JÜRGEN MÖBIUS

a d a m g a l l e r y

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g a l l e r ya d a m

JÜRGEN MÖBIUS

Jürgen Möbius - Archaic News

Nachdem die Adam Gallery das Werk von Jürgen Möbius dem Londoner Publikum 2006 ein erstes mal vorgestellt hatte, lädt sie uns jetzt mit einer zweiten Ausstellung ein, zu entdecken, wie sich der deutsche Künstler in der Zwischenzeit entwickelt hat. Es gibt in der Tat viel zu sehen, denn Möbius ist in der inneren Landschaft seiner Kunst zügig vorangeschritten: Die letztjährige Ausstellung war noch stark geprägt von der markanten Werkgruppe „Ikonographie“ mit ihren erhabenen, kargen Bildräumen, die mit wenigen, urtümlich wirkenden Formmodulen besiedelt sind. Mehr und mehr sind nun bewegtere und zugleich kleinteiligere Kompositionen an ihre Stelle getreten. Zwar bleiben auch sie einer kraftvollen, archaischen Grundhaltung verbunden, doch präsentieren sie sich dabei malerischer – und zugleich tragen sie Möbius’ Kunst wieder stärker in Richtung des abstrakten Ufers des großen Stroms der Malerei.

Der Wandel ist in der aktuellen Ausstellung selbst sehr schön spürbar. Denn einige wenige der gezeigten Werke stehen noch im Bann der früheren Bildserien: So beruht etwa „Mediterran“ von 2006 auf den charakteristischen Form-Modulen der Serie „Ikonographie“: Charakteristisch dafür ist eine flächige Grundmembran, auf der räumliche Formeln (etwa das Boot) mit flächigen Schablonen abwechseln. Das Boot markierte dabei in früheren Arbeiten gerne den Übergang von rein flächigen Bild-Partien zu einer davon getrennten, weniger archaischen räumlichen Dimension. Diese Bilder waren innere Bühnen für malerische rites de passage. In „Mediterran“ aber scheint Möbius die früheren Vokabeln bereits anders einzusetzen: Als hätten sie sich von ihren Verankerungen losgerissen, treiben die einzelnen Bildmotive nun frei auf der lichten Bildfläche dahin. Alles schwimmt, nicht nur das Boot ... und findet so seinen Platz in der Komposition. Eine heitere Sonne vermittelt dieser Landschaft elementaren, zeitlosen Erkennens von der Mitte her Licht.

Wie die aktuelle Ausstellung zeigt, beginnt sich die hieratische Strenge der früheren Arbeiten in der Folge zunehmend aufzulösen. Gleichzeitig verschwindet in den neuen Bildern nicht selten die Idee von Landschaft. In manchen Werken finden sich zwar noch die alten Objekte, welche die Urlandschaften bevölkerten, doch scheinen sie sich von ihrer Verbindung mit einem Boden gelöst zu haben. Diese archaischen Relikte, die in den Bild-Landschaften ruhten, haben sich in diesen Werken auf einmal zu flüchtigen, kalligraphisch anmutenden Zeichen gewandelt, die nicht mehr massiv in den sandfarbenen oder grünen Farb-Steppen liegen, sondern nur noch auf der Bildfläche selber. Besonders eindrucksvoll zeigt dies etwa „Moonlight Serenade“ (2006), das in vielen Motiven wörtlich das erwähnte „Mediterran“ zitiert – doch wird das Räumliche nun stark zurückgenommen. Die Bildelemente wirken wie mit Schablonen aufgesprayt. Hier wird das Archaische zum schnellen Sgraffito, zu einer blitzschnell aufscheinenden visuellen Schrift, die etwas präzise formuliert, ohne es auszusprechen. Möbius Bilder sind nun geheimnisvolle Aquarien voller Rätsel, in denen die Formen noch wie in Bewegung wirken und sich der nahe liegenden Anordnung verweigern. Wie unvertäute Boote schlingern sie über die Bildfläche, bewegte Schrift, vielfaches Geheimnis.

Mehr und mehr tritt nun die senkrechte, kalligraphische Anordnung der Motive in den Vordergrund. Liniengespinste sowie schwarze Graphismen, die wie aufgeklebt wirken (siehe etwa „Invasion“, 2007) bestimmen den Charakter nicht weniger Arbeiten. Diese Graphismen treten nun des Öfteren verstärkt mit der Grundschicht des Bildes in einen neuen Dialog. Aus dem Hintergrund heraus verleiht die malerisch belebte Grundfläche den Elementen auf der Oberfläche eine zweite Stimme; ein subtiler Rhythmus setzt sich in Gang. Die musikalische Dimension wird auch in Titeln wie „Große Fuge“ (2006) deutlich, einem Hauptwerk des Künstlers. Hier erhalten die Graphismen nun farbige Höfe, die ihnen wieder Ruhe vermitteln, ohne aber das energetische Vibrieren der Formen zu unterbrechen. Das Archaische wird hier unmittelbare Gegenwart. Es flimmert vor uns, es geschieht jetzt! Und liebend gerne vernehmen wir in der globalisierten Informations-Welt DIESE Art von Nachrichten – die kostbaren, bewegenden “Archaic News” eines ganz besonderen Senders: Channel Painting.

Hier ist übrigens vollends wieder von abstrakter Malerei zu sprechen. – Wobei der Künstler sich diesbezüglich weiterhin nicht festlegen lassen will. Dies zeigt im Rahmen dieser Ausstellung exemplarisch die Arbeit „Dancer in the Dark“ (2007), die explizit Bezug nimmt auf ein Hauptwerk figürlicher Kunst des 20. Jahrhunderts. In der Tat hat Möbius hier vor den unteren, dunkleren Teil eines in zwei Zonen aufgeteilten Hintergrundes die berühmte Silhouette von Pablo Picassos surrealem „Akrobaten“ von 1930 aus dem Pariser Musée Picasso gesetzt. Das Bild hatte den Künstler stark berührt, als er es 2005 in einer Ausstellung der Fondation Beyeler im Original sah, und er notierte später Folgendes über den „Akrobaten“: „Ich fand ihn auf seltsame Weise traurig, deshalb habe ich ihn ins Dunkel einer düsteren leeren Raumlandschaft gebracht, wo er seine autistischen, einsamen, sinnentleerten Rituale vollzieht.“ Entsprechend wandelte er die träumerische Gestalt des weiß gehaltenen Akrobaten von Picassos Original um in eine schwarze Silhouette.

Aus dem Akrobaten ist nun der Schatten eines ausgebrannten Prometheus geworden, der sich unter der malerischen Energie zu ducken scheint, die im Grau der oberen Bildhälfte freigesetzt wird. Durch das Schwarz schwerer lesbar geworden, rückt der „Akrobat“ zugleich in die Nähe expressiver Kalligraphien und Graphismen, wie sie in anderen hier ausgestellten Arbeiten auftauchen, etwa auf „Die Drohung“ aus demselben Jahr. Der spinnenartig gekrümmte Körper wird also sogleich wieder abstrahiert und umgewandelt in die ungegenständliche Spielart der von Möbius so souverän gehandhabten reinen Malerei. Diese flutet als zeitloser Ausdruck von Erinnerung und Energie durch uns hindurch, pflügt unsere Wahrnehmung und bringt uns das Glück des Sehens authentischer, unverrückbarer Form. Sie befreit uns dadurch – und mit uns den Künstler selber – wenigstens während des Betrachtens der Bilder von jenem Skeptizismus, den wir heute für besonders unausweichlich halten, auch wenn er schon immer die bejahende Kraft der Kunst begleitet hat.

Malerei – dies eine der schönsten Lehren dieser Ausstellung – ist eine ewig junge Ursprache und bleibt stets sie selber – sei sie nun figürlich oder abstrakt. Beide Ufer ihres Stromes sind großartige und großzügige Orte. Und der Maler Jürgen Möbius reist versunken von einem Ufer zum anderen, beide erkundend, beiden eine Sprache verleihend. Philippe Büttner

1. Attractors Mixed media on paper 50 x 35 cm

2. Happy Hour Oil on canvas 62 x 109 cm

3. Relief I Oil on paper 70 x 50 cm

4. Jungle World Oil on canvas 76 x 99 cm

5. Shadow Fighter Mixed media on paper 50 x 35 cm

6. Grey - Red Oil on canvas 115 x 86 cm

7. Dancer in the Dark Mixed media on paper 50 x 35 cm

8. Moonlight Serenade Oil on canvas 65 x 106 cm

9. No but Yes Oil on paper 50 x 35 cm

10. Intermezzo Mixed media on canvas 99 x 55 cm

11. Shadows Oil on paper 57 x 84 cm

12. Silent World Oil on canvas 109 x 97 cm

13. Maybe Tomorrow Mixed media on paper 50 x 70 cm

14. Symphonetta Mixed media on canvas 130 x 130 cm

15. Study I Mixed media on paper 27 x 18 cm

16. Mediterran Mixed media on canvas 104 x 170 cm

17. The Treat Mixed media on paper 50 x 35 cm

18. Invasion I Mixed media on canvas 115 x 86 cm

19. Painted Book Cover Mixed media on book cover 31 x 23 cm

20. Lost Land Mixed media on canvas 96 x 130 cm

21. What about some Colour? Mixed media on paper 50 x 70 cm

22. Old Game Mixed media on canvas 130 x 130 cm

23. The Invasion Oil on paper 50 x 33 cm

24. Landscape Oil on canvas 57 x 85 cm

25. Four Objects in a Strange Land Mixed media on paper 50 x 35 cm

26. Invasion II Oil on canvas 115 x 86 cm

27. Relief II Oil on paper 70 x 50 cm

28. Secret References Oil on canvas 57 x 85 cm

29. Study II Mixed media on paper 27.5 x 16 cm

30. Soft Relief Oil on canvas 115 x 86 cm

31. Hidden Stories Mixed media on paper 35 x 26 cm

32. Rebus Mixed media on canvas 115 x 86 cm

33. Study III Mixed media on paper 27 x 18 cm

34. Great Fugue Mixed media on canvas 200 x 105 cm

35. Rebus Mixed media on paper 57 x 42 cm

36. Border Composition Mixed media on canvas 100 x 75 cm

Selected Solo Exhibitions 1969 Galerie Würzner, Düsseldorf Galerie Gurlitt, Mainz1972 Städtische Galerie, Mainz 1973 Galerie Schloss Ringenberg Rathaus, Kleve1974 Röderhausmuseum, Wuppertal1976 Galerie Glasing, Osnabrück Städtische Galerie, Herne1977, 1997, 2004 Märkisches Museum, Witten1979 Studio M, Bamberg Staatstheater, Darmstadt1980 Galerie Stolànovà, Wiesbaden Mittelrheinmuseum, Koblenz1982 Galerie Dornhöfer, Mainz1984 Galerie Neumühle, Schlangenbad1985 Landesmuseum, Mainz Kunstverein, Ludwigshafen Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden1986 Museum, Bochum Galerie der Stadt Iserlohn1987, 1990 Galerie Klaus Kiefer, Essen1987, 2000 Galerie Ulrike Buschlinger, Wiesbaden1988 Kunsthalle Darmstad1988, 1992, 1996, 1999 Galerie Leonhard, Basel, Switzerland1992, 2002 Galerie Zulauf, Freisheim1994 Galerie Remy, Vallendar1995 Sendezentrum des Zweiten Deutschen Fernsehens, Mainz Galerie Kulturlade, Zürich CH2001 Collegium oecumenicum, Bamberg MVB Forum für Kultur und Wirtschaft, Mainz2006 Adam Gallery, London

Selected Group Exhibitions

1969 ‘International Graphic Arts’, Galerie Dalléas Bordeaux, Paris1975 ‘Deutscher Künstler-bund’, Dortmund1979 ‘Man and man’s Images’, Märkisches Museum Witten1980 ‘Love-Dokuments of our Time’, Art Hall Darmstadt and Art Association Hannover1982 ‘Work - Progress – Position’, Nassau Art Association Wiesbaden 1983 ‘Principle Hope – Utopic Aspects in Art and Culture of the 20th Century’, Museum Bochum ‘Art and Architecture’, Gallery Kloth-Heydenfeldt Hamburg ‘Art in Rheinland-Pfalz’, Mittelrheinmuseum Koblenz, Usher-Gallery Lincoln, UK1986 ‘Selfportraits’, Gallery Klaus Kiefer Essen1987 ‘The Dying and Death’, Gallery Klaus Kiefer Essen1989 ‘Where are You, Revolution – Freedom, Liberty, Egality, Fraternity to-day’, Museum Bochum1990 ‘Flight – a Problem within the Memory of Man’, Kunsthalle Darmstadt ‘Art and War 1939 – 89’, House of Cultures Berlin 1991 ‘Material and Form’, Pillnitz Castle Dresden and Pfalz Gallery Kaiserslautern1995 20 Years Exhibitions, Chrämerhuus Langenthal, Switzerland1998 ‘Works on Paper’, Klaus Kiefer Gallery Essen2000 ‘Acquisitions 1900 – 2000’, Mittelrhein-Museum Koblenz2001 ‘Strange Pictures’, Klaus Kiefer Gallery Essen2002 ‘10 Years Buschlinger Gallery’, Buschlinger Gallery Wiesbaden2004 ‘Eternal Space – Pictures and Sculptures’, Dome of Bamberg 2005 Art Fair Chicago, Adam Gallery, London

Selected Publications

P. Büttner, ‘Rebus – an unsolvable puzzle?’, publication of the Ruethmueller Gallery, Basel.J. Hempel, ‘Keep Cover Closed – Approaches to Jürgen Möbius’, in “Begegnungen II – Kunst in Rheinland-Pfalz”, Pfälzische Verlagsanstalt GmbH Landau/Pfalz, 1981.W. Kroener, ‘Jürgen Möbius – a portrait’, Mainzer Rheinzeitung, 5.3.1994.R. Mieritz, ‘Project for a TV.script’, in ‘Jürgen Möbius’, publication of the Ruethmueller Gallery, Basel, 1992.J. Möbius, ‘Theme: Landscape’, KUNSTMagazin 3/1979P. Spielmann, ‘Peter Spielmann for Jürgen Möbius’, catalogue text accompany exhibition in Darmstadt (1988).D. Stolte, ‘Jürgen Möbius – How to keep one’s own personality in the modern mass and medium society by art’, ZDF-Press-Special with the exhibition, 1995.

W. Venzmer, ‘Remarks to Jürgen Möbius’, catalogue text to accompany a exhibitions in Mainz (1985), Ludwigshafen (1985) and Bochum (1986).W. Venzmer, ‘About the endangering of man – Remarks to new works of the painter Jürgen Möbius’, MAINZ-Magazin for culture-politics-economy-history, 1986.W. Venzmer, ‘Jürgen Möbius’, Dokumentation of the Central Bank of Rheinland-Pfalz, 1991.

W. Zemter, ‘Jürgen Möbius – Supranatural Landscapes’, catalogue text to accompany an exhibition in the Märkisches Museum Witten, 1977.

1999 first monograph ‘Jürgen Möbius’, editor W. Zemter. Publisher Kettler, Bönen. With contributions by W. Zemter, H-J. Buderer and H.J. Imiela.

2004 double edition ‘Planes in my Room’, ‘Quiet Zone’, editor W. Zemter for the exhibition in Märkisches Museum Witten, Germany and also Chesa da Cultura in St.Moritz, Switzerland.

Public Collections Corperate Collections