen des Projektes eine äußerst wichtige Rolle
gespielt, da die Beiden jeweils (auf sehr unterschiedliche Art) in einem sehr engen und guten
Kontakt zu den Mädchen und Jungen stehen.
2.2. Ort der Durchführung
Durchgeführt haben wir das Projekt im Haus Saron, in Wildberg im Schwarzwald, einem
Tagungshaus mit Vollverpflegung und Zweibettzimmern und damit einem relativ hohen
Standard. Hinzu kommt ein sehr schönes und weitläufiges Außengelände mit Spiel- und
Sportplätzen sowie zwei großen Trampolinen.
Das Tagungshaus ist am Ortsrand von Wildberg gelegen, in Sichtnähe ist ein großes
Lebensmittelgeschäft.
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2.3. Zielgruppe
Auf der Suche nach interessierten Jugendlichen für unser Projekt nahmen wir Kontakt zu
einer Förderschule in Stuttgart auf, mit der wir als Träger bereits in der Vergangenheit
verschiedene Kooperationsprojekte durchgeführt haben.
Die Heilbrunnenschule ist eine kleine Förderschule. Die Förderschule (ehemals: Schule für
Lernbehinderte) ist eine Schule, an der Kinder und Jugendliche mit umfassenden und lang
andauernden Lernproblemen und Entwicklungsverzögerungen ein differenziertes
Unterrichts- und Förderangebot erhalten.
Teilgenommen haben an unserem Projekt 6 Mädchen und 6 Jungen zwischen 13 und 15
Jahren. 5 Mädchen und 5 Jungen haben einen Migrationshintergrund, 11 Jugendliche leben
in einer sozioökonomisch angespannten Situation.
1 Mädchen und 1 Junge leben in einer Wohngruppe einer Einrichtung der Hilfen zur
Erziehung. 3 Jugendliche haben keinen Kontakt zu einem Elternteil (2 Jungen keinen
Kontakt zur Mutter, 1 Mädchen keinen Kontakt zum Vater, wobei der Kontaktabbruch jeweils
von diesem Elternteil ausging), 1 Mädchen hat eine psychisch kranke Mutter.
Alle teilnehmenden Mädchen und Jungen sind kognitiv sehr schwach. Einige der
Teilnehmer_innen haben traumatische Erfahrungen und z.T. vielfältige
Verlassenheitserfahrungen.
Alle 12 Jugendlichen definieren sich als Förderschüler_innen und damit auch als
Versager_innen der Gesellschaft, was bei einigen zu einer deutlichen Selbstwertproblematik
führt. Da die Mädchen und Jungen am Ende ihre Förderschulzeit stehen und nun mit der
Frage konfrontiert sind, wie es für sie weitergehen kann, werden sie sehr klar mit der
Begrenztheit ihrer Möglichkeiten konfrontiert werden.
Unabhängig davon und nur scheinbar in einem Widerspruch stehend, identifizieren sich alle
Mädchen und Jungen stark mit ihrer Schule und nehmen zum Teil sehr lange Anfahrtszeiten
in Kauf, um weiter dort beschult werden zu können.
3. Vorbereitung
Nachdem wir Kontakt zu der Förderschule hergestellt hatten, wurde die Projektidee „Let’s go
– eine Gebrauchsanweisung für die Pubertät“ sowohl den interessierten Mädchen und
Jungen als auch den Eltern an der Heilbrunnenschule von den Lehrer_innen vorgestellt. Dies
geschah sowohl im Unterricht als auch auf einem Elternabend sowie in persönlichen
Elterngesprächen. Daraufhin konnten sich die Mädchen und Jungen aktiv zur Teilnahme
entscheiden und bei Interesse anmelden.
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Die Schule und die beiden Lehrer_innen stehen in einem guten und engen Kontakt zu den
Eltern, so dass die Familien der Teilnahme der Mädchen und Jungen gerne zugestimmt
haben, ohne unsere Einrichtung und/ oder uns als Teamer_innen im Vorfeld näher kennen
zu lernen.
In einem nächsten Schritt haben wir die Mädchen und Jungen vor Ort besucht, um die
Projektidee und die Rahmenbedingungen persönlich vorzustellen. Sie konnten uns als
Teamer_innen kennenlernen und erste eigene Themen und Wünsche zu formulieren.
Im Anschluss daran haben wir die Mädchen und Jungen nochmals mit einem persönlichen
Brief eingeladen und die Eltern mit einem separaten Anschreiben informiert.
3.1. Methodische Herangehensweise
Um die oben beschriebenen Ziele zu erreichen, waren uns folgende Aspekte des
methodischen Vorgehens in unserer Arbeitsweise besonders wichtig:
Die Mädchen und Jungen wurden von Anfang an als Expert_innen für sich und ihre
Lebensrealität wahr- und ernstgenommen. Dies bedeutete auch, dass die Jugendlichen für
sich selbst verantwortungsvoll entschieden haben, wie sie sich in den Prozess einbringen.
Von unserer Seite aus wurde der Fokus immer wieder darauf gelegt, dass die Verantwortung
für ein Gelingen des Projektes in den Händen aller Beteiligten liegt. Zu Beginn wurden
gemeinsam klare Regeln erarbeitet, die einen respektvollen Umgang miteinander für alle
ermöglichten.
Dem Partizipationsgedanken wurde insgesamt ein hoher Stellenwert beigemessen. Es
wurde sowohl in geschlechtshomogenen als auch in geschlechtsgemischten Gruppen
gearbeitet.
Folgende Aspekte waren darüber hinaus handlungsleitend für unser Projekt:
• Ressourcenorientierung
• Handlungsorientierung
• Prozessorientierung
• vielfältige Formen von Partizipation, u.a. die Nachfrageorientierung
• Freiwilligkeit.
Die Mädchen und Jungen erhielten zu Beginn des Projektes eine Schuhschachtel, die sie
während des Workshops in ihre persönliche Pubertäts - Schatzkiste verwandelten.
Angeregt durch die gemeinsamen Erlebnisse und Erfahrungen wurde diese im Rahmen des
Seminars gefüllt.
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Außerdem erhielt jedes Mädchen und jeder Junge zu Beginn eine „Schutzmurmel“. Diese
konnte von den Jugendlichen eingesetzt werden, wenn sie sich an einem bestimmten
Thema, einer Methode nicht beteiligen wollten. Während des Workshops wurde von dieser
Möglichkeit kein Gebrauch gemacht, dennoch war die Murmel immer wieder Thema. Allein
die offensive Erlaubnis, jederzeit für sich selbst zu entscheiden, ob und wieweit jede_r sich
einbringen möchte bzw. einbringen kann, verdeutlichte den Jugendlichen, ernstgenommen
zu werden und ermöglichte ihnen schnell, sich sicher zu fühlen.
Wir haben täglich verschiedenste Rückmelderunden durchgeführt (siehe hierzu u.a. im
Anhang das Stimmungsbarometer).
Am Abschlusstag füllten die Teilnehmer_innen einen umfangreichen Fragebogen aus und
wir führten zusätzlich eine verbale Rückmelderunde „Was ich noch sagen wollte:“ durch
(Ergebnisse hierzu siehe unter 8.).
Im Verlauf der drei Tage haben wir, dem Gruppenprozess entsprechend und an den
Bedürfnissen der Teilnehmer_innen orientiert, folgende verschiedene Settings miteinander
kombiniert:
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