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Rhein STROM IKSR CIPR ICBR Internationale Kommission zum Schutz des Rheins Commission Internationale pour la Protection du Rhin Internationale Commissie ter Bescherming van de Rijn MIT BEZIEHUNGEN

IKSR CIPR ICBR Rhein STROM MIT BEZIEHUNGEN · 5 Als die Wasserbauer den wilden Strom in ein festes Bett zwangen, um seinen Lauf festzulegen und Land zu gewinnen, för-derten sie die

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Rhein STROM

IKSRCIPRICBR

InternationaleKommission zumSchutz des Rheins

CommissionInternationale

pour la Protectiondu Rhin

InternationaleCommissie terBeschermingvan de Rijn

MIT BEZIEHUNGEN

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BildnachweisFotos: Aeroview D. Sellenraad, Rotterdam (S. 8); Archiv Rodenstein W. Beuerle + E. Schäfer, Fränkisch-Crumbach (S. 15 Oberrhein,19 Waldrebe, 26 oben, 27 zw. v. oben, 28 oben); R. Berg, Langenargen (S. 6 Rotauge); BRS Medien Service (S. 11, 12 Traktor inCollagen, S. 30 Touristen); dpa, Frankfurt (Titel + Rückseite, S. 3 rechts, 5 Loreley, 7, 13 Mittelrhein, Quelle,14, 15 Mittel- u.Niederrhein, 17 unten, 23, 24); U. Braukmann, LfU Karlsruhe (S. 8 unten, 17 oben); Fischerei-Archiv W. Böcking, Xanten (S. 6 links);B. Froehlich (S. 13 Berg, Wolken, Meer); K. Heinemann (S. 11+13 Wolke, 11 Kühe); Luftbild A. Brugger, Stuttgart (S. 11-12);Kraftwerk Laufenburg (S. 9 unten); Landesmedienzentrum, Koblenz (S. 6 oben); Ministerie van Verkeer en Waterstaat, Den Haag(S. 10, 12 Niederrhein, 15 Deltarhein); K. Paysan, Stuttgart (S. 18+19 Hecht, S. 18+20 Wassernuss, S. 19 Nachtigall, Eisvogel); StankoPetek, www.luftbild.com (S. 15 Bodensee); D. Putscher, Köln (S. 3 links, S. 30 unten); H. Reinhard, Heiligkreuzsteinach (S. 12 Traktor,18+30 Fluss, 19 oben + Alant, 27+ 28 Mitte, unten); P. Rey, Konstanz (S. 15 Hochrhein); M. Roggo, Fribourg (S. 2, 18, 22); F. Sauer,Karlsfeld (S. 26 unten); Silvestris, Kastl (S. 18, 19, 20, 27 oben Biber, Flussregenpfeifer, Mittelspecht, Moorfrosch, Seekanne, S.19Wolfsmilch, Blaukehlchen, Zwergdommel, S. 20 Kreuzkröte, Otter).

Reproduktionen: Römischer Flussgott "Rhenus bicornis", Kalksteinrelief aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., Rheinisches LandesmuseumBonn (S. 4); Stich "Treideln", WSD 1994, S. 12 (S. 5); Rheinkarte Inv.Nr. H. Rheinstrom/72, Generallandesarchiv Karlsruhe (S. 5);Gemälde "Flusslandschaft" von Jan van Goyen 1652, Wallraf-Richartz-Museum, Rheinisches Bildarchiv Köln (S. 14); "InszenierungHochwasser" von Jaschi Klein, Hamburg (S. 25).

Vorlagen für Grafiken: GERKEN 1988, S. 18, 26 (S. 16).

Impressum

Herausgeberin: Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR)Kaiserin-Augusta-Anlagen 15, D 56002 KoblenzPostfach 20 02 53, D-56002 KoblenzTelefon +49-(0)261-94252-0, Fax +49(0)261-94252-52E-mail: [email protected]

Redaktion: Dr. Anne Schulte-Wülwer-LeidigLayout, Grafik und Collagen: Kurt HeinemannKonzept und Text: Barbara Froehlich-Schmitt

Satz/Reproduktion: BRS Medien Service, SaarlouisDruck: Ottweiler Druckerei und Verlag GmbH,Ottweiler

Gesamt-Auflage: 11.0005000 deutsch; ISBN 3-935324-62-6(2000 französisch; ISBN 3-935324-64-2)(2000 niederländisch; ISBN 3-935324-65-0)(2000 englisch; ISBN 3-935324-63-4)

Vollständige Neubearbeitung der Erstauflage 1998

© IKSR-CIPR-ICBR 2008

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Heinrich Heine (1844):Sei mir gegrüßt, mein Vater Rhein,Wie ist es dir ergangen?Ich habe oft an dich gedachtMit Sehnsucht und Verlangen.

Wie geht es "Vater Rhein"? Sein Wasser ist deutlich sauberergeworden und immer mehr Lachse steigen aus dem Meer bis inden Oberrhein.

Bei Straßburg ist derzeit Schluss für die Wanderfische.Aber an den Staumauern von Iffezheim und Gambsheimwurden riesige Fischpässe gebaut und damit Zugänge zuSchwarzwälder und Elsässer Nebenflüssen eröffnet.Und sonst? – Dürfen wir uns ausruhen auf den Lorbeereneiner vorbildlichen europäischen Fluss-Sanierung?

Die Antwort hat der Rhein schon gegeben. Trotz der erfolgreichen

Aktionsprogramme äußert der kanalisierteStrom mit großen Hochwassern immer

wieder seine Unzufriedenheit. EinKlimawandel könnte solche

Katastrophen verschärfen. Extreme Über-flutungen würden in den Rheinauen

Millionen von Menschen undVermögenswerte in Milliardenhöhe

gefährden. Die InternationaleKommission zum Schutz des Rheins

(IKSR) stellte deshalb einenAktionsplan Hochwasser auf und ent-

wickelte das ganzheitliche ProgrammRhein 2020 für den Strom und seine

Überschwemmungs-Auen.

In den vergangenen 2000 Jahren erbrachtenMenschen am Rhein enorme wirt-schaftliche Leistungen. Doch dabei griffensie in komplexe Naturkreisläufe ein, deren Wirkungsketten sie nicht kannten.Uralte Beziehungen zerrissen, und das Ökosystem Rhein geriet aus demGleichgewicht. Es muss einen Weg geben, den Rhein natur- und sozialver-träglich zu nutzen. NachhaltigeEntwicklung und Erhalt der Biologischen Vielfalt haben die Staatender Welt 1992 in Rio de Janeiro beschlossen. Flussgebiets-Managementüber Staatengrenzen hinweg, wie es dieIKSR am Rhein und die EU europaweitbetreiben, kann nachhaltige Wasserpolitikverwirklichen.

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Victor Hugo (1839):...ich liebe die Flüsse. Flüsse tragen so gut die Fracht derIdeen als die der Waren. ...vorallen Flüssen liebe ich denRhein.

1. Rheines Gold? Wie wir den Fluss nutzen

Warum der Rhein zur europäischen Wirtschaftsachse wurde,hat verschiedene Ursachen. Da wirkten vor allem der FaktorWasserstraße und der Rhein als Quelle des Rohstoffs Wasser.Aber auch die Vielfalt seiner Stadtkulturen seit dem Mittelalterspielte eine Rolle.

Von Basel bis Rotterdam entwickelten sich am RheinIndustriezentren wie Perlen an einer Kette. Heute ist der Rheinder am stärksten und am vielfältigsten genutzte Strom Europas.Er fließt durch sechs Staaten, und sein Einzugsgebiet teilen sichsogar neun Nationen.

Der Ausbau zur Wasserstraße und der Bauvon Häfen, Eisenbahntrassen und Straßenmachten das Rheintal seit der zweitenHälfte des 19. Jahrhunderts zu derVerkehrsachse, die es heute ist. Aus dergroßen gewerblichen Vielfalt mit derTextilindustrie als Vorreiter ragten zweiLeitindustrien am Rhein hervor:Schwerindustrie und chemische Industrie.

Letztere entwickelte sich oft ausFärbereien, die Zulieferer für dieTextilindustrie waren. Zum wichtigenStandortfaktor wurde der Rhein vor allemfür die chemische Industrie, weil erRohstoffe und Produkte transportieren,Kühl- und Brauchwasser liefern undAbwasser entsorgen konnte.

Im 20. Jahrhundert wurde der Rhein auchnoch zum Energiezentrum:Elektrizitätsnetze und zahlreiche Kohle-,Kern- und Wasserkraftwerke wurdengebaut, dazu Raffinerien undVersorgungsnetze für Mineralöl undErdgas.

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Alte Namen:keltisch: Renos(= fließendes Wasser, Fluss, Meer)lateinisch: Rhenus

Alte Beziehungen zum Rhein

Aber die Kulturgeschichte am Fluss istviel älter. Vor 2000 Jahren verehrten dieRheinanlieger den Strom als Flussgott"Rhenus". Männer schlugen sich in erstenKriegen am Rhein als "Grenze" die Köpfeein, Frauen weissagten aus "Wirbeln,Windungen und Getöse" des Flusses,berichtete Caesar.

Mindestens bis ins Mittelalter hielt sichder Glaube an göttliche Kräfte desStromes.

Römischer Flussgott Rhenus

Francesco Petrarca (1333) über den Rhein bei Köln: Dasganze Flussufer war nämlich

bedeckt von einer riesen-großen glänzenden Schar von

Frauen... So wuschen sie infröhlichem Durcheinander die

weißen Hände und Arme imreißenden Strom... es sei ein

uralter Landesbrauch... jedwe-des für das ganze Jahr etwa

drohende Unheil werde reini-gend weggespült durch die

Waschung am Strome an diesem Tage.

Bis vor 200 Jahren, solange der Rhein einWildstrom war, ernährte er mit seinennatürlichen Reichtümern urtümlicheBerufe: Lachsfischer, Vogelfänger undGoldwäscher.

Robert Lauterborn (1938) überden Oberrhein bis Anfang des19. Jahrhunderts: Schiffer und

Flößer, die ruhig den Stromhinabglitten, am Ufer ein paar

Ferchen und Salmenfischer inihren netzumhangenen

Rohrhütten, auf denKiesgründen Golder und

Vogler, die Goldwäscher uner-müdlich eine Schaufel Kies undSand nach der anderen auf die

Waschbank schüttend, dieVogelfänger still und geduldig

bemüht, die streifendenScharen der nordischen Entenin ihre Garne zu locken. Alles

Gestalten und Berufe, die hierseit Urvätertagen stets die gleichen geblieben waren.

Als sich am Beginn des Industriezeitaltersdie Rheinlandschaft immer stärker verän-derte, besannen sich Dichter und Malerder Romantik auf die natürliche Schönheitseines Tales, bereisten ihn als ersteTouristen und bedauerten manchmal denVerlust an Natur.

Die Zahl der Menschen und Siedlungenim Rheintal nahm dann sprunghaft zu,wie die Karten vom Oberrhein beiMannheim zeigen.

1850 1980

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Als die Wasserbauer den wilden Strom inein festes Bett zwangen, um seinen Lauffestzulegen und Land zu gewinnen, för-derten sie die Schifffahrt eher nebenbei.Erst der Ausbau für die Großschifffahrt,z.B. an der gefährlichen Engstelle bei derLoreley, machte den Rhein zu einer dermeist befahrenen Wasserstraßen der Weltmit dem größten Binnenhafen Duisburgund einem der größten Seehäfen weltweit- Rotterdam. Die Schiffe transportierenRohstoffe und Waren, gefährlicheChemikalien und Touristen. Die deutsch-niederländische Grenze passieren jährlichetwa 200.000 Schiffe mit rund 200 Mio.Tonnen Fracht, vor allem Baustoffe,Mineralölprodukte, Erze, Kohle undContainer.

Die freie Fahrt der Schiffe

Heinrich Böll (1977):Ich habe eben den größten Teilmeiner Kindheit oder auchJugend am Rhein verbracht.Einfach am Rhein gesessen, denSchiffen zugeguckt und dieses -

sagen wir: das Weltoffene andiesem Vorgang hat mich

wahrscheinlich sehr beeindrucktund geprägt.

Die ersten Schiffer auf dem Rhein wareneiszeitliche Jäger, die vor 12.000 Jahrenmit Einbäumen den Strom befuhren.Später machten Kelten und Römer mitRuderbooten und ersten Frachtschiffenden Rhein zur Handelsstraße. Auch dieFlößerei von Holz begann in derRömerzeit. Seit dem Mittelalter benutz-ten die Händler Kähne zum Segeln oderTreideln, die nach 1820 durchDampfschiffe verdrängt wurden. Nach1900 wurden die Dampfschiffe vonMotorschiffen abgelöst, die heute alsSchubverband mehrere tausend Tonnentransportieren können.

Victor Hugo (1839),Andernach:Auf der andern Seitedes Rheins, am Fuße

eines langen unddüstern Berges,

schleppten dreizehnPferde langsam ein

anderes Schiff hinauf,welches ihnen mit sei-

nen großen dreiecki-gen und vom

Abendwinde aufge-blähten Segeln zu

Hülfe kam. Der takt-mäßige Schritt der

Gespanne, das Klingender Schellen und

Knallen der Peitschenscholl zu mir herüber.

Treideln aufdem Rheinum 1600

Die freie Fahrt der Schiffe war immerwieder sehr behindert worden vom"Gewimmel der Dynasten", wie der fran-zösische Historiker Lucien Febvre esnannte: "1789 lagen an den Ufern desRheins, zwischen Lauter und Ijssel, 97‘souveräne’ Staaten". Erst der PariserFriedensvertrag von 1814 und dieMannheimer Akte der Rheinanlieger-staaten von 1868 garantierten den freienSchiffsverkehr auf dem Rhein.

Erich Kästner (1932) zur Loreley: Wir wandeln uns. Die Schiffe inbegriffen.Der Rhein ist reguliert und eingedämmt.Die Zeit vergeht. Man stirbt nicht mehr beim Schiffenbloß weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt.

Die Begradigung des Oberrheins durch Ingenieur Tulla begann 1817

Mittelrhein am Loreleyfelsen

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Das Gold des Rheinswaren silberne Lachse

Fischer mit Lachs am Niederrheinbei Xanten 1934

Der Rhein war bis Ende des 18. Jahrhun-derts ein sehr fischreicher Fluss und damitein wichtiger Nahrungslieferant. Er galtals bester Lachsfluss Europas, undFischerei war eine Goldgrube bis Endedes 19. Jahrhunderts.

Victor Hugo (1839) bei St. Goar: Von Zeit zu Zeit sieht man,halb versteckt unterDornsträuchern und

Weidengebüschen und gleich-sam im Hinterhalt am Rhein lie-

gend, eine Art ungeheurerSpinnen... Diese Spinne ist einSpringnetz. Nach einiger Zeitschnellt in dieser Einsamkeit

und Stille der geheimnisvolleHebestock in die Höh’, man

sieht das abscheuliche Tieremporsteigen, zwischen den

vier Beinen ein Netz haltend, indessen Mitte sich ein schöner

silberner Lachs dreht und herumspringt.

Es gab früher Hunderte von hauptberuf-lichen Fischern vom Alpen- bis zumNiederrhein, heute sind es nur einigewenige. Doch hat die Angelfischerei alsFreizeitbeschäftigung deutlich zugenom-men. Am gesamten Rhein fischen mehre-re hunderttausend Angler.

Niederrheinische Lachsfischer beschwer-ten sich in den zwanziger Jahren überden schlechten Geschmack der Fische.Ursache war das Einleiten phenolhaltigerAbwässer aus dem Ruhrgebiet.Heute sind Rheinfische nicht mehr so mitRückständen belastet.

Heute leben etwa 60 Fischarten imRhein. Wegen der monotonen

Struktur des Rheins stellenanspruchslose Arten die

Hauptmasse.

SonstigeNase

BachschmerleGründling

SchneiderGüster

ElritzeBarbeKaulbarschHasel

Rapfen

Brachsen

Fluss-barsch

AalDöbelUkelei

Stint

Rotauge

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R(h)eines Wasserist Gold wert

Victor Hugo (1839)über Wellmich am

Mittelrhein:Am Rheinufer

plauderte ein Kreisjunger Wäscher-innen, die heiter

das Linnen imSonnenschein

schlugen.

Direkt aus dem Rhein getrunken habendie Menschen am Rhein wohl frühernicht. Zu viele Schwebstoffe führte auchder reine Rhein mit sich. Von etwa 58 Millionen Menschen, dieheute im Einzugsgebiet des Rheins woh-nen, trinken 30 Millionen aufbereitetesRheinwasser, das meist aus Uferfiltratgewonnen wird. Vorsorglich halten dieWasserwerke so mancherlei mitAktivkohlefiltern zurück. Das Wasserwird aber besser überprüft als die mei-sten anderen Getränke.

Die hygienischen Verhältnisse stankenwohl seit dem Mittelalter in denRheinstädten zum Himmel. Doch fehltenKanalisationen bis ins 19. Jahrhundert,und so erhielt der Rhein bis dahin direktkaum Abwasser. Seine Hochwasser mus-sten aber einiges schlucken.

Als große Waschmaschine undAbwasserrinne diente der Rhein erst seitder zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.Die Verwandlung des Rheinstroms ineine "Kloake" war 1901 Thema im deut-schen Reichstag. Als derReichsgesundheitsrat daraufhin eineBereisung veranlasste, stellte man imRhein eine rote Abwasserfahne fest, dievon Ludwigshafen "bis gegen Wormsverfolgbar" war. Die Stadt Frankenthallieferte "ein schmutziges Wasser mitallerlei schwimmenden Resten vonUnrat", Zellstoffwerke von Mannheimfügten ein "gelbliches Wasser" hinzu.

Samuel Taylor Coleridge (1798):The River Rhine, it is well known,

Doth wash your City of Cologne;But tell me Nymphs? What power divineShall hence forth wash the River Rhine?

Der Rheinfluss, das ist ja bekannt,Wäscht Köln, die Stadt, mit eigner Hand;

Doch sagt mir Nymphen, die Himmelskraft,Die dereinst dem Rheinfluss Wäsche schafft?

Wasserwerk

Wolfgang Koeppen (1953):Auf der Rheinstraße brausten

die schwarzen Mercedeswagenneben dem Wasser stromab-

wärts. Stromabwärts derSchlick, stromabwärts das

Treibholz, stromabwärtsBakterien und Kot und die

Laugen der Industrie.

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Deponie "de Slufter" in Rotterdam

Auf dem Höhepunkt derRheinverschmutzung stellte selbst dasbundesdeutsche Innenministerium 1976unter dem Titel "Immer rein in den Rhein"fest: "Die Zeit der Lachse ist vorbei,dafür gedeiht jetzt üppig der AbwasserpilzSphaerotilus."

Inzwischen hat sich die Gewässergüte desRheins enorm verbessert. Die StadtRotterdam musste früher jährlich 10 Mio.Kubikmeter vergifteten Rheinschlammaus ihrem Hafenbecken in die 90 Mio.Euro teure Sondermülldeponie "deSlufter" schaffen, heute "nur" noch 1 Mio.pro Jahr.

Abwasser aus Industrie, Gewerbe undHaushalt im Rheingebiet wird heute zuüber 96 % in Kläranlagen gereinigt.Probleme für die Wasserqualität bereitendie diffusen, also zerstreuten Einträge vonSchadstoffen, vor allem Dünger undPestizide aus der Landwirtschaft.Vorsorge und genaue Überwachung durchdie Behörden im Rheingebiet ist auchkünftig unverzichtbar. Aber die Belastungmit Schwermetallen und vielenSchadstoffen hat im Rhein abgenommen,Sauerstoffgehalt und Artenzahl derKleintiere am Rheinboden sind angestie-gen. Darunter finden sich viele anpas-sungsfähige "Neubürger", z.B. Muscheln,Schnecken und Kleinkrebse aus demSchwarzmeergebiet, Nordamerika undAsien, die über Kanäle und Schiffe einge-reist sind.

Die Körbchen-Muschel Corbiculafluminea aus Ostasien stieg 1990bis 95 von der Rheinmündung bisBasel auf und ist heute stellenweisedie häufigste Muschelart im Rhein.

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Laufenburger Laufen um 1850 mit "Lachswaagen" am Ufer

Der gezähmte Flussschenkt Energie

Die Ressource Wasserkraft nutzten schonim Mittelalter viele Wassermühlen imRheingebiet. Sie verwandelten die Kraftdes Wassers in mechanische Energie, umKorn und Quarz zu mahlen, Holz zu sägenoder Erze zu zerkleinern.

Um elektrische Energie mit Hilfe der neuerfundenen Wasserturbine zu gewinnen,begannen Schweizer und Deutsche Endedes 19. Jahrhunderts damit, denHochrhein in eine Seentreppe zu verwan-deln. Wasserfälle und Stromschnellen ver-schwanden unter dem Stau von 11Kraftwerken. So gingen 1914 die berühm-ten Laufen von Laufenburg unter. Heute gibt es im Hochrhein nur noch vierfreie Fließstrecken, oberhalb desRheinfalls und im Mündungsbereich vonThur und Aare.Die Hochrhein-Kraftwerke versperrtenaufsteigenden Lachsen den Weg zu ihrenalten Laichplätzen in der Aare und ande-ren Nebenflüssen.

1928 begann der Ausbau für dieWasserkraft am Oberrhein. Am südlichenAbschnitt wurden vier Wasserkraftwerkean einem Rheinseitenkanal errichtet, derden alten Rhein - heute "Alt(Rest)rhein"genannt - fast austrocknete. Im folgendenAbschnitt bis Straßburg wurden vierKraftwerke mit "Kanalschlingen" gebaut.Unterhalb davon erstellte man noch zweiKraftwerke im kanalisierten Rhein selbst,1974 Gambsheim und 1977 Iffezheim.Auch dort waren damit unüberwindbareBarrieren für aufsteigende Wanderfischewie den Lachs entstanden.

Alfons Paquet (1923):...so plant eine kollektive und faustische Phantasie die ingenieurmäßigeGestaltung des Flusses,die Entfesselung undZähmung in einem ist. (...)Die Wasserkräfte desOberrheins entsprechender Brennkraft, die inden Vorräten einesunerschöpflich großenKohlenbergwerkesschlummert.

Kraftwerk Laufenburg heute

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Reiches Land am Wasser gebaut

Im Einzugsgebiet des Rheins nimmt dieLandwirtschaft über 50 Prozent derFläche ein. Alle diese Felder, Wiesen undWeinberge entwässern über Grund- undOberflächenwasser zum Rhein hin.Die nährstoffreichen Feinsedimente derHochwasser haben die Rheinauen vor derRegulierung natürlich gedüngt.

Nikolaj Michailowitsch Karamsin (1766): Der Rhein und der Neckar waren von denvielen Regengüssen sehr angeschwollen,und ihre verheerenden Wellen strömtenüber Gärten, Felder und Dörfer. Hierschwamm ein Stück eines zertrümmertenHauses, ...Dort wurde ein armes blöken-des Schaf von den Wellen getragen! - Wirmußten an einigen Stellen durchs Wasserfahren, das manchmal bis in den Wagendrang.

Durch das Oberrheintal zwischen Mainzund Mannheim reiste vor der Regulierungder russische Schriftsteller NikolajKaramsin und erlebte in fruchtbaren"reichen Ebenen" auch die bedrohlicheWirkung des Hochwassers. Diese"Stimme des Wassers", wie es der expressionistische Dichter HendrikMarsman ausdrückte, prägt heute nochvor allem die Niederlande im Rhein-Deltagebiet.

Hendrik Marsman (1899-1940):Denkend aan Hollandzie ik brede rivierentraag door oneindiglaagland gaan, (...)en in de geweldigeruimte verzonkende boerderijen (...)de lucht hangt er laagen de zon wordt er lang-zaamin grijze veelkleurigedampen gesmoord,en in alle gewestenwordt de stem van hetwatermet zijn eeuwige rampengevreesd en gehoord.

Denkend an Hollandseh ich breite Strömeträge durch weitesTiefland gehen, (...)Und in den gewaltigenRaum versunkenBauernhöfe (...)Tief hängt der Himmel,und die Sonnehüllt sich allmählichin vielfarbiges Grau,und überall hörbardie Stimme des Wassers,ewig unheildräuend,ewig gefürchtet.

In den Auen von Ober- und Niederrhein,in den trockengelegten Marschen desDeltarheins und an den steilen Hänge vonMosel und Mittelrhein sindLandwirtschaft bzw. Weinbau heute amertragreichsten und intensivsten.

11

Stickstoff-Kreislauf

Oberrhein südlich Iffezheim

12

Pestizid-Kreislauf

Ebenso können andere Nutzungen demRhein und seinen Auen schaden. DerAusbau für die Schifffahrt trennt Altarmeab, die so schneller verschlammen undverlanden. Staustufen machen Flüsse zuSeenketten, hemmen die Fischwanderungund führen unterhalb der Wehre zurEintiefung, so dass mit dem Fluss auchder Grundwasserspiegel des Tales sinkt.Die Abdeichung und Bebauung der Auelässt Hochwasser höher auflaufen undzerreißt am Rhein die ökologischenBeziehungsnetze zwischen Wasser und Land.

Doch zu intensive Landwirtschaft beeinträchtigt vielfältig die

Gewässer und ihre Lebensgemeinschaften, über Dünger, Pestizide, Erosion und Ausräumung

der Landschaft.

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Wir können den Rhein biologisch als Ökosystem betrachten,als Netz von Beziehungen seiner Biotope und Lebewesen, seinerEnergie- und Stoffkreisläufe, die sich nach außen öffnen undsich verändern im Lauf der Zeit.

Menschen sind Teil des Ökosystems Rhein und haben esstark beeinflusst. Im Gegenzug wirkte der Strom auf uns, sagenHistoriker wie Lucien Febvre: Zwar habe der Rhein die Völkergelegentlich getrennt, aber die große Besonderheit des Stromssei seine Fähigkeit zu verbinden und anzunähern, geistige undmaterielle Tauschbeziehungen zu fördern.

2. Rheine Natur? Wie die Ökologie verbindet

Berndt Heydemann (1997):Ökologie ist nichts anderesals biologische Ökonomie....die Arten fügen sich zusammen zu Ökosystemen,die vergleichbar sind mit geo-graphischen Kernregionenund einer vernetztenWirtschaft.

Johannes Kühn (1989):

Ein kleiner Regen

ließ spüren,dass noch das Meer

an uns denkt.

Ein Fließgewässer wie der Rhein zeigtdie typischen Eigenschaften von Öko-systemen, nämlich Offenheit, Dynamikund Vernetzungen, viel anschaulicher alsbeispielsweise ein See. Trotzdem sehenwir den Rhein mit seiner Landschaft erstneuerdings wieder als Ganzes.

"Pantha rei - alles fließt", soll der grie-chische Philosoph Heraklit vor 2500Jahren gesagt haben. "Das Strömen imVerharren ist ein Anzeichen desLebendigen", schrieb der BiochemikerErwin Chargaff in unserer Zeit. Wie dasFließgleichgewicht von Energie, Stoffenund Information bei den Ökosystemenunserer Erde funktioniert, ist immer nochrätselhaft. Den heute allgemein bekann-ten Kreislauf des Wassers beschriebwohl als einer der ersten der niederländi-sche Dichter van den Vondel.

Ökosystemstammt von griechisch:oikos = Haus, Hauswesensystema = zusammengesetztesGanzes

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Jan van Goyen (1652)

Joost van den Vondel (1667):Wie unsern Leib der Adern

Netz durchströmt, in tausendAdern Wasser diese Erde. Der

Sonne Glut zieht dampfend esvom Meer, geballt zu Wolken

steigt’s als Regen nieder.

Alfons Paquet (1923):...die milde Festigkeit derStrömung und ihr verborgenesKissen, das Grundwasser, dasFeldern, Dörfern und Städtenihre Brunnen gibt.

Das Grundwasser verbindet den Flussmit seinem Tal, denn zwischen beiden

besteht ein ständiger Austausch. BeiMittelwasser fließt das Grundwasser

unterirdisch mit dem Fluss. BeiNiedrigwasser speist das Grundwasser

den Fluss, bei Hochwasser strömt Wasseraus dem Fluss ins Grundwasser.

Ansonsten bildet sich neues Grundwasseraus Niederschlägen, die in den Bodensickern, sich über undurchlässigenSchichten wie Ton sammeln und langsamweiter strömen. Wo das Grundwasserdicht unter der Erdoberfläche ansteht,wie in den Randsenken der Rheinaue,kann eine besondere Vegetation inNiedermooren und Bruchwäldern wachsen.

Wo Grundwasser aus dem Boden austritt,entspringt eine Quelle und beginnt einBach. Es gibt Tümpel-, Sturz-, Sicker-oder Sumpfquellen. Die Quelltemperaturschwankt sehr wenig, wirkt deshalb kühlim Sommer, warm im Winter. DieSchüttung der Quellen hängt natürlichvon den Niederschlägen ab, von derVersickerung im Boden, von derBewegung des Grundwassers und vonder Höhe seines Spiegels.

„Ein verborgenes Kissen, dasGrundwasser“

„Ein großartig gestaltetes Wasserleben“

Der Rhein besteht nicht nur aus demHauptstrom und den Gletscher-Quellen in denAlpen, sondern aus Tausenden von Quellen inseinem Einzugsgebiet mit Hunderten vonBächen, Nebenflüssen und Seen. In diesem Wassernetz fließt das Wasser in jeder Himmelsrichtung, aber immer abwärts Richtung Meer.

Alfons Paquet (1923):Der Rhein sieht auf der Karte aus

wie ein Baum. Die Quellflüsse sindseine Wurzeln, die Nebenflüsse die

Äste an seinem Stamm, die vielen Mündungsarme sind seine Krone. Ein

Organismus ist er allerdings... Er istein System, ein großartig gestaltetes

Wasserleben mitten im Lande...

Einzugsgebiet des Rheins:Gesamtfläche: 197.000 km2

Deutschland: ca. 100.000 km2

Schweiz, Frankreich,Niederlande: je 25-35.000 km2

Italien, Österreich, Liechtenstein,Luxemburg, Belgien:ca. 6.000 km2

Niederrhein

Hochrhein

Oberrhein

Mittelrhein

Deltarhein

Alpenrhein/Bodensee

16

Bode

nsee

Scha

ffhau

sen

Base

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Karls

ruhe

Bing

enBo

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Emm

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h

Rott

erda

m

Alpenrheinund

Seerhein

Hoch-rhein

Oberrhein Rhein-gau

Mittel-rhein

Nieder-rhein

Deltarhein Nord-see

Jura Schwarz-wald

Oden-wald

RheinischesSchiefergebirge

0,1%0,29%0,44%0,85%0,97%Gefälle

100 1000 km

0

500

1000

15002340 m

Gneise, Glimmerschiefer und Granite

paläozoische Schiefer und Quarzite

mesozoische Sedimentgesteine

tertiäre Sedimente

quartiäre Sande und Kiese

Im Lauf der Erdgeschichte hat derRhein sein Aussehen verändert, ist wie einBaum gewachsen. Vor 5 Millionen Jahrenentsprang der Ur-Rhein beim Kaiserstuhlund mündete schon vor der heutigen nie-derländischen Grenze ins Meer. Spätervergrößerte er sein Einzugsgebiet umAare und Alpenrhein, die vorher zurRhône bzw. zur Donau geflossen waren.

Die geologische Geschichte des Rheinsspiegelte sich bis in jüngste Zeit imVerbreitungsmuster seiner Fauna. Erstdie Rheinkorrektion und das Aussetzenvon Fischen hat dieses Gedächtnis desFlusses fast ausgelöscht, weil sie denHauptstrom uniformierten. Vorher gab esmitten im Oberrhein eine unsichtbareGrenzzone, welche die Verbreitung gewis-ser Schnecken-, Muschel-, ja sogarFischarten, trennte. Die nördlichen Artengehörten zur Fauna des Ur-Rheins mitseinen Wurzeln Kinzig und untererNeckar, die südlichen zum einstmalsabgetrennten Rheinsystem aus Ill, Aareund Alpenrhein.

Natürliche Flusslandschaft in Querschnitten

Rhein im Längsschnitt

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Ragnar Kinzelbach (1992):Verluste und Gewinne von

Arten im Rhein haben dessenFauna in den letzten 150

Jahren nachhaltiger verändertals die 10.000 Jahre seitStabilisierung des Flusssystemsnach der letzten Eiszeit es ver-mochten.

Die Larve der Rhein-EintagsfliegeOligoneuriella rhenana kamfrüher massenhaft im Rhein vor,heute jedoch nur in Zuflüssen.

Die ökologische Längsgliederung ist imRheinsystem heute nur noch schwererkennbar. Der Ausbau hat spezialisierteArten verdrängt, die z.B. hohe Ansprüchean die Sohlstruktur stellen. So fehlenheute viele Arten aus der Gruppe derSteinfliegen. Insgesamt über 200 Artenvon Kleintieren der Flusssohle wurden imRahmen des Aktionsprogramms Rhein derIKSR im Rhein zwischen Bodensee undNordsee nachgewiesen.

Die Lebensgemeinschaften vonFließgewässern haben die Strategie derschnellen Wiederbesiedlung nach natür-lichen Katastrophen, wie Hoch- oderNiedrigwasser, hervorragend entwickelt.Kleintiere kommen dann aus dem Raumzwischen Flusssohle und Grundwasser(Hyporheal), wo sich imSandlückensystem sogar Fischlarven, z.B.vom Lachs, bis 30 Zentimeter unter derFlusssohle verstecken können. Außerdemkönnen sich Fließgewässer durch passiveAbwärtsdrift und durch aktiveAufwärtsbewegung im Wasser (Fische,Krebse) oder über dem Wasser (Insekten)wiederbeleben. Auch auf den Wellen desHochwassers und auf Treibgut reisenSamen und Insekten zu neuen Ufern. DieWanderungen werden aber durchFlussausbau, Deiche und Stauwehre starkbehindert.

Technischer Flussausbau undStauwehre stören bzw. verringern:• Fließgewässerdynamik• Ufervegetation• Fluss-Auen-Verbund• Wanderungen von Wassertieren• natürliche Artenvielfalt

Biotopverbund im Fließgewässer

Das natürliche Ökosystem Fließgewässerkann man als lückenlosenZusammenhang, als sogenanntesKontinuum ansehen, das sich durch dasGefälle allmählich verändert. Erkennbarsind drei Abschnitte: Ober-, Mittel- undUnterlauf mit den Leitfischarten Forelle,Äsche, Barbe, Brasse. Typische Kleintiereder Gewässersohle im Oberlauf sind die"Zerkleinerer", die vom Falllaub derBäume leben. Im sonnigeren, weil breite-ren Mittellauf leben als typischeKleintiere die "Weidegänger", welcheAlgen von Steinen fressen. Im langsamfließenden Wasser und in Altwässerngedeihen schwebende Algen, dasPhytoplankton, das winzigen Krebschendes Zooplanktons als Nahrung dient. ImUnterlauf besteht die Fauna desFlussbodens fast nur noch aus"Sammlern" bzw. "Filtrierern", die ober-halb etwa die Hälfte ausmachen.

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Die Aue und die Uferzonen eines Flussessind einem ständigen Wechsel ausgesetzt,von Nässe und Trockenheit, von Anlan-dung und Erosion, von Nährstoffeintragund Auswaschung. An diese Bedingungenhaben sich pflanzliche und tierischeLebensgemeinschaften angepasst, die sol-che Dynamik nicht nur ertragen, sonderndie sie geradezu brauchen.

„Intakte Auen sind wie das Wattenmeer“

Die Aue oder Wasserwechselzone im Talliegt innerhalb des Einflussbereichs vonHochwasser. Sie ist Kontaktraum zwi-schen Fluss und Land. Hier findenTauschgeschäfte statt, breiten sich Artenaus. Im Oberlauf der Bäche naturgemäßschmal, kann sie am Fluss kilometerweitausufern.

Die Bäume am Bach beschatten ihn undhalten ihn kühl, bremsen Überflutungenund schützen die Ufer vor Erosion. Blätterund hineinfallende Insekten ernähren dieKleintiere im Bach.Ursprünglich bildeten die Flüsse mit ihrenAuen neben dem Wattenmeer die arten-reichsten und produktivsten ÖkosystemeEuropas. Aueböden gehören durch ihrehohe biologische Aktivität zu den frucht-barsten Böden überhaupt.Lebensgemeinschaften von Aue und Flusssind vielfältig miteinander vernetzt. Henri Décamps (1996):

Die meisten Prozesse, die mitStruktur und Funktion vonFluss-Ökosystemen zu tunhaben, werden durchAuwälder kontrolliert.

Biologische Vielfalt nach derUN-Konvention von 1992:…die Variabilität unterlebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme.(BBN 1999)

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Die letzten Auwälder des Oberrheins zei-gen Gemeinsamkeiten mit tropischenRegenwäldern, in ihrem üppigenWachstum, ihrer komplexenVertikalschichtung und ihrem Reichtuman Lianen. Mit über 40 Gehölzarten sindHartholzauwälder die artenreichsten undam höchsten entwickeltenPflanzengemeinschaften Europas.

Biologische Vielfalt

Wenn Hochwasserwellen die Vegetationvernichten, beginnt danach auf nacktenBöden mit den ersten zartenPionierpflanzen der Lebenskreislauf derAue von vorn. Die Weichholzaue ausSilberweiden und Schwarzpappeln ist dienächste Entwicklungsstufe auf Rohbödenam Fluss. Aus abgebrochenen Ästen imTreibgut schlagen Weidenwurzeln aus undbilden Auengebüsche. Mit tief greifendenWurzeln und biegsamen Ästen halten sieweiteren Hochwassern stand.Schwarzpappeln breiten sich unterirdischüber Wurzelbruten aus. Nach 60 bis 120Jahren kann sich die Weichholzaue lang-sam über Erlen- und Eschenwald in diestabilere Hartholzaue umwandeln, in derEschen, Ulmen und Stieleichen vorherr-schen, Wildapfel und Wildbirne blühenund die Lianen Waldrebe, Hopfen, Efeuund Wilde Rebe die Bäume umwindenund wie Schleier von den Kronen herab-hängen. Bis dieser Wald seinReifestadium erreicht hat, dauert es nochmal 150 Jahre. Erst mit 250 Jahrenerreicht er ein ausgeglichenes Mosaik, dasalle Altersphasen bis zum ökologischwichtigen Totholz umfasst. Die lichtenKronen der Eschen ermöglichen einendichten Unterwuchs aus Sträuchern undKräutern.

Diese Arten- und Strukturvielfalt derVegetation ist die Basis für eine Fülle vonInsekten und Vögeln, von denen z.B.sechs Spechtarten, Pirol und NachtigallAuenwälder besiedeln und im Frühjahrein klangvolles Konzert veranstalten, umihre Reviere abzustecken. Im strukturrei-chen Hartholzauenwald lebt die arten-reichste Vogelgemeinschaft Europas inhöchst möglicher Dichte, bis zu 200 Paareauf 10 Hektar Fläche. Von den Vogelartender Auen brüten heute viele nicht mehram Rhein, z.B. Fischadler und KleinesSumpfhuhn, andere Arten sind sehr seltengeworden, z.B. Blaukehlchen undZwergrohrdommel.

Wiesen-Alant

Sumpf-Wolfsmilch

Nachtigall

Mittelspecht

Blaukehlchen

Zwergrohrdommel

Herwig Klemp (1997): Intakte Auen sind wie dasWattenmeer: Ohne das ständi-ge Auf und Ab des Wasserssind beide undenkbar. Nurschwanken die Wasserstände inden Auen viel unregelmäßigerals Ebbe und Flut.

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Noch ist die Rheinaue nicht verloren.Im Gegensatz zu vielen Regenwäldernkönnen sich Auwälder von selbst regene-rieren, wenn es auch über 200 Jahre dau-ert bis zur reifen Hartholzaue.Aufforstungen würden keinen natürlichenAuwald bilden. Zu hoch angestautesWasser schädigt den Auwald, weil seineWurzeln und Bodentiere wegenSauerstoffmangel absterben. Neue Rhein-Auwälder brauchen also Zeit und Räume,durch die das Hochwasser weitflächigfließen und sich heben und senken darf -im natürlichen Rhythmus, wie der "Atemder Auen".

An die wechselnassen Lebensräume derAue sind Amphibien besonders gut ange-passt. Wenn sich das Hochwasser zurück-zieht und auf nacktem Boden nur nochTümpel zurück lässt, suchen z. B.Laubfrosch, Kreuz- und Wechselkröte dieWasserlachen auf und locken mit lautemKeckern oder Trillern ihre Partner vonweit her an, um gemeinsam abzulaichen.In der Sonne erwärmen sich dieWasserpfützen und ermöglichen eineschnelle Entwicklung der Kaulquappen.Doch es ist ein Wettlauf mit dem Tod. Einneues Hochwasser kann den Laich weg-spülen, oder eine Hitzeperiode kann diePfützen austrocknen. Schwarz wie Teerbedeckt dann ein Film aus Quappen-Leichen die Mulden. Doch einige Tiereüberleben und verlassen die Tümpel, ver-wandelt in winzige Kröten oder Frösche.

Ehemals bedeckte der Auwald 2000 km2

Fläche am Oberrhein, war bis 12 km breitausgedehnt und gegliedert von zahlrei-chen Altarmen, Tümpeln, Gießen undBiberwiesen. Davon sind heute 150 km2

flussnahe Wälder übrig geblieben, vondenen aber fast 70 % aus Forst-Plantagenbestehen. Naturnahe ältere Auenwälderüber 150 Jahre sind insgesamt weniger als1,5 km2 vorhanden!Am Niederrhein waren die Auwälderursprünglich bis 15 km breit, riesigeSchilfgebiete, Sümpfe und Seen bedeck-ten das Mündungsgebiet des Rheins.Auwälder gibt es am Niederrhein keinemehr, sie wurden schon vor Jahrhundertenin Wiesen umgewandelt. Nur noch 2,3%von 160 km2 verbliebener Überflutungs-aue am nordrhein-westfälischenNiederrhein sind naturnah.Die großen Säugetierarten Elch,Auerochse, Bär und Wolf, die ehemalsdurch die Rhein-Auwälder streiften, sindim Mittelalter verschwunden. Fast ausge-rottet wurden im 19. Jahrhundert Biberund Otter. Heute nehmen Biber wieder zuund bauen ihre Burgen an Alpen-, Hoch-und Oberrhein sowie im Rheindelta.

Biber

Otter

Eisvogel

Moor-frosch

Kreuzkröte

Laubfrosch

Hecht

Seekanne

Wassernuss

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Die Erste Hilfe für den Rhein hatte Erfolg. Dank umfangreicher Investitionen in dieAbwasserreinigung kann der Strom wieder atmen. Es geht ihm deutlich besser, doch er istnoch nicht geheilt. Die IKSR rät zu weiteren Operationen. Hindernisse im Kreislauf müs-sen beseitigt, grüne Lungen transplantiert, Altarme angebunden werden. Und was noch?

Eine nachhaltige Bewirtschaftung nutzt die Ressourcen in Zyklen und vermeidetEingriffe und Emissionen von Schadstoffen. Dahin führt der Königsweg, den die IKSRvorschlägt - mit ihrem Programm "Rhein 2020". Auch das neue Umweltrecht der EUgeht in diese Richtung.

So gewinnt das Traumbild des geeinten Europas beim Schutz des Rheins Konturen.

3. Rheine Aktion? – Wie wir Beziehungen retten

Erste Hilfe erfolgreichDie Aktionsprogramme der IKSR habenfür die Wasserqualität bisher am meistenerreicht. Der Sauerstoffgehalt im Rheinliegt nahe am Optimum. Es ist gelungen,die Einleitung wichtiger Schadstoffe umweit mehr als die Hälfte zu senken. Doches gibt noch Probleme bei "diffusen", alsoverstreuten Einträgen vonSchwermetallen, Nährstoffen sowieneuen organischen Spurenstoffen. Dassind die Rückstände der modernenHightec-Chemie aus Landwirtschaft,Schädlingsbekämpfung, Medizin,Hygiene und Bekleidung. DieMikroverunreinigungen können erst seitKurzem im Mikro- undNanogrammbereich pro Liter Wassernachgewiesen werden.

Die gefährlichen Stoffe wirken in niedri-gen Konzentrationen und können sich inLebewesen anreichern. Die IKSR arbeitetan einer Strategie, um diese Stoffeinträgeaus Landwirtschaft, Siedlungs- undIndustrieabwässern zu verringern.Ein weiteres Problem ist das Gedächtnisder Flüsse. Am Grund des Rheins lagernReste der Schadstoffmassen vergangenerJahrzehnte und gefährden die

Wasserqualität. Die IKSR stellt deshalbeinen Sediment-Managemantplan für dasgesamte Rheineinzugsgebiet auf. Er wirddie "Hot Spots" oder "Risikogebiete" undvordringliche Aktionen auflisten.

Ein völlig reiner Rhein bleibt wohlUtopie. Aber eine gute Wasserqualität istGrundbedingung für einen lebendigenFluss.

Alfons Paquet (1923):Eine Landschaft wiedie des Rheines... trägtdas Traumbild ihrerhöheren völkerverbin-denden Form nochungeboren in sich.

Quellen von Mikroverunreinigungen:• Biozide• Medikamente• Körperpflegeprodukte• Reinigungsmittel• Textilien

Die Artenzahl von Kleintieren ist mit dem Sauerstoffgehalt im Rheinwasser angestiegen

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Wasserrahmenrichtlinieder EU von 2000• setzt Schwerpunkt auf

Gewässerbiologie• fordert den guten chemischen

und ökologischen Zustand allereuropäischen Gewässer bis 2015

Paul Baron (1996):Nachdem er Ursache von

Uneinigkeit war, wird der Fluss inZukunft die Nationen vereinen?

Die Rückkehr des Salms ist dasZeichen, dass man im guten

Sinne Fortschritte macht.

Operationlebendiger Fluss läuft

Also die Chemie im Rhein stimmt inzwi-schen fast, aber der ökologische Zustandnoch nicht. Die Wasserqualität hat sicherheblich verbessert, aber der Fluss kannnicht frei fließen, er ist zu schmal, seineUfer sind monoton und vielfach künst-lich. Erst wenn der Strom mehr in dieBreite gehen darf und Wandertiere wie-der wandern können, wird "das schönepralle Leben" zurückkehren, wie derWasserwissenschaftler Rolf-DieterWilken seine Vision vom Rhein verbild-lichte.

Das IKSR-Programm Rhein 2020 hatdas Ziel, das Ökosystem des Rheins sozu verbessern, dass der Lachs und andereWanderfische bis zum Jahr 2020 imStrom wieder stabile Wildbestände auf-bauen können.

Die IKSR hat 2006 eine Biotopverbund-Planung für die Rheinaue zwischenBodensee und Nordsee vorgelegt. Ziel istdie Erhaltung und Wiederherstellung derbiologischen Vielfalt. Die IKSR willnatürliche Bereiche am Rhein und seinenNebenflüssen schützen, möglichst vieleStörstellen renaturieren und zertrennteBiotope im Flusskorridor wieder mitein-ander vernetzen. Dazu werden in denRheinanlieger-Staaten Auen reaktiviert,Altarme angebunden, Wanderhindernissefür Fische beseitigt und naturnaheLebensräume für rheintypischeOrganismen wiederhergestellt und entwickelt.

Die Programme für Wanderfische imRheinsystem – gestartet mit "Lachs2000", fortgesetzt mit "Rhein 2020" –zeigen eindrucksvolle Ergebnisse, beson-ders bei der Wiedeinbürgerung des ausge-storbenen Lachses. Denn seit 1990 sindüber 5.000 erwachsene Lachse nachweis-lich aus der Nordsee den Rhein hinaufgewandert.Der Aal – ebenfalls eine Wanderfischart –wird künftig von der Umsetzung der Aal-Verordnung der EU profitieren.

Im Jahr 2000 öffnete der FischpassIffezheim dank gemeinsamer deutsch-französischer Anstrengungen seine Tore.2001 bis 2004 wurden im Rheindelta dreineue Fischpässe fertig gestellt. 2006 gingam Oberrhein der Fischpass Gambsheimin Betrieb. Doch die vier Staustufen

Straßburg, Gerstheim, Rhinau undMarckolsheim versperren noch den Wegstromaufwärts. Oberhalb davon könnteder deutsch-französische Alt-(Rest)rheinals Bypass für Wanderfische dienen.

Am Hochrhein verfügen 10 von 11Kraftwerken über funktionstüchtigeFischaufstiegshilfen. In den nächstenJahren sollen einige noch verbessert undzusätzlich Umgehungsgewässer gebautwerden.Im Rheindelta sollen bis 2015 dieHaringvliet-Schleusen teilweise geöffnetwerden.Ehrgeiziges Ziel bleibt dieDurchgängigkeit des Rheins fürWanderfische von der Nordsee bis in dieZuflüsse bei Basel.

Aktionen für Rhein 20201. Habitate wiederherstellen2. Auen aktivieren3. Gewässerstruktur verbessern4. Wanderhindernisse beseitigen5. Biotope naturnah vernetzen

Atlantischer Lachs

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Köln 1993/95

Hochwasserschutz durch Raum für den Fluss

Zum natürlichen Wasserkreislauf gehörenauch Zeiten von Niedrigwasser undHochwasser im Fluss. Die Abflüsse desRheins schwanken mit Gletscher- undSchneeschmelze und mit Niederschlägenund Wasseraufnahme in seinemEinzugsgebiet.

Aber das Hochwasser des Rheins läuftheute schneller und höher ab als vor demStaustufenbau und überlagert sich oftungünstig mit dem der Nebenflüsse. Undwir sind mit unseren Siedlungen denFlüssen zu nahe gerückt.Hinzu kommen Auswirkungen desKlimawandels, so dass künftig inExtremsituationen mit weit höherenWasserständen zu rechnen ist.

Heinrich Böll (1960):Und ich habe immer nochAngst vor dem Rhein, ...derunheimlich und so sanft durchdie Träume der Kinder mur-melt, ein dunkler Gott, derbewiesen haben will, daß ernoch Opfer fordert: heidnisch,Natur, nichts von Lieblichkeit,wird er breit wie ein Meer,dringt in Wohnungen ein,steigt grünlich in den Kellernhoch, quillt aus Kanälen, brülltunter Brückenbogen dahin:Undines gewaltiger Vater.

Früher war Hochwasserschutz lokal undhieß immer Bau von Deichen undSchutzmauern. Diese wirken - wie wirheute wissen - flussabwärts Hochwasserverschärfend.Der Abflussquerschnitt des Oberrheinswurde durch den Ausbau von bis 12 kmBreite auf 200 bis 250 m eingeengt, derLauf um 82 km verkürzt, die Über-schwemmungsfläche allein durch denBau der Staustufen um 130 km2 verrin-gert, die Fließzeit der Hochwasserwellesank zwischen Basel und Karlsruhe von64 auf 23 Stunden. Der deutscheNiederrhein-Abschnitt wurde durch denAusbau um 23 km kürzer. Weniger als15% der ursprünglichen Überflutungsauestehen dem Rhein heute zur Verfügung.

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Hans Dieter Hüsch (1984) zum Niederrhein:HombergDie Welt meiner GroßelternväterlicherseitsDas kleine warme Hausdas mehrmals untergingwenn der Rhein über die Ufer stiegüber die Felder rolltein die Häuser drangund die Menschen auf den Dächern saßenergeben und armund wieder von vorne anfingen:Wat willze machen

Wasser wird in der Landschaft mit ausge-dehnten Siedlungsflächen, Industrie,intensiver Landwirtschaft und geschädig-ten Wäldern weniger zurückgehalten. Alldas führte dazu, dass "Jahrhundert-Hochwasser" am Rhein deutlich zuge-nommen haben. Ein extremesRheinhochwasser wie das von 1882/83,das durch mehrtägigen Regen auf gefro-renen Grund entstand, würde heute nochextremer ausfallen und über die Deichegehen.

Deventer an der IJssel, Niederlande 1995

Die Hochwasserscheitel müssen alsogekappt werden. Das geht am Rhein nurdurch mehr "Raum für den Fluss", d.h.durch Rückverlegen der Deiche bzw.durch Bau von Rückhalteräumen hinterden Deichen. Seit 1995 wurden amRhein durch Rückbau 33 km2 "neue" Auegewonnen. Viele weitere Rückhalteräumemüssen geschaffen werden.

Überschwemmungsfläche am Rhein

früher: 8.000 km2 (100,0%)1995: 1.200 km2 (15,0%)2020: +125 km2 (1,6%)

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Die IKSR stellte einen

Aktionsplan Hochwasserauf „unter Einbindung des Ziels

der ökologischen Verbesserung des Rheinsund seiner Auen“ und die Rheinministerhaben die Umsetzung dieses Plans 1998beschlossen.Inzwischen zog die IKSR eineZwischenbilanz: Wichtige Handlungszielehat sie bis 2005 erreicht, weil verschieden-ste Maßnahmen mit einem Kostenaufwandvon 4,5 Mrd. Euro umgesetzt wurden. Sorichteten die Anrainer größereRückhalteräume für 77 MillionenKubikmeter Hochwasser direkt amHauptstrom ein, weil sie extremeHochwasserpegel am wirkungsvollstensenken.

Weitere Maßnahmen zurHochwasservorsorge imEinzugsgebiet des Rheins sindBoden schonende Land- undForstwirtschaft, Entsiegelung vonFlächen, Förderung derVersickerung von Regenwasserund Renaturierung vonFließgewässern. Wald musserhalten und naturnah bewirt-schaftet werden, weil er Wasserspeichert, verzögert abgibt undvor Erosion schützt.

Extremes Hochwasser bedroht am Rhein10.700.000 Menschen165 Mrd. Euro Vermögen

Handlungsziele Soll (2005/2020) Ergebnisse (Zeitraum 1995-2005)

1. Schadenrisiken mindern 10% / 25% 30% auf nicht eingedeichten Strecken10% auf eingedeichten Strecken

2. Pegelstände senken 30 cm / 70 cm 30 cm Pegel Maxaustromabwärts geringer

3. Bewusstsein stärken Gefahren- und Risiko-Karten IKSR-Rheinatlas 2001

4. Vorhersage verbessern langfristige um 100% 100%, aber nicht so verlässlich wie kurzfristige Vorhersagen

Bilanz Aktionsplan Hochwasser

Vögel zeigen ökologische Qualität

von Gewässern: Wo Flussuferläufer brüten,

sind Uferstrukturen naturnah.

Rheinschutz im 21. Jahrhundert

Das Wasser des Lebens…ich weiß noch ein Mittel,

das ist das Wasser des Lebens;wenn er davon trinkt,

dann wird er wieder gesund:es ist aber schwer zu finden.

Grimms Märchen (1814)

In der Fluss-Sanierung des Rheins hatsich vieles bewegt. Alle Anlieger leiten

weniger Schmutz ein und haben nun zusätzlich begonnen, Probleme durch

Hochwasser nicht mehr einfach rheinab-wärts zu verlagern.

Nach der neuen Hochwasser-Richtlinie(2007/60/EG) müssen in allen grenzüber-

schreitenden Flussgebieten der EU dieMaßnahmen zur Hochwasservorsorge

international abgestimmt werden. Dies koordiniert künftig die IKSR imEinzugsgebiet des Rheins.

Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL-2000/60/EG) fordert ebenfalls ein abge-stimmtes Management für die europäi-schen Gewässer. Auf der Basis vonEinzugsgebieten sollen große Flüsse mitihren Auen gemeinsam bewirtschaftetwerden, wobei die Wechselwirkungenzwischen Oberflächen- und Grundwasserzu berücksichtigen sind. Schutz undNutzung sollen möglichst in Einklanggebracht werden. Bis zum Jahr 2015 sol-len alle europäischen Gewässer einenguten chemischen und ökologischenZustand erreicht haben. Die IKSR hilftden EU-Staaten dabei, die Forderungender WRRL umzusetzen.

Die aktuelle Landwirtschaftspolitik derEU koppelt Subventionen teilweise anökologische Leistungen (Cross complian-ce). In der Schweiz sieht dasLandwirtschaftsgesetz dafürDirektzahlungen vor.Ökologische Landwirtschaft dient denZielen des Gewässer- und Naturschutzes,weil sie geschlossene Stoffkreisläufe,eine flächenangepasste Viehdichte undbedarfsgerechte Düngung anstrebt.

Gewässerrandstreifen und Hecken schüt-zen gegen Erosion und Abschwemmungaus intensiver Landwirtschaft und verrin-gern durch Windschutz die Verdriftungvon Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.Grünlandwirtschaft ist in Auen demAckerbau vorzuziehen. Denn vieleTonnen Humusboden pro Hektar werdenin Auen von Äckern abgeschwemmt, vonWiesen nur ein Bruchteil. Möglichst vieleÄcker in Bach- und Flussauen müssen inGrünland umgewandelt werden, gewäs-sernah in Wald.

EU und IKSR ziehen an einem Strangund führen ihre ganzheitlicheWasserpolitik weiter. Die Wege sind stei-nig und das Ziel ist schwer zu erreichen,aber es lohnt wie im Märchen – einRhein des Lebens.

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Ein Rhein des Lebens

Die Rheinminister beschlossen im Jahr2001 in Straßburg das neue Programmzur nachhaltigen Entwicklung "Rhein2020". Es vereint Ziele, die früher alsgegensätzlich galten: Nutzung undSanierung, Schutz gegen Hochwasserund Schutz für die Natur. Wenn wir denRhein nachhaltig nutzen wollen, müssenwir ihn sanieren. Wenn wir dem Stromgenügend Flächen öffnen, wo er wiederausufern darf, schützen wir unsereSiedlungsräume im Tal vor Hochwasser.Gleichzeitig können sich die Über-schwemmungsflächen zu naturnahenAuen zurückentwickeln und wiederBeziehungen knüpfen imVernetzungssystem Flusslandschaft.

Ziele der UN-Konvention überbiologische Vielfalt (1992):1. Erhaltung2. nachhaltige Nutzung3. gerechte Aufteilung der

Nutzvorteile

Den ökologischen Verbund Quelle-Bach-Fluss-Bett-Aue-Grundwasser wie-derherzustellen, Quer- undLängsverbauungen zu beseitigen, nenntman Renaturierung oder Rückbau vonFließgewässern. Im Idealfall darf danndie Natur gestalten. Ein Bach sucht sichbei Hochwasser selbst einen neuen Weg,Pflanzen und Tiere siedeln sich an. Wennwir Bächen und Flüssen einigen Raumzurückgeben, ist dies möglich. Auchbeim Rhein können wir das starreKorsett zumindestens teilweise lockernund mehr Auwäldern eine Chance geben.

Flussregenpfeifer

Auwälder und Ufergehölze• filtern und reinigen das Hochwasser• reichern das Grundwasser an• schützen vor Wellenschlag und

Erosion• saugen sich wie Schwämme voll• brechen Hochwasserspitzen• ertragen lange flächig fließendes

Hochwasser (Silberweide bis 190,Stiel-Eiche bis 97 Tage im Jahr)

• gehören zu den hochwertigsten undbedrohtesten Biotoptypen Europas

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Die naturschutzfachlich wertvollenGebiete am Rhein wurden nachBiotoptypen erfasst, wie Sand- undKiesufer, Sümpfe und Auwälder. 2006stellte die IKSR in einem Rhein-Atlasmit Begleitbroschüre Ist- und Zielzustanddetailliert dar. Maßnahmen zurReaktivierung der Auen, z.B. durchRückverlegung von Deichen undRücknahme intensiver Nutzungen, wurden flächenscharf bestimmt.Auenbiotope, zwischen denen die frühe-ren Verbindungen abgerissen sind, sollenwieder miteinander vernetzt werden.Dieser Biotopverbund am Rhein wirdTeil eines europäischen Biotopnetzessein, z.B. von NATURA 2000. Bei derUmsetzung müssen Naturschutz,Gewässerschutz und Wasserwirtschaftgemeinsam handeln.

Der Rhein hat weit reichendeBeziehungen nach außen. Er ist über dieNordsee mit den Weltmeeren verbunden,ebenso wie umgekehrt. ZahlreicheBeziehungen laufen über Lebenszyklenvon Wanderfischen und Transport vonStoffen im Wasser. So wandern die jun-gen Lachse aus dem Rhein bis in denAtlantik, wo sie fressen und heranwach-sen, bis sie reif sind für die Rückkehr inden Rhein. Um die Wiederherstellung derBestände von Lachs und Meerforelle imRhein zu erleichtern, haben dieNordseeanrainer in derFischereikonferenz 1997 in Bergenbeschlossen, ein Fangverbot für Lachsund Meerforelle im Küstenbereich undauf hoher See zu unterstützen. Seit 2000gilt dieses Fangverbot auch in den nie-derländischen Küstengewässern und imSüßwasser.Schmutz aus dem Rhein landet letztlichim Meer, Nährstoffe überdüngen dasWasser, Schadstoffe reichern sich inMeeresorganismen an und driften mitostwärts gerichteten Strömungen insWattenmeer.

Das Wattenmeer in den Niederlanden,Deutschland und Dänemark ist eines derbedeutendsten Feuchtgebiete der Erde,"Kinderstube" für Fische, Rastgebiet fürfast alle Wat- und Wasservögel vonGrönland bis Sibirien und Lebensraumfür Fischfresser am Ende derNahrungskette, zum Beispiel denSeehund. Diese Säugetierart hat sichnach bedrohlichen Bestandseinbußendurch Krankheit inzwischen wiedererholt. Ob der reinere Rhein dazu einenBeitrag geleistet hat?

LiteraturSiehe auch im Internet www.iksr.org / Dokumente

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Nachhaltige Entwicklung heißt

seit der UN-Konferenz in Rio de Janeiro 1992 das

politische Ziel für fast 200 Staaten auf unserem Planeten. In Bezug auf den

Rhein bedeutet das, ihn

so zu entwickeln, dass die Menschen in seinem Einzugsgebiet auch künftig

eine Chance haben gut zu leben. Dasmagische Dreieck der Nachhaltigkeit symbolisiert ein Ideal – fast so unerreich-bar wie die Quadratur des Kreises. Sicherist nur, dass die Natur mit ihrenRessourcen auch am Rhein unsere ökonomische und soziale Entwicklung trägt und begrenzt.

1. sozial

2. ökologisch

3. ökonomisch

Dialog mit dem Rhein

Künstler sehen den Strom als Ganzes. Das versucht auf ihre Weiseauch die Ökologie. Und was tut die Wasserpolitik am Rhein und in ganzEuropa? Sie vollzieht einen Paradigmenwechsel – hin zum ganzheitli-chen und nachhaltigen Schutz der Gewässer. Ein Muss auch im Zeichendes Klimawandels.

Der Rhein sei erlaucht (Vondel 1629), freigeboren (Hölderlin 1801), stolz und edel (Hugo 1836), souverän (Böll 1960) – sagen die Dichter. Zugegeben, das ist nicht die Sprache von Technikern, die am Rhein Teilprobleme lösen.

Joost van den Vondel (1629) "De Rijnstroom":

Erlauchter Rhein! Mein süßer Traum!Wohin soll sich dein Sänger stellen,Um dich zu preisen? Heimatstrom!

Du kommst aus Schweizer Alpenquellen,Pulsader von Europa’s Land...

Wer soll das Ziel eines umfassendenGewässerschutzes am Rhein verwirkli-

chen? Das können wir "Rheinländer" nurgemeinsam tun - mit Wissenschaftlern,staatlichen Verwaltungen und privaten

Verbänden. Die IKSR bezieht seit 1998 verschiedene Verbände aus Wirtschaft,Gemeinden und Naturschutz in ihreArbeit ein. Auch die europäischenRichtlinien fordern eine Beteiligung derÖffentlichkeit. Dadurch soll vor geplan-ten Aktionen der größtmögliche Konsensherbeigeführt werden. Die Menschen, dieam und vom Rhein leben, müssen sichfür den Strom entscheiden, gemeinsamZiele formulieren, gemeinsam handelnund gemeinsam verantworten.

Wir brauchen den Rhein nicht zu vergöt-tern, aber wir können ihn und seineLandschaft respektvoller und behutsamerbehandeln. Das wäre eine Wende zueiner zukunftsfähigen Kultur, für uns undunsere Kinder am Rhein.

Heinrich Heine (1844):Gib dich zufrieden, Vater Rhein,

Denk nicht an schlechte Lieder,Ein besseres Lied vernimmst du bald -

Leb wohl, wir sehen uns wieder.

Wolfgang Erz (1995): Nur auf der Basis von

Humanität ist Naturschutzmöglich, eine Humanität ohne

Grenzen - zwischen Staatenund in den Köpfen.