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JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich www.jku.at DVR 0093696 Eingereicht von Stefanie Hennerbichler BEd. Angefertigt am Institut für Didaktik der Mathematik Beurteiler / Beurteilerin A. Univ. Prof. Univ. Doz. Dr. Jürgen Maaß Monat Jahr Juni 2017 Empirische Untersuchung des offenen Mathematikunterrichts Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magistra der Naturwissenschaften im Diplomstudium Lehramt Mathematik und Chemie

Jürgen Maaß Untersuchung des offenen Mathematikunterrichts

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JOHANNES KEPLER

UNIVERSITÄT LINZ

Altenberger Straße 69

4040 Linz, Österreich

www.jku.at

DVR 0093696

Eingereicht von

Stefanie Hennerbichler BEd.

Angefertigt am

Institut für Didaktik der

Mathematik

Beurteiler / Beurteilerin

A. Univ. Prof. Univ. Doz. Dr.

Jürgen Maaß

Monat Jahr

Juni 2017

Empirische

Untersuchung des

offenen

Mathematikunterrichts

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Magistra der Naturwissenschaften

im Diplomstudium

Lehramt Mathematik und Chemie

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 2/150

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde

Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich

oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Ort, Datum

Unterschrift

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 3/150

1. Vorwort und Danksagung

Die Entscheidung, diese Arbeit über offene Unterrichtsformen zu schreiben, fiel mir sehr leicht, da

ich mich schon seit längerer Zeit mit diesem Thema beschäftige. Bereits in meiner Bachelorarbeit

„Einsatz neuer Methoden in Geographie und Wirtschaftskunde“ habe ich mich mit neuen bzw.

offenen Lernformen auseinander gesetzt. Nun wollte ich nähere Untersuchungen im

Unterrichtsgegenstand Mathematik durchführen und widmete meine Diplomarbeit diesem

ausgewählten Thema.

Im Rahmen der Arbeit erfolgen Befragungen zum Thema des offenen Unterrichts der Mathematik,

wobei Aspekte wie der organisatorische Aufwand, die Kompetenzorientierung, das Ansprechen

der unterschiedlichen Lerntypen, wie auch die Auswirkungen auf die Zukunft beinhaltet sind. Die

daraus erworbenen Erkenntnisse und Erfahrungen haben mich in meiner individuellen Bildung um

Vieles bereichert.

Um diese Arbeit verfassen zu können, waren außenstehende Personen von großer Bedeutung.

Zuerst bedanke ich mich bei meinem Betreuungslehrer A. Univ. Prof. Univ. Doz. Dr. Jürgen Maaß,

welcher mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Des Weiteren bei den Lehrpersonen aus den

unterschiedlichen Schultypen, welche mir ehrlich die ausgewählten Fragen zum Thema

beantworteten und aus eigenen Erfahrungen berichteten. Einen besonderen Dank gelte auch

meiner Familie, welche mir zu jeder Zeit den Rücken stärkte.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 4/150

2. Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort und Danksagung ..................................................................................................... 3

2. Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................. 4

3. Einleitung .............................................................................................................................. 6

4. Kompetenzorientierter Unterricht - das neue Konzept im Mathematikunterricht .................... 8

4.1. Kompetenzen und Ziele im Mathematikunterricht .......................................................... 9

4.1.1. Kompetenzmodell Mathematik 8. Schulstufe ...................................................... 9

4.1.2. Ziele des Mathematikunterrichts ....................................................................... 11

4.2. Überfachliche Kompetenzen ........................................................................................ 13

5. Merkmale von effektiven Unterricht ..................................................................................... 18

6. Offener Unterricht als neues Unterrichtskonzept ................................................................. 21

6.1. Entwicklung des offenen Unterrichts ............................................................................ 21

6.2. Ziele des offenen Unterrichts ....................................................................................... 22

6.3. Bereiche der Öffnungen .............................................................................................. 24

6.4. Was bei offenen Unterrichtsformen zu beachten ist ..................................................... 26

6.5. Methoden des offenen Unterrichts ............................................................................... 28

6.5.1. Wochenplan: .................................................................................................... 28

6.5.2. Stationenlernen: ............................................................................................... 30

6.5.3. Projektunterricht: .............................................................................................. 32

6.5.4. Freiarbeit: ......................................................................................................... 35

6.6. Die neue Lehrer/innen- Rolle in offenen Unterrichtsformen ......................................... 37

7. Empirischer Teil .................................................................................................................. 39

7.1. Theoretischer Hintergrund der qualitativen, empirischen Erhebung –

Experteninterview ........................................................................................................ 39

7.2. Gliederung des Interviews ........................................................................................... 40

Allgemeines und Erfahrungswerte: .............................................................................. 40

Organisatorisches:....................................................................................................... 40

Heterogenität in der Gruppe: ....................................................................................... 41

Kompetenzorientiertheit, Motivation, Merkfähigkeit und Schüler/innen Verhalten: ....... 42

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 5/150

Zukunftsperspektiven: ................................................................................................. 43

Ausbildung: ................................................................................................................. 43

7.3. Beschreibung der Befragung ....................................................................................... 44

7.3.1. Steckbrief über die befragten Lehrpersonen: .................................................... 45

7.1. Darstellung der Interviews ........................................................................................... 47

7.1.1. Allgemeines und Erfahrungswerte .................................................................... 47

7.1.2. Organisatorisches ............................................................................................. 75

7.1.3. Heterogenität in der Gruppe ............................................................................. 90

7.1.4. Kompetenzorientiertheit, Motivation, Merkfähigkeit und Schüler/innen-

Verhalten ........................................................................................................ 108

7.1.5. Zukunftsperspektiven ..................................................................................... 126

7.1.6. Ausbildung...................................................................................................... 132

8. Zusammenfassung ........................................................................................................... 140

9. Conclusio .......................................................................................................................... 144

10. Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 145

11. Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................... 149

12. Tabellenverzeichnis .......................................................................................................... 149

13. Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................... 150

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 6/150

3. Einleitung

Durch laufende Reformierungsansätze in den Schulen treten ständige Veränderungen im

Unterricht auf. Das Lernen bezieht sich heutzutage nicht rein auf den Wissenserwerb, sondern

auf das Ausbilden von unterschiedlichen fachlichen, wie auch überfachlichen Kompetenzen. Die

Schüler/innen sollen sich in der Schule eine Reihe von Fähigkeiten und Fertigkeiten aneignen

können, um für das spätere Leben gerüstet zu sein.

Um die Schülerinnen/Schülern im jeweiligen Lernprozess optimal zu unterstützen, bedarf es

möglicherweise einer Umstrukturierung des Unterrichts.

Aus diesem Grund erfolgt eine Befragung von Lehrpersonen, um herauszufinden, ob offene

Lernformen den hohen Ansprüchen unserer Gesellschaft gerecht werden oder ob geschlossene

Unterrichtsformen diese weitreichenden Anforderungen besser erfüllen.

Nicht nur Befragungen durch PISA haben die Umstrukturierung des Unterrichts und die

Einführung des Kompetenzbegriffs vorangetrieben. Es gab schon lange zuvor Ansätze, die

bisherigen Lehr- und Lernmethoden anzupassen und das eigenstände Denken und Handeln im

Unterricht zu fördern.

Diese Ansätze reichen bereits auf Konfuzius (~500 v. Chr.) zurück, von welchem folgende

Aussage populär ist:

„Sage es mir – Ich werde es vergessen!

Erkläre es mir – Ich werde mich erinnern!

Lass es mich selber tun – Ich werde verstehen!“

Diese alte, berühmte Formulierung beschreibt noch immer die wichtigsten Hintergründe des

Denkens und der Gehirnforschung, welche mit folgende Fakten aufzeigt:

Tabelle 1: Aufnahmen von Lerninformationen (vgl. Witzenbacher,1985 zit. n. Gudjons, 2003, S. 108)

Wahrnehmung Vergessen in % Behalten in %

Hören 80 % 20 %

Sehen 70% 30 %

Selbst

formulieren 20 % 80 %

Selbst handeln 10 % 90 %

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 7/150

Behält man diese Aussagen im Hinterkopf und blickt in den Mathematikunterricht, sollte dieser

entsprechend den Erkenntnissen aufgebaut werden, sodass das selbstständige Tun im

Vordergrund des Lernens steht. In der verfassten Arbeit sollen genau diese Aspekte des

Mathematikunterrichts untersucht werden, um einen Überblick zu erhalten, wie gut offene

Lernformen die erwähnten Ansätze der Hirnforschung beachten und wie die Umsetzung in den

Schulen tatsächlich erfolgt.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 8/150

4. Kompetenzorientierter Unterricht - das neue Konzept im

Mathematikunterricht

Nach Weinert (2001 zit. n. BIFIE, 2011-2017) sind Kompetenzen „die bei Individuen verfügbaren

oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu

lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten,

um die Problemlösung in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu

können.“

Der Begriff „Kompetenz“ wird in den internationalen Vergleichsstudien PISA und PIRLS,

verwendet. Ihr Ziel ist es die fachlichen und überfachlichen Kompetenzen der Schüler/innen zu

messen. Aus diesem Grund ist die vielfältige Entwicklung dieser Qualifikationen eine wichtige

pädagogische Aufgabe der Lehrer/innen.

Dabei ist zu beachten, dass der Begriff Kompetenz nicht nur Wissen, Kenntnisse und Inhalte

umfasst, sondern auch die Fähigkeiten des Analysierens, Verstehens, Problemlösens und

Anwendens inkludiert. Kompetenzen sind somit als der >>Schlüssel<< zum Wissen zu vermerken,

also die Fähigkeit sich Details und Informationen selbstständig anzueignen (vgl. Böttcher, Lindart,

2009 S. 12-13, Hennerbichler, 2014, S. 8).

„Kompetenzen sind das Ergebnis von Lernprozessen. Sie sind kontextunabhängig ausgeprägt,

da sie in der Auseinandersetzung mit der Umwelt erworben werden und ermöglichen damit die

Bewältigung unterschiedlicher Aufgaben und Lebenssituationen. Kompetenzen umfassen Wissen

und kognitive Fähigkeiten, das Vermögen der Selbstregulation sowie sozial-kommunikative und

motivationale Elemente. Dieses von Weinert geprägte Kompetenz-Konzept findet sich sowohl in

der pädagogisch-praktischen, erziehungswissenschaftlichen und pädagogisch-psychologischen

Diskussion, als auch in der empirischen Forschung.“ (BIFIE, 2011-2017)

In den österreichischen Bildungsstandards werden allgemeine Kompetenzen, wie die soziale

Kompetenz, als auch fachspezifische Kompetenzen, welche die grundlegenden Kompetenzen

eines Unterrichtsgegenstandes abdecken. Sie werden benötigt, um neue Kompetenzen

aufzubauen. Mit Hilfe der erworbenen Kompetenzen wird es den Schüler/innen ermöglicht das

Wissen und die Fähigkeiten in verschiedenen Situationen anzuwenden. Sie lernen das

vorhandene Wissen zu adaptieren, um die gesetzten Ziele zu erreichen (vgl. BIFIE, 2011-2017).

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4.1. Kompetenzen und Ziele im Mathematikunterricht

In den Bildungsstandards werden die fachspezifischen Grundlagen eines

Unterrichtsgegenstandes festgehalten. Sie werden aus dem Lehrplan abgeleitet, wobei abstrakte

Beschreibungen der Leistungsziele in konkrete Sachverhalte umgewandelt werden.

Im Mathematikunterricht gibt es zwei Kompetenzmodelle, die abhängig von der Schulstufe bzw.

vom Leistungsstand der Schüler/innen als Grundlage zur Messung der Kompetenzen dienen.

4.1.1. Kompetenzmodell Mathematik 8. Schulstufe

Abbildung 1:Kompetenzmodell in Mathematik 8. Schulstufe (BIFIE, 2011-2017)

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Tabelle 2: Kompetenzen in Mathematik 8. Schulstufe (BIFIE, 2011-2017)

mathematischer Inhalt mathematische

Handlung Komplexität

I1: Zahlen und Maße H1: Darstellen,

Modellbilden

K1: Einsetzen von Grundkenntnissen und

-fertigkeiten

I2: Variable, funktionale

Abhängigkeiten

H2: Rechnen,

Operieren K2: Herstellen von Verbindungen

I3: Geometrische Figuren und

Körper H3: Interpretieren

K3: Einsetzen von Reflexionswissen,

Reflektieren

I4: Statistische Darstellung und

Kenngrößen

H4: Argumentieren,

Begründen

Wie aus dem Kompetenzmodell der 8. Schulstufe ersichtlich ist, soll der Mathematikunterricht

noch stärker die Förderung der Fähig- und Fertigkeiten, zur Bewältigung von lebensnahen

Situationen anstreben, als es beim Kompetenzmodell der 4. Klasse der Fall ist. Es werden alle

mathematischen Handlungsdimensionen H1-H4 als gleichwertig angesehen. Die inhaltliche

Dimension wird von den vier Bereichen der Mathematik, Zahlen und Maße; Variable, funktionale

Abhängigkeiten; Geometrische Figuren und Körper sowie Statistische Darstellung und

Kenngrößen gebildet. Im Kompetenzmodell wird zwischen drei mathematischer

Komplexitätsstufen unterschieden. Je nach Aufgabe ist es möglich, dass unterschiedliche

Handlungsdimensionen, sowie Inhaltsdimensionen verknüpft werden, um eine Aufgabe lösen zu

können. In Abhängigkeit der Zusammenhänge zwischen den Dimensionen, bzw. der Anzahl der

unterschiedlichen Dimensionen, welche benötigt werden um eine Aufgabenstellung zu lösen,

erfolgt die Einteilung in unterschiedliche Komplexitätsstufen. Sind Ergebnisse direkt aus den

Angaben zu entnehmen oder müssen nur Grundfähigkeiten verwendet werden, spricht man vom

Komplexitätsgrad 1.

Das mathematische Kompetenzmodell der 8. Schulstufe ergibt sich im Allgemeinen immer aus

dem Zusammenhang zwischen Handlungs-, Inhalts- und Komplexitätsbereich. Somit umfasst das

Modell in Summe 48 mathematische Kompetenzen (vgl. BIFIE, 2011-2017).

Das kompetenzorientierte System, welches bereits ab der Grundschule etabliert ist, sollte bis zur

abschließenden Matura einheitlich umgesetzt werden.

Bei der zentralen Reifeprüfung werden die erworbenen Kompetenzen in zwei unterschiedlichen

Bereichen abgeprüft. Dabei besteht der erste Teil der Mathematik-Matura aus den allgemeinen

grundlegenden Kompetenzen der Mathematik und der zweite Bereich aus komplexeren Aufgaben,

welche vernetztes Denken abprüfen (vgl. Bundesministerium für Bildung , kein Datum).

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Da diese Kompetenzen die Grundlage des heutigen Schulsystems bilden, ist es von hoher

Bedeutung, dass die Lehrpersonen ein Lernumfeld schaffen, um den Erwerb dieser Kompetenzen

zu fördern. Wie gut die Erreichung der unterschiedlichen Kompetenzen mit den, von den

Lehrpersonen eingesetzten, zum Teil offenen Lernformen erfolgt, ist aus den Interviews des

empirischen Teils zu entnehmen.

4.1.2. Ziele des Mathematikunterrichts

Die Ziele des Mathematikunterrichts liegen nicht nur in der Entwicklung der verschiedenen

Handlungsebenen der mathematischen Kompetenzen, sondern auch in der Aneignung der

überfachlichen Kompetenzen und der Allgemeinbildung.

Welche Ziele nun tatsächlich im Mathematikunterricht erworben werden sollen, wird durch den

staatlich festgelegten Rahmenlehrplan definiert. Wie intensiv schließlich die einzelnen Themen im

Unterricht behandelt werden, liegt im Interesse der jeweiligen Lehrkraft.

Nach Leuders lassen sich die Ziele des Mathematikunterrichts „aus der Struktur des Faches

ableiten. Sie entstehen durch Forderungen, die von außen, d.h. von der Gesellschaft

(beispielsweise in Form eines Bildungs- oder Qualifikationsauftrags) an das Fach herangetragen

werden.“ (Leuders, 2005, S. 37)

Sie sollten mit den allgemeinen Zielen des Unterrichts einhergehen, die nach Zech in der Regel

vom Schultyp abhängig sind. Je nach Schwerpunkt einer Schule werden die Ziele individuell

gesteckt (vgl. Zech, 2002, S. 51).

Aus Sicht der Schüler/innen wirkt das Fach Mathematik oft realitätsfern und nur für die Schule von

Bedeutung (vgl. Leuders, 2005, S. 38, 39).

Daher sollte ein Ziel des Mathematikunterrichts sein, dass die Schüler/innen einen Realitätsbezug

erkennen und das erworbene Wissen im späteren Leben umsetzen können.

Aufgrund der technischen Veränderungen, beziehungsweise der Technisierung in der heutigen

Welt, könnten sich auch Veränderungen im Unterrichtsstil der Mathematik ergeben.

Die Fachwissenschaft soll Einblicke in die grundlegenden Strukturen dieser Techniken bieten.

(vgl. Leuders, 2005, S. 43).

Die technischen Geräte können unterstützend wirken, um mathematische Herausforderungen zu

verstehen. Dadurch werden die Ansprüche an die Schüler/innen weg vom Operieren und

Rechnen, hin zum Verstehen der Aufgaben und Anwenden von vernetzen Denken verschoben.

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Es sollen mit Hilfe des Mathematikunterrichts die Wissenschaftsorientierung vermittelt werden.

Darunter wird die fachwissenschaftliche Aufarbeitung von mathematischen Thematiken im

Rahmen des Mathematikunterrichts verstanden. Dazu zählen ebenso Beweisführungen oder

Berechnungen aus der Wirtschaft (vgl. Leuders, 2005, S. 43).

Besonders in der universitären Weiterbildung erleichtert das Vorhandensein dieser Kompetenzen

das Studienleben enorm.

Natürlich soll auch der Erwerb von Schlüsselkompetenzen und überfachlichen Kompetenzen als

Ziel des Mathematikunterrichts gesehen werden. Eine Aneignung dieser sehr unterschiedlichen

Fähigkeiten, sollte als überfachliches Ziel gesehen werden.

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4.2. Überfachliche Kompetenzen

Es gibt bisher keine eindeutige Definition der überfachlichen Kompetenzen, sie können jedoch

durch die Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte nach (vgl. Dämon, Eder, Hofmann, 2012;

Klieme, Artelt, Stanat 2001; Grob, Maag Merki, 2000 zit. nach Eder & Hofmann, 2012) wie folgt

dargestellt werden:

Überfachliche Kompetenzen sind Bildungsziele, die über die inhaltliche Struktur einzelner

Schulfächer hinausreichen. Für den Erwerb dieser Kompetenzen bedarf es einer Beteiligung

von mehreren oder allen (Schul-)Fächern bzw. Unterricht und Schule als Ganzes.

Sie beinhalten zu den kognitiv-fachlichen auch motivationale, volitionale oder soziale

Komponenten und heben sich dadurch von reinem Fachwissen ab.

Die erworbenen Kompetenzen beschränken sich nicht auf die Schule, sondern weisen

grundsätzlich einen expliziten Bezug zu außerschulischen „Lebenssituationen“ auf.

Sie betreffen häufig entweder bedeutsame individuelle (z. B. Gesundheitskompetenz,

Lernkompetenz, Selbstkompetenz) oder gesellschaftsbezogene Aufgaben und Probleme (z.

B. Umweltkompetenz, Verkehrskompetenz) und werden wegen dieser Wichtigkeit wie auch

die anderen Kompetenzen normativ festgelegt.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 14/150

Nach (Eder & Hofmann, 2012) werden die überfachlichen Kompetenzen in folgende Bereiche

gegliedert:

Abbildung 2: Unterteilung der überfachlichen Kompetenzen (Eder & Hofmann, 2012)

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 15/150

Die nähere Ausführung der Kompetenzen erfolgt in Anlehnung an Maag und Merki (2015, S. 5 ff.)

Sozial-integrative Kompetenzen:

Dialog- und Kooperationsfähigkeit: Diese Kompetenz beschreibt die Fähigkeit sich mit

anderen Menschen auszutauchen und über unterschiedliche Sachverhalte diskutieren zu

können. Durch den Einsatz verschiedener Sozialformen sollen Kompetenzen hinsichtlich

der Koopterationsfähigkeit erzielt werden.

Konfliktfähigkeit: Mögliche Konflikte können angeführt, nach Lösungsvorschlägen gesucht

und schließlich bewältigt werden.

Umgang mit Vielfalt: Die Vielfalt wird als persönliche, wie gesellschaftliche Bereicherung

angesehen. Es ist die Aufgabe jedes Schüler/ jeder Schüler/in auch zur

Gleichberechtigung beizutragen.

Selbstbezogene Kompetenzen:

Selbstreflexion: Die Schüler/innen sollen über die eigenen Ressourcen, Fähig- und

Fertigkeiten Bescheid wissen. Die eigene Ressourcen kennen und nutzen.

Selbstständigkeit: Durch diese Kompetenz soll der Schulalltag und die Lernprozesse

zunehmend selststänig bewältigt werden. Zudem sollen die Schüler/innen die nötige

Ausdauer aufweisen, um auch komplexe und umfangreiche Aufgaben zu lösen.

Eigenständigkeit: Die Schüler/innen sollen eigene Ziele und Werte verfolgen und diese

wiederkehrend reflektieren.

Methodische Kompetenzen:

Sprachfähigkeit: Die Schüler/innen sollen ein breites Repertoire sprachlicher

Ausdrucksformen entwicklen.

Informationen nutzen: Sie sollen Kompetenzen zur Informationsbeschaffung, -analyse, -

bewertung, -aufbereitung und – präsentation erwerben.

Aufgaben/Probleme lösen: Durch unterschiedliche Strategien können Arbeitsprozesse

geplant, durchgeführt und der Lernprozess reflektiert werden. Durch abschließende

Reflexionen sollen die durchlaufenden Lernprozesse bewertet werden.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 16/150

Die folgenden Kompetenzen wurden nach (Maag Merki, 2015) nicht näher erläutert, was diese

jedoch nicht minderwertiger erscheinen lassen soll.

Ökologische Kompetenzen:

Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen: Die Schüler/innen sollen den bewussten Umgang

mit den natürlichen Ressourcen lernen.

Umweltbildung: Sie sollen ein gewissen Umweltverständnis aufweisen. Durch das

Bewusstwerden, dass es nur eine gemeinsame Erde gibt, die geschützt werden muss, soll

ein entsprechendes Verhalten der Schüler/innen erzielt werden. (Mülltrennung,

Fahrzeugnutzung,…)

Verkehrserziehung: Mit Hilfe der Verkehrserziehung lernen die Schüler/innen den Umgang

im Straßenverkehr, die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und den umweltlichen

Aspekt , welcher durch Kraftfahrzeuge beeinflusst wird.

Gesellschaftsbezogene Kompetenzen:

Demokratische Kompetenz: Die Schüler/innen sollen ein demokratisches Verhalten in

jeglicher Situation aufbringen. Dazu zählen Werte wie Toleranz, friedliches

Zusammenleben, Emanzipation, Parizipation, Solidarität und Bereitschaft zur

Verantwortungsübernahme.

Kulturelle Kompetenz: Die Schüler/innen sollen die nötige Akzeptanz anderen Kulturen

gegenüber aufweisen und ihnen respektvoll und wertschätzend entgegentreten.

Unternehmerische Kompetenz – Berufswahlkompetenz: Die Schüler/innen sind dazu

angehalten sich über ihre berufliche Zukunft Gedanken zu machen.

Im späteren Leben sollen sie sich in ihrem Job einbringen und sich den Herausforderungen

des Berufes stellen.

Im Curriculum ist genau dieser Erziehungsauftrag der überfachlichen Kompetenzen verankert. Als

Erweiterung der Sachkompetenzen sollen Lernumgebungen zum Erwerb der Sozial- und

Selbstkompetenz geschaffen werden (vgl. Bundesministerium für Bildung, 2010, S. 2).

Es soll als die Aufgabe jedes Unterrichtsgegenstandes gesehen werden, den Erwerb dieser

Fähig- und Fertigkeiten zu ermöglichen. Die Lehrperson muss daher den notwendigen Freiraum

gewähren.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 17/150

In der oben angeführten Grafik ist die Vielfalt dieser Kompetenzen ersichtlich. Es scheint wohl

unumstritten, dass jene Schüler/innen, welche bereits im Laufe der Schulzeit persönliche (zB.

Selbstkompetenz), wie gesellschaftsbezogene Kompetenzen (zB. Sozialkompetenz) erwerben

konnten, gut für das spätere Leben gewappnet sind. All jene Schüler/innen, welche Defizite in

diesen Bereichen aufweisen, sollten diese Fertigkeiten aus eigenem Interesse nachholen.

Aus diesem Gedanken heraus, sollte jede Lehrperson die Schüler/innen bestmöglich auf die

Zukunft vorzubereiten und den Kompetenzerwerb in jeder Planung einer Unterrichtseinheit

fördern. Dies soll nicht allein wegen der rechtlichen Bestimmungen, sondern im Sinne des

Lehrauftrags berücksichtigt werden.

Eine mögliche Herangehensweise wird in den folgenden Kapiteln 6.5.1., 6.5.2., 6.5.3.

beschrieben. Es sei jedoch dahingestellt, ob es sich bei diesen Ansätzen, um die einzige

förderliche Vorgehensweise handelt oder ob geschlossene Lernarrangements die Ziele des

Kompetenzerwerbs ebenfalls gerecht werden.

Doch zunächst soll geklärt werden, welche Indikatoren für einen guten Unterricht

ausschlaggebend sind.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 18/150

5. Merkmale von effektiven Unterricht

Um die Effizienz des offenen Unterrichts bestimmen zu können, sollten vorab Überlegungen

angestellt werden, welche Merkmale guten Unterricht definieren.

Nach Meyer (2004, S. 17) kann guter und effektiver Unterricht an folgenden, empirisch belegten

Punkten gemessen werden.

„Klare Strukturierung der Unterrichts: Prozess-, Ziel und Inhaltsklarheit, Rollenklarheit,

Absprache von Regeln, Ritualen und Freiräumen“

Diese ‚Spielregeln‘ des Unterrichts, werden im Vorfeld definiert und strikt eingehalten. Beim

Verstoß dieser Abmachungen, ist mit unterschiedlichen Sanktionen zu rechnen. Konkret

könnte es sich um Einschränkungen hinsichtlich der Sozialform, der Lernorte, bei häufigeren

Bruch der Regeln, um Elterngespräche handeln.

„Hoher Anteil an echter Lernzeit: durch gutes Zeitmanagement, Pünktlichkeit, Auslagerung

von Organisationskram, Rhythmisierung des Tagesablaufs“

Bei der Methodenauswahl sollte stets auf den Anteil der effektiven Lernzeit geachtet werden.

Besonders aufwändige Lernangebote, wie Stationenbetriebe sollten daher über mehrere

Einheiten (am besten Doppelstunden) verlaufen, damit der zeitliche Aufwand des Erklärens,

einem umfangreichen Pensums an echter Lernzeit gegenübersteht.

Weitere organisatorische Aufwendungen, wie jene des Klassenvorstandes (Besprechen von

Schulveranstaltungen, Information zu unterschiedlichen Themen) sollten nicht Bestandteil

einer Unterrichtseinheit sein. Für diese Organisationen müssten zusätzliche

Koordinationsstunden eingeführt werden.

„Lernförderliches Klima: durch gegenseitigen Respekt, verlässlich eingehaltene Regeln,

Verantwortungsübernahme, Gerechtigkeit und Fürsorge“

Durch gemeinsam erstellte Klassenregeln, soll das Zusammenleben in der Klasse positiv

beeinflusst werden. Dazu zählen nicht nur der gegenseitige Respekt, die Wertschätzung,

Fürsorge und Gerechtigkeit, sondern auch die Akzeptanz anderer Kulturen und Religionen.

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„Inhaltliche Klarheit: durch Verständlichkeit der Aufgabenstellung, Plausibilität des

thematisches Gangs, Klarheit und Verbindlichkeit der Ergebnissicherung“

Die verwendeten Materialien sollten, entweder vorab im Plenum besprochen werden oder

besonders im offenen Unterricht selbstklärend, gut strukturiert und verständlich aufgebaut

sein, damit die Schüler/innen eigenständig die gestellten Aufgaben erfüllen können.

Durch klare, inhaltliche Strukturen kann eine zielführende Erarbeitung erfolgen. Sind die

gestellten Aufgaben jedoch unverständlich, wirken sie erfolgshemmend und schränken den

Lernprozess ein.

Die Schüler/innen müssen selbstständig, um Hilfestellungen oder Erklärungen fragen.

Entweder informieren sie sich bei den Lehrkräften oder es stehen informierende Materialien

zur Verfügung. Die Übertretung dieser Hemmschwelle ist jedoch nicht für jeden Schüler/ jede

Schülerin als Selbstverständlichkeit anzusehen.

Durch eine nachträgliche Erklärung, könnten sich auch manche Schüler/innen im laufenden

Lernprozess gestört fühlen.

Bietet die Lehrperson aus eigener Initiative heraus Hilfestellungen an (‚Wie geht’s?‘, Ist alles

klar?‘, ‚Gibt es Fragen?‘), wird der Lernprozess ebenfalls unterbrochen (vgl. Bohl & Kucharz,

2013, S. 122 ff).

„Sinnstiftendes Kommunizieren: durch Planungsbeteiligung, Gesprächskultur,

Sinnkonferenzen, Lerntagebücher und Schülerfeedback“

Durch Partizipation der Schüler/innen in der Planung des Unterrichtsgeschehens können die

Interessen dieser intensiver in den Lernprozess integriert werden.

Es sollte den Schüler/innen die Möglichkeit gegeben werden, den Unterricht zu bewerten, um

Feedback über die eigene Persönlichkeit als Lehrer/in und den bisher praktizierten Unterricht

zu erhalten.

„Methodenvielfalt: Reichtum an Inszenierungstechniken; Vielfalt der Handlungsmuster;

Variabilität der Verlaufsformen und Ausbalancierung der methodischen Großformen“

Die Methodenvielfalt setzt vorrangig eine umfangreiche Methodenkenntnis der Lehrer/innen

voraus.

Durch die Kombination aus offenen und geschlossenen Unterrichtsmethoden sollen

verschiedene Lerntypen bestmöglich angesprochen und gefördert werden.

Die Methodenvielfalt „erhöht die Lernchancen der Schüler/innen, vor allem wenn man von

einem erweiterten Lernbegriff [fachliche und überfachliche Kompetenzen] ausgeht, zu dem

neben inhaltlich-fachlichem Lernen methodisch-strategisches, sozial-kommunikatives und

affektives Lernen hinzukommen.“ (Huber & Hader-Popp, 2009, S. 2)

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„Individuelles Fördern: durch Freiräume, Geduld und Zeit; durch innere Differenzierung und

Integration; durch individuelle Lernstandsanalysen und abgestimmte Förderpläne; besondere

Förderungen von Schülern aus Risikogruppen“

Durch eine individuelle Förderung soll jede/r die optimale Unterstützung und Forderung

erhalten, um umfangreich Fertigkeiten zu erlangen und die gesetzten Ziele zu erreichen oder

gar zu übertreffen. Um diese entsprechende Förderung zu erzielen, sind unterschiedliche

Ansätze der Differenzierung notwendig.

„Differenzierung bedeutet die Unterscheidung, Verfeinerung, Abstufung und Aufteilung der

Lerninhalte, denn Lernen ist ein ebenso komplexer wie subjektiver Vorgang. Unterschiedliche

Begabungen und soziale Einbettungen und ihre damit verbundenen spezifischen

Lernbedürfnisse erfordern differenzierte Unterrichtsverfahren.“ (Paradies & Linser, 2001, S. 9)

„Intelligentes Üben: durch Bewusstmachen von Lernstrategien, passgenaue

Übungsaufträge, gezielte Hilfestellungen und ‚überfreundliche‘ Rahmenbedingungen“

Durch den Erwerb der Kenntnisse über den jeweiligen Lerntyp (Kapitel 6.2) können

entsprechende Lernstrategien für die Wissensaufnahme angewendet werden.

Beim intelligenten Üben macht nach Wellenreuther (2013, S. 95 ff) nicht immer Übung den

Meister, sondern die Auswahl der Übungen und die Einstellungen zum Lernstoff.

Um sich auf ein bestimmtes Rechenverfahren konzentrieren zu können, muss aus seiner Sicht

der Kopf von anderen unnötigen Belastungen befreit sein.

„Klare Leistungserwartungen: durch ein an den Richtlinien oder Bildungsstandards

orientiertes, dem Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler entsprechendes

Lernangebot und zügige förderorientierte Rückmeldungen zum Lernfortschritt“

„Vorbereitete Umgebung: durch gute Ordnung, funktionale Einrichtung und brauchbares

Lernwerkzeug“

Eine gut organisierte Lernumgebung ist als Grundstein für den Wissenserwerb zu sehen.

Bereits Maria Montessori (1930) sieht dies als wichtigen Bestandteil der Pädagogik.

Durch die Gestaltung dieser Umgebungen sollen differenzierte Ansätze, wie die Förderung

von Hochbegaben und von schwachen Schüler/innen realisierbar sein.

Der Begriff der Lernumgebung definiert nicht nur die örtlichen Gegebenheiten, sondern auch

methodische Ansätze, wie auch Lernwerkzeuge.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 21/150

6. Offener Unterricht als neues Unterrichtskonzept

Nach Wallrabenstein gilt der offene Unterricht als „Sammelbegriff für unterschiedliche

Reformansätze in vielfältigen Formen inhaltlicher, methodischer und organisatorischer Öffnung

mit dem Ziel eines veränderten Umgangs mit dem Kind auf der Grundlage eines veränderten

Lernbegriffes.“ (Wallrabenstein, 1993, S. 54)

Die Umsetzung des Unterrichts bedarf erheblicher Veränderungen, der bisher gewohnten

Unterrichtsansätze. Durch die Schaffung von einem neuen Lernumfeld soll der offene Unterricht

handlungsorientiertes, selbstverantwortliches, problemlösendes und entdeckendes Lernen

fördern (vgl. Reich, 2008).

Um vom offenen Unterricht zu sprechen, wird Offenheit aller Beteiligten, also der Eltern,

Schüler/innen, Lehrer/innen und ihrer Haltung zu den Schüler/innen selbst verlangt (vgl.

Wallrabenstein, 1993, S. 54).

6.1. Entwicklung des offenen Unterrichts

Die Formen des offenen Unterrichts entstammen reformpädagogischen Ansätzen der 1960er

Jahre, in welchen konkurrierende Strömungen den bisherigen Unterricht beeinflussten.

Ein pädagogischer Zugang rückte das Kind ins Zentrum des Unterrichts und man sprach von der

‚Schule der Kinder‘ (vgl. Reich, 2008).

Der autoritäre Unterrichtsstil, welcher auch in den 70er Jahren zum Teil noch vorherrschte und in

welchem der Lehrer/die Lehrerin im Mittelpunkt stand und den Schüler/innen das Wissen

eintrichterte, geriet allmählich außer Mode und neue Konzepte kehrten in den Schulalltag ein.

Aus gesellschaftlichen Veränderungen, neuen pädagogischen und lernpsychologischen

Erkenntnissen resultierte eine Neugestaltung der Schule (vgl. Reich, 2008).

Aus diesen verschiedenen Denkweisen entstanden im Laufe der Zeit Alternativschulen wie

Montessori-, Pestalozzi-, Waldorf- oder Petersenschulen (vgl. Wallrabenstein, 1993, S. 54-55).

Die neue Bewegung der Pädagogik förderte die Heterogenität der Schüler/innen durch

differenzierte Arbeitsanweisungen. Mit Hilfe von handlungsorientierten, offenen und individuellen

Herangehensweisen konnten die vorgegebenen Aufgaben des Curriculums erfüllt werden.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 22/150

Der offene Ansatz gibt Anreize für Meinungsverschiedenheiten, da die Vorstellungen von einen

fachlich, guten Unterricht auseinander gehen. Als Kritik wird die augenscheinlich reine Praxislehre

und die zu kurz geratene Theorie gesehen (vgl. Reich, 2008).

6.2. Ziele des offenen Unterrichts

Hauptziel einer Öffnung des Unterrichts bleibt die permanente Suche nach Eigenständigkeit und

Selbstverantwortung des Schülers/ der Schülerin. Dabei soll ein Schüler/ eine Schülerin lernen

Entscheidungen zu fällen und die Verantwortung über das eigene Handeln und über die daraus

resultierenden Konsequenzen zu übernehmen (vgl. Hastert, 2000).

Natürlich ergeben sich aus der Öffnung noch weitere Ziele, die da wären:

Variationen von Lehr- und Lernmethoden: Einer/einem Lernenden soll eine Palette an

abwechslungsreichen Methoden angeboten werden, um sich individuell entscheiden zu

können auf welche Art und Weise das Wissen und die Kompetenzen erworben werden (vgl.

Aregger, 2008, S. 12-13).

Eine Abbildung des Lerngegenstands im Lernenden wird als keine zielführende Methode

erachtet. Der Gegenstand muss aktiv vom Lernenden konstruiert und neu im Sinne des

Konstruktivismus geschaffen werden, (vgl. Bohl & Kucharz, 2013, S. 30).

Um den unterschiedlichen Lerntypen gerecht zu werden, soll eine Variation an Zugängen

durch die Lehrperson eingeplant und realisiert werden. Das heißt die verwendeten Zugänge

sollen so gestaltet sein, um folgende Lerntypen auf die angeführte Weise anzuregen:

„Optischer/visueller Lerntyp: Die Präsentation des Lernstoffes auf Mindmaps, Fotos,

Tabellen und Zeichnungen unterstützen den Lernprozess

Auditiver Lerntyp: Die Lerner/innen können Gehörtes leicht aufnehmen, behalten und

wiedergeben.

Haptischer Lerntyp: Aktion, Bewegung und Handlung im Lernprozess fördern das Lernen.

Kommunikativer Lerntyp: Der Austausch mit anderen Lernern/Lernerinnen wirkt

besonders einprägend.“ (Delaud, Demmer, Marcos, Vicinanza-Ott, & Faragó, 2012, S. 20)

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Zeit und Raum für die Abwicklung von individuell ausgewählten Lerninhalten. Die innere

Differenzierung ermöglicht individuellen Unterricht. (vgl. Hastert, 2000).

Die Schüler/innen werden je nach Entwicklung am aktuellen Lernstand abgeholt, was zu einer

Reduktion der Unter- und Überforderung führen kann.

Bei der inneren Differenzierung erfolgt eine zeitlich befristete oder andauernde Aufteilung des

Lernverbandes in Arbeitsgruppen. Es erfolgen laufend unterstützende

Integrationsmaßnahmen, um keine Separation der Lernenden zu produzieren (vgl. Meyer,

2004, S. 101, 102).

Schaffen von Problembewusstsein und Entwicklung von Lösungsstrategien: Hierzu zählt das

Schulen des vernetzten Denkens und Handelns. Probleme müssen analysiert und bewertet

werden, um die Zusammenhänge zu erkennen und problemorientiert zu arbeiten (vgl. Hastert,

2000).

Förderung der Neugierde und Motivation am Entdecken von Neuem und am Lösen und

Abschließen von selbst gewählten Aufgaben (vgl. Hastert, 2000).

Lernen soll als interagieren im sozialen Umfeld gelten. Die Öffnung des Unterrichts legt Wert

auf das Zusammenleben in der Lerngemeinschaft. Es müssen dazu Regeln vereinbart

werden, um das zwischenmenschliche Zusammenleben zu erleichtern. Es werden dabei noch

Zusatzkompetenzen wie die Sozialkompetenz geschult (vgl. Hastert, 2000).

Wie den eben beschriebenen Zielen des offenen Unterrichts zu entnehmen ist, weisen sie eine

sehr umfangreiche und breite Streuung über die verschiedenen Thematiken des Unterrichts auf.

Um tatsächlich allen gerecht zu werden, müssen in der Planung und Gestaltung der

Unterrichtsmaterialien Prioritäten gesetzt und Kriterien definiert werden.

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6.3. Bereiche der Öffnungen

Gudjons (2001, S. 25 ff.) beschreibt, nach Wagner (1978) die Dimensionen der Öffnung nach

folgenden Kriterien. Dabei achtet er auf eine schülerzentrierte und selbstgesteuerte Erarbeitung

des Unterrichtsstoffes:

Offenheit in der Organisationsform:

Die Schüler/innen haben die Freiheit über den Arbeitszeitpunkt und den Zeitpunkt der Abgabe

verschiedener Aufgaben. Zur Erfüllung dieser Arbeitsaufträge, steht den Lernenden genügend

Zeit zur Verfügung. Somit können sich die Schüler/innen die Lehr- und Lernziele im vorgegebenen

Rahmen freidefinierten. Die Arbeitsform kann in dieser Stufe der Öffnung von den Lernenden frei

gewählt werden.

Offenheit im inhaltlichen Bereich:

In diesem Bereich werden bestimmte Verpflichtungen und Regelungen gemeinsam definiert. Im

Rahmen dieser Abmachungen können die Schüler/innen die Sozialform und den Arbeitsplan frei

wählen. Es können individuell, je nach Lerntyp spezifische Inhalte aus eigenem Interesse erlernt

werden.

Offenheit im kognitiven Bereich:

Wissen kann durch entdeckendes Lernen erworben werden. Es wird nicht nur die kognitive Ebene,

sondern auch die Kreativität gefordert und gefördert. Je nach Inhalt können die Themen auch

fächerübergreifend bearbeitet werden.

Offenheit im sozioemotionalen Bereich:

Es herrscht ein demokratischer Umgang zwischen Schüler/innen und Lehrpersonen. Gefühle, wie

Angst werden abgebaut, die Schüler/innen erhalten ein Mehr an Rechten. Es werden zusätzlich

die sozialen, wie auch die emotionalen Bedürfnisse der Schüler/innen berücksichtigt. Konflikte

werden im Rahmen des Unterrichts angesprochen und geklärt.

Offenheit gegenüber der Welt außerhalb der Schule:

Es werden Überlegungen angestellt, wie unterschiedliche Lerngegenstände in den Unterricht

integriert werden können. Eine Bereicherung des Unterrichts erfolgt durch die Umwelt,

möglicherweise auch durch die soziale Herkunft der Schüler/innen. Die Eltern, Umwelt und

Gemeinde werden in das Unterrichtsgeschehen miteinbezogen. Es erfolgen Vorträge von

Experten oder Exkursionen zu unterschiedlichen Lernorten (Betriebe, Kraftwerke, Lernorte in der

Natur).

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Peschel (2011) kategorisiert die Öffnungsgrade sehr strikt in einem Stufenmodell. Wobei aus

seiner Sicht Freiheiten in der Differenzierung, Zeit, Sozialform und Ort der Stufe 0 (Vorstufe der

Öffnung) angehören, da die Schüler/innen noch wenig methodischen Freiraum und keine

Mitbestimmung erlangt haben.

Die weiteren Öffnungen beziehen sich, wie im Modell nach Gudjons, auf die methodische,

inhaltliche und sozial-integrative Freiheit.

Im Vergleich dazu sieht Sitte (Offener Unterricht, 2006, S. 296-297) eine Vielfalt im Bereich der

Methodik bereits als offenen Unterricht. Dieser Ansatz greift in jeglicher Hinsicht zu kurz, da

offener Unterricht nicht nur in einer einseitigen Öffnung definiert wird, sondern auch in der

Partizipation und Demokratisierung.

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6.4. Was bei offenen Unterrichtsformen zu beachten ist

Obwohl der offene Unterricht sehr viele offensichtliche Vorteile bietet, gibt es natürlich auch

kritische Seiten dieser Lernform, welche nicht unbeachtet bleiben sollten. Die Einschränkungen

diese geöffneten Lernarrangements werden im folgenden Abschnitt nach Wallrabenstein (1993,

S. 272) genauer erläutert:

Jeder Unterrichtsgegenstand muss so umgesetzt werden, dass er den Richtlinien des

Rahmenlehrplans genügt. Haben die Schüler/innen nun die freie Wahl über die

Unterrichtsinhalte und Verfahren, sollte man diesbezüglich etwas skeptisch sein.

Bei jüngeren Schüler/innen kommt es sehr häufig zur Überforderung, wenn ihnen eine große

Anzahl an Freiheiten geboten wird. Sind nun aufbauende Lerninhalte, Kulturtechniken und

Verfahrensweisen Grundlage zur Erfüllung des Rahmenlehrplans, ist das „Try and Error“-

Verhalten eines Kindes nur wenig ökonomisch und sie benötigen viel Zeit, um die

Aufgabenstellungen korrekt zu lösen.

Aus diesem Grund muss auch der offene Unterricht gelernt werden, indem er zuerst stark

angeleitet zur selbstständigen Erarbeitung der geforderten Aufgaben anregt. Die

Schüler/innen sollen im Rahmen dieser Anleitungen das eigenständige Arbeiten, den Umgang

mit freien Lernmaterialien und Sozialformen erlernen (vgl. Graumann, 2002, S. 176 ff).

Die vorgegebene Freiheit des Unterrichts ist nach Wallrabenstein meist rein hypothetisch. Die

Schüler/innen haben zwar die Auswahl aus unterschiedlichen Aufgabenstellungen, können

diese Sachaufgaben nur in den seltensten Fällen mitbestimmen. Es handelt sich dann nicht

um offenen Unterricht, sondern um ein fremdgesteuertes, kleinschrittiges Training, welches

isoliert Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt. Die Schüler/innen sollen mit Hilfe dieser Form

des offenen Unterrichts alleine oder in Gruppen eigengesteuert Aufgabenstellungen

untersuchen, produzieren, darstellen und kritisch hinterleuchten.

Viele Schulen nehmen den offenen Unterricht als Aushängeschild, um die Anzahl der

Schulanmeldungen aufrecht zu erhalten, obwohl sie in Wahrheit einem pädagogischen

Stillstand unterliegen. Andere Schulen werden aus dem Druck der Elterninitiativen zu offenen

Formen gezwungen, obwohl sich die praktizierenden Lehrpersonen mit dieser Form des

Unterrichts nicht identifizieren können. Dabei entsteht ein halbherziger Stil, unter welchem alle

Beteiligten leiden.

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Der offene Unterricht sollte erst dann zur Anwendung kommen, wenn die Ziele, Inhalte und

Zeitpläne fixiert sind, denn nur so kann das Einhalten des Curriculums gewährleistet werden.

Befindet sich diese Unterrichtsform in einer Experimentierphase, wird von der Umsetzung

abgeraten.

Bei der Öffnung des Unterrichts nach innen, wie auch nach außen, sind die Lehrpersonen

gefordert ein Gleichgewicht zwischen den Bedingungen des Lehrplans und den Interessen

und Vorstellungen der Schüler/innen herzustellen. Es müssen die Ansprüche der Sache, der

Lebensnähe, der Pflichtarbeiten, des Spaßes am Entdecken der Dinge und das Nachdenken

gelehrt und gelernt werden.

In einer Form des offenen Unterrichts, in welcher keine Rahmenbedingungen im Lernort, der

Lernzeit, der Lerndauer, der Arbeitsintensivität oder dem sozialen Umgang kommuniziert

werden, kann es zu unübersichtlichen Lernverhalten kommen.

Die offenen Formen bieten sich dann sehr gut für Stunden des Nichtstuns an. Die Arbeiten werden

häufig in Gruppen erledigt, sodass eine Übersicht über ausgeführte Aufgaben verloren geht. Es

ist schwer zu kontrollieren, ob tatsächlich alle Schüler/innen am Lernprozess beteiligt sind, oder

die gesamten Aufgaben von einigen Wenigen ausgeführt werden.

Dieser möglichen Abwendung der Mitarbeit sollte sich jede Lehrperson vor der Einführung dieser

Lernform bewusst sein und über entgegenwirkende Handlungen nachdenken.

Werden die Spielregeln des offenen Unterrichts zu Beginn kommuniziert und vehement

eingefordert, lernen die Schüler/innen mit ihren Freiheiten umzugehen und die vorgegebene Zeit

effektiver, als Lernzeit zu nutzen.

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6.5. Methoden des offenen Unterrichts

Die offenen Unterrichtsansätze bietet eine breite Auswahl an methodischen Möglichkeiten zur

Umsetzung. Je nach Öffnungsgrad kommen unterschiedliche Formen zum Einsatz. Häufig

eingesetzte Lernzugänge werden im folgenden Abschnitt näher ausgeführt.

6.5.1. Wochenplan:

Der Wochenplan gilt als Alternative zum lehrerzentrierten Unterricht, in welchem der Lehrer/ die

Lehrerin die Kontrolle nicht vollständig aus der Hand gibt.

Die Schüler/innen erhalten Aufgabenstellungen, welche sie in einer vorgegebenen Zeitspanne

bearbeiten sollen. Wie es der Name bereits andeutet, liegt der Arbeitszeitraum meist, jedoch nicht

zwingend, bei einer Woche.

Der Inhalt, welcher im Rahmen des Wochenplans zu erfüllen ist, kann aus einem bestimmten

Fachbereich, aus einem Unterrichtsfach oder fächerübergreifend sein.

Die Freiheiten der Schüler/innen werden individuell von der jeweiligen Lehrkraft definiert, zumeist

die Schüler/innen über die Sozialform bestimmen können. Es liegt somit im Interesse der

Schüler/innen, ob in Einzel-, Partner-, oder Gruppenarbeit gelernt wird (vgl. Reich, 2008, S. 1).

Diese Form des Unterrichts soll den Schüler/innen den nötigen Freiraum geben, um

entdeckendes, praktisches, selbstständiges Lernen zu ermöglichen.

Meist zeichnet sich der Wochenplan durch die Einteilung in Pflichtaufgaben, welche von jedem

Schüler/ jeder Schülerin erfüllt werden müssen und weiteren, frei wählbaren Lernaktivitäten,

Angeboten und Zusatzmaterialien aus (vgl. Wallrabenstein, 1993).

Es wird den Schüler/innen die notwendige Selbsteinschätzung abverlangt, dass sie eigenständig

entscheiden können, ob sie zusätzliche Übungsaufgaben benötigen, um das Wissen zu vertiefen

und zu festigen.

Der Wochenplan zielt ebenfalls auf eine, durch intrinsische Motivation gestützte, selbstständige

Bearbeitung der vorgegebenen Aufgaben ab. (Die Definition der intrinsischen Motivation ist dem

Kapitel 7.1.4.5 zu entnehmen.)

Dabei soll die Entwicklung des individuellen Lernstils, entsprechend des jeweiligen Lerntyps,

unterstützt werden. Gelingt es den Schüler/innen einen entsprechenden Lernstil zu entwickeln,

können sie produktiv die gestellten Aufgaben bewältigen (vgl. Middendorf, 2008, S. 60 ff).

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Zur freien Auswahl an Unterrichtsmaterialien erhalten die Schüler/innen zusätzliche Freiheiten in

der zeitlichen Dimension. Die Reihenfolge, wie auch der Zeitpunkt der Bearbeitung der

Aufgabenstellungen liegt in den Händen der Schüler/innen (vgl. Middendorf, 2008, S. 60 ff).

Das nötige Zeitmanagement zählt zu den wichtigen Selbstkompetenzen der Schüler/innen, die sie

sich aneignen sollten.

Der Wochenplan bietet des Weiteren die Möglichkeit der inneren Differenzierung. Um die

Heterogenität der Klasse anzusprechen, kann der Wochenplan wie bereits beischrieben in Pflicht-

und Wahlmodule unterteilt. Sein die Schüler/innen schon hinreichend kompetent, können die

Pflichtaufgaben stets übersprungen und durch anspruchsvollere Aufgabenstellungen, auch in

Kombination mit Freiarbeiten, ersetzt werden. Wie diese Zusatzangebote umgesetzt werden, liegt

im Interessensgebiet der Lehrperson.

Die ausgeführten Aufgaben können anschließend mittels aufgelegten Kontrollmaterialien

selbstständig verglichen werden. Durch diese Vorgehensweise erfolgt ein wichtiger Schritt zur

Selbstständigkeit und schult zusätzlich die Eigenverantwortung (vgl. Reich, 2008, S. 1 ff).

Da die Bearbeitungsreihenfolge der Aufgaben nicht festgelegt ist, kann eine persönliche, zeitnahe

Rückmeldung zur erfüllten Arbeit, seitens der Lehrkraft nur schwer realisiert werden. Um laufende

Kontrollen durchzuführen, werden zu den Lösungsbögen auch Schüler/innen als „Chefs“ geschult,

welche die Aufgaben von Kollegen/Kolleginnen kontrollieren und rückmelden dürfen (vgl.

Wellenreuther, 2013, S. 404).

Diese Zusatzfunktion soll nicht nur unterstützend wirken, sondern auch zur Schulung der

Kompetenzen der Schüler/innen dienen. Das Erklären einer Aufgabe bedarf einem ausgeprägten

Verständnis des Sachverhaltes. In der Rolle der „Chefs“ lernen die jeweiligen Schüler/innen

zudem den demokratischen Umgang mit Schüler/innen, welche Lernschwierigkeiten aufweisen.

Die Bewertung eines Wochenplans erfolgt anschließend nicht nach den Gewohnheiten des

geschlossenen Unterrichts. Die Lehrperson, welche im Hintergrund des Arbeitens steht, erlangt

zusätzliche Freiheiten, um individuelle Beobachtungen während der Lernprozesse und über -

produkte und –fortschritte durchzuführen. Als Bewertungsgrundlage dienen letztendlich die

Produkte, jedoch auch der Lernzuwachs und die Dokumentationen zu den Beobachtungen vom

laufenden Lernbetrieb (vgl. Middendorf, 2008, S. 63 ff).

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Bei der Einführung von Wochenplänen sollten grundsätzliche Einschränkungen hinsichtlich der

Sozialform und der Lernmaterialien getroffen werden. Die Schüler/innen lernen nach genaueren

Anleitungen, da sie noch wenig bis keine Erfahrungen mit dieser Art von Unterricht haben. Ist die

Methode unter den Lernenden bekannt, kann eine Form der Umsetzung gewählt werden, in

welcher die Schüler/innen die Partizipation in der Wahl der Stoffinhalte, Zeit und der Sozialformen

erlangen (vgl. Middendorf, 2008, S. 60 ff).

6.5.2. Stationenlernen:

Unter einem Stationenbetrieb versteht man das Lernen an vorgegebenen Arbeitsstationen. Je

nach Variation der Methode können die Stationen gleichwertig oder in Pflicht- wie auch

Wahlaufgaben unterschieden werden. Die Schüler/innen müssen grundsätzlich alle

Pflichtstationen bearbeiten. Das Lösen der Wahlstationen liegt in der Entscheidung der jeweiligen

Lernenden.

Der Stationenbetrieb ist durch eine räumliche Gebundenheit der Stationen gekennzeichnet,

sodass die Schüler/innen eine Station an Ort und Stelle ausführen. Das Angebot von

unterschiedlichen Aufgabenstellungen stellt eine Differenzierungsmöglichkeit dar (vgl.

Wellenreuther, 2013, S. 404).

Die Reihenfolge der Bearbeitung ist von den Lernenden selbst zu wählen. Die Arbeitsaufträge an

den Stationen stellen in der Regel einen thematischen Zusammenhang dar, sie bedienen sich

dennoch unterschiedlicher Komplexität (vgl. Sitte, 2006, S. 298 ff.)

Bei der Planung des Stationenbetriebs können auch sogenannte Parallelstationen erstellt werden.

Diese Stationen kennzeichnen sich durch die Bearbeitung des gleichen Ziels wie eine andere

Station, es werden jedoch unterschiedliche Zugänge gewählt und somit andere Sinneskanäle

dabei angesprochen. Dieses Zusatzangebot erzielt daher das Ansprechen von unterschiedlichen

Lerntypen und verschiedene Interessensgebiete der Lernenden (vgl. Middendorf, 2008, S. 53 ff.).

Hinsichtlich dieses Zusatzangebotes eignen sich daher besonders jene Themen gut, welche

breigefächert sind und genau diese unterschiedlichen Zugänge erlauben (vgl. Reich, 2008, S. 7).

Der Stationenbetrieb kann so aufgebaut sein, dass die Reihenfolge der Bearbeitung vorgegeben

ist. Unter diesen Umständen sollten unbedingt Pufferstationen in das System integriert sein,

welche in der Zwischenzeit erledigt werden können, da die Arbeitsgeschwindigkeiten sehr

individuell sein können. Die Pufferstationen können zum Beispiel aus Materialien bestehen,

welche einfach zu vervielfältigen sind (Lückentexte, Arbeitsblätter,…) (vgl. Middendorf, 2008, S.

53 ff.).

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Die Umsetzung des Stationenlernens fordert eine aktive Haltung der Schüler/innen. Sie können

nicht, wie aus dem lehrerzentrierten Unterricht bekannt, passiv am Unterricht teilnehmen, sondern

müssen sich den Unterrichtsstoff selbstständig erarbeiten. Um dies zu ermöglichen, sollten die

Unterrichtsmaterialien dem entsprechend aufbereitet sein.

Der Stationenbetrieb ist besonders für die Vertiefung und Übung eines Unterrichtsthemas

geeignet. Zur Einführung in ein neues Kapitel eignet sich diese Methode nur bedingt (vgl.

Middendorf, 2008, S. 53 ff.).

Um eine erfolgreiche Umsetzung der Methode zu erzielen, müssen folgende Regeln nach

Middendorf (2008, S. 57) notwendigerweise befolgt werden:

Die Schüler/innen lesen sich die angegebenen Arbeitsanweisungen genau durch und befolgen

sie.

Nach Beendigung der Arbeit an einer Station wird diese für die nächste Gruppe wieder

hergerichtet.

Die Unterhaltung mit Mitschüler/innen soll im Flüsterton erfolgen, damit die anderen

Schüler/innen in Ruhe und konzentriert arbeiten können.

Wichtige Zwischenergebnisse der Stationenarbeit halten die Schüler/innen auf einem

„Laufzettel“ fest, welcher die Funktion hat, die Arbeiten zu organisieren und den Überblick über

die gebotenen Stationen zu behalten.

Die Dauer und der Umfang von Stationenbetrieben können sehr starken Schwankungen

unterliegen. Häufig weisen sie eine Dauer von mindestens einer Doppeleinheit bis hin zu 30

Einheiten auf (vgl. Wellenreuther, 2013, S. 404 ff.).

Das Stationenlernen für eine einzelne Unterrichtseinheit zu planen, ist sehr aufwändig und würde

nicht den Qualitätskriterien nach Meyer (siehe Kapitel 5) für guten Unterricht entsprechen, da nur

wenig echte Lernzeit verbleibt. Das Aufbauen und Erklären der einzelnen Stationen würde einen

zu großen Teil der Unterrichtseinheit einnehmen und die Arbeitszeit erheblich einschränken.

Aus meiner Sicht sollte daher diese Methodik nur in Doppelstunden oder geblockten

Arbeitsphasen eingesetzt werden, um nicht die Unterrichtseinheit für organisatorische

Maßnahmen zu vergeuden.

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Obwohl diese Methode sehr viele Vorteile mit sich bringt, sind der hohe Arbeitsaufwand und der

enorme Umfang an Vorbereitung nicht zu vernachlässigen. Aus diesem Grund sollte beim Einstieg

in den Lehrberuf der Stationenbetrieb als Abwechslung zu anderen Lernformen gesehen werden.

Nach einigen Dienstjahren kann man aus einem Repertoire an Materialien schöpfen, was die

Aufbereitung des Stationenbetriebes enorm vereinfacht.

6.5.3. Projektunterricht:

Der „Projektunterricht ist eine planvolle, selbstorganisierte, interdisziplinäre Auseinandersetzung

mit realen Problemen in gemeinsamen Zusammenwirken von Schülern, Lehrern und sonstigen

Beteiligten mit dem übergeordneten Ziel, durch Präsentation von Ergebnissen einen Beitrag zur

Demokratisierung der Gesellschaft zu leisten.“ (Fridrich, 1996 zit. nach Fridrich, 2006, S. 358)

Im Allgemeinen soll der Projektunterricht so gestaltet sein, dass nicht ein praktischer Bezug zu

einem vorgefertigten theoretischen Thema gesucht werden soll, sondern die Theorie auf

praktischen Wege erlernt, erforscht und dargestellt wird (vgl. Reich, 2008, S. 10).

Der Projektunterricht lässt sich in Anlehnung an Gudjons (2001, S. 81 ff.) in folgende Merkmale

gliedern:

Projektschritt 1: Eine für den Erwerb von Erfahrungen geeignete, problemhaltige

Sachlage auswählen.

Situationsbezug:

Der Sachbezug muss im Vorhinein von den Lehrpersonen überprüft werden, ob er für den

Inhalt des Projektes herangezogen werden kann. Dabei muss der Inhalt so ausgewählt

werden, dass die Schüler/innen Erfahrungen sammeln können und der Sachverhalt eine

Herausforderung und kein echtes Problem darstellt.

Orientierung an den Interessen der Beteiligten:

Das Thema soll sich an den Interessen der Beteiligten orientieren. Für eine Entfaltung des

Themas, erfolgt eine gemeinsame Erarbeitung im Rahmen eines Frontalunterrichts.

Gesellschaftliche Praxisrelevanz:

Die Aufgabenstellung soll einen tieferen Sinn beziehungsweise eine gesellschaftliche

Relevanz an den Tag legen, da es ansonsten, wie bereits schon von Dewey kritisiert, zu

wenig ernst genommen wird. Das Projekt soll im besten Fall zu einer bewegenden Selbst-

oder Weltveränderung führen.

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Projektschritt 2: Gemeinsam einen Plan zur Problemlösung entwickeln

Zielgerichtete Projektplanung:

Die Aufgabe besteht darin, dass die Schüler/innen und Lehrpersonen in Kooperation einen

gemeinsamen Plan zur Lösung des Projekts entwerfen. Dabei erfolgt eine Konkretisierung

der Projektziele, welche auch die Arbeitsabfolgen, einzelne Tätigkeiten, Verteilungen der

Aufgaben, Zeitmanagement, Endproduktserstellungen und Auswertungen der Ergebnisse

beinhalten.

Selbstorganisation und Selbstverantwortung:

Die Planung wird nicht durch die Lehrpersonen geleitet, sondern liegt vollständig in den

Händen der Lernenden. Es soll jedoch nicht zu einem Laissez-fair-Stil ausarten, sodass

die Lehrpersonen sich nicht einschreiten trauen. Eine vollkommene Instruktion durch die

Lehrkräfte, würde nicht einem Projektunterricht entsprechen.

Projektschritt 3: Sich mit dem Problem handlungsorientiert auseinandersetzen

Einbeziehen vieler Sinne:

Beim Projektunterricht wird selbstständig unter Einbeziehung von möglichst vielen

Körperteilen gearbeitet. Es wird das Ansprechen von unterschiedlichen Sinnen erzielt. Im

Laufe der Projektarbeiten erfolgen verschiedene Kooperationen, Erforschungen und

gruppeninterne, wie auch externe Gespräche mit Stakeholdern.

Soziales Lernen:

Der Projektunterricht charakterisiert sich dadurch, dass Schüler/innen miteinander und

voneinander lernen. Durch Interaktionen, Koordination der Gruppenarbeiten zu einem

Ganzen, Interessensausgleich usw. ergibt sich ein sozialer Prozess im Projekt.

Projektschritt 4: Die erarbeitete Projektlösung an der Wirklichkeit überprüfen

Produktorientierung:

Das erworbene Wissen nach einer Projektarbeit hat im Vergleich zum Wissen, welches

man sich vor einer Klausur aneignet, einen höheren Gebrauchs- und Mitteilungswert. Es

wird durch die Aufnahme über unterschiedliche Kanäle gedächtniswirksam abgespeichert.

Die Ergebnisse der Projekts sind für jeden einzelnen /jede einzelne und für die gesamte

Klasse von Bedeutung. Daher sollen die Produkte eines Projektunterrichts öffentlich

zugänglich gemacht werden, um von Außenstehenden kritisiert, beurteilt und zur Kenntnis

genommen zu werden. Die erworbenen Problemlösungsstrategien sollen anschließend an

der Wirklichkeit überprüft werden.

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Interdisziplinarität:

Ein Projekt ist oft nicht einem bestimmten Unterrichtsgegenstand zuzuordnen, da es über

die Grenzen eines Faches hinausgeht, was jedoch bei der Umsetzung nur wenig von

Bedeutung ist. Kann das Projekt schließlich verschiedenen Fächern zugewiesen werden,

können verschiedene Vertiefungsansätze erfolgen.

Grenzen des Projektunterrichts:

Der Projektunterricht stößt an jenen Bereichen an seine Grenzen, wo andere

Unterrichtsformen ihren berechtigten Stellenwert aufweisen. Die Projektarbeit soll als

Ergänzung dienen, um eigene Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Forschung zu

machen.

Das Ende der Projektarbeit ist durch eine Präsentation der Arbeitsergebnisse gekennzeichnet. Je

nachdem wie weit die Öffentlichkeit ins System miteinbezogen wurde, erfolgt die Präsentation

innerhalb der Schule oder im Rahmen vom Tag der offenen Tür (vgl. Gudjons, 2001, S. 104 ff.).

Nach einer abschließenden Präsentation ist eine Reflexion über den Arbeitsprozess und die

entstandenen Ergebnisse unerlässlich (vgl. Reich, 2008, S. 17).

Die Leistungsbewertung soll vorab gut überlegt werden und muss so konstruiert sein, dass sie

vom traditionellen Sinne abweicht und an die tatsächliche Gegebenheit angepasst wird. Die

Bewertung beginnt bereits in der Durchführung, durch Projektevaluationen, einer anschließenden

Beratung und Rückmeldung. Mit Hilfe eines Projekttagebuchs, welches die Schüler/innen im Laufe

der Tätigkeiten erstellen, kann der Projektfortschritt nachvollzogen werden. Die Kriterien der

Beurteilung, wie auch die grundlegenden Bestandteile des Produkts sollen im Vorhinein zwischen

den Lehrpersonen und Schüler/innen abgeklärt werden (vgl. Gudjons, 2001, S. 104 ff.).

Bei Projekten im Mathematikunterricht oder genauer gesagt im Bereich der Geometrie können

Vermessungsarbeiten der Realität enthalten sein. Die Aufgabenstellungen sind aus einem

breitgefächerten Spektrum auszuwählen, die bis hin zu Fermi-Aufgaben führen können. Bei dieser

Art von mathematischen Aufgaben sollen die Schüler/innen über das Verständnis der Geometrie

hinaus auch Fähigkeiten zum Modellbilden, der Kreativität und des Schätzungsvermögen

erwerben. Durch dieses aktive, ganzheitliche, multimediale Arbeiten gelangen die erlernten

mathematischen Fähigkeiten und Fertigkeiten ins Langzeitgedächtnis, was zu einer

qualitativhochwertigen Abspeicherung führt.

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6.5.4. Freiarbeit:

Die Grundlagen der Freiarbeit gehen auf Montessori zurück. Schüler/innen können in einer

vorbereiteten Lernumgebung mit Hilfe von vorbereiteten Materialien eine Auswahl treffen, um die

Lern- und Aktivitätsbedürfnisse zu stillen.

Dabei können sie eigenständig neue Fähig- und Fertigkeiten erlangen. Die Lernenden sollen ein

vorgegebenes Lernziel erreichen. Durch selbstständiges Arbeiten und Entscheidungsfreiheiten

über Sozialform, Medien, Lerntempo und Methoden können sie aus einem Repertoire aus

didaktisch aufbereiteten Materialien auswählen (vgl. Middendorf, 2008, S. 64 ff).

Abbildung 3:Darstellung der Freiarbeit (Reich, 2008, S. 6)

Die Einführung der Freiarbeit muss behutsam und schrittweise erfolgen. Ausgehend von der

Materialienauswahl, kann nach und nach eine Öffnung hinsichtlich der Handlungsform und der

inhaltlichen Schwerpunkte erfolgen.

Bei einer vollständigen Öffnung kommt man der Form des Projektunterrichts sehr nahe (Gudjons,

2001, S. 28-29).

Die Freiarbeit zielt grundsätzlich auf selbstverantwortliches Lernen, nach den individuellen

Bedürfnissen und Lernvoraussetzungen ab. Es wird im Gegensatz zum lehrerzentrierten

Unterricht das Lerntempo und die Lernintensivität durch den Lernenden/ die Lernende reguliert.

Zudem erfolgt eine Ausprägung der sozialen Kompetenzen durch Kommunikation, Interaktion und

Kooperation mit den Kollegen/Kolleginnen (vgl. Middendorf, 2008, S. 65).

„Indem Freiarbeit Entscheidungsfreiheit, Eigenverantwortlichkeit, Reflexion des eigenen Handelns

und Selbstkontrolle der Lernenden fördert und einfordert, trägt sie maßgeblich zur

Persönlichkeitsentwicklung bei.“ (Middendorf, 2008, S. 65)

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Im Mathematikunterricht können Freiarbeiten im Rahmen von freien Übungsphasen eingesetzt

werden. Diese Lernmaterialien können so gestaltet werden, dass sie unterschiedliche Lerntypen

ansprechen, wie auch verschiedenen Niveaus entsprechen.

Besonders vor Schularbeiten kommen Freiarbeiten zum Einsatz, indem die Schüler/innen nicht

nur den Schwierigkeitsgrad, sondern auch das noch zu übende Mathematikthema auswählen

können.

Diese Auswahl der offenen Lernformen entspricht lediglich einem kleinen Ausschnitt der

gesamten Sammlung der Methodik. Natürlich gibt es viele weitere Lernansätze zur Vermittlung

von Wissen, die sich im Öffnungsgrad wesentlich voneinander unterscheiden.

Wie bereits aus den Beschreibungen der unterschiedlichen offenen Lernformen ersichtlich ist,

bedarf es bei der Umsetzung dieser Lernarrangements einer umfangreichen Umstrukturierung.

Dabei ergeben sich nicht nur Veränderungen in den Lernorten, sondern auch in der Rolle der

Lehrperson. Diese Änderungen werden im folgenden Kapitel näher ausgeführt.

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6.6. Die neue Lehrer/innen- Rolle in offenen Unterrichtsformen

Die Beschreibung des Lehrberufes erfolgt unter folgender Definition:

„Lehrer/innen erziehen und unterrichten Schüler/innen an Schulen bzw. Bildungseinrichtungen.

Im Rahmen der Erziehung vermitteln Lehrer/innen soziale Verhaltensweisen und Wertesysteme

und sind Ansprechpartner für Schüler/innen in fachlichen und persönlichen Angelegenheiten.

Beim Unterricht vermitteln sie Faktenwissen, Fachwissen und fachbezogene Kenntnisse und

Fertigkeiten. Darüber hinaus leiten sie Schüler/innen zum selbstständigen Denken und Arbeiten

an.“ (Laube, o. A.)

Nach (Middendorf, 2008) zählen zu den bereits angeführten Aufgaben eines Lehrers noch die

Planung und Organisation von Lernprozessen. Dann trifft die Berufsbezeichnung auf die

Beschreibung des Lehrberufs im traditionellen Sinne zu. Es steht der Lehrer/ die Lehrerin im

Mittelpunkt des Geschehens und in der Rolle als Wissensvermittler.

In den offenen Unterrichtsformen, bedarf es einer Umstrukturierung dieser Rolle.

Sie soll sich weg vom Wissensvermittler und hin zum Lerncoach verändern.

Die erste Anpassung ergibt sich bereits in der Planung des Unterrichts. Im traditionellen Unterricht

wurde die Lerneinheit von der Lehrperson im Alleingang geplant. Durch die Partizipation der

Schüler/innen ist diese Vorgehensweise in der Regeln nicht mehr angemessen. Die Schüler/innen

nehmen aktiv am Unterrichtsgeschehen teil, was eine Individualisierung der Lernprozesse zur

Folge hat. Die Unterrichtsinhalte, sowie die Methoden der Durchführung können von den

Schüler/innen in der Umsetzung mitbestimmt werden.

Bei offenen Lernformen soll auf die Interessen und die individuellen Lernstände eingegangen

werden, was eine gute Beobachtungsgabe und einen scharfen Sinn zur Diagnostik bei der

Lehrperson voraussetzt (vgl. Middendorf, 2008, S. 89).

Eine weitere Veränderung ergibt sich durch mögliche fächerübergreifende und offene Lernformen

dahingehend, dass die Planungen oft im Team oder in der Gruppe stattfinden.

Dies erfolgt besonders dann, wenn unterschiedliche Gegenstände in der Lernform involviert sind.

Die Vorbereitung des Unterrichts erfolgt in Rahmen von Treffen, Gesprächen, E-Mails, usw. (vgl.

Labudde, Szlovák, Schären, Weber, & Wild-Näf, S. 22-23).

In Hinblick auf die zentrale Matura wird die Rollenveränderung zudem deutlich. Früher galt der

Lehrer/ die Lehrerin als Wissensvermittler/in, Übungsleiter/in und Prüfer/in. Es lag in der

Verantwortung der jeweiligen Lehrperson, wie genau die unterschiedlichen Lerninhalte vermittelt

und im Rahmen von Schularbeiten und letztendlich der Matura abgeprüft wurden.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 38/150

Die Zentralmatura lagert die Rolle des Lehrers/ der Lehrerin als Prüfer/in an eine externe Instanz

aus.

Die Lehrperson agiert nun als Lerncoach und kreiert Lernumgebungen und Übungsmaterialien,

um die Kompetenzen, die zur positiven Absolvierung der Matura notwendig sind zu vermitteln.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 39/150

7. Empirischer Teil

7.1. Theoretischer Hintergrund der qualitativen, empirischen Erhebung –

Experteninterview

Verbale Daten werden in der qualitativen Forschung mittels Erzählung oder mittels

Leitfadensinterview erhoben. Stehen dabei Erfahrungen und Erlebnisse im Vordergrund dieser

Erhebung, es wird häufig das narrative Interview oder die Expertenbefragung eingesetzt (vgl.

Flick, 1999, S. 114 zit. n. Mayer, 2002, S. 36).

Das Interview kennzeichnet sich durch teils offene, wie auch geschlossene Fragestellungen. Die

Wahl des Fragetyps ist häufig von der Art des Interviews abhängig. Bei telefonischen Interviews

werden häufig Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Bei Interviews, in welchen man dem

Interviewpartner/ der Interviewpartnerin direkt gegenüber sitzt, geben offene Fragestellungen oft

nähere Auskünfte. Durch eine Vorgabe von Antwortmöglichkeiten drängt man die interviewte

Person bereits in eine bestimmte Richtung und beeinflusst womöglich die eigentliche Meinung.

Unter der Verwendung eines Leitfadens kann die Vergleichbarkeit der Daten erhöht und die

Auswertung vereinfacht werden. Der Interviewleitfaden soll zusätzlich als Hilfestellung dienen, um

alle wichtigen Bereiche der Befragung abzudecken und keine Details zu übersehen.

Bei der Durchführung des Interviews können sich in manchen Bereichen weitere Fragestellungen

ergeben. Die Genauigkeit der Erläuterungen hängen jedoch vom Interviewer sowie vom

Interviewten ab (vgl Flick, 1999, S. 112 und Friebertshäuser, 1997, S. 376 zit. n. Mayer, 2002).

Beim Experteninterview ist nicht der/die Interviewte als Person interessant, sondern in seiner/ihrer

Rolle als Lehrperson. Aus dieser Perspektive erlangt der Interviewleitfaden eine wichtigere Rolle.

Es besteht die Aufgabe, das Expertenwissen zu ermitteln und von „irrelevanten“ Ausschnitten der

Person abzugrenzen (vgl. Flick, 1999, S. 102, Meuser, Nagel, 1991 zit. n. Mayer, 2002).

Als weiteres Merkmal des Experteninterviews ist die aufwendige Nachbereitung zu sehen. Die

durch die Erhebungstechnik gesammelten Informationen weisen einen hohen Reflexionsbedarf

auf. Aus diesem Grund benötigen sie in der Regel eine umfangreiche literarische Durchleuchtung

(vgl. Bogner, Littig, & Menz, 2002, S. 16).

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 40/150

7.2. Gliederung des Interviews

Das Interview gliedert sich in sechs verschiedene Teilbereiche. Ich habe bewusst diese Gebiete

ausgewählt, da ich sie persönlich als sehr wichtig bei der Umsetzung von offenen Lernformen

erachte, beziehungsweise sie mich seit längerer Zeit interessieren.

Allgemeines und Erfahrungswerte:

Die erste Frage befasst sich mit der eigenen Definition und dem eigenen Verständnis von offenen

Lernformen. Die Fragen 2 bis 6 handeln vom praktizierten Unterricht und der individuellen

Umsetzung. Hierbei interessiert mich vor allem, welche Themen sich aus Sicht der Lehrperson für

die offene Umsetzung eignen und in welchen Phasen eines Kapitels die offenen Methoden zum

Einsatz kommen. Von Interesse ist für mich besonders, wie die konkrete Umsetzung des

Mathematikunterrichts realisiert wird und welche Aspekte beachtet werden sollen.

(1) Was verstehen Sie unter offenen Unterricht?

(2) Wie sieht Ihr Mathematikunterricht aus und wie erfolgt der Einsatz von offenen

Unterrichtsformen? Können Sie Ihren Mathematikunterricht beschreiben?

(3) Welche Themen eigenen sich aus Ihrer Sicht gut für eine offene Umsetzung? Welche

Themen eignen sich schlecht für die offene Umsetzung?

(4) In welchen Bereichen eines Themas lassen sich offene Unterrichtsformen gut

verwenden? (Einführung, Erarbeitung, Üben, vor Schularbeiten,…)

(5) Welche unterschiedlichen Methoden kommen dabei zum Einsatz?

(6) Auf was sollte man bei der Umsetzung besonders Acht geben, beziehungsweise

welche Einschränkungen ergeben sich durch den offenen Unterricht?

Organisatorisches:

In diesem Punkt erfolgt eine genauere Analyse der gegebenen Rahmenbedingungen. Dazu

zählen die räumlichen Gegebenheiten und das notwendige Classroom-Management.

(7) Wie sind die räumlichen Gegebenheiten für die Umsetzung des

Mathematikunterrichts?

(8) Wie empfinden Sie das Classroom-Management im Vergleich offenen zu

geschlossenen Lernformen?

Die weiteren Fragestellungen befassen sich mit unterschiedlichen Indikatoren, welche sich durch

die Umsetzung von unterschiedlichen Lernformen ergeben. Konkret sind dies die

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 41/150

Arbeitslautstärke, der Arbeitsaufwand und die Bestimmung des Lernzuwachses. Für mich ist von

Interesse, ob die Leistungsmessung als Instrument von der Lernform abhängig ist.

(9) Wie hoch ist die Arbeitslautstärke vom offenen Unterricht im Vergleich zu anderen

Lernformen?

(10) Aus organisatorischer Sicht: Welche Unterrichtsformen weisen einen höheren

Arbeitsaufwand auf?

(11) Wie erfolgt die Bestimmung des Lernzuwachses bei geschlossenen Lernformen und

wie erfolgt die Bestimmung des Lernzuwachses bei offenen Lernformen? (Produkte,

Test,…)

Heterogenität in der Gruppe:

Die erste Frage beschäftigt sich mit der Umsetzung in den unterschiedlichen Schulstufen. Ich

erwarte mir als Ergebnis, dass der Einsatz von unterschiedlichen Lernformen womöglich nicht in

allen Jahrgangsstufen gleich gut funktioniert.

(12) In welchen Schulstufen/Klassen funktionieren die offenen Umsetzungen am besten?

Ich möchte mit Hilfe der kommenden Fragestellungen herausfinden, wie die Förderung und

Forderung von leistungsstarken sowie leistungsschwachen Schüler/innen konkret umgesetzt wird.

(13) Wie kann eine Förderung und Forderung von Kindern mit Defiziten ab besten

bewerkstelligt werden?

(14) Mit Hilfe welcher Unterrichtsformen erfolgt eine optimale Forderung und Förderung

von besonders begabten Schüler/innen?

Die beiden weiteren Fragen beschäftigen sich mit der Klassenzusammensetzung. Im Rahmen

dieser Fragestellungen sollen Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Faktoren wie

Migration, Geschlecht und Leistung gefunden und deren Auswirkungen ermittelt werden.

(15) Ist aus Ihrer Sicht die Anwendung von offenen Lernformen von der Leistung einer

Klasse abhängig? Wenden Sie Unterrichtsmethoden eher in leistungsstarken oder

leistungsschwachen Klassen an?

(16) Hat die Zusammensetzung der Klasse Einfluss auf offene Unterrichtsformen?

(Geschlecht, Migrationshintergrund,…)

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 42/150

Kompetenzorientiertheit, Motivation, Merkfähigkeit und Schüler/innen-Verhalten:

Der nächste Teilbereich des Interviews beschäftigt sich mit der Kompetenzorientierung, der

Motivation und Merkfähigkeit sowie mit den unterschiedlichen Lerntypen.

Frage 19 soll den Erwerb der fachlichen Kompetenzen abfragen. Es ist spannend zu untersuchen,

ob eine bestimmte Lernform das Aneignen von bestimmten Kompetenzen oder Handlungsebenen

besser fördert als eine andere.

(17) Hängt die Erreichung der mathematischen Kompetenzen von einer bestimmten

Lernform ab? Wenn ja, welche Abhängigkeiten ergeben sich aus Ihrer Perspektive?

Fragen 20 und 21 befassen sich mit der überfachlichen Kompetenzentwicklung.

Im Lehrplan wird von einer Erweiterung der Sachkompetenz durch Sozial- und

Selbstkompetenzen gesprochen (vgl. Bundesministerium für Bildung, 2010, S. 2) (siehe Kapitel

4.2). Für mich sind jene Kompetenzen insofern wichtig, da sie im späteren Leben in allen

Bereichen abverlangt werden.

(18) Welche überfachlichen Kompetenzen eignen sich die Schüler/innen durch offene

Lernformen an?

(19) Welche überfachlichen Kompetenzen eignen sich die Schüler/innen durch

geschlossene Lernformen an?

Da ich die Motivation im Mathematikunterricht wie auch das Speichern der neuen Informationen

im Langzeitgedächtnis als besonders wichtig erachte, befrage ich meine ausgewählten

Lehrpersonen zu diesem Themen.

Für mich stellt sich die Frage, ob diese beiden Faktoren abhängig von der praktizierten Lernform

sind, beziehungsweise ob sich die Schüler/innen in einer bestimmten Lernform motivierter

verhalten oder mehr Wissen behalten. In Verbindung dieser Befragungen sehe ich die

unterschiedlichen Lerntypen, was die Frage 24 behandelt.

(20) Wie wirken sich offene/geschlossene Lernformen auf die Merkfähigkeit der

Schüler/innen aus?

(21) Wie wirken sie sich auf die Motivation in offenen Formen im Vergleich zu

geschlossenen Lernformen aus?

(22) In welcher Unterrichtsform werden die unterschiedlichen Lerntypen (auditiv, visuell,

kommunikativ, motorisch) besser angesprochen?

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 43/150

Zukunftsperspektiven:

In den folgenden Fragen werden zukünftige Auswirkung der Lernformen und

Veränderungswünsche in der jeweiligen Schule thematisiert.

(23) Welche Auswirkungen könnte der offene/geschlossene Unterricht auf die Bildung für

die Zukunft haben? (späteres Berufsleben, universitäre Ausbildung, Verhalten,…)

(24) Müsste sich Ihre Schule verändern, um Ihren persönlichen Unterricht besser

umzusetzen? Wie würde diese Art von Unterricht aussehen?

Ausbildung:

Im letzten Teil des Interviews werden Befragungen hinsichtlich der eigenen Ausbildung zum

offenen Unterricht beziehungsweise den eigenen Mankos zum Thema durchgeführt.

Besonders in der Frage 27 kommen aus meiner Sicht die Versäumnisse in der alten Ausbildung

und die Wünsche und Anregungen zum Vorschein, welche ich persönlich sehr spannend finde.

Durch notwendige Veränderungen in der neuen Lehrer/innen-Ausbildung können möglicherweise

bisherige Defizite ausgeglichen werden.

(25) Welche Ausbildungen haben Sie zu offenen Unterrichtsformen genossen?

(26) Würden Sie sich eine bessere Ausbildung zu diesem Thema wünschen? In welchen

Bereichen fühlen Sie sich schlecht ausgebildet?

(27) Wie müsste für sie die neue Lehrer/innen Ausbildung aussehen?

Welche Bereiche sollten im Rahmen der Ausbildung behandelt werden?

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 44/150

7.3. Beschreibung der Befragung

Ich habe bereits im Vorfeld Überlegungen zur Auswahl der Lehrpersonen getroffen.

Die Lehrkräfte sollten für meine Untersuchung an unterschiedlichen Schultypen tätig sein und

bereits einige Jahre an praktischer Erfahrung mit sich bringen. Ich versuchte eine

geschlechterneutrale Untersuchung durchzuführen, daher entschied ich mich für fünf weibliche,

und 3 männliche Lehrkräfte.

Mit diesen Kriterien habe ich anschließend acht ausgewählte Lehrpersonen gefragt, ob sie mir für

ein Interview zur Verfügung stehen. Alle der acht ausgewählten Lehrkräfte gaben mir eine positive

Rückmeldung. Natürlich darf man dabei nicht außer Acht lassen, dass einige der befragten

Personen aus meinem engeren Freundeskreis kommen.

Als einen Glückstreffer ist der häufige Einsatz der offenen Unterrichtsformen zu vermerken, da

mir zuvor der Unterrichtsstil nur von manchen bekannt war.

Roland ist in einer reformpädagogischen Schule tätig, welche mit offenen Ansätzen propagiert

Sabine und Franz begleiteten mich im Rahmen meiner praktischen Ausbildung und gewährten mir

dabei einen Einblick in ihr Unterrichtsgeschehen.

Durch die anonyme Auswertung der Interviews, was den Lehrpersonen bereits im Vorhinein

kommuniziert wurde, sind die Antworten der Befragten freier und ehrlicher. In diesem Ansatz

wurde ich in mehreren Interviews bestärkt: „Darf ich das eigentlich sagen, nicht dass ich in

Schwierigkeiten komme? – Okay das Interview wird anonymisiert, dann kann ich dir das genauer

erzählen.“

Die Vornamen meiner gewählten Lehrkräfte dienen rein der besseren Lesbarkeit und

Personalisierung, sie entsprechen jedoch in keiner Weise den realen Namen meiner interviewten

Personen.

Die Interviews wurden mit Hilfe meines Mobiltelefons aufgenommen und anschließend

transkribiert. Zur besseren Lesbarkeit wurden bei der Niederschrift grammatikalische sowie

sprachliche Fehler korrigiert.

Zu den erwähnten Korrekturen wurden zusätzliche Symbole eingeführt, welche im gesamten

Interviewtext derselben Bedeutung nachgehen:

[…]………… Abkürzung der Aussage der interviewten Person

Um geschlechtsneutral zu bleiben, wurden die Antworten entsprechend den vorgegebenen

Richtlinien geändert.

Es wurde dennoch stets auf die Aufrechterhaltung des Sinns geachtet.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 45/150

7.3.1. Steckbrief über die befragten Lehrpersonen:

7.3.1.1. Lehrperson 1 - Lara

Geschlecht Weiblich

Fächerkombination Chemie, Physik, Geographie, Mathematik

Alter 26

Dienstjahre 4

Schultyp PTS, Vorher NMS

Lehrverpflichtung Voll

7.3.1.1. Lehrperson 2 – Daniela

Geschlecht Weiblich

Fächerkombination Physik, Mathematik

Alter 25

Dienstjahre 2

Schultyp HTL

Lehrverpflichtung Voll

7.3.1.2. Lehrperson 3 - Tanja

Geschlecht Weiblich

Fächerkombination Chemie, Physik, Mathematik

Alter 31

Dienstjahre 8

Schultyp Oberstufen Realgymnasium, Vorher NMS

Lehrverpflichtung 12

7.3.1.3. Lehrperson 4 - Roland

Geschlecht männlich

Fächerkombination Chemie, Physik, Mathematik

Alter 33

Dienstjahre 2

Schultyp Reformpädagogisches Oberstufengymnasium

Lehrverpflichtung voll

7.3.1.4. Lehrperson 5 - Karl

Geschlecht männlich

Fächerkombination Mathematik, Mechatronik

Alter 52

Dienstjahre 30

Schultyp PTS

Lehrverpflichtung 12

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 46/150

7.3.1.5. Lehrperson 6 - Martina

Geschlecht Weiblich

Fächerkombination Chemie, Physik, Mathematik

Alter 51

Dienstjahre 31

Schultyp NMS

Lehrverpflichtung voll

7.3.1.6. Lehrperson 7 - Sabine

Geschlecht Weiblich

Fächerkombination Chemie, Physik, Werken, Mathematik

Alter 42

Dienstjahre 25

Schultyp NMS

Lehrverpflichtung voll

7.3.1.7. Lehrperson 8 - Franz

Geschlecht männlich

Fächerkombination Physik, Mathematik

Alter 63

Dienstjahre 38

Schultyp Gymnasium

Lehrverpflichtung voll

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 47/150

7.1. Darstellung der Interviews

Die Darstellung der folgenden Interviews erfolgt themenweise. Das Ziel ist, einen direkten

Vergleich der unterschiedlichen Aussagen zu ermöglichen.

7.1.1. Allgemeines und Erfahrungswerte

7.1.1.1. Was verstehen Sie unter offenen Unterricht?

Die Definitionen in den Interviews können sehr individuell erfolgen. Bei diesen Statements

ergeben sich große Unterschiede im Grad der Öffnung. Für manche der befragten Lehrpersonen

beginnt offener Unterricht bereits bei der eigentlichen Methodenvielfalt und bei entwickelnden

Lehrer/innen-Schüler/innen-Gesprächen, für andere wiederum wird erst bei hohem Öffnungsgrad

mit freier Auswahl an Lernmaterialien, Arbeitsorten und Lernzeiten von offenem Unterricht

gesprochen.

Lara versteht unter dem Begriff des offenen Unterrichts folgende Definition:

„Für mich ist der offene Unterricht das freie und offene Arbeiten der Schüler/innen. Sie haben

dabei die Auswahl aus unterschiedlichen Materialien, können die Reihenfolge der Ausführung

der Arbeitsaufträge, wie auch den Lernplatz frei auswählen.“

Für Daniela ist der offene Unterricht wie folgt zu verstehen:

„Die Definition, die ich kenne besagt, dass man unter offenem Unterricht alles versteht, wo nicht

ganz genau vorgegeben ist, was der Schüler/ die Schülerin im Unterricht macht. Also alles

zwischen der freien Auswahl von Übungsbeispielen bis hin zum selbstständigen

Durcharbeiten von ganzen Themen oder Projekten.“

Aus Tanjas Definition wird besonders die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung im

Lernprozess hervorgehoben.

„Für mich ist offener Unterricht ein schülerzentrierter Unterricht, in welchem die Schüler/innen

selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten. Die Lernenden erhalten die Möglichkeit sich

in Spezialgebieten zu vertiefen und der Lehrer/ die Lehrerin rückt in den Hintergrund.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 48/150

Roland hält sich mit folgender Aussage klar an eine vorgegebene Definition von Peschel:

„Ich halte mit bei der Definition an jene von Falko Peschel, welcher mit der Einteilung in

Öffnungsgrade arbeitet. Also wo die Schüler/innen nach und nach mehr Freiheiten bekommen.

Beim klassischen Stationenbetrieb spricht Peschel noch vom Grad 0 […].

In der methodischen Öffnung können die Schüler/innen entscheiden, wie ein Lernstoff bearbeitet

wird. Bei der vollständigen Öffnung haben die Schüler/innen alle Freiheiten, also über

Methodenauswahl, Sozialform, Lernort, Vertiefungsthema […]. Das vom Lehrer/ von der Lehrerin

ausgewählte Thema ist nur mehr eine Basis.“

Karl versteht unter offenen Unterrichtsformen folgendes:

„Offener Unterricht ist für mich, dass ich als Lehrkraft nicht direkt vorgehe, was die

Schüler/innen zu tun haben.“

Aus meiner Sichtweise ist die eben beschriebene Definition von Karl ein Widerspruch zu den unten

angeführten Einschränkungen des offenen Unterrichts, in welcher er von klaren Strukturen spricht.

Einerseits sollen seiner Definition zur Folge keine klaren Vorgaben herrschen, andererseits

werden genau diese benötigt, um aus seiner Sicht nicht von Zeitverschwendung und niveaulosen

Endprodukten zu sprechen.

„Als Einschränkung des offenen Unterrichts sehe ich die Organisation. Ist eine offene Lernform

schlecht organisiert artet diese in eine reine Zeitverschwendung ohne jeglichen Nutzen

aus[…].“

Für Martina ist der offene Unterricht zur Struktur gekennzeichnet, die sie deutlich hervorhebt.

„Für mich ist offener Unterricht, dass die Schüler/innen nach klardefinierten Angaben

selbstständig Lernschritte machen. Die Vorschriften müssen dabei ganz klar formuliert sein,

sodass die Schüler/innen wissen was zu tun ist und was am Ende herauskommen muss. Ist

dies nicht der Fall kommen keine brauchbaren Ergebnisse heraus - zumindest nicht in der NMS.

In diesem Alter können die Schüler/innen noch zu wenig […].“

Diese Definition vom offenen Unterricht beschreibt die sehr genauen Rahmenbedingungen der

Umsetzung. Werden jedoch zu strikte Regeln definiert und die Schüler/innen in jeder Freiheit

eingeschränkt stellt sich die Frage, ob tatsächlich von einer offenen Lernform zu sprechen ist

(siehe Kapitel 6.4).

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 49/150

In der folgenden Definition von Sabine erfolgt eine genaue Beschreibung der Öffnung

dahingehend, dass auch demokratische Ansätze angesprochen und erklärt werden.

„Offener Unterricht per se, würde ich sagen, existiert nicht. Für mich ist offener Unterricht eine

Form des geöffneten Unterrichts. Die Schüler/innen können den Grad der Öffnung

mitbestimmen und zwar was, wo, wie, wann und womit gelernt wird. Der offene Unterricht

muss aufgebaut werden, damit Schüler/innen ihr Mitspracherecht einfordern und wahrnehmen.

Sie sollen ihren Bedürfnissen entsprechend ihre Lernform organisieren, die Zeit organisieren

und das Material auswählen können. Der offene Unterricht braucht aus meiner Sicht eine

konstruktivistische Einstellung zum Lernen [...].“

Franz fasst sich in seiner Definition über den offenen Unterricht sehr kurz und beschreibt ihn mit

Sozialformen und Methoden.

„Unter offenen Unterricht verstehe ich einen Stationenbetrieb, Partnerarbeit, Lerndiktat,

Teamarbeit und aus.“

In Bezug auf das Stufenmodell der Öffnung von Falko Peschel (2011) wird ersichtlich, dass in

beinahe allen Definitionen lediglich von der methodischen Öffnung die Rede ist.

Besonders in der Definition von Franz wird ersichtlich, dass für ihn der offene Unterricht einer

Sammlung aus Methoden und Sozialformen gleichzusetzen ist. Es werden weder Freiheiten in

Lernorten und Lernzeiten, noch die Partizipation oder die veränderte Lehrer/innen Rolle angeführt.

Der offene Unterricht als demokratischer Lernansatz wird lediglich in jener Definition von Sabine

berücksichtigt. Vergleicht man die angeführten Aussagen, mit jener Definition aus Kapitel 6.3,

werden in den Interviews bloß Teile der offenen Form beschrieben.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 50/150

7.1.1.2. Wie sieht Ihr Mathematikunterricht aus und wie erfolgt der

Einsatz von offenen Unterrichtsformen? Können Sie Ihren

Mathematikunterricht beschreiben?

In Laras Schule liegt ein Gesamtkonzept vor, welches schulintern festgelegt wird. Es wird jedes

Thema im Wochenplan abgearbeitet, wobei die Einführung jedes Kapitels in einer

lehrerzentrierten Sequenz stattfindet.

„Mein Mathematikunterricht sieht so aus, dass die Schüler/innen mit Wochenplänen arbeiten.

Die Aufgaben erstrecken sich immer über eine gesamte Woche. Die Schüler/innen können dabei

über die Reihenfolge der Bearbeitung und über den Lernort bestimmen […].

Die Schüler/innen können auch Entscheidungen über den Zeitpunkt der Kontrolle und die Art der

Umsetzung treffen. (Die Art der Umsetzung soll die Sozialform beschreiben, also ob in Einzel-,

Partner-, oder Gruppenarbeit gelernt wird).

Jede Woche beginnt mit einer Inputphase von 20 Minuten, die im Frontalunterricht verläuft. Bei

schweren Stoffgebieten kann die Inputphase auch über mehrere Tage verteilt werden. In diesem

Teil des Unterrichts werden die wichtigen Formeln ins Heft geschrieben und nötigen Strukturen

erlernt. Nach diesen maximal 20 Minuten werden die Schüler/innen unruhig, daher dürfen sie dann

am Wochenplan arbeiten […]. Diese Umsetzung des Mathematikunterrichts findet in der

gesamten Schule unter diesem Konzept statt.“

Danielas Unterricht zeichnet sich durch einen abwechslungsreichen Einsatz von offenen und

geschlossenen Methoden aus.

„Mein Mathematikunterricht findet zum Teil offen statt. Es gibt lehrerzentrierte Sequenzen in

denen ich den Schüler/innen was erkläre, aber auch Phasen in welchen sie frei arbeiten können.

Eine offene Lernform kann aber nicht den Part eines Frontalunterrichts ersetzen.

Die einfachste Form vom offenen Unterricht sind sicherlich differenzierte Übungsbeispiele,

allerdings empfinde ich das noch wenig als offenen Unterricht.

Gute Erfahrungen habe ich beim Einführen von Themen mit Miniprojekten gemacht– zum

Beispiel bei der Einführung der Exponentialfunktion bzw. beim Abschluss von Themen oder

Kapiteln – hier sind meine Schüler/innen ohne Vorgabe z.B. auf die Idee gekommen, ein

„Lernvideo“ zum Thema Optik zu drehen.

Bei offenen Phasen werden Gruppenarbeiten, Vorbereitungen von Referaten oder

Konfrontationen mit neuen Themen durchgeführt. Bei der Exponentialfunktion haben die

Schüler/innen unterschiedliche Aufgaben zum Thema erhalten – hatten aber kein Vorwissen. Mit

Hilfe dieser Aufgaben mussten sie die Zusammenhänge erkennen, Formeln aufstellen und

Sachverhalte erklären. […]“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 51/150

Durch den Einsatz von Freiarbeiten wird in der Schule von Tanja der mathematische Lehr- und

Lernstoff erworben. Wie bei Lara erfolgt die Einführung von neuen Kapiteln im geschlossenen

Unterricht.

„In meiner NMS arbeiten die Schüler/innen in allen Gegenständen mit Freiarbeiten.

Es gibt jede Woche zwei lehrerzentrierte Mathematikeinheiten, in denen neuer Stoff gemacht

wird – oder Probleme besprochen werden. Die restlichen Mathematikeinheiten verlaufen in der

Freiarbeit. Die Schüler/innen haben an vier Tagen der Woche Zeit, dass sie an den offenen

Aufgaben arbeiten. In diesen Phasen entstehen meistens jahrgangsübergreifende

Lerngruppen, in welchen die älteren Schüler/innen den Kleinen helfen. Als Lehrerin tritt man

dann eher in den Hintergrund und beobachtet die Schüler/innen beziehungsweise hilft ihnen bei

Schwierigkeiten […].

Die Aufträge sind immer bis zum Ende des Semesters zu erledigen. Zu welcher Zeit sie an den

Mathematikaufgaben arbeiten ist ihnen überlassen. In diesen Phasen können die Schüler/innen

auch über das Lerntempo, die Sozialform und über den Lernort bestimmen[…].

Die Reihenfolge der Themen in Mathematik ist nicht direkt vorgegeben, aber viele orientieren

sich am Stoff der Theoriestunden – vor allem vor einer Schularbeit […].

Schaffen die Schüler/innen die Aufgaben bis zu dem vorgegebenen Termin nicht, bekommen sie

Punkteabzüge – als Hausübung können die Aufgaben nicht erledigt werden […].

Damit sich die Schüler/innen nicht verzetteln, ist die voraussichtliche Arbeitsdauer auf jeder

Aufgabe angeführt […].

Die Schule, in welcher Roland tätig ist, zählt zu den reformpädagogischen Gymnasien, welche

mit offenen Unterrichtsformen werben. Der praktizierte Unterricht wird vom Pädagogen wie folgt

dargestellt:

„In meiner Schule wird allgemein in Lernateliers, so nennen wir halt die Lernform, gearbeitet. Also

im Mathematikunterricht gibt es zwei Klassenstunden pro Woche, in welchen ich und mein

Kollege in der Klasse unterrichten. In diesen Einheiten lernen die Schüler/innen vor allem die

Grundstrukturen von den verschiedenen Rechenarten oder Themen – zum Beispiel bei

Gleichungen, wie schreibt man sie an, die Variablen auf die gleiche Seite bringen […].

In diesen Stunden werden auch Probleme, die in den offenen Phasen aufgetreten sind, gelöst und

neue Themen eingeführt oder geübt.

An vier Tagen der Woche können die Schüler/innen im Lernatelier verschiedene Aufgaben aus

den Hauptgegenständen machen – am Donnerstag sind die Aufgaben der Nebenfächer zu

erledigen. An allen Tagen, außer Donnerstag, sind wir Mathematiklehrer da um Fragen zu

beantworten und zu helfen.

Wir sind ja bisher ein Schulversuch und nur eine sehr kleine Schule mit nur 75 – 80

Schülern/Schülerinnen. Da liegt der Betreuungsschlüssel pro Lehrperson bei 8 -12 Schüler/innen.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 52/150

Bei der Frage nach der Umsetzung des Mathematikunterrichts und den verwendeten Methoden,

welche als Grundlage für die Wissensvermittlung dienen, erklärt Roland, dass in seiner Schule

zum Teil in Projekten gearbeitet wird.

„Jedes Thema der Mathematik ist als Baustein aufgebaut – wir nennen das halt so. Ein Baustein

besteht aus den unterschiedlichen Aufgaben, welche die Schüler/innen als Arbeitsmaterial zur

Auswahl haben. Sie müssen einen Pflichtteil erledigen und der Rest dient zur Übung. Sind die

Schüler/innen mit diesen Materialien fertig, sollten sie das Thema verstanden haben.

Um einen Baustein abzuschließen, können die Schüler/innen auch Projekte zum Thema machen

– vor allem für gute Schüler/innen gibt es diese Option.

Ansonsten enthalten die Bausteine Materialien wie Arbeitsblätter, Übungen aus dem Buch,

Aufgaben auf Geogebra (=Mathematiksoftware).

Ist ein Baustein fertig, kann er zu jeder Zeit bei mir oder meinem Kollegen eingereicht werden –

sonst gibt es einen Abgabetermin, wo alle Endprodukte abgesammelt werden. Ist mal jemand für

längere Zeit krank, muss Derjenige/Diejenige nicht alle Aufgaben haben. Sind die Übungen nicht

abgeschlossen weil jemand faul war, ziehe ich beinhart Punkte ab […].“

Karls Unterricht verläuft etwas konventioneller als die bereits aufgegliederten Beschreibungen

der anderen Interviewpartner/innen.

„In meinem Unterricht gibt es offene Sequenzen, wenn auch nicht wirklich viele, aber es gibt

sie.

Dabei müssen sich die Schüler/innen selbst organisieren. Man gibt ihnen ein Themengebiet vor

und sie müssen sich den Stoff selber erarbeiten – bei uns ist sehr viel in Mathematik aus der

NMS bekannt […].

Sie erhalten verschiedene Materialien oder müssen sich diese irgendwie selber besorgen. Die

Unterlagen können Internetquellen, Mathematikbücher oder andere Übungszettel sein. Am

Ende müssen die Schüler/innen die Ergebnisse präsentieren, welche sie in der Gruppe erarbeitet

haben[…].“

Im Mathematikunterricht von Martina herrscht der Vorsatz, dass ein guter Mix aus

unterschiedlichen Lernformen bestehen soll, um effizient zu sein.

„Mein Mathematikunterricht besteht aus lehrerzentrierten Unterrichtssequenzen und freien

Übungsphasen […]. In meinem Unterricht verwende ich Wochenpläne mit Wahl- und

Pflichtmodulen. Zuerst müssen die Grundkompetenzen erfüllt werden, um die Zusatzaufgaben zu

lösen.

Es werden Placemates (dabei liegt ein großes Stück Papier liegt auf dem Tisch mit offenen

Fragestellungen. Die Schüler/innen sollen Informationen zur Aufgabe ergänzen. Es erfolgt ein

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 53/150

Platzwechsel oder man dreht den Zettel, liest die bestehenden Antworten und ergänzt wieder

neue Ideen.)eingesetzt – besonders wenn ich ein Thema wiederholen möchte.

Das Kugellager (Methode, in welcher die Schüler/innen zwei Kreise, einen innen und einen

äußeren Kreis bilden und sich gegenseitig Lerninhalte abfragen), eignet hervorragend beim Üben

vom großen „Ein mal eins“ – eine/r stellt drei Fragen und dann dreht sich der Kreis, dann kommt

der/die andere dran […].

Bei offene Rechercheaufgaben verwenden meine Schüler/innen ihre Handys, um Informationen

einzuholen - wir haben ja keinen Zugang zum EDV-Raum und heutzutage hat jede/r ein eigenes

Handy.

Es gibt auch Arbeitspläne mit unterschiedlichen Übungsmaterialien aus Büchern und Heften,

welche die Schüler/innen lösen sollen. Die Reihe der Bearbeitung ist aber nicht immer frei, weil

die Aufgaben sehr oft mit steigendem Schwierigkeitsgrad angeboten werden […].

Mir ist dabei wichtig, dass die Schüler/innen selbständig Kontrollen mit dem Lösungsheft

durchführen. Sie müssen lernen, selbstständig und in der eigenen Verantwortung zu lernen.

Meine Kollegin stört zwar dieser Ansatz, weil sie behauptet, dass sich die Schüler/innen selbst

anlügen und die Fehler ausbessern, doch das ist mir egal – es ist das Problem der Schüler/innen,

wenn sie jetzt so tun als können sie alles – die Schularbeit zeigt dann die Realität.

In den offenen Phasen gibt es immer zusätzliche Materialien, falls jemand vorzeitig fertig sein

sollte. Das sind bei mir keine Zusatzaufgaben, weil sonst niemand mehr schnell und gezielt

arbeiten will, sondern eher Spiele oder Belohnungen – Sudokus zum Beispiel.“

Für Martina haben offene Lernformen eine zusätzliche und besondere Bedeutung. Mit Hilfe dieser

Unterrichtsansätze können aus ihrer Sicht die tatsächlichen Wissensstände der Schüler/innen

ermittelt werden.

„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man in den offenen Übungsphasen erkennen kann, ob

ein Schüler/ eine Schülerin den Stoff tatsächlich verstanden oder ob jemand noch Probleme hat.

Man erkennt dies in der Wahl der Arbeitsmaterialien. Man kann dabei auch den momentanen

Lernstand einschätzen und Fördermaßnahmen einleiten. Vielleicht bleibt dann manchen die

Erfahrung einer negativen Note aus – leider machen diese schlechte Erfahrung viele

Schüler/innen trotz alledem.

In geschlossenen Phasen kann ich den Wissenstand nicht beurteilen. Ich rechne an der Tafel

vor und wie viele dann selbstständig mitrechnen kann ich von vorne nicht beurteilen. Auch

Hausübungen können mir keine Auskunft geben, weil oft die Eltern oder gute

Nachhilfelehrer/innen die Aufgaben lösen.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 54/150

Der Mathematikunterricht von Sabine wird durch schulinterne Konzepte realisiert. Manche Fächer

werden im Fächerbündel unterrichtet. (zum Beispiel gibt es Physik, Chemie und Biologie nicht

mehr als einzelne Unterrichtsgegenstände, sondern es werden naturwissenschaftliche Themen

aus diesen spezifischen Perspektiven betrachtet.)

Mathematik ist ein separaterer Gegenstand, der jedoch für jede Schulstufe im Team geplant und

realisiert wird. Durch die gemeinsame Planung können unterschiedliche Ansichten und Ansätze

in das Unterrichtsgeschehen einfließen. Der Grad der Öffnung hängt dabei von den methodischen

Vorkenntnissen der Schüler/innen ab.

„Bei uns erfolgt die Planung des Mathematikunterrichts immer im Team. Alle

Mathematiklehrer/innen arbeiten parallel mit diesen Vorbereitungen, sodass alle Schüler/innen

das gleiche mit denselben Materialien lernen könnten […].

In der ersten Klasse beginnt die Öffnung des Mathematikunterrichts, indem Arbeitspläne

eingeführt werden, dabei wird in Pflicht- und Wahlaufgaben unterschieden.

Nach und nach werden die Aufgabe individualisiert: ‘Suche dir für dich, drei schwierige Aufgaben,

löse sie und reflektiere über diese Auswahl der Aufgaben.‘

Dabei müssen die Schüler/innen über den momentanen Wissensstand aktiv nachdenken. Diese

selbstständige Auswahl der Beispiele gibt auch Auskunft über die Selbsteinschätzung. Man

würde durch die Wahl der Beispiele eine permanente Unter- oder Überforderung erkennen und

könnte gegensteuern – ‘Du kannst diese Art von Aufgaben schon sehr gut, mache die Aufgaben

von einem anderen Übungszettel‘.“

Neben den mathematischen Aufgaben erzielt Sabine die schrittweise Einführung der Methodik mit

gezielter Öffnung, um die Schüler/innen auf die offenen Lernansätze vorzubereiten.

„In der ersten Klasse findet der Arbeitsplan meist in Einzelarbeit statt, da sich die Schüler/innen in

anderen Sozialformen häufig gegenseitig ablenken und der Fokus auf das Wesentliche verloren

geht.

In dieser Eingangsphase gehören auch grundlegende Aspekte geklärt. Dazu zählen die Kontrolle

von Aufgaben oder die Organisation von Hilfestellungen (Über Zusatzmaterial, andere

Schüler/innen, Lehrpersonen).

Es müssen auch bestimmte Regeln, besonders am Anfang, kommuniziert und strikt eingefordert

werden – sonst entartet der Unterricht schnell zum Laissez-faire-Stil.

Eine zeitliche Öffnung erfolgt erst in höheren Klassen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass

sich die Schüler/innen in bestimmten Aufgaben verzetteln […].

Die Kontrolle der Aufgaben erfolgt über die Abgabe von Meilensteinen (gesamte Themenblöcke).

Die Schüler/innen bekommen meist 2 Wochen Zeit, um einen Meilenstein zu bearbeiten.

Nach sechs Wochen erfolgt ein Bilanzgespräch. Also es gibt ein Lehrer/innen – Schüler/innen

Gespräch, in welchem über Arbeitshaltungen, Sauberkeit der Ausführungen der Aufgaben,

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 55/150

Umgang mit Materialen, Schwierigkeiten bei Themengebieten, Produktbewertungen,

Schularbeitsnoten, Noten bei Mitarbeitskontrollen, Papers (sind kleinere Abgaben – wie die

Gestaltung von Mindmaps, Merktexten usw.) gesprochen wird.

„Wir verwenden in unseren Arbeitsplänen immer unterschiedliche Zugänge und Methoden, weil

wir auf alle Lerntypen eingehen möchten.

Es besteht auch immer die Möglichkeit an einem Plenumsvortrag teilzunehmen – in welchen halt

ich den Unterrichtsstoff erkläre. (Die Lehrperson erarbeitet im lehrerzentrierten Unterricht den

Stoff, dies wird bei Bedarf als zusätzlichen Lernzugang angeboten).

Am Ende der ersten Schulstufe sind die Schüler/innen dann so weit, dass sie selbst entscheiden

können mit welchen Materialien sie lernen und ob ein Plenumsvortrag notwendig ist […].

In offenen Phasen können die Schüler/innen Übungszetteln und Beispiele im Mathematikbuch

erarbeiten oder auch auf Geogebra Aufgaben lösen.

Beherrschen die Schüler/innen die Fähigkeiten um konzentriert an den Aufgabenstellung zu

arbeiten, werden nach und nach Partner- und Gruppenarbeiten eingeführt. Schaffen sie auch

diesen Schritt, bekommen sie auch mehr Rechte zur Mitbestimmung der Arbeitsform.

Als Abschluss dieser Einführungsphase erfolgt am Ende der fünften Schulstufe ein größeres

Projekt aus dem Teilbereich der Geometrie – ‚geometrische Körper‘.

Die Schüler/innen sollen dabei ein Sachportfolio erstellen. Manche Schüler/innen gehen dann

nur auf die Eigenschaften von geometrischen Körpern ein, andere wiederum haben die

Kompetenz die Eigenschaften zu erweitern und finden bereits Bezug zur Realität (z.B. Ein Kegel

ist ein stilisiertes Turmdach).

Man erkennt aus diesen Produkten die Heterogenität der Gruppe sehr gut.

Manche Schüler/innen brauchen am Anfang noch Unterstützungen – sie wissen nicht was sie in

das Portfolio geben sollen. Aus diesem Grund gibt es grundlegende Mindestbestandteile,

welche im Portfolio enthalten sein müssen. Dazu zählt für mich, dass die Schüler/innen Grund

und Deckfläche des Körpers markieren, einen Quader im Schrägriss zeichnen, Ecken von Kanten

unterscheiden können und so weiter.

Mir ist im Portfolio auch der Alltagsbezug wichtig, darum sollen die Schüler/innen Fotos von

geometrischen Körpern machen. Manches Mal sind das zum Beispiel keine Quader, dann werden

die Eigenschaften nachbesprochen und sie erhalten eine zweite Chance – das passiert dann im

Zeichenunterricht. Für andere ist das Suchen und Fotografieren von Körpern zu schwer, daher

sollen sie aus Bildern die geometrischen Körper erkennen.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 56/150

Franz arbeitet an einem Gymnasium in welchem ich aus eigener Erfahrung sagen kann, dass nur

selten offene Lernformen zum Einsatz kommen. Sein Unterricht ist aus meiner Sicht geschlossen

und lehrerzentriert, da keine Methoden wie Stationenbetriebe, Freiarbeiten oder Wochenpläne

zum Einsatz kommen. Die Umsetzung wird lehrergesteuert ausgeführt und die Lernörtlichkeiten

beschränken sich auf jene der Klasse.

Er sieht diese Arbeitshaltung anders und spricht von einer Mischung aus offenen und

geschlossenen Lernformen.

„Mein Mathematikunterricht ist ein Wechsel aus unterschiedlichen Formen und Methoden. Es

kommen lehrerzentrierte, sowie eher offene Lernformen darin vor.

Es gibt Sequenzen, in welchen ich an der Tafel stehe und die Schüler/innen diktieren die Inhalte,

um eine Interaktion zu starten. Manches Mal werden auch Schüler/innen an die Tafel geholt

und sie rechnen Beispiele vor.

Natürlich werden auch Einzelarbeit und Teamarbeit eingesetzt. […]

Diese Teams werden immer mit dem Sitznachbarn/ der Sitznachbarin gebildet, weil es einfach bei

uns an der Schule nicht anders funktioniert.

Für das Bilden von anderen Gruppen bräuchten wir mehr Platz in der Klasse, es wäre sehr laut

und es geht dabei viel Zeit verloren. Wenn es jetzt heißt ‚wir arbeiten im Team‘- ist alles klar!“

Durch die beschriebenen Herangehensweisen im Mathematikunterricht, ist die Abhängigkeit der

Unterrichtsform von der Lehrperson gut ersichtlich. Nicht jede Aufbereitung der Stoffgebiete läuft

gleich, da diese natürlich zur Lehrer/innen-Persönlichkeit passen muss, um vor der Klasse

authentisch zu wirken.

Da es keinen Superunterricht gibt, welcher jeden Schüler/ jeder Schülerin alles erlernen kann,

sind gemischte Lernansätze (offene und geschlossen) unter der Anregung von

unterschiedlichen Lerntypen meist zielführen. Besonders in der NMS hat man die Möglichkeit

zwei unterschiedlichen Ansätzen zu folgen, da die Umsetzung im Mathematikunterricht bisher

noch im Teamteaching stattfindet.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 57/150

7.1.1.3. Welche Themen eigenen sich aus Ihrer Sicht gut für eine offene

Umsetzung? Welche Themen eignen sich schlecht für die

offene Umsetzung?

Aus Laras Sicht eignen sich alle Themen aus der Mathematik gut, um im offenen Stil unterrichtet

zu werden. Der Unterschied liegt jedoch in der Länge der lehrerzentrierten Phasen.

„Grundsätzliche eignen sich alle Themen, man muss nur schauen, wie man eine offene Lernform

im Mathematikunterricht einsetzt. Wir haben Themen, in welchen wir in einer Woche nur 20

Minuten Input geben, die restliche Woche erfolgt in der selbstständigen Arbeit. In anderen Themen

geben wir jede Mathematikstunde einen kurzen geschlossenen Input, dann wird nicht so viel frei

gearbeitet.

Themen, welche sich gut eignen und die Schüler/innen aus der NMS kennen, sind die

binomischen Formeln und Bereiche aus der Geometrie, wie der pythagoreische Lehrsatz.

Aber auch diese Themen werden mit dem geschlossenen Unterricht eingeführt […].

Ich denke, dass Themen, in welchen die Schüler/innen Vorwissen haben, besser für die offene

Umsetzung eignen.“

Daniela setzt offene Lernformen zur Einführung und als abschließende Zusammenfassung eines

Kapitels ein. Sind bestimmte Themen einfach zu verstehen, kommen auch im Erarbeitungsteil

offene Methoden zum Einsatz.

„Meiner Meinung nach können offene Methoden zur Einführung und zum Abschluss eines jeden

Themas angewendet werden. Ich setze sie nur dann als Erarbeitungsmethoden ein, wenn diese

Themen für den späteren Unterricht nicht so wichtig, oder wenn die Kapitel einfach zu verstehen

sind.

Diese Formen bieten sich gut in der Geometrie und der Vektorrechnung an, da die Themen sehr

anschaulich sind. Bei der Erweiterung von Zahlenräumen finde ich die offenen Lernformen nicht

ganz so passend.“

In Tanjas Schule werden alle Themen der Mathematik mit Hilfe der Freiarbeit umgesetzt, daher

gibt es für sie keine Bereiche der Mathematik, die mit dieser Form des Unterrichts nicht realisierbar

erscheinen.

„Für mich gibt es keine konkreten Themen, die sich in der Freiarbeit gut oder schlecht umsetzen

lassen. Eine Abbildung mit der Freiarbeit geht für jedes Thema. Unsere Planung verläuft nicht

abhängig vom Unterrichtsthema. Ich würde aber nie ein ganzes Thema in die Freiarbeit

abgeben – dabei würde ich mich unwohl fühlen.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 58/150

Roland macht die offene Umsetzung eher vom Schwierigkeitsgrad des Stoffes abhängig. Wird

ein Thema von den Schüler/innen als einfach empfunden, sind aus seiner Sicht breitere

Öffnungsgrade realisierbar.

„Für mich ist die Umsetzung von offenen Lernformen nicht direkt vom Thema, sondern von der

Schwierigkeit des Themas abhängig. Ist der Stoff für die Schüler/innen leicht, kann er besser

offen unterrichtet werden.

Bei Übertritten in andere Zahlenräume – zum Beispiel in die Unendlichkeit, wie dies bei der

Differentialrechnung der Fall ist, eignet sich eine offene Lernform schlecht.

Die Binomialverteilung hingegen ist ein Thema, welches offen gut funktioniert – hab ich erst vor

kurzem ausgetestet. Die Schüler/innen benötigen nur einen sehr kurzen theoretischen Input und

dann können sie frei arbeiten.

Die Geometrie und Vektorrechnung fallen den Schüler/innen einfach. Sie können sich unter den

meisten Aufgabenstellungen was vorstellen – bei der Vektorrechnung haben die Schüler/innen

bereits Vorwissen aus der Physik.“

Daraus könnte man folgern, dass Stoffgebiete in der Unterstufe einfacher offen realisierbar sind,

als jene Bereiche aus der Oberstufe. Diese zusammenfassende Äußerung meinerseits wurde von

Roland bestätigt.

„Ja, ich bin der Meinung, dass in der Unterstufe – oder NMS die Umsetzung von offenen

Lernformen einfacher ist als in der Oberstufe – weil halt der Mathematikstoff einfacher ist.“

Der Unterricht von Karl verläuft seit einigen Jahren gleich. Manche Stoffgebiete eigenen sich aus

seiner Sicht gut, um offen unterrichtet zu werden, andere wiederum eher schlecht.

„Ich verwende eine offene Unterrichtsform in allen Kapiteln der Geometrie – also bei Körper und

Flächen. Die Schüler/innen sollen selbstständig Beweise verstehen, Konstruktionen

durchführen und Formeln herleiten […].

Die Wiederholung der Maßeinheiten (Volumen-, Flächen-, Zeit- Längenmaße) eignen sich gut

für den offenen Unterricht – bei mir kommt dies in Form von Edu puzzles vor […].

Bei Brüchen verwende ich auch seit Jahren Lernstationen mit einer vorgegebenen Reihenfolge

– dabei steigt das Anforderungsniveau langsam.“

Ich bin der Meinung, dass die Umsetzung dieses Unterrichts auch Nachteile mit sich bringt. Karl

verwendet seit Jahren dieselben Ansätze bei den angeführten Kapiteln. Man hält an einem

bestimmten, möglicherweise veraltetem System fest und lässt keine neuen Ansätze zu.

„Ich habe diese Methoden bei den jeweiligen Themen gewählt, weil sie sich über Jahre hinweg

bewährten. Ich sehe auch nach jahrelanger Anwendung keinen Änderungsbedarf.“

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In dieser Form der Umsetzung wird den Schüler/innen nur ein konkreter Zugang ermöglicht,

jedoch keine Alternativen geboten. Wie gut in diesem starren System auf die unterschiedlichen

Lerntypen eingegangen wird, kann schwer beurteilt werden.

Martina führt bei dieser Frage zwei Themen an, welche in ihrem Unterricht offen ablaufen. Im

Interview wird nach und nach klar, dass diese Themen als Gesamtheit, in Form von Arbeitsplänen

oder Wochenplänen, realisiert werden.

„Für den offenen Unterricht eigenen sich geometrische Themen wie Winkel und Dreiecke - und

die rationale Zahlen sehr gut […].“

Im späteren Verlauf des Interviews wird klar, dass alle Themen der Mathematik im Rahmen eines

offenen Übungsteils abgehalten werden, aber für Martina zählt die Umsetzung einer einzelnen

Phase eines Themas nicht als offener Unterricht.

„Okay, wenn für dich Übungseinheiten mit freien Materialien schon als offener Unterricht

zählen, dann laufen bei mir alle Themen in der Übungsphase offen ab. Ich gebe selten bestimmte

Beispiele vor, die Schüler/innen sollen diese selbstständig auswählen.“

Aus Sabines Sicht eignen sich nicht alle Themen gleich gut für die offene Umsetzung. Dies steht

im Widerspruch zu jenen Interviews von Lara und Tanja.

„Für mich sind alle nicht algebraischen Themen gut für den offenen Unterricht geeignet […]. In

algebraischen Themen sind Strukturen und Formen zu vermitteln, die in einer lehrerzentrierten

Form besser gelehrt werden können […].

Ich unterrichte zwar Bereiche aus der Algebra offen, aber mit zusätzlichen Plenumsvorträgen

– diese Themen benötigen mehr Führung. Man kann den Schüler/innen zwar zusätzliche

Materialien mit Musterbeispiele geben, aber diese ersetzen keine persönliche Erklärung“

Für Franz benötigen alle Themen der Mathematik offene Sequenzen, um den Kompetenzerwerb

auf allen Handlungsebenen voranzutreiben.

„Mein offener Unterricht ist nicht ganz offen – nicht wie bei anderen mit Stationenbetrieben,

Freiarbeiten und so […].

Bei mir kommen offene Phasen vor, wie eine offene Diskussion – entweder diskutieren

Schüler/innen mit Schüler/innen oder ich mit Schüler/innen.

Dies bietet sich für jedes Thema der Mathematik an – und ist sogar notwendig.

Manche Themen brauchen aber eine umfangreichere geschlossene Einstiegsphase und es folgt

eine offene Übung, andere wiederum benötigen wenig Frontalunterricht […].

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 60/150

Aus meiner Sicht funktionieren die Grundrechnungsarten in allen Zahlenbereichen, die

Geometrie, das Lösen von Gleichungen und jegliche Form von Textaufgaben sehr gut für eine

offene Lernform.“

Diese Umsetzung des offenen Unterrichts aus Falko Peschel (2011) beschreibt die Vorstufe der

Öffnung oder einen Teil der Stufe 1, da es weder Mitbestimmungen im Unterrichtsinhalt, noch im

Lernort oder der Sozialform gibt.

Beinahe als Entschuldigung erklärt Franz seine Methodenauswahl.

„[…] wenn ich offene Lernformen in allen Öffnungsgraden sehe, finde ich sie echt toll und ich

möchte auch so arbeiten. Ich nehme es mir vor und komme dann wieder in mein

Unterrichtsschema zurück – es sind auch die Umgebungen nicht so toll, wie in anderen Schulen.

Das soll jetzt keine Ausrede sein, vielleicht passen auch diese Formen einfach nicht zu mir.“

Aus den angeführten Aussagen ist zu erkennen, dass in einigen der befragen Schulen ein

schulinternes Gesamtkonzept vorherrscht, welches eine ganzheitliche, offene Umsetzung aller

Themen verlangt. Trotzdem werden in diesen Schulen die Themen unterschiedlich angeboten.

Aus den Befragungen wurde des Weiteren ersichtlich, dass der Anteil an lehrerzentrierten

Unterrichtsphasen bei schwieriger eingestuften Themen höher ausfiel, als bei leichteren Themen.

Für die Umsetzung von komplexen Kapiteln bietet Sabine zusätzliche Plenumsvorträge und Lara

längere Inputphasen an.

Die beschriebenen Interviews verdeutlichen, dass die Geometrie ein Thema darstellt, welches

sich sehr gut für eine offene Anwendung eignet. Diese Meinung herrscht bei allen befragten

Lehrpersonen, unabhängig von der praktizierenden Schule, dem Schultyp oder dem Alter der

Schüler/innen vor.

Ist die Vermutung korrekt, dass sich ein einfaches Themengebiet gut für die offene Umsetzung

eignet, sollte man auf die Ergebnisse der Hirnforschung zurückgreifen, welche einen

Wissenserwerb an Vorerfahrungen anknüpft und daher ein Thema einfach erscheinen lässt.

Nach Roth (2004, S. 498 ff) werden bei der Aufnahmen von bekannten Informationen die

vorhandenen Wissensnetzwerke durch neuromodulatorische Systeme in der Großhirnrinde

umgestaltet, sodass sich neues Wissen entwickelt.

Ist nun das Vorwissen vorhanden ist diese Umgestaltung und Verknüpfung einfacher

durchführbar.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 61/150

In Bezug auf den Lehrplan ist ersichtlich, dass die Geometrie in beinahe jeder Schulstufe enthalten

ist.

5. Schulstufe:

„Arbeiten mit Figuren und Körpern

ausgehend von Objekten der Umwelt durch Idealisierung und Abstraktion geometrische Figuren

und Körper sowie ihre Eigenschaften erkennen und beschreiben können,

aufbauend auf die Grundschule Kenntnisse über grundlegende geometrische Begriffe gewinnen,

Skizzen von Rechtecken, Kreisen, Kreisteilen, Quadern und ihren Netzen anfertigen können,

Zeichengeräte zum Konstruieren von Rechtecken, Kreisen und Schrägrissen gebrauchen können,

Maßstabszeichnungen anfertigen und Längen daraus ermitteln können;

Umfangs- und Flächenberechnungen an Rechtecken (und einfachen daraus zusammengesetzten

Figuren),

sowie Volums- und Oberflächenberechnungen an Quadern (und einfachen daraus

zusammengesetzten Körpern) durchführen können,

Formeln für diese Umfangs-, Flächen- und Volumsberechnungen aufstellen können;

Winkel im Umfeld finden und skizzieren,

Gradeinteilung von Winkeln kennen,

Winkel mit dem Winkelmesser (Geodreieck) zeichnen können;

einfache symmetrische Figuren erkennen und herstellen können.

6. Schulstufe:

Arbeiten mit Figuren und Körpern

Dreiecke, Vierecke und regelmäßige Vielecke untersuchen, wesentliche Eigenschaften feststellen,

die Figuren skizzieren und konstruieren können,

Erkennen, ob Angaben mehrdeutig sind oder überhaupt nicht in Konstruktionen umgesetzt werden

können,

kongruente Figuren herstellen können, die Kongruenz begründen können;

Eigenschaften von Strecken- und Winkelsymmetralen kennen,

und für Konstruktion anwenden können;

Flächeninhalte von Figuren berechnen können, die sich durch Zerlegen oder Ergänzen auf

Rechtecke zurückführen lassen,

Volumina von Prismen berechnen, möglichst in Anwendungsaufgaben.

7. Schulstufe:

Arbeiten mit Figuren und Körpern

Vergrößern und Verkleinern von Figuren,

ähnliche Figuren erkennen und beschreiben;

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 62/150

Formeln für Flächeninhalte von Dreiecken und Vierecken begründen und damit Flächeninhalte

berechnen können,

Umkehraufgaben lösen können,

Gegenstände, die die Gestalt eines Prismas oder einer Pyramide haben, zeichnerisch darstellen

können,

Oberfläche, Rauminhalt und Gewicht von Gegenständen, die die Gestalt eines Prismas oder einer

Pyramide haben, berechnen können;

den Lehrsatz des Pythagoras für Berechnungen in ebenen Figuren nutzen können.

8. Schulstufe:

Arbeiten mit Figuren und Körpern

den Lehrsatz des Pythagoras für Berechnungen in ebenen Figuren und in Körpern nutzen können,

eine Begründung des Lehrsatzes des Pythagoras verstehen,

Berechnungsmöglichkeiten mit Variablen darstellen können;

Schranken für Umfang und Inhalt des Kreises angeben können,

Formeln für die Berechnung von Umfang und Flächeninhalt des Kreises wissen und anwenden

können,

Formeln für die Länge eines Kreisbogens und für die Flächeninhalte von Kreisteilen herleiten und

anwenden können;

Formeln für die Berechnung der Oberfläche und des Volumens von Drehzylindern und Drehkegeln

sowie für die Kugel erarbeiten und nutzen können

9. Schulstufe:

Trigonometrie

Definieren von sin α, cos α, tan α für 0° ≤ α≤ 360°

Durchführen von Berechnungen an rechtwinkligen und allgemeinen Dreiecken, an Figuren und

Körpern (auch mittels Sinus-und Kosinussatz)

Kennenlernen von Polarkoordinaten

Vektoren und analytische Geometrie der Ebene

Addieren von Vektoren und Multiplizieren von Vektoren mit reellen Zahlen, geometrisches

Veranschaulichen dieser Rechenoperationen

Ermitteln von Einheitsvektoren und Normalvektoren

Arbeiten mit dem skalaren Produkt, Ermitteln des Winkels zweier Vektoren

Beschreiben von Geraden durch Parameterdarstellungen und durch Gleichungen, Schneiden von

Geraden

Lösen von geometrischen Aufgaben, gegebenenfalls unter Einbeziehung der Elementargeometrie

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10. Schulstufe

Analytische Geometrie des Raumes

Übertragen bekannter Begriffe und Methoden aus der zweidimensionalen analytischen Geometrie,

Erkennen der Grenzen dieser Übertragbarkeit - Ermitteln von Normalvektoren, Definieren des

vektoriellen Produkts

Beschreiben von Geraden und Ebenen durch Parameterdarstellungen bzw. Gleichungen

Schneiden von Geraden und Ebenen, Untersuchen von Lagebeziehungen

Lösen von geometrischen Aufgaben, gegebenenfalls unter Einbeziehung der Elementargeometrie

und der Trigonometrie

11. Schulstufe

Nichtlineare analytische Geometrie

Beschreiben von Kreisen, Kugeln und Kegelschnittslinien durch Gleichungen

Schneiden von Kreisen bzw. Kegelschnittslinien mit Geraden, Ermitteln von Tangenten

Beschreiben von ebenen Kurven durch Parameterdarstellungen

Beschreiben von Raumkurven und Flächen durch Parameterdarstellungen“ (Bundesministerium für

Bildung, 2010, S. 3)

Da jenes Thema der Geometrie in jeder Schulstufe sehr ausführlich behandelt wird, sollten die

Schüler/innen im Laufe der Schulzeit ein umfangreiches Vorwissen aufweisen.

Werden nun offene Methoden stets bei einfacheren Kapiteln und somit bei bereits bekannten

Themen verwendet, sollte dies der Grund für Benennung der Geometrie sein.

Vergleicht man diesen Denkansatz mit den Ergebnissen einer Schweizer Forschung, wird

ersichtlich, dass sich die Geometrie nicht besonders für offene Lernformen eignet, sondern nur

durchschnittliche Ergebnisse erbringt.

Einen negativen Zusammenhang zwischen dem Arbeiten im Wochenplan und einer

geschlossenen Bearbeitung liefert das Thema der Algebra/Arithmetik im Mathematikunterricht,

was auch Sabine im Interview vermutete.

Schulklassen, welche ohne Wochenplänen arbeiteten, konnten die höchste kognitive Leistung

aufweisen. Die schulischen Leistungen der Schüler/innen welche mit Wochenplänen arbeiteten

zeigten einen durchschnittlichen Wert an, jedoch waren intensivere organisatorische Maßnahmen

im Bereich des Classroom-Managements und das Eingehen auf die Heterogenität notwendig (vgl.

Niggli und Kersten zit. nach Bohl & Kucharz, 2013, S. 69).

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 64/150

7.1.1.4. In welchen Bereichen eines Themas lassen sich offene

Unterrichtsformen gut verwenden? (Einführung, Erarbeitung,

Üben, vor Schularbeiten,…)

Offene Lernformen kommen in unterschiedlichen Phasen zum Einsatz.

Sie ist nicht nur von der Phase, sondern auch von der Methode per se abhängig.

Im anschließenden Teil erfolgt eine Erhebung möglicher Korrelationen zwischen dem Einsatz

offener Methoden und einer bestimmten Phase eines Kapitels.

Lara beschreibt, dass für sie der Einsatz der offenen Lernformen in Übungsphasen am

effektivsten erscheint.

„Bei uns werden die offenen Lernformen immer zur Umsetzung der Übungsphase eines

Themas verwendet. Die Einführung erfolgt im lehrerzentrierten Unterricht, auf welchen ich nicht

verzichten möchte.“

Auch Tanja pflichtet dieser Anwendung der offenen Formen bei und bestätigt die lehrerzentrierte

Einführung.

„[…] die Einführungsphase verläuft bei mir im geschlossenen Stil.

Die Einführung eines Themas möchte ich nicht so schnell aus der Hand geben, da dabei die

Grundstrukturen und Formen von Rechnungen erlernt werden. Über die direkte Instruktion

funktioniert das einfach besser und schneller.“

Wie in der Literatur von Middendorf (Kapitel 6.5.2) beschrieben wird, sind besonders

Stationenbetriebe für die Festigung und Übung von Gelerntem geeignet und weniger zur

Erarbeitung von Unterrichtsthematiken.

Eine offene Lernform als Übungsgrundlage beschreibt auch den Ansatz von Martina. In dieser

Phase ergeben sich noch zusätzliche Informationen über die Lernenden, welche zur möglichen

Fördermaßnahmen führen können.

„Meistens beginnt ein neues Kapitel mit einer geschlossenen Inputphase, gefolgt von einer

offenen Übungsphase, wobei diese aus einer Variation von Übungszetteln, Beispielen aus

Büchern und individuell gestalteten Lernmaterialien besteht […].

In dieser Phase erhält man Informationen über den eigentlichen Lernstand. Je nachdem

welche Beispiele die Schüler/innen auswählen, können eventuell Fördermaßnahmen eingeleitet

werden. – aber das hab ich ja schon kurz erwähnt.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 65/150

Dieser Ansatz gilt nicht als allgemeine Herangehensweise, sodass offene Formen nur zur Übung

verwendet werden. Dies zeigen die folgenden Antworten der Interviewpartner/innen.

Bei Daniela und später bei Roland ist eine andere Anwendung zu verzeichnen

Daniela: „Ich setze die offenen Lernformen in der Einführung - also als Konfrontation mit neuen

Themen oder als Abschluss ein.“

Roland: „Ich verwende diese Lernformen als Einführung oder im Abschluss eines

Unterrichtskapitels. Als Einführung, weil ich das Interesse der Schüler/innen wecken möchte

und abschließend, um das Thema mit praktischen und alltäglichen Gegebenheiten zu

verbinden – hier kommen oft komplett offene Aufgabenstellungen vor.“

Sabine sieht hingegen keine konkrete Phase für die Anwendung von offenen Methoden. Aus ihrer

Sicht sind sie in allen Stadien des Unterrichts anwendbar, insofern andere Teile geschlossen sind.

„Der offene Unterricht funktioniert in jeder Phase gleich gut.

Wird eine Phase offen umgesetzt, so soll eine andere geschlossen abgehalten werden. In der

geschlossenen Phase erwerben die Schüler/innen die wichtigen Grundkompetenzen. Also ich

plane einen Plenumsvortrag, um den Momentanstand der Schüler/innen zu erheben.

In den geschlossenen Sequenzen werden die Grundlagen kurz zusammengefasst und Probleme

beseitigt. Diesen Unterricht benötige ich, um eine Einschätzung zu treffen – also haben sie genug

Zeit und Wissen, um das Ziel zu erreichen und die Schularbeit zu meistern? […]

Als Übungsmethoden funktionieren offene Ansätze sehr gut. Sollen dabei ganz neue Beispiele

bearbeitet werden, schaffen die Schüler/innen den Transfer von Wissen und Verknüpfen der

neuen Sachverhalte nicht. In solchen Situationen kommen Plenumsvorträge zum Tragen […].

In der Mathematik ist eine Plenumsphase dort ein Muss, wo man Struktur oder

Begrifflichkeiten definiert. Der Begriff vom sauberen Arbeiten in der Mathematik gehört im

Plenum besprochen- was für einen sauber ist, kann für die Mathematik noch schlampig sein, auch

wenn sich jemand bemüht. Die Verwendung von mathematischen Werkzeugen (Zirkel und

Geodreieck) muss auch in diesen Phasen geklärt werden […].

Aus Sicht von Franz ergeben sich keine Vorzüge bei der Verwendung von offenen Lernformen in

bestimmten Phasen eines Unterrichtsstoffes. Er betrachtet den Einsatz als themenabhängig.

„Für mich gibt es keine konkreten Phasen, die sich besser oder schlechter für eine geöffnete

Methode eignen […].

Die Gestaltung einer solchen Sequenz ist jedoch vom Thema abhängig. Oft bietet ein offener

Einstieg die Möglichkeit die Schüler/innen für das Thema zu motivieren. Manches Mal ist eine

offene Übungsphase besser geeignet. Dabei können Experten ausbildet werden, die als

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 66/150

Zusatzlehrer/innen arbeiten, um den Stoff schwächeren Schüler/innen zu vermitteln. Eine

weitere Möglichkeit ist, die Erarbeitungsphase zu öffnen, in welcher die Schüler/innen in einem

vorgegebenen Zeitrahmen die notwendigen Begrifflichkeiten mit Hilfe des Internets erarbeiten.“

In diesem Teil den Interviews gehen die Meinungen der befragten Lehrpersonen auseinander.

Der Einsatz der offenen Methoden kann somit nicht konkret einer bestimmten Phase des

Unterrichts zugeordnet werden, sondern erfolgt sehr individuell.

Da es nach Meyer (2004, S. 80 ff.) nicht die Methode gibt, welche den optimalen Unterricht

ermöglicht, wird auch der Einsatz der unterschiedlichen Methoden der Weg zum Ziel sein.

Wie bereits erwähnt und den Kapiteln 6.5.1-6.5.4 zu entnehmen, wird der Einsatz von offenen

Methoden eher in den Übungsphasen empfohlen.

Durch eine offene Konfrontation können dennoch positive Resultate entnommen werden. Die

Mathematik erhält bereits zu Beginn den notwendigen Praxisbezug, der sonst meist erst in der

Übungsphase vermittelt wird. Dies kann die Motivation, wie auch die Vorstellungskraft der

Schüler/innen positiv beeinflussen.

Dieser Aspekt der Wirklichkeitskonstruktion wird im folgenden Kapitel von Leuders aus

konstruktivistischer Sichtweise des Unterrichts beschrieben.

Aus Sicht der befragten Personen gibt es keinen Zusammenhang zwischen einer bestimmten

Phase des Lernstoffes und der Unterrichtsform. Es sollte nur beachtet werden, dass auf offene

Phasen auch geschlossene folgen.

I

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 67/150

7.1.1.5. Welche unterschiedlichen Methoden kommen dabei zum

Einsatz?

Eine Variation von unterschiedlichen Lehr- und Lernmethoden soll den Erwerb der notwendigen

Kompetenzen und die Konstruktion von Wissen (nach dem konstruktivistischen Ansatz)

ermöglichen. Unter diesem Ansatz ist das Lernen eine aktive, autonome Konstruktion von Wissen,

welchem eine notwenige kognitive Struktur vorausgehen muss (vgl. Leuders, 2005, S. 66).

Durch den Einsatz von einer Vielfalt aus Methoden soll genau dieser Prozess vorangetrieben

werden.

Nach Meyer (2004, S. 74) versteht man unter Methodenvielfalt,

wenn der Reichtum an möglichen Inszenierungstechniken genutzt werden kann,

wenn eine Vielfalt an Handlungsmustern angewandt werden,

wenn die Verlaufsformen variabel gestaltet sind

und wenn das Gewicht auf die Grundformen ausbalanciert vorliegt.

In Laras Unterrichtsformen kommen diese Ansätze leider zu kurz. Sie beschreibt ihren

Unterrichtsstil eintönig durch eine frontale Einführung und durch Wochenpläne. Es werden zwar

unterschiedliche Arbeitsmaterialien angeboten (Übungszettel, Übungen aus dem Buch) und die

Sozialform in den meisten Fällen frei wählbar, doch die verwendete Methode wird im Laufe des

Schuljahres nicht variiert.

„Bei uns schaut der Unterricht in jedem Thema gleich aus. Es gibt geschlossene Inputphasen und

offene Übungsphasen, in denen ein Wochenplan eingesetzt wird. In den Inputphasen versuche

ich unterschiedliche Medien wie das Smartboard, die Tafel und den Beamer einzusetzen.

Unterschiedliche Methoden kommen aber nicht vor – da fehlt die Zeit.“

Das Lernatelier von Roland wird auf die gleiche Art und Weise umgesetzt. Die verwendeten

Materialien umfassen Übungsaufgaben aus unterschiedlichen Büchern und Heften, doch die

verwendete Methode per se ist über das gesamte Schuljahr unverändert. Die Ausnahme bilden

begabte Schüler/innen, welche über die Grundkompetenzen hinaus kommen und an eigenen

Projekten arbeiten.

Daniela beschreibt im Interview keine verwendeten Methoden, sondern bezieht sich eher auf die

Sozialformen. Den Einsatz dieser macht sie von der Klasse wie vom zu behandelndem Thema

abhängig.

„Bei mir kommen Gruppenarbeiten, Partnerarbeiten, Einzelarbeiten und Klassengespräche vor.

Der Einsatz hängt immer vom Thema und von der Klasse ab.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 68/150

Der Beschreibung des Mathematikunterrichts können zudem verwendete Methoden wie

Miniprojekte und Präsentationen entnommen werden.

Franz erwähnt im Rahmen des Interviews dieselben Methoden, Sozialformen und macht die

Auswahl vom mathematischen Thema abhängig.

In den Freiarbeitsphasen von Tanja kommen unterschiedliche Methoden und Lernmaterialien zum

Einsatz. Die Freiarbeit per se, findet in jedem Thema seine berechtigte Anwendung.

„Es kommen in meinen Freiarbeitsphasen ganz unterschiedliche Methoden zum Einsatz – je

nachdem was sich anbietet – ist auch themenabhängig.

Es können Lernspiele, Arbeitsblätter, Videos, interaktive Lern-CDs, Übungen aus dem Buch

aber auch Stationenbetriebe oder Rechercheaufgaben enthalten sein

Heuer habe ich beim ‘Satz des Pythagoras‘ eine Rechercheaufgabe eingeplant. Die

Schüler/innen mussten Beweise aus dem Internet suchen, verstehen und später präsentieren.

Manches Mal – auch in der Oberstufe – machen die Schüler/innen Interviews und fragen andere

Schüler/innen nach Lösungsansätzen von offenen Aufgabenstellungen.“

Der Unterricht von Tanja weist eine umfangreiche Vielfalt an Methodik auf, welche bei näherem

Hinschauen auch auf die unterschiedlichen Lerntypen eingehen. Besonders

Rechercheaufgaben und Interviews dienen der überfachlichen Kompetenzentwicklung, da die

Redekompetenz und das Filtern der wichtigen Informationen geschult werden.

Karl verwendet in seinem Unterricht häufig EDV gestützte Materialien, wie die bereits erwähnten

Edu puzzles. Der Mathematikunterricht zeichnet sich auch durch Stationenbetriebe und offene

Gruppenarbeiten mit abschließenden Präsentationen aus.

„Ich verwende die Edu puzzles, mit den Selbstkontrollen, verschiedene Stationenbetriebe, wobei

ich die Reihenfolge der Bearbeitung meist vorgebe und Gruppenarbeiten.“

Methoden mit größeren Freiheiten, wie Projekte oder Freiarbeiten, sind in seiner

Unterrichtsvorbereitung jedoch nicht etabliert.

Martina setzt, wie auch Tanja, eine umfangreiche Methodik im Mathematik-, wie auch im

Physikunterricht ein.

„ Ich verwende Pracemates, Kugellager, Arbeitspläne und offene Rechercheaufgaben.

Im Unterrichtsgegenstand Physik kommen natürlich auch Experimente zum Einsatz.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 69/150

Sabine beschrieb bereits oben die verwendeten Methoden, daher erfolgt nun eine kurze

Auflistung dieser Lernzugänge.

„Es besteht immer die Möglichkeit an einem Plenumsvortrag teilzunehmen. […]

In offenen Phasen werden Übungszettel und Bespiele im Mathematikbuch oder auch auf

Geogebra eingesetzt. Es gibt auch Projektarbeiten, Arbeitspläne mit abschließenden

Portfolios, Freiarbeiten und Stationenbetriebe.“

Eine empirische Studie nach Reinmann-Rothmeier und Mandl zeigt, dass direkte instruierte

Schüler/innen ein geringes fachliches Wissen aufweisen. Offene Unterrichtsformen zeigen

jedoch kein besseres Ergebnis in der Entwicklung von Sozial- und Methodenkompetenz.

Eine Kombination beider Denkansätze erzählt im Vergleich zu den einzelnen

Betrachtungsweisen, gute Resultate (vgl. zit. nach, Meyer, 2004, S. 81 ff.).

Im Vergleich dazu belegt Steiner (2001, S. 164-205) die positive Auswirkung vom Einsatz der

unterschiedlichen Methoden im Unterricht, insofern die Methodenvielfalt nicht im Überschuss

stattfindet. Seine Ergebnisse zeigen, dass eine Mischung aus direkten Instruktionen und

Gruppenarbeiten sich positiv auf die Ergebnissicherung auswirken.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 70/150

7.1.1.6. Auf was sollte man bei der Umsetzung besonders Acht geben,

beziehungsweise welche Einschränkungen ergeben sich durch

den offenen Unterricht?

Aus Laras Perspektive ergeben sich Problematiken bei der Umsetzung von offenen Lernformen,

die nicht zu unterschätzen sind. Bei Missachtung dieser angeführten Faktoren wird die Umsetzung

erschwert oder nicht realisierbar. Dazu zählen nicht nur der Arbeitslärm, sondern auch die

verwendeten Materialien, die einer bestimmten Form entsprechen müssen, um damit offen zu

arbeiten.

„Ich denke, dass man den Arbeitslärm nicht unterschätzen darf. Jeder hat Anrecht auf einen

ruhigen Arbeitsplatz, daher bin ich streng im Einhalten der ruhigen Arbeitsumgebung. Besonders

am Marktplatz (Gang- und Außenbereich) ist das nicht einfach, wenn andere Klassen vorbeigehen

oder Pause haben […].

Für mich ist noch wichtig, dass die Unterrichtsmaterialien selbsterklärend sind – oder

zumindest Beschreibungen vorhanden sind. Jede/r muss wissen, was auf welche Art und Weise

zu machen ist und welche Ziele zu erreichen sind.“

Die klar definierten Ziele gehen aus einigen, verschiedenen Interviews hervor.

Daniela spricht von der Abgrenzung der Stoffgebiete

„Ich muss mir im Vorhinein genau überlegen, was in der offenen Phase herauskommt und

dementsprechend das „freie Vorgehen“ abgrenzen.

Die Ergebnisse der Schüler/innen lassen sich jedoch nur teilweise planen.“

Es ist fraglich wie genau die Ergebnisse im Vorhinein von der Lehrkraft geplant werden sollten.

Der offene Unterricht sollte zu individuellen Lernproduktserstellung anregen und nicht der

konkreten Planung der Lehrkraft unterliegen. Dieser Ansatz würde zu kurz greifen und die

Schüler/innen in der freien Entfaltung der Ideen möglicherweise hemmen.

Wie in den Methoden 6.5.1, 6.5.2, 6.5.3, 6.5.4 beschrieben, soll den Schüler/innen die

Mitbestimmung über die Art der Ergebnisse erlangen.

Diese Einschränkungen beziehen sich bereits sehr speziell auf die konkrete Umsetzung von

offenen Lehr- und Lernformen. Für Tanja beginnen die potentiellen Bereiche der

Einschränkungen schon viel früher. Aus ihrer Sicht ist eine Ist-Analyse notwendig, um das Umfeld

abzuschätzen und eine zielbringende Unterrichtsform umzusetzen.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 71/150

„Kommt man neu in eine Schule, ist es wichtig, dass man sich dort umsieht. Welche Strukturen

herrschen vor? Wie sind die Stundenverteilungen – Einzelstunden oder Doppelstunden. Wie

sind die Pausenregelungen? – Gibt es die 50 minütigen Fächerkanon? Wie sind die

Lernumgebungen ausgestattet und welche Lernorte hat man zur Verfügung? Gibt es bereits

offene Lernformen in dieser Schule? Gibt es Kooperationen zwischen den Lehrpersonen?

Nur mit diesen Voruntersuchungen ist aus meiner Sicht der offene Unterricht überhaupt erst

realisierbar […].

Werden bereits offene Lernformen in der Schule angewandt, ist die Umsetzung um vieles

einfacher, weil die Schüler/innen die Strukturen kennen – man braucht dann zumindest nicht mehr

jeden Schritt erklären.

Eine andere Einschränkung ergibt sich aus meiner Sicht aus der mangelnden kollegialen

Absprache. Fehlen die Kooperationen zwischen den Lehrer/innen kann das gesamte

Unterrichtskonzept zu Fall gebracht werden – besonders bei größeren Sachen, wie bei Projekten.“

Nach (Kuper, 2002, S. 859 ff.) muss zur kollegialen Kooperation erst der hierarchische Gedanke

in der Schule verschwinden. Jede Lehrperson, unabhängig von den praktizierten Dienstjahren,

soll als gleichwertig angesehen werden.

Forschungsbefunden zufolge ist auch der Schulleitungsposten eine wichtige Instanz, um das

soziale Umfeld in der Schule zu beeinflussen. Ein direkter Einfluss der Leitung auf die Gestaltung

der Schule, weist meist keine positiven Auswirkungen auf (vgl. Baumert, Leschinsky, 1986 zit.

nach Kuper, 2002, S. 859 ff.).

Um kollegiale Kritik zu vermeiden spricht Kuper (2002, S. 857 ff.) von einer Isolation oder

Vereinzelung der Lehrkräfte. Forschungsberichten zufolge ist nachweislich, dass ein

gemeinsamer Unterricht die Qualität des Lernens positiv beeinflusst.

Somit kann auch das Gegenteil, eine Reduktion der qualitativen Umsetzung vom Unterricht bei

fehlender Kooperation angenommen werden.

Die größte Problematik der offenen Unterrichtsform, sieht Roland in den zeitlichen Restriktionen,

die durch die zentrale Matura entstehen. Der Lernstoff, welcher zuvor im Rahmen freiwählbar war,

wird nun zentral vorgegeben. Daraus resultiert eine Reduktion der offenen Methodik.

„Besonders bei uns, in der Oberstufe entsteht der Zeitdruck durch die Zentralmatura, da man

im Vorhinein nicht weiß welche Themen in welcher Intensivität abgeprüft werden.

Früher konnte man als Lehrperson entscheiden, welche Themen wichtig sind und welche ich nur

oberflächlich vermittele. Durch diese Ungewissheit fühle ich mich in ein zeitliches Korsett

gezwungen, worunter die Methodik sehr leidet.

Einerseits möchte ich die Schüler/innen sehr gut auf die Matura vorbereiten, andererseits möchte

ich offene Methoden verwenden – die leider sehr zeitintensiv sind. […]“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 72/150

Die Gruppengröße ist ein weiterer Faktor, der aus Rolands Sicht eine Einschränkung der offenen

Umsetzung darstellen kann und somit nicht vernachlässigbar erscheint.

„[…] Ein Problem sehe ich im Betreuungsschlüssel. Bei zu großen Klassen/Gruppen oder

geringer Lehrer/innen-Besetzung kann die offene Umsetzung enorm eingeschränkt werden.

[…]

An unserer Schule sind die Schulstunden jeweils durch zwei Lehrkräfte besetzt, was eine kleine

Gruppengröße zur Folge hat – also eine Gruppengröße von 8-12 Schüler/innen, sonst wäre eine

Betreuung der Schüler/innen aus meiner Sicht nur schwer möglich.“

Eine schlechte, vorherrschende Infrastruktur, die fehlende Organisation der Lernarrangements,

wie der nicht vorhandene Bekanntheitsgrad der Lernmethoden innerhalb der Schule sind für Karl,

jene Punkte, die eine offene Lernform zu Fall bringen können.

„Als Einschränkung des offenen Unterrichts sehe ich in erster Linie die Organisation. Ist eine

offene Lernform schlecht organisiert artet diese in eine reine Zeitverschwendung aus – ohne

jeglichen Nutzen. […]

Ist diese Form des Unterrichts bei den Schüler/innen aus der Unterstufe oder NMS bekannt und

herrschen klare Strukturen - funktioniert die Umsetzung hingegen sehr gut – es wäre schön,

wenn die Lehrer/innen diese Vorarbeit in der Unterstufe leisten.

Für mich ist wichtig, dass die gewählte Unterrichtsform entweder bekannt ist oder schrittweise

eingeführt wird – sonst sind die Schüler/innen schlichtweg überfordert. […]“

Eine weitere Schranke ist durch die Infrastruktur gegeben.

„Offene Lernformen sind für mich nur dann wirklich sinnvoll einsetzbar, wenn die

Rahmenbedingungen, also der Zugang zum Computer, die räumlichen Gegebenheiten, und

eine geringere Gruppengrößen gegeben sind. – sonst verwende ich sie nicht gerne.“

Da sich der offene Unterricht durch Freiheiten in Raum, Zeit und Inhalt auszeichnet, sind natürlich

demensprechende Rahmenbedingungen notwendig, um eine erfolgreiche Umsetzung

anzustreben. Diese Spielregeln wurden bereits im Kapitel 6.4 näher erläutert.

Martina schließt sich der Meinung von Karl an, dass sich die Einschränkung des offenen

Unterrichts durch fehlende Organisation ergibt und ergänzt, dass zusätzliche Angebote für

schnelle und schwache Schüler/innen vorbereitet werden müssen.

„Bei einer offenen Unterrichtsform ist aus meiner Sicht zu beachten, dass die Umsetzung

klarstrukturiert und gut durchdacht erfolgt. Es sollen für besonders gute und schnelle

Schüler/innen zusätzliche Angebote eingeplant werden.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 73/150

Für schwächere Schüler/innen muss man sich überlegen, welche Hilfestellungen verwendet

werden, da ich nicht zeitgleich verschiedenen Schüler/innen die notwendigen Unterstützungen

geben kann. […]

Je freier eine Arbeitsform gewählt ist, umso mehr Erfahrungen im Umgang mit diesen Lernformen

wird von den Schüler/innen erwartet. Sind jene Formen eine Neuheit für die Lernenden, müssen

sie langsam und behutsam eingeführt werden, um die Schüler/innen nicht zu überfordern.

Um das notwendige Rüstzeug für die offene Umsetzung zu erwerben, gibt es bei uns einmal pro

Semester einen Methodiktag. Die Schüler/innen lernen dabei am Anfang ganz banale Fertigkeiten

und in höheren Klassen unterschiedliche Methoden:

Wie organisiere ich meine Schulmaterialien?

Wie räumt man einen Arbeitsplatz zusammen?

Wie räumt man die eigene Schultasche richtig ein?

Wie lernt man richtig? – Die Schüler/innen können dann einen Lerntypentest machen, um

den eigenen Lerntyp zu bestimmen. Anschließend bekommen sie von uns die entsprechenden

Tipps, um effizient zu lernen. (mache Absätze im Heft, verwende Farbstifte, schreibe dir

Lernkärtchen, sage den Lernstoff laut auf…)

Wie funktioniert flüstern?

Wie filtert man nur die wichtigen Informationen aus einem Fließtext?

Welche Internetseiten beschreiben die gesuchten Daten?

Wie gestaltet man ein Lernprodukt?

Wie übernimmt man aus Filmen die wichtigsten Details?

Wie erstellt man ein Exzerpt?

Es werden in jedem Semester auch neue, offene Methoden erlernt.

Eine Schranke der offenen Umsetzung wird sich in Zukunft für die NMS ergeben.

Bei der Umstellung von der Hauptschule in die NMS wurde das Teamteaching in den

Hauptgegenständen eingeführt, um der Heterogenität gerecht zu werden.

Durch Einsparungsmaßnahmen werden nun die Lehrkräfte wegrationalisiert, was zu einer

Gruppengröße von bis zu 25 Schüler/innen führt.

„Der offene Unterricht in Mathematik ist in der NMS noch gut umsetzbar, da wir zu zweit in der

Klasse agieren. Ich weiß von meinen Kollegen/Kolleginnen, dass dies nicht mehr lange der Fall

sein wird, da die zweite Lehrkraft in vielen Schulen bereits abgezogen wurde – aber das war ja

vorhersehbar.

Wenn ich alleine mit 25 Schüler/innen bin, ist der offene Unterricht nicht umsetzbar. Wie mein

Unterricht in Zukunft aussehen wird, kann ich noch nicht sagen. Besonders in den ersten Klassen,

wenn die Formen eingeführt werden, wird die offene Umsetzung nur schwer realisierbar sein. […]“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 74/150

Sabine schließt sich mit ihren Angaben über die Einschränkungen der offenen Unterrichtsformen

den bereits angeführten Interviews an. Sie spricht von notwendiger Organisation, schrittweiser

Öffnung der unterschiedlichen Bereiche und von klaren Spielregeln.

„Der offene Unterricht muss erarbeitet bzw. erlernt werden, sonst kann er zu einer ziellosen

zeitraubenden Art des Lernens ausarten. Der Umgang mit diesen Freiheiten gehört trainiert.

Am Anfang sind die Rahmenbedingungen im Unterricht sehr eng gesteckt, die Öffnung erfolgt

auch hierbei nach und nach. […]

Die Spielregeln im Unterricht gehören am Anfang klar kommunizieren, dazu zählen für mich auch

der Umgang mit den Lernmaterialien und die räumlichen Gegebenheiten.“

Für Sabine bringt die gesamtheitliche Umsetzung der offenen Lernformen bessere Ergebnisse,

als die vereinzelte Anwendung.

„Eine flächendeckende Umsetzung der offenen Lernformen ist aus meiner Sicht zielführender,

als die vereinzelte Anwendung. Das Switchen zwischen geschlossen und offenen Lernansätzen

funktioniert nicht so gut. Man bekommt schnell die Rückmeldung von den Schüler/innen, dass der

offene Unterricht ein Mehraufwand für sie ist und sie sich nicht berieseln lassen können. […]“

Die Einschränkungen der offenen Lernformen ergeben sich für Franz, wie bei anderen der

befragten Lehrpersonen, durch einen Mangel an Organisation. Im Vergleich zum geschlossenen

Unterricht, der aus seiner Sicht auch spontan umgesetzt werden kann, erlauben die offenen

Lernformen keine Improvisationen.

„Bei den offenen Lernformen muss es klare Spielregeln und Rahmenbedingungen geben, die

strikt einzuhalten sind. Die Planung dieser geöffneten Sequenzen ist besonders wichtig, da das

Improvisieren, wie es beim lehrerzentrierten Unterricht möglich ist, hier als problematisch gilt.

[…]“

Aus den beschriebenen Interviews macht sich besonders die Organisation als wichtigen Faktor

bemerkbar, der unbedingt beim Einsatz von offenen Lernformen beachtet werden muss. Werden

diese Rahmenbedingungen nicht vehement eingefordert, leidet einerseits die Qualität der

Abschlussprodukte und andererseits kann die Umsetzung zur Zeitverschwendung oder zum

Chaos führen (Siehe Kapitel 6.4).

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 75/150

7.1.2. Organisatorisches

7.1.2.1. Wie sind die räumlichen Gegebenheiten für die Umsetzung des

Mathematikunterrichts?

In den abgehaltenen Interviews stellte sich heraus, dass die Lernörtlichkeiten bei den befragten

Lehrkräften sehr ähnlich sind.

Bei drei der interviewten Lehrpersonen (Martina, Karl und Franz) erfolgt der Unterricht, mit

Ausnahme des EDV-Raums, welcher im Vorhinein zu reservieren ist, in der Klasse.

Die Gänge werden nicht genutzt, da sie ihrer Sicht dafür nicht geeignet sind.

Meiner Meinung nach wäre die Nutzung zusätzlicher Lernumgebungen sehr wohl realisierbar,

da es keine großen Aufwendungen darstellt. Würden vereinzelt Tische und Bänke auf den Gang

verteilt, könnte dieser effektiver genutzt werden. Dies gilt zumindest für die Sommerzeit, da aus

Martinas Interview hervorging, dass die Gänge im Winter nur schlecht beheizt sind.

„Bei uns kann nur in den Klassen gelernt werden, da die EDV-Säle am Vormittag immer

besetzt sind und die Gänge nicht für das Lernen ausgelegt sind. Im Winter sind sie außerdem

nur kalt – und das ist echt nicht lustig.“

Franz fühlt sich durch die räumlichen Gegebenheiten in seinem Unterrichtstil eingeschränkt und

sucht in diesem Bereich den Grund für seine reduzierte Öffnung des Unterrichts.

„Da unsere Gänge nicht für einen Lernort geschaffen sind, erfolgt der Unterricht nur in der Klasse,

oder im EDV-Saal. Dabei gibt es nur geringe Möglichkeiten zur Umstrukturierung. […]

Die Tische werden in meinem Unterricht nicht verschoben, daher kommt nur der Sitznachbar/ die

Sitznachbarin als Teampartner/in in Frage – es würde ansonsten einfach zu lange dauern und zu

umständlich sein.

Ich glaube, dass die fehlende Räumlichkeit der Grund für meinen eigentlich, nicht wirklich offenen

Unterricht ist. Hätte ich andere Räume zur Verfügung, würde mein Mathematikunterricht

wahrscheinlich anders aussehen.“

Da ich den Unterricht an der Schule von Franz kenne, mache ich eher das konventionelle

Konzept, welches an der Schule vorherrscht für die mangelnde Umsetzung des offenen

Unterrichts und die Reduktion des Lernortes verantwortlich. Man konnte in der gesamten Schule

keine Lernorte am Gang finden, beziehungsweise waren die Schüler/innen nur in den

Pausenzeiten am Gang vertreten. Signalisierte die Glocke das Ende der Pause, waren die

Gangbereiche für die folgenden 50 Minuten menschenleer.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 76/150

In Danielas Schule gibt es zusätzliche Räumlichkeiten, die als Lernorte genutzt werden.

„Uns stehen der Klassenraum, freie Klassenräume oder Computerräume (diese müssen im

Vorfeld reserviert werden) und das Schulgebäude zur Verfügung - also Gang, Aula, Buffet –

sofern die Lautstärke passt“

Möglicherweise spielt auch das Alter der Schüler/innen eine ausschlaggebende Rolle. Daniela

ist in der BMHS tätig, was einer Altersgruppe zwischen 15 und 19 bedeutet. Die Aufsichtspflicht

über diese Schüler/innen ist aufgelockerter geregelt, als bei Lernenden aus der Unterstufe, NMS

oder dem PTS. Aus diesem Grund ist die Verteilung der Schüler/innen auf das gesamte

Schulgebäude, wie es Daniela beschreibt, vermutlich einfacher zu realisieren.

In der Schule von Sabine wird jede noch so kleine Räumlichkeit zu einer Lernumgebung

umfunktioniert.

„Wir haben viele kleine Räume und viele Nischen – zwischen den Klassen befinden sich

immer Freiklassen, die beidseitig begehbar sind und jede Nische ist bestuhlt.

Wir haben eigentlich keine Kustodiatsräume, weil sie zu Lernräumen umfunktioniert wurden. […]

Der Gang selbst gilt als Lernort – Das steht sogar in der Hausordnung.

‚Der Gang ist ein Lernort, daher ist es leise, weil jeder das Anrecht auf einen ruhigen

Arbeitsplatz hat‘. […]“

Diese Ausführung der Lernorte ist jedoch nur realisierbar, weil die Schule als gesamte Institution

hinter diesem Lernansatz steht. Würden nur wenige Lehrkräfte den Gang als Lernort definieren,

währenddessen andere den Unterricht rein in der Klasse umsetzen, wären Unstimmigkeiten

bezüglich der Lautstärke absehbar.

In den Schulen von Tanja, Lara und Roland erhalten die Schüler/innen nicht nur die Möglichkeit

am Gang, in der Klasse, in Lernräumen oder im EDV-Saal zu arbeiten, es sind zusätzliche

Lernörtlichkeiten im Freien, also im Innenhof eingerichtet.

Lara: „[…] Ist das Verhalten und Engagement der Schüler/innen gut, sperre ich den Innenhof

auf und sie können ihre Mathematikaufgaben auch dort lösen.“

Roland: „[…] Meine Schüler/innen dürfen nur dann im Hof lernen, wenn sie die Unterschrift

der Erziehungsberechtigten aufweisen können und ich ihnen vertraue, dass sie keinen

Blödsinn machen - wie Rauchen, Einkaufengehen oder Sonstiges.“

Tanja: „ […] Die Schüler/innen können auch im Innenhof der Schule lernen, falls die

Aufsichtspflicht gewährleistet ist.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 77/150

Die Schüler/innen erhalten die Chance den passenden Lernort auszuwählen.

In der methodischen – inhaltlichen Öffnung spricht Gudjons (Kapitel 6.3) von der Schaffung der

angenehmen Lernatmosphäre durch offene Strukturen. Für mich ist die Entscheidungsfreiheit

über den Lernort unter anderem ein Bestandteil einer angenehmen Lernatmosphäre.

Diese Freiheiten werden, wie die Interviews zeigen einigen Schüler/innen verwehrt, da ihnen

das Lernen lediglich in der Klasse gestattet ist, in welcher stets wenig Platz vorhanden ist. Eine

Erweiterung der Lernorte in den Sommermonaten auf den Gang oder sogar in den Garten wäre

aus meiner Sicht wünschenswert.

Da ich auch die Schule von Martina persönlich kenne, kann ich behaupten, dass die

vorliegenden Gegebenheiten diese Erweiterung erlauben würden.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 78/150

7.1.2.2. Wie empfinden Sie das Classroom-Management im Vergleich

offenen zu geschlossenen Lernformen?

Das Classroom-Management wird als „das Handeln der Lehrperson, das auf die Errichtung und

Aufrechterhaltung von Ordnungs- und Kommunikationsstrukturen, sowie auf die aktive

Partizipation der Schülerinnen und Schüler am Unterricht beschrieben.

Es bildet somit die eigentliche Basis für die Lernprozesse.“ (vgl. Schönbächler, 2008, S. 23 ff.)

Lara empfindet das Classroom-Management in offenen Formen aufwändiger, da die

Schüler/innen auf unterschiedliche Lernorte verteilt sind und es nicht immer als einfach erscheint

den Überblick zu behalten.

„Das Classroom-Management in offenen Sequenzen ist mit Sicherheit aufwändiger, weil die

Schüler/innen auf verschiedene Orte aufgeteilt sind. […]

Es befinden sich viele Schüler/innen aus unterschiedlichen Gruppen am Marktplatz (Lernort

außerhalb der Klasse), dabei den Überblick über die eigene Gruppe zu behalten, ist nicht einfach

– man soll natürlich auch über den Leistungsstand der einzelnen Schüler/innen Bescheid wissen

– das finde ich in einer geschlossenen Form einfacher.

Schwache Schüler/innen, die sich meist in der Klasse befinden benötigen mehr Unterstützung,

in der Zwischenzeit soll man am Marktplatz für die notwendige Ruhe sorgen – da müsste man

sich öfter zweiteilen.“

Kounin (1976, S. 85 ff.) beschreibt diese Situationen durch die Allgegenwertigkeit der Lehrperson.

Die Lehrkraft soll den Schüler/innen vermitteln, dass er/sie den Überblick über das gesamte

Geschehen, an den unterschiedlichen Lernorten hat. Durch differenzierte Arbeitsmaterialien

ergeben sich aus seiner Sicht jedoch zusätzliche Aufwendungen.

Die Heterogenität einer Gruppe bildet einen ausschlaggebenden Faktor, der den Aufwand des

Classroom-Managements erheblich beeinflusst.

Bei einer falschen Forderung und Förderung von Schüler/innen können diese sehr störend wirken.

Besonders hochbegabte Kinder weisen verschiedene Verhaltensprofile auf und können sehr

unterschiedlich auf unpassende Unterrichtsmaterialien reagieren.

Diese Schüler/innen müssen nicht durch gute Leistungen und gutes Verhalten auffallen, sondern

können den geplanten Unterricht zu Fall bringen, indem sie aufgrund von Langerweile, den

gesamten Unterricht unangenehm beeinflussen (vgl. Betts & Neihart, 1988).

Nicht zu vernachlässigen sind zudem Handlungen von Schüler/innen, die auf der Suche nach

Aufmerksamkeit sind.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 79/150

Manche Schüler/innen sind stets auf der Suche nach Bestätigungen. Ausständiges Lob, aufgrund

eines Zeitmangels der Lehrperson, kann diese Schüler/innen zu unpassenden Handlungen

veranlassen. Dies äußert sich oftmals in Unruhen und demotivierter Haltung der Schüler/innen.

Die folgenden Aussagen über das Classroom-Management gehen d'accord mit jener von Bohl.

Das Classroom-Management hängt für Daniela stark vom Grad der Öffnung ab. Bei Öffnungen

hinsichtlich der Lernorte steigt aus ihrer Sicht der Aufwand im Classroom-Management, wie sie

beschreibt:

„Je nachdem welche Freiheiten die Schüler/innen haben ist das Classroom-Management gleich

dem geschlossenen Unterricht – also bei Lernumgebung innerhalb der Klasse. Es ist bei der

Benutzung von zusätzlichen Räumlichkeiten bestimmt aufwendiger.“

Tanja schließt sich den bereits angeführten Argumenten an, welche aus Sicht von Lara und

Daniela für den Mehraufwand am Classroom-Management verantwortlich sind und macht den

resultierenden Zusatzaufwand an der fehlenden, direkten Instruktion und Kontrolle durch die

Lehrkraft fest.

„[…]Bei einer geschlossenen Sequenz hat man einen besseren Überblick und eine stärkere

Kontrolle über die einzelnen Schüler/innen, weil man sie direkt instruiert. Ich kann dabei

Lerninhalte, Lerntempo, Methoden, Lernort und Lautstärke besser steuern.“

In Sabines Unterricht herrschen strikte Regeln und Vereinbarungen, welche umgesetzt und

eingefordert werden. Ist dieses System des Classroom-Managements am Laufen wird es nur von

den Lehrkräften selbst verletzt.

„Ich führe das Classroom-Management am Beginn der ersten Klasse sehr rigoros ein. Dazu

zählen die Arbeitshaltung, der Umgang mit den Lernmaterialien, die Arbeitslautstärke und die

Trennung von Arbeitsphase und Pause. Möchte ich mit einem Schüler/ einer Schülerin was klären

gehe ich mit Demjenigen/Derjenigen in einen kleinen Nebenraum, damit ich die anderen im

Arbeitsprozess nicht störe.

Läuft das Classroom-Management, sind die Lehrer/innen diejenigen, die das funktionierende

System stören. Man braucht nur über einen Schüler/ eine Schülerin mit einem Kollegen/einer

Kollegin sprechen, lenkt man andere Schüler/innen ab.“

Dabei spricht Kounin (1976, S. 101 ff.) von der Reibungslosigkeit. Es sollten unnötige

Unterbrechungen und Verzögerungen, jeglicher Art vermieden werden, um den Lernfluss nicht

zu stören.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 80/150

Zudem sollten Gespräche über Verhaltensweisen oder Lernfortschritten im kollegialen Rahmen

geführt werden und nicht während des laufenden Unterrichtsgeschehens.

Roland und Martina empfinden das Classroom-Management einer geschlossenen und offenen

Lernstunde gleich aufwendig. Die Planung dieser organisatorischen Bedingung ist aus ihrer Sicht

für eine offene Form eine andere, als bei einer Geschlossenen.

Roland: „Das Classroom-Management ist aus meiner Sicht bei einer offenen Lernform genau

so aufwendig, als bei geschlossenen Unterrichtsansätzen. Eine offene Form ist aus meiner

Sicht aber anders zu behandeln, als eine Geschlossene – ich kann aber nicht beschreiben wie.

Bei offenen Lehrformen ist auch mein Wohlbefinden höher, als in lehrerzentrierten Sequenzen.“

Martina sieht im Classroom-Management des gut strukturierten offenen Unterrichts keine

zusätzlichen Aufwendungen, sondern eher eine Chance auf einen besseren Einblick in das

Handeln der Schüler/innen.

„Erfolgt der Unterricht in einer geschlossenen Lernform, kann ich oft nicht nachvollziehen wer

mitarbeitet und wer gerade vor sich hin träumt. […]

Wenn die Schüler/innen wissen was zu tun ist, ergeben sich für mich durch offene Lernformen

keine zusätzlichen Aufwendungen im Bereich des Classroom-Managements.“

Karl und Franz führen keine konkreten Aussagen zum Thema des Classroom-Managements

an.

Franz begründet dies durch seine abgewandelte Form des offenen Unterrichts.

„Zum Thema Classroom-Management bei offenen oder geschlossenen Formen kann ich nicht

viel sagen, da mein offener Unterricht nicht wirklich offen ist.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 81/150

7.1.2.3. Wie hoch ist die Arbeitslautstärke vom offenen Unterricht im

Vergleich zu anderen Lernformen?

Bei der Frage nach der Arbeitslautstärke im laufenden Betrieb der unterschiedlichen Lernformen,

ist die Meinung der interviewten Lehrpersonen geteilt.

Aus Laras Sicht ist die Arbeitslautstärke in jeder umgesetzten Lernform in etwa gleich hoch.

„In meinem Unterricht macht es keinen Unterschied, ob dieser offen oder geschlossen

abgehalten wird. Die Arbeitslautstärke ist in jeder Form ungefähr gleich hoch.“

Karl und Tanja können dieser Aussage zum Teil zustimmen. Sie beschreiben ihre Situation mit

sehr ähnlichen Aussagen:

Tanja: „Die Arbeitslautstärke ist in offenen Lernformen besonders am Anfang höher. Haben

die Schüler/innen einen passenden Lernplatz und die richtigen Lernutensilien gefunden, senkt

sich der Lärmpegel auf die Lautstärke des geschlossenen Unterrichts. […]

Da die Lernumgebung, im offenen Unterricht sehr ruhig ist, empfinde ich das Flüstern der

Schüler/innen, welche eine Aufgabe in Partner- oder Gruppenarbeit erfüllen leiser, als manches

Schwätzen von Schüler/innen innerhalb einer lehrerzentrierten Einheit.“

Für Daniela hingegen gibt es klarerweise ein Lernarrangement, mit erhöhtem Lärmpegel.

„Im Vergleich zum Frontalunterricht ist die Arbeitslautstärke in offenen Formen auf jeden Fall

höher.“

Auch für Martina ergibt sich durch den offenen Unterricht eine höhere Arbeitslautstärke, die

jedoch positiv zu bewerten ist.

„Die Arbeitslautstärke ist in einer offenen Lernform meist höher, als beim geschlossenen

Unterricht. Eine Gruppenarbeit benötigt eben Absprachen mit den Kollegen/Kolleginnen. Ich finde

diese Gespräche aber nicht störend. Man kann dadurch erkennen, dass die Schüler/innen aktiv

mitarbeiten.“

Roland empfindet die Lautstärke in einer offenen Lernform höher, kann dies jedoch keinen

konkreten Begründungen zuordnen.

„[…] Die Arbeitslautstärke hängt von den Schüler/innen und von den zu bearbeitenden Themen

ab. Manche Teilnehmer/innen arbeiten sehr konzentriert und leise, andere müssen laufend in der

Lautstärke eingebremst werden.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 82/150

Sabine sieht die Arbeitslautstärke als Faktor, der vom Bekanntheitsgrad der Lernform abhängig

ist.

„Sind die Schüler/innen die Form des Lernens gewohnt, ist die Arbeitslautstärke in einer offenen

Lernumgebung niedrig.

Bei der Einführung des offenen Unterrichts hingegen, ist die Arbeitslautstärke sehr hoch.

Durch strikte Einforderung der gewünschten Arbeitslautstärke wird es leiser, da die Schüler/innen

selbst ihren Vorteil aus einer ruhigen Lernumgebung erkennen.“

Franz sieht keinen direkten Zusammenhang zwischen der angewandten Methode und der

Arbeitslautstärke. Die Arbeitslautstärke ist vom Empfinden des Einzelnen abhängig, wird diese

Schwelle übertreten, muss man jedoch einschreiten.

„Die Lautstärke kann in jeder Methode – egal ob offen oder geschlossen von sehr leise bis sehr

laut schwanken. Je nach eigenem Empfinden muss man diese steuern.“

Die befragten Lehrpersonen empfinden die Lautstärke im offenen Unterricht sehr

unterschiedlich. Auf manche wirkt die Umsetzung sehr laut, andere wiederum beschreiben die

offenen Lernformen als Methoden, die nur zu Beginn oder in der Einführungsphase laut sind und

später leiser werden. In diesem Prozess kann die Lautstärke unter jene, des geschlossenen,

lehrerzentrierten Unterrichts fallen.

Bei der Bewertung der Arbeitslautstärke sind natürlich auch die Gruppengröße und der

Arbeitsraum bestimmende Faktoren.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 83/150

7.1.2.4. Aus organisatorischer Sicht: Welche Unterrichtsformen weisen

einen höheren Arbeitsaufwand auf?

Der Aufwand der Planung von offenen Unterrichtsformen wird von allen befragten Lehrpersonen

als hoch eingeschätzt. Unterrichtsvorbereitungen von geschlossenen Einheiten, sind im Vergleich

dazu mit weniger Arbeitsaufwand verbunden.

In Laras Schule werden alle Mathematikeinheiten im offenen Stil unterrichtet. Da die erstellten

Materialien im Unterrichtsgegenstand Mathematik von allen Lehrkräften verwendet werden,

erfolgt auch Planung und Erstellung im Team. Wobei dies in diesem Fall keine direkte

gemeinsame Erstellung bedeutet, sondern eine abwechselnde Planung.

„[…] Im Vorjahr wurden an unserer Schule alle Wochenpläne und Arbeitsmaterialien neu

erstellt, was ein enormer Arbeitsaufwand war. Die Erstellung fand in der

Mathematiklehrer/innen-Gruppe statt, das heißt, dass jede Lehrperson jede fünfte Woche den

Wochenplan zusammenstellte und den anderen Lehrpersonen fertig kopiert auf den Platz legte.

In den folgenden Jahren werden diese Materialien nur mehr angepasst, was den

Arbeitsaufwand erheblich senkt.

Diese Art der Planung ist für mich nur durch die tolle und offene Kooperation unter den

Lehrer/innen möglich.

Ich glaube, dass eine gemeinsame Planung im lehrerzentrierten Unterricht nicht so gut funktioniert

– dann wäre diese Form des offenen Unterrichts extrem aufwändig.“

Wie bereits im Kapitel 7.1.1.5 erwähnt ist die Kooperation innerhalb der Schule ein wichtiges

Qualitätskriterium der Schule. Es können verschiedene Ansätze des Lernens gestaltet werden.

Wie im Interview von Lara ersichtlich ist, sinkt bei dieser Vorgehensweise der Gesamtaufwand

der Planung.

Daniela beschreibt nicht nur den offenen Unterricht als arbeitsintensiv, sondern auch die

Verwendung von digitalen Medien in der Schule als umständlich. Besonders die Verwendung

von elektronischen Geräten muss erprobt werden, da es sonst zu zeitintensiven Pannen oder

spontanen Änderungen kommen kann.

„[…] Nicht nur der offene Unterricht ist mehr Aufwand, sondern auch der Medieneinsatz im

Unterricht – da muss viel genauer geplant werden.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 84/150

Für Tanja ergibt sich der zusätzliche Aufwand durch die selbsterstellen Arbeitsmaterialien.

„Die meisten Lernmaterialien erstelle ich selbst, weil vorhandene Übungsblätter oder Merkzettel

einfach nicht richtig passen – das ist extrem zeitintensiv.

Die dafür benötigten Materialen müssen vor der Durchführung besorgt und anschließend

entsprechend verarbeitet werden. – Man muss basteln, malen, laminieren, kopieren und vieles

mehr. Weil sich der offene Unterricht zur Differenzierung anbietet, soll man diesem auch gerecht

werden – also erstelle ich alle Materialien auf mindestens drei unterschiedliche Leistungsniveaus.

Manches Mal gibt es auch Bonusaufgaben, um begabte und interessierte Schüler/innen

entsprechend zu fördern, wodurch sich Arbeitsaufwand zusätzlich erhöht. […]

Bei der Erstellung der Materialien achte ich auf die unmissverständliche Beschreibung, da ich

nicht in allen Freiarbeitsstunden anwesend sein kann. Sind die Materialien nicht selbsterklärend,

würde die offene Arbeit ins Stocken kommen.

Martina schließt sich in der Sichtweise von Tanja an und begründet den Mehraufwand durch die

Differenzierung. Für Martina, Roland und Franz relativiert sich der Aufwand jedoch durch die

Einsatzdauer der offenen Materialien.

Franz: „Sieht man diese Aufwendungen über die Jahre verteilt, in welchen diese Materialien in

adaptierter Form verwendet werden können, hält er sich der Aufwand in Grenzen.“

Roland spricht zusätzlich von der Planung im Team, was zu einer weiteren Reduktion der

Aufwendungen führt.

Der zusätzliche Aufwand ergibt sich für Karl aus der Digitalisierung der Medien.

„[…] Es müssen die Materialien digital verfügbar sein – das geht nicht von heute auf morgen,

sondern muss sich über Jahre hin entwickeln.“

Diese Aussage über die nötige Digitalisierung entspricht nicht den Vorgaben des offenen

Unterrichts. Betrachtet man einen Stationenbetrieb näher, wurde im Kapitel 6.5.2 vermerkt, dass

die Stationen unterschiedliche Zugänge anbieten sollen. Ob digitale Stationen enthalten sind

und welchen Umfang diese aufweisen, liegt stets in der Hand der Lehrperson. Der digitale

Zugang kann ermöglicht werden, stellt jedoch keine Notwendigkeit dar.

Selbst andere offene Zugänge, wie die Freiarbeit, der Wochenplan, der Projektunterricht (siehe

Kapitel 6.5.1-6.5.4) weisen nicht nachdrücklich auf einen digitalen Zugang hin.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 85/150

Sabine beschreibt den Mehraufwand durch die penible Planung dieser Unterrichtsformen.

„Damit eine reibungslose Umsetzung möglich ist, muss der offene Unterricht sehr genau

geplant werden. Diese Planung erfolgt bei uns im Team. Wir müssen uns im Vorhinein sehr

genau überlegt, welche Materialien benötigt werden. […]

Als Beispiel - wir machen Inhalte zur Geometrie, also brauchen die Schüler/innen einen Zirkel

und das Geodreieck – somit müssen Ersatzzirkel und Dreiecke mit.

Mein Kollege möchte eine Station mit dem großen Zirkel erstellen – also brauchen wir ein Paper

am Boden und rund um genug Platz zum Konstruieren. Es gibt eine EVD-Station – also müssen

Laptops und alle Kabel mit. […]

Vergisst man eine Kleinigkeit, kann der Unterricht nicht umgesetzt werden.“

Aus den unterschiedlichen Interviews geht hervor, dass der Mehraufwand in der Planung des

offenen Unterrichts liegt. Bei der Planung im Team, wird zwar der Aufwand insofern reduziert, da

entweder die Aufgaben verteilt werden oder mehrere Kleinigkeiten beachtet werden können.

Dennoch wird jeder Schritt und die Erstellung der Materialien, als aufwendig empfunden.

Vergleicht man den Planungsaufwand mit der Dauer des Einsatzes dieser Materialien, relativiert

sich dieser, da die Materialien über mehrere Jahre hinweg verwendet werden können.

Der offene Unterricht in seinen unterschiedlichen Ausprägungen bietet den notwendigen

Spielraum zur inneren Differenzierung (Kapitel 6.5.1, 6.5.2, 6.5.3, 6.5.4). Aus diesem Grund

sollten die erstellten Materialien in unterschiedlichen Leistungsniveaus angeboten werden, was

zwar zusätzliche Arbeit bedeutet, jedoch nach Meyer (Kapitel 5) Bestandteil des guten

Unterrichts ist.

Diese Erkenntnis zeigt bereits eine Studie von Gerich und Jürgens aus 1992.

Sie sprechen vom möglichen Raum einer inneren Differenzierung in der Umsetzungen von

Wochenplänen (vgl. Reketat, 2001, S. 47).

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 86/150

7.1.2.5. Wie erfolgt die Bestimmung des Lernzuwachses bei

geschlossenen Lernformen und wie erfolgt die Bestimmung

des Lernzuwachses bei offenen Lernformen? (Produkte,

Test,…)

Der folgende Abschnitt des Interviews beschäftigt sich mit der Bestimmung des

Leistungszuwachses. Es soll dabei ermittelt werden, ob die Kompetenzen und Ergebnisse aus

offenen Lernformen durch andere Messungsinstrumente ermittelt werden, als jene aus

geschlossenen Unterrichtsformen.

Lara führt die Leistungsmessung unabhängig von der gewählten Methode durch. Die Mitarbeit,

wie auch schriftliche Leistungsfeststellungen werden aus allen Lernformen auf dem gleichen

Wege erhoben.

„Bei uns gibt es keine Trennung zwischen der Bewertung von offenen und geschlossenen

Phasen im Unterricht. Der Lernstand wird wöchentlich mit einer Mitarbeitskontrolle erhoben.

[…]

Zwei Mal im Quartal gibt es sogenannte Leistungsprodukte – dabei handelt es sich um größere

schriftliche Überprüfungen über mehrere Themen der Mathematik und es gibt natürlich

Schularbeiten.

Die Mitarbeit erhebe ich in den lehrerzentrierten Erarbeitungsphasen durch Beobachtungen im

laufenden Wochenplanbetrieb. Dafür verwenden wird ein schulinternes Punktesystem. Jede

Stunde sind vier Punkte zu erreichen. Bei schlechter Mitarbeit oder fehlenden Materialien, wie

Zirkel, Mathematikbuch, Heft, Bleistift oder Geodreieck werden Punkte abgezogen. […]

Jede Woche gibt es noch Kopfrechenübungen. (Die Schüler/innen erhalten zehn

Kopfrechnungsaufgaben, die abgesammelt und kontrolliert werden). Stehen die Schüler/innen auf

einer Zwischennote werden die Ergebnisse aus diesen Übungen herangezogen – sonst fließen

sie heuer noch nicht in die Note ein - aber ab September.“

Bei Daniela schließen offene Phasen mit einem Lernprodukt ab, welches separat beurteilt wird.

„In meinem Unterricht bestimme ich die Leistung der Schüler/innen durch mündliche Mitarbeit,

indem ich Fragen stelle, durch schriftliche Lernzielkontrollen – also

Mitarbeitsüberprüfungen und durch Schularbeiten. Offene Sequenzen enden im

Mathematikunterricht mit Lernprodukten oder auch mit schriftliche oder mündliche

Überprüfungen. […]

Unter Lernprodukte verstehe ich Videos, Präsentationen, Portfolios usw.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 87/150

In der NMS von Tanja, erfolgt die Bestimmung der Leistung über Lernprodukte, Schularbeiten

und Mitarbeit.

„Die Leistungsmessung erfolgt in unserer Schule primär über die abgegebenen Produkte und

über die Schularbeiten.

Die Mitarbeit wird durch die Beteiligung am lehrerzentrierten Unterricht gemessen. In den offenen

Phasen bin ich nicht immer anwesend, daher gibt es in diesen Teilen keine

Mitarbeitsaufzeichnungen. Natürlich zählen auch Hausübungen zur Mitarbeit – sie werden in den

lehrerzentrierten Phasen vergeben und abgesammelt. […]“

In der Schule von Tanja erfolgt der Großteil des Mathematikunterrichts in offener Umsetzung,

daher greift meiner Meinung nach, ihre Bewertung der Mitarbeit zu kurz. Es sollten stets

Aufzeichnungen über die Mitarbeit in den geöffneten Phasen erfolgen. Einer mangelnden

Anwesenheit der Lehrperson stehe ich daher kritisch gegenüber.

Möglicherweise müsste das gesamte System dahingehend verändert werden, dass alle Lehrkräfte

Mitarbeitsaufzeichnungen über die beaufsichtigten Schüler/innen führen.

Es sind zu jeder Zeit Lehrkräfte für Hilfestellungen und Beobachtungen vor Ort. Werden die

Schüler/innen als Gesamtheit betrachtet, wäre eine zentral verwaltete Aufzeichnung durch jede

Lehrperson realisierbar.

Geht man auf die veränderte Lehrer/innen-Rolle ein, entspricht das beschriebene System exakt

diesen notwendigen Veränderungen – vom Wissensvermittler zum beobachtenden Lerncoach

(siehe Kapitel 6.6).

Martinas Beurteilung verläuft ähnlich wie jene von Tanja. Sie sieht jedoch Mitarbeitskontrollen als

momentanen Leistungsstand, an welchem noch gearbeitet werden kann. Die Schularbeit bildet

den Abschluss, daher sollte diese Leistungsmessung positiv ausfallen.

„[…] Ich mache laufend schriftliche Überprüfungen, damit die Schüler/innen wissen wo sie

stehen und eine Rückmeldung bekommen, falls zusätzliche Fördermaßnahmen notwendig sind.

Die Schularbeit sehe ich als Abschluss – dann ist es aber zu spät für eine Förderung.

Man muss schon viel früher ansetzen und schlechten Noten entgegenwirken.“

Franz schließt sich dem System von Daniela an und ergänzt die Erhebung der Mitarbeit mit

Diskussionen. Es bietet sich dabei die Möglichkeit viele, zusätzliche Informationen einzuholen.

„[…] Die Mitarbeit wird natürlich auch in die Gesamtnote miteinbezogen.

Die Mitarbeit bestimme ich über Schüler/innen-Schüler/innen oder Lehrer-Schüler/innen-

Diskussionen. Entweder die Schüler/innen diskutieren mit mir, dann kann ich den aktuellen

Wissensstand einschätzen oder sie diskutieren untereinander, dann setze ich mich nebenan hin

und höre ihnen zu.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 88/150

Man bekommt dabei nicht nur Informationen über den momentanen Leistungsstand, sondern

auch über die Probleme, welche die Schüler/innen haben und über die Qualität des eigenen

Unterrichts. […]“

Durch das aktive Kommunizieren und Zuhören erkennt man mögliche Lernschwierigkeiten der

Schüler/innen.

Weisen die Schüler/innen erhebliche Verständnisprobleme auf, soll man als Lehrperson über den

gewählten Lehr- und Lernweg reflektieren und möglicherweise durch einen anderen Ansatz die

Missverständnisse aus dem Weg räumen.

Roland vereinbart bereits am Anfang des Schuljahres die Wertigkeit der einzelnen Bereiche des

Unterrichts, wobei auf Wunsch der Schüler/innen die Mitarbeit eine geringere Gewichtung, als die

Schularbeiten aufweist.

„Die Bestimmung der Leistung erfolgt bei uns durch die Absolvierung der Bausteine. Diese

können sehr unterschiedlich abgeschlossen werden - also mit Experimenten, Präsentationen,

Computerprogrammen, Plakaten, Videos, Arbeitszetteln oder anderen Materialien. […]

Natürlich fließen auch die Ergebnisse der Schularbeiten in die Bewertung ein.

In den Lernphasen – in den lehrerzentrierten und in den offenen Phasen werden zusätzliche

Beobachtungen durchgeführt, um die Mitarbeit der Schüler/innen zu bestimmen.

Auf Wunsch der Schüler/innen setzt sich die Endnote heuer aus 60% Schularbeit und 40%

Mitarbeit, also Beobachtung plus Bausteine, zusammen.“

Es entspricht nicht seinen Vorstellungen, dass die Schularbeit, als Momentanaufnahme eine

höhere Wertigkeit ausweist, als die laufenden Aufzeichnungen zur Mitarbeit.

„Mein Kollege und ich wollten, die Mitarbeit höher bewerten, doch die Schüler/innen waren

einstimmig dagegen.“

Eine transparente Leistungsbeurteilung wird laut LBVO (2017) für jede Lehrkraft vorgeschrieben,

aus diesem Grund ist man verpflichtet, bereits am Anfang jedes Schuljahres die

Beurteilungskriterien zu kommunizieren.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 89/150

In der Lernstandserhebung von Karl erfolgen die Aufnahmen des Leistungszuwachses nach den

Definitionen der Lernziele. Es wird konkret die Erhebung des Erreichungsgrades der gewünschten

Lernziele durchgeführt.

Für Karl ist der Kompetenzbegriff eine Umbenennung der bisherigen Lernziele. In seinem

Unterricht sollen die Lehr- und Lernziele durch unterschiedliche Aufgabenstellungen erreicht

werden.

„Die Bestimmung des Lernzuwachses beginnt für mich mit dem Definieren der Lehr- und

Lernziele. Die Gestaltung des Unterrichts - unabhängig von der Lernform - soll die Erreichung

dieser Ziele ermöglichen. Werden die Aufgabenstellungen den unterschiedlichen Lernzielen

zugeordnet, kann im Nachhinein bestimmt werden, wie gut ein Ziel erreicht wurde. Ich kann somit

qualitative Rückmeldungen über den Lernzuwachs geben.

In offenen Lernformen erfolgt die Bestimmung mittels Präsentationen und digitalen

Lernüberprüfungen, also mit den beschriebenen Edu puzzles. […]

Momentan wird auch an Ansätzen zur digitalen Mathematikschularbeit gearbeitet, doch diese

Vorgehensweisen müssen noch reifen. […]

Im lehrerzentrierten Unterricht sind die gleichen Vorüberlegungen anzustellen, um den Lernerfolg

zu ermitteln. Es fließen neben den Schularbeitsnoten, die Mitarbeit und schriftliche

Mitarbeitsüberprüfungen ein.“

Im Unterricht von Sabine wird Wert auf individuelle Rückmeldung gelegt. Nicht nur die Noten,

sondern auch Softskills werden im Rahmen eines Bilanzgespräches diskutiert, um die

Arbeitshaltungen und Lernzugänge zu verbessern.

Die Bestimmung des Lernzuwachses erfolgt bei uns mittels Schularbeiten, schriftlicher

Mitarbeitsüberprüfungen, Portfolios, Präsentationen, Papers, freigestalteter Arbeitspläne,

individueller Beobachtungen, spezifischer Rückmeldungen und Bilanzgespräche. Dabei

werden Softskills besprochen. (Wie ist das Arbeitsverhalten? Wo wird Förderung benötigt? Liegt

permanente Über- oder Unterforderung vor?...)“

Diese Lehrperson beschreibt als einzige, dass zusätzliche Rückmeldungen, bezüglich des

Arbeitsverhaltens, in Form des Bilanzgespräches stattfinden. Es wird dabei den Schüler/innen die

Chance geboten auf Lern- und Verhaltensfehler aufmerksam zu werden. Es können im Rahmen

dieses Gespräches Auskunft zu überfachlichen Kompetenzen gegeben werden, welche ein

wichtiger Bestandteil jedes Unterrichts sein sollte. (Kapitel 4.2).

Nach Bohl und Kucharz (2013, S. 133 ff.) könnten auch Selbstbewertungen der Schüler/innen in

die Gesamtbeurteilung miteinbezogen werden. Zudem können Bewertungen von Mitschüler/innen

nach einer Präsentation oder nach einer offenen Lernphase herangezogen werden.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 90/150

7.1.3. Heterogenität in der Gruppe

Aufgrund der Heterogenität der Schulklassen kommen entsprechende Lernansätze zum Einsatz,

um das vorliegende Potential der Lernenden vollends auszuschöpfen.

Aus diesem Grund sollten bedachte Lernansätze gewählt werden, welche diesen hohen

Ansprüchen gerecht werden. Im Rahmen der Interviews wurden offene Lernansätze hinsichtlich

der Förderung von schwachen und begabten Schüler/innen analysiert.

Einen weiteren Bestandteil der Erhebung stellen unterschiedliche Fragestellungen zu

beeinflussenden Faktoren des erfolgreichen Einsetzens der offenen Lernformen dar. Genauer

gesagt handelt es sich um Migrationshintergrund, Niveau, geschlechtliche Zusammensetzung

und Alter.

7.1.3.1. In welchen Schulstufen/Klassen funktionieren die offenen

Umsetzungen am besten?

Lara und Karl können mir zu dieser Frage leider keine Auskünfte geben, da sie im PTS

unterrichten, in welchen es nur eine Schulstufe gibt.

Aus Danielas Sicht sind offene Lernformen in allen Schulstufen gut umsetzbar.

Sie kann aufgrund ihrer Anstellung an einer BMHS keine Erfahrungen bezüglich offener

Lernformen in der Unterstufe aufweisen.

„Ich habe keine Erfahrung, wie gut oder schlecht offene Lernformen in der Unterstufe

angenommen werden, aber in der Oberstufe funktionieren sie in allen Schulstufen gleich

gut. Man muss nur darauf aufpassen, dass sich manche nicht ausklinken oder die Arbeit in einer

Gruppe ungerecht verteilt ist.“

Für Tanja gibt es sehr wohl Unterschiede in der Funktionsweise der offenen Formen. Diese sind

auf das Alter der Schüler/innen zurückzuführen.

„Ich setze offene Lernformen am liebsten in der 7 - 13. Schulstufe ein. In diesem Alter können

die Schüler/innen schon selbstständig arbeiten. […]

Man muss halt beachten, dass man Schüler/innen aus der Oberstufe anders ködern muss, damit

sie motiviert sind. […]

In der 5. und 6. Schulstufe sind sie noch sehr verspielt und nur wenig selbstständig. Offene

Sequenzen können dann nur sehr behutsam und gezielt eingesetzt werden. Ein Vorteil ist, dass

sich die Schüler/innen schnell für etwas begeistern lassen. […]“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 91/150

Sabine macht die Unterschiede der Anwendungen der offenen Lernformen nicht vom Alter der

Schüler/innen abhängig, sondern vom Bekanntheitsgrad der verwendeten Methoden. Werden

offene Lernformen zum ersten Mal verwendet, kann aus ihrer Perspektive kein großer Grad an

Selbstständigkeit erwartet werden.

„[…] Wie gut eine Lernform funktioniert, hängt aus meiner Sicht nicht von der Schulstufe ab,

sondern ob die Schüler/innen es gewohnt sind in solchen Formen zu arbeiten.

Wird eine Methode neu eingeführt ist es egal wie alt die Schüler/innen sind – sie müssen erst

lernen mit einem offenen Ansatz zu arbeiten. […]“

Wie Sabine beschreibt hängt die Umsetzung für sie nicht vom Alter und somit auch von keiner

hormonellen Beeinflussung ab. Diesen Aspekt kann ich erfahrungsgemäß nicht bestätigen, da

die Schüler/innen in pubertären Phasen andere Verhaltensweisen der Lehrpersonen benötigen,

um dem Unterricht zu folgen.

Martina sieht ebenso einen Zusammenhang zwischen einer guten Umsetzung von offenen

Lernformen und dem Alter beziehungsweise dem Wissen über offene Lernformen. Für sie

funktionieren offene Lernformen in höheren Klassen der NMS besser, weil die Schüler/innen

bereits mehr Erfahrung sammeln konnten.

Ich finde, dass der Einsatz in höheren Klassen besser funktioniert, als in niedrigeren.

Im Laufe der Zeit werden die Schüler/innen selbstständiger und wissen schon mehr über die

verschiedenen Methoden. Am Anfang sind offene Methoden sehr zeitintensiv – bis jeder weiß was

zu tun ist. […]

Grundsätzlich kann aber eine offene Methode in jeder Schulstufe eingesetzt werden. […]“

Für Franz ist der Einsatz von offenen Lernformen sehr wohl vom Alter und somit von den

jeweiligen Schulstufen abhängig.

„Aus meiner Sicht eigenen sich die 5. und 6. und die 10, 11 und 12 Schulstufe am besten für

den offenen Unterricht. […]

In der 7. 8. und 9. Schulstufe befinden sich die Schüler/innen in einer hoch pubertären Phase

– da ist man schnell uncool, wenn man mit dem Lehrer diskutiert oder eine gute Mitarbeit hat.

Heuer habe ich zwar eine Klasse wo das nicht der Fall ist – aber das ist selten. […]

In der 5. und 6. Schulstufe funktioniert dieser Unterricht sehr gut, die Schüler/innen sind noch

ganz unbekümmert, sehr hilfsbereit und bringen sich gerne in den Unterricht ein. Sie wollen

präsentieren und ihr Wissen mit allen teilen. […]

In den Schulstufen 10 - 12 eignen sich komplexe Aufgaben für eine Gruppenarbeit sehr gut.

Gute Schüler/innen kristallisieren sich schnell heraus und erklären die gewonnen Erkenntnisse

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 92/150

den Schwächeren. Dies geschieht nicht nur im Unterricht, sondern auch bei den Hausübungen,

wobei die Kommunikation, wie bereits beschrieben über WhatsApp abläuft.“

Für Roland ist die erfolgreiche Umsetzung des offenen Unterrichts nicht vom Alter der

Schüler/innen abhängig, sondern vom Schwierigkeitsgrad des Stoffes und der Tagesverfassung.

„Ich glaube nicht, dass das Alter für die Umsetzung eines Unterrichts verantwortlich ist, sondern

der Schwierigkeitsgrad des Lernstoffes. Eine Lernform funktioniert nicht in jeder Gruppe gleich

gut. Es hängt von der Klasse oder von der Tagesverfassung ab – und von der Pubertät.“

Meiner Meinung nach sind hoch pubertäre Verhaltensweisen in jeglicher Form des Unterrichts

schwer handhabbar, da sich die Schüler/innen auf einer anderen Gefühlsebene befinden. Sie

verweigern häufig die Mitarbeit und setzen ihre persönlichen Ziele meist außerhalb der Schule.

Das Aussehen, die Klamotten und Freizeitaktivitäten beeinflussen das Verhalten der

Schüler/innen. Die Lernenden für den Mathematikunterricht zu begeistern, gilt besonders in

dieser Phase als sehr herausfordernde Aufgabe für jede Lehrkraft.

Meiner Erfahrung nach, können die Schüler/innen in dieser Phase des Lebens am besten mit

praktischen Zugängen zur Mitarbeit motiviert werden. Durch ein verständnisvolles,

wertschätzendes Gegenübertreten fühlen sich die Schüler/innen respektiert und können sich

zum aktiven Arbeiten überwinden.

Das Verhalten der Lehrperson muss sich dabei von der Beschützerrolle zum Lernbegleiter

ändern, da die Schüler/innen in der Entfaltung und im Erwachsenwerden mehr Freiheiten

benötigen (vgl. Röder, Scherfig, & Verbeet, 2010).

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 93/150

7.1.3.2. Wie kann eine Förderung und Forderung von Kindern mit

Defiziten am besten bewerkstelligt werden?

Lara bindet schwache Schüler/innen in den ‚normalen‘ Unterricht ein, indem sie die

verwendeten Wochenpläne adaptiert.

„Bei uns arbeiten Schüler/innen mit Lernschwierigkeiten entweder an einem reduzierten

Wochenplan oder sie müssen nur einen Teil des Arbeitsplans lösen. Diese Schüler/innen

kristallisieren sich bereits in den ersten Schulwochen heraus. Sie arbeiten vermehrt in der

Stammklasse, da dort eine bessere Betreuung angeboten wird. Ich erkläre ihnen dort auch die

Beispiele ein zweites Mal, falls das notwendig ist.

Diese Schüler/innen sollen einfach ihren Fähigkeiten entsprechend versuchen, möglichst viele

Bespiele zu erarbeiten. Eine Fertigstellung der Wochenpläne in der Freizeit, wird von diesen

Schüler/innen nicht verlangt.

Schüler/innen mit einem eingetragenen SPF bekommen einen zusätzlichen Sonderpädagogen/

eine zusätzliche Sonderpädagogin zur Seite gestellt, welche/r unterstützend wirkt. Jene

Schüler/innen arbeiten zwar am gleichen Thema, wie der Rest der Klasse - jedoch ihrem Niveau

angepasst. Die Inputphasen werden von der Zusatzkraft übernommen und entsprechend

aufgebaut. Beim Thema ‚der pythagoreische Lehrsatz‘ bearbeiteten die SPF-Schüler/innen

Aufgaben wie: ,Finde und markiere die Hypotenuse‘, oder ‚Suche rechtwinkelige Dreiecke in

unterschiedlichen Figuren‘.[…]

Ich dachte eigentlich, dass eine Förderung von schwachen Schüler/innen in einer offenen Form

nicht möglich ist, doch dann lernte ich diese Form, hier im PTS kennen.

Der Unterrichtsstil ist so individuell gestaltet, dass er an die Fähigkeiten und Bedürfnisse der

Lernenden bestmöglich angepasst ist. Weisen die SPF-Schüler/innen hohe Lernbereitschaft und

einen entsprechenden Wissensstand auf, dürfen sie natürlich auch in den freien Lernzonen

arbeiten.“

Daniela plädiert ebenso für eine Förderung von schwachen Schüler/innen mit Hilfe des offenen

Unterrichts.

„Ich bin der Meinung, dass schwache Schüler/innen im offenen Unterricht besser gefördert

werden können. Sie erhalten die Möglichkeit versteckte Stärken zu zeigen und sich in eine

Gruppenarbeit, entsprechend den Fähigkeiten, einzubringen.“

Aus Tanjas Sicht bietet sich der offene Unterricht für eine Differenzierung und somit für die

Förderung von schwachen Schüler/innen sehr gut an. (siehe auch Kapitel 6.2)

„Schüler/innen mit Defiziten werden in meinem Unterricht einerseits in der die Tutorenrolle von

anderen Schüler/innen und andererseits durch die jeweiligen Lehrkräfte unterstützt. […]

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 94/150

In den Freiarbeitsphasen versuche ich immer, dass die Materialien differenziert werden, damit

ich niemanden überfordere.

Bei Verhaltensauffälligkeiten müssen wir Lehrkräfte immer wieder einschreiten, da können

andere Schüler/innen nicht immer helfen.

Aber so gut kann ich leider auf schwache Schüler/innen im offenen Unterricht nicht eingehen.“

Geht das bei geschlossenen Formen aus Ihrer Sicht besser?

„Nein, da funktioniert die Förderung noch schlechter.“

Eine Studie über Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, besonders im Bereich der Hyperaktivität

zeigt, dass Schüler/innen mit den angeführten Defiziten in offenen Arbeitsphasen eine

Reduktion der Symptome aufweisen. Die kognitive Leistung dieser Probanden wies im Vergleich

zu den Ergebnissen des lehrerzentrierten Unterrichts keine Veränderungen auf (vgl. Flynn &

Rapoport, 1976, S. 98 ff.).

Den Grund dafür sehe ich in der Partizipation des Unterrichtsgeschehens und der zusätzlichen

körperlichen Bewegungen zwischen der Bearbeitung der Unterrichtsmaterialien und innerhalb

der vorgegebenen Räumlichkeiten. In der heutigen Gesellschaft, welche den Spielplatz oder das

Fußballfeld gegen Tablets und Laptops eintauscht, weisen die Schüler/innen häufig

überschüssige Energien auf, welche aus meiner Sicht durch einen Bewegungsmangel

hervorgerufen werden.

Ähnliche Befunde, wie oben liefert eine Studie über verhaltensgestörte Jugendliche. Die

Aggressionen und Verhaltensauffälligkeiten der Schüler/innen konnten mit Hilfe der offenen

Lernformen signifikant verringert werden (vgl. Goethe, 1992, zit. nach, Middendorf, 2008, S.

111).

Nach Middendorf (Middendorf, 2008, S. 111) bieten offene Unterrichtsarrangements gute

Ansätze zur direkten pädagogischen Intervention der betroffenen Schüler/innen.

Rolands Schule zeichnet sich durch spezielle Förderungen von Schüler/innen mit Defiziten und

Ängsten aus.

„Da wir eine reformpädagogische Schule sind, unterrichten wir auch Schüler/innen, die dem

normalen Schulalltag nicht mehr besuchen können. – zB. Schüler/innen mit Schulangst,

psychischen Problemen oder die dem Leistungsdruck nicht standhalten können.

Schwächere Schüler/innen haben aufgrund des Betreuungsschlüssels die Möglichkeit, weitere

Erklärungen von uns zu erhalten. Meistens wird in Gruppen gearbeitet, daher können auch

Schulkollegen/ Schulkolleginnen den Lernprozess unterstützen.

Zu dem bieten wir zusätzliche Betreuungszeiten in unserer Freizeit an – also von 8:00 - 9:00

morgens, weil unsere Schulstunden erst um 9:00 beginnen. Diese Stunden bekommen wir nicht

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 95/150

bezahlt. In diesen Einheiten setzen wir andere Lehrbücher ein, um neue, möglicherweise

bessere Zugänge zum Mathematikstoff zu finden.

An unserer Schule gibt es auch einen Jungen mit einem Cochlea-Implantat, also mit einer Sonde

im Gehör. Sein Problem bei offenen Lernformen liegt darin, dass er akustische Geräusche

(Gespräche, Rascheln mit Zetteln, …) nur schwer ausblenden kann. Er hört alles, selbst das

Rascheln von Papier stört seine Konzentration. Aus diesem Grund haben wir räumliche

Trennungen der Arbeitsumgebungen in einen Arbeitsraum und in einen Gruppenraum

durchgeführt.“

Der Ruf einer reformpädagogischen Schule weist zwar auf die Rücksichtnahme der

Heterogenität hin, doch eine unentgeltliche, individuelle Betreuung der Schüler/innen mit

besonderen Bedürfnissen ist ein enormes Entgegenkommen seitens der Lehrkräfte.

Dieser Ansatz ist natürlich wünschenswert, doch wohl nur für kleine Schulen, und Lehrstätten

mit sehr engagierten Lehrkräften realisierbar.

Nach Altrichter (1983) wird die Leistung in unserer Gesellschaft als Indikator der menschlichen

Wertschätzung gesehen. Aus diesem Grund werden schulische Situationen als Bedrohung

gesehen. Bei Nichterfüllung der geforderten Anforderungen kommt eine daraus resultierende

Wertminderung zu tragen.

Diese Angst führt in häufigen Situationen des Lernens erst recht zum schulischen Versagen.

Schüler/innen mit psychischen Problemen, besonders im Umgang mit Leistungsdruck oder

Notendruck finden somit in der Schule von Roland eine Alternative, um entsprechend den

Fähigkeiten ihre tatsächlichen Leistungen zu erbringen.

Für Martina erschwert das geringe Leistungsniveau einer Klasse die Umsetzung einer offenen

Lernform.

„Je schwächer die Schüler/innen sind, umso schwieriger wird das Durchführen einer offenen

Lernform. Manche Schüler/innen sind nicht in der Lage die Arbeitsaufträge sinnerfassend zu

lesen.

Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich durch die Integration von Kindern mit Lernschwierigkeiten.

Sehr oft sind genau jene Schüler/innen schlecht in die Klasse integriert, da sie in der Schule nur

schwache Leistungen bringen. Als Lehrer/in ist man dann gefordert diese Schüler/innen in die

Gruppe einzugliedern, damit auch gute Schüler/innen mit ihnen kooperieren und ihnen bei Fragen

zur Seite stehen.

Sind schwache Kinder gut integriert, können sie durch eine offene Lernform, entsprechend den

Defiziten gefördert und gefordert werden. […]

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 96/150

Kommt es zu Schwierigkeiten bei Bespielen, wissen die Schüler/innen, dass sie zuerst

Mitschüler/innen um Hilfe bitten sollen. Dies bewirkt schließlich nicht nur einen Lerneffekt bei

den schwächeren Schüler/innen, sondern auch gute Schüler/innen erreichen den höchsten Grad

an Wissen. Sind keine Schüler/innen als Ansprechpartner/innen in der Nähe, stehen meine

Kollegin und ich natürlich für Fragen zur Verfügung.“

Sabine sieht nicht nur eine Abhängigkeit der passenden Förderung der schwachen Schüler/in

von einer bestimmten Lernform, sondern eher von einer zusätzlichen Lehrkraft.

„Die Förderung von Schüler/innen mit besonderen Bedürfnissen hängt nicht nur von der

Lernmethode ab, sondern besonders von den Sonderpädagogen. Diese Schüler/innen

brauchen natürlich ein Mehr an Unterstützung. Je intensiver die Betreuung durch die/den

Sonderpädagogin/Sonderpädagogen ist, umso weniger integriert sind diese Schüler/innen in die

Klassengemeinschaft. […]

Haben sie mehr Freiheiten, können sie trotz eines Handicaps kleinere Arbeiten in einer Gruppe

leisten. Oft wird die Integration in die Klassengemeinschaft durch die Bearbeitung desselbigen

Themas, gefördert – die Materialien sehen gleich aus, haben aber ein anderes Niveau.“

Trotz einer zusätzlichen Begleitung, sollten die Schüler/innen mit besonderen Bedürfnissen das

Recht einer Integration in die Klassengemeinschaft haben. Eine Separation und Einzelbetreuung

dieser Lernenden stehe ich sehr kritisch gegenüber, da es zur dauerhaften Ausgrenzung führen

kann.

Wie auch Sabine im Interview beschreibt, können jene Schüler/innen, in Abhängigkeit der Defizite

Arbeiten in der Gruppe übernehmen. Soll zum Beispiel ein Plakat gestaltet werden, können diese

Schüler/innen Bilder suchen und ausschneiden oder die Überschriften farblich gestalten.

Durch die Integration in die Gruppe und dem verbundenen Freiraum, werden zudem stets wichtige

Schlüsselkompetenzen erworben (Kapitel 4.2).

Empirische Untersuchungen zeigen jedoch das Gegenteil, sodass meist direkte, separierte

Instruktionen stattfinden. Eine Befragung von Sonderpädagogen/ Sonderpädagoginnen

veranschaulicht, dass in etwa 70% dieser Lehrkräfte im Unterricht nur maximal 25% offene

Lernangebote einsetzen. Nur jede 8. Lehrperson verwendet offene Lernmethoden im Umfang von

50% (vgl. Preuss-Lausitz, 1997, zit. nach Graumann, 2002, S. 163).

Entsprechend der Methodenvielfalt bietet der integrative Ansatz einen größeren Freiraum, um

unterschiedliche Zugänge, als Abwechslung zur direkten Instruktion durch den

Sonderpädagogen/ die Sonderpädagogin zu praktizieren (Kapitel 5).

In der besagten Studie wurden 90 Lehrkräfte nach der Wichtigkeit der Unterrichtsmethoden

befragt. Die Auswertung zeigt einen Widerspruch zum praktizierten System.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 97/150

98% gaben die innere Differenzierung als sehr wichtigen Zugang an, 86% die Freiarbeit, 70% den

Morgenkreis, 65% die Projetarbeit, 46% den Wochenplan und 50% den Frontalunterricht (vgl.

Preuss-Lausitz, 1997, zit. nach Graumann, 2002, S. 163).

Für Franz bieten sich Moodle (Softwarepaket mit Internetkurse und Unterrichtsmaterialien), wie

auch eine gegründete Organisation als förderliche Maßnahmen von schwachen Schüler/innen

an.

„Um schwächere und sehr gute Schüler/innen zu fördern und fordern werden laufend Arbeits- und

Übungsmaterialen in verschiedenen Niveaus auf die Plattform Moodle gestellt. Dieser Service

wird aber eher in den höheren Klassen angenommen. In den Unterstufenklassen gibt es nur sehr

wenige Schüler/innen, die auf dieses Angebot zurückgreifen. […]

Vor ca. 5 Jahren habe ich eine Arbeitsgruppe für schwache Schüler/innen ins Leben gerufen.

Dabei werden in Absprache mit den Eltern, Kinder in den ersten beiden Klassen, außerhalb des

Unterrichts unterstützt, um ihre Noten zu verbessern. Manche Schüler/innen benötigen zum

Beispiel Hilfe im Umstieg von der Volksschule auf die Unterstufe. Im Rahmen der Arbeitsgruppen

werden zunächst wichtige Faktoren rund um das Lernen besprochen.

Dazu zählen folgende Punkte:

Wie kann man sich beim Lernen am besten organisieren?

Welche Vorgehensweisen gibt es, um Probleme zu lösen?

Wie kann man ein passendes Zeitmanagement aufbauen?

Das Programm startet mit einem Gespräch zwischen Eltern und Lehrpersonen, um diese über

die Absichten und Ziele aufzuklären. Dabei gilt es zu thematisieren, dass auch die Eltern eine

gewisse Rolle übernehmen müssen, um die Schüler/innen entsprechend zu fördern.

Oft sind es diese kleinen organisatorischen Hilfestellungen, die eine Note verbessern können. Die

Schüler/innen sind unheimlich dankbar, weil ihnen das Gefühl vermittelt wird, dass sie mit ihren

Problemen nicht alleine sind.

Die Erfolge dieses Projekts, hinsichtlich der Leistung, sind nachweislich messbar.

In der Oberstufe muss die Klassengemeinschaft so gestärkt sein, dass die Schüler/innen im

Team agieren, sodass selbst schwache Schüler/innen einen positiven Abschluss erhalten.“

Wie Franz beschreibt wirken in manchen Fällen bereits sehr einfache Ansätze einer Förderung

und Unterstützung der Schüler/innen. Hier beeinflussen simple organisatorische Maßnahmen

die kognitiven Leistungen der Schüler/innen positiv. Diese Förderungsansätze sind besonders in

den Übergängen der Schule, von der Volksschule in die NMS oder AHS besonders wichtig, da

die Lernenden zu dieser Zeit häufig mit den Veränderungen der Gesamtsituation überfordert

sind (neue Lehrer/innen, neue Mitschüler/innen, neues Schulgebäude, Fächerkanon,…)

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 98/150

Dieses Statement zeigt, dass leistungsschwache Schüler/innen mitunter in den ersten

Schulstufen striktere Regeln und Unterstützungen benötigen, um den schulischen Alltag zu

bewältigen.

Ähnliches zeigt auch eine Berliner Studie, die den klaren Nutzen für leistungsschwache

Schüler/innen in klarer Strukturierung und eindeutigen Maßstäben sieht (vgl. Baumert, 1986, zit.

nach Middendorf, 2008).

Karl hingegen kann über keine Erfahrungen bezüglich der Förderung von schwachen

Schüler/innen berichten, trotz seiner langjährigen praktischen Dienstzeit.

„Zur Förderung von schwachen Schüler/innen kann ich gar nichts sagen, da ich immer nur die

erste Leistungsgruppe unterrichtet habe und somit nur gute Schüler/innen hatte.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 99/150

7.1.3.3. Mit Hilfe welcher Unterrichtsformen erfolgt eine optimale

Forderung und Förderung von besonders begabten

Schüler/innen?

Durch Entscheidungsfreiheiten über Partizipation im Unterricht, zusätzlichen Aufgaben und

Funktionen versucht Lara eine entsprechende Forderung von begabten Schüler/innen zu

erzielen.

„[…] Die Schüler/innen müssen sich nicht unbedingt an meinen Inputphasen beteiligen. Wenn

sie glauben, dass sie den Stoff aus der NMS noch können, dürfen sie gleich mit dem Wochenplan

starten – das ist ihre Entscheidung. […]

Jede Woche gibt es auch einen Bonusteil am Wochenplan, den die Schüler/innen erfüllen können,

aber erst, wenn alle anderen Aufgaben fertig und mit dem Kontrollheft verglichen sind. Schaffen

sie alle Bonusaufgaben, können sich die Schüler/innen ein Plus verdienen. Es gibt daher immer

Schüler/innen, die Zuhause den Pflichtbereich machen, damit sie sich ein Plus verdienen können.

[…] Dann können sie noch Hilfslehrer/in werden – das taugt ihnen total.

Manche geben im Arbeiten vom Wochenplan richtig Gas, um diese Stufe zu erreichen. […]“

Eine Wiederholung der theoretischen Inputphasen für Schüler/innen, welche den

Mathematikstoff bereits verstanden haben, erachte ich ebenso als nicht notwendig. Die

Lernenden wären unterfordert und können aus Langeweile den Unterricht negativ beeinflussen.

Es ist jedoch auf jene Schüler/innen zu achten, die behaupten den Unterrichtsstoff zu

beherrschen, obwohl dies nicht zutrifft. Wie in solchen Situationen dann vorgegangen wird, ist im

Vorfeld zu klären.

Weitere Aufgaben mit einem Belohnungssystem zu versehen, wird nach Fürnmatt als sehr

wichtig erachtet. Unbelohnte Leistungen führen meist zu passivem, faulen oder

desinteressierten Verhaltensweisen. Aus seiner Sicht haben spielerische Aktivitäten einen in

sich belohnenden Charakter (vgl. Fürntratt, 1976, S. 57 ff.).

Da Lara im Interview beschreibt, dass die Rolle des Hilfslehrers/ der Hilfslehrerin von den

Lernenden angestrebt wird, ist dies ebenfalls als Belohnung zu sehen.

Daniela sieht eine Abhängigkeit zwischen der Begabtenförderung und der Lehrerpersönlichkeit.

„Ich bin der Meinung, dass es mit Sicherheit auf die Lehrkraft ankommt, wie die Förderung von

begabten Schüler/innen umgesetzt wird.

In meinen Einheiten erstelle ich zum Beispiel differenzierte Übungen.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 100/150

Offene Lernformen bieten sich für Tanja besonders gut an, um sehr gute Schüler/innen

entsprechend zu fordern. Sie befürwortet aber keine Freistellung aus Unterrichtsgegenständen,

da ansonsten das vorhandene Potential nicht weiter gefördert werden kann.

„Ich denke, dass offene Lernformen sehr gute Schüler/innen besonders gut fordern können. Die

Differenzierung der Aufgaben ist einfacher – das trifft halt für mich zu.

Allgemein gesehen liegt die Begabtenförderung im Engagement der Lehrperson.

In meiner anderen Schule, in welcher ich unterrichte (in der Oberstufe) werden hochbegabe

Schüler/innen einfach vom Unterricht freigestellt.

Ich unterrichte einen in Mathematik, Physik und Chemie hochbegabten Schüler, der muss diese

Fächer nicht mehr besuchen. Das finde ich sehr schade, weil er auch keine zusätzlichen

Forderungen mehr erhält. – er hätte enormes Potential.

Diese Freistellung separiert zudem den Schüler aus der Klasse – er ist mittlerweile ein richtiger

Außenseiter. Wäre der Unterricht in diesen Gegenständen offener geführt und gäbe es die Option

einer Freistellung nicht, wäre er besser gefordert und sicherlich nicht so ausgegrenzt.“

Wie auch in der Förderung von lernschwachen Schüler/innen, soll in der Begabtenförderung

eine Separierung und Ausgrenzung von einzelnen Schüler/innen vorzugsweise vermieden

werden (siehe Kapitel 7.1.3.2).

In Rolands Unterricht wird eine Begabtenförderung durch persönlich gewählte Ersatzleistungen,

anstatt der Erfüllung der Bausteine realisiert.

„Sehr begabte Schüler/innen werden an unserer Schule so gefördert, dass sie anstatt eines

bereits bekannten Bausteines, eine Ersatzleistung erbringen. […]

Die Lernenden können sich den Inhalt selbst aussuchen. Ist das ausgewählte Projekt

abgeschlossen werden die Ergebnisse vor der Klasse präsentiert, damit auch die anderen

Schüler/innen sehen, dass diejenigen Schüler/innen wirklich was gemacht haben. Ein sehr

intelligenter Schüler arbeitet beispielsweise momentan an einem Sudoku-Solver – also er

programmiert diesen.“

Wie eben im Interview von Roland beschrieben wird, erfolgt die Forderung von besonders guten

Schüler/innen auch in Karls Unterricht durch Projekte. Zusatzaufgaben findet er nicht förderlich.

„[…] In den ersten Leistungsgruppen hab ich häufig sehr intelligente Schüler/innen unterrichtet,

die den Stoff der Mathematik aus der NMS beherrschten. Diese Schüler/innen nehme ich aus dem

Regelunterricht heraus und sie erhalten eine Förderung mit einem Projekt.

Dieses Projekt soll sich mit einem Thema aus der Mathematik beschäftigen, es soll aber auch die

Schüler/innen interessieren.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 101/150

Sehr gut bietet sich das Arbeiten mit Geogebra an. Die Schüler/innen lernen angeleitet die

Erstellung eines Thaleskreises, Um- und Inkreises oder die Bestimmung der Schwerpunkte in

unterschiedlichen Dreiecken. Am Ende des Projekts präsentieren die Schüler/innen ihre

Ergebnisse und geben sie ab- damit die anderen wissen – okay der/die hat in dieser Zeit auch

was gemacht.

Dieses Angebot kann jede/r in Anspruch nehmen, der/die über das Grundprogramm

hinauskommt, die nötigen Grundziele erreicht hat. […]

Die Forderung mit Hilfe von Bonusaufgaben finde ich nicht so gut, damit demotiviert man die

Schüler/innen. Da kommt dann schnell ‚Warum soll ich mehr tun als die anderen?‘ Sie arbeiten

dann langsamer, da keiner freiwillig mehr machen möchte.“

Martina zieht offene Lernformen zur Forderung von guten Schüler/innen dem geschlossenen

Unterricht vor und bietet Bonusaufgaben und Spiele an.

„Ich finde die Differenzierung des Unterrichts und auch die Förderung von sehr guten

Schüler/innen in einer offenen Phase leichter, als in einer lehrerzentrierten Form.

Die Schüler/innen können sich selbst einschätzen und eigenständig fordern. – man sagt es ihnen

einfach was sie machen sollen – das funktioniert ganz gut.

„All jene Schüler/innen, welche die grundlegenden Aufgaben schon beherrschen, dürfen die

Bonusaufgaben machen oder ein Sudoku lösen. […] Ich finde, dass gute Arbeit auch mal

belohnt gehört!“

Die Förderung von hochbegabten Schüler/innen ist aus Sicht von Sabine nur durch

Eigeninitiative der Schüler/innen realisierbar.

„Aufgrund der Heterogenität in der NMS ist die Förderung der Spitzen, (sehr begabte oder sehr

schwache Schüler/innen) sehr schwierig. Dies gelingt weder im offenen, noch im geschlossenen

Unterricht gut genug.

Natürlich gibt es bei offenen Formen die Möglichkeit, dass sich die besonders Begabten

zusätzliche Materialien suchen, um sich selbstständig zu fordern, aber dafür brauchen sie sehr

gute soziale Kompetenzen. Im geschlossenen Unterricht hingegen, kann die Lehrperson

kontrolliert das Leistungsniveau steigern, aber man übersieht auch schnell jemanden.“

Für Franz ist im Moment die Begabtenförderung leider etwas aus der Mode gekommen, was als

problematisch anzusehen ist. Die Schüler/innen haben aufgrund außerschulischer Aktivitäten

wenig Zeit für Förderungen. Durch differenzierte Aufgabenstellungen versucht er dennoch

besonders gute Schüler/innen entsprechend zu fordern.

„Die Begabtenförderung wird im Moment etwas vernachlässigt. Der Trend liegt momentan in der

Förderung der schwachen Schüler/innen einer Klasse aber man vergisst dabei auf die

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 102/150

Leistungsspitzen. Es gibt zwar Zusatzangebote, wie die Sommerakademie oder die Mathematik-

Olympiade, doch die Schüler/innen brauchen dabei Unterstützung.

In den letzten Jahren zeigen begabte Schüler/innen besonders in der Unterstufe wenig

Eigeninitiative. Sie haben aufgrund der vollen Freizeitpläne keine Zeit an einem zusätzlichen

Förderprogramm der Schule teilzunehmen.“ […]

Die Schüler/innen sind heutzutage bis aufs Letzte ausgebucht.

Montag am Nachmittag Musikschule, am Dienstag Feuerwehr, am Mittwoch bis um 16:00

Schule, am Donnerstag Reiten, am Freitag Tennis. So sieht der Freizeitplan meiner kleinen

Nichte aus, welche 13 Jahre alt ist und ein Gymnasium besucht. Bleibt da noch Zeit um Kind

sein oder für schulische Aktivitäten?

Mit diesem vollen Nachmittagsplan ist sie jedoch eine „normale“ Schülerin an ihrer Schule. Bei

Lernschwierigkeiten kommen dann noch Nachhilfe- oder Förderstunden hinzu. Weisen

Schüler/innen jedoch Hochbegabungen in bestimmten Teilgebieten auf, ist ein zusätzlicher

Besuch einer staatlichen oder schulischen Einrichtung einfach nicht mehr möglich. Aus diesem

Grund sollte die Forderung des Potentials innerhalb der Schulstunden ermöglicht werden.

Nach Meyer (Kapitel 6.2) können Differenzierungen, wie auch offene Lernformen dazu beitragen

jeden Schüler/ jede Schülerin entsprechend zu fordern.

Franz: „Vor einigen Jahren gab es an unserer Schule einen hochbegaben engagierten Schüler,

der zur Mathematik-Olympiade antreten wollte. Er nahm dazu die Zügel selbst in die Hand und

leitete ein Projekt. Er bildete eine Gruppe aus sehr guten Schüler/innen, um komplexe

Lösungsstrategien zu entwickeln.

Ich gab ihm dafür manche Mathematikstunden, um daran zu arbeiten, der Rest wurde in der

Freizeit erarbeitet. Ich war damals nur im Hintergrund, alles andere hat er alleine gemacht. […]

Im Unterricht versuche ich besonders begabte Schüler/innen durch differenzierte oder

zusätzliche Aufgaben zu fordern. Sie haben auch manches Mal den Auftrag ein schwieriges

Beispiel aufzubereiten und es der Klasse zu präsentieren. Sie werden auch öfter als

Lerncoach eingesetzt, um Schwächere zu unterstützen.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 103/150

7.1.3.4. Ist aus Ihrer Sicht die Anwendung von offenen Lernformen von

der Leistung einer Klasse abhängig? Wenden Sie

Unterrichtsmethoden eher in leistungsstarken oder

leistungsschwachen Klassen an?

Tanja und Sabine halten sich bei dieser Fragestellung sehr kurz und äußern sich gegen eine

Korrelation zwischen der verwendeten, offenen Methodik und der Leistung einer Klasse.

Eine Anwendung der offenen Methodik (siehe Kapitel 6.5 ff.) ist auch für Lara vom Niveau der

Klasse unabhängig. Sie sieht jedoch andere beeinflussende Faktoren.

„Ich denke, dass offenen Lernformen für jedes Niveau der Klasse geschaffen sind. Die Freiheiten

und der Umfang der Arbeit muss aber im Vorhinein klar festgelegt werden.

Der Erfolg einer Methode hängt für mich von jedem Schüler/ jeder Schülerin selbst ab.“

Für Daniela ist ebenfalls keine Abhängigkeit zwischen der verwendeten Methodik und der

Leistung einer Klasse ersichtlich. Sie ergänzt jedoch, dass bei einem hohen vorherrschenden

Klassenniveau die Öffnungen umfangreicher gestaltet werden können.

„Ich glaube nicht, dass die Anwendung von der Leistung der Schüler/innen abhängig ist.

[…] Die Vorbereitungen unterscheiden sich aber. In einer leistungsstarken Klasse können die

Anforderungen noch offener sein.“

Wie die folgenden Interviews zeigen, stehen die oben angeführten Aussagen der fehlenden

Korrelation zwischen der Leistung der Schüler/innen und die verwendeten Methoden anderen

Meinungen gegenüber.

Martina berichtet aus ihrer Praxis, dass die Wahl der Methodik sehr wohl von der Leistung der

Klasse abhängt. Gute Schüler/innen sind aus ihrer Sicht viel selbstständiger und benötigen

weniger Anleitung bei der Durchführung.

„Am besten haben für mich die offenen Lernformen in der damaligen ersten Leistungsgruppe

funktioniert. Die Schüler/innen waren leistungsmäßig am stärksten und die Ziele wurden sehr gut

erfüllt – sie haben auch nur wenig Hilfe benötigt.

Je schwächer die Schüler/innen sind, umso schwieriger wird das Durchführen einer offenen

Lernform. Manche Schüler/innen sind dann oft nicht in der Lage die Arbeitsaufträge

sinnerfassend zu lesen. […]“

Diese Aussage bezieht sich jedoch nur bedingt auf die Leistung der gesamten Klassen, sondern

eher auf das Niveau der einzelnen Schüler/innen.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 104/150

Die Planung sollte aus der Perspektive von Franz auf jeden Fall dem Niveau der Klasse angepasst

werden. Die Wahl der Methodik bleibt für ihn jedoch gleich.

„Die Leistung der Klasse beeinflusst die Art des Unterrichts enorm. Eine leistungsschwache

Klasse benötigt unterschiedliche Übungsmaterialen und auch längere Übungsphasen. Bei

leistungsstarken Klassen kann man hingegen andere oder intensivere Inhalte auswählen. Die

Methodik soll aber gleich bleiben. Auch wenn eine Klasse leistungsmäßig stark ist, soll sie nicht

vom Frontalunterricht überfahren werden und nur noch Stoff „gepresst“ werden. […]“

Karl konnte mir die gestellte Frage nicht beantworten und enthielt sich seiner Meinung.

Die interviewten Personen sind sich in ihren Aussagen über den Einsatz von offenen

Lernmethoden und möglichen Einflüssen seitens des vorherrschenden Niveaus innerhalb einer

Klasse meist ähnlich.

Grundsätzlich ist aus ihrer Sicht die Anwendung von offenen Lernarrangements in allen Klassen,

möglich. Das vorliegende kognitive Niveau beeinflusst jedoch die Vorgehensweise der Lehrkraft

in der Umsetzung. Aus Sicht von Martina sind nähere Beschreibungen und Erklärungen für eine

erfolgreiche Umsetzung notwendig. Daniela macht den Grad der Öffnung von der Leistung

abhängig. Für Franz müssen die Länge und Intensivität einer Phase an das vorherrschende

Niveau angepasst werden. Durch die passende Adaptierung sollte der erfolgreiche und offene

Unterricht gewährleistet sein.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 105/150

7.1.3.5. Hat die Zusammensetzung der Klasse Einfluss auf offene

Unterrichtsformen? (Geschlecht, Migrationshintergrund,…)

Für Lara ergeben sich keinerlei Abhängigkeiten vom Geschlecht oder der Herkunft.

„Bei Kindern mit Migrationshintergrund gibt es für mich keine Einschränkungen im offenen

Unterricht. Ich denke auch nicht, dass das Geschlecht in irgendeiner Art und Weise Auswirkungen

hat. Ich unterrichte im PTS auch reine Mädchen- und reine Burschenklassen - am Marktplatz

vermischen sie sich dann wieder und es funktioniert überall gut.“

Daniela konnte zu diesem Thema noch keine Erfahrungen sammeln.

Roland spricht sich für die Beeinflussen von Kindern mit Migrationshintergrund aus. Er sieht aber

keine bessere Alternative als das Arbeiten im offenen Unterricht.

„Ich denke, dass Schüler/innen mit Migrationshintergrund, die gerade erst nach Österreich

gekommen sind, eine offene Lernform sehr wohl beeinflussen. Neben Sprachschwierigkeiten

sind sie eine andere Art des Lernens gewohnt. Sie haben eine andere Einstellung zur Arbeit

oder zur Schule. Dies muss auch berücksichtigt werden, um die Integration in die Gruppe

überhaupt zu ermöglichen. […]

Ich denke nicht, dass das in einer geschlossenen Lernform für diese Kinder einfacher wäre. Da

bekomme ich als Lehrer gar nicht mit, wie viel diese Schüler/innen wirklich verstehen.“

Roland schert mit seiner Pauschalaussage alle Kinder mit Migrationshintergrund über einen

Kamm. Wie das Statistik Portal (2017) zeigt, bilden deutsche Staatsangehörige den größeren Teil

der zugewanderten Menschen in Österreich. Aufgrund der österreichischen Kultur, welche

jener der Deutschen sehr ähnlich ist, sind auch die Arbeitsmoral und die Einstellung zur Schule

ähnlich wie unsere. Eine mögliche Differenz sehe ich lediglich in Schüler/innen mit

Migrationshintergrund, welche anderen Kulturen entstammen.

Tanja sieht keine direkte Beeinflussung durch den Migrationshintergrund, sondern durch die

Individuen per se.

Die Klassenzusammensetzung beeinflusst die Umsetzung der offenen Lernformen dahingehend,

dass es Klassen gibt, in welchen offene Unterrichtsmethoden sehr gut funktionieren und

andere, in denen diese Art von Unterricht Stunden des Nichtstuns sind.

Klischeebehaftet kann man beobachten, dass sich besonders Schülerinnen, in den ersten Klassen

der Oberstufe wenig am Mathematikunterricht im offenen Sinne beteiligen und die Arbeit von

Burschen geleistet wird. Wohingegen die Mädels, im Vergleich dazu, in den höheren Klassen

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 106/150

wieder engagierter mitarbeiten. Von welchen Faktoren dies abhängt (Alter,

Klassenzusammensetzung,…), kann ich leider nicht sagen. […]

Schüler/innen mit Migrationshintergrund sind aus meiner Sicht im lehrerzentrieren Unterricht

besser aufgehoben, da man einfach einen besseren Überblick über sie hat und den Lernstand

und das Verständnis besser erheben kann.“

Für Karl ergeben sich keine Einflüsse durch das Geschlecht und er hat keine Erfahrung mit

Kindern mit Migrationshintergrund. Für ihn gilt jedoch die Gruppengröße als beeinflussender

Faktor der erfolgreichen Umsetzung.

„Ob jetzt das Geschlecht einen Einfluss auf die Methode hat, glaub ich nicht und mit Kindern mit

Migrationshintergrund habe ich keine Erfahrung. Ich bin jedoch der Meinung, dass die

Umsetzung von offenen Lernformen von der Gruppengröße abhängt. Je größer diese wird, umso

schwieriger wird das Unterrichten.“

Da Martina an einer Landschule tätig ist, hat sie ebenso keine Erfahrungen mit Schüler/innen

anderer Herkunft. Aus ihrer Sicht ergeben sich jedoch geschlechterabhängige Verhaltensweisen.

„Bei uns an der Schule gibt es keine Kinder mit Migrationshintergrund, daher kann ich diese

Frage nicht beantworten. […]

[…] Die Lernprodukte einer offenen Lernform sich jedoch geschlechterabhängig.

Schülerinnen gestalten oft schönere Produkte, sie bemühen sich extrem und verwenden

Farbstifte […]. Burschen geben Produkte ab, auf welchen alles draufsteht was wichtig ist, die

Form ist dabei meist egal – es ist weder das eine oder andere schlecht, man kennt halt die

Unterschiede. […]

Beim Experimentieren ist ein enormer Unterschied ersichtlich. Burschen sind viel mutiger, als

Mädchen […] – aber es funktioniert für beide Geschlechter gut.“

Sabine führt hier eine ähnliche Meinung, wie zuvor Martina an. Sie sieht keine Korrelation

zwischen der Migration und der Methodik, jedoch eine Abhängigkeit zur Lesekompetenz.

„Der Migrationshintergrund hat aus meiner Sicht keinen Einfluss auf den Einsatz einer Methode,

jedoch die Lesekompetenz. Es gibt Schüler/innen, die es nicht schaffen einen Arbeitsauftrag

sinnerfassend zu lesen. Dies ist somit nicht von der Migration, sondern eher von der

Sozialisation der Kinder abhängig.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 107/150

Sabine argumentiert gegen einen Einfluss von immigrierten Schüler/innen. Sie begründet das

Versagen einer offenen Methodik, wie zuvor Martina in der fehlenden Lesekompetenz. Wobei zu

beachten ist, dass Sabine, wie auch Martina in der NMS tätig sind, zu welcher Zeit

sinnerfassendes Lesen als Voraussetzung gelten sollte.

Aus zeitlichen Gründen wurde im Interview von Franz diese Fragestellung nicht mehr behandelt.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 108/150

7.1.4. Kompetenzorientiertheit, Motivation, Merkfähigkeit und Schüler/innen-

Verhalten

Der nächste Teilbereich der Erhebung beschäftigt sich mit wichtigen Indikatoren, welche

zusätzlich zu den Punkten von Meyer (Kapitel 5), guten Unterricht definieren sollten.

Die ersten drei Fragen befassen sich mit dem fachlichen und überfachlichen Kompetenzerwerb

in den unterschiedlichen Lernzugängen. Durch gezielte Fragestellungen sollten jene

Kompetenzen erhoben werden, die durch eine konkrete Herangehensweise am effektivsten

erworben werden.

Die darauf folgenden Punkte befassen sich mit der Erhebung der Einflussfaktoren des

motivierten Arbeitens und der Merkfähigkeit, genauer gesagt mit der langfristigen Speicherung

der erlernten Informationen und Fähigkeiten.

Damit in Verbindung stehen, die im Kapitel 4.1.2 beschriebenen Lerntypen. Die letzte

Fragestellung dieses Teilbereiches befasst sich mit den eben genannten Lerntypen.

7.1.4.1. Hängt die Erreichung der mathematischen Kompetenzen von

einer bestimmten Lernform ab? Wenn ja, welche

Abhängigkeiten ergeben sich aus Ihrer Perspektive?

Durch eine Mischung der unterschiedlichen Lernformen ist aus Sicht von Lara der

mathematische Kompetenzerwerb am besten zu erzielen.

„Ich denke, dass eine Mischung aus offenen und geschlossenen Lernformen am besten ist,

um die mathematischen Kompetenzen des Kompetenzmodells zu erreichen.“

Durch offene Lernformen werden aus Sicht von Daniela andere Handlungsebenen des

Kompetenzmodells geschult, als durch geschlossene Lernmethoden.

„Ich denke, dass das Operieren und Rechnen besser im lehrerzentrierten Unterricht erlernt

wird. Die Kompetenz kreativ ein Problem zu lösen, wird dafür besser im offenen Unterricht

geschult. Durch offene Lernformen erfolgt ein intensiverer Praxisbezug. Die Beispiele können

aus der Lebenswelt der Schüler/innen gewählt werden.“

Für Tanja ergibt sich mit einer offenen Lernform ein höheres Erreichen des fachlichen Niveaus.

„Ich bin der Meinung, dass die Schüler/innen, welche mit offene Lernformen unterrichtet werden

ein höheres Niveau im Kompetenzmodell der Mathematik erreichen, als andere. Das liegt aus

meiner Sicht an der besseren Differenzierung der Materialien in offenen Methoden.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 109/150

Roland nennt konkrete Kompetenzen, die beim Arbeiten in den jeweiligen Lernmethoden besser

erreicht werden. Er schließt sich dabei der Meinung von Tanja an und beschreibt das

Automatisieren und Üben als jene Kompetenzen, auf welche diese Eigenschaft zutrifft.

„Ich denke, dass da Übung und Automatisierung von Lerninhalten in geschlossenen

Methoden besser gelernt wird. […]

Das logische Verständnis, die Argumentation und Interpretation von Beispielen, wird aus

meiner Sicht in offenen Methoden besser trainiert.

Ich bin der Meinung, dass diese Aussage nicht verallgemeinert werden kann, sondern der

Erwerb von logischem Verständnis, Argumentation oder Interpretation primär von der

Aufbereitung der Materialien abhängt. Beim geschlossenen Unterricht können stets Beispiele

eingeplant werden, in welchen Argumentationen und Interpretationen gefordert sind.

Karl spricht, wie erwähnt vom Begriff der Lernziele und stellt fest, dass der Erwerb dieser Ziele

als Aufgabe der Lehrkräfte gesehen werden soll. Durch einen gut geplanten Unterricht sollen

sich die Schüler/innen die Grundfertigkeiten aneignen. Dabei finden aus seiner Sicht keine

Zuordnungen zu speziellen Lernformen statt.

„Ich bin der Meinung, dass das System der Kompetenzorientierung vollkommen überbewertet ist.

[…] Aus meiner Sicht sind alle Fähig- und Fertigkeiten, die in der Schule erworben werden die

Grundfertigkeiten, die man als Schüler/in braucht.

Es ist doch die Aufgabe jeder Lehrperson den Schüler/innen Wissen und Fähigkeiten in

sämtlichen Bereichen zu vermitteln – das ist unser Job. Auf welche Art neues Wissen erworben

wird, ist egal – die Ziele müssen erreicht werden.“

Martina bezieht sich, wie eben Karl oder bereits zuvor Lara nicht auf eine konkrete Zuordnung,

sondern beschreibt den Erwerb sehr allgemein durch einen Methodenmix.

„Die Erreichung der Kompetenzen in den unterschiedlichen Handlungsebenen ist am besten

durch eine Mischung aus offenen und geschlossenen Lernphasen möglich.“

Sabine findet auch diese Frage sehr spannend und wartet auf die Ergebnisse des

Bildungsstandards, da es bisher dazu noch keine Studien gibt. Sie Schließt sich jedoch den

vorherrschenden Meinungen der befragten Kollegen/Kolleginnen an und beschreibt genauer:

„Diese Frage ist total interessant, ich warte schon sehr gespannt, was die Ergebnisse der

Bildungsstandards zeigen. Ich kann dazu nur eine Einschätzung treffen.

Ich vermute, dass die Schüler/innen bei der Handlungsebene 2, Rechnen und Operieren etwas

schlechter abschneiden werden, als in den Vorjahren.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 110/150

In den anderen Handlungsebenen des Kompetenzmodells der Mathematik müssen sie eigentlich

besser abschneiden – also im Interpretieren und Argumentieren und Begründen. […]

In offenen Lernformen bekommen die Schüler/innen die Möglichkeit, freie und sehr kreative

Lösungswege zu finden. (Der Lösungsweg ist freiwählbar, auch wenn er nicht unbedingt

mathematisch ist.)“

Franz ist der Meinung, dass die Kompetenzen des mathematischen Kompetenzmodells nur im

offenen Unterricht zu erlernen sind. Durch diese Einstellung gerät er jedoch manches Mal in

Zeitnot.

„Ich denke, dass der offene Unterricht notwendig ist, um überhaupt die Kompetenzen des

Modells zu erlangen - im geschlossenen, lehrerzentrierten Unterrichts funktioniert das nicht.

Besonders das Argumentieren und Interpretieren kann nur über Schüler/innen - Schüler/innen-

oder Schüler/innen-Lehrer/innen-Gespräche erlernt werden. […]

Mit dieser Einstellung kommt man aber sehr leicht in einen Zwiespalt. Einerseits möchte man die

Schüler/innen nach dem Kompetenzmodell unterrichten, um allen Handlungsebenen gerecht zu

werden, andererseits steht man als Lehrperson unter Zugzwang den Gesamtstoff der zentralen

Matura abzudecken.“

Durch die Reformierung der Hauptschulen in die neuen Mittelschulen, kommen vermehrt offene

Unterrichtskonzepte zum Einsatz. Daher sind die Schüler/innen dieses Vorgehen in den

einzelnen Unterrichtsgegenständen oder Fächerbündeln mittlerweile gewohnt.

Wie sich diese, zum Teil gravierende Veränderung auf den Erwerb der mathematischen

Kompetenzen auswirkt, konnte bislang empirisch noch nicht erhoben werden.

Aus diesem Grund stellten die Lehrkräfte zum Teil nur Vermutungen an.

Die geführten Interviews zeigen, dass durch eine Kombination aus unterschiedlichen

Lernansätzen die Erreichung der mathematischen Kompetenzen am effektivsten erfüllt wird.

Diese Kombination der Ansätze gilt für Meyer als grundlegendes Gütekriterium des guten

Unterrichts und fällt in den Bereich der Methodenvielfalt (Kapitel 5).

Die Handlungsdimension 2 – das ‚Rechnen und Operieren‘ gilt für manche der befragten

Lehrpersonen als jener Teilbereich des Kompetenzmodells, welcher durch lehrerzentrierte

Unterrichtsansätze intensiver gelernt wird.

Andere Handlungsebenen und Vorgehensweisen, wie das Ermitteln von kreativen

Vorgehensweisen, die Argumentation und Interpretation und das logische Verständnis werden

im Gegensatz dazu in offenen Lernformen besser ausgeprägt.

Zur Handlungsebene 1 - ‚Darstellen und Modellbilden‘ wurden keine konkreten Angaben

gemacht. Für Tanja und Daniela sind die Abbildung des Alltags und der notwendige

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 111/150

Praxisbezug, mit Hilfe einer offenen Lernform, einfacher zu gestalten. Für Tanja bewirken offene

Unterrichtsansätze ein höheres mathematisches Niveau, da eine innere Differenzierung und

somit ein konkretes Ansprechen der Leistungsstände der Schüler/innen möglich ist.

Ob das Lernangebot zum Erwerben von Wissen von den Schüler/innen angenommen wird, liegt

nicht mehr im Einflussbereich der jeweiligen Lehrkraft.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 112/150

Die Vorstellung der Bildung hat sich in den letzten Jahrzehnten gravierend verändert. Das

Faktenwissen, welches früher als sehr wichtig gegolten hat, kann mittlerweile in jeder guten

Fachliteratur nachgeschlagen werden. Es zählen in der heuten Zeit andere Fähigkeiten und

Werte. In der Literatur wird, wie bereits im Kapitel 4 beschrieben, von Kompetenzen

gesprochen.

Es gilt in Zukunft als Prämisse, sich die Kompetenzen in der Wissensbeschaffung, -

verarbeitung, -interpretation, im sozialen Bereich und in der Reflexion des eigenen Handelns

anzueignen. Die angeführten Kompetenzen sollen nur stellvertretend für die unzählige Fülle an

weiteren wichtigen Fähigkeiten sein, welche für das spätere Berufsleben bedeutsam sind.

Die folgenden Fragestellungen befassen sich mit den unterschiedlichen Lernzugängen und den

jeweiligen überfachlichen Kompetenzerwerb.

7.1.4.2. Welche überfachlichen Kompetenzen eignen sich die

Schüler/innen durch offene Lernformen an?

Lara beschreibt sehr umfangreich den Kompetenzerwerb durch offene Lernansätze. Dabei geht

sie auf die Sozial- und Selbstkompetenzen näher ein.

„[…] Die Schüler/innen lernen im offenen Unterricht eine Selbsteinschätzung zu treffen. Daher

können sie bestimmen, ob zusätzliche Übung notwendig ist, um die wöchentliche Lernzielkontrolle

gut zu meistern. Es besteht zu jeder Zeit das Angebot an unterschiedlichen Übungsmaterialien.

Durch offene Lernformen erreichen sie höhere Eigenständigkeit und eine höhere

Sozialkompetenz, weil sie über die Sozialformen frei entscheiden können.

Dazu zählen auch Entscheidungen über die Lautstärke beim Zusammenarbeiten, um niemanden

zu stören.

Sie lernen sich korrekt gegenüber anderen Mitschüler/innen zu verhalten. […]

Weitere Kompetenzen, welche die Schüler/innen mit offenen Lernformen erwerben, sind die

Selbstorganisation und der Umgang mit den daraus resultierenden Konsequenzen. Es wird

das Mitbringen der Mathematikutensilien gefordert. Schaffen das die Schüler/innen nicht, werden

die Lernorte eingeschränkt – und das wissen sie auch.“

Daniela hebt den Erwerb der sozialen Kompetenz durch die Anwendung der offenen Lernformen

hervor und beschreibt des Weiteren die Aneignung der Recherchekompetenz und dem

Selbstbewusstsein.

„Auf Selbstständigkeit und Eigenverantwortung haben offene Lernformen sicher eine bessere

Auswirkung als geschlossene Unterrichtsformen.

Durch offene Lernformen erwerben die Schüler/innen soziale Kompetenzen - Rücksicht auf

Klassenkammeraden/Klassenkameradinnen zu nehmen, Konflikte innerhalb der Gruppe zu lösen,

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 113/150

Selbstbewusstsein - Präsentation der eigenen Produkte und die Recherchekompetenz - wenn

Schüler/innen selbst Zusammenfassungen erstellen, und die Infos aus dem Internet erfassen

müssen.“

Martina beschreibt den Kompetenzerwerb sehr kurz und stimmt damit den bereits genannten

Kompetenzen zu.

„Durch offene Lernformen werden Kompetenzen im Bereich der Eigenverantwortung und

Selbsteinschätzung erworben“

Tanja schließt sich den bereits genannten Kompetenzen an und fügt weitere, wie die

Reflexionskompetenz, das Zeitmanagement und die Priorisierung hinzu.

„Ich denke, dass die Schüler/innen mit offene Lernformen, Kompetenzen in den Bereichen der

Selbstorganisation, Priorisierung (Bestimmung der Reihenfolge der Beispiele), Disziplin,

Sozialkompetenz (Konfliktmanagement), Rücksichtnahme (Rückgabe von verwendeten

Materialien, entsprechende Lautstärke), Reflexion (nötige Übung, erbrachte Leistung)

Selbsteinschätzung (eigene Stärken und Schwächen, Begründung der Arbeitsdauer),

Zeitmanagement und Problemlösekompetenz (Lösen Beispielen) erwerben.“

Roland zählt ebenfalls eine umfangreiche Palette an Kompetenzen auf, die sich durch offene

Lernmethoden erlernen lassen. Sie reichen von der Sozialkompetenz über

Problemlösungsstrategien und individuelle Denkprozesse, bis hin zum Zeitmanagement.

„Es ist klar, dass die Schüler/innen durch offene Lernformen die Sozialkompetenz erweitern.

Dabei werden Fertigkeiten, wie die Teamfähigkeit und der Umgang mit anderen Schüler/innen

erworben – also auch das Konfliktmanagement.

Es eigenen sich die Lernenden auch individuelle Problemlösungsstrategien und das vernetzte,

fächerübergreifende Denken an. […]

Beim gesamten Lernprozess müssen die Schüler/innen eigenständig Arbeiten und ein

gewisses Zeitmanagement an den Tag legen, da sich die Aufgaben über größere Zeitrahmen

erstrecken. Diese Fähigkeiten werden eben im späteren Studium und im Arbeitsleben

gefordert.“

Wie oben beschrieben, sieht Karl den Kompetenzerwerb als Job. Jede Lehrkraft und bezieht sich

nicht auf eine bestimmte Lernform. Die Selbstständigkeit, wie auch die Eigenverantwortung

werden für ihn, in offenen Lernformen besser geschult.

Sabine beschreibt ebenfalls sehr präzise die erworbenen Kompetenzen.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 114/150

„Die Sozialkompetenz, die Selbstkompetenz, die Ehrlichkeit zu einem selbst und die

Eigenbeurteilung sind für mich jene Kompetenzen, die mit Hilfe eines offenen Unterrichts besser

erworben werden, als mit einer geschlossenen Lernform.

Franz führt, wie auch die anderen Interviewpartner den Erwerb der Sozialkompetenz an.

Da sich überfachliche Kompetenzen, wie im Kapitel 4.2 beschrieben wurde, über eine sehr

große Bandbreite ziehen, werden große Anforderungen an den Unterricht gestellt, um den

Erwerb dieser Fertigkeiten zu ermöglichen.

Nach Harting und Klieme (2006) sind Kompetenzen nur sehr schwer sinnvoll getrennt

voneinander diagnostizierbar (vgl. Schwabe, Gebauer, & McElvany, 2012, S. 44).

Aus den Ergebnissen der Befragungen ist ersichtlich, dass durch offenen Lernarrangements

besonders Kompetenzen im sozialen Bereich geschult werden.

Dies kann durch entsprechende Freiheiten, in der Wahl der Sozialform, im eigenständigen

Arbeiten und damit verbundenen, möglichen Interaktionen mit anderen

Schulkollegen/Schulkolleginnen begründet werden.

In Abhängigkeit der Öffnungsgrade sind ebenso Fertigkeiten im Gebiet der Selbstkompetenz

(Selbstständigkeit, Eigenverantwortung, Selbstreflexion,…) zu erreichen. Diese wurden auch in

den unterschiedlichen Methoden thematisiert. (Kapitel 6.5)

Kompetenzen wie die Recherchekompetenz, Informationsbeschaffung, vernetztes Denken,

Problemlösungsstrategien sind mit Sicherheit nicht nur vom offenen Ansatz, sondern ebenso

von den aufbereiteten Materialien abhängig.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 115/150

7.1.4.3. Welche überfachlichen Kompetenzen eignen sich die

Schüler/innen durch geschlossene Lernformen an?

Wie in den folgenden Interviews zu erkennen ist, sind können nicht alle Interviewpartner/

Interviewpartnerin überfachliche Kompetenzen, die dem geschlossenen Unterricht entstammen,

benennen. Bei derselben Fragenstellung, bezüglich der offenen Lernansätze konnten die

Lehrkräfte, ohne zu zögern überfachliche Kompetenzen beschreiben.

Lara kritisiert die negativen Aspekte der geschlossenen Lernform und führt als zu erwerbende

Kompetenz, die Fachkompetenz in der Handlungsebene Operieren und Rechnen an.

„Bei lehrerzentrierten Unterrichtsformen werden die Lernenden nicht auf Eigenständigkeit

geschult. Sie müssen ruhig am Platz sitzen und können sich nur wenig in den Unterricht

einbringen, darum erwerben die Schüler/innen dabei nur Kompetenzen im Bereich der

Mathematik, wie das Operieren und Rechnen. Es entfällt meiner Meinung nach die Entfaltung

der Sozialkompetenz, da wenig interagiert wird.

Für Daniela erlangen die Schüler/innen, durch geschlossene Lernformen ebenfalls

Kompetenzen im sozialen Bereich, was im Widerspruch zur Aussage von Lara steht. Daniela

spricht dabei den respektvollen und rücksichtsvollen Umgang in der Klasse an.

„Bei geschlossenen Lernformen erlernen die Schüler/innen den respektvollen und

rücksichtsvollen Umgang mit Vorgesetzten und den angemessenen Umgang mit

Gleichaltrigen.“

Tanja sieht die erworbenen Kompetenzen im Bereich der strukturierten Arbeitshaltung und des

Selbststudiums.

„Im geschlossenen Unterricht lernen die Schüler/innen konzentriert einer Sachen zu folgen und

aufmerksam zuzuhören, vorgegebene Strukturen und Vorgehensweisen zu verwenden und

im Selbststudiums Beispiele zu arbeiten – ich kaue ihnen ja auch im lehrerzentrierten Unterricht

nicht alles vor.“

Aus meiner Sicht gehen diese wichtigen Aspekte im offenen Unterricht verloren, da auf die

strukturierte Arbeitshaltung nur wenig Wert gelegt wird.

Ähnlich wie Tanja beschreibt auch Roland, dass die Schüler/innen durch lehrerzentrierte

Sequenzen lernen den Fokus auf das Wesentliche zu legen.

„Bei geschlossenen Lernformen erwerben die Schüler/innen jene Kompetenz, fokussiert an einer

bestimmten Aufgabe zu arbeiten und nicht ständig den Arbeitsauftrag zu wechseln.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 116/150

Sabine und Franz beziehen sich ebenso auf die strukturelle Kompetenz, wie auf den Erwerb der

fachlichen Ebene.

Sabine: „Ich denke, dass die Fachkompetenz in einer geschlossenen Lernform höher ist.

Auch das Einhalten von Strukturen und Regeln wird in der lehrerzentrierten Lernform besser

erlernt.“

In offenen Unterrichtsformen haben die Schüler/innen stets die Auswahl aus unterschiedlichen

Materialien. Haben die Lernenden im Moment keine Lust eine bereits begonnen Aufgabenstellung

zu beenden, sind sie auch nicht gezwungen dies zu erledigen beziehungsweise steht es ihnen

frei die Aufgabe bei Seite zu legen.

In geschlossenen Formen ist meist diese Arbeitshaltung nicht erwünscht. Die Aufgaben sind in

einer vorgegebenen Reihenfolge abzuwickeln, auch wenn manche Arbeitsaufträge nicht den

Interessengebieten der Lernenden entsprechen.

Geschlossene Aufgabenstellungen spiegeln daher die Realität eher wider. Solche Situationen

werden im späteren Beruf, wie auch auf der Universität wiederkehrend stattfinden. Die

Schüler/innen müssen sich damit abfinden, dass Arbeit oder Schule nicht immer einfach oder

lustig ist, sondern es Vorschriften gibt, welche einzuhalten sind. Erwerben die Schüler/innen

bereits in jungen Jahren das notwenige Durchhaltevermögen, ist der spätere Umstieg mit

Sicherheit begünstigt.

Für Karl gibt es keine überfachlichen Kompetenzen, sondern lediglich Grundkompetenzen,

welche durch den Lehrplan definiert sind.

Aus seiner Sicht sollen unterschiedliche Wege zur Wissensvermittlung angeboten werden.

Martina konnte mir diese Frage leider nicht beantworten.

Global betrachtet sind jene Kompetenzen, aus dem geschlossenen Unterricht in einem anderen

Bereich angesiedelt, als die der offenen Lernformen.

Aus den geschlossenen Unterrichtskonzepten lernen die Schüler/innen eher strukturelle und

fachliche Kompetenzen, wie auch Fertigkeiten im Umgang mit Vorgesetzten, die nicht als weniger

wichtig definiert sind.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 117/150

7.1.4.4. Welche Auswirkungen Wie wirken sich offene/geschlossen

Lernformen auf die Merkfähigkeit der Schüler/innen aus?

Lara macht die Merkfähigkeit des neu erworbenen Unterrichtsstoffes nicht von einer bestimmten

Lernform, sondern vom Lerntyp abhängig.

„Ich denke nicht, dass die Merkfähigkeit unbedingt von der angewandten Methodik abhängt. Es

gibt verschiedene Lerntypen, welche durch unterschiedliche Art und Weise angesprochen

werden. Um Mathematik verstehen zu können, braucht man unterschiedliche Übungen. In

welcher Form die Umsetzung dieser, am besten funktioniert ist vom Individuum abhängig.

In manchen Fällen bieten sich geschlossene Übungen besser an, da den Schüler/innen die

notwendige Selbstständigkeit fehlt, um im offenen Unterricht zu arbeiten. Sie sind sozusagen mit

den Freiheiten, noch überfordert und können sich auf den Erwerb des Stoffgebietes selbst, wenig

konzentrieren. […]

Bei uns haben die Schüler/innen aber Pech gehabt, sie müssen selbstständig werden – das

müssen sie in der Arbeit auch.“

Diese Gestaltung des Mathematikunterrichts, ist meiner Meinung nach etwas engstirnig. Die

Aufgabe einer Lehrkraft sollte es sein, den Lernprozess unterstützend und individuell zu

gestalten und nicht nur für die große Masse zu unterrichten. Den Zugang des freiwilligen

Plenumsvortrages, welchen Sabine in ihrem Unterricht wählt, würde sich bei Interesse auch hier

anbieten, um den Forderungen der Schüler/innen gerecht zu werden.

Für Daniela existieren nicht „die“ Faktoren, welche auf die Merkfähigkeit Auswirkungen haben.

„Welche Auswirkungen offene Lernformen auf die Merkfähigkeit der Schüler/innen haben, kann

ich nicht genau sagen. Aus meiner Sicht ist die Merkfähigkeit ein Faktor, der für jeden Schüler/

jede Schülerin individuell bestimmt wird. Der Unterricht soll für jeden Lernenden/ jede

Lernende spannend und abwechslungsreich aufgebaut sein. Guter Unterricht wird dabei nicht

unbedingt durch die Wahl der Sozialform oder der Lernform definiert.“

Tanja kann keine Faktoren nennen, welche für die Merkfähigkeit ausschlaggebend sind.

Roland bezieht sich auf die Matura, welche wie oben beschrieben unterschiedliche

Aufgabenformate abverlangt und im zeitlichen Konflikt mit offenen Lernformen steht.

„In Hinblick auf die Matura denke ich, dass ein Mix beider pädagogischer Ansätze die

Merkfähigkeit am besten unterstützt.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 118/150

Durch unterschiedliche Lernangebote werden viele Aufnahmekanäle der Schüler/innen

angesprochen. Dies ist aus Karls Sicht für die Aufnahmen der Informationen ausschlaggebend.

„Für mich hängt die Merkfähigkeit vom Lernangebot ab. Je unterschiedlicher die

Lernmaterialien sind, umso mehr ‚Aufnahmekanäle‘ können dabei angesprochen werden. Mit

dem offenen Unterricht können unterschiedliche Zugänge angeboten und die Merkfähigkeit erhöht

werden. […]

Beim EDV gestützten Unterricht kann auch ein spielerischer Zugang angeboten werden. Man

muss aber beachten, dass die Schüler/innen kein „Try and error“ Verhalten zeigen. Das heißt -

es wird vorschnell gehandelt, da der Computer letztendlich über Erfolg und Misserfolg Auskunft

gibt – das will ich vermeiden, sie sollen vorher nachdenken.“

Ich kann mich sehr gut an meine damalige Hauptschulzeit erinnern, in der ich dachte, dass

arbeiten im Computer mit spielerischen Aktivitäten gleichzusetzen sei. Dabei wurde ich sehr

schnell eines Besseren belehrt und meine Euphorie war verschwunden. Durch meine

Enttäuschung weigerte ich mich aktiv mitzuarbeiten und kreuzte bei interaktiven Aufgaben intuitiv

Aufgaben an. Lernzuwachs konnte ich schließlich keinen verzeichnen, da mein Verhalten jenem,

von Karl beschriebenen, glich.

In der Literatur wird diese Vorgehensweise als trial-and-error-learning beschrieben. Das

Austesten der Aufgaben bietet jedoch keine Einsicht in den funktionellen Zusammenhang einer

Materie. Wird durch Zufall eine richtige Lösung entdeckt, zeigt das Effektgesetz seine Wirkung

(vgl. Spektrum Akademischer Verlag, 2000).

Dieses besagt, dass eine Verbindung begünstigt, also verstärkt wird, wenn die Reaktion zu einer

befriedigenden Nachwirkung führt. Sie wird abgeschwächt, wenn die Nachwirkung unbefriedigend

ist (vgl. Thorndik zit. nach Herget, 2000, S. 72).

Finden die Schüler/innen im trial-and-error-learning keinen Erfolg werden sie sich auf längere Frist

eine alternative Vorgehensweise suchen, um dem Effektivgesetz zu Folge positive

Nachwirkungen zu verspüren.

Für Martina ist die Merkfähigkeit ein Indikator des Unterrichts, welcher vom individuellen Lerntyp

abhängig ist. (nähere Beschreibung in 7.1.4.6).

Ähnlich wie für Karl, hängt die Merkfähigkeit auch für Sabine vom verwendeten

Unterrichtsmaterial und nicht von deiner bestimmten Lernform ab. Durch intelligente

Übungsvariationen findet das Wissen Eingang ins Langzeitgedächtnis.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 119/150

„Die Merkfähigkeit hängt für mich nicht von der Lernform, sondern vom Aufbau der Übungen ab.

Genaugenommen hat das Aufgabenformat in Verbindung mit der Übung, Auswirkungen auf

die Merkfähigkeit. Handelt es sich bei den Übungsbeispielen um verknüpfte Aufgaben, sodass

auf zurückliegende Fachbereiche zurückgegriffen wird, schult diese Kombination die

Merkfähigkeit und die Wiedererkennung.“

Wie bereits im Kapitel 7.1.1.3 beschrieben wird die Merkfähigkeit vom vorhandenen Vorwissen

unterstützt. Wiederholungen und Anbindungen an bereits gespeicherte Vorkenntnisse, wird

durch die strukturellen Gegebenheiten des Gehirns vereinfacht. Werden nun Übungsmaterialien

so aufbereitet, dass neues Wissen mit Bekanntem vernetzt wird, wird eine Aufnahme der

Informationen aus Sicht der Hirnforschung vereinfacht.

Nach Spitzer (2007) sind auch die Umwelt und die Gefühlswelt wichtige Einflussfaktoren, welche

den Wissenserwerb vorantreiben oder hemmen können.

Jede/r möchte die Welt um sich verstehen und kennen lernen.

Daher zeigen auch Beispiel mit praktischen Bezügen einen Anreiz des Lernens.

Sind zudem die Gefühle im Lernprozess positiv gestimmt, gelangt das Wissen schneller und

umfangreicher ins Langzeitgedächtnis.

Franz schließt sich diesem Ansatz der Hirnforschung an, und ist stets bemüht eine Verknüpfung

der mathematischen Inhalte mit dem alltäglichen Leben zu ermöglichen. Wie bereits die anderen

Lehrpersonen, sieht er keinen Bezug zur Lernmethode per se.

„Nachhaltiges Lernen wird für mich mit dem Bezug zum alltäglichen Leben unterstützt. Aus diesem

Grund ist es wichtig neue Themen mit Hilfe von bekannten, alltäglichen Gegebenheiten

einzuführen, damit die Schüler/innen einen persönlichen Bezug herstellen zu können. Dies wird

in der Mathematik oft falsch praktiziert. Es werden Stoffgebiete theoretisch behandelt und erst in

den Übungsphasen mit praktischen Beispielen hinterlegt. […]

Projektartiger Unterricht, mit Bezügen zum alltäglichen Leben, ist somit eine Unterrichtsform,

welche die Merkfähigkeit, wie auch die Motivation fördert.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 120/150

7.1.4.5. Wie wirken sie sich auf die Motivation aus im Vergleich zu

geschlossenen Lernformen?

Nach Heckhausen und Heckhausen „entsteht motiviertes Verhalten durch Bewertungsprozesse:

Es wird abgeschätzt, ob ein Ziel aufgrund der eigenen Fähigkeiten erreicht werden kann zudem

wird dieses Ziel bewertet. Aus Motivation zu handeln liegt dann vor, wenn das Ziel sowohl

erstrebenswert als auch erreichbar erscheint.“ (Krause, 2007, S. 97)

Grundsätzlich kann die Motivation in zwei Teilbereiche gegliedert werden. Dabei spricht die

Literatur von extrinsischer und intrinsischer Motivation.

Unter intrinsisch werden bestimmte „Verhaltensweisen verstanden, welche als

interessensbestimmte Handlungen definiert werden und deren Aufrechterhaltung keine von

Handlungsgeschehen ‚separierbaren‘ Konsequenzen erfordert d.h. keine externen oder

interpsychische Anstöße, Versprechungen oder Drohungen. […] Intrinsische Motivation

beinhaltet Neugier, Exploration, Spontanität und Interesse an den unmittelbaren Gegebenheiten

der Umwelt. Evident wird sie im Bestreben eine Sache voll und ganz zu beherrschen.“ (Deci &

Ryan, 1993, S. 225)

„Extrinsische Motivation wird dagegen in Verhaltensweisen sichtbar, die mit instrumenteller

Absicht durchgeführt werden, um eine von der Handlung separierbare Konsequenz zu erlangen.

Extrinsisch motivierte Verhaltensweisen treten in der Regel nicht spontan auf, sie werden

vielmehr durch Aufforderungen in Gang gesetzt, deren Befolgung eine (positive) Bekräftigung

erwarten lässt. […]“ (Deci & Ryan, 1993, S. 225)

Ziel jeder Unterrichtsform sollte die Förderung der intrinsischen Motivation sein. Durch diese

Triebkraft und der Gier nach Wissen, wird der Informationserwerb angetrieben.

Für Lara korreliert die Motivation mit der gewählten Lernform, wie auch mit den individuellen

Interessen, der Schüler/innen.

„Die Motivation hängt sehr stark vom Individuum, von der Lernform aber auch vom Interesse ab.

In lehrerzentrierten Phasen merke ich oft, dass die Schüler/innen selbstständig arbeiten möchten

und daher unruhig werden. Wie gut schließlich die Aufträge ausgeführt werden, hängt jedoch

vom Interesse der Lernenden ab.“

Sehr ähnlich ergeben sich für Karl, wie auch für Daniela keine eindeutigen Indikatoren. Sie

definierten die Motivation als Kriterium, welches sehr individuell sei.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 121/150

Karl: „Die Motivation ist auf jeden Fall vom Individuum abhängig. Für manche Schüler/innen ist

eine offene, für andere wiederum eine geschlossene Lernform motivierend.“

Daniela: „[…] Es hängt auch vom Interesse der Schüler/innen ab.“

Tanja schließt sich diesen Meinungen an und macht wie auch Lara die Qualität der Lernprodukte

vom Interesse abhängig.

Roland kann zu dieser Frage keine konkreten Aussagen treffen und legt sich über

Beeinflussungen der Motivation nicht fest.

Durch die Variation der Lernansätze, gilt es für Martina, die Schüler/innen zum Lernen zu

motivieren.

„Die Motivation hängt nicht von einer bestimmten Form des Unterrichts ab – es macht die

Mischung den guten und effektiven Unterricht aus

Die Mathematikeinheiten sollen abwechslungsreich aufbereitet sein, um die Schüler/innen zu

motivieren.“

Sabine schließt sich den vorherrschenden Meinungen an und erwähnt weitere beeinflussende

Faktoren. Dazu zählen nicht nur die Lernform und der Fachinhalt, sondern auch die Lehrperson

und der gelebte Unterricht.

„Die Motivation kann für mich von der Lernform, von der Lehrperson oder vom Fachinhalt

abhängig sein. Ein Schüler/ eine Schülerinnen kann motiviert an einer Aufgabe arbeiten, weil

sie/er die Lehrperson mag, weil sie/er das Fach interessant findet, aber auch weil die

Aufbereitung des Lernstoffes für denjenigen/ diejenige spannend ist. […]

Ich als Lehrperson kann die Motivation zum Fach auch übertragen. Lebt man für einen

Unterrichtsstoff und kann sich mit diesen identifizieren, sieht man das auch im Unterricht.“

Aus der Sicht von Franz sind für die Merkfähigkeit, als auch für die Motivation, dieselben Faktoren

verantwortlich. Im Rahmen von praktisch orientierten Projekten würden beide Indikatoren positiv

beeinflusst.

Blickt man auf die eigene Schulzeit zurück, blieben meist nur wenige Lehrkräfte in Erinnerung.

Häufig sind dies jene, die man persönlich mochte oder dessen/deren Unterrichtsgegenstand man

bevorzugte.

In diesen Fächern konnte man meistens mit guten Zensuren aufwarten und man war ambitioniert,

um diesen Notengrad beizubehalten. Den Grund dafür sehe ich in den genannten Fakten der

Motivation.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 122/150

Die Ergebnisse der Befragung veranschaulichen, dass die Motivation als sehr individuellen Faktor

eingestuft wird. Als Einflusskriterium der motivierten Herangehensweise wird das Interesse am

Fach beziehungsweise bezüglich des zu bearbeitenden Themas und in der Lehrkraft gesehen.

Wobei die Lehrperson vielfältig motivierend wirken kann. Es kann Persönlichkeit per se oder die

Unterrichtsgestaltung dafür ausschlaggebend sein.

Werden die Schüler/innen persönlich zum Thema befragt sind folgende Ergebnisse ermittelt

worden:

Tabelle 3: Bedingungen für motiviertes Handeln (Profil extra, 1994 zit. n. Hofmann-Schneller, 2006, S. 292)

Von 100 Schülern sind hoch motiviert

Wo der Unterricht viel Bezug zum

wirklichen Leben hat……………….

30

Wo stets auf schwächere Schüler

Rücksicht genommen

wird………………………..………..

19

Wo es viele Diskussionen mit

Fachleuten gibt…………………..…

27

Wo auch aktuelle Ereignisse

diskutiert werden………..………...

19

Wo auf Teamarbeit, Verständnis für

die anderen und Selbstvertrauen

großer Wert gelegt

wird………………………..…

26

Wo sehr oft in Kleingruppen

gearbeitet wird………..…………...

18

Wo es Lehrer gibt, die einen faden

Stoff spannend bringen

können………………………..……..

24

Wo es viel Projektunterricht und

Projektwochen gibt……..…………

18

Wo Schüler Vorschläge zum Lehrstoff

machen können……..…..

23

Wo man alles fragen und über alles

reden darf………..…………..

18

Wo Schüler Lehrstoffe selbstständig

erarbeiten…..……….

21

Wo die Begabten ohne Rücksicht

auf die Schwächeren gefördert

werden ……..................................

8

Wo die Lehrer auf die

Persönlichkeiten der Schüler

eingehen…………………..………..

20

Wo nur die Leistung des einzelnen

zählt……..……….…….

5

Wo viel über Themen diskutiert

wird………………………..…………

20

Wo der Lehrer nur vorträgt und die

Schüler nur mitschreiben…....

5

Diese Grafik bestätigt die Aussagen der Lehrkräfte und hebt zu den genannten Punkten noch den

Praxisbezug und Diskussionen mit Fachleuten heraus.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 123/150

7.1.4.6. In welcher Unterrichtsform werden die unterschiedlichen

Lerntypen (auditiv, visuell, kommunikativ, motorisch) besser

angesprochen?

Wie im Kapitel 6.2 beschrieben ist, können die Lernenden in verschiedene Lerntypen unterteilt

werden, welche unterschiedliche Materialien und Lernansätze benötigen, um entsprechend

gefördert und gefordert zu werden. Im folgenden Teil des Interviews sollte die Vorgehensweise

der Lehrpersonen zu diesem Thema ermittelt werden.

Lara erachtet das Wahrnehmen der unterschiedlichen Lerntypen als wichtig und versuche in der

Planung allen gerecht zu werden.

„Ich denke, dass es sehr wichtig ist auf die verschiedenen Lerntypen einzugehen.

Im lehrerzentrierten Unterricht verwende ich daher zum Beispiel Videos (zB: DorFuchs –

Binomischer Lehrsatz), ich mache mündliche Erklärungen, mit zusätzlichen Notizen an der

Tafel - dazu verwende ich meist Farbkreiden. Welche Lernform besser auf die Lerntypen

eingeht, kann ich so nicht sagen – hängt sicher von der Planung ab.“

Da der Fragebogen im Laufe der Interviews adaptiert wurde, hatte Daniela leider nicht die

Möglichkeit sich über diese Frage zu äußern.

Tanja hat im Vergleich dazu klare Vorstellungen und spricht sich für eine Förderung der

Lerntypen im offenen Unterricht aus.

„Das Ansprechen der unterschiedlichen Lerntypen finde ich offenen Unterricht einfacher, da sehr

unterschiedliche Materialen und Sozialformen vorkommen.“

Roland teilt Tanjas Meinung und fügt die verwendeten Methoden an:

„[…] Die Schüler/innen Lernen am Computer, arbeiten in Lerngruppen, lernen mit Videos und

arbeiten an individuellen Projekten. […]“

Martina stimmt der Förderung durch offene Lernformen zu und begründet dies durch das

Ansprechen der unterschiedlichen Aufnahmekanäle. Diese Vorgehensweise sorgt aus ihrer Sicht

auch für eine dauerhafte Speicherung der Informationen.

„Durch offene Lernformen können mehrere Lerntypen angesprochen werden, was zu einer

Verstärkung der Merkfähigkeit führt.

Die Information gelangt über verschiedene Kanäle, je nach Lerntyp zu den Lernenden. Sie

können offen Agieren, sich gegenseitig was vorlesen, erklären, beschreiben, Filme ansehen

oder Beispiele üben. – sie können es sich ja richten, wie sie es brauchen.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 124/150

Ist der offene Unterricht mit einer großen Auswahl an Unterrichtsmaterialien geplant, können die

Schüler/innen ihrem Lerntyp entsprechend passende Lernutensilien und Zugänge auswählen.

Wie es Studien zeigen unterstützen multimediale Zugänge den gesamten Lernprozess.

Eine Untersuchung von Mayer und Anderson (1991) gibt Auskunft über die Vernetzung von

unterschiedlichen Informationsquellen.

Die Ergebnisse zeigen, dass jene Probanden, welche zwei parallele Zugänge nutzten einen 50%

höheren Wissensstand aufwiesen, als jene, denen nur ein Zugang ermöglicht wurde.

Eine weitere Erhebung nach Mayer mit Studenten/Studentinnen zeigt, dass die Anwendung von

Illustrationen den Wissenstransfer und das Erinnern an durchgeführte Erklärungen unterstützt

(vgl. Wellenreuther, 2013, S. 85 ff.).

Für Karl existiert nicht der ‚Super Unterricht‘ und fördert die Lerntypen im Methodenmix.

„Es gibt keinen ‚Super Unterricht‘, in welchem mehr oder weniger gelernt wird.

Der Mix aus offenen und geschlossenen Lernformen, soll die unterschiedlichen Schüler/innen,

somit auch die verschiedenen Lerntypen zur Wissensaufnahme anregen.

Auf diesem Wege werden die vorher definierten Lernziele am besten erreicht.“

Sabine teilt die Meinung, dass der offene Unterricht besser für die unterschiedlichen Lerntypen

geeignet ist und begründet dies wie folgt:

„[…] Durch den Einsatz von unterschiedlichen Lernarrangements und der Erstellung von neuen

Lernumgebungen können die Schüler/innen ihren Fähigkeiten entsprechend entscheiden, auf

welche Art und Weise sie lernen möchten. Dabei stehen ihnen unterschiedliche Materialien,

aber auch verschiedene Zugänge zur Auswahl.

In einer geschlossenen Lernform, wird eine Variante des Unterrichts mit, einem gewählten

Zugang herangezogen, nach welchem gelernt wird. Bei Problemen versucht man zwar diese

durch unterschiedliche Erklärungen zu lösen, der Zugang bleibt hingegen der gleiche.“

Durch eine bedachte Auswahl an unterschiedlichen Methoden, werden für Franz rein intuitiv alle

Lerntypen angesprochen.

„Auf die Lerntypen braucht man nicht speziell eingehen, man macht es intuitiv. […]

Beim Entwickeln von neuem Stoff, an der Tafel, verwende ich Farbkreide (visueller Lerntyp), es

werden unterschiedliche Beispiele im Plenum oder im Team diskutiert (auditiver Lerntyp). Wenn

es sich anbietet, kommt auch der Computer und somit das Internet in allen Fassetten zum

Einsatz. Um den haptischen Lerntypen optimal zu unterstützen, werden immer wieder

Übungsphasen eingebaut, in welchen die Schüler/innen selbstständig Aufgaben lösen sollen.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 125/150

Durch den Mix aus unterschiedlichen Methoden, wird man automatisch allen Lerntypen gerecht.“

Ich denke die Fähigkeit intuitiv auf die unterschiedlichen Lerntypen zu achten, bedarf jahrelange

Erfahrung. Dennoch sollte man das Tun und Handeln in wiederkehrenden Abständen auf das

Ansprechen der unterschiedlichen Lerntypen reflektieren.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 126/150

7.1.5. Zukunftsperspektiven

Die folgenden Bereiche behandeln sehr persönliche Aspekte der interviewten Lehrpersonen.

Zuerst befasst sich dieses Kapitel mit den Auswirkungen der einzelnen Lernformen auf die

spätere, berufliche Zukunft der Jugendlichen. Hierbei wird zwischen den geschlossenen und

offenen Herangehensweisen unterschieden.

Die zweite Frage des Teilbereichs, konnte aus zeitlichen Gründen nicht von allen

Interpartnern/Interviewpartnerinnen beantwortet werden. Sie beschäftigt sich mit den

individuellen Veränderungswünschen an der, praktizierten Schule.

7.1.5.1. Welche Auswirkungen könnte der offene/geschlossene

Unterricht auf die Bildung für die Zukunft haben? (späteres

Berufsleben, universitäre Ausbildung, Verhalten,…)

Lara führt die positiven Auswirkungen ihres offenen Unterrichts an.

„Ich glaube, dass die Schüler/innen durch den offenen Unterricht mehr Selbstständigkeit und

Eigeninitiative erlernen, also jene die lehrerzentrierten Unterricht genossen haben. Diese

Veränderung der Eigenständigkeit ist in unserem Unterricht bereits im Laufe des Schuljahres

zu erkennen.“

Daniela äußert sich nur sehr kurz über die Auswirkungen der offenen Lernformen auf die

spätere Lebenswelt und schließt sich den Antworten von Lara an.

„Der offene Unterricht wirkt sich auf alle Fälle positiv auf Eigeninitiative aus. Diese wird auch im

späteren Berufsumfeld gefordert.“

Für Tanja ergeben sich aus offenen Lernformen nicht nur positive, sondern auch negative

Auswirkungen auf das spätere Leben und die Arbeitshaltung.

„Ich denke, dass sich offene Lernformen, im Vergleich zu geschlossenen, viel weitreichender

auf die spätere Lebenswelt auswirken – aber sie wirken sich meist positiv aus.

Im späteren Leben erfolgt sehr häufig eine Konfrontation mit Aufgabenstellungen, welche durch

verschiedene Problemlösungsstrategien bewältigt werden sollen. Daher versuche ich laufend die

Eigenverantwortung und Problemlösungskompetenzen für solche Situationen zu fördern,

damit der Berufseinstieg oder der Unistart einfacher wird.

Diese Fähigkeiten lernen die Schüler/innen im lehrerzentrierten Unterricht nicht.

Ich glaube aber, dass es auch negative Auswirkungen durch offene Unterrichtsformen gibt.

Manche Schüler/innen schaffen es über einen längeren Zeitraum keine Leistungen

aufzubringen, aber nicht aufzufallen – sie schummeln sich quasi durch. Man erkennt das erst, bei

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 127/150

der Schularbeit. Im späteren Beruf wird diese Haltung nicht geduldet, sie werden dann nach

einigen wenigen Wochen den Job verlieren.

Ich hoffe nicht, dass die offenen Lernformen zu diesem Fehlverhalten animieren. […]

Ob diese Arbeitshaltung jemand praktiziert, hängt natürlich von der Persönlichkeit ab.“

Roland schließt sich den positiven Aspekten des offenen Unterrichts an, gibt jedoch keine

Auskunft über negative Auswirkungen dieser Lernform.

„Ich hab es schon beim Thema der Kompetenzen erwähnt, dass mit Hilfe von offenen Lernformen

die Selbstständigkeit, Eigenverantwortung, Sozialkompetenz und

Problemlösungsstrategien für das spätere Arbeits- und Schulleben erworben werden. Die

Schüler/innen werden irgendwann vor Situationen stehen, in welchen neues Wissen und neue

Kompetenzen gefordert sind. Die Schule soll einfach als Vorbereitung für das spätere Leben

gesehen werden.“

Karl verhält sich im Interview sehr diskret und kann keine konkreten Zuordnungen der

Auswirkungen anstellen.

„Ich denke nicht, dass es konkrete Auswirkungen von einer bestimmten Unterrichtsform auf das

spätere, berufliche Leben gibt. […]

Verhalten, Engagement oder Ähnliches wird durch die Mischung aus offenen und geschlossenen

Unterrichtsansätzen beeinflusst. Daher sollte der Mathematikunterricht durch unterschiedliche

Ansätze vermittelt werden.

Die offenen Lernformen zeichnen sich durch die Förderung von selbstständigen

Erarbeitungen des Lernstoffes und die Selbstorganisationen von Lerninhalten aus.

Geschlossene Phasen schulen sicher andere wichtige Fähigkeiten, ich kann nur im Moment

keine nennen.“

Martina nennt ebenfalls einige positive Auswirkungen der offenen Lernformen. Zu den

geschlossenen Ansätzen kann sie, wie eben Karl keine konkreten Auswirkungen benennen.

„Eine positive Auswirkung einer offenen Lernform auf das spätere Leben, ist sicher die

Eigenverantwortung. Diese Fähigkeit wird in jedem Job später verlangt.

Die Schüler/innen lernen mit offenen Lernformen die Verantwortung, wie auch die Konsequenz

einer Handlung zu übernehmen. Ein weiterer wichtiger Punkt, ist die Selbsteinschätzung und

die soziale Kompetenz, im Umgang mit anderen Menschen. […]

Zu den geschlossenen Lernformen fällt mir momentan nichts ein.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 128/150

Sabine beschreibt als erste, neben den beeinflussenden Faktoren des offenen Unterrichts, auch

konkrete positive Auswirkungen der geschlossenen Lernform, auf das spätere Leben der

Schüler/innen.

„Zu dieser Frage möchte ich eine Studie machen, die ist echt interessant und schwer zu

beantworten – ich kann nur vermuten.

„Ich glaube, dass sich offene Lernformen in der Erhöhung der Kreativität auswirken.

Sie vermindern auch die Hemmung vor komplexen Aufgabenstellungen. Die Schüler/innen

sehen die Struktur und brechen ein Megabeispiel in seine Bestandteile.. Offene Lernformen führen

auch zur Steigerung der Teamfähigkeit. […]

Der geschlossene Unterricht schult die Schüler/innen für das spätere Leben im Bereich der

Ordnung. Sie lernen mit Struktur zu arbeiten und die Lernmaterialien sauber und geordnet

aufzubewahren, diese Kompetenz geht bei offenen Formen häufig verloren.“

Franz beschreibt die vermuteten Auswirkungen seines Unterrichts, in welchem die Vermittlung

der folgenden Werte angestrebt wird.

„Ich denke, dass mein Unterricht so gestaltet ist, dass die Schüler/innen die Möglichkeiten haben

die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Sie lernen die entsprechende Fachkompetenz, aber

auch vieles zur Sozialkompetenz.

Ich versuche auch weitere Werte, wie das Reden vor einer Gruppe und die Kritikfähigkeit zu

vermitteln und mache auf weltpolitische und persönliche Problematik aufmerksam.“

Wie den Interviews zu entnehmen ist, werden die Auswirkungen sehr unterschiedlich definiert. In

dieser Fragestellung kristallisieren sich die strukturellen Ansätze des geschlossenen und der

soziale Gedanke und die Selbstkompetenzen des offenen Unterrichts heraus.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 129/150

7.1.5.2. Müsste sich Ihre Schule verändern, um Ihren persönlichen

Unterricht besser umzusetzen? Wie würde diese Art von

Unterricht aussehen?

In der Schule von Lara liegt kein Änderungsbedarf vor.

„Für mich sind diese Schule und der Unterricht wie der abläuft perfekt – ich würde im System

nichts ändern. Es gibt nur hin und wieder kleinere Anpassungen, die sich im Laufe der Zeit

ergeben – im kommenden Jahr möchte ich die Beurteilung etwas ändern.“

Daniela wünscht sich Veränderungen im Kollegium.

„In erster Linie müssten sich die Lehrer/innen ändern. Jede/r plant seinen eigenen Unterricht.

Es werden weder Materialien ausgetauscht noch Kooperationen innerhalb der Gegenstände

umgesetzt. – wäre es anderes, könnte man viel Zeit sparen und voneinander lernen.“

Auch Roland zählt zu jenen Lehrkräften, die mit der schulischen Situation vollauf zufrieden sind.

Er begründet dies durch die reformpädagogischen Ansätze und der damit verbundenen Freiheit.

„Ich arbeite in einer Schule mit allen Möglichkeiten und Freiheiten. Sie entspricht genau

meinen Vorstellungen.

Eine Schule im klassischen Sinne, in welcher rein lehrerzentriert gearbeitet wird, könnte ich mir

gar nicht vorstellen. Lehrerzentrierte Phasen sind für mich sehr anstrengend und bereiten mir

nur wenig Spaß.“

Tanja sehnt sich in ihrer Schule nach einer besseren kollegialen Zusammenarbeit, um

gemeinsame Unterrichtsformen zu realisieren.

„Für mich wäre eine Schule mit gemischten Lernformen eine Schule, die meinen Vorstellungen

entspricht. […]

In meiner Schule würde ich mich über eine bessere kollegiale Kooperation freuen – dann wären

auch projektorientierte Arbeiten möglich. Manche Kollegen/Kolleginnen wehren sich so gegen

dieses System, daher können leider keine gemeinsamen Ansätze realisiert werden.“

Da Karl bereits sehr lange in seinem PTS tätig ist, hat er mehr Möglichkeiten, als seine

Kollegen/Kolleginnen.

„Es hört sich vielleicht arrogant an, aber meine Schule ist für mich fast perfekt. Ich bin so lange

hier tätig und mein Fachbereich, die Mechatronik ist für die gesamte Schule sehr wichtig, daher

kann ich mir die notwendigen Materialien für den Unterricht kaufen.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 130/150

In Mathematik wäre eine bessere digitale Infrastruktur toll, aber man lernt mit den vorhandenen

Voraussetzungen umzugehen.“

Martina wünscht sich Veränderungen in der zeitlichen Planung der Schulstunden, da bestimmte

Lernformen, aus organisatorischen Gründen, in Doppeleinheiten besser aufgehoben wären.

„Die Schule müsste sich für mich so verändern, dass der 50minütige Unterricht aufgehoben und

eine Einteilung in Lernblöcken oder zumindest Doppelstunden umgesetzt wird. Der offene

Unterricht benötigt besonders am Anfang mehr Zeit. Bis alle Materialien verteilt sind und alles

erklärt ist, ist leider oft sehr viel Zeit vergangen. Sind die Schüler/innen dann im Arbeitsfluss, ist

meist die Stunde beendet und die Schüler/innen werden aus dem konzentrierten Denkprozess

gerissen.

Am besten wären in jedem Unterrichtsgegenstand Inputphasen, welche eher geschlossen und

lehrerzentriert ablaufen. Die Übungsphasen sollen geblockt werden und die Lernenden sollten

dabei frei entscheiden, wann welches Unterrichtsfach geübt und erforscht wird.“

Dieser gewünschte Unterricht wird der Beschreibung zufolge bereits bei Roland und Tanja

eingesetzt. In diesen Lehranstalten werden schulinterne Gesamtkonzepte eingesetzt. Das

Agieren einer Einzelperson ist für dieses System nicht realisierbar.

Sabine beschreibt sehr umfangreich die wünschenswerten Veränderungen in den Dimensionen

Raum, Zeit, Materialien und Flexibilität.

„Die Schule müsste sich für mich in der Mobilität, der Räumlichkeiten und der Zeit ändern.

Obwohl in manchen Klassen drei Mathematiklehrer/innen zur Verfügung stehen, ist dies für

bestimmte Unterrichtsformen nicht ausreichend. In manchen Bereichen der Mathematik würde es

hingegen genügen, wenn eine Gruppe durch zwei Lehrpersonen betreut wäre. […]

Meiner Meinung nach müsste sich das System dynamischer an diese Gegebenheiten anpassen.

Es müsste sich die Arbeitszeit der Lehrpersonen ändern, sodass der Einsatz der Lehrkräfte

abhängig von der praktizierten Unterrichtsmethode oder vom Fortschritt flexibel umgesetzt wird.

Die Arbeit wäre in einem Zeitgefäß und nicht in diesen vorgeschriebenen Werteinheiten zu

verrichten. […]

Eine weitere Änderung wäre in den Materialien wünschenswert. Besonders in Physik und Chemie

sind nur wenige Schüler/innen-Materialbaukästen vorhanden, was eine Gruppengröße von bis zu

5 Personen führt – das funktioniert dann oft nicht. […]

Eine weitere Einschränkung ergibt sich durch die Sammelbestellung der Mathematikbücher.

Wegen der Heterogenität in der NMS ist die Streuung der Schüler/innen oft extrem hoch und nicht

jede/r kann mit den gleichen Materialien lernen. – Es hängt vom Niveau und vom Lerntyp ab.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 131/150

Könnten in einer Klasse verschiedene Lernbücher eingesetzt werden, könnte man einer

entsprechenden Förderung der Individuen besser gerecht werden. […]

Eine wünschenswerte Verbesserung würde sich auch durch die gesamtheitliche Kooperation

und Anpassung der Lehrerbelegschaft an das Schulkonzept, des offenen Lernens ergeben. Es

gibt leider noch Lehrer/innen, die sich weigern die offene, schulinterne Unterrichtsumsetzung

anzunehmen. Vermutlich haben sie Angst, dass andere Einsicht in den praktizierten Unterricht

haben. Diese wenigen Lehrpersonen hemmen mit ihrer Einstellung leider das Gesamtkonzept.“

Franz sieht die Situation sehr ähnlich wie Sabine und wünscht sich eine wesentliche

Umstrukturierung des Schulsystems. Die Schüler/innen sollten dabei in Projekten lernen, was

enorme Flexibilität in jeder Hinsicht benötigt.

„Die Schule müsste sich so verändern, dass die Lehrpersonen nicht nach dem Wertesystem

vergütet werden. Die Schüler/innen müssten für seine perfekte Schule einen dynamischen

Stundenplan erhalten und abhängig vom momentanen Projekt flexibel arbeiten. […]

Um das alles zu realisieren, müsste sich das gesamte System und somit das Lehrerdienstrecht

ändern. Eine Vergütung müsste über die entsprechende Leistung passieren.

[…] Wenn ein Projekt am Laufen ist, dauert der Unterricht an diesem Tag länger. Stagniert ein

Projekt, da man bemerkt, dass ein externer Experte benötigt wird, ist den Unterricht vorzeitig

beendet. Der Stundenplan sollte somit auch dynamisch an die Gegebenheiten anpassbar sein.

[…]

Es müsste sich auch Gruppengröße der Klassen auf 15 Personen reduzieren, da bei einer

solchen Schüler/innen-Anzahl die Methodenvielfalt besser umsetzbar ist.

Für mich dürften auch die Fächer nicht einzeln beurteilt und unterrichtet werden, es müsste

Fächerbündel geben, da sich ohnehin die Stoffgebiete überschneiden. (z.B. Physik und

Mathematik).“

Das gewünschte Zeitgefäß bringt aus meiner Sicht nicht nur positive Aspekte mit sich. Die

Lehrkräfte werden in der Freizeitgestaltung sehr eingeschränkt, da die Arbeitszeiten nur noch

bedingt planbar sind. Ich denke dabei besonders an Lehrpersonen mit Kindern. Mit den, an den

Lernprozess angepassten Arbeitszeiten müssen auch Betreuungszeiten der Kinder sehr flexibel

gestalten sein. Sich als Lehrer/innen einen Arzttermin außerhalb der Arbeitszeit zu vereinbaren

würde als Herausforderung gelten.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 132/150

7.1.6. Ausbildung

Die folgenden Fragestellungen umfassen Bereiche der eigenen Aus- und Fortbildungen im

Allgemeinen und zum offenen Unterricht. Des Weiteren beschäftigt sich dieses Kapitel der Arbeit

mit der Frage nach dem „Musst-have“ der neuen Lehrer/innen-Ausbildung.

7.1.6.1. Welche Ausbildungen haben Sie zu offenen Unterrichtsformen

genossen?

Bei der Frage nach der eigenen Ausbildung kristallisierte sich heraus, dass der Großteil der

ausgewählten Lehrpersonen die pädagogische Hochschule absolvierte. Wie im folgenden Teil

zu erkennen ist, können auch einige der interviewten Lehrpersonen zusätzliche Ausbildungen im

Bereich des offenen Unterrichts aufweisen, was mir zuvor nicht bekannt war.

Daniela absolvierte die JKU und hat bisher noch keine zusätzlichen Ausbildungen absolviert.

„Ich habe die JKU in den Fächern Mathematik und Physik absolviert. Im Rahmen von

Didaktiklehrveranstaltungen wurde schon einiges zum offenen Unterricht gelehrt und probiert

– du kennst ja selbst die Ausbildung.“

Tanja und Lara erlangten Informationen im Rahmen der Ausbildung an der PH OÖ.

Tanja: „Ich konnte in der Ausbildung an der PH theoretische und praktische Informationen zum

offenen Unterricht sammeln – sonst hab ich keine Schulungen oder Kurse belegt.“

Roland absolvierte ebenfalls die PH OÖ. Da er an einer reformpädagogischen Schule tätig ist,

erhält er Einblicke in andere Alternativsystem, da regelmäßig Seminare und Vorträge an seiner

Schule abgehalten werden.

„[…] Ich habe zwar keine zusätzlichen Schulungen belegt, aber bei uns sind laufend Vorträge von

Alternativschulen – also wie die Umsetzung von offenen Konzepten an anderen Schulen erfolgt.

Es waren bisher die Laborschule Bielefeld, Dr. Gerald Hüther – der Populärwissenschaftler

und Margret Rasfeld von der „Schule im Aufbruch“ da. Ich finde diese Abende immer sehr

spannend, weil man Neues sieht. Dann versuche ich diese Ansätze in meinen Unterricht

einzubinden.“

Dieser Zugang der Informationen aus ersten Hand finde ich sehr spannend und beschreibt die

genau jenen Zugang, den Tanja erwünscht, wie sie später im Interview erklärt (Kapitel 7.1.6.2).

Sie würde einen Einblick in praktische Ansätze, mit erfolgreicher Umsetzung begrüßen.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 133/150

Karl hat sich zu seiner Studienzeit mit dem Thema des entdeckenden Unterrichts beschäftigt und

schrieb seine Abschlussarbeit in diesem Teilbereich. Er teilt seine Erfahrungen mit anderen

Lehrkräften und gibt Tipps zur Gestaltung von Unterrichtseinheiten.

„Ich habe die damalige PädAk absolviert. Zu der Zeit hatte ich schon einen sehr engagierten

Professor, der viel zum offenen Unterricht machte. Meine Abschlussarbeit schrieb ich sogar in

diesem Bereich - entdeckendes Lernen hieß es damals. […]

Mittlerweile gebe ich selbst Schulungen zum Thema, in welchen ich meine eigenen Erfahrungen

teile. Ich erkläre den Lehrer/innen, dass die Gestaltung des Unterrichts sehr einfach sein kann.

Man muss nur mit offenen Augen durchs Leben gehen und sich in der Umgebung und im

Internet aktiv umschauen. Dabei ergeben sich oft neue Ideen für den Mathematikunterricht.“

Wallrabenstein (vgl. 1993, S. 20) spricht in seinem Buch von der inneren und äußeren Offenheit

des Unterrichts, um neue Wege des Lernens in allen Bereichen zu erkennen.

Martina absolvierte ebenfalls die damalige PädAk und nahm an zusätzlichen Schulungen teil.

„[…] Meine Abschlussarbeit befasste sich mit dem entdeckenden Lernen, dabei habe ich mich

sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Danach machte ich Fortbildungen im

eigenverantwortlichen Arbeiten (EVA) und Schulungen zu offenen Arbeitsformen.“

Wie die Interviews von Martina und Karl zeigen, war die Materie der offenen oder entdeckenden

Herangehensweise bereits vor 30 Jahren interessant, da sie den Abschluss der damaligen PädAk

zu diesem Thema erlangten. Wie im Kapitel 6.1 beschrieben, reichen schließlich die Anfänge der

offenen Zugänge bis in die 60er Jahre zurück.

Sabine hat an der damaligen Pädak studiert, absolvierte nachträglich den Bachelor, Master und

Doktor in der Schulentwicklung. Des Weiteren kann sie viele zusätzliche Ausbildungen aufweisen.

„[…] Nach der PH habe ich den Master und Doktor im kompetenzorientieren Lernen absolviert.

Ich habe zusätzliche Ausbildungen, wie den Begleitlehrer in der Lehrerinnenausbildung und

die Betreuungshilfe für Lehrpersonen gemacht. Am meisten profitierte ich von jenen

Ausbildungen, welche einen praktischen Teil beinhaltet haben, welcher der in Folge

wissenschaftlich und reflektierend aufgearbeitet wurde.“

Es sollten daher Überlegungen in diese Richtung für die neue Lehrer/innen Ausbildung angestellt

werden. Eine Kombination aus praktischen und wissenschaftlichen Zugängen kann mit Sicherheit

wichtige Erkenntnisse aus der eigenen Praxis bringen.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 134/150

Franz studierte an der JKU die Unterrichtsgegenstände Mathematik und Physik. Zusätzlich

machte er die Ausbildung zum Betreuungslehrer.

„Ich studierte an der Uni und absolvierte anschließend die Ausbildung zum Betreuungslehrer.

Durch die Betreuung der Studenten/Studentinnen sehe ich laufend neue Methoden, welche von

ihnen ausprobiert werden.“

Durch ständige Veränderungen in der Gesellschaft, sind stets Anpassungen des Unterrichts und

der eigenen Ausbildung erforderlich. Aus diesem Grund sollte der praktizierte Unterricht

Reflexionen unterliegen, um dem ständigen Wandel und den Anforderungen der Gesellschaft

gerecht zu werden.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 135/150

7.1.6.2. Würden Sie eine bessere Ausbildung zu diesem Thema

wünschen? In welchen Bereichen fühlen Sie sich schlecht

ausgebildet?

Daniela, Lara fühlen sich grundsätzlich gut in allen Bereichen der Schule ausgebildet.

Daniela: „Ich hätte mir in meiner Ausbildung mehr Praxis gewünscht.“

Tanja führt konkret ihre Defizite in der Leistungsfeststellung, im Feedback und in der

Beobachtung von offenen Unterrichtsformen an.

„Ich würde mehr Information zur Leistungsfeststellung, Feedback, Beobachtung und von

offenen Lernformen wünschen. Dabei spreche ich nicht von der Theorie. Informationen über

bereits gut funktionierende Systeme wären toll – best practice-Beispiele.

Interessant sind Erfahrungen über offene Systeme, konkret über die Umsetzungen,

Auswirkungen, Einschränkungen, Pros und Contras, damit ich meinen eigenen Unterricht

verbessern kann. Ich würde in solchen Schulen auch gern mal hospitieren und mir mein eigenes

Bild machen.

Rein theoretische Ansätze sind für mich sinnlos, davon hab ich bereits genug gehört.“

Die Leistungsbeurteilungen der offenen Lernzugänge werden auch in der Literatur, über

Jahrzehnte hinweg, als problematisch angesehen. Eine vorherrschende Kritik richtet sich vor

allem gegen die Notengebung in Schulen.

Alternativ sollten verbale Beurteilungen, Selbstbewertungen und Entwicklungsberichte über den

Lernprozess Auskunft geben (vgl. Bohl & Kucharz, 2013, S. 133).

Dieser Gedanke der alternativen Bewertung ist zwar in der Theorie toll, da er die Angst vor

Noten und dem Leistungsversagen beseitigt. Das österreichische Schulsystem verlangt jedoch

eine Bewertung der Leistung mittels Schulnoten.

Roland ist auf der Suche nach Lernansätzen, welche den offenen Unterricht mit den zentralen

Aufgabenstellungen der Matura verbinden.

„Ich würde gerne zusätzliche Ausbildungen zum Thema Mathematik im Bereich der offenen

Unterrichtsformen besuchen. Vor allem Ausbildungen, die offenes Lernen mit dem

Aufgabenformat der zentralen Matura kombinieren.“

Durch die fehlenden Erfahrungen in den höheren Schulen (AHS und BMHS) ist Roland auf der

Suche nach unterschiedlichen Lernarrangements, welche zu seinem Typ passen. Sie sollten

ihm in der Anwendung Freunde bereiten und gleichwohl die Schüler/innen auf das notwendige

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 136/150

Maturaniveau bringen. Zurzeit sind leider noch weinige Fachbücher zu diesem Thema

verfügbar.

Aus zeitlichen Gründen konnte nicht von jeder Person Informationen zu dieser Fragestellung

eingeholt werden.

7.1.6.3. Wie müsste für dich die neue Lehrer/innen Ausbildung

aussehen?

Welche Bereiche müssen im Rahmen der Ausbildung behandelt

werden?

Daniela, hält sich sehr kurz und bringt den notwendigen Praxisbezug als wichtigen Bestandteil

ein.

„Meiner Meinung nach soll man in der neuen Ausbildung die Möglichkeit haben viel Erfahrung

und Praxis zu sammeln.“

Für Tanja sollen ebenfalls der Praxisbezug, wie best practice Beispiele die Grundlage der neuen

Ausbildung darstellen.

„Für mich gehören genau jene Bereiche in die neue Lehrer/innen-Ausbildung die mir fehlen, also

die „best practice“ Beispiele. […]

Der Praxisbezug soll das Kernstück der Ausbildung sein. Jede/r Student/in soll die Möglichkeit

haben, verschiedene Bereiche auszuprobieren und Neues kennen zu lernen – man befindet sich

ja noch in einem geschützten Rahmen.“

Für Lara ist ebenso der praktische, wie auch der theoretische Bezug in der Ausbildung wichtig.

Es ist dabei aus ihrer Sicht nicht zu vernachlässigen, dass nicht jede Methode für jede Person

geschaffen ist.

„Ich finde, dass in der neuen Lehrer/innen-Ausbildung die Studenten/Studentinnen Informationen

zum offenen Unterricht erhalten müssen. […]

Bei der Umsetzung ist es wichtig, dass die verwendete Methode zu einem passt – die

Schüler/innen merken das sofort, wenn es nicht der Fall ist. […]

Es ist für mich auch wichtig, dass die Studenten/Studentinnen in der Ausbildung die Möglichkeit

haben verschiedene Methoden theoretisch und praktisch kennen zu lernen, um eigene

Erfahrung sammeln zu können.“

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 137/150

Roland schließt sich der notwendigen praktischen Ausbildung im Rahmen der neuen Ausbildung

an und ergänzt, dass diese im alten Studium an der PH zu kurz gekommen ist.

„[…] Es wurden im alten Studium zwar viele theoretische Hintergründe vermittelt, doch die

praktische Ausbildung kam meiner Meinung nach zu kurz. […]

Im neuen Studium sollten sehr viele unterschiedliche Methoden austestet werden. Man sollte

auch jene ausprobieren, die über einen längeren Zeitraum, also über mehrere Stunden gehen.“

Da ich sowohl eine Ausbildung zur NMS-Lehrerin, wie das Studium an der JKU absolviert habe,

kann ich aus eigener Erfahrung sprechen, dass die praktische Ausbildung an der PH, im Vergleich

zu jener an der JKU, viel umfangreicher war.

Vor allem waren die zu absolvierenden praktischen Einheiten nicht geblockt, sondern verteilen

sich über ein gesamtes Semester. Dabei hat man als Studentin die Chance einen Einblick ins

tatsächliche Klassegeschehen zu bekommen.

Karl würde sich ebenfalls eine Veränderung des Schwerpunktes weg von der Theorie hin zur

Praxis wünschen.

„In meiner Ausbildung stand die Theorie im Vordergrund, die Schuldidaktik erlangte ich später

im Selbststudium - im Laufe der Dienstjahre. […]

Durch Hospitationen in laufenden Systemen, also bei erfahrenen Lehrpersonen sollen die

Studenten/Studentinnen eine Möglichkeit haben, neue Einblicke in die tatsächliche Praxis zu

bekommen.

Anschließend sollte eine Evaluierung der Vor- und Nachteile dieser Unterrichtsformen erfolgen,

um den eigenen Unterricht zu bereichern.

Daher finde ich den neuen Ansatz gut, dass die zukünftigen Lehrer/innen nach einer

theoretischen Ausbildung, in die Praxis kommen und anschließen den Master – also die

Aufarbeitung der Erlebnisse und Erfahrungen absolvieren.

Dieser Ansatz wurde zuvor bereits von Sabine beschrieben, welche die Reflexion der praktischen

Anteile in ihrem Studium als Bereicherung empfunden hat.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 138/150

Durch die Auflösung der Integrationsschulen und der Zusammenlegung der Leistungsgruppen

sind die Klassen der NMS in der vorliegenden Leistung noch breiter gestreut.

Aus diesem Grund ist für Martina eine Ausbildung hinsichtlich des Umgangs mit beeinträchtigen

Schüler/innen von großer Bedeutung.

„Für mich soll die neue Ausbildung unbedingt eine integrative Ausbildung beinhalten. Wir haben

in der NMS Schüler/innen aus jeder Leistungsgruppe und aus den Sonderschulen vereint. Ich

weiß auch nicht genau wie man auf autistische Kinder oder Kinder mit Down-Syndrom richtig

reagiert. Hat man keine Ausbildung fühlt man sich sehr schnell überfordert.“

An der PH wurde auf diese Problematik bereits sehr umfangreich geschult. In der Ausbildung an

der JKU liegt der Fokus an der fachlichen Ausbildung, wobei leider die pädagogische und

didaktische Lehre etwas zu kurz kommt.

Für Sabine ist die fachliche Ausbildung besonders wichtig, da durch sie Spontanität und

Sicherheit im Unterricht erzielt wird. Sabine spricht sich für die kollegiale Hospitationen aus, um

neue Erfahrungswerte zu sammeln.

„Für mich bildet eine fundierte fachliche Ausbildung den Grundbaustein der neuen Lehrer/innen-

Ausbildung. Die fachliche Sicherheit impliziert spontane Reaktionen und Handlungen im

Unterrichtsverlauf. […]

Wichtig sind auch die Praxis und die Erforschung der eigenen Praxis. Die

Studenten/Studentinnen sollen erkennen wie Lernformen und eigene Verhaltensweisen auf

Schüler/innen wirken. […]

Die neue Lehrer/innen-Ausbildung soll auch eine Kooperation zwischen Studenten/Studentinnen

und praktizierenden Lehrpersonen beinhalten, um unterschiedliche Erfahrungswerte zu sammeln.

Das Arbeiten in diesem Team bringt Lernfortschritte für beide Seiten. Dabei können auch

Hemmungen, bezüglich einer kollegialen Hospitation abgelegt werden.“

Franz schließt sich den bisher angeführten Meinungen an, dass die neue Ausbildung einen

höheren praktischen Anteil aufweisen soll. Wie für Roland, sollten auch seiner Meinung nach

Methoden mit größeren Umfang „Stationenbetriebe, Wochenpläne und Freiarbeiten“ praktisch

ausgetestet werden.

Die neue Lehrer/innen Ausbildung wird in drei Teilbereiche gegliedert und sollte der

Beschreibung entsprechend, die von den befragten Lehrpersonen als wichtig erachteten Punkte

abdecken.

Der erste Teil soll eine fundierte Allgemeinbildung und die Kernkompetenzen, im Rahmen des

Bachelorstudiums vermitteln.

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Im zweiten Bereich erfolgt die Berufseinführungsphase für alle pädagogischen Berufe. Es erfolgt

die Ausbildung weiterer wichtiger Kompetenzen und die zusätzliche Qualifizierung für den

Lehrberuf. Sie reflektiert, erweitert und vertieft die schulpraktischen Erfahrungen.

Diese Phase dient als Vorbereitung und Qualifizierung des nach Wunsch berufsbegleitenden

Masterabschlusses. Die Ausbildung beinhaltet zusätzliche vorschulische und

sozialpädagogische Lehrveranstaltungen, um für die spätere Berufswelt vorzubereiten.

Der dritte Teil der Ausbildung wartet mit dem Erwerb funktionsbezogener Zusatzqualifikationen

in den Bereichen Schulmanagement, Schulleitung, Fachbereichsleitung, inklusive Pädagogik,

Diversity Management, Management, IKT, Innovation und Qualitätssicherung,

Bildungsverwaltung und Schulentwicklung auf. („Master of Advanced Studies“).

Es werden zusätzliche Fort- und Weiterbildung auf berufsbiographische Stationen und

Entwicklungen in den pädagogischen Berufen abgestimmt (vgl. BMUK und BMW_F, 2010).

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 140/150

8. Zusammenfassung

Diese Arbeit bietet einen kleinen Einblick in die momentanen Gegebenheiten des

Mathematikunterrichts. Dabei wird aufgrund der ausgewählten Lehrpersonen ersichtlich, dass der

Einsatz von offenen Lernformen im Mathematikunterricht geschlechterunabhängig ist.

Wie aus der Befragung hervorging, verwenden junge Lehrpersonen diese Art von Unterricht,

gleichermaßen wie auch ältere Lehrkräfte, die schon länger ihren Beruf verfolgen. Somit ist auch

eine Altersunabhängigkeit feststellbar. Es ist jedoch aus den Interviews ersichtlich, dass sich

bereits länger praktizierenden Lehrpersonen zu jedem Kapitel einen bestimmten Zugang zurecht

gelegt hat, welchen sie verfolgen und dieser nicht so schnell verändert wird.

Die Intensivität des Einsatzes der offenen Lernformen hängt nicht vom Alter, sondern eher von

der schulischen Situation ab. Sind schulinterne Konzepte vorhanden, folgt daraus, dass die

Rahmenbedingungen (örtlich wie zeitlich) der Lernform angepasster vorliegen, als in Schulen, in

denen man als Einzelperson versucht offene Lernumgebungen zu schaffen. Daher ist der Einsatz

dieser Lernformen in Schulen, egal welchen Typs, bei der Anwendung von schulinternen

Konzepten umfangreicher als in anderen.

Den befragten Personen nach wird der offene Unterricht besonders in den Phasen der Übung

oder der Festigung eines bereits erworbenen Stoffes verwendet.

Meiner Meinung nach wird diese Umsetzung ausgewählt, da zu diesem Zeitpunkt eine

Differenzierung und Individualisierung des Stoffes einfach zu bewerkstelligen ist. Durch

unterschiedliche Lernstationen im Stationenbetrieb, differenzierte Arbeitsblätter, Beispiele im

Wochenplan oder unterschiedliche Aufgaben in der Freiarbeitsphase können die Schüler/innen

am aktuellen Lernstand abgeholt und gefördert werden.

Besonders begabte Schüler/innen haben dabei auch den notwendigen Freiraum an individuellen

Projekten zu arbeiten, die nicht unbedingt diesem Stoffgebiet zuordenbar sein müssen.

Den Ergebnissen der Befragung nach, erfolgt die Förderung von sehr guten Schüler/innen meist

in einer offenen Form der Unterrichts. Eine geschlossene Umsetzung kommt dabei selten zu

tragen. Bei Schüler/innen mit Defiziten ist die Art der Förderung von den jeweiligen Defiziten und

von der zusätzlichen Lehrkraft abhängig.

Förderungen von schwachen wie auch von sehr guten Schüler/innen sind meiner Meinung nach

im geschlossenen Unterricht nur schwer realisierbar, da man als Lehrperson ca. 25 Schüler/innen

zur gleichen Zeit fordern und zugleich unterstützen sollte.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 141/150

Für andere Lehrpersonen erfolgt der Einsatz von offene Lernformen eher als Einstieg oder

Abschluss eines Themas.

Ich bin der Meinung, dass der Einstieg in Form einer offenen Konfrontation mit einem neuen

Thema aus der Lebenswelt der Lernenden sehr gut umsetzbar ist. Dabei erhält das Thema bereits

zu Beginn den notwendigen praktischen Bezug und die Mathematik verliert den Ruf der

vermeintlichen Abstraktheit. Der Einsatz der offenen Methoden als Abschluss eines Themas bietet

die Möglichkeit rückblickend Stoffgebiete zusammenzufassen und individuelle Produkte zu

erstellen, was besonders der Kreativität zu Gute kommt.

Wie den Befragungen zu entnehmen ist, wird besonders die Geometrie als geeignetes Thema für

den offenen Unterricht hervorgehoben (Kapitel 7.1.2). Die Begründung liegt in der Anschaulichkeit

des Themas. Meiner Meinung nach können die Beispiele auf einfache Art und Weise mit

Gegenständen aus dem Alltag dargestellt werden. Daher lässt sich das Thema in allen Phasen

des Unterrichts gut offen praktizieren.

Als Nachteil der offenen Lernformen werden laut den befragten Personen, der höhere

Arbeitsaufwand, die zum Teile höhere Lautstärke und das Classroom-Management gesehen.

Ich denke besonders beim Berufseinstieg sollten diese Faktoren nicht außer Acht gelassen

werden, da man in seiner Rolle als Lehrer/innen noch nicht so routiniert ist. Durch die

ausschließliche Umsetzung von offenen Lernformen in jedem Unterrichtsgegenstand kann es

meiner Meinung nach aufgrund der erwähnten Faktoren zu einer Überarbeitung und einem

anschließenden Krankheitsbild führen. Es sollte daher eine gute Mischung aus offenen und

geschlossenen Lernformen gefunden werden, um einerseits die Schüler/innen entsprechend zu

fördern, als auch dem Arbeitspensum angepasst zu agieren. Des Weiteren sollte sich meiner

Meinung nach jede Lehrperson immer vor Augen halten, dass offene Formen im Unterricht, nicht

für jede/n das Premium Optimum darstellt. Durch die Mischung der Unterrichtsstile bietet sich die

Möglichkeit jedem/jeder Schüler/in gerecht zu werden.

Ein weiteres Defizit des offenen Unterrichts wird durch eine vollständige Öffnung gesehen, da es

zu Überforderungen, unkontrollierten Verhalten der Schüler/innen und zu Unübersichtlichkeit

kommen kann. Jene Situationen des offenen Unterrichts wären nicht nur für die Beteiligten

unangenehm, sondern würden zur Erreichung der Ziele des Rahmenlehrplans nur wenig

beisteuern.

Die Funktionsweise des Unterrichts kann von mehreren Faktoren beeinflusst werden. Dazu zählen

den befragten Lehrpersonen nach nicht nur das Alter, welches in hochpubertären Phasen einen

enormen Einfluss auf das Verhalten haben kann, sondern auch der Migrationshintergrund

(schlechte Sprachkenntnisse) und die Tagesverfassung.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 142/150

Meiner Meinung nach ist eine Umsetzung des Unterrichts von Schularbeiten, Konflikten,

Schulveranstaltungen oder durch die Klasse selbst geprägt. Funktioniert eine Methode in einer

Klasse hervorragend mit qualitativ hochwertigen Endprodukten, ist dies keine Garantie für den

Erfolg in einer anderen Schulklasse, da die beeinflussenden Faktoren enorme Auswirkungen

zeigen können.

Bei der Aneignung der unterschiedlichen Kompetenzen, unabhängig davon, ob es sich um

mathematische oder überfachliche handelt, verwenden die befragten Lehrpersonen

unterschiedliche Ansätze zur Erlangung dieser Fähig- und Fertigkeiten. Dabei wird der offene

Unterricht bei allen als notwendiger Zugang erwähnt. Da es, wie in den unterschiedlichen

literarischen Quellen beschrieben ist, keinen Super-Unterricht gibt, stellt eine Mischung der

Ansätze das bestmögliche Resultat für die Lernenden dar.

Zum Thema der Motivation und Merkfähigkeiten ist die Meinung der Befragten gespalten. Aus der

Perspektive der Lehrkräfte sind diese Faktoren nur zum Teile von einer bestimmten Lernform

abhängig. Ausschlaggebend sind ihrer Meinung nach auch die Lehrpersonen selbst, das

allgemeine Interesse, die Aufbereitung, der alltägliche Bezug und vor allem das Ansprechen der

unterschiedlichen Wahrnehmungskanäle.

Wie zu Beginn meiner Arbeit bereits erwähnt, zeigen die Ergebnisse der Hirnforschung, dass

selbstständiges Handeln und eigenständiges Erklären die Merkfähigkeit erhöhen. Durch offene

Lernformen können diese beiden Kriterien in der Planung einfach integriert werden. Die

Lehrperson muss jedoch den entsprechenden Freiraum schaffen und die Materialien passend

dazu erstellen.

Die Motivation wird zum Teil von den gleichen Faktoren beeinflusst. Eine Steigerung der

Arbeitsmotivation, kann nur individuell gefördert werden, pauschale Ansätze sind dazu meines

Wissens nicht auffindbar.

Bei der Frage nach den Zukunftsperspektiven wurde deutlich, dass die Schüler/innen durch offene

Lernarrangements viele unterschiedliche Kompetenzen im Bereich der Sozial- Selbst-

Gesellschafts- und Methodenkompetenzen erwerben. Im Vergleich dazu konnten mir einige, der

befragten Lehrpersonen nur nach langer Überlegung wenige Kompetenzen, welche durch

geschlossene Lernformen erworben werden, nennen. Dabei ging es meist um strukturelle

Kompetenzen, die zwar im späteren Leben notwendig, aber nicht von so enormer Bedeutung, wie

die des zuvor erwähnten offenen Unterrichts sind.

Betrachtet man den Punkt der Ausbildung etwas genauer, ist zu erkennen, dass sich die befragten

Lehrpersonen eine bessere praktische Ausbildung im Rahmen des Studiums wünschen.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 143/150

Den Studenten/Studentinnen wird ein geschützter Raum zur Verfügung gestellt, in welchem sie

unterschiedliche Methoden und Lernansätze ausprobieren können. Dabei gilt es die eigene

Hemmschwelle zu übertreten.

Funktioniert eine Methode im Rahmen der Ausbildung weniger gut, kann dies für einen selbst

einfach in einem Reflexionsgespräch diskutiert werden und hat keine weiteren Konsequenzen. Im

späteren Mathematikunterricht, in welchem mehr Leistungsdruck und Zeitdruck vorherrscht, muss

der Misserfolg durch andere Zugänge ausgeglichen werden.

Da ich den direkten Vergleich zwischen der praktischen Ausbildung an der PH und der JKU habe,

empfinde ich die praktische Ausbildung an der Uni, im Vergleich zur jener der PH, viel zu gering.

In den wenigen praktischen Einheiten verbringt man die erste Zeit damit, die Schüler/innen

kennenzulernen. Hat man einen Überblick über die Klasse und ihren individuellen Eigenschaften,

ist die praktische Phase beinahe vorbei. An der PH erstrecken sich die praktischen Einheiten über

ein ganzes Semester, in welchem mehr Zeit zum Kennenlernen, Einschätzen der Schüler/innen

und Unterrichten bleibt, was sehr von Vorteil ist.

Die Praxis ist in der neuen Lehrer/innen-Ausbildung im Rahmen des Masterstudiums besser

abgedeckt.

Im letzten praktischen Teil des Masterstudiums werden praktische und theoretische Ansätze so

kombiniert, dass Reflexionen erfolgreich durchgeführt werden können.

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9. Conclusio

Das Hauptziel einer Lehrperson sollte die Bildung von mündigen und sozialen Jugendlichen sein,

welche mit ihren Fähig- und Fertigkeiten die Aufgaben des Lebens meistern. Die Schüler/innen

sollen in der Lage sein kritisch, hinterfragend und offen durch das Leben gehen, um sich

eigenständige Meinungen zu Aussagen oder vorliegende Tatschen zu bilden. Aus diesem Grund

ist die Ausbildung von Fachwissen in allen Bereichen ein wichtiger Bestandteil, welcher in der

Schule erworben werden soll.

Die Lehrkräfte können dazu unterschiedliche Ansätze verwenden, um entweder die Schüler/innen

selbst zu instruieren oder ihnen eine räumliche, wie auch zeitliche Möglichkeit zu bieten, um sich

eigenständiges Wissen und Erfahrungen anzueignen.

„Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun.“ Marie von Ebner-Eschenbach

Bereits die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach, greift die Bedeutsamkeit des

eigeneständigen Handelns heraus. Die Wechselbeziehung zwischen dem Wissenserwerb und

dem eigenständigen Tun kann mit Hilfe der Hirnforschung belegt werden. Um das selbstständige

Arbeiten zu ermöglichen, bedarf es jedoch Umstrukturierungen und Öffnungen des Unterrichts.

Wie die Ergebnisse meiner Untersuchung zeigen, lässt sich eine offene Lernform im

Mathematikunterricht zu jedem Thema realisieren, insofern es in der Intention der Lehrkraft liegt.

Der Grad der Öffnung soll vom Lehrenden individuell bestimmt werden, damit eine Überforderung

der Schüler/innen, beziehungsweise eine Ausprägung des Laissez-Fair-Stils vermieden werden

kann. Der offene Unterricht in seinen verschiedenen Facetten spricht natürlich für sich, darf dabei

er in seiner organisatorischen Aufwendung nicht unterschätzt werden.

Ich denke, dass jede Lehrperson den eigenen, zu sich passenden Lehr- und Lernstil finden sollte,

um die Schüler/innen in der schulischen Laufbahn am besten zu begleiten. Dabei darf ein

abwechslungsreicher, interessanter und alltagsbezogener Unterricht nicht fehlen. Meine

Untersuchungen zu diesem Thema haben mir neue Wege und Zugänge des Unterrichtens

aufgezeigt, welche ich gerne ab dem kommenden Jahr einsetzen möchte. In diesem Sinne noch

ein herzliches Dankeschön an meine Kollegen/Kolleginnen, dass sie mir Einsicht in die

unterschiedlichen Unterrichtsstile geboten haben.

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 145/150

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11. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:Kompetenzmodell in Mathematik 8. Schulstufe (BIFIE, 2011-2017) ____________ 9

Abbildung 2: Unterteilung der überfachlichen Kompetenzen (Eder & Hofmann, 2012) _______ 14

Abbildung 4:Darstellung der Freiarbeit (Reich, 2008, S. 6) ____________________________ 35

12. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Aufnahmen von Lerninformationen (vgl. Witzenbacher,1985 zit. n. Gudjons, 2003, S.

108) _______________________________________________________________________ 6

Tabelle 2: Kompetenzen in Mathematik 8. Schulstufe (BIFIE, 2011-2017) ________________ 10

Tabelle 3: Bedingungen für motiviertes Handeln ___________________________________ 122

20. Juni 2017 Stefanie Hennerbichler 150/150

13. Abkürzungsverzeichnis

PISA_______________ Programme for International Student Assessment

PIRLS _____________ Progress in International Reading Literacy Study

PTS _______________ Polytechnische Schule

NMS _______________ Neue Mittelschule

ORG_______________ Oberstufenrealgymnasium

UFK _______________ überfachliche Kompetenzen

UP ________________ Unterrichtsprinzip

BA ________________ Bildungsanliegen

BB ________________ Bildungsbereich

DeSeCo ____________ OECS-Schlüsselkompetenzen

KC ________________ EU Key Competence

LBVO ______________ Leistungsbeurteilungsverordnung

SPF _______________ Sonderpädagogischer Förderbedarf