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Hinweis Bei dieser Datei handelt es sich um ein Protokoll, das einen Vortrag im Rahmen des Chemielehramtsstudiums an der Uni Marburg referiert. Zur besseren Durchsuchbarkeit wurde zudem eine Texterkennung durchgeführt und hinter das eingescannte Bild gelegt, so dass Copy & Paste möglich ist – aber Vorsicht, die Texterkennung wurde nicht korrigiert und ist gerade bei schlecht leserlichen Dateien mit Fehlern behaftet. Alle mehr als 700 Protokolle (Anfang 2007) können auf der Seite http://www.chids.de/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html eingesehen und heruntergeladen werden. Zudem stehen auf der Seite www.chids.de weitere Versuche, Lernzirkel und Staatsexamensarbeiten bereit. Dr. Ph. Reiß, im Juli 2007

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HinweisBei dieser Datei handelt es sich um ein Protokoll, das einen Vortrag im Rahmendes Chemielehramtsstudiums an der Uni Marburg referiert. Zur besserenDurchsuchbarkeit wurde zudem eine Texterkennung durchgeführt und hinter daseingescannte Bild gelegt, so dass Copy & Paste möglich ist – aber Vorsicht, dieTexterkennung wurde nicht korrigiert und ist gerade bei schlecht leserlichenDateien mit Fehlern behaftet.

Alle mehr als 700 Protokolle (Anfang 2007) können auf der Seitehttp://www.chids.de/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.htmleingesehen und heruntergeladen werden.Zudem stehen auf der Seite www.chids.de weitere Versuche, Lernzirkel undStaatsexamensarbeiten bereit.

Dr. Ph. Reiß, im Juli 2007

Übungen im ExperimentalvortragWintersemester 1997/98

Leitung: Dr. J. ButenuthDr: E. GerstnerProf. Dr. H. Perst

LA DOL~E VITA -

Katja EiselWehrdaer Weg 1435037 MarburgTel.: 06421/66155

EIN EX.PE~/MENTALvO~T~AGvON KATJ"A EISEL

Chemie in der Schule: www.chids.de

Inhaltsverzeichnis:

1 Allgenleine Definition 3

2 Physiologie des Schmeckens 4

2.1 Anatomische Grundlagen: 4

2.2 Aufnahme und Verarbeitung der Geschmacksinformation: 4

2.3 Strukturelle Voraussetzungen für süßen Geschmack: 5

3 Sensorik von Süßungsnlitteln 6

3.1 Süßkraft 6

3.2 Toxikologie 7

4 Saccharin 9

4.1 Geschichte des Saccharins 9

r---~4.2 Synthese 9

(

4.3 Sensorische Eigenschaften 10

4.4 Physikalische und chemische Eigenschaften 11

4.6 Mikrobiologisches Verhalten 13

4.7 Pharmakologie und Toxikologie 13

4.8 Status 14

4.9 AI>I-~ert 14

4.10 Süßkraft 14

4.11 Anwendungen 14

4.12 Versuche 15

5 Cyclamate 21

5.1 Geschichte der Cyclamte 21

r". 5.2 Synthese 21

5.3 Sensorische Eigenschaften 21

5.4 Physikalische und chemische Eigenschaften 22

5.5 Stabilität 23

5.6 Mikrobiologisches Verhalten 23

5.7 Pharmakologie und Toxikologie 23

5.8 Status 24

5.9 ADI-Wert 24

5.10 Süß kraft 25

5.11 Anwendungen 25

5.12 Versuch 25

6 Aspartam 27

6.1 Einleitung 27

1

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6.2 Sensorische Eigenschaften 27

6.3 Physikalische und chemische Eigenschaften 28

6.4 Stabilität 29

6.5 Mikrobiologisches Verhalten/Karies 29

6.6 Ernährungsphysiologische Aspekte 29

6.7 ADI-Wert 30

6.8 Lebensmitteltechnologische Aspekte 30

6.9 Einsatz von Aspartam 31

6.10 Versuch 31

7 Acesulfam K 34

7.1 Einleitung 34

7.2 Verwendung 34

8 Sorbit 35

8.1 Einleitung 35

8.2 Synthese 35

8.3 Sensorische Eigenschaften 38

8.4 Physikalische und chemische Eigenschaften 38

8.5 Physiologie, Toxikologie und Verträglichkeit 39

8.6 Diabetes 39

8.7 Kariesentstehung (Verhalten von Sorbit in der Mundhöhle) 39

8.8 Verwendung 41

9~ffl n9.1 Einleitung 42

9.2 Synthese 43

9.3 Chemische und physikalische Eigenschaften 43

9.4 Süßkraft 44

9.5 Mikrobiologisches Verhalten 44

9.6 Toxikologie und Verträglichkeit 44

9.7 Verwendung 44

9.8 Versuch 45

10 Isomalt 45

10.1 Einleitung 45

10.2 Synthese 46

10.3 Toxikologie und Verträglichkeit 46

10.4 Verwendung 46

10.5 Versuch: 46

11 Literaturverzeichnis 48

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Süßstoffe1 Allgemeine Definition

Unter Süßstoffen versteht man Verbindungen synthetischer oder natürlicher Herkunft, diekeinen oder im Verhältnis zur Süßkraft einen vernachlässigbaren kalorischen Wert besitzen(engl.: non nutrive sweetners) und eine um ein Vielfaches erhöhte Süßkraft als Saccharoseaufweisen.An neuen Süßstoffen besteht ein erhebliches Interesse, da einerseits in vielen Industrieländernauf Grund der Übergewichtigkeit der Bevölkerung ein Trend zu einer kalorisch reduziertenErnährung vorhanden ist und andererseits die Unbedenklichkeit der seit langem bekanntenSüßstoffe Saccharin und Cyclamat seit einiger Zeit in verschiedenen Ländern erneut diskutiertund geprüft wird . Die Suche nach Süßstoffen wird dadurch erschwert, daß dieZusammenhänge zwischen Struktur und Süßgeschmack noch nicht befriedigend geklärt sind,daß geeignete Verbindungen nicht nur gesundheitlich unbedenklich sein müssen, sondern daßsie darüber hinaus verschiedene andere Kriterien erfüllen müssen. Dazu gehören ausreichendeLöslichkeit, Stabilität in einem breiten pH - und Temperaturbereich, möglichst reinerSüßgeschmack ohne Neben- und Nachgeschmack, auf Süßkraft bezogen ein mit Saccharosevergleichbarer Preis.

Versuch 1: Verbrennung eines GlimmibärchensMan schmilzt eine Mischung aus 7,5 g Kaliumchlorat und 7,5 g Kaliumchlorit vorsichtig(Explosionsgefahr!) mit der Bunsenbrennerflamme in einem Reagenzglas. Unter dasReagenzglas wird ein mit Löschsand halb gefüllter Behälter gestellt - falls das Glasdurchschmilzt.Anschließend gibt man ein Gummibärehen in die Schmelze und beobachtet das "flammendeInferno".

Reaktion:

C12H22011 + 8 KCI03 ~ 12 CO2t + 8 KCI + 11 H20violetteFlammenfärbung

t:. H = - 5644 kJ/mol

1 9 Kohlenhydrat=: 17,76 kJ1 Gummibärchen =: ca. 14,3 kJ/g

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2 Physiologie des Schmeckens

2.1 Anatomische Grundlagen:

Beim Menschen ist der Geschmackssinn immer auch mit dem Geruchssinn verbunden. DieOrgane, die vier Geschmacksrichtungen süß, sauer, bitter und salzig vermitteln, befinden sichzum größten Teil als warzenförmige Papillen auf der Zungenoberfläche, weniger dicht auch aufder Wangen-, Gaumen-, Pharynx- und Larynxschleimhaut (Kehlkopfbereich). Auf dermenschlichen Zunge kommen drei Typen der Geschmackspapillen vor : Wall- undBlätterpapillen mit vielen Geschmacksknospen an den Seitenwänden und Pilzpapillen mitwenigen Geschmacksknospen auf der Oberseite. Die Fadenpapillen sind nur mechanischwirksam, indem sie der Zunge eine samtartige rauhe Oberfläche geben und damit dieHaftfähigkeit des Mundinhalts verbessern. Die Geschmacksstoffe müssen ständig aus denFurchen der Papillen herausgespült werden, damit die folgenden Reizstoffe an die Sinneszellengelangen können (Vermeidung eines Dauerreizes). Diese Funktion erfiillen die Spüldrüsen, diezwischen der Zungenmuskulatur liegen und ihr dünnflüssiges Sekret in die Furchen abgeben.Der Mensch besitzt auf der Zunge mehrere tausend Geschmacksknospen mit bis zu 50Sinneszellen pro Knospe. Jede Geschmacksknospe enthält mehrere Sinneszellen undStützzellen, die oben an einer Grube enden . In die Grube ragen Mikrovilli der Sinneszellenhinein. Die Lebensdauer einer Geschmackssinneszelle beträgt nur 10 Tage. Danach wird siedurch einen Abkömmling einer Stützzelle ersetzt, die ihrerseits aus einer Basalzelle hervorgeht.Die Unterscheidungsfähigkeit der Geschmacksorgane ist geringer als die der Geruchsorgane.Der Mensch und die bisher untersuchten Säugetiere und Insekten können nur die vierGrundqualitäten süß , sauer, salzig und bitter unterscheiden. Als Nebenqualitäten tretenalkalisch (seifig) und metallisch (bei Kontakt mit Metall und Metallsalzen) auf.Die eindeutige Zuordnung chemischer Eigenschaften eines Stoffes zu seiner Schmeckwirkungist nicht möglich. So schmecken neben Zuckern auch Bleisalze (z.B Bleiacetat, giftig) undBeryllium giftig ; in Frankreich wird es auch als Glucinium bezeichnet - vom griech. glykos =süß) . Vielfach tritt bei Konzentrationserhöhungen eines Schmeckstoffes einGeschmacksumschlag auf. So schmeckt eine 0, 02 bis 0,03 molare Kochsalzlösung süß, eine0,04 molare und konzentriertere Lösung aber rein salzig. Saccharin schmeckt in hoherKonzentration bitter.Auch innerhalb der organischen Stoffe ist kein grundlegender Zusammenhang zwischenMolekülbau und Süßungsgrad erkennbar. Ersetzt man z.B. beim Saccharin den Wasserstoff desImids durch - CH3, -C2Hs oder -C6Hs, so findet man keine süßende Wirkung mehr.Die Rezeption der vier Geschmacksqualitäten erfolgt auf der Zunge vorzugsweise in vier sichüberschneidenden Geschmackszonen, in denen jeweils ein Papillentyp dominant ist. EinzelneGeschmackszellen einer Knospe reagieren allerdings nicht allein auf süße Stoffe, sondern auchauf saure, salzige und bittere. Die Wahrnehmungsschwellen sind temperaturabhängig; dieEmpfindlichkeit ist bei °°C am geringsten, steigt bis zu einem Maximum bei 40 °C an undsinkt dann rasch ab.

2.2 Aufnahme und Verarbeitung der Geschmacksinformation:

Die Verbindung zwischen Geschmackssinneszelle und afferenter Nervenfaser ist einechemische Synapse. Da eine Nervenfaser mit ihren Verzweigungen mehrere Sinneszellen undhäufig auch mehrere Geschmacksknospen innerviert , werden Geschmacksinformationenzahlreicher Sinneszellen in den Impulsen einer Nervenfaser integriert. DieGeschmackssinneszellen der vorderen zwei Zungendrittel werden vom Nervus facialis (VII.

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Hirnnerv), die des Zungengrundes vom Nervus glossopharyngeus (IX. Hirnnerv) innerviert.Die Rezeption der Geschmacksreize verläuft ähnlich der der Geruchsreize.1. Transduktion: Ein Molekül des Geschmackstoffes bindet sich an ein Rezeptorprotein in der

Mikrovilli-Membran einer Geschmackssinneszelle. Diese Bindung löst eine Öffnung vonMembrankanälen aus; der Einstrom von Ionen fuhrt zu einem depolarisierenden oderhyperpolarisierenden Sensorpotential in der Geschmackssinneszelle. Die Höhe desSensorpotentials nimmt mit der Konzentration des Geschmacksstotfes zu.

2. Transformation: Erreicht ein depolarisierendes Sensorpotential eine bestimmte Schwelle,werden ein oder mehrere Aktionspotentiale an den Synapsen zur afferenten Nervenfaserngebildet und ins Gehirn geleitet.

Jede Sinneszelle reagiert stark auf Reize einer bestimmten Geschmacksqualität, daneben abernoch - mehr oder weniger schwach - aufReize anderer Qualitäten; das gleiche gilt auch für dieableitenden Nervenfasern. Die entscheidende Information über die Geschmacksqualität und-intensität ergibt sich aus der Gesamtreaktion aIJer beteiligten Nervenfasern, also im afferentenImpulsmuster. Dieses muß in den zentralnerväsen Strukturen des Geschmackssinnes decodiertwerden. Bestimmte Geschmacksstotfe können den Geschmack andere Gleichzeitig oder kurzdanach aufgenommener Substanzen verändern: wird z.B. Cocain auf die Zunge gebracht, fallennacheinnder die Empfindungen fur bitter, süß, salzig und sauer aus. Kaliumgymnemad, einInhaltsstotf der indischen Pflanze Gymnea sylvestre, löscht die Geruchswahrnehmung aus, sodaß Zucker wie Sand schmeckt. Ein in der Frucht der westafrikanischen Pflanze Synsepaliumdulcificum enthaltenes Protein verwandelt sauren Geschmack in süßen: Zitronen schmeckenwie Orangen.Mit zunehmendem Alter nimmt die Leistungsfähigkeit des Geschmackssinnes ab; die Einnahmevon Drogen, Coffein oder starkes Rauchen mindern ebenfalls die Geschmacksleistung.

2.3 Strukturelle Voraussetzungenfür süßen Geschmack:

Süßer Geschmack wird von sehr verschiedenen Verbindungen hervorgerufen. Shallenbergerund Acree sehen als gemeinsames strukturelles Merkmal ein Protonendonator/-akzeptor­System (AHs/Bs-System) an, das bestimmte sterische Vorrausetzungen erfullen muß und dasmit dem komplementären System eines Rezeptors (AHr/Br-System) über zweiWasserstoflbrücken in Wechselwirkung treten kann. Kier erweiterte diese Modell, indem erzusätzlich eine hydrophobe Wechselwirkung mit einer in geeigneter Position befindlichenGruppe X annimmt. Ein erweitertes Modell ersetzt das AHsIBs durch einnucleophiJes/elektrophiles Systemm./e-System) und den lokalisierten Kontakt mit der GruppeX durch einen ausgedehnten hydrophoben Kontakt. Ein schematischer Rezeptor für süßeVerbindungen ist danach als hydrophobe Tasche darzustellen, die ein komplementäres nr/er ­

System enthält.Während bei süßen Verbindungen zwei polare (ns/es) Gruppen vorhanden sein müssen, diegegebenenfalls durch eine hydrophobe Gruppe ergänzt werden, sind bei bitteren Verbindungeneine polare (n, oder es) und eine hydrophobe Gruppe ausreichend.

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3 Sensorik von Süßungsmitteln

Zur weiteren Charakterisierung süßender Stoffe sind zwei Eigenschaften von besondererBedeutung, und zwar die Süßkraft als Maß für das Süßungsvermögen und die geschmacklicheQualität zur Beschreibung der Süße.Als Maß für die Intensität des Süßgeschmacks einer Verbindung können herangezogenwerden:• der Erkennungsschwellenwert Clsw (niedrigste Konzentration einer wäßrigen Lösung des zutestenden Stoffes, die als süß empfunden wird) .• der Faktor fsac, mit dem die beliebige Konzentration einer wäßrigen Lösung des zu testendenStoffes multipliziert werden muß um die Konzentration einer isosüßen Saccharoselösung zuergeben. Der Faktor ist konzentrationsabhängig und kann sich auf Gewichtsmengen (fsac,g) odermolare Mengen (fsac,mol) beziehen.

3.1 Süßkraft

Die Süßkraft ist wohl die wichtigste Eigenschaft, um den Gebrauchswert und dieEinsatzmöglichkeiten von süßenden Stoffen zu beurteilen. Sie ist definiert als das Verhältnisder zur Erzielung ein und der selben Süßintensität erforderlichen Konzentration der als Bezugdienenden Saccharoselösung und der zur untersuchenden Substanz. Mathematisch läßt sichdies sehr einfach wie folgt ausdrücken :

Darin bedeutet S die Süßkraft der zu untersuchenden Substanz A, die sich daraus ergibt, daßman zu einer definierten vorgegebenen Menge Saccharosekonzentration es die äquivalenteKonzentration CA der Substanz A ermittelt. Es sind folgende Fälle zu unterscheiden:

CA = Cs

CA < Cs

CA> Cs

Die Süßkraft von Saccharose und der Substanz A sind gleich.Die Süßkraft der Substanz A ist größer als die von Saccharose.Die Süßkraft der Substanz A ist kleiner als die von Saccharose.

Teilweise wird auch die relative Süßkraft angegeben. Sie entsteht durch Multiplikationen vonGleichung 1 mit 100 und der Angabe des resultierenden Wertes in %.Als Süßungsgrad wird nach PAUL das Süßungsvermögen von 19 Süßstoff im Vergleich zurSaccharose (Rohr- bzw. Rübenzucker) bezeichnet; der Süßungsgrad gibt somit an, wievielGramm Süßstoff in einem bestimmten Volumen gelöst werden müssen, damit die Lösunggerade süß so schmeckt wie die Lösung von 19 Saccharose in dem gleichen Volumen Wasser.Um beispielsweise den Süßungsgrad einer Saccharinlösung zu bestimmen, werden zweiverschieden konzentrierte Lösungen hergestellt, wovon die eine süßer als dieNormalzuckerlösung ist., die andere hingegen weniger süß . Danach setzt man eine Reihe vonSaccharinlösungen an, deren Konzentration zwischen den beiden Grenzlösungen liegt und dieuntereinander stets denselben Konzentrationsunterschied aufweisen. Die Lösungen werden voneiner größeren Anzahl von Testpersonen auf ihren Geschmack überprüft, um Unsicherheitenmöglichst auszuschalten. Die erhaltenen Urteile werden ausgewertet und graphisch dargestellt.Der Süßungsgrad ist keine Konstante; er hängt ab von der Konzentration der Lösung, vomLösungsmittel, vom pll-Wert und von der Gegenwart andere Stoffe (Synergismus). Mitsteigender Konzentration des Süßstoffes ist eine Abnahme des Süßungsgrades zu beobachten(eine Ausnahme bildet hier Xylit) .

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Süßungsgrad einiger Zucker, Zuckeraustausch- und Süßstoffe (Bezugsgröße: Saccharose = 1):

Substanzklasse Substanz Süßungsgrad

Zucker Glucose 0,7Fructose 1,2Saccharose 1

Süßstoffe Saccharin 300 - 500Cyclamat 15 - 30Aspartam 200Acesulfam K 20Intensivsüßstoff P4000 3100 - 3300Dulcin 70 - 350Neospheridin DC 600 - 1500

r>. Thaumatin 2500

Zuckeraustauschstoffe Fructose 1,2Mannit 0.45 - 0,57Sorbit 0,48 - 0,54Xylit 1Isomalt 0,5

3.2 Toxikologie

Die heutzutage praktisch verwendeten Süßstoffe sind alle so gering toxisch, daß in denanwendbaren Konzentrationen Schädigungen nicht denkbar sind. Trotzdem wurden in denUSA in einer Studie festgestellt, daß Ratten nach außergewöhnlich hohen SüßstoffgabenBlasenkrebs bekamen. Die Rechtsgrundlage in den Vereinigten Staaten verlangt, daß insolchen Fällen ein Verbot dieses Stoffes erfolgen muß. In der BRD wurde zu keiner Zeit einsolches Süßstoffverbot ausgesprochen, da langjährige Untersuchungen und Kontrollenverschiedener Krebsforschungsinstitute keine negativen Auswirkungen von Süßstoffennachweisen konnten.Trotzdem hat die WHO unter Berücksichtigung für Süßstoffe sog. ADI-Werte (==acceptabledaily intake) festgesetzt. Diese Werte stellen die Mengen pro Kilogramm Körpergewicht dar,die täglich mit der Nahrung ein ganzes Leben lang ohne Risiko aufgenommen werden können.

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ADI-Werte einiger ausgewählter Substanzen:

Substanz * ADI-Wert * Zucker-Äquivalent "

Saccharin 190 mg 75 9

Cyclamat 830 mg 35 9

Aspartam 3000 mg 600 9

Acesulfam K 1125 mg 225 9

* Bei 75kg Körpergewicht

Die Toxizität hängt entscheidend von der Konzentration der Substanzen ab: Saccharin wirdbeispielsweise in Tierversuchen als völlig untoxisch beschrieben; versehentlich von einem Kindaufgenommene Mengen von 200 Tabletten Saccharin fuhrten bei diesem zu vorübergehenderBewußtseinsstörung und hämorrhagischer Nephritis (Nierenentzündung).Der 1972 verbotene Süßstoff Dulcin führte in einigen Fällen durch grobe Fahrlässigkeit zumTode; es wurden vier letale Vergiftungsfalle bei Erwachsenen bekannt, nachdem sieversehentlich Dulcin-Pulver anstelle von Mehl in einem Kuchen verbacken und diesenanschließend genossen hatten (etwa 30-35 g pro Person'). Das Verbot von Dulcin wurde abererst ausgesprochen, nachdem es in Tierversuchen nachweislich Leberturnare und Anämieverursacht hatte.

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4 Saccharin

Struktur:

Summenformel: C7HsN0 3S

Moirnasse: 183,2

4.1 Geschichte des Saccharins

Saccharin wurde 1878 von Constantin Fahlberg entdeckt, als ihm ein Versuchsansatzübergekocht war, und er zufällig einen starken Süßgeschmack an seinen Händen wahrnahm.Die für diesen Geschmack verantwortliche Substanz, heute Saccharin genannt, wurde vonFahlberg und Remsen zum ersten Mal beschrieben (C. Fahlberg und I. Remsen; Br. Dtsch.Chem. Ges. 12, 469; 1879). Fahlberg meldete bald zusammen mit dem Kaufmann List Patentezur Herstellung des Saccharins an: 1886 gründeten beide die erste Saccharin-Fabrik, die denGrundstock der heutigen Fahlberg-List-Fabrik in Magdeburg bildete.Die Jahresproduktion dieser Fabrik betrug ]894 bereits 33 t und war 1897 auf 66 tangestiegen; trotz Einschränkung der Verwendung durch das Süßstoffgesetz produzierten imJahr 1910 sechs Saccharinhersteller insgesamt 175 t.In den ersten beiden Jahrzehnten unseres Jahrhunderts wurde die Verwendung desSacccharins, von Kriegszeiten abgesehen, durch das Gesetz mehr oder weniger starkeingeschränkt. Erst 1965 wurde die Besteuerung des Saccharins im Rahmen der EG­Steuerharmonisierung endgültig abgeschafft. Andere Bezeichnungen für diese Verbindung sind2-Benzoesäuresulfimid oder o-Benzoesäuresulfimid, Saccharin 550-fach, Saccharin insolubile,Glusidum (Schweiz) und im Englischen saccharin insoluble.

4.2 Synthese

Für die Synthese des Saccharins haben sich zwei Verfahren durchgesetzt: das Remsen­Fahlberg- und das Maumee Verfahren.Im Remsen-Fahlberg -Verfahren wird Toluol durch Sulfochlorierung in das Isomerengemischvon 2- und 4-Toluolsulfochlorid überführt. Aus dem 2-Isomer wird anschließend das 2­Toluolsulfonamid (auch OTS bzw. OTSA genannt) hergestellt. Durch Oxidation erhält insaurem Medium unmittelbar das 2-Benzoesulfonimid. Aus ihm werden die entsprechendenSalze hergestellt und durch mehrmalige Umkristallisation - meist aus Wasser- gereinigt. DasRemsen-Fahlberg-Verfahren ist nach wie vor der wichtigste Herstellungsprozeß, und dieHauptmenge des Saccharins dürfte so gewonnen werden.Für das Maumee-Verfahren dient Phtalsäureanhydrid als Ausgangssubstanz. Nach dem neuerenMaumee-Prozeß wird das Anhydrid zunächst in das Imid überfuhrt. Nach Oxidation zumIsatosäureanhydrid wird der Anthranilsäuremethylester gebildet. Durch Diazotierung undUmsetzung mit Schwefeldioxid und Chlor wird das 2-Sulfochlorid desAnthranilsäuremethylesters erhalten, das man durch Ammoniak in Ammoniumsaccharinatüberfuhren kann. Hieraus wird Saccharin freigesetzt, oder es wird in andere Salze überfuhrt.

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4.3 Sensorische Eigenschaften

4.3.1 Süßgeschmack und Süßkraft

Saccharin und seine Salze zeigen einen schnell eintretenden, sehr intensiven Süßgeschmack.Der Reizschwellenwert, der von etwa 85% der Testpersonen noch als süß empfunden wird,liegt bei etwa 4-5 mg/IOO ml Wasser.Wie auch andere Süßstoffe besitzt Saccharin in höheren Konzentrationen einen Beigeschmack,der in der englischen Literatur als "off-taste~' bezeichnet wird. Bei Saccharin wird dieser alsbitter-metallisch angegeben.In früheren Untersuchungen glaubte man dafür ein Syntheseprodukt verantwortlich machen zukönnen, wofür auch die Angaben der ursprünglichen Firmenschrift der der Firma Fahlberg-Listsprechen (Saccharin, Firmenschrift Fahlberg-List&Co 1893, Faksimile Nachdruck 1980 durchVEB Fahlberg-List, Magdeburg, DDR). Auch Verunreinigungen durch Metall-Ionen,insbesondere durch Eisen-Ionen, hat man als Grund für einen Bittergeschmack vermutet.Später Untersuchungen (von Rader, J. Food Sei. 32,357; 1967) an reinstem Saccharin zeigten,daß der Beigeschmack eine substanzspezifische Eigenschaft ist.Dieser Beigeschmack tritt in Lebensmittelzubereitungen nicht in dem Maße auf wie inwäßrigen Lösungen, da er durch Zucker und andere Polysaccharide zurückgedrängt wird. Essind zahlreiche Substanzen bekannt, die ihn bereits in sehr kleinen Konzentrationen maskieren.Bei Untersuchungen mit Aspartam konnte z.B. gezeigt werden, daß bereits eine Aspartam­Menge genügt, die weit unter dem Geschmacksschwellenwert von "süß~~ liegt. Auchverschiedene andere Zuckerausstauschstoffe wie Isomalt und Maltisirup zeigen dieseEigenschaften.

4.3.2 Saccharin-Mischungen mit anderen süßschmeckenden Stoffen

Die Verbesserung Geschmacksempfindung "süß" in Mischungen von Saccharin mit Zucker,Stärkeverzuckerungserzeugnissen, Zuckeraustauschstoffen und anderen Süßstoffen ist sehrgenau untersucht worden, zumal oft eine Steigerung der Süßkraft resultiert, die über die reinadditive Wirkung der Einzelkomponenten hinausgeht (sog. Synergismus) Auf die Maskierungdes Nebengeschmacks. die ebenfalls erreicht wird, wurde bereits hingewiesen. Besondersgünstig werden Mischungen beurteilt, wenn die einzelnen Komponenten etwa den gleichenBeitrag an Süße leisten ..Synergistische Effekte von Saccharin sind mit Fructose und Xylit erzeugt worden: beiFruktose-Saccharin Mischungen im Süßungsverhältnis 1:1 konnte man eine Steigerung um20% feststellen, bei Mischungen mit Xylit war die Steigerung deutlich, aber etwas geringer.Mischungen von Fruktose mit Saccharin zeigten darüber hinaus auch eine aromasteigerndeWirkung in Lebensmitteln, insbesondere in Obsterzeugnissen. Mischungen mit Saccharose,Glucose, Mannit und Sorbit zeigten in verschiedenen Süßungsgradverhältnissen keinerleiSteigerung der Süßintensität ( interessanterweise tritt auch bei Gemengen mit Acesulfam Kkeine Steigerung auf, was möglicherweise mit Ähnlichkeiten der Struktur beider Verbindungenzu erklären ist), mit beinahe allen anderen Süßstoffen werden bei Mischungen mit SaccharinSteigerungen der Süßkraft erzielt. Von großer praktischer Bedeutung ist die Mischung aus 1Teil Saccharin mit 10 Teilen Natriumcyclamat, deren Süßkraft auf 100 angesetzt wird.Eine Erhöhung der Süßkraft läßt sich auch bei Zusatz von Säuren beobachten; mit sinkendempR-Wert nimmt die Süßkraft wäßriger Saccharinlösungen bedeutend zu.

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4.4 Physikalische und chemische Eigenschaften

4.4.1 Saccharin

Saccharin bildet ein weißes, kristallines, geruchloses Pulver, das aus Wasser in rhombischen,aus Aceton in monoklinen Kristallen und aus Ether in hexagonalen Täfelchen kristallisiert. DerGeschmack ist intensiv süß.Reines, aus Wasser umkristallisiertes Saccharin schmilzt bei 228-229 "C. Saccharin kristallisiertohne Kristallwasser aus, so daß der von der Zusatzstoff-Verkehrs-Ordnung VO zugelassenemaximale Trocknungsverlust von 1% durch Feuchtigkeit bedingt sein kann. In der Praxisliegen die tatsächlich beobachteten Trocknungsverluste in der Regel nicht über 0,2-0,5%.Saccharin wird in feinen Kristallen gehandelt. Meist wird von den Herstellern die Warezwischen 60-100 US .mesh" in den Handel gebracht. Das entspricht nach der deutschenStandard Norm einer Korngröße zwischen 250 - 150 um.Ein Gramm Saccharin löst sich in etwa 25 ml siedendem Wasser, bei Raumtemperatur aber erstin etwa 300 ml. Für l g werden bei Raumtemperatur folgende Mengen an org. Lösungsmittelnbenötigt: etwa 12 ml Aceton, etwa 20 ml Esigsäureethylester, etwa 30 ml Ethanol (96°A>ig v/v),etwa 100 ml Ether und 50 ml Glycerin.Die kalte gesättigte wäßrige Lösung hat einen pH-Wert von etwa 2. Bei Zusatz von Alkalien,Alkalicarbonaten oder -hydrogencarbonaten nimmt die Löslichkeit unter Salzbildung stark zu.Bei Umsetzung mit Alkalicarbonaten oder Alkalihydrogencarbonaten wird Kohlendioxidfreigesetzt.Saccharin ist eine verhältnismäßig starke Säure, ihr pKs-Wert wird mit 1,6 angegeben.

4.4.2 Saccharin-Calcium

Es hat sich eingebürgert, bei den Salzen des Saccharins das Kation hinter das Anion zu stellen(also Saccharin-Calcium anstelle von "Calciumsaccharinat").Saccharin-Calcium bildet farblose Kristalle oder ein weißes, kristallines geruchloses Pulver vonintensiv süßem Geschmack. Bis vor einiger Zeit war es auf dem deutschen Markt nichterhältlich, neuerdings bieten es einige Firmen an. Meist handelt es sich um feinkristallinesPulver, bei dem der Trocknungsverlust um 14% liegt. 1g Saccharin-Calcium löst sich beiRaumtemperatur in etwa 1,5 ml Wasser. Zur Löslichkeit in anderen Lösungsmitteln giltweitgehend das für Saccharin-Natrium Gesagte.Gesättigte Lösungen in Wasser sind saurer als solche von Saccharin-Natrium, daCalciumhydroxid eine schwächere Base als Natriumhydroxid ist, es werden pH-Werte um 5gemessen.Bei der Verarbeitung kann es in manchen Fällen, z.B. in Fruchtsäften und Limonaden, zumAusfällen von Calciumphosphat, Calciumoxalat und anderer schwer löslicher Verbindungenkommen.

4.4.3 Saccharin-Natrium

Saccharin-Natrium bildet farblose Kristalle oder ein weißes, kristallines, geruchloses Pulver.Aus Wasser umkristallisiert, liegt es in rhombischer Form vor. Auch hexagonale Kristalle sindbekannt; diese sollen beim Auskristallisieren bei höhere Temperatur oder aus org.Lösungsmitteln entstehen. Der Geschmack ist intensiv süß.Dem theoretischen Kristallwassergehalt von 2 Mol H20 entspricht einem Trocknungsverlustvon 14,9%. Saccharin-Natrium gibt sein Kristallwasser sehr leicht ab wobei die farblosenKristalle weiß werden; die sehr Vorgang wird als "Verwittern" bezeichnet.

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Im Handel wird es von Herstellern in verschiedenen Kristallgrößen angeboten; üblich sind ca.100-850 um, 425-180 um und 180-100 um, Bei Handelsware wird je nach der Größe derKristalle ein Trocknungsverlust zwischen 12-140/0 festgestellt. Mit der Abgabe desKristallwassers nimmt das Süßevermögen entsprechend zu.Saccharin-Natrium neigt bei schwankenden Lagertemperaturen zur Verklumpung. DieseErscheinung ist abhängig von der Kristallgröße, dem vorhandenen Kristallwasser und denTemperaturditTerenzen. Das ursprünglich im Gitter gebundene Wasser tritt bei geringerTemperaturerhöhung aus, löst die Oberfläche der Kristalle an und fuhrt so zur Verklumpung; jegrößer die Kristalle sind, desto geringer ist die Gefahr des Verklumpens. Bei Raumtemperaturist es in Wasser außerordentlich gut löslich, bereits 1,2-1,5 ml lösen ]g Substanz. Für org.Lösungsmittel gelten bei Raumtemperatur folgende Angaben: 19 löst sich in etwa 60 mlEthanol (96%ig v/v), in etwa 50 ml Ethanol (9001Oig v/v), in etwa 10 ml Methanol und in etwa3ml 1,2 Propandiol. In Chloroform und Ether ist Saccharin-Natrium praktisch unlöslich.Lösungen von reinem Saccharin-Natrium in Wasser (lOg/IOO ml) zeigen pH-Werte zwischen6,5 und 7; sie sind also praktisch neutral.Von Bedeutung ist, daß aus Lösungen der Salze des Saccharins durch Essigsäure keineAusfällungen auftreten, da Saccharin von dieser nicht freigesetzt wird, stärkere Säuren fällenaus konzentrierten Lösungen der Saccharinsalze das Saccharin aber aus.

4.5 Stabilität

4.5. 1 Stabilität bei der Lagerung

Saccharin und seine Salze können über Jahre gelagert werden, ohne daß eine Veränderungeneintreten. Zu bedenken ist allerdings, daß die sehr gut wasserlöslichen Salze in dichtschließenden Behältnissen aufbewahrt werden sollten, um Kristallwasserverluste oderFeuchtigkeitsaufnahme bei schwankenden Luftfeuchtigkeiten weitgehend zu vermeiden.

4.5.2 Koch- und Backstabilität

Lösungen von Saccharin-Natrium sind in weiten Temperaturbereichen stabil, deshalb ist es fürden praktischen Gebrauch als koch- und backfest zu beurteilen.In ausführlichen Untersuchungen wurde festgestellt, daß bei zweistündigem Erhitzen auf100 "C bei einer etwa O,2%igen Lösung von Saccharin-Natrium keinerlei Zersetzung auftritt.Bei höheren Temperaturen stellten sich bei gleichen Versuchsbedingungen geringfügigeAufspaltung des Imid-Ringes fest. Die Verluste werden bei 150 "C mit 2,7%, bei 200°C mit4,6% und bei 230 "C mit 6,0% angegeben.Die extremen pH-Werte und Temperaturbelastungen, denen Saccharin-Natrium in beidenUntersuchungen ausgesetzt wurden, werden in der Praxis nicht erreicht. Bei großvolumigenBackwaren werden im Inneren 100°C kaum überschritten und bei Flachgebäck beträgt dieBackzeit max. 20 Minuten, so daß eine stärkere Hitzeeinwirkung relativ kurz ist undweitgehend auf die Oberfläche beschränkt bleibt.Die Hydrolyseprodukte sind geschmacklos; eine gerinfügige Zersetzung hat daher keine insGewicht fallende Veränderung des Süßgeschmacks zur Folge.

4.5.3 Umsetzung mit Lebensmittelinhaltsstoffen

Umsetzungen mit wichtigen Lebensmittelinhaltsstoffen sind nicht zu befurchten, weshalbSaccharin und seine Salze zum Süßen der unterschiedlichsten Lebensmittelzubereitungengeeignet sind.

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4.5.4 Viskositätseinflüsse

Da Saccharin und seine Salze infolge des hohen Süßungsvermögens nur in geringenKonzentrationen zum Einsatz kommen, treten keine Veränderungen der Viskosität beiLösungen und in flüssigen Lebensmittelzubereitungen auf

4.6 Mikrobiologisches Verhalten

Ob dem Saccharin und seinen Salzen eine antiseptische oder bakteriostatische Wirkungzuzuschreiben ist, war Gegenstand umfangreicher Untersuchungen. Saccharin hat schwacheantiseptische Eigenschaften, die bei Konzentrationen über 1% in Erscheinung treten. Es istnicht vergärbar und begünstigt deshalb die Entstehung von Karies nicht. Im Rattenversuchwurde eine ausgeprägte Verminderung des Kariesbefalls festgestellt, wenn den Versuchstierenbei gleicher zuckerreicher Nahrung wie in der Kontrollgruppe zusätzlich Saccharin gefuttertwurde (Kanon.~ Süß aktuell: Nr. 3,2~ 1983).

4.7 Pharmakologie und Toxikologie

4.7.1 Verhalten im Organismus

Saccharin wird vom menschlichen Organismus schnell resorbiert und unverändert über dieNiere ausgeschieden. Bereits 30 Minuten nach der Einnahme kann die Substanz im Harnnachgewiesen werden; innerhalb von 24 Stunden sind etwa 90°A> eliminiert. Nach 48 Stundenist Saccharin im Organismus praktisch nicht mehr vorhanden; bei sehr hohen Gaben kann auchein Teil mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Daher kommt es zu keiner Akkumulation vonSaccharin im Körper. Saccharin und seine Salze besitzen keinen physiologischen Brennwertund sind somit joule- bzw. kalorienfrei.

4.7.2 Toxikologie

Bereits 1882 hat Fahlberg Selbstversuche mit 10 g - Dosen von Saccharin unternommen.Wiederholte Einzelgaben von 5-10g ergaben beim Menschen keine nachteiligen Wirkungen; eswurden keine Beeinflussungen des Blutzuckerspiegels und der Enzymaktivitäten festgestellt..Bei Einnahme von 520g Saccharin innerhalb von 9 Tagen, was einer täglichen Aufnahme vonetwa 58g entspricht, wurde lediglich eine leichte Diarrhoe festgestellt. Bei praxisüblichenEinsatzkonzentrationen kann eine abführende Wirkung auch bei Menschen, die größereSaccharin-Dosen zu sich nehmen, allerdings mit Sicherheit ausgeschlossen werden.Die sichere Verwendung von Saccharin hat eine jahrhundertelange Geschichte; es ist einer deram gründlichsten untersuchten Nahrungsmittelzusatzstoffe.Im Jahre 1977 jedoch wurde die Unbedenklichkeit von Saccharin in Frage gestellt, da in einerkanadischen Tierstudie bei männlichen Ratten Blasentumore auftraten.. Die Dosis, die an dieRatten verfüttert wurde, war extrem hoch; umgerechnet auf den Menschen entsprach dieseDosis einem lebenslangen täglichen Verzehr von ungefähr 750 Dosen süßstofThaltigerErfrischungsgetränke oder] 0.000 Süßstotftabletten.Alle seither vorgenommenen wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, daß dieser Effekt nurbei männlichen Ratten auftritt, denen extrem hohe Dosen an Saccharin verfuttert wurden. DieSicherheit von Saccharin für den Menschen im Rahmen des üblichen Verzehrs wurde jedochbestätigt. Mehr als 20 Untersuchungen über Blasenkrebs in den USA erbrachten keinenkausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Saccharin und Krebsbildung; dies giltbesonders auch für Personen und ihre Nachkommen aus Deutschland und Dänemark, diewährend der beiden Weltkriege Saccharin in größeren Mengen (als Zuckerersatz) verzehrten.

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4.8 Status

Saccharin ist durch die Richtlinie 94/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom30. Juni 1994 über, die in Nahrungsmitteln verwendet werden dürfen, zugelassen. DieRichtlinie war bis zum 31.Dezember 1995 von den 15 EU-Mitgliedsstaaten umzusetzen.Saccharin ist weltweit in mehr als 90 Ländern sowie vom Gemeinsamen Experten-Ausschußfür Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) der Welternährungs- und Weltgesundheitsorganisation(FAO/WHO) und vom Wissenschaftlichen Ausschuß für Lebensmittel (SCF) der EuropäischenKommission zugelassen.1977 beantragte die Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA) in den USA ein Verbot fürSaccharin. Der Antrag wurde jedoch vom Kongress in Erwartung weiterer Untersuchungenabgelehnt. Seitdem wurde das Moratorium sechsmal verlängert, zuletzt bis 1997. Die FDA hatjedoch ihren Antrag Ende 1991 zurückgezogen.

4.9 AD/-Wert

Der ADI-Wert für Saccharin wurde im Februar 1993 auf 5,0 mg pro kg Körpergewicht erhöht(JECFA). Der Wissenschaftliche Ausschuß für Lebensmittel (SCF) der EuropäischenKommission hat den ADI-Wert für Saccharin ebenfalls auf 5,0 mg pro kg Körpergewichterhöht. (Quelle: Internationaler Süßstoff-Verband ISA)

4.10 Süßkrll;ft

Saccharin ist etwa 300-500 mal süsser als Zucker (Saccharose).

4.1/ Anwendungen

Saccharin und seine Salze können in allen Getränken und Lebensmitteln verarbeitet werden,sofern dem nicht die Regelung durch Verordnungen entgegenstehen. Bei der Verarbeitung istzu beachten, daß sich die zugelassenen Höchstmengen auf reines Saccharin beziehen, um aufdas kristallwasserhaltige Natriumsalz umzurechnen, ist mit dem Faktor 1,32 zu multiplizieren.Von den Saccharin-Salzen lassen sich konzentrierte Stammlösungen herstellen, die dasZudosieren von Getränken und Lebensmitteln wesentlich erleichtern. Auf möglicheAusfällungen beim Einsatz von Saccharin-Calcium wurde bereits hingewiesen.Saccharin selbst wird gemeinsam mit Natriumhydrogencarbonat bevorzugt zur Herstellung vonTabletten eingesetzt, da sich beim Lösen unter Kohlendioxidentwicklung das Natriumsalzbildet. Insbesondere in kalten Getränken lösen sich Tabletten besser, die unmittelbar dasNatriumsalz und meist noch Zusätze von Fruchtsäuren oder deren Salzen undNatriumhydrogencarbonat enthalten, um eine schnelle Auflösung mit einem gleichzeitigen.Rühreffekt zu erreichen. Übliche Saccharin-Tabletten enthalten 16 mg Süßstoff undentsprechen der Süßkraft eines Stücks Würfelzucker.Die Direktverpressung einer Mischung aus den genannten Zutaten ist möglich, erfordert abereine gewisse Erfahrung. Infolge der Erwärmung beim Pressen wird ein Teil des Kristallwassersfrei, das die Reaktion zwischen Fruchtsäure und Natriumhydrogencarbonat in Gang bringenkann. Bei dieser Umsetzung entsteht erneut Reaktionswasser; als Folge kommt es zu denbekannten Schwierigkeiten beim Pressen, wie z.B. dem sog. "deckeln". Auch beim Lagern vonTabletten bei höhere Temperatur wurden Verklumpungen beobachtet, die durch den geringenKristallwasergehalt entstehen, der die unerwünschte Nebenreaktion zwischen Säure- undBasenkomponente bedingt. Vermeiden lassen sich diese Nachteile, wenn ein teilweisegetrocknetes Saccharin-Natrium zur Tablettenherstellung eingesetzt wird. Bei der Produktionvon Cyclamat-Saccharin-Mischtabletten treten die geschilderten Erscheinungen nicht auf.

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Hingewiesen sei darauf: daß bei der Tablettenherstellung nur die in der Zusatzstoff-Zulassungs­va erlaubten Stoffe eingesetzt werden dürfen; nicht alle Zusätze, die im Pharmabereich erlaubtsind, dürfen bei Tabletten im Lebensmittelbereich verwendet werden.Saccharin hat die größte Anwendungsbreite aller Süßstoffe und wird in folgendenLebensmitteln verwendet:

* Tafelsüßstoffen * Fisch- und Fruchtkonserven

* Instantgetränken * Kaugummi* Erfrischungsgetränken * Multivitaminpräparaten* Fruchtsaftgetränken * Eiscreme* Eistee * Puddings* Milchprodukten * Schokolade* Konfitüren, Marmeladen * Zahnpasta und Mundwasser* Süßwaren * Arzneimittel* Apfelwein, Gemüsesauerkonserven, SoßenEine spezielle Bedeutung haben Saccharin und seine Salze in einem technischen Bereich.In der Galvanoindustrie bedingen Zusätze von Saccharin zu Chrom- und Nickelbädern eine guthaftende und glänzende Abscheidung der Metalle bei der Elektrolyse.Bei diesen technischen Qualitäten spielt der durch die ZusatzstotT-Verkehrsordnung-vabegrenzte Gehalt an Toluolsulfonamiden keine Rolle. Der Verarbeiter in der Lebensmittel- undArzneimittelindustrie sollte deshalb bei der ihm obliegenden Rohstoftkontrolle (DAB 9) stetsder Bestimmung des Toluolsulfonamid-Gehaltes besonderes Augenmerk widmen.

4.12 Versuche

Versuch 2:Darstellung von Saccharin aus 0-ToluolsulfonamidIn einem 250ml Kolben gibt man 2,3g Kaliumpermanganat, 19 Natriumcarbonat, 19 0­

Toluolsulfonamid und 75ml Wasser. Die Mischung wird auf dem Ölbad unter Rühren zumSieden erhitzt (Magnetrührer, Rückflußkühler). Nach einer Stunde unter Rühren filtriert mandie Lösung durch einen Faltenfilter (eventuell noch schwache Violettfärbung). Das erkalteteFiltrat wird mit halbkonzentrierter Schwefelsäure vorsichtig angesäuert (Lösung aufIndikatorpapier tüpfeln). Nun kühlt man mindestens 1 h mit Eiswasser, damit das Saccharinmöglichst vollständig ausfällt. Mit einem Büchnertrichter wird der Niederschlag abgesaugt.Das Produkt muß trocken sein.

OCH3

I NH + 2 Mn04~ I 2

.,QS~,'lJ/ r

0-TaluolsuIfonamid

OH"NH2

SO~ ~a~\,. r

+ 2 Mn02 + 20H

Braunstein

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- H 02 .. ~'b\

, NH::::-..... I

~S~A',Q:, '-4'

Saccharin

Synthese von o-Toluolsulfonamid:

a CH3 ceCH3 1. NH3CIS03H

~ I SO CI2. Cr03-. u.a. -.

.r>.2

/cr 10'H+

OH -.I NH

-H 0 /S02NH2 2

/"~':---'9- q, Saccharin

Saccharin-Synthese nach Meerwein

a CH3I -.

~

Toluol

1.0x.2.Red-~ .

10' 10' 10'

NaN02 S02 I OCH3

NH3...

OCH3 I NH-. --.-HCrHCI + +2 /CI ::::-..... /

N=NI (Cu) ~S~ -HOCH3 \<1S~\01' n\CI- y '" """ "7

Saccharin

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Versuch 3:Dünnschichtchromatographischer Nachweis von SaccharinZum Nachweis von Saccharin schüttelt man die zunächst wäßrige Lösung mit Äthylacetat aus.Das so erhaltene Extrakt lässt sich nun auf Kieselgel G-Schichten nach der Standardmethodechromatographieren. Mit dem Fließmittel Chloroform-Eisessig (90 + 10) liegt der RF-Wert desSaccharins bei 30 und läßt sich unter der UV-Lampe bei 254 nm detektieren; zum Vergleichläßt man reines Natrium-Saccharinat ebenfalls aftrennen und detektieren..Auf der verwendeten DC-Platte befindet sich ein Fluoreszenzfarbstoff; bei Detektion unter derUV-Lampe erkennt man das Natrium-Saccharin als dunkel-violetten Punkt auf gleicher Höhemit dem reinen Natrium-Saccharin.

Versuch 4: Nachweis von SaccharinZu einer Spatelspitze Saccharin gibt man in einem Reagenzglas etwas Resorcin und tropft imÜberschuß konzentrierte Schwefelsäure zu. Anschließend erhitzt man bis zur Braun­/Grünfärbung (Schutzbrille!) und lässt das Gemisch abkühlen. Das Erhitzen erfordert etwasÜbung, da schnell eine Verkohlung eintritt. Nach Zugabe von etwa der 10fachen MengeWasser wird die Lösung mit konz, NaOH alkalisiert und unter der UV-Lampe bei 254 nmdetektiert. Man erkennt eine gelblich-grüne Fluoreszenz (konzentrationsabhängig: bei hoherVerdünnung grünlich, bei stärkere Konzentration gelb).

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OH OH OHcr;NH +

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18Chemie in der Schule: www.chids.de

2-

Sulfofluorescin

Versuch 5: Quantitativer Nachweis von Saccharin-Natriußl:Zu einer unbekannten wäßrigen Saccharin-Natrium-Lösung von 20ml (Nachweisgrenze:400 mg) gibt man 2 ml Ammoniak (2,5%ig w/w), 2 ml Eisessig (10%ig w/w) und 25 ml einer0, 1 molaren Silbernitratlösung. Anschließend schüttelt man das Gemisch gut, erhitzt2 Minuten auf einem siedenden Wasserbad und kühlt anschließend im Eisbad ab. DerNiederschlag wird durch einen Faltenfilter abgetrennt und sowohl dieser als auch das erhalteneFiltrat mit 5 ml Portionen Eiswasser mehrmals gewaschen. Das erhaltene Filtrat wird mit 10mlkonzentrierter Salpetersäure und 2 ml Ammoniumeisen(III)sulfat-Läsung (als Indikator)versetzt. Dieser Ansatz wird nun bis Umschlag nach braun mit 0, 1 molarerAmmoniumthiocyanat-Lösung titriert.Zur Kontrolle wird eine Blindprobe nur mit den verwendeten Chemikalien titriert, die Differenzaus beiden Titrationen ergibt den genauen Verbrauch an Silbernitrat-Lösung; ein ml Silbernitratentspricht 0,02412 g Saccharin-Natrium.

't}

+Na

Saccharin-Natrium (C7H4NNa03S x 2H20 )Molare Masse: 241,2 9 x rnol"

Zugabe von 0,1 M AgN03-Lösung:

+Na +

+Ag I \NI-

-bS~,\lJ, r

+Ag

+Na

Saccharin-Silber (weiß)

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Rücktitration mit 0,1 M NH4SCN-Lösung:

Endpunktbestimmung nach Vollhard

Fällungstitration:

Indikatorreaktion:

Auswertung:

Ag~aq.)+ SCN -(aq.)-. AgSCN ~weiß

3+ - IFe(aq.) + 3 SCN (aq.) ----. Fe(SCN)3+

rotbraun

Titerwert der 0,1 M AgN03-Lösung: 0,998Gehalt an Saccharin-Natrium =tatsächlicher Verbrauch. 0,02412 9

Tatsächlicher Verbrauch an AgN03-Lösung:

Vorlage an AgN03-Lösung (25 ml) - Verbrauch an NH4SCN-Lösung (mi)

Rechnung:

125 ml- X ml • 0,998 • 0,02412g =Gehalt an Saccharin-Natrium

Verbrauch an Tatsächlicher Gehalt anNH4SCN-Lösung (mi) Verbrauch an Saccharin-Natrium

AgN03-Lösung (mi) (mg)

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5 Cyclamate

Cyclamate sind Salze der Cyclohexylamidoschwefelsäure.

Struktur:

r>.

Summenformel: C6H13N03S

Molmasse: 179,2

5.1 Geschichte der Cyclamte

Im Jahre 1937 stellten Audrieth und Sveda in Illinois (USA) bei der Suche nach antipyretischwirksamen Substanzen Cyclamate her. Die Eignung als Süßstoffe wurde zufällig entdeckt:einer der beiden Chemiker bemerkte, daß seine Zigarette süß schmeckte, nachdem er siekurzzeitig auf dem Labortisch abgelegt hatte. Die Herstellung und Eigenschaften derCyclamate wurde aber erst 1944 weiterentwickelt. Nach gründlichen toxikologischenUntersuchungen brachte die Firma Abbott 1950 das Natriumsalz als Süßstoff unter demMarkennamen "Sucaryl" in den Handel. 1953 wurde auch das Calciumcyclamat angeboten, dabei Natriumcyclamat der Natriumgehalt infolge der geringen Süßkraft - im Unterschied zuSaccharin- bei entsprechenden Diäten von Bedeutung sein kann. Andere Bezeichnungen fürNatriumcyclamat sind Natriumhexylsulfamat, Natrii cyclamas (DAC 1986) und im Englischensodium cyclamate.

5.2 Synthese

Ursprünglich wurden Cyclymate aus Cyclohexylamin und Chlorsulfonsäure in Chloroform alsLösungsmittel hergestellt. Heute setzt man Cyclohexylamin mit Amidosulfonsäure um, dabeiarbeitet man bei Temperaturen über 100°C in hochsiedenden Lösungsmitteln oder imDruckreaktor. Dabei entsteht das Cyclohexylammoniumsalz, das mit den entsprechendenHydroxiden umgesetzt wird; dabei wird Cyclohexylamin freigesetzt.

5.3 Sensorische Eigenschaften

5.3.1 Süßgeschmack und Süßkraft

Cyclamate zeigen einen als angenehm empfundenen Süßgeschmack. Der Reizschwellenwert,der noch als süß empfunden wird, beträgt für Natriumcyclamat etwa 50 mg/1000 ml Wasser.Die Süßkraft wäßriger Cyclamtlösungen wird mit 30-35 angegeben; sie nimmt mit steigenderKonzentration ab.Von besonderem Interesse hinsichtlich des Süßevermögens sind Cyclamat-Saccharin­Mischungen im Verhältnis 10:1, bei denen ein synergistischer Effekt beobachtet wird.Die geschmacklichen Eigenschaften der Cyclamate sind günstiger zu beurteilen als die desSaccharins; in Konzentrationen kann aber auch - wie bei den meisten Süßstoffen - einBeigeschmack beobachtet werden, der als metallisch beschrieben wird. In neuerenUntersuchungen (Hoppe & Gassmann) wurde festgestellt, daß bei den heute üblichenMischungen von Natriumcyclamat und Saccharin-Natrium im Verhältnis 10:1 einNebengeschmack - bezogen auf die Einzelkomponente .. erst bei erheblich hohen

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Konzentrationen festgestellt werden kann. In einem Geschmackstest, bei dem obigerZusammensetzung mit Aspartam-Tabletten verglichen wurden, konnten die Versuchspersonenkeinen Unterschied zu Aspartam, dem kein Nebengeschmack nachgesagt wird, feststellen.Einen Einfluß auf das Süßevermögen der Cyclamate hat auch der pH-Wert: in Grapefruitsaftwurde - wie auch beim Saccharin - eine erhebliche Steigerung des Süßungsvermögensfestgestellt. Die Untersuchungen zu geschmacklichen Wechselwirkungen von Citronensäuremit Saccharose und Süßstoffen ergaben (nach Hoppe), daß es bei Säurezusatz zu einerrelativen Erhöhung des Süßevermögens von Cyclamat kommt.

5.3.2 Cyclamat-Mischungen mit anderen süßschmeckenden Stoffen

Steigerungen des Süßungsvermögens sind wie bei Saccharin mit Cyctamat für Fructose undXylit beschrieben worden, wobei gleichzeitig auf eine aromasteigernde Wirkung dieserMischungen in Lebensmitteln hingewiesen wird.Bei Mischungen aus Natriumcyclamat und Saccharin-Natrium wurde eine erheblicheSteigerung der Süßkraft beobachtet, die bei einem Verhältnis von 10:1 ein Maximum erreicht;auf die gleichzeitige auftretende Verschiebung des Nebengeschmacks zu höherenKonzentrationen wurde bereits eingegangen. Ähnlich gute Steigerungen des Süßevermögenswie bei Mischungen mit Saccharin wurden für solche Mischungen mit Acesulfam KundAspartam angegeben.

5.4 Physikalische und chemische Eigenschaften

5.4.1 Cyclohexylamidoschwefelsäure

Cyclohexylamidoschwefelsäure bildet farblose, blättchenförmige Kristalle oder ein weißes,kristallines Pulver. Die Substanz ist geruchlos und schmeckt zunächst sauer und dann süß. DerSchmelzpunkt liegt bei 169-170°C; in der Praxis werden Trocknungsverluste von 0,5 %beobachtet. 1 g Cyclohexylamidoschwefelsäure löst sich bei Raumtemperatur in etwa 7,5 mlWasser; für 1 g werden bei Raumtemperatur etwa folgende Mengen an organischenLösungsmittel benötigt: 6 ml Aceton, 4 ml Ethanol (96% v/v), 11 ml Glycerin und 4 ml1,2-Propandiol. In Chloroform löst sich die Säure sehr schwer.Wäßrige Lösungen sind stark sauer; eine 1%ige Lösung zeigt einen pH-Wert von 1,6 und eine0, 1%ige einen Wert von etwa 2,3.

5.4.2 Calciumcyclamat

Calciumcyclamat bildet blättchenförmige, farblose Kristalle oder ein weißes, kristallines Pulver.Die Substanz ist geruchlos und schmeckt süß. Der Kristallwassergehalt von 2 Mol Wasserentspricht einem theoretischen Trocknungsverlust von 8,3%; quantitativ wird dasKristallwasser erst bei Temperaturen um 140°C abgegeben.Calciumcyclamat löst sich bei Raumtemperatur in etwa 5 ml Wasser; die Löslichkeit nimmt mitsteigender Temperatur beträchtlich zu. Für organische Lösungsmittel gelten bei Raum­temperatur folgende Angaben: 1 g löst sich in etwa 50 ml Ethanol (96% v/v), in etwa 2 mlGlycerin und 3 ml 1,2-Propandiol. Die Löslichkeit in Ethanol-Wasser-Gemisch mit fallendemEthanolgehalt erheblich zu; in Chloroform, Ether und Fetten ist Calciumcyclamt praktischunlöslich.Lösungen von 10 g Calciumcyclamat in 100 ml Wasser zeigen einen pH-Wert etwa um 6,2; siesind also in der Regel etwas saurer als solche von Natriumcyclamat, da Calciumhydroxid eineschwächere Base als Natriumhydroxid ist.

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5.4.3 Natriumcyclamat

Natriumcyclamat bildet blättchenförmige, farblose Kristalle, oft in Form Nadeln, oder einweißes, kristallines Pulver. Die Substanz ist geruchlos und schmeckt süß. Natriumyclamatkommt ohne Kristallwasser in den Handel, deshalb werden in der Praxis normalerweise nurTrocknungsverluste bis zu 0,3% beobachtet.1 g Natriumcyclamat löst sich bei Raumtemperatur in etwa 5 ml Wasser, die Löslichkeit nimmtmit steigender Temperatur beträchtlich zu. Für organische Lösungsmittel gelten beiRaumtemperatur folgende Angaben: 1 g löst sich in etwa 450 ml Ethanol (96% viv) und inetwa 45 mll,2-Propandiol. Die Löslichkeit in Ethanol-Wasser-Gemischen nimmt mit fallendemEthanol-Gehalt zu; in Aceton, Benzol, Chloroform, Ether und Fetten ist die Substanz praktischunlöslich.Lösungen von 10 g reinem Natriumcyclamat in 100 ml Wasser zeigen pH-Werte zwischen 6und 7, sind also praktisch als neutral anzusehen.

5.5 Stabilität

5.5.1 Stabilität bei der Lagerung

Cyclamate können über Jahre gelagert werden, ohne daß sich die Substanzen chemischverändern. Insbesondere das kristallwasserfreie Natriumcyclamat ist nicht hygroskopisch undbleibt rieselfähig.

5.5.2 Koch- und Backstabilität

Cyclamate sind als koch- und backbeständig anzusehen. Sie überstehen deshalb ohneVeränderungen alle in der Lebensmittelverarbeitung üblichen Verfahren; durch Luft- undLichteinwirkung treten ebenfalls keine Veränderungen aufBei 3 Stunden Kochen unter Rückfluß zeigten Natriumcyclamatlösungen in Wasser und 1 molllNatriumhydroxid-Lösung keine Zersetzung; unter gleichen Bedingungen wurde in 1 molEssigsäure lediglich eine Spaltung von 4 % festgestellt.

5.6 Mikrobiologisches Verhalten

Die Cyclamate werden von Mikroorganismen, insbesondere von Hefen, nicht angegriffen(keine Teilnahme an Maillard-Reaktionen), sind also nicht vergärbar. Dem ebenfallssüßschmeckenden Silbercyclamat wird eine stark bakterizide Wirkung zugeschrieben, weshalbes als orales Antiseptikum empfohlen wurde.

5. 7 Pharmakologie und Toxikologie

5.7.1 Verhalten im Organismus

Cyclamate werden vom menschlichen Organismus resorbiert und unverändert über die Niereausgeschieden; eine Metabolisierung in der Leber findet nicht statt. Wegen der verzögertenResorption kann in Abhängigkeit von der Dosierung auch ein Teil des Cyclamats in den Faecesauftreten. Cyclamate besitzen keinen physiologischen Brennwert und sind somit als .joule­bzw. kalorienfrei" anzusehen.Bei einigen Menschen (den sog. .Convertern") kann sich aus Cyclamat durch derenBakterienflora Cyclohexylamin bilden, ein indirekt wirkendes Symphathikoimetikum, welchessich im Tierversuch als nicht ganz unbedenklich erwiesen hat (es wird von Schädigungen der

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Spermien und der Hoden berichtet). In klinischen Test wurden allerdings keine nachteiligenWirkungen beobachtet, da Cyclohexylamin, falls es gebildet wird, langsam entsteht und wegender guten Wasserlöslichkeit schnell mit dem Urin ausgeschieden wird.

5.7.2 Toxikologie

Cyclamate beeinflussen weder Fermentsysteme noch den Blutzuckerspiegel oder denGrundumsatz und sind als untoxisch anzusehen. Eine Stuhlerweichung wird ab Gaben von 5 gCalciumcyclamat und 10-12 g Natriumcyclamat pro Tag beschrieben; der Mechanismus dieserabführenden Wirkung und ist auf osmotischen Aktivitäten des nicht resorbierten Cyclamateszurückzufuhren. Ein laxierender Effekt, der manchmal sogar erwünscht ist, kann beibestimmungsgemäßem Gebrauch praktisch ausgeschlossen werden.Im Jahre 1969 wurden bei Rattenversuchen in den USA nach sehr hohen Dosen neoplastischeVeränderungen in der Harnblase festgestellt und die eingehend untersuchten Cyclamateangegriffen. Es wurden bei diesen Versuchen neben Cyclamat auch noch Saccharin undCyclohexylamin verfüttert, für die Beobachtungen wurde aber allein das Cyclamatverantwortlich gemacht. Nachträglich stellte sich heraus, daß ein Teil der Versuchstiere mitParasiten befallen waren, wodurch die Ergebnisse möglicherweise zusätzlich negativ beeintlußtwurden.Aufgrund der .Delaney-Klauset', die in den USA verbietet, jede Substanz in Lebensmitteleinzusetzen, die in einem Tierversuch, unabhängig von den Versuchsbedingungen, der Dosisund dem Anwendungszeitraum cancerogen wirkt, wurden am 17. 10 1969 die Cyclamate vonder GRAS-Liste (Generally Recognized As Safe) gestrichen.Langzeitstudien in den folgenden Jahren zeigten dagegen, daß Cyclamate weder eine chemisch­toxische, noch eine cancerogene Wirkung haben. Die Unbedenklichkeit von Cyclamat wurde1994 vom Wissenschaftlichen Ausschuß für Lebensmittel (SCF) der EuropäischenKommisssion, 1984 vom "Cancer Assessment Committee" der Lebens- undArzneimittelbehörde (FDA) der USA und 1985 von der "US National Academy of Sciences"bestätigt; es bleibt aber weiterhin in den USA verboten.

5.8 Status

Cyclamat ist durch die Richtlinie 94/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom30. Juni 1994 über Süßungsmittel, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen, zugelassen.Die Richtlinie war bis zum 31. Dezember 1995 von den 15 EU-Mitgliedstaaten umzusetzen.Cyclamat ist weltweit in 50 Ländern zugelassen.Der Gebrauch von Cyclamat ist vom Gemeinsamen Experten-Ausschuß fürLebensmittelzusatzstoffe (JECFA) der Welternährungs und Weltgesundheitsorganisation(FAOIWHO) und dem Wissenschaftlichen Ausschuß für Lebensmittel (SCF) der EuropäischenKommission freigegeben.Ein Antrag auf Wiederzulassung von Cyclamat wird zur Zeit von der Lebens- undArzneimittelbehörde (FDA) der USA geprüft.

5.9 ADI-Wert

Der ADI-Wert für Cyclamat ist auf 11 mg pro Kilogramm Körpergewicht festgelegt (JECFAund SCF).

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5.10 Süßkraft

Cyclamat ist etwa 30 bis 50 mal süsser als Zucker

5.11 Anwendungen

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Verwendung von Cyclamaten für bestimmteProduktgruppen zugelassen; dabei sind die gültigen Höchstmengen zu beachten, die sichallerdings auf Cyclohexylamidoschwefelsäure beziehen. Von Natriumcyclamat lassen sich umden Faktor 1,12 höhere Mengen einsetzen.Von den Cyclamaten lassen sich konzentrierte Stammlösungen herstellen, die das Zudosierenzu Getränken und Lebensmitteln wesentlich erleichtern.Der Einsatz der freien Säure ist im Lebensmittelbereich von untergeordneter Bedeutung, kannaber im Pharmabereich von Interesse sein, da mit einigen bitteren oder unangenehmschmeckenden Basen durch Salzbildung eine Geschmacksverbesserung erreicht werden kann.Cyclamat findet eine breite Anwendung :

• Tafelsüßen (Tablettenform: 40 mg Natriumcyclamat, 4 mg Saccharin-Natrium, Fruchtsäuren)• Instantgetränken • Fruchtkonserven• Sportgetränken • Kaugummi• Mixgetränken • Konfitüren und Marmeladen• Erfrischungsgetränken • Süsswaren, Kekse, Zwieback• Eistees • Schokoladen• Müsli, Cornflakes, Cerealien • Puddings, Flans und Grützen• Milchprodukten • Soßen und Dressings• Backwaren • ArzneimittelIm technischen Bereich werden Cyclamate als Härtungsmittel für Kunstharze sowie alsVulkanisationsverzögerer eingesetzt.

5.12 Versuch

Qualitativer Nachweis von Cyclamat:Eine cyclamathaltige Probenlösung wird mit Salzsäure(die reine Cyclohexylamido­schwefelsäure muß nicht angesäuert werden) angesäuert und_mit Bariumchloridlösung versetzt,evtl. Enthaltenes freies Sulfat sorgt für eine Trübung der Lösung. Beim Zusatz von § mlNatriumnitrit-Lösung entsteht unter Stickstoffentwicklung ein weißer Niederschlag vonBariumsulfat.

- + -- ~

N02 (aq.) + H (aq.) <, HO-N=~ (aq.)~

h _ -_+ ,H - H ° +- " + s,HO-N=O/ + H (aq.) .......... :Q- N O'H

2 "> I N=OI (aq.)~ ~

Nitrosyl-Kation

25Chemie in der Schule: www.chids.de

H OH

0 1 ,

N-S-OH+ I 11

,~ {)/

\~

H 10'+H2C? Oti=N=c3; + HO-S-OH

11

,0/

+-3H

~

+ 8a 2+BaS04 ~

weiß

2.

O~=N=O) JUCyclohexylnitrosamin

ON=~-Q-H

Diazohydroxid

-H+. ON=t!-Q:~ _H2P O~~NI < >ON=~

Diazoniumion

OQ-HCyclohexanol

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6 Aspartam

Struktur:

HNJ2 ( NH

COOH

Summenformel: Cl4H18N2ÜSMolmasse: 294,31

6.1 Einleitung

f" Aspartam stellt ein Dipeptid der beiden Aminosäuren L-Asparaginsäure und L-Phenylalanin alsMethylester dar. Es wird durch Bindung der beiden Aminosäuren mit nachfolgenderVeresterung synthetisiert.Aufgrund umfassender Untersuchungen einer großen Anzahl Aspartam verwandter Substanzenwurde festgestellt, daß nur die a-Form des L-L Dipeptides die süße Eigenschaften aufweist.Die ß- Form und die D-L, L-D sowie die D-D Konfigurationen ergeben bittere bzw. ge­schmacksneutrale Substanzen; Aspartam weist die chemische Bezeichnung N-L-a-Aspartyl-L­Phenylalanin I-Methylester aufDie beiden nötigen Aminosäuren L-Asparaginsäure und L-Phenylalanin werden von speziellenMikroorganismen hergestellt. Die amerikanische Firma G.D. Searle&Co, Tochterfirma desChemie- und Biologiegiganten Monsanto, soll ein Verfahren entwickelt haben, umPhenylalanin durch genmanipulierte Bakterien preisgünstig produzieren zu lassen; auch dieHoechst AG besitzt angeblich einige Patente dafur (Quelle: G.Spielsberg, Essen aus demGenlabor, Verlag Die Werkstatt, 1993).Der 1965 entwickelte Süßstoff besitzt etwa die 200fache Süßkraft von Zucker und wird unterden Handelsnamen Nutra Sweet, Canderel oder Sanecta vertrieben.

6.2 Sensorische Eigenschaften

Aspartam zeichnet sich durch einen naturähnlichen Aufbau, einen angenehmen, rein-süßenGeschmack aus. Charakteristisch ist, daß der bitter-metallische Nachgeschmack, derSüßstoffen oft eigen ist, beim Aspartam fehlt. Aspartam ist 180-200 mal süßer als Saccharoseund besitzt geschmacksverstärkende Eigenschaften.Aspartam- und zuckergesüßte Produkte werden allgemein als "süß-rein" beurteilt, dagegenwerden Produkte, die mit konventionellen Süßstoffen gesüßt wurden, mit "süß-chemisch" und"bitter" beurteilt. Untersuchungen im Doppelblindverfahren zeigten eine praktisch nicht zuunterscheidende Geschmacksidentität mit Saccharose; 9 von 10 Testpersonen waren nichtfähig, einen Unterschied zwischen einem mit Aspartam bzw. Zucker gesüßten Getränkfestzustellen. Die Süßkraft von Aspartam ist stark vom Einsatzgebiet, von der Art desProduktes, der Konzentration und der Temperatur abhängig.

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1

~

I

Synergie:Aspartam kann in Kombination mit Kohlenhydraten und anderen Süßstoffen eingesetztwerden, wobei oft ein synergistische Wirkung beobachtet werden kann . Eine Aspartam­Saccharose-Mischung im Verhältnis von 1,7 % Aspartam/98,3% Saccharose in einemGetränkesystem ergibt eine Synergie von 23% . Eine Aspartam-Dextrose-Mischung mit einemAspartamgehalt von 0,72% ergibt eine synergistische Wirkung von bis zu 35%. Mischungenvon Süßstoffen sind jedoch nur dann zweckmäßig, wenn technologische oder wirtschaftlicheUmstände den alleinigen Einsatz von Aspartam ausschließen.

6.3 Physikalische und chemische EigenschaftenAspartam stellt ein weißes, geruchloses, kristallines Pulver dar, das in Wasser mäßig, in Fettenund Ölen praktisch unlöslich ist. Die Löslichkeit von Aspartam in Wasser nimmt mit steigenderTemperatur zu; sie ist beim isoelektrischen Punkt von pH 5,5 minimal.Im Trockenzustand zersetzt sich Aspartam bei einer Temperatur 196 "C; der Schmelzpunktbeträgt 246-247 "C. Aspartam besitzt amphotere Eigenschaften mit Dissoziationskonstantenvon pK 1 = 3,1 und pK2 = 7,9 .Das Aspartammolekül enthält eine Esterbindung, weIche unter bestimmten pH-, Temperaturund Feuchtigkeitsbedingungen zum Dipeptid Aspartylphenylalanin (AP) hydrolysiert oder zumDiketopiperazin (DKP) cyclohydrolysieren kann. Der Diketopiperazinring kann sich öffnen,wobei Aspartylphenylalanin entsteht, weIches wieder in die beiden ursprünglichenAminosäuren zerfallen kann.Aspartam wird im Gastrointestinaltrakt in Asparaginsäure, Phenylalanin und Methanolgespalten. Die Resorption der Abbauprodukte verläuft rasch und vollständig. Die Aminosäurenwerden wie Nahrungsproteine verstoffwechselt; das Methanol wird zu Kohlendioxid oxidiert.Die Spuren von Diketopiperazin werden im Urin ausgeschieden.Keines der erwähnten Produkte ist süß . Es wurde festgestellt , daß durch den Abbau wohl eine

Verminderung der Süßkraft, jedoch keine unerwünschten Geschmacksveränderungenauftreten. . >

o 0 011 1/ 11

HO C CHz CH CN H CH C, AsparaglnaAure (Asp)I 1 OH

NHz CHz 0 01 11 11

o 0 0 ./ 0 HO C CHz CH C,11 11 11 / I OH

HO C CHz CH C NH CH C NHzI 1 'OCHJ + 0

NH, 6~ TI"~ H~ ~~, ~'OH

Aspartam (APM) ~ H 0HOC CHZ'(N)"'/O

Pheny!alanln (Phel

0'" Z 'CH,-ODlketoplperazln (DKPl

28

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6.4 Stabilität

6.4.1 Stabilität in Trockenprodukten

Die Trockenstabilität von Aspartam kann als sehr gut bezeichnet werden; eine trockeneLagerung in geschlossenen Behältern bei Raumtemperatur (20 Oe) ist problemlos. Trocken­mischprodukte mit Aspartam, sind unter normalen Lagerungsbedingungen über Jahre hinausohne Qualitätseinbuße haltbar.Wie die meisten chemischen Reaktionen verlaufen Hydrolyse und Zyklisierug von Aspartambei erhöhten Temperaturen beschleunigt ab. Für Produkte, die gebraten werden, ist Aspartamals Süßstoff daher weniger geeignet, da eine rasche Zersetzung und Verlust an Süßkraft zuerwarten ist.In Backwaren oder Produkten, die gebacken oder anderen Hochtemperaturverfahrenunterworfen werden, kann backstabiles Aspartam eingesetzt werden.

6.4.2 Stabilität in Lösungen

Die Stabilität von Aspartam in Lösungen wird durch drei Faktoren wesentlich beeinflußt: Zeit,Temperatur und pH-Wert. Bei konstanter Temperatur und konstantem pR nimmt derSüßstoffgehalt langsam ab. Optimierung und genaue Überwachung dieser Faktoren, könnendie Stabilität von Aspartam in Lösungen positiv beeinflussen.Die optimale Stabilität wird im schwach sauren pl-l-Bereich, in dem sich die meisten Getränkeohnehin bewegen, erreicht. Im Bereich von 2,5 bis 5,5 kann Aspartam als relativ stabilbetrachtet werden; das Stabilitätsoptimum liegt bei pR 4,2. Auffallend ist der signifikanteAbfall der Stabilität bei pH 6, 7 und 8.

6.5 Mikrobiologisches Verhalten/Karies

Aspartam als Dipeptid hat aufgrund seines chemischen Aufbaus keinen Einfluß auf dieSäurebildung durch das Mundbakterium Streptococcus mutans; relevante Tierversuche habenergeben, daß Aspartam nicht kariogen ist.Der Einfluß von Aspartam auf die Säurebildung aus Glucose durch S.mutans wurde 1984durch Siebert untersucht. Die Resultate zeigen, daß bei einer Aspartam-Konzentration von 0,5­10 mM in Gegenwart von 10 mM Glucose bei einer Temperatur von 37°C die anaerobeProtonenproduktion verzögert, jedoch nicht gehemmt wird. Der Reaktionsmechanismus istnoch nicht vollständig geklärt, dürfte aber auf die Pufferwirkung der Aspartam-Abbauprodukteberuhen. Ein Neutralisationseffekt ist bereits bei einer Konzentration von 1 mM Aspartammeßbar.Durch die hohe Süßkraft von Aspartam ist die Einsatzmenge sehr gering. Die fehlende Massekann durch Einsatz geeigneter Zuckeraustausch- oder Füllstoffen kompensiert werden.Kombination von nicht kariogenen Zuckeraustauschstoffen (Polyalkohole) mit Aspartamergeben z. B zahnfreundliche Süßwaren, in denen Zucker vollständig ersetzt werden kann(Herstellung eines zahnschonenden Weichkaramells, siehe Versuche).

6.6 Erniihrungsphysiologische Aspekte

Aspartam wird wie ein natürliches Eiweiß metabolisiert, da seIne Eiweißbausteine inbeträchtlichen Mengen in der täglichen Ernährung enthalten sind. Es mündet in denAminosäurestotfwechsel ein und wird vom Organismus in derselben Weise verarbeitet wie einnatürliches Nahrungsmittelprotein.

29Chemie in der Schule: www.chids.de

Das L-Phenylalanin stellt eine essentielle Aminosäure dar, die für den menschlichen Körperlebensnotwendig ist; die tägliche Aufnahmemenge an Phenylalanin beträgt 1100 mg, dieerwünschte Tagesmenge beträgt 2200 mg pro Person. Obwohl anteilsmäßig die Hälfte desAspartam-Moleküls aus Phenylalanin besteht, kann Aspartam nicht als eigentliche Phenylalaninoder Aminosäurenquelle betrachtet werden da einige Grundnahrungsmittel einen wesentlichstärkeren Einfluß besitzen:

Nahrungsmittel L-Phenylalanin-Gehalt L-Asparaginsäure Gehaltin 100 ~ in 100 g

Aspartamhaltiges Getränk 25 mg 20 mgMagermilch 170 mg 290 mg

Weißbrot 450 mg 420 mgVollei 750 mg 1200 mgErdnüsse 1420 mg 2950 mg

Der Energiewert von Aspartam beträgt 4 Kilokalorien (16,8 kJ) pro g; da es eineproteinähnliche Substanz darstellt und weder Kohlenhydrate, Fette oder Kalorien zufuhrt, ist esfür Diabetiker sehr gut geeignet (es findet ja vor allem in den sog. .Jight't-ProduktenVerwendung).Für Menschen, die unter der angeborenen Stoffwechselstörung Phenylketonurie (PKU) leiden,ist Phenylalanin allerdings sehr gefährlich. Durch einen Mangel am EnzymPhenylalanindehydrogenase, welches Phenylalanin in Tyrosin umwandelt, häuft sichPhenylalanin im Körper an und wird in Phenylbrenztraubensäure transaminiert. Die Folgen sindu.a. ein verkümmertes Wachstum und "Schwachsinn". Aus diesem Grund müssen mitAspartam gesüßte Lebensmittel den Hinweis "enthält Phenylalanin" tragen.

6. 7 ADI- Wert

Durch das Expertenkomitee für Lebensmittelzusatzstoffe der Weltgesundheitsbehörde WHOund der Welternährungsorganisation FAO (JECFA) sowie durch den wissenschaftlichenAusschuß der Lebensmittelindustrie der EG wurde ein im Vergleich zu anderen Süßstoffenrelativ hoher Wert von 40 mg pro Kilogramm Körpergewicht am Tag für Aspartam und 7,5mg/kg Körpergewicht pro Tag für Diketeopiperazin (DKP) festgelegt.

6.8 Lebensmitteltechnologische Aspekte

Die spezifischen Eigenschaften von Aspartam erlaubten erstmals sowohl kalorienarme als auchgeschmacklich gute Lebensmittel und Getränke mit einem Süßstoff herzustellen, der aufnaturähnlicher Basis aufgebaut ist und sich ernährungsphysiologisch wie ein Naturproduktverhält. Zucker als Grundstoff verfügt nebst süßem Geschmack noch über wichtigefunktionelle Eigenschaften wie Struktur, Kristallisationsvermögen, Löslichkeit undkonservierende Wirkung, die lebensmitteltechnologisch von Wichtigkeit sind. DieseFunktionen müssen in kalorienarmen Produkten, außer Getränken, durch geeignete Füllstoffeübernommen werden; in Verbindung mit Aspartam haben sich Zuckeraustauschstoffe wieIsomalt, Polydextrose, Maltit oder konventionelle Polyalkohole bewährt.

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~( \

6.9 Einsatz von Aspartam

I. Kalorienarme Geträl1keErfrischungsgetränke stellen den wichtigsten Einsatzbereich für kalorienarme Süßstoffe dar.Aspartam ist relativ stabil und besitzt bei einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von 15 "Ceine Lagerstabilität von etwa 1 Jahr.Bei einem Vergleich verschiedener Orangen-, Zitronen- und Cola-Getränken fallt auf: daßGetränke mit Zitronengeschmack aufgrund eines idealen pH-Wertes eine merklich bessereLagerungsstabilität aufweisen als die beiden anderen.IJ. TrockenmischprodukteDieser Bereich umfaßt Fruchtsaftgetränkepulver, Diätische Getränkepulver, Kakao-, Kaffee­und Milchmischgetränkepulver, Eisteepulver, Pudding- und Dessertmischungen, Sahne­Tortenmischungen, Streusüße und Multivitaminzubereitungen.Zwecks besserer Löslichkeit und gleichmäßiger Verteilung wird Reinaspartam oft mitFüllstoffen wie Maltodextrin oder Molkenpulver vorgemischt; diese Vorgehensweise erhöhtdie Benetzbarkeit und Lösungsgschwindigkeit in Wasser, reduziert die Staubbildung underlaubt eine Optimierung des Produktvolumens.I/I. SÜßlvaren/Kaugun1n1iHierzu gehören: Zuckerfreie Komprimate, Pastillen, Karamellen, Kaugummi und Schokolade.Die primäre Funktion von Aspartam besteht in der Komplementärsüße der durch den Einsatzvon Zuckeraustauschstoffen verminderten Süßkraft. Durch den Einsatz von Aspartam inKaugummi kann zudem der Geschmack und Dauer der Süßwirkung im Vergleich zuzuckergesüßten Produkten verlängert werden.IV: BackwarenAspartam eignet sich für den Einsatz in Backfüllungen, überzugsmassen, SOWIe InKombination mit Maltodextrin als Streupulver.Die gute Stabilität in saurem Millieu läßt den Einsatz in fruchthaItigen Cremes und Füllungenzu.V. MilchprodukteEine große Anzahl Aspartam gesüßter Sauermilchprodukte wie Joghurt, Quark undButtermilch sind auf dem Markt, ebenso haben sich Speiseeisprodukte auf der Basis Aspartamin Kombination mit Polydextrose/Sorbit und mikrokristalliner Cellulose als Füllstoff bewährt.Aspartam wird meist über Fruchtzubereitungen eingebracht, kann aber auch direkt demJoghurt beigegeben werden; dabei ist allerdings zu beachten, daß das Aspartam möglichst nachder Inkubation zugefügt wird.Bei aromatisierten Milchprodukten beträgt die Kalorienreduktion 45-50%. Außerdem ergibtsich durch die Aspartamsüßung eine Lagerstabilität, welche die mikrobiologische Haltbarkeitvon Joghurt übersteigt.

6.10 Versuch

Nachweis von AspartamfPhenylalanin in einenl Cola-Getränk:Der Nachweis erfolgt dünnschichtgromatographisch.Zunächst werden 300 ml eines aspartamhaltigen Cola-Produktes (hier: Pepsi light, besondersschmackhaftl) auf etwa ein Drittel ihres Volumens eingeengt.Anschließend wird Aspartam mit 6 molarer Salzsäure eine Stunde lang hydrolisiert und einigeTropfen auf der Startlinie einer DC-Karte aufgetragen (Riedel-de Haen, Kieselgel 60 F 254).Danach wird das Cola-Gemisch mit Fließmittel (3Teile n-Butanol: 1Teil Eisessig: 1 Teil Wasser)getrennt.

31Chemie in der Schule: www.chids.de

Die Detektion wird mit butanolischer Ninhydrinlösung durchgefuhrt. Nach Besprühen der DC­Karte erfolgt ein Erhitzen auf 110 "C: die Aminosäuren werden jetzt als violett-roteVerbindung sichtbar.

o~

0/<,

1,2,3 Indantrion

OH

OH

-!)I1,2,3 Indantrion-Hydrat (Ninhydrin)

1;)'N=C~

I OHR

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°Ketiminderivat

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NH OH..... 2

+OH

OH

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DecarboxiIierung:

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OH

N=CHR ~"""'-

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+ H20R H R

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32Chemie in der Schule: www.chids.de

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Diketiminanion;~

33

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7 Acesulfam K

Struktur:

Summenformel:C4H4N0 4KS

Molmasse:201,2

O'SOj JNI_

2+K

CH3

7.1 Einleitung

Acesulfam K gehört zur Gruppe der Dihydrooxathiazinondioxid-Süßstoffe, die 1967 vonClauss und Jensen entdeckt wurden.Formal stellt Acesulfam ein Derivat der Acetessigsäure dar. Es handelt sich hier um eine gutwasserlösliche, stabile Substanz mit etwa der 200 fachen Süßkraft von Zucker.Acesulfam K wird von der Firma Hoechst unter dem Handelsnamen "Sunett" vertrieben.Aufgrund mehrerer Studien gilt Acesulfam K als gesundheitlich unbedenklich. Allerdings wirdvon einigen Autoren kritisiert, daß kaum unabhängige Studien veröffentlicht wurden; es wirdberichtet, daß die meisten Studien im Auftrag der Hoechst AG durchgefuhrt worden seien.Der ADI-Wert (von der WHO 1983 festgelegt) beträgt 0-9 mg / kg Körpergewicht.

7.2 Verwendung

Acesulfam K wird resorbiert und unverändert mit dem Urin ausgeschieden; d.h. es wird nichtmetabolisiert, ist kalorienfrei und kann damit in .Jight-Produkten" oder in Lebensmitteln fürDiabetiker verwendet werden. Acesulfam K ist außerdem nicht kariogen. In höherenKonzentrationen, die in Lebensmitteln allerdings nicht erreicht werden, wirkt es sogarhemmend auf das kariesverursachende Bakterium Streptococcus mutans.Zum Backen und Kochen ist es nicht geeignet, da es nur bis maximal 200 "C stabil ist.Bei höheren Konzentrationen zeigt sich ein bitterer Beigeschmack; daher wird Acesulfam Kauch eher zum Aufsüßen von mit Zuckeralkoholen gesüßten Lebensmitteln verwendet.Mit Aspartam oder Cyclamat zeigt es synergistische Wirkung (eine Verstärkung des Süß­geschmacks um bis zu 400/0}~ wodurch eine Einsparung an Süßstoffen möglich ist.Zugelassen ist Acesulfam K ü.a. für nichtalkoholische Getränke, Desserts, Süßwaren, Senfundvieles mehr unter Angabe von Höchstmengen (EU-Richtlinie Süßungsmittel).

34Chemie in der Schule: www.chids.de

-

Zuckeralkohole

._----

Die Zuckeralkohole sind Polyalkohole, sie stellen Reduktionsprodukte der Zucker dar. Sie sindEnergieträger, haben jedoch eine äußerst geringe bzw. keine kariogene Wirkung, und werdendaher in .zahnfreundlichen" Süßwaren eingesetzt. Außerdem können sie ohne Insulin vomKörper abgebaut werden, und somit in Lebensmitteln, die .für Diabetiker geeignet" sind,verwendet werden.Man bezeichnet sie daher auch als Zuckeraustauschstoffe, zu denen man aber auch dieFruktose zählen muß, die weder zu den Zuckeralkoholen noch zu den Süßstoffen gehört.Verwendung finden die Zuckeralkohole in kalorienreduzierten Lebensmitteln; hier werden siedann in der Regel mit Süßstoffen aufges üßt .

8 Sorbit

Struktur

Summenforrnel.Cd-Iut),r> Moirnasse: 182,2

CH20HI

H-C-OH

IHO-C-H

IH-C-OH

IH-C-OH

ICH20H

8.1 Einleitung

Der Polyalkohol D-Sorbit zählt zu den Hexiten und ist in der Konfiguration isomer zu D­Mannit. Als wichtigster Vertreter dieser Stoftklasse hat Sorbit in den letzten 40 Jahren alsLebensmittel, Süßungsmittel, technischer Hilfsstoff und Rohstoff für andere Erzeugnisseweltweit große wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Maßgeblich dafur sind seineunproblematische Synthese aus den preisgünstigen Rohstoffen Stärke und Saccharose sowieseine besonderen chemischen und physikalischen Eigenschaften.

8.2 Synthese

D-Sorbit (nach IUPAC richtiger als D-Glucitol zu bezeichnen) ist im Pflanzenreich weitverbreitet und wird besonders in Früchten von Sorbus- und Crataegus-Arten gefunden. Da dasnatürliche Vorkommen nicht ausreicht" wird Sorbit heute techni sch durch katalyti scheHydrierung von D-Glucose gewonnen.

35Chemie in der Schule: www.chids.de

I. Kontinuierliches Verfahren:Konzentrierte Glucoselösungen von 20-500/0 hydriert man in Gegenwart fein verteilter Kupfer­oder anderer Metallkatalysatoren (z.B. Nickel, Kobalt, Palladium) bei Reaktionstemperaturenvon 90-150 °C und einem Wasserstoffdruck von 50-250 at. Die rohen Sorbitlösungen werdendann über Ionenaustauscher geleitet und nach dem Eindampfen aus wäßrigem Ethanolumkristallisiert. Diese kontinuierlich durchfuhrbare Hydrierung hat die älteren technischenVerfahren der elektrolytischen Reduktion von Glucose verdrängt.

11. Chargenverfahren:In einer etwa 50%igen wäßrigen Glucoselösung werden 3-6% (berechnet auf Glucose)Katalysator suspendiert und im Rührautoklaven bei 120-150 °C unter einem Wasserstotfdruckvon ca. 70 bar in Abhängigkeit von Katalysatorart und -menge 2-4 Stunden hydriert. Der pH­Wert der Hydridlösung muß auf pR 6 gehalten werden. Bei Verwendung von reinerkristallisierter Glucose liegt die Sorbit-Ausbeute bei etwa 98%; sie ist abhängig vomReinheitsgrad der eingesetzten Glucose. Instantisierter Sorbit wird durch Sprühtrocknung ausder konzentrierten wäßrigen Lösung hergestellt; er zeichnet sich durch seine besonders guteLöslichkeit, sein etwa um ein Drittel höheres Schüttvolumen sowie durch seineAdsorptionsfähigkeit von feingepulverten Stoffen an der Oberfläche aus.

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Schema der Sorbitherstellung aus Saccharose

Saccarose

Invertierung

InvertzuckerGlucose/Fructoseflüssig

Hydrierung

Sorbit/MannitRohlösung

Aufreinigen

IEindampfen

Sorbit/MannitKonzentrat

Aufarbeitung

II D-Sorbit flüssig

ID-SorbitKristallInstant

Abtrennung durchKristallisation

D-MannitKristall

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Weltweite Produktion:Aufgrund sicherer Schätzungen (Stand 1990) werden weltweit ca. 650 000 t Sorbit pro Jahrproduziert; davon entfallen etwa 55% auf die 70%ige Lösung einschließlich Sorbitsirup und ca.20% auf Sorbitpulver. Etwa 25% der Sorbitlösungen werden für die Ascorbinsäuresyntheseverwendet.

8.3 Sensorische Eigenschaften

Sorbit besitzt etwa 50-60 % der Süßkraft von Saccharose; mit steigender Konzentration nimmtdie Süßkraft zu. Als Pulver oder in Form von Komprimaten (Tabletten) erzeugt der Sorbit imMund einen kühlenden Geschmack. Beim Erhitzen tritt keine Beeinträchtigung der Süßkraftauf

8.4 Physikalische und chemische Eigenschaften

Chemische Bezeichnung: D-Glucitol, D-Glucit, D-Sorbitol, D-Gluco-hexan-1,2,3,4,5,6-hexaol

Markennamen des Handels: Karion®, Neosorb®, Sorbex®, Sorbidex®,Sorbitol, Sorbofin®

Handelsprodukte: Sorbit-Pulver, Sorbit-Instant SOWIe 70%igeLösungen In Wasser als Sorbit flüssig(kristallisierend) und Sorbitsirup(nichtkristallisierend)

Kristallstruktur: gamma-polymorph, feinkristallinAussehen: weißes, kristallines Pulver, geruchlos, gut

rieselfähig, leicht hygroskopisch oderwasserklare, sirupöse Lösung

Geschmack: süß, kühlendLöslichkeit: sehr leicht löslich in Wasser, löslich in verd.

Essigsäure, Methanol, löslich 1m heißenEthanol, praktisch unlösl. In org.Lösungsmitteln

Schmelzbereich: 92-96 -cLdsungsenthalpie: - 111 kJ/kg

Wie andere Zuckeralkohole bildet Sorbit in wäßrigen Lösungen sehr stabile Metallkompexe;besonders ausgeprägt ist diese Eigenschaft für Fe-, Cu-, Al-, Mo- und Co-Ionen in alkalischerUmgebung (Bsp.: 11 einer l°~igen Sorbitlösung maskieren bei pH 7,5 etwa 30 mg Fe+3

) . Durchdiese komplexbildenden Eigenschaften ist Sorbit geeignet, die katalytische Wirkung vielerMetallionen zu verhindern und somit z.B. autoxidative Prozeße in fetthaItigen Lebensmittelnoder die oxidative Zerstörung von sauerstoffempfindlichen Vitaminen (Ascorbinsäure, VitaminA) zu inhibieren.Sorbit ist durch Hefen nicht vergärbar.

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8.5 Physiologie, Toxikologie und Verträglichkeit

Sorbit wird vom Körper vollständig abgebaut. Er ist gesundheitlich unbedenklich, weshalbauch ADI-Wert festgelegt wurde.Nach oraler Aufnahme wird Sorbit im Dünndarm sehr langsam resorbiert und bewirkt aufosmotischem Wege eine Wasserretention. Die dadurch ausgelöste Darmreizung kann beiEinzeldosen über 25 g zu einem individuell abhängigen, mehr oder weniger stark ausgeprägtemlaxierenden Effekt fuhren. Bei regelmäßigem Konsum von Sorbit oder damit hergestelltenLebensmitteln ist eine Adaption gegeben.Die Resorption des Sorbits erfolgt insulinunabhängig, sie bewirkt keinerlei Anstieg desBlutzuckerspiegels und ist daher ein idealer Zuckeraustauschstotf für die Ernährung beiDiabetes mellitus.Der physiologische Brennwert von Sorbit liegt nach deutschem Recht Z.Z. noch bei 4 kcal/goder 17 kJ/g; 12 g Sorbit sind eine Broteinheit (BE).Sorbit kommt in kleinen Mengen in der Linse des Auges und im Sperma vor.

8.6 Diabetes

Diabetes melllitus (diabetes: griech .= Durchfluß, Harnfluß; mellitus: griech. = Honig)ist einechronische Stotfwechselstörung, bei der die dem Körper zugeführte Glucose auf Grund von zuwenig oder keinem gebildeten Insulin verzögert, bzw. unvollständig aufgenommen werdenkann. Das in den Langerhanssehen Zellen der Pankreas (Bauchspeicheldrüse) gebildete Insulinhat im wesentlichen folgende steuernde Eigenschaften:

* Die Durchlässigkeit der Zellwand für Glucose wird erhöht.* Die Glycolyse (Umsetzung des Zuckers in Energie bzw. andere Stotfwechselprodukte) wirdbegünstigt.* Die Umwandlung der Glucose in die Speicherform Glykogen (a-l ,4- glykosidisch verknüpfteD-Glucose) wird angeregt.* Die Neubildung von Glucose aus Aminosäuren wird gehemmt.

Wird nun zu wenig (bei der Altersdiabetes) oder sogar kein Insulin in der Pankreas gebildet,kommt es zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels auf über 120 rng/dl und der Patient kann inein diabetisches Koma geraten.Ein Teil der Glucose wird mit dem Urin ausgeschieden, weshalb die Krankheit eben auch alsDiabetes mellitus (mel = Honig) bezeichnet wird; früher wurde ein diagnostisches Urteilanhand des Uringeschmackes gefallt.Die Zuckeraustauschstoffe Sorbit, Xylit, Isomalt, Mannit und Fructose sind für Diabetikergeeignet, da sie insulinunabhängig im Stoffwechsel umgebaut werden können.

8.7 Kariesentstehung (Verhalten von Sorbit in der Mundhöhle}

Unter den von der WHO als bedrohlich eingestuften Erkrankungen nimmt die Zahnkariesweltweit den dritten Platz ein. Auch die von prähistorischen Menschen gefundenen Zähnewiesen Kariesläsionen auf. Heute wissen wir, daß die Zahnerkrankung in engemZusammenhang steht mit einem bevorzugten Verzehr niedermolekularer Kohlenhydraten unddenen in der Mundhöhle angesiedelten Mikroorganismen.Die Mundhöhle wird von einer Vielzahl verschiedener Mikroorganismen besiedelt, dieinsbesondere drei Bakterienspecies in differenzierten Zonen als Nährsubstrat dient. DemSpeichel zugekehrt sind die aeroben Neisserien; ihnen folgen als fakultative Anaerobier die

39Chemie in der Schule: www.chids.de

Streptococcen während sich direkt an der Zahnoberfläche die streng anaeroben Veillonellenbefinden. Provoziert wird die Karies durch die säureproduzierenden Lactobazillen derMundhöhle und die Streptococcen in den Zahnplaques. Die aus dem Speichel in die Plaqueshineindiffundierenden Zucker passieren die Neisserien-Schwelle unangefochten und werdenvon den darunterliegenden Streptococcen zu Säuren umgebaut. Diese überwinden auch dieVeillonellen und treffen direkt auf den Zahnschmelz ( bestehend aus: Hydroxylapatit,CaS(P0 4)30 H) . Diese Säurebildung in den Zahnplaques (unsichtbarer Belag aus Bakterien undvon ihnen gebildeten schleimigen Polysacchariden) und auch im Speichel verursacht einedrastische Absenkung des pH-Wertes. Bei Erreichen des kritischen Wertes unter 5,5 kommt eszur Auflösung der Apatit-Kristalle an der Zahnoberfläche mit nachfolgender Lochbildung:2 CaS(P04)30H + 2 11 ~ 3 Ca3(P0 4)2+ Ca2

+ + 2 H20Bei Einwirkung einer großen Zahl von Wasserstoffionen löst sich der Zahnschmelz ganz auf:CaS(P04)30H + 4 H+ ~ 5Ca2++ 3 HP04

2- + H203 HP04

2- + 3 11 ~ 3 H2P04-

2 CaS(P04)30H + 8 H+ ~ 6 HP042- + 10 Ca2- + 2 H20

Bei der Inkubation von Zahnplaques mit Mono- und Disacchariden bilden sich nebenMilchsäure in wechselndem Ausmaß auch andere organische Säuren, wie Buttersäure,Propionsäure, Valeriansäure und Ameisensäure.Die Zuckeralkohole sind nicht oder nur in einem zu vernachlässigenden Umfang alsReaktionspartner geeignet .

........-...~ ...._,-~_...- ...~~~.~-~ XYLIT..... MALTIT

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1

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SACCHAROSE

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Z 5 10 20 30_............... Minuten

40

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8.8 Verwendung

Sorbit-Pulver / Sorbit-Instant

Sorbit flüssig und Sorbitsirup

Zuckeraustauschstoff für DiabetikerZuckerfreie Süßwaren wie Schokolade,Komprimate, Kaugummi, HartbonbonsKalorienreduzierte Süßungsmittel (aufgesüßtmit Süßstoffen)Infusionslösungen für die parenterale Er­nährungSüßwaren aller ArtHartbonbonsMarzipanBackwarenAromastoffeFeinkosterzeugnisseMayonnaisen und DressingsFisch-, Krabben-, RogenerzeugnisseBackemulgatorenBelegfrüchteSauerkrautDärmeSpeiseeisEnzympräparateTonikaTabakerzeugnisse

Ernährungsphysiologische und technologische Vorteile von Sorbit:• Sorbit ist ein Zuckeraustauschstoff fur Diabetiker, bedingt durch seine insulinunabhängige,Blutzuckerspiegel nicht belastende Verwertung.• Sorbit wird kalorisch wie ein Kohlenhydrat und voll verstoffwechselt.• Sorbit ist nicht kariogen, d.h. er bewirkt keine oder nur eine geringe Säurebildung durchMikroorganismen der Zahnplaques.• Aufgesüßt mit Süßstoff kann Sorbit als kaloriensparendes Süßungsmittel verwendet werden.• Sorbit ist ein Wasserstabilisator durch begrenzte Hygroskopität.• Sorbit wirkt als Kristallationshemmer von Zucker (Saccharose, Glucose) in Süßwaren.• Sorbitlösungen zeigen eine geringere Viskosität im Vergleich zu Lösungen von Zuckerngleicher Konzentration.• Sorbit kann Komplexbildner von Spurenelementen sein.• Sorbit ist nicht wasserdampfilüchtig.• Beim Erhitzen (Kochen, Braten, Backen) ist Sorbit bis 150 "C temperaturstabil.

41Chemie in der Schule: www.chids.de

Medizinische Anwendung:Bei intravenöser Applikation als Tropfinfusion, in hypertonischer Lösung alsOsmotherapeutikum bei Ödemen, bei erhöhtem Hirndruck und bei Glaukom. Es kann fernerzur Erzeugung einer Osmodiurese bei Vergiftungen dienen. Vor und nach der Anwendungsollte der Säure- Basen-Status sowie Leber- und Nierenfunktion überprüft werden.

Technische Anwendung:Wasserhaltige Produkte, die selbst nicht in der Lage sind, ihren Feuchtigkeitsgehalt auch beilängerer Lagerung konstant zu halten, deren Anwendung aber von einer weichenBeschaffenheit, Geschmeidigkeit und Biegsamkeit abhängen, bedürfen des Zusatzeswasserstabilisierender Stoffe. Stark hygroskopische Substanzen nehmen aus der Umgebungrasch Wasser auf: geben es aber schnell wieder ab. Das ideale Feuchthaltemittel darf auf solcheSchwankungen nicht oder nur wenig reagieren, um Versprödungen, Brüchigwerden oderandere Nachteile des Austrocknens zu vermeiden.Infolge seiner mäßigen Hygroskopität erfullt Sorbit (insbesondere aber der noch preiswertereSorbitsirup) diese Bedingungen in besonderem Maße.Verwendungsbeispiele:Gelatineprodukte (Blattgelatine für Speisezwecke), Photogelatine, Gelatinekapseln;Wickelpapiere für Lebensmittel (Pergament-, Pergamin, Wachspapier), Offsetpapiere,Pauspapiere, Kunstdruckblätter; Textilfasern und Garne, Avivagemittel; Leder und tierischeFelle für Bekleidungszwecke. Klebstoffe, Leime; galvanische Oberflächenveredelung vonAluminium.

9 Xylit

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Struktur:

Summenformel: CSH120 S

Molmasse: ] 52,15

CH20HI

H-C-OH

IHO-C-H

IH-C-OH

ICH

20H

9.1 Einleitung

Xylit ist ein Zuckeralkohol mit 5 C-Atomen (Pentit), der in der Natur verbreitet vorkommt.Die höchsten Gehalte weisen Reineclauden (Prunus domestica italia) mit 935 mg/IOO gTrockensubstanz und Erdbeeren mit 362 mg/l 00 g Trockensubstanz auf

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9.2 Synthese

Für Xylit wurden Synthesewege erstmals von E. Fischer gefunden, die sich jedoth für eineHerstellung in großtechnischem Umfang aus wirschaftliehen Erwägungen nicht alswirtschaftlich erwiesen haben.Industriell wird Xylit heute ausschließlich aus pflanzlichem Material mit einem hohenXylangehalt hergestellt. Als Rohstoffe können verwendet werden: Holz, vorzüglichBirkenholz, Mandel- und Nußschalen, Stroh- und Maisspindeln, wobei die Xylangchalte~ dereinzelnen Ausgangsmaterialien beträchtlich schwanken können.Bei der industriellen Herstellung wird das Xylan z.B. aus Birkenholz) durch Säureeinwirkungzu Xylose hydrolysiert. Aus dem stark verunreinigten Hydrolysat wird die Xylose durchTonenaustausch-Chromatographie isoliert, gereinigt und anschließend mit Wasserstoff undRaney-Nickel zu Xylit hydriert. Durch Kristallation erhält man orthorhombische Kristalle.

CHO CH20H

r>. I IH-C-OH H-C-OH

I IHydrolyse HO-C-H Hydrierung HO-C-H

• I .. I+H.O H-C-OH +H2 H-C-OH

I ICH.OH CH20H

D-Xylose XylitCH3H1003 C3H1203

9.3 Chemische undphysikalische Eigenschaften

Aussehen weißes, kristallines PulverGeruch: geruchlosSpezifische Drehung: optisch inaktivSchmelzbereich: 92-96 -cSiedepunkt: 215 -c bei 760 mrn HgpR in wäßriger Lösung (lOg/I) 5-7Dichte: 1,5 x 103 kg/rn''

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Stabilität: sehr schwach hygroskopisch; gegenüberLicht-, Luft- und Wärmeeinfluß stabil

Verhalten: nimmt nicht an der Maillard-Reaktion teil.;bildet somit keine gefärbten Verbindungenbeim Erhitzen oder Lagern in Gegenwart vonAminosäuren und Proteinen.

9.4 Süßkra;ft

Die Süßkraft des Xylits wird mit der von Saccharose gleichgestellt; die Süßkraft nimmtgenerell mit höheren Konzentrationen zu.Hinsichtlich der Süßkraft und deren synergistischem Verhalten wurde das System Xylit - Sorbituntersucht; eine Mischung aus 600/0 Xylit und 40% Sorbit weist eine Süßkraft analog derSaccharose auf Neuere Arbeiten berichten, daß Gemische von Xylit und Aspartam sowohl inder Intensität als auch im Süßgeschmack mit der Saccharose identisch sind.

9.5 Mikrobiologisches Verhalten

Xylit kann durch die meisten Mikroorganismen in der Mundhöhle nicht vergoren werden.Demzufolge wird bei Verzehr von Xylit oder xylithaItigen Lebensmitteln kein Abfall des pH­Wertes unter den kritischen Wert von 5,5 festgestellt (Turku-Studie, WHO-Studie).Xylit wird, wie alle Polyalkohole, nur langsam resorbiert. Spezielle Transportsysteme sindnicht bekannt. Bei der Aufnahme großer Mengen Xylit erfolgt die Verwertung besonders inden tiefen Darm-Abschnitten, wobei die mikrobielle Verwertung vorzüglich zu niederkettigenFettsäuren erfolgt, die zur Resorption gelangen und kalorisch verwertet werden.Geringe Mengen werden aber auch direkt resorbiert, wobei die Verstoffwechselung desPentose-Phosphatzyclus erfolgt. Dabei wird Xylit über die D-Xylose zum Fruktose-6­phosphat, dem Vorläufer des Glykogens, umgewandelt.

9.6 Toxikologie und Vertriiglichkeit

Langzeitstudien mit Xylit unter besonderer Beachtung toxikologischer Aspekte gaben keinerleiHinweise auf toxische Nebenwirkungen, wobei hohe Dosen Xylit über längere Zeiträumeverabreicht wurden.Als einzige Nebenwirkung bei der oralen Aufnahme von Xylit wird in Abhängigkeit von Artund Menge der Zufuhr ein laxierender Effekt beobachtet.Als generelle Regel wird eine Zufuhr von 50-70 g Xylit pro Tag, über Lebensmittelaufgenommen, als unproblematisch angesehen; ein ADT-Wert wurde allerdings nicht festgelegt.

9. 7 Verwendung

Xylit fuhrt nicht zu einem Anstieg der Blutzucker- und Seruminsulinwerte, und ist somit .fürDiabetiker geeignet". Es wirkt zudem nicht kariogen und findet daher Verwendung in.zahnfreundlichen" Süßwaren.Verwendungsbeispiele:Hartbonbons, Dragees, Tabletten, Gummiartikel, Kaugummi, Schokolade, Milchprodukte(Joghurt und Speiseeis), Pharmazeutische Zubereitungen (Halspastillen, Lutschtabletten etc.).

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Auf "übernationaler" Ebene bestehen noch keine Vorschriften über den Einsatz von Xylit inLebensmitteln. Lediglich das Joint FAO/WHO Expert Commitee (JEFCA) hat sich bis jetzt mitXylit eingehender befaßt und dem ADI-Wert "not specified" verliehen.

9.8 Versuch

Nachweis von Xylit als AlkoholZu einer wäßrigen Lösung von Xylit gibt man im Überschuß eineAmmoniumhexanitratocerat(IV)-lösung. Es bildet sich ein roter Komplex, der jedoch nichtbeständig ist und schnell farblos wird.

In Gegenwart von Ce(IV) wird die Acidität der Hydroxidgruppe stark erhöht; diese Reaktionist deshalb interessant, da im Sauren ein Proton vom Alkohol abgespalten wird und dasAlkoholat-Ion in einer Ligandenaustauschreaktion reagiert.Ce(IV) wird zu Ce(III) reduziert, der Alkohol wird bis zum Aldehyd oxidert, deshalb wird derKomplex farblos.

10 Isomalt

Struktur:

H

b

\H

V·"~·····

1-0-cl-D-Glucopyranosyl­

D-mannlt-dihydrat

H

OH

6-Q-cl,-D-Glucopyranosyl­

D-sorblt

10.1 Einleitung

Isomalt gehört zu den neueren Zuckeraustauschstotfen. Es handelt sich dabei um einDisaccharidalkohol mit etwa der. halben Süßkraft von Saccharose.

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10.2 Synthese

Isomalt wird in einem zwei stufigen Verfahren hergestellt. Die erste Stufe ist die enzymatischeUmlagerung von Saccharose in Isomaltulose, die zweite die Hydrierung zu Isomalt.

10.3 Toxikologie und Verträglichkeit

Wie bei allen Zuckeralkoholen kann es bei Aufnahme höherer Dosen zu Durchfall, mitunterauch zu Blähungen kommen. Isomalt wird nur sehr langsam und lediglich zu einem Drittel vomDarm resorbiert (im Dünndarm wird Isomalt äußerst langsam gespalten, im Dickdarm wird esals Substrat von der Dickdarmbakterienflora genutzt, wobei dann teilweise verwertbareProdukte entstehen). Dies hat zur Folge, daß Isomalt nur etwa die Hälfte der Energie vonSaccharose liefert und den Blutzucker- sowie den Seruminsulinspiegel kaum ansteigen läßt; esist daher für Diabetiker geeignet.Der physiologische Brennwert beträgt 2,4 kcal/g.Isomalt ist außerdem nicht kariogen, da es von den Bakterien in der Mundhöhle nichtverwertet werden kann, und findet daher auch in .zahnfreundlichen" Süßwaren Verwendung.Ein ADI-Wert wurde bislang nicht festgelegt.Bei oraler Aufnahme von Isomalt wird über den Urin nur Spuren von ungespaltenem Isomaltbzw. von Sorbit und Mannit ausgeschieden; intravenös appliziertes Isomalt wird sehr schnellüber die Niere wieder vollständig ausgeschieden.

10.4 Verwendung

Verwendungsbeispiele:Alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Milchprodukte, Speiseeis, Obstkonserven, Konfitüren,Dickfrüchte, Backwaren, Zuckerwaren, Schokoladen" Fondantfullungen, Kaugummi,Marzipan, Weichkaramelle, Riegelprodukte, Pharmazeutische Produkte (als Drageehülle).Im Handel wird Isomalt unter dem Namen Palatinit® von der Firma Südzucker vertrieben.

10.5 Versuch:

Prinzip: Glucose-Oxidase katalysiert die folgende Reaktion

1. ß-D-Glucose +

+ D

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DH2 (Wasserstoffdonator) ist hier:

H3C CH3

3,3',5,5'-Tetramethylbiphenyl-4,4'-diamin

(TMB)

Reaktion:

CH3

'\ NH + H 0 -. H2 2 2

gelb grün

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11 Literaturverzeichnis

1. Belitz-Grosch, Lehrbuch der Lebensmittelchemie, Springer-Verlag 1990.

2. Hans Ulrich Bergmeyer, Methoden der enzymatischen Analyse; Verlag ChemieWeinheim/Bergstraße 1970 .

3. Beyer ,Walter, Lehrbuch der organischen Chemie, S.Hirzel Verlag Stuttgart 1991.

4 . Broschüre Süßstoffe - Süßstoff-Verband e.V. 1998 .

5. CD Roempp Chemie Lexikon - Version 1.0, Stuttgart/New York; Georg Thieme Verlag1995.

6. Compendium ofFood Additive Specifications, Vol. 1, Food and Agriculture Organisation ofthe United Nations, Rome 1992, pp .333-334, 1275-1278, 1385-1387.

7. DAB 9

8. DAB 10

9. W. Heinemann, Grundzüge der Lebensmittelchemie.

10. Homepage der TU Wien : Forschungsprojekt des Arbeitsschwerpunktes Lebensmittel­Zusatzstoffe am Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmitteltechnologie, Kontaktperson:Univ.Doz. Ass.ProfDipl. -Tng.Dr. techn . Gerhard Kroyer.

11. Rymon Lipinski, G.-W. Schiweck ; Handbuch Süßungsmittel, Behr's-Verlag Hamburg1990.

r: 12. P .M. Parikh, S.P. Mukherji, Analyst 85 (1960), S. 25 .

13. Praxis der Naturwissenschaft Chemie, Heft 5 1995.

14. H.J. Roth, W. Schmid, P.H. List , L. Hörhamrner; Hagers Handbuch der PharmazeutischenPraxis, Siebenter Band Teil B, Springer-Verlag Berlin 1977 .

15. Schmidt, Thews, Physiologie des Menschen, Springer-Verlag 1990 .

16. Ullmann's Encyclopedia ofTndustrial Chemistry, Vol. A 26, VCH Verlagsgesellschaft1995 , S. 23 - 43 .

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