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1 INSTITUT FÜR PHYSIOLOGIE Anleitung zum Physiologie - Praktikum P - 5. Nerv und Muskel SS 2010 (4. Semester)

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INSTITUT FÜR PHYSIOLOGIE

Anleitung

zum

Physiologie - Praktikum

P - 5. Nerv und Muskel

SS 2010 (4. Semester)

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INHALT

EINLEITUNG ..................................................................................................................... 4

A. Vorbemerkungen und Vorbereitungsrichtlinien ............................................................. 4

B. Praktikumsablauf ............................................................................................................ 4

C. Computersimulation: SimNerv und SimMuskel (Thieme ® ) ....................................... 5

D. Die Computersimulation als Ersatz für den klassischen Tierversuch? .......................... 6

ARBEITSPLATZ I: NERV ................................................................................................ 7

A. Präparat ........................................................................................................................... 7

B. Methodische Vorbemerkungen ....................................................................................... 7

C. Versuchsaufbau .............................................................................................................. 9

D. Aufgaben ...................................................................................................................... 10

1. Reizzeit-Spannungskurve .................................................................................. 10

2. Rekrutierung ...................................................................................................... 12

3. Nervenleitgeschwindigkeit ................................................................................ 13

4. Relative und absolute Refraktärzeit ................................................................... 14

ARBEITSPLATZ II: NERV-MUSKEL UND MUSKELMECHANIK ........................... 15

A. Präparat ......................................................................................................................... 15

B. Methodische Vorbemerkungen ..................................................................................... 15

C. Versuchsaufbau und Eichung ....................................................................................... 19

D. Aufgaben ...................................................................................................................... 19

1. Passive Dehnung und isometrische Maxima ..................................................... 20

2. Zeitbeziehungen von Aktionspotential und Muskelzuckung ............................ 20

3. Superposition von Muskelzuckungen ............................................................... 21

4. Tetanische Muskelkontraktion .......................................................................... 21

Tabellen 1-6 ....................................................................................................................... 23

Sammeltabelle ................................................................................................................... 29

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Es wird von jedem/er Student/in auf Millimeterpapier angefertigt:

Diagramm 1: Reizzeit-Spannungskurve (vgl. Abb. 1).

Diagramm 2: Rekrutierung am Nerven (vgl. Abb. 3)

Diagramm 3: Refraktärzeit am Nerven (vgl. Abb. 5).

Diagramm 4: Ruhe-Dehnungskurve, Kurve der isometrischen Kontraktions-

Maxima (vgl. Abb. 6).

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EINLEITUNG

A: Vorbemerkungen und Vorbereitungsrichtlinien

Der vorliegende Praktikumsteil Nerv und Muskel befasst sich mit den elektrischen

Vorgängen am Nerven sowie mit den elektrischen und mechanischen Eigenschaften des

Skelettmuskels. Die Kenntnis der Physiologie dieser Strukturen ist wichtig zum Verständnis

der Probleme der Arbeits- und Sportmedizin und besonders zur Diagnose und Therapie vieler

neurologischen Erkrankungen.

Zur Vorbereitung des Praktikums sollten aus den einschlägigen Physiologie

Lehrbüchern folgende Themenbereiche gelernt werden:

Membranpotential, Membranruhepotential, Erregung, Aktionspotential,

Summenaktionspotential; elektrische Reizung, Schwelle, absolute und relative Refraktärzeit;

Erregungsfortleitung, Nervenleitungsgeschwindigkeit; chemische Synapsen,

Erregungsübertragung durch Transmitter, motorische Endplatte; Erregungs-

Kontraktionskoppelung, Kontraktionsmechanismus; Feinbau der Muskelfaser,

Muskelmechanik, Ruhe-Dehnungskurve; Muskelspindel, Muskelspindelafferenzen,

Motoneurone; Reflexe, Reflexbogen.

In dieser Anleitung werden zu jedem Arbeitsplatz Beschreibungen der praktischen

Durchführung der Aufgaben gegeben. Messreihen werden in Tabellen eingetragen und

graphisch auf Millimeterpapier (Bleistift; nicht Tinte oder Kugelschreiber!) aufgetragen.

Wichtige Ergebnisse werden in der Sammeltabelle (am Schluss der Anleitung)

zusammengefasst.

Mitzubringen sind: Millimeterpapier (DIN A4), Zeichenutensilien (Geodreieck,

Lineal, Bleistift, Radiergummi), Taschenrechner.

B. Praktikumsablauf

Zu Beginn des Praktikums teilen sich die Studenten in zwei gleich große Teilgruppen

auf. Für jede der zwei Praktikumsaufgaben (I = Nerv, II = Nerv-Muskel) sind je vier

Arbeitsplätze aufgebaut. Die eine Teilgruppe beginnt das Praktikum mit Versuchsteil I, die

andere mit Versuchsteil II. Nach der Mittagspause werden die Arbeitsplätze gewechselt. Die

beiden Halbgruppen verteilen sich möglichst gleichmäßig auf die jeweils vier Arbeitsplätze.

Am Ende des Praktikumstags erfolgt die Abzeichnung der Protokolle und mündliche

Überprüfung des Praktikumserfolgs in einem Prüfungsgespräch.

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C. Computersimulation: SimNerv und SimMuskel (Thieme ® )

SimNerv und SimMuskel sind Computer animierte, multimediale Simulationen des

sogenannten Frosch-Nerv-Muskel Versuchs. Als „virtuelle“ Präparate dienen dabei der

Nervus ischiadicus sowie der von ihm innervierte Musculus gastrocnemius des Frosches. Die

Software ist aus jeweils 3 Modulen aufgebaut („Wetlands“, „Präparation“ und „Praktikum“).

1. „Wetlands“: Zum Kennenlernen des Versuchstieres werden hier Photos von

verschiedenen Froscharten angeboten. Zusätzlich können die spezifischen

Artgeräusche (Quaken) der Frösche akustisch wiedergegeben werden.

2. „Präparation“: In diesem Modul wird eine Präparation des Gewebes in Form von

mehreren digitalen Videos gezeigt. Die Präparation dauert etwa sechs Minuten und

endet mit der Entnahme der beiden Nervi ischiadici und ggf. des quergestreiften

Musculus gastrocnemius des Frosches. Beide Nerven und der Muskel werden in eine

Schale mit Nährlösung (Ringerlösung) gelegt.

3. „Praktikum“: Der experimentelle Teil, also der Hauptteil des Versuches, findet im

sogenannten „virtuellen Labor“ statt. Dieses umfaßt die Schale mit den zwei Nerven

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bzw. dem Nerv-Muskel Präparat, eine Experimentierkammer, bzw.

Aufhängungsvorrichtung für den Muskel mit Nervenreizung sowie Längen- und

Kraftmessung, ein elektrisches Reizgerät (Stimulator) und ein Oszillograph (die

genaue Versuchsdurchführung ist weiter unten beschrieben)

Neben jedem Computermeßplatz findet sich eine Kurzanleitung zur Benutzung der Software.

D. Die Computersimulation als Ersatz für den klassischen Tierversuch?

SimNerv und SimMuskel stellen eine Alternative zum klassischen Frosch-Nerven-Versuch

dar und übertreffen unter didaktischen Gesichtspunkten diesen Tierversuch - allerdings nur

dann, wenn der Schwerpunkt des Versuchs auf die Erzeugung und Bedeutung der elektrischen

Signale und Muskelkontraktionen gelegt werden. Sobald das Geschick bei der Präparation,

der Umgang mit natürlichem Gewebe und der Zusammenhang zwischen sauberer Präparation

und Funktionstüchtigkeit des Gewebes im Vordergrund stehen, kann SimNerv und

SimMuskel lediglich als optimale Versuchsvorbereitung verwendet werden.

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ARBEITSPLATZ I: NERV

Messungen am peripheren Nerv (N. ischiadicus, Frosch)

Es handelt sich um einen gemischten Nerven mit afferenten und efferenten Fasern, die

jedoch in den vorliegenden Versuchen mit elektrischer Reizung nicht unterscheidbar sind.

(warum?)

Der Nerv enthält eine Vielzahl von Nervenfasern, die teils myelinisiert, teil nicht-

myelinisiert sind und sich in ihrem Durchmesser unterscheiden. (Aα, Aβ, Aγ, B, C oder in

Gruppe I, II, III, IV; wie unterscheiden sich diese Fasertypen morphologisch, physikalisch

und funktionell?). Der frei präparierte und entnommene Nerv bleibt über Stunden elektrisch

erregbar und behält die Fähigkeit, diese Erregung (nach beiden Seiten hin) fortzuleiten.

Voraussetzung ist allerdings, dass er sorgfältig gegen Austrocknung geschützt wird.

A. Grundlagen

Wird eine Nervenfaser auf zwei voneinander getrennte Drähte (Reizelektroden) gelegt,

an die ein Spannung gelegt wird, so fließt ein Strom positiver Ladungsträger vom Draht, der

mit dem positiven Spannungspol verbunden ist (Anode), zum Draht, der dem negativen

Spannungspol verbunden ist (Kathode). Dieser Strom, der teilweise durch die

Plasmamembran der Nervenfaser fließt, hyperpolarisiert die Membran unter der Anode und

depolarisiert sie unter der Kathode. Bei kurz dauerndem Spannungspuls (= Reizimpuls) an der

Reizelektroden kann daher unter der Kathode die Schwellendepolarisation erreicht und ein

Aktionspotential ausgelöst werden, das sich zu beiden Seiten entlang der Nervenfasern

ausbreitet.

Ob bei einem Reizimpuls die Schwellendepolarisation erreicht und somit ein

Aktionspotential erzeugt wird, hängt nicht nur von der Höhe des Reizimpulses, sondern auch

von seiner Dauer ab. Der Grund ist die endliche Kapazität der Zellmembran, die bestimmt,

wieviel Ladung pro Membranfläche zur Erzeugung einer bestimmten Depolarisation nötig ist.

Ist der Reizimpuls zu kurz, so fließt zu wenig Strom, um die Membrankapazität umzuladen.

Je höher die Amplitude des Reizimpulses, desto kürzer kann er sein, um die

Schwellendepolarisation zu erzeugen. Dies ist die Grundlage für die Form der Reizzeit-

Spannungskurve, die die Abhängigkeit der Schwellenreizspannung (Us) von der Reizdauer

Ts) darstellt (s. Abb. 1). Im Verlauf dieser Kurve liegen zwei charakteristische Größen: 1. Die

Rheobase (UR = Schwellenreizspannung, Us bei sehr großer Reizdauer); 2. Chronaxie (TC =

Reizdauer bei doppelter Rheobase). Merke: Einheit der Rheobase ist Spannung (des Reizes),

Einheit der Chronaxie ist Zeit.

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Die Reizzeit-Spannungskurve hat angenähert die Form einer Hyperbel, deren

Asymptote die Rheobase darstellt. Dies lässt sich damit begründen, dass die zur

Reizauslösung notwendige effektive Ladungsmenge unabhängig von der Reizdauer

angenähert konstant ist. Reizung mit Reizspannung unterhalb der Rheobase, UR, bleibt bei

allen Reizdauern ohne Wirkung; wirkungsvoll ist nur die über die Rheobase, UR,

hinausgehende Reizspannung Us* = Us – UR.

Dieser Reizspannung ist die Reizstromstärke, Is* proportional:

Is* ~ Us – UR (1)

Die mit dieser Reizstromstärke, Is*, während der Reizzeit fließende effektive

Ladungsmenge, Qs*, ergibt sich als Produkt von Strom und Zeit:

Qs* = Is* × Ts (2)

Mit Gl. (1) wird Gl. (2)

Qs* ~ (Us – UR) × Ts (3)

Ist die zum Überschreiten der Schwelle benötigte Ladungsmenge Qs* für alle

Reizdauer-Werte Ts konstant, so gilt

(Us – UR) × Ts = const (4)

Dies ist die Darstellung einer Hyperbel, in welcher Us die Ordinate (y-Achse), Ts die

Abszisse (x-Achse) und UR die Asymptote darstellen.

Abb. 1: Reizzeit-Spannungskurve des peripheren Nerven. Rheobase = UR bei Ts→∞. Chronaxie = Ts bei Us = 2 × Rheobase.

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In dem aus vielen Fasern bestehenden Nerven ist die zum Erreichen der Schwelle

notwendige Schwellenreizspannung nicht für alle Fasern gleich. Dies hat zwei Gründe:

1. Die Schwellendepolarisation wird für dickere Fasern schon bei geringerer

Reizspannung erreicht.

2. Die den Reizelektroden näher liegenden Fasern werden stärker als die ferner liegenden

vom Reizstrom durchflossen und daher stärker depolarisiert.

Damit gilt für das vom gesamten Nerven abgeleitete Summenaktionspotential im

Gegensatz zum Einzelfaser-Aktionspotential nicht die Alles-oder-Nichts-Regel. Da sich die

Aktionspotentiale der einzelnen Nervenfasern im Summenpotential addieren, nimmt die

Amplitude des Summenaktionspotentials mit der Anzahl der aktiven Fasern zu.

In dem vorliegenden Versuchsaufbau wird im wesentlichen das

Summenaktionspotential der dicken, schnellleitenden myelinisierten Fasern (Typ Aα oder

Gruppe I) beobachtet. Sie verursachen die erste Potentialschwankung, die nach dem Reiz an

der Ableitelektrode eintrifft. Die Messungen werden an diesem Potential durchgeführt.

B. Das virtuelle Labor

Die Messungen erfolgen mit dem Programm SimNerv im virtuellen Labor.

Abbildung 2 zeigt den Versuchsaufbau:

- Reizgenerator (links oben): dient als Spannungsquelle, mit der Einzelreize (MODE: Single)

oder Doppelreize (MODE: Twin) erzeugt werden können. Außerdem können Reizstärke in

mV (AMPLITUDE) und Reizdauer in ms (DURATION) sowie für Doppelreize der

Reizabstand in ms (DELAY) eingestellt werden.

- Oszillograph (rechts): stellt den Reiz (CHANNEL 1) und die elektrischen Aktivitäten der

Nervenfasern (CHANNEL 2) dar. Mit der Zeitachse (TIMEBASE) kann die Zeitdarstellung

auf der x-Achse reguliert werden. Beispiel: Einstellung 1 = 1 ms/Div (Division = Kästchen).

Die Größe von Reiz (CH1) und Summenaktionspotential (CH2) können in mV/Div jeweils so

eingestellt werden, dass sie gut sichtbar sind und in nicht über den dargestellten Bereich

hinausgehen.

- Messkammer (unten links): unter der Abdeckung (mit Cursor öffnen) befinden sich 2

Reizelektronen (Gelb und Blau) und 2 Ableitelektroden (Grün und Rot), in der Mitte

dazwischen liegt die Erdungselektrode.

- Nervenpräparate in Petrischale (unten mitte): eins davon wird jeweils mit dem Cursor in die

Messkammer gelegt.

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Abb. 2: Schema des Versuchsaufbaus für Arbeitsplatz I: „Nerv“.

C. Aufgaben

1. Reizzeit-Spannungskurve

Es soll bei verschiedenen Werten der Reizzeit (= Impulsdauer, T) diejenige

Reizspannung (= Impulsamplitude, U) ermittelt werden, die gerade ein

Summenaktionspotential am Nerven auslöst. Diese Impulsamplitude nennen wir

Schwellenreizspannung (US) und die dazugehörige Reizzeit nennen wir Schwellenreizzeit

(TS).

Versuchsdurchführung: Zunächst legen Sie ein Nervenpräparat in die Messkammer

ein (mit Cursor und gedrückter linker Maustaste). Danach wird eine Impulsdauer von T =

10 ms eingestellt. Ausgehend von einer Amplitude von ca. 10 mV wird U so lange erhöht, bis

auf dem Oszillographenbild (hohe Empfindlichkeit am Kanal II des Oszillographen einstellen,

Timebase = 1 ms/Div.) gerade ein Summenaktionspotential sichtbar wird, damit ist die

Schwellenreizstärke US für diese Reizdauer TS erreicht. Dieser Wert von U wird als

Reizschwelle Us in Tabelle 1 bei Schwellenreizzeit, Ts = 10 ms eingetragen. Sodann wird die

Bestimmung von Us bei den in Tabelle 1 aufgeführten Werten von Ts wiederholt. Achtung:

Durch geeignete Verwendung des Multipliers können Sie die Reizdauern und

Reizamplituden präziser eingeben.

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Die so ermittelten Werte der Tabelle 1 werden als Reizzeit-Spannungskurve in einem

Diagramm (Millimeterpapier) eingetragen, wobei Ts die Abszisse und Us die Ordinate bilden

(Diagramm 1; s. Abb. 1). Die Ordinatenteilung wird so gewählt, dass die Gesamthöhe der

Ordinate etwa dem höchsten gemessenen Schwellenpotential entspricht. Aus Diagramm 1

werden ermittelt:

Rheobase: UR = Grenzwert von Us bei großem Ts.

Chronaxie: TC = Wert von Ts bei Us = 2 × Rheobase.

Der aus dem Diagramm 1 abgelesene Wert der Chronaxie wird experimentell

kontrolliert, indem U auf den doppelten Rheobasenwert eingestellt und die dazugehörige

Schwellenreizzeit Ts gesucht wird.

Rheobase und Chronaxie werden in Tabelle 1 und in die Sammeltabelle (Ende der

Anleitung) eingetragen. Die ermittelte Rheobase UR wird von den jeweiligen US-Werten

abgezogen und in die dafür vorgesehene Spalte der Tabelle 1 eingetragen. Das Produkt aus

(Us – UR) und Ts wird für jeden Ts berechnet und in die letzte Spalte der Tabelle 1

eingetragen. Dieses Produkt ist der Ladungsmenge (I x t) proportional, die zum Überschreiten

der Schwelle benötigt wird, und sollte nach Gl. (4) konstant sein.

2. Rekrutierung

In diesem Versuch wird die Zunahme aktiver Fasern bei zunehmender Reizstärke gemessen.

Versuchsdurchführung: Stellen Sie die Reizdauer auf 1.0 ms (0,1 x 10). Bestimmen

Sie für diese Reizdauer US und das Maximum der Reizamplitude Umax. Beginnen Sie bei der

Schwellenreizspannung Us von Ts = 1 ms aus Tabelle 1. Überprüfen Sie den Wert. Dann

steigern Sie die Reizspannung so lange, bis die Amplitude A auf CH2 nicht weiter wächst.

Die dazu benötigte Reizstärke ist Umax. Nun bestimmen Sie die Differenz Umax-US. 1/10

dieses Intervalls bestimmt die Schrittweite (∆U), mit der US für die folgenden Messungen

erhöht wird. Die Impulsdauer T =1 ms wird in der gesamten Teilaufgabe belassen.

ΔU ≈ 1/10 × (Umax – Us) (5)

(ΔU ist nur ein Richtwert und soll auf Vielfache von 10 mV gerundet werden.) Um

das Intervall zwischen Us und Umax sicher zu erfassen, wird die Messung schon bei Us – ΔU

begonnen und bis Umax + 2 × ΔU fortgesetzt. Zum Schluss Messung bei 2 × Umax.

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Abb. 3: Rekrutierung am Nerven

Ausgehend von Us – ΔU wird U (AMPLITUDE) nacheinander um Vielfache von ΔU erhöht

und A (in Div) gemessen und in Tabelle 2 eingetragen. Dabei sollte zur genaueren Ablesung

bei kleiner Amplitude die Empfindlichkeit am Oszillographen (Channel 2, in mV/Div)

vergrössert werden. Die mV/Div-Werte von Channel 2 werden in Tabelle 2 notiert, um die

Amplituden in mV berechnen zu können. Diese werden nachfolgend als % der

Maximalamplitude Amax ausgerechnet.

Die Werte der Tabelle 2 sind in ein Diagramm (Millimeterpapier) einzutragen, wobei

U (in mV) die Abszisse und A (in % von Amax) die Ordinate darstellen (Diagramm 2).

3. Nervenleitgeschwindigkeit

Es soll die Leitungsgeschwindigkeit (v) der schnellstleitenden Fasern des Frosch-

Ischiadicus gemessen werden.

Versuchsdurchführung: Hierzu wird T (DURATION) auf 1,0 ms und U

(AMPLITUDE) auf Umax (aus Tabelle 2) eingestellt und die Funktion „Single“ ausgewählt.

Öffnen Sie die Messkammer und positionieren Sie die Elektroden Blau und Grün mit

der Distanz, die Sie messen wollen. Vermeiden Sie dabei Kontakt mit der Erdung. Schließen

Sie die Kammer und geben Sie einen Einzelreiz. Auf dem Oszillograph kann v berechnet

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werden aus der Latenzzeit (τ) vom Reizbeginn bis zum Beginn des Summenaktionspotential,

und der Distanz (L) zwischen Reizkathode und Ableitelektrode (siehe Abb. 4).

Abb. 4: Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit

v = L/τ (6)

Die Distanz L wird in der Messkammer abgemessen. Um die Latenzzeit τ zu erhalten,

wird die Distanz zwischen Beginn des Reizimpulses (entspricht dem Beginn der

Strahlablenkung) und Beginn des Summenaktionspotentials, τ’, am Oszillographen in Div

abgemessen und mit Hilfe der TIMBASE-Einstellung X (ms/Div) auf die Zeit in ms

umgerechnet.

L = .......... mm; τ’ = .......... Div; X = .......... ms/Div

τ = τ’ × X = .......... ms

v = L/τ = .......... mm/ms = .......... m/sec

Wert von v in Sammeltabelle eintragen. Spielt die Temperatur (≈ Raumtemperatur)

eine wichtige Rolle? Tragen Sie die Raumtemperatur bitte in die Tabelle ein. Wäre „v“ bei

37 °C anstatt bei 20 °C höher oder niedriger?

Um welchen Fasertyp handelt es sich bei den Fasern, deren Geschwindigkeit so

gemessen wurde? Sind sie markhaltig oder marklos? Ist die Nervenleitung kontinuierlich oder

saltatorisch? Einerseits ist die Zeit vom Beginn des Reizes zum Erreichen der

Depolarisationsschwelle (= Zeit zur Aufladung der Membrankapazität) in dem so gemessenen

Wert von τ enthalten, wodurch sich ein zu geringer Wert für v ergibt, andererseits erfolgt bei

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hoch überschwelliger Reizung auch eine direkte Reizung benachbarter Schnürringe, was einer

Verkürzung von L entspricht und zu einer Überschätzung von v führt. Der in unserer

Versuchsanordnung entstehende Fehler ist insgesamt gering. (Wie könnte v exakter gemessen

werden?)

4. Relative und absolute Refraktärzeit

Es sollen die relative (Tr) und absolute Refraktärzeit (Ta) des Nerven gemessen

werden (Abb. 5).

Versuchsdurchführung: Der Versuch wird mit Doppelreizung durchgeführt, wobei

zwei Einzelreize mit variablem Abstand T’ (DELAY) aufeinander folgen. Wir arbeiten mit

hoch supramaximaler Reizung (U = 1000 mV) und einer Reizimpulsdauer von T = 1,0 ms

und beginnen mit einem Reizabstand T’ = 10 ms (Timebase = 2 ms/Div), welcher zunächst in

Schritten von 1 ms bis auf 4 ms verringert wird, danach in Schritten von 0.4 ms bis keine

zweite Reizantwort mehr auftritt.

Bei Verminderung des Reizabstands sind die Amplituden erst gleich, dann wird die

Amplitude der zweiten Antwort kleiner bis schließlich kein zweites Summenaktionspotential

mehr auslöst werden kann. In Tabelle 3 werden eingetragen: Reizimpulsabstand (T’),

Amplituden der Summenaktionspotentiale (A1, A2 in Div) und das Verhältnis der

Amplituden (A2/A1). Ins Diagramm 3 werden sodann die Verhältnisse A2/A1 gegen den

Impulsabstand T’ aufgetragen. Ermitteln Sie aus dieser Darstellung die absolute und relative

Refraktärzeit. Tragen Sie diese Werte in die Sammeltabelle ein.

.

Abb. 5: Refraktärität des Nerven: Doppelreizung mit unterschiedlichem Reizabstand

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ARBEITSPLATZ II: NERV – MUSKEL

Messungen am Nerv-Muskelpräparat des M. gastrocnemius mit N. ischiadicus

Gemessen wird zunächst die Dehnung des Muskels (= Längenänderung) bei passiver

Kraftwirkung (Ruhedehnungsverhalten). Der Muskel wird anschließend indirekt durch

Reizung der (motorischen) Fasern des Nerven erregt. Gemessen wird hier die isometrische

Kontraktionskraft des Muskels, d.h. seine Spannungsentwicklung ohne Verkürzung.

B. Methodische Vorbemerkungen

Der ruhende (nicht kontrahierende) Muskel hat elastische Eigenschaften, d.h. er

reagiert auf eine von außen einwirkende Kraft (Gewicht) mit einer entsprechenden Spannung

(F) und einer Dehnung (Längenänderung, Δl). Je größer die Dehnung wird, desto geringer

wird die Elastizität des Muskels, d.h. desto weniger vermag eine Zunahme der Kraft

(Gewicht) den Muskel zu dehnen. Die Beziehung zwischen dehnender Kraft und Dehnung

ergibt die Ruhe-Dehnungskurve des Muskels (s. Abb. 6).

Wird der Muskel zunächst passiv schrittweise gedehnt, z.B. durch Belastung mit einer

zunehmenden Anzahl von Gewichten, und dann schrittweise entdehnt, durch Fortnahme der

Gewichte, so erhält man zusätzlich zur Ruhe-Dehnungskurve eine Ruhe-Entdehnungskurve,

welche rechts von der ersteren liegt (Abb 6). Der unterschiedliche Verlauf beider Kurven

(Hysterese) zeigt, dass der Muskel kein ideal-elastischer Körper ist, sondern plastisch-visköse

Eigenschaften besitzt.

Zur Dehnung des Muskels muss eine bestimmte Energie aufgebracht werden, die sich

als (Kraft) × (Änderung der Muskellänge), also als Fläche unter der Ruhe-Dehnungskurve

(WR + WE) berechnen lässt (Abb. 6). Ein Teil dieser Energie ist als potentielle Energie in den

elastischen Elementen des Muskels gespeichert und wird bei Entdehnung wieder freigesetzt

(WE). Dieser Teil ist als die Fläche unter der Entdehnungskurve gegeben. Damit ist auch die

nicht wieder frei werdende Energie gegeben als die Fläche zwischen Ruhe-Dehnungs- und

Ruhe-Entdehnungskurve (WR). Diese Energie wurde zur Überwindung der durch die

Viskosität verursachten inneren Reibung der Muskelelemente benötigt und ist in Wärme

umgewandelt worden. Diese visköse „Überdehnung“ kann durch supramaximale Reizung mit

isotonischer Kontraktion weitgehend rückgängig gemacht werden, so dass eine erneute

Dehnung wieder (fast) entlang der ursprünglichen Ruhe-Dehnungskurve erfolgt.

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Muskellänge, l (in mm der Ruhelänge ohne Belastung)

Abb. 6: Muskelspannung und Muskeldehnung

In Abb. 6 sind, von einem willkürlichen Punkt (R) auf der Ruhe-Dehnungskurve

ausgehend, die maximale Spannungsentwicklung (ΔFim) bei isometrischer Kontraktion,

sowie die maximale Verkürzung (Δlit) bei isotonischer Kontraktion aufgezeichnet. Die

gesamte Muskelspannung bei isometrischer Kontraktion (F + ΔFim), setzt sich dabei

zusammen aus der passiven Muskelspannung (F), verursacht durch die Ruhedehnung in R,

und der von R aus durch Kontraktion verursachten zusätzlichen Spannung (ΔFim). Verbindet

man für alle übrigen Muskellängen die zugehörigen Punkte (l, F + ΔFim) so erhält man die

Kurve der isometrischen Maxima. Verbindet man für alle Muskellängen die Punkte von

(l + Δlit, F), so erhält man die Kurve der isotonischen Maxima.

Die Kontraktion der Skelettmuskelfaser wird ausgelöst durch ein Aktionspotential des

zugehörigen motorischen Axon.

Bei indirekter Reizung durch elektrische Einzelreizung des Nerven entsteht eine kurze

Kontraktion des Muskels, die Muskelzuckung; sie ist bei fixierter Muskellänge (isometrische

Bedingung) als einmalige kurzzeitige, mechanische Spannungsentwicklung messbar.

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Abb. 7: Indirekte Einzelreizung des Muskels mit langsamer (A) und schneller (B) Registrierung auf dem Oszillographenschirm. Von oben nach unten: Rechteckreiz, Nervenaktionspotential (NAP), Muskelaktionspotential (MAP), Isometrische Kraftentwicklung des Muskels bei Einzelzuckung (MK). Latenz zwischen Reizbeginn und NAP (τ), Dauer von NAP (τNAP), MAP (τMAP) und MK (τMK), sowie Latenzen zwischen NAP und MAP (τN→M), zwischen MAP und MK (τM→K) und zwischen NAP und MK (τN→K).

Aus Abb. 7 ergeben sich die zeitlichen Verhältnisse bei indirekter Muskelreizung:

Dem Reizimpuls folgt nach kurzer Latenz (τ; endlicher Nervenleitgeschwindigkeit!) das

Nervenaktionspotential. Etwas später (Latenz τN→M) folgt das Muskelaktionspotential und

wiederum etwas später (Latenz τM→K) die Muskelkontraktion, gemessen hier als

isometrische Spannungsentwicklung. τN→K ist die Summe dieser Latenzen und gibt die

Verzögerung der Muskelkontraktion gegenüber dem Nervenaktionspotential an.

Die Dauer der Muskelkontraktion (τMK) ist um ein Vielfaches länger als die Dauer

des Muskelaktionspotentials (τMAP), und insbesondere länger als die Dauer des

Nervenaktionspotentials (τNAP). Das Ausmaß der in einer Zuckung entwickelten Spannung,

die wir als Amplitude AK der isometrischen Kontraktion messen, hängt ab von der Zahl der

aktiven Muskelfasern, also von der Zahl der aktiven motorischen Einheiten und somit von der

Zahl der durch den Reiz aktivierten (motorischen) Nervenfasern (Rekrutierung). Die Zahl der

aktivierten Nervenfasern drückt sich in der Höhe der ersten steilen Welle des

Summenaktionspotentials des Nerven aus (AN, s. Abb. 7). (Da die motorischen Nervenfasern

vom schnellstleitenden Typ A sind, sind ihre Aktionspotentiale in der ersten

Potentialschwankung der Ableitelektroden enthalten.)

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Abb. 8: Muskelkontraktion bei (indirekter) Doppelreizung mit unterschiedlichem Reizabstand

Folgt ein zweiter Reiz dem ersten in einem Zeitabstand, der länger ist als die Dauer

der Einzelkontraktion, so antwortet der Muskel mit einer zweiten Kontraktion von ähnlicher

Amplitude wie die erste. Ist jedoch der Reizabstand kleiner als die Dauer der Einzelzuckung,

so addiert sich die zweite Zuckung zum Kontraktionsrückstand der ersten, und das Maximum

der nach dem zweiten Reiz entwickelten Spannung übersteigt das durch den ersten Reiz

hervorgerufene Spannungsmaximum (Abb. 8). Bei periodischer Reizung führt diese

Summation der Einzelzuckungen zu einer Verstärkung der Spannungsentwicklung, dem

Tetanus. Ist die Reizfrequenz niedrig, so können bei periodischer Reizung die einzelnen

Zuckungen im Tetanus getrennt wahrgenommen werden (unvollständiger Tetanus). Bei

höherer Reizfrequenz (Reizabstand kleiner als etwa 1/3 der Dauer der Einzelzuckung)

verschmelzen die individuellen Zuckungen zu einer glatten Kontraktion (vollständiger

Tetanus). Unterschreitet der Reizabstand die Refraktärzeit von Nerv- oder

Muskelaktionspotential, so sinkt die Spannungsentfaltung wieder ab, weil nicht jeder

elektrische Reiz durch ein Nervenaktionspotential beantwortet wird.

C. Versuchsaufbau

Abbildung 9 zeigt den Versuchsaufbau:

- Reizgenerator für die Nervenreizung (links oben): hier können Sie Amplitude und

Reizabstand (Delay) bei Doppelreizen (Twin) und Reizserien (Train) einstellen. Die

Reizdauer ist auf 1 ms fixiert.

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- Apparatur zur Aufhängung des Muskels (unten links) mit Transducer zur Längen- und

Spannungs- (Kraft-) Messung. Hier können Sie den Muskel frei hängen lassen (free) oder in

einer gegebenen Länge fixieren (lock) sowie zwischen Längenmessung (LENGTH) und

Kraftmessung (FORCE) wählen. Der Muskel ist mit seinem innervierenden Nerven (gelb)

verbunden, d.h. er kann durch elektrische Reizung des Nerven mit Hilfe des Reizgenerators

erregt werden (indirekte Reizung).

- Oszillograph (rechts): Der genaue Zeitpunkt der elektrischen Reizung des Nerven kann als

Ereignis auf dem Bildschirm des Oszillographen dargestellt werden (Kanal I). Der

Oszillograph an diesem Versuchsplatz ist ein digital speicherndes Gerät, das es ermöglicht,

zwei verschiedene einmalige Vorgänge auf zwei getrennten Spuren zu speichern und auf dem

Bildschirm als stehendes Bild darzustellen („Store“).

- Gewichte (unten mitte): Am unteren Ende des Muskels können unterschiedlich schwere

Gewichte an der Öse angebracht werden, um den Muskel nach unten zu ziehen (dehnen). Dies

kann mit Hilfe einer Messskala rechts in mm abgelesen werden, und von dem Messgerät

rechts daneben (Transducer) registriert werden. Das Signal wird auf dem Oszillograph

ausgegeben (Kanal II). Eine Verkürzung oder eine Kraftentwickliung des Muskels, z.B. durch

eine aktive Muskelkontraktion, wird vom Transducer registriert und auf dem Oszillograph

ausgegeben.

- Muskelpräparate in Petrischale (unten rechts): sie können in die Meßapparatur links

gebracht werden.

Abb. 9: Versuchsaufbau des Arbeitsplatzes II: „Nerv-Muskel“

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D. Aufgaben

Hinweis: Die nachfolgenden Versuche müssen unbedingt in der aufgeführten

Reihenfolge durchgeführt werden!!

1. Passive Dehnung und isometrische Maxima

Es sollen (1.) die Ruhedehnung sowie (2.) die isometrischen Maxima bei

verschiedenen Muskellängen (Vordehnungen) gemessen werden.

Versuchsdurchführung: (1.) Ruhedehnung. Die Messung beginnt bei locker

aufgehängtem Muskel (Länge L0) ohne angehängtes Gewicht. Stellen Sie den Transducer auf

die Position „free“ und wählen Sie die Messart „LENGTH“. Vergessen Sie nicht, NUR VOR

der ersten Messung einen Null-Abgleich („Zero Adjust“) des Signals am Transducer

vorzunehmen. Aktivieren Sie die Speicher-Option am Oszillograph („Store“) und geben Sie

vom Stimulator einen Reiz mit der Amplitude = 0 mV. Messen Sie die Muskellänge

(Einstellung von CH2 auf 100 mV/Div, das sind bei Kalibrierung: „Length 50 mV/mm“ =

2mm/Div). Nun wiederholen Sie die Messung bei zunehmender Anzahl von Gewichten, um

so die passive Längenänderung in Abhängigkeit von der Kraft der Gewichte zu bestimmen

(siehe Abbildung 10). Das Ergebnis (passive Dehnung in mm)“ tragen Sie in die Tabelle 4

ein.

Abb. 10: Passive Dehnung

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2.) Isometrische Maxima. In dieser Versuchsreihe wird der Muskel durch einen

supramaximalen Nervenreiz erregt und die Amplitude der Muskelkontraktion aus dem

gespeicherten Kontraktionsverlauf als FK bestimmt. Hierbei muss am Transducer die Position

„lock“ sowie eine Messung der „FORCE“ eingestellt werden (mit Cursor das Kabel von

LENGTH nach FORCE umstecken)! Meßbeispiele sehen Sie in Abb. 11. Tragen Sie den

gemessen Wert in die Tabelle 4 unter „Kraft bei isometrischer Kontraktion FK (N)“ ein. Nun

wird die Muskellänge durch wiederholtes Anbringen eines 50g Gewichtes erhöht, und bei

jeder neuen Muskellänge wird die Bestimmung der isometrischen Kontraktionsamplitude

erneut vorgenommen und in Tabelle 4 eingetragen. Wichtig: vor jeder Messung zur

isometrischen Kontraktion muss am Transducer ein „Zero Adjust“ durchgeführt werden.

Auswertung: Die Ruhe-Dehnungskurve für passive Dehnung sowie die Kurve der

isometrischen Maxima werden als Zeichnung auf Millimeterpapier angefertigt. Die

Darstellung ist analog zur schematischen Abb. 6, aus Tabelle 4 werden auf der Abszisse die

Dehnung in mm und auf der Ordinate die Gewichte in g aufgetragen. Die isometrischen

Maxima werden im selben Diagramm eingetragen (300 g entsprechen annähernd 3 N). Trägt

man, von der Ruhedehnungskurve ausgehend, die Endwerte für die jeweils entwickelte Kraft

(senkrecht nach oben = isometrische Kontraktion) auf, so ergibt die Verbindung dieser

Endpunkte die Kurve der isometrischen Maxima. Ermitteln Sie aus diesem Diagramm auch

die maximale Einzelzuckungskraft ΔFmax (maximale Differenz zwischen Ruhedehnungswert

und isometrischem Maximum) und tragen Sie diese in die Sammeltabelle ein.

Abb. 11 Isometrische Maxima

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2. Zeitbeziehungen von Reiz und Muskelzuckung

Es sollen durch (supramaximale) indirekte Reizung ausgelösten Einzelzuckungen die

folgenden Größen gemessen werden (siehe Abb. 9):

– Latenz zwischen Reiz und Muskelzuckung τN→K,

– Dauer der Muskelzuckung, τMK.

Hierzu sind folgende Parameter zu verwenden: Gewicht 100 g, Reizamplitude: 400 mV,

Timebase: 20 ms/Div, Channel 1: 1000 mV, Channel 2: 50 mV/Div, Mode „single“, „free“,

Length – Messung.

Die Meßsignale werden auf dem Oszillographen gespeichert und direkt ausgemessen.

Die Werte der Latenz und Dauer der Muskelzuckung werden in die Sammeltabelle

übertragen.

3. Superposition von Muskelzuckungen

Ähnlich wie in Aufgabe 4 des Nervenversuchs wird der Muskel mit Doppelreizen

unterschiedlichen Reizabstandes indirekt gereizt. Wir lassen Gewicht und Reizamplitude wie

unter 2. Bei langsamer Ablenkgeschwindigkeit am Oszillographen (Timebase 50 ms/DIV)

wird zunächst der gesamte Zeitverlauf der Muskelzuckung registriert. Nun wird bei Stellung

„Twin“ für den zweiten Reiz ein Reizabstand, T’ („Delay“) von 200 ms eingestellt, der größer

ist als die Dauer der Zuckung (siehe Abb. 12 a) . T’ wird dann in Stufen vermindert (200, 150,

100, 75, 50, 25, 20, 10, 5 ms) und die Amplitude der ersten und der zweiten

Muskelkontraktion (AK1 und AK2) in Div ausgemessen und in Tabelle 5 eingetragen (Abb.

12 b). Sobald beide Kontraktionsgipfel zu einem maximalen Gipfel verschmolzen sind, wird

zuerst nach einer Einzelreizung AK1 gemessen und darauf mit einer Doppelreizung der

gemeinsame Gipfel als AK2. Für alle Reizabstände wird das Verhältnis AK2/AK1 berechnet

und der maximale Wert von AK2/AK1 (maximale Superposition) in die Sammeltabelle

übertragen.

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Abb. 12a,b: Superposition von Muskelzuckungen

4. Tetanische Muskelkontraktion

Ausgangseinstellungen: Amplitude 500 mV, Gewicht 100 g, mode „free“, Messung

LENGTH. Channel 1: 1000 mV/Div, Channel 2: 50 mV/Div. Am Reizgenerator Serienreiz

„Train“ einstellen. Timebase 200ms/Div.

Der Muskel soll über seinen Nerven (indirekte Reizung) periodisch gereizt werden mit

den folgenden Frequenzen: 2, 5, 10, 15, 20, 30, 50, 100 Hz. Die hierfür einzustellenden

Delays (ms) und Counts sind in Tabelle 6 vorgeschlagen. Beispiel: f (Hz) 20, D=50 ms,

Counts=20. Bei jeder dieser Frequenzen soll die Muskelkontraktion während 2 sec nach

Beginn des Reizes gespeichert und beobachtet werden. Abbildung 13 ist ein Beispiel einer

Registrierung mit drei verschiedenen Frequenzen.

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Vom Oszillographenschirm werden für jede Reizfrequenz (f) abgemessen und in

Tabelle 6 eingetragen:

– Amplitude der ersten isolierten Einzelzuckung, A0 (in Div); wenn diese beim Übergang

zum Tetanus nicht mehr einzeln messbar ist, eine Einzelzuckung auslösen und daran A0

bestimmen.

– Bei tetanischer Reizung Kontraktionsgipfel 500 ms nach Reizbeginn, A500 (in Div)

bestimmen. Sollte bei 500 ms eben kein Kontraktionsgipfel auftreten, wird der Mittelwert

der beiden nächstliegenden Gipfel gemessen.

– Verhältnis von A500/A0.

Beobachtet und in die Sammeltabelle eingetragen werden ferner:

– Verschmelzungsfrequenz, fV (= Reizfrequenz, bei der ein weitgehend glatter Tetanus

beobachtet wird),

Der Maximalwert von A500/A0 wird aus Tabelle 6 abgelesen und in die Sammeltabelle

eingetragen. Er zeigt, um wieviel die Kraft der Kontraktion einer Muskelfaser und eines

Muskels durch Erhöhung der Reizfrequenz gesteigert werden kann.

Abb. 13: Muskelkontraktion bei periodischer Reizung mit unterschiedlicherReizfrequenz

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Tabelle 1: Reizzeit-Spannungskurve

TS (ms)

US (mV)

US – UR (mV)

(US – UR) × TS (mV × ms)

10

8

6

4

3

2

1

0,9

0,8

0.7

0.6

0.5

0.4

0.3

0,2

0.1

Rheobase: UR= mV

Chronaxie: TC= ms

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Tabelle 2: Rekrutierung am Nerven

Reizschwelle bei T = 1.0 ms: US = mV

Maximum von A erreicht bei: Umax = mV

Umax – US = mV

1/10 × (Umax – US) = mV

auf 10er gerundet: ΔU = mV

n U =

US + n × ΔU (mV)

Empfindlichkeit Channel 2 (mV/Div)

A

(Div) (Div) (% von Amax)

-1

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

2 × Umax

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Tabelle 3: Refraktärität am Nerven

T’(ms) A1 (Div) A2 (Div) A2/A1

10

8

6

4

3,6

3,2

2,8

2,4

2

1,6

1,2

0,8

0,4

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Tabelle 4: Ruhe-Dehnungswerte und isometrische Kontraktions-Maxima

Gewicht G0 + (g)

passive Dehnung (mm)

isometrischer Kontraktion FK (N)

0

50

100

150

200

250

300

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Tabelle 5: Superposition der Muskelzuckungen

T’ (ms) AK1 (Div) AK2 (Div) AK2/AK1

200

150

100

75

50

25

20

10

5

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Tabelle 6: Amplituden der Einzelzuckung (A0) und der tetanischen Kontraktion nach

500 ms (A500) bei indirekter Muskelreizung mit steigender Reizfrequenz (f)

f (Hz) count T’ (ms) A0 (Div) A500 (Div) A500/A0

2 2 500

5 5 200

10 10 100

15 15 65

20 20 50

30 30 30

50 50 20

100 100 10

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SAMMELTABELLE

Name: Gruppe: Datum:

Messgröße Symbol Einheit MesswertPLATZ I: NERV

Rheobase UR mV

Chronaxie TC ms

maximale Nervenleitgeschwindigkeit v m/s

bei Temperatur t °C

absolute Refraktärzeit Ta ms

relative Refraktärzeit Tr ms

PLATZ II: NERV-MUSKEL

maximale Einzelzuckungskraft ΔFmax N

Latenz Reiz→MK τN→K ms

Dauer der Muskelkontraktion τMK ms

maximale Superposition AK2/AK1 –

maximale tetanische Kraftentwicklung A500/A0 –

Verschmelzungsfrequenz fV Hz