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Kennzeichnung des KSrpers der reellen alg'ebraischen Zahlen. Von EMIL ARTIN in Hamburg.
Im folgenden bedeute R den K(irper der rationalen Zahlen, P den Kfirper aller reellen algebraischen Zahlen und S2 den K0rper aller algebraisehen Zahlen. Dann gilt:
(1) ~2 = P(i) (i = V-----l) .
An Stelle von i h~ttte man auch irgendeine komplexe Zahl nehmen k(Innen.
Wir fragen nun nach allen Unterktirpern K yon $~, in bezug auf die P- endlich ist, fiir die es also, analog zu (1) eine Zahl a gibt, so daft:
(2) s~ ---- x(.)
ist. Wir behaupten nun: SATZ. Ist P. endlich in bezug auf den Unterk6rper K, so hat
in bezug auf K den Relativgrad 2 und es ist genauer:
(3) $-) ~ K(~).
Ferner ist K einfach ein zu P konjugierter K6rper, d.h. es gibt in ~ einen Automorphismus ~, der K in den K6rper P al~r redlen algebraischen Zahlen iiberfi~hrt.
Da sich nun eine algebraische Kennzeichnung eines Ktirpers naturgemi~fi nur his auf isomorphe durchffihren li~fit, so ist also 1~ im wesentlichen nur in bezng auf P endlich, womit der Typus yon P gekennzeichnet ist.
Ist nun K ein Ktirper, fiir den (2) gilt, so ist P. galois'seh in bezug auf K, da ja $~ algebraisch abgeschlossen ist. Wir gehen nun schrittweise vor:
1. $~ sei yore Primzahlgrad p in bezug aaf K, also zyklisch. Da $~ algebraisch abgeschlossen ist, gibt es dann in K nur irreduzible Funktionen yore ersten und vom pten Grade. Insbesondere muff also in K jede Funktion ( p - - l ) t~" Grades in Linearfaktoren zerfallen.
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320 E. Artin.
Da die ptO~ Einheitswurzeln einer solchen Gleiehung geniigen, liegen sie somit in K. Da /~ zyklisch ist, bedeutet dies, daI~ man in (2) die
p
Zahl a von tier Form a = V a annehmen kann, wo a zu K geh6rt. Die pS-ten Einheitswurzeln aber k6nnen nicht zu K geh6ren.
Denn ware dies der Fall, so betrachten wit die Funktion xp ' - - a. lhre
Linearfaktoren x- -E , ,Va , wo ~ eine gewisse p~-te Einheitswurzel ist, p* p
k6nnen ~ieht in K liegen, da sonst ~ also auch I / a in K lage, P
entgegen der Annahme fiber a = I / a . Bei einem Faktor pt~,~ Grades p
aber hatte alas Absolutglied die Form ~. Va , w o e eine gewisse p~-te Einheitswurzel ist. Man erkennt dies unmittelbar aus den zugeh6rigen
p
Linearfaktoren. Da ~ zu K geh6rt, geh(frte somit auch V a zu K, was nieht geht.
Sei nun ~ eine primitive p~-te Einheitswurze], ~ eine solehe tier Ordnung pS. Da ~ nicht in K liegt und S2/K den Grad p hat, erzeugt
den K0rper P-, so dab also gilt:
(4) --- K ( , )
gentigt in K einer irreduziblen Gleichung pten Grades, die ein Faktor von x ~ ' - - I ist, deren Koeffizienten also im K6rper R(~)liegen. Diese Gleiehung pt,n Grades ist dann erst recht irreduzibel im Durch- sehnitt k yon K und R(~). ~ ist Nullstelle dieser Gleiehung, so daft also R(~) den Grad p in bezug auf k hat. Der K6rper k hat also den absoluten Grad p ( p - - 1 ) . Nun ist sofort zu sehen, daft p = 2 sein muff. Denn fiir ungerades p ist R(~) zyklisch, hat also nur einen Unterk6rper k yore Grade p ( p - - 1), namlieh den K6rper der p~-ten Ein- heitswurzeln. Das hiefie aber, dab die p"-ten Einheitswurzeln doch zu K geh0ren, entgegen dem vorhin festgestellten.
Es ist also p ~ 2 und somit wegen (4) ~ = K(i). 2. Der Grad yon o. in bezug aid K sei beliebig. Wit setzen
K1 = K(i) und behCupten K1 - - o. Ware dies namlich nicht der Fall, so hatte ~ in bezug auf K~ einen yon 1 versehiedenen Grad n. Sei nun g eine Untergruppe yon Primzahlordnung p der Galois'sehen Gruppe yon ~/K~. Zu I~ geh6rt ein K6rper K2 fiber K1, in bezug auf den P- den Grad p hat. Nach 1. ist also P. ---- Ks (0. Da aber K~ den K6rper Kt also auch i enthalt, .ist ~ ~ Ks entgegen der Gradbestimmung 2. Damit ist der erste Teil unseres Satzes, insbesondere (2) bewiesen.
3. In K ist die Zabl - - 1 nicht Summe zweier Quadrate. Ware n a m l i e h - - 1 - ~ - a S - + b =, wo a und b zu K geh6ren, so ist zunaehst
Kennzeichnung des K~rpers ,ler reelhm algebraischen Zahlen. 321
a ~= 0 und b :l: 0, da sonst i zu K gehO]~e, entgegen (2). Nun betrachte man die Gleichung:
( 5 ) ( x ~ - a ) s -t- b z ~ 0 .
Keine ihrer vier Wurzeln 4- W a 4 - i b geh0rt zu K, da sonst a -4- i b
also auclL i zu K gehSrte. (5) zerfallt somit in zwei quadratisch, Faktoren. Als Absolutglieder findet man in den versehiedenen Fallel ! a 4- ib oder 4- V a'-}- b' ---- 4- i. Dies ist unmOglieh, da jedesmal in K lage.
4. Jede Zahl a aus K ist elttweder Quadrat oder negatives Quadra in K.
Die Zahl Vaa liegt n~tmlieh jedenfalls in 12 : K ( i ) , l~at sieh also darstellen in der Form: 1/~-a : b @ c i , wo b u n d c zu K gehSren. Quadriert man und vergleicht die beiden Seiten, so erhalt man b c " - - O .
Nun bedeutet c : 0, daft a ----- b ~ ist, wahrend b : 0 auf a : - - c ~ ftihrt.
5. Jede Summe yon beliebig vielen Quadraten aus K ist selbst Quadrat.
Fiir zwei Quadrate folgt namlich aus 4. a 12 ~_ a22 : 4- b t. Ffir
b : 0 ist alles bewiesen. Fiir b ~: 0 aDer zeigt + = 4- 1,
daft wegen 3. das @ Zeichen gelten mull Nun ftihrt die vollstandige Induktion unmittelbar zum gewiinschten allgemeinen Resultat.
6. In K ist - - 1 tiberhaupt nicht Summe yon beliebig vielen Quadraten. Nach 5. ware sonst namlich - - 1 selbst Quadrat, so daft i in K lage.
7. Ist K* ein in bezug auf R endlicher UnterkOrper yon K , so ist mindestens einer der zu K* konjugierten Kr reell. Denn andern- falls ware K * total imaginar und - -1 in K* total positiv. Entgegen zu 6. liege sich dann - - 1 in K*, also auch in K als Summe yon Quadraten darstellen~).
8. Nun ist die Menge allerZahlen aus K abzahlbar, etwa a~, as , a s . . . .
Setzt man K~ = R(a~); K s --~ K~ (a , ) . . . , K , , = K , , - ~ (a,,) . . . , so erhitlt man eine Folge fibereinandergetiimter endlicher K6rper K~, K s . . - , deren Vereinigungsmenge unser Ktirper K ist.
Nach 7. gibt es zu jedem dieser KSrper K~ mindestens einen reenen Konjugierten K,~. Der KOrper K,, ist dann isomorph mit K g, und zwar wird der Isomorphismus vermittelt verm~ge einer gewissen Zuordnung ~ ,
') Vgl. etwa E. LANDAU, ~ber die Zerlegung total positiver Zahlen in Quadrate. G~)ttinger Nachrichten 1919 uad C. SZ~OEL, Darstellung total positiver Zahlen dutch Quadrate, Mathematische Zeitschrift Bd. 11.
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die K,, auf K,~ abbildet. In der Wahl von K" und von a,, bestehen m0glicherweise noch Freiheiten. Da a,, aber zur Galois'schen Gruppe yon Permutationen des K0rpers K . geh0rt, gibt es bei festem ~, nur endlich viele M0glichkeiten fiir ~ und K'.
Wir geben nun folgende rekurrente Vorschrift: Der zu K1 reell konjugierte K0rper K~ und der zugeh0rige Iso-
morphismus a~ werde irgendwie gew~thlt.
Sind nun a~, a~, . . . a~_~ bestimmt, so wi~hle man bei K~ den Iso- morphismus a~ und den K(Irper K,~ nach M0glichkeit als Fortsetzung yon ~_~; d. h. ~ soll auf den in K~ liegenden Unterk(ilper K~_~ die Wirkung von a~-i haben. Erst wenn dies bei reellem K,', unmr ist, w~thle man K~ irgendwie unter den reellen Konjugierten yon K,,
und dazu irgendeine isomorphe Abbildung a~ yon K~ auf K,',. Man ~tndere aber jetzt die gauze Reihe der vorangegangenen K0rper K~, K~',... K'_~ und Isomorphismen as, o~, . . . a~_~ ab, indem man jetzt unter K~ das durch o'~ vermittelte Bild yon Ki und unter ~i die durch a,, bewirkte Abbildung yon K~ auf K" versteht. Die neuen Isomorphismen (r~, (r~, . . . (~_~, a~ sind dann nach Konstruktion Fortsetzungen von- einander.
Betrachten wir nun bei festem r den K0rper K~ und die zugeh0- rige Abbildung a~ auf den reellen K0rper K~'. Es hat zuni~chst den Anschein, als wtirde ~ bei jedem neuen Schritt geandert. Dies ist aber nicht der Fall, es bleibt vielmehr a~ schliei~lich fest. Denn wird bei einem gewissen Schritt a~ gei~ndert, so kann bei keinem spi~teren Schritt die urspriingliche Zuordnung wieder erreieht werden. Eine Rtickkehr zum ursprfinglichen Isomorphismus wiirde ni~mlich eine M0glichkeit bedeuten, ihn schon bei jenem ersten Schritt beizubehalten entgegea unserer Vorschrift. Da nun bei festem r fiir a,. fiberhaupt nur endlich viele M0glichkeiten bestehen, so muff also a~ schlieBlich einmal lest bleiben.
Wir erhalten so schlielilich eine Folge K[ K~ . . . von tibereinander- getiirmten reellen K0rpern, die verm0ge der Zuordnungen a~, (r~, . . . der Folge K~, K~, ... zugeordnet sind. Dabei hat a~ in K~-I die gleiche Wirkung wie a~_~.
Ist nun K ' die Vereinigungsmenge der Folge K~, K~ . . . , so ist K' ein reeller K0rper, auf den der K0rper K verm0ge einer Zuordnung isomorph abgebildet ist. Dabei bedeutet a(a) ~--- a~(a), wenn die Zahl a in K~ liegt. DaB a einen Isomorphismus zwischen K uad K' vermittelt, ist unmittelbar zu sehen.
Sind nun a und b Zahlen aus K, so setze man a (a q- i b) ~ a (a) -4- i a (b). Man rechnet nun leicht nach, dal~ ffir zwei Zahlen a und B aus ~ ~ K(~) gilt: a(a -b B) ~ ~(a) + (r(B) und a(aB) ---- a(a) ~(B). hus a ---- a + ib
Kennzeichnung des KS rpers der reellen algebraischen Zahlen. 323
und a(a) ~-- a(a)-4-ia(b) --=- 0 muff a = 0 folgen, da a(a) und a(b) reell sind, also a ( a ) = 0 und a ( b ) ~ 0 sein muff. Somit folgt aus r - - ~(B), daft a ~ ~ ist.
Die so erweiterte Abbildung a ist also eine isomorphe Zuordnung zwischen den K0rpern P. ~- -K( i ) und K'(i). Da ~ algebraisch ab- geschlossen ist, ist sein isomorphes Bild K'(i) ein Unterktirper. Bei algebraischen Zahlk~rpern besagt aber dieser Sachverhalt, daft ~ = K ' (i) ist. a ist also sogar ein Automorphismus yon P..
Da nun K' reeU und K'(i) ~-P. ist, besteht K ' aus allen reell algebraischen Zahlen, und es ist K ' ~ P. Wit haben also einen Auto- morphismus a yon ~ gefunden, (wie man iiberdies leicht sieht, gibt es im wesentlichen nur diesen einen) der K in P iiberfiihrt, womit unser Satz in allen Teilen bewiesen ist.
Man fiberlegt sieh nun leicht, welche Aussage fiber die Auto- morphismen von $~ unser Satz nach sich zieht, da die Galois'sche Theorie ffir die vorliegenden einfachen Fitlle giiltig bleibt. Man fmdet so:
SATZ. Jede endliche UntergruF2e der Grutrpe qfi aller Automor- phismen des K~rpers aller algebraischen Zahlen hat die Ordnung 2. Die Elemente der Ordnunq 2 bilden in (~ eine Klasse konjugierter Elemente. Ein ETement �9 dieser Klasse ist nt~r mit den Elementen 1 und �9 ver- tauschbar.
H a m b u r g , Mathematisches Seminar, Juni 1924.