Upload
lamtuong
View
222
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Fachbereich Veterinärmedizin
Klinik für Klauentiere
Klauengesundheit als zentraler Indikator
einer erfolgreichen Milchkuhhaltung
Prof. Dr. Kerstin Müller
Aufgabe
„Klauengesundheit als zentraler Indikator einer
erfolgreichen Milchkuhhaltung“
„Ein hoher Anteil lahmer Kühe - zentraler Indikator für eine
weniger erfolgreiche Milchkuhhaltung?“
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Übersicht
• Klärung verschiedener Begriffe zum Thema Tierschutz
• Lahmheit – Definition, Erkennung, Vorkommen und
Ursachen
• Wirtschaftliche Folgen von Lahmheit bei Milchkühen
• Nicht-infektiös bedingte Klauenerkrankungen – eine
Folge zu hohen Drucks
• Infektiös bedingte Klauenerkrankungen – eine Folge von
zu viel Dreck
• Ursachen und kritische Kontrollpunkte klassischer
Klauenerkrankungen
• Schlussfolgerungen
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Begrifflichkeiten
• Tierschutz: umfasst alle Aktivitäten des Menschen, die
darauf abzielen, die Unversehrheit des einzelnen Tieres
zu gewährleisten1
• Tierwohl besser „Animal Welfare“ beschreibt die
Fähigkeit eines Tieres mit den Bedingungen, denen es
ausgesetzt ist, zurechtzukommen2
• „Good state of welfare“ beschreibt den Zustand eines gesunden, gut
genährten, nicht verängstigten Tieres, das sein angeborenes
Verhaltensmuster ausdrücken kann und keine Schmerzen, Ängste oder
anders gearteten Leidensdruck erfährt
Quellen: 1 Ziron, M. (2017): Vortrag Mitteldeutscher Schweinetag Halle-Peißen am18.10.2017.
2https://www.avma.org/KB/Resources/Reference/AnimalWelfare/Pages/what-is-animal-welfare.aspx
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Die Fünf Freiheiten
EU-Richtlinie 98/58/EG Schutz landwirtschaftlicher
Nutztiere als Grundlage für nationale Verordnungen
basierend auf:
• Freisein von Hunger und Durst
• Freisein von Unbehagen
• Freisein von Schmerzen, Verletzungen and Krankheit
• Freisein zum Ausleben normaler Verhaltensweisen
• Freisein von Angst und Leiden
Quellen:https://ec.europa.eu/food/animals/welfare_en
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Tierschutz
Seit 2002 im Grundgesetz verankert;
Tierschutzgesetz §1
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung
des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen
Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf
einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden
oder Schäden zufügen1
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
1Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313),
das zuletzt durch Artikel 141 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist"
Frage des Verbrauchers:
Weshalb werden Milchkühe eigentlich nicht alt? (nach ADR 2016, S.55)
Jahr % Alter Leistung Sterilität Euter Klauen Stoffwechsel
1970 30,9 8,2% 17,0% 31,0% 4,7% 2,3% 2,0%
2000 39,9 3,6% 8,5% 19,6% 15,2% 9,4% -
2015 37,7 3,3% 6,3% 19,9% 13,3% 10,0% 3,3%
Merzungen nach Laktationen (nach Römer 2017) bei 43245 gemerzten Kühen aus MV
1. Laktation 29%
2. Laktation 24%
3. Laktation 20% (ab hier verdient die Kuh erst Geld)
4. Laktation 13%
5. Laktation und> 13%
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Frage des Verbrauchers:
Wenn die Fakten so sind, wie kann man dann damit Geld
verdienen?
Zahlen aus dem Jahr 2015
Lebensleistung deutscher HF-Kühe: 27601 Liter*
Nutzungsdauer: 36,7 Jahre*
Die Kuh verdient erst ab der 3. Laktation Geld und muss pro Lebenstag
mindestens 15 l Milch gegeben haben!!!
Merzungen 2010**: 29% in 1. Laktation
24% in 2. Laktation
20% in 3. Laktation
26% >= 4. Laktation Ein Viertel der Abgänge in den ersten 30 Tagen nach der Kalbung
Ca. 60% nicht beabsichtigt
* ADR (2016). Rinderproduktion in Deutschland 2015
** Prof. A. Römer (2011). LFA für Landwirtschaft u. Fischerei Mecklenburg Vorpommern
Nutzungsdauer als Tierwohlindikator?
• nicht geeignet, da zu großer Einfluss von
Sanierungsmaßnahmen (z.B.Paratuberkulose,
Mastitiserreger) und Betriebsphilosophie
Besser geeignet:
• Nicht beabsichtigte Abgänge von Kühen in der
Transitperiode (bis 60 Tage nach der Kalbung)
• Richtwert: 5% Verlust bezogen auf die gesamte Herde
(sehr gutes Management der Transitperiode)
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Lahmheit Definition
Jede Störung im Bewegungsablauf unabhängig von der
Ursache*
*Archer et al. (2010). Lameness in UK dairy cows: a review of the current status. In Practice 32:492-
504
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Wie wird Lahmheit festgestellt?
Visuelle Bewegungsanalyse nach Sprecher et al. (1997)1:
Noten 1 bis 5
(1+2 nicht lahm, 3,4,5 lahm),
Merkmale:
Rückenkrümmung,
Raumgriff,
Schonung von Gliedmaßen
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Wie kann man lahme Kühe erkennen?
Lahmheit und Vorkommen von Sohlengeschwüren sind
stark korreliert
Der aufgekrümmte Rücken ist ein recht sicherer Indikator
für eine lahme Kuh und kann gut durch Landwirte für die
Erkennung lahmer Kühe verwendet werden
Sensoren (Pedometer/Accelerometer) könnten bei der
Früherkennung helfen
Bergsten, Christer (2018): Strategies to reduce lameness by improving claw health.
Is zero a reachable goal?
Keynote lecture 30. WBC Sapporo, Japan
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Klauengesundheit als zentraler Indikator einer
erfolgreichen Milchkuhhaltung
Richtwerte (Anteil lahmer Kühe im Bestand)
Note Ziel
1 65%
2 20%
3 15%
________________________________________
4 <5%
5 0% *modifiziert nach Cook, N.B. A Guide to Investigating a Herd Lameness Problem
http://www.vetmed.wisc.edu/dms/fapm/fapmtools/6lame/Aguidetoinvestigatingaherdlamenessproblem
AABP.pdf
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Wirklichkeit
Anteil lahmer Milchkühe in Betrieben Großbritanniens CATTLE MOBILITY: Changing behaviour to improve health and welfare and dairy farm businesses -
Final Report – December 2013
Lahmheitsgrad % ggr. % mgr.-hgr. %gesamt
Mittel aller Betriebe 23,8 8,2 32,0
Spitze 25% 13,4 3,5 16,9
Schwächste 25% 27,1 13,7 40,8
Quelle: http://www.reaseheath.ac.uk/wp-
content/uploads/2014/02/Cattle-Mobility-Final-report-December-
2013.pdf
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Anteil lahmer Kühe in 10 Milchkuhhaltungen
Sachsens im Winter und im Sommer
Lahmheitsprävalenz (≥3 n. Sprecher et al., 1996)
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Anteil schwer lahmer Kühe (Note 5 nach Sprecher et al.,
1996) in 10 Milchkuhhaltungen Sachsens im Winter und im
Sommer
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Ursache für den hohen Anteil lahmer
Kühe in Milchkuhhaltungen weltweit
Zitat Huxley, J (Nottingham, GB):
„Ursächlich für den hohen Anteil lahmer Kühe in
Milchkuhhaltungen ist nicht die hohe
Neuerkrankungsrate, sondern die Zeit, die zwischen
Auftreten der Lahmheit und der Behandlung vergeht!“
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Was kostet eine lahme Kuh?
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Gründe für direkte und indirekte
wirtschaftl. Verluste durch lahme Kühe*
Direkte Kosten Indirekte Kosten
Behandlungskosten (50-500€) verlängerte ZTZ
Extra Arbeit Risiko Merzung
Milchverlust wg. Wartezeit Risiko erneut lahm zu
werden
Milchleistungsrückgang Risiko weiterer Erkrankungen
Kosten Färsenaufzucht bei
vorzeitiger Merzung
reduz. Schlachtgewinn
*Mod. nach Archer et al. (2010). In Practice 32:492-504
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Lahmheit und Lebensalter
Lahmheit und Milchleistung Schlussfolgerung zahlreicher Studien:
„Lahme Kühe leben gemittelt ebenso lange wie nicht lahme Kühe“
• Tierhalter trennen sich weniger schnell von den lahmen Tieren
weil…
Lahme Kühe im Durchschnitt genauso viel Milch wie nicht lahme Kühe
geben
Aber! Betrachtungsweise und Statistik nicht korrekt. Milchleistung muss
von der Kalbung bis zum Moment des Auftretens von Lahmheit u
betrachtet werden und vom Auftreten der Lahmheit bis zum
Trockenstellen
• Kühe mit größerem Potenzial bezogen auf die Milchleistung werden
häufiger lahm.
Tatsächliche Milchleistung um mindestens 350l unter zu erwartender
Milchleistung.
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Laktationskurven lahmer und nicht lahmer Kühe Onyiro, O.(2008): Risk factors and milk yield losses associated with lameness
in HF dairy cattle. Animal 2(8):1230-1237 doi:10-1017/S1751731108002279
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Lahmheit und Milchverlust* * nach Archer et al. (2010). In Practice 32:492-504
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Milchverlust in Abhängigkeit vom Lahmheitsgrad (lahm,
schwer lahm) und dem Laktationsstadium (Monat)
bei sofortiger Behandlung
Monate in Laktation lahm schwer lahm
1 175 l 350 l
2 150 l 250 l
3 100 l 200 l
4 50 l 100 l
Lahmheit und Milchverlust*
*Archer et al. (2010). In Practice 32:492-504
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Milchverlust (305 Tg. – Milchleistung) in Abhängigkeit vom
Lahmheitsgrad (lahm, schwer lahm), der Anzahl Monate
in Laktation mit Lahmheit
Unbehandelte Tiere
Monate lahm in Laktation lahm schwer lahm
1 175 l 350 l
2 325 l 625 l
3 425 l 800 l
4 475 l 900 l
5 500 l 1000l
Lahmheit passt nicht in die Agenda der Milchkuh!
8 bis 14 Stunden Liegezeit
20-30 min. Tiefschlaf Schlafen
10 - 15 Stunden Liegebedarf
4 bis 10 Stunden
(75% liegend)
Wiederkauzeit
4 bis 9 Stunden Fresszeit
30-45 Min. Dauer der Mahlzeit
2,2 kg TS Menge pro Mahlzeit
8-12 (Färsen 16) Anzahl Mahlzeiten
57. Aulendorfer Wintertagung 7.
Dezember 2018
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Sensoren geben Aufschluss über die Störungen im
Tagesablauf – eine Studie aus den Niederlanden
Hintergrund
Als Beutetier wird die Kuh so wenig Krankheitssymptome (hier Lahmheit) wie
möglich zeigen
Frage
Gibt es Verhaltensänderungen, die mittels Sensortechnik (Accelerometer) an
lahmen Kühen wahrgenommen werden können?
M&M
370 Kühe aus 8 Betrieben
Bewegungsanalyse nach Sprecher MS 1+2 = nicht lahm, 3,4,5 lahm
Sensoren am Halsband und am Bein messen:
Schrittzahl/Tag, Liegedauer/Tag, Anzahl Liegeperioden/Tag, Dauer einzelner
Liegeperioden, Dauer Futteraufnahme/Tag, Anzahl und Dauer der Besuche
am Fressplatz, Dauer des Wiederkauens/Tag Hut (2018): Sense of sensors: behavioral pathologies of dairy cattle in the transition period related to
their locomotion scores. 30. WBC Sapporo, Japan
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Welche Periode birgt das höchste Lahmheitsrisiko?
Hut (2018): Sense of sensors: behavioral pathologies of dairy cattle in the transition period related to
their locomotion scores. 30. WBC Sapporo, Japan
Ergebnisse
Bewegungsanalysen:
Abnahme des Anteils Kühe mit den Noten 1 und 2 und Zunahme des
Anteils Kühe mit den Noten 3, 4, und 5 in der Transitperiode
8 Wochen nach der Kalbung höchster Anteil lahmer Kühe in den
Herden
In der Trockenstehperiode Zunahme des Anteils Kühe mit Noten 1 und
2, bei Abnahme des Anteils Kühe mit Noten 3,4 und 5
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Wie sehen die Störungen im Tagesablauf bei einer lahmen Kuh aus?
Hut (2018): Sense of sensors: behavioral pathologies of dairy cattle in the transition period related to
their locomotion scores. 30. WBC Sapporo, Japan
Ergebnisse
Bewegungsnote 3 4 5
Verhalten
Dauer Futteraufnahme
in Minuten/Tag -39 -63 -135
Liegedauer
in Minuten/Tag +19 +93
Zeit in Minuten
/Liegeperiode +7 +32
Anzahl Liegeperioden -1,7
Wiederkauzeit
Minuten/Tag -22
Schrittzahl/Tag -532 -986 -2156
Schlussfolgerung: Verhaltensänderungen bei lahmen Kühen sind mit
Sensoren erfassbar und können der Früherkennung von Lahmheit dienen
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Lahmheit und Fruchtbarkeit
• Lahme Kühe zeigen weniger Brunstsymptome
• Lahme Kühe werden später tragend (Zwischentragezeit
plus 40Tage)
• Lahme Kühe entwickeln leichter Krankheiten, die zu
Unfruchtbarkeit führen (Eierstockszysten)
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Weshalb werden Kühe lahm?
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Nicht-infektiös bedingte
Klauenkrankheiten
Infektiös bedingte
Klauenkrankheiten
Reheerkrankung
Sohlengeschwüre,
Weiße Linie Defekt
Weiße Linie Abszess
Mortellaro‘sche Krankheit
(Dermatitis digitalis)
Ballenfäule, Klauenfäule,
Zwischenzehenphlegmone
(Panaritium)
Aufliegeschäden
Liegeschwielen
Hautwunden
Ursachen für Klauenerkrankungen
Lassen sich eingrenzen auf
• Zu hohen Druck auf die Lederhaut
• Von außen
• Lange Stehzeiten
• Unebene Laufflächen
• Hindernisse
• Von innen
• Abnahme der Körperkondition und des Fettpolsters
• das Klauenbein sinkt im Hornschuh und drückt auf die
Lederhaut
• Zu hoher Hornabrieb (neue Laufflächen)
• Zuviel Dreck an den Klauen
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Bedeutung langer Stehzeiten für die Druckverhältnisse an
der Klaue
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Bedeutung der Körperkondition
Lahme Kühe werden mager, magere Kühe werden lahm!
Kühe, die nach der Kalbung ein Sohlengeschwür
entwickeln haben eine signifikant niedriger
Körperkonditionsnote vor der Kalbung
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Biomechanisches Zusammenwirken Stoßdämpferfunktion des Fettpolsters
• Polster und
Aufhängung wirken als
Stoßdämpfer
• Begrenzte Kapazität
• Wirkungsgrad
abhängig von Alter und
Stoffwechsel
• Ist bei Erstkalbinnen
noch nicht vollständig
ausgebildet
• Schrumpft mit Verlust
der Körperkondition Christoph Mülling, Veterinäranatomie
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Bedeutung des Klauenpflegezustands Zu lange Klauen und zu hohe Außenklauen führen zu abnormer
Druckbelastung der Lederhaut
Darstellung Toussaint-Raven
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Bedeutung des Klauenpflegezustands Zu lange Klauen und zu hohe Außenklauen führen zur Bildung von
Knochenvorsprüngen am Klauenbein mit abnormer Druckbelastung der
Lederhaut
Ist die Kuh mehr als 14 Tage lahm wenn sie zur Behandlung kommt, ist die Chance auf
vollständige Heilung deutlich geringer als bei unmittelbarer Behandlung! Über das
Schicksal von Kühen, die in wiederholten Laktationen mit Sohlengeschwüren
dokumentiert werden, sollte mit dem Besitzer gesprochen werden.
Umschriebene Sohlenblutung am typischen
Druckpunkt (Steingalle) (STG)
Deutlich abgegrenzte rote Verfärbung des Sohlenhorns an der
Rusterholz-Stelle (Einblutung in das Sohlenhorn)
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Rusterholz‘sches Sohlengeschwür
(RSG)
Umschriebener Defekt (Geschwür) des Sohlenhorns mit freiliegender
entzündeter oder nekrotischer (abgestorbener) Lederhaut an der
Rusterholz-Stelle
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Professionelle Klauenpflege stellt die normalen
Belastungsverhältnisse wieder her Bewegungsnoten vor und nach professioneller Klauenpflege (vetmed. Diss. Eilers)
1
2
3 u. 4
Lahmheitsscore
23-MAR-2006
22-APR-2006
08-MAY-2006
22-MAY-2006
05-JUN-2006
19-JUN-2006
03-JUL-2006
17-JUL-2006
31-JUL-2006
14-AUG-2006
28-AUG-2006
11-SEP-2006
25-SEP-2006
09-OCT-2006
23-OCT-2006
06-NOV-2006
20-NOV-2006
04-DEC-2006
18-DEC-2006
01-JAN-2007
15-JAN-2007
29-JAN-2007
12-FEB-2007
26-FEB-2007
12-MAR-2007
26-MAR-2007
19-APR-2007
Datum
0%
25%
50%
75%
100%
An
teil
in
Pro
zen
t
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Klaue zu kurz – Sohle zu dünn Zu dünne Sohlen erhöhen den Druck auf die Lederhaut
Klaue zu kurz
Sohle zu dünn
Sohlenspitze und Klauenbeinspitze
beschädigt
„Thin Sole Syndrome“ • Nach unprofessioneller Klauenpflege
• Bei zu hohem Abrieb auf rauen Laufflächen
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Bedeutung der subklinischen Rehe
flächenhafte Sohlenblutungen (SBD)
Diffuse hellrote bis gelbliche Verfärbung des Sohlenhorns
(Einblutung in das Sohlenhorn )
Heilungsraten nach Behandlung nicht-infektiös bedingter
Klauenerkrankungen John Remnant et al. School of Veterinary Medicine and Science,
Nottingham University, GB
Studie 1:
1. Behandlung akut lahmer Kühe (n=183)vier verschiedene Protokolle:
1. Funktionelle Klauenpflege;
2. 2. Klpfl. + Klotz;
3. 3. Klpfl. + NSAID;
4. 4.Klpfl. + NSAID + Klotz
Heilungsraten am Tag 35 nach Behandlung:
1. 24%;
2. 35,9%;
3. 28,6%;
4. 56,1%
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Behandlung nicht-infektiös bedingter Klauenerkrankungen John Remnant et al. School of Veterinary Medicine and Science,
Nottingham University, GB
Studie 2:
1. Behandlung chronisch (>14Tage) lahmer Kühe (n=156) vier
Protokolle
• Kein Unterschied zwischen den Behandlungen hinsichtlich der
Heilungsraten
Studie 3
1. Funktionelle Klauenpflege von Erstkalbinnen 50-80Tg post partum
gegenüber keiner Klauenpflege – Zielgröße: Auftreten von Lahmheit
Ergebnis: kein Unterschied zwischen den Gruppen
Aber - starker Anstieg der Milchleistung in den ersten Tagen der
Laktation hoch korreliert mit dem Auftreten von Lahmheit
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Ursachen und kritische Kontrollpunkte
Sohlengeschwüre (nach Leach und Whay, 2008)
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Ursachen und kritische Kontrollpunkte
Weiße Linie Defekte und Weiße Linie Abszesse
(nach Leach und Whay, 2008)
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Weshalb werden Kühe lahm?
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Nicht-infektiös bedingte
Klauenkrankheiten
Infektiös bedingte
Klauenkrankheiten
Reheerkrankung
Sohlengeschwüre,
Weiße Linie Defekt
Weiße Linie Abszess
Mortellaro‘sche Krankheit
(Dermatitis digitalis)
Ballenfäule, Klauenfäule,
Zwischenzehenphlegmone
(Panaritium)
Aufliegeschäden
Liegeschwielen
Hautwunden
Infektiös bedingte Klauenerkrankungen
Ursachen (allgemein)
VETVICE
Risikofaktoren:
feuchte, schmutzige Laufgänge (geringe
Abschiebefrequenz ? Abschieben während Kühe im
Stall sind), Standplätze (Vorwartebereich beim
Melken)
ungenügende Hygiene
mangelhafte Klauenpflege
(zu selten, nicht fachgerecht)
hohe Umgebungstemperatur
bei gleichzeitig hoher Luftfeuchte
• auch bei Weidegang (feuchte Weiden)
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Dermatitis digitalis (Mortellaro‘sche
Krankheit, Erdbeerkrankheit) (DD)
Infektion der Haut um die Klauen und/oder im Zwischenklauenspalt mit
oberflächlichen geröteten Defekten (Erosion), meist schmerzhaften
tiefen Defekten (Geschwüren) und/oder chronisch warzenartiger
Hautzubildung (Hyperkeratose/Proliferation)
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Krankheitsentstehung noch nicht endgültig geklärt
Mehrere Faktoren beteiligt
Zusammenwirken von:
Bakterien
Spiralförmige Bakterien (Treponemen)
Bacteroides?
Borrelia?
Campylobacter?
Umgebungseinflüssen wie Haltung und Fütterung
Veranlagung erblich
Ausbrüche können 90% der Tiere betreffen
Problem chronische Infektion mit regelmäßigen Rückfällen
Dermatitis digitalis (DD)
Ursachen
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Seite 54
Dermatitis digitalis (DD)
Symptome und Verlauf
Kleine Hautläsion von 0,5 - 1 cm Durchschnitt an
Ballenhaut (kann so monatelang bestehen bleiben)
Plötzliche (innerhalb weniger Tage) Ausdehnung zu
stinkenden Geschwüren Durchmesser bis 10 cm
Lahmheit
Abheilung oder chronisches Stadium (Hyperkeratose bis
warzenartige Wucherung) mit zyklischer Wiederkehr der
M2 Läsion
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Verlauf der DD nach Döpfer (1997)
M0-Stadium
© A. Fiedler
Verlauf der DD nach Döpfer (1997)
M1-Stadium
frühes oder Zwischenstadium
<2 cm ø, rot-weiße Oberfläche,
Epithel erhalten oder geschädigt
Exsudation möglich
M1
Seite 56 57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
© A. Fiedler
Verlauf der DD nach Döpfer (1997)
M2-Stadium
„klassische Ulzeration“ (Geschwür)
rote oder rotweiße Läsionen
ø ≥ 2 cm, Wundoberfläche,
borstenartige Haare
M1
Seite 57 57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Verlauf der DD nach Döpfer (1997)
M3-Stadium
abheilende Veränderungen
dunkle Wundkruste, lässt sich nur
mit Mühe lösen
M1
Seite 58 57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Verlauf der Mortellaro nach Döpfer (1997) M3-Stadium Übergang zu M4 (Hyperkeratose)
M3 Läsion mit Wundkruste, darunter
Hyperkeratose
M1
Seite 59 57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Verlauf der DD Döpfer (1997)
M4H-Lesion (chronisch)
M4H Hyperkeratose
Hufeisenförmig angrenzend an
Zwischenklauenspalt verdickte Haut von
wachsartiger Konsistenz
M1
Seite 60 57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Verlauf der DD nach Döpfer (1997)
M4P-Stadium Proliferation (papillomatöse = warzenartige Form)
M1
Seite 61 57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Verlauf der Mortellaro nach Döpfer (1997)
M4.1-Stadium
M1 M 4.1
M 5
Seite 62 57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Evtl. erst sichtbar nach Spreizung des ZKS mit
Zange
Ursachen und kritische Kontrollpunkte bei der
Dermatitis digitalis (nach Leach und Whay, 2008)
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Empfehlung
Die Bekämpfung der DD muss unbedingt bei den
Jungtieren anfangen um chronische Infektionen zu
vermeiden
Beobachten Sie die Alt- und Jungtiere regelmäßig
(Melkstand, Penwalks) und nehmen Sie Tiere mit
akutem Stadium sofort in den Stand
Akute Geschwüre müssen mit einem guten Verband
behandelt werden
Übliche Klauenbäder (d.h. nicht antibiotische) sind keine
Heilbäder, sondern sollen helfen, eine stabile Situation
stabil halten
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Fortschrittliche Klauenpfleger stimmen sich über
die Befunde ab und dokumentieren digital
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Zentrale
Datenbank
Tierdaten, Arbeitslisten
Behandlungen,
Erkrankungen, ...
Tierdaten
Datenaustausch
Infosystem Rind
Tierdaten, Arbeitslisten
Behandlungen,
Erkrankungen, ...
Überbetriebliche
Analysen
Herde
Klauenpflege
Datenfluss- Dokumentations- und Informationssystem
für die Klauengesundheit
Tierarzt
Zuchtverbände
automatische
Tiererkennung
Zentrale
Klauenauswertung
Klaue mobil
Arbeitsnachweis
Klaue stationär
Arbeitsnachweis
Rechnungen
...
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Vit Verden
ICAR-Atlas der Klauengesundheit https://www.vetmeduni.ac.at/fileadmin/v/wiederkaeuer/DEUTSCHE_Ve
rsion_ICAR_Atlas_Klauengesundheit_10-11-15.pdf
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
Schlussfolgerungen
• Lahmheit bei der Milchkuh beruht vornehmlich auf schmerzhaften
Klauenerkrankungen
• Das hohe Vorkommen lahmer Kühe in Milchkuhhaltungen beruht vor allem
auf der zu späten Behandlung akut lahmer Kühe
• Klauenpflege, Klotz und NSAID in Kombination geben die besten
Heilungserfolge bei den klassischen nicht-infektiös bedingten
Klauenerkrankungen
• Die zu späte Behandlung (>14 Tage) führt zu chronischer Lahmheit und
„Wiederholungstätern“ und erheblichen wirtschaftlichen Verlusten
• Bewegungsanalysen und die Dokumentation am Klauenstand sind Basis für
die erfolgreiche Bekämpfung von Lahmheit
• Die meisten nicht infektiös bedingten Klauenerkrankungen werden durch
eine abnorm hohe Druckbelastung der Lederhaut von innen (Klauenbein)
oder von außen (Laufflächen, Stehzeiten) bedingt. Die Kritischen
Kontrollpunkte sollten systematisch überprüft, und Defizite abgestellt
werden
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
©Volland
Schlussfolgerungen
• Die Bekämpfung der Dermatitis digitalis beginnt beim Jungtier
• Verbände begünstigen die vollständige Abheilung der Läsionen, müssen
aber auch wieder entfernt werden
• Zwecks Bekämpfung der DD müssen die kritischen Kontrollpunkte überprüft
und Defizite beseitigt werden
• Eine gute Klauengesundheit (lahme Kühe <15%) beruht in der Regel auf
• Einem gelungenen Management der Transitperiode
• Einer regelmäßig durchgeführten professionellen Klauenpflege mit
Dokumentation
• Der regelmäßigen Tierbeobachtung mit frühzeitiger fachgerechter
Behandlung lahmer Kühe
• Einer Überprüfung der kritischen Kontrollpunkte und Beseitigung
bestehender Defizite
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018
©Volland
Lohnt sich die ganze Mühe? CATTLE MOBILITY: Changing behaviour to improve health and welfare and dairy farm
businesses - Final Report – December 2013
Bewegungsnoten im Laufe des Projektes
Lahmheitsgrad % ggr. % mgr.-hgr. %gesamt
Mittel aller Betriebe 23,8 8,2 32,0
Kontrollbetriebe (Ende) 21,7 10,3 32,0
Versuchsbetriebe (Ende)20,7 4,7 25,4
Quelle: http://www.reaseheath.ac.uk/wp-
content/uploads/2014/02/Cattle-Mobility-Final-report-December-
2013.pdf
57. Aulendorfer Wintertagung 7. Dezember 2018