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Spezialgebiet
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Das Haar
1. Anatomie
Haare sind biegsame und zugfeste Hornfäden, die in trichterförmigen Einstülpungen der Haut
(=Haartrichter) stecken. Haar lassen sich in zwei Abschnitte gliedern:
Haarschaft = ragt frei aus der Haut heraus, nicht lebend (verhornt Zellen –
abgestorben!)
Haarwurzel = steckt in der Haut, lebend (Zellteilungen und biologische
Veränderungen)
1.1. Haarwurzel
Haarwurzeln sind einfache Organe. Sie reichen von der obersten Schicht der Haut bis zur
Lederhaut, teilweise bis zum Fettgewebe reichen.
Die Haut ist folgendermaßen geschichtet: Oberhaut (Epidermis), Lederhaut (Dermis) und
unterhaut (Subkutis), darunter liegt eine isolierende Fettschicht.
Die Haarwurzel besteht aus:
Haarzwiebel: liegt am unteren Ende, dicker als der Rest (zwiebelförmig)
Haarpapille: Die Papille ist von der
Haarzwiebel umschlossen und mit
lockerem Bindegewebe ausgefüllt. Dort
findet in den sogenannten Mutterzellen der
Zellaufbau des Haares statt. Blutgefäße
ragen in die Papille hinein und versorgen
das Haar mit Nährstoffen und
transportieren Abfallstoffe ab.
Die innere Wurzelscheide ummantelt das
Haar. Sie besteht aus der
Wurzelscheidenkutikula, Huxleyschen
Schicht und der Henleschen Schicht. Die
Henlesche Schicht wiederum ist von der
äußeren Wurzelscheide umgeben. Diese ist
von der Glashaut umgeben. Die äußerste
Ummantelung ist die bindegewebige Wurzelschicht, die das Hautbindegewebe von der
Haarwurzel abtrennt.
Im oberen Drittel der Haarwurzel liegen eine oder mehrere Talgdrüsen. In diesem finden
täglich Zellteilungen statt. Die Zellen zersetzten sich und werden zum Talg, der aus
verschiedenen Fetten und aus Wachs besteht.
Die Haarwurzel steckt schräg in der Haut und kann durch den Haarbalgmuskel aufgerichtet
werden. Dieser ist willentlich nicht steuerbar sondern reagiert auf Kälte und Gemütsregungen.
Durch ständige Zellteilungen der Mutterzellen im Papillen- und unteren Haarzwiebelbereich
wird immer mehr Haarsubstanz gebildet und nach oben gedrückt. Bei dieser Bewegung findet
die Differenzierung in die einzelnen Haarbestandteile statt. Oberhalb der Zellteilungszone
orientieren sich die Zellen und beginnen zu verhornen (=keratinisieren). Sie nehmen die Form
an, die für die Bestandteile des sichtbaren Haares charakteristisch sind.
1.2. Haarschaft
Der Haarschaft besteht aus Haarmark, Rindensubstanz und Schuppenschicht:
1.2.1. Haarmark = Medulla
Die Medulla befindet sich in der Mitte des Haares. Sie macht nur sehr wenig der
Gesamthaarbreite aus.
Einen weitaus größeren Teil nimmt ein:
1.2.2. Rindensubstanz = Kortex
Der Kortex ist der größte Teil des voll keratinisierten Haares. Es besteht aus Schicht von dicht
gepackten, zylindrisch angeordneten Zellen. Diese
spindelförmigen Zellen sind miteinander verbunden. Ihre
lange Achse liegt parallel zur Faserrichtung.
Die Interzellularsubstanz der kortikalen Zellen nennt man
Matrix.
1.2.3. Schuppenschicht = Kutikula
Die Zellen der Kutikula sind besonders dünn und
plattenartig aufgebaut. Aufgrund ihrer besonders stark
vernetzten Struktur ist die Kutikula besonders
widerstandsfähig und hart. Sie hat die wichtigste
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Aufgabe, das Haarinnere zusammenzuhalten. (bei zu heftigem Kämmen oder Bürsten kann
diese Schicht verloren gehen Spliss, Haarbruch)
1.3. Chemischer Aufbau der Haare
Das Haar besteht zu 90% aus Keratinen. Keratin ist ein Polypeptid, also mehrere durch
Kondensation verbundene Aminosäuren. Besondere Bedeutung vor allem beim
Dauerwellprozess hat die Aminosäure Cystein. Im Haarkeratin kommt diese teilweise als
Cystin vor, also zwei mit einer Disulfid-Bindung verbundene Cystein-Moleküle.
Man unterscheidet zwischen α-Keratinen und β-Keratinen.
α-Keratine haben die Grundstruktur einer α-Helix (spiralige Polypeptidketten). In den α-
Helices kommen Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und Schwefel vor, was zu folgenden
Bindungen führt:
Disulfidbindung: Diese Bindung ist die stabilste. Dabei entsteht zwischen zwei SH-Gruppen
eine Atombindung.
Salzbrücke: auch die Salzbrücke ist ein stabile Verbindung. Sie kommt durch unterschiedlich
geladene Reste verschiedener Moleküle zustande.
Wasserstoffbrückenbindung: Die Wasserstoffbrückenbindung ist weniger stabil, allerdings
sehr zahlreich vertreten im α-Keratin. Dabei treten Wechselwirkungen zwischen einem
partiell negativen Sauerstoff einer OH-Gruppe und einem partiell positiven Wasserstoff auf.
Im feuchten Zustand werden diese Binungen gelöst und das α-Keratin wird
entspiralisiert. Dadurch entsteht β-Keratin (typische β-Faltblattstruktur). Die
Haare können dabei fast bis auf ihre doppelte Länge gestreckt werden.
Nun lässt sich näheres über den Aufbau des Kortex sagen: Die kleinste
Einheit ist ein α-Keratin. 3 umeinander gewundene α-Helices bilden eine
sogenannte Protofibrille. Mehrere Protofibrillen sind dann eine
Mikrofibrille, mehrere Mikrofibrillen eine Makrofibrille, mehrere
3
Makrofibrillen ein Faserstrang, mehrere Faserstränge ein Faserbündel und mehrere
Faserbündel bilden den Kortex.
1.3.1. Haarfarbe
Die Haarfarbe wird von in den Kortex(bzw. in die Matrix) eingestreuten Melanin-Pigmenten
bestimmt. Man unterscheidet Eumelanine von den Phäomelaninen. Eumelanine sind braune
bis schwarze Farbstoffe, die in Körnchen im Haar verteilt liegen. Die Phäomelanine liegen
feiner verteilt und unregemäßiger strukturiert im Haar. Diese Pigmente sind aus der
kondensierten Aminosäure Tyrosin aufgebaut, sie werden in speziellen Zellen, den
Melanozyten, im unteren Bereich der Haarzwiebel gebildet. Entscheidend für die Haarfarbe
ist allerdings nicht nur die chemische Zusammensetzung der Pigmentgranula (Granula =
runde Zelleinlagerungen), sondern auch ihre Anzahl und ihre genaue Lage im Kortex.
1.3.2. Eigenschaften der Haare
Das Haarfett, Sebum, ist am Haarschaft stark konzentriert, also müsste das Haar stark
hydrophob. Haare können aber auch sehr viel Wasser aufnehmen (Haare waschen! – bis zu
20% des eigengewichts), was wiederum für hydrphob hinweisen würde. Diesen Widerspruch
nennt man Benatzbarkeitsparadoxon. In Wirklichkeit ist das Haar auch hydrophob, doch die
Konzentration der Ionen im Inneren lebender Zellen (Haarwurzel) ist so hoch, dass das
Wasser leicht einströmt, aufgrund des osmotischen Gleichgewichts. Das aufgenommene
Wasser gelangt über die wasserdurchlässige Kopfhaut weiter in der Haarschaft und lässt das
Haar quellen.
Man könnte sagen, dass das Haar chemisch nur schwer beeinflussbar ist. Trotzdem können
Säuren und Basen das Haar schädigen. Als verträglich gelten Produkte im Bereich von pH-
Wert 5 bis 7.
Bei höheren pH-Werten, besonders im stärker alkalischen Bereich ab etwa pH 8, quillt das
Haar schnell und stark, wodurch sich die Kuticula leicht abspreizt. So können Wirkstoffe in
das Haar einfacher dringen. Doch ist diese Behandlung nicht folgenlos: Das ausgelaugte Haar
bekommt eine rauhe Oberfläche, läßt sich
schwer kämmen, ist stumpf und zeigt
Strukturschwäche.
Beim Friseur wird anschließend auch eine
Behandlung mit sauren Lösungen angewendet
da diese das Haar wieder entquellen.
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1.3.3. Funktionen der Haare
Sind: Schutz(vor UV-Strahlen, Kälte, Staubpartikeln), Empfindung(Berührung, Wind) und
Schmuck!
2. Dauerwelle
Bei einer Dauerwelle werden die Querverbindungen zwischen benachbarten Peptidketten
gelöst , das Haar in die gewünschte Form gebracht und neue Querverbindungen geschaffen.
Man unterscheidet:
Reduktion: Aufbrechen alter Bindungen
Oxidation: Errichten neuer Bindungen
2.1. Reduktion
Für den ersten Verfahrensschritt werden Alkalimetallsulfite(für Heißwellenpräparate) oder
Mercaptane(für Kaltwellenpräparate) verwendet.
Alkalimetallsulfite: Sulfit = Salz bzw. Ester der Schwefelsäure H2SO3,
Alkalimetalle = Elemente der 1. Hauptgruppe
z.B.: Me2SO3 = Alkali- oder Ammoniumsulfit (Me steht für Metall)
Mercaptane: = Alkanthiole = Stoffe mit einer oder mehreren SH-Gruppen = Thiol-Gruppen
als charakteristische/funktionelle Gruppe
entsprechen Alkoholen mit Schwefel statt Sauerstoff statt OH-Gruppe SH-
Gruppe
Abkömmlinge des Schwefelwasserstoffs H2S
wegen Eigenschaft Quecksilber zu binden Mercaptane, vom lat. Mercurium
captans: Quecksilber fangend
Das weltweit am häufigsten verwendete Reduktionsmittel ist die Thioglykolsäure:
HS-CH2-COOH =
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Bei der Reduktion werden nicht nur Disulfid-Brücken gelöst, sondern auch Salzbrücken und
Wasserstoffbrücken gelockert. Die wichtigste Reaktion ist die des Cystins zum Cystein.
Durch die Anlagerung von H werden die zwei Schwefelatome getrennt. In diesem Beispiel
wird Thioglykolat (=Salz der Thioglykolatsäure) verwendet:
R-S-S-R + 2 HS-CH2COO- R-SH + HS-R + -OOC-CH2-S-S-CH2-COO-
Die Reduktion (Elektronenaufnahme) ist allerdings reversibel (läuft nicht nur in eine
Richtung). Das bedeutet, dass die Konzentration der Reaktionspartner das Ausmaß der
Reaktion bestimmt.
Es werden also 20-25% der Disulfid-Bindungen gelöst.
Da die Reduktionsmittel allerdings sehr sauer sind und die Kopfhaut schädigen würden,
müssen zusätzlich Alkalisierungsmittel (Alkalisierung = Erhöhung des pH-Wertes, alkalische
Lösung ≅ basische Lösung) verwendet werden, die die Säure neutralisieren. Es können
anorganische Basen wie beispielsweise Ammoniak oder anorganische Basen verwendet
werden.
Ein Nachteil der ammoniakalischen Basen ist ihr schlechter Geruch, der der organischen
Basen ihre schlechte Hautverträglichkeit.
2.2. Oxidation
Nach der Umformung der Haare in die gewünschte Form werden die bei der Oxidation
gelösten Disulfid-Brücken mit sogenannten Fixiermitteln in der anderen Struktur wieder
geschlossen. Voraussetzung für den Oxidationsprozess ist, dass sich die Reaktionspartner in
geeigneter Entfernung voneinander befinden. Liegt eine Amino-Gruppe günstiger, können
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also auch -S-N-Bindungen entstehen. Ist gar kein geeigneter Reaktionspartner da, können die
Mercapto-Gruppen zu Sulfonsäure oxidiern.
Das Fixiermittel entreißt also den SH-Gruppen das H wieder und neue Disulfid-Brücken
bilden sich: R-SH + R-SH R-S-S-R
Nach dem Oxidationsprozess lässt sich die chemische Ausgangsstruktur der Haare nicht mehr
vollständig herstellen, das bedeutet, dass eine Dauerwelle die chemische Haarstruktur
irreversibel verändert.
Als Fixiermittel dienen Wasserstoffperoxid oder Fixiermittel auf Bromat-Basis.
Wasserstoffperoxid wird nur in geringen Konzentrationen verwendet (0,5 - 3 %
Massenanteil). Da dieser Stoff sehr aggressiv ist, kann es zu einer Aufhellung der Haare
kommen. Um die Lösung zu stabilisieren, müssen diesem Stoff noch Stabilisatoren
hinzugefügt werden. Dafür ist Wasserstoffperoxid vollkommen umweltfreunlich, da nur
Wasser übrig bleibt, außerdem für den Körper unbedenklich, da Wasserstoffperoxid durch das
körpereigene Enzym Katalase zersetzt werden kann.
Fixiermittel auf Bromat-Basis weisen keine Stabilitätsprobleme auf, sie sind unempfindlich
gegenüber Verunreinigungen und höherer Temperatur. Mit Fixiermitteln auf Bromat-Basis
kann keine Aufhellung der Haare zu Stande kommen, dafür sind diese Stoffe sehr teuer,
weniger hautfreundlich und man benötigt größere Mengen und eine längere Einwirkzeit.
2.3. Weitere Inhaltsstoffe
In Dauerwellpräparaten sind noch zahlreiche Hilfsstoffe enthalten.
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2.3.1. Farbstoffe und Duftstoffe
Farbstoffe unterstützen die Unterscheidung verschiedener Präparate mit verschiedener Stärke.
Sie müssen gegen Reduktionsmittel und Oxidationsmittel stabil sein, außerdem lichtecht und
dürfen nicht das Haar selbst verfärben. Gängige Farbstoffe für diesen Gebrauch sind: Azulen
(blau), Zuckercouleur (braun) und Chinongelb.
Duftstoffe sollten den Eigengeruch der Rohstoffe überdecken. (z.B. von Ammoniakalischen
Alkalisierungsmitteln)
2.3.2. Netzmittel und Emulgatoren
Grenzflächenaktive Substanzen (=Netzmittel, Emulgatoren) setzen die Oberflächenspannung
zwischen zwei Phasen herab (Haar – Dauerwellpräparat). Dadurch wird ein gleichmäßiges
Benetzen der Haare ermöglicht.
3. Färbung der Haare
Die Kombination von Schwarz-Braun-Pigmenten und Rot-Pigmenten bestimmen im
wesentlichen die Haarfarbe. Entscheidend für die Haarfarbe sind auch die farblosen Schuppen
an der Haaroberfläche. Je glatter diese Schuppenschicht, desto lebendiger und strahlender die
Farbe.
3.1. Natürliche Haarfärbemittel
Zu den natürlichen Haarfärbemitteln zählt Henna und Kamille.
Henna wir aus den zerriebenen Blättern des Cyperstrauchs gewonnen. Das
Pulver enthält ein Derivat des Farbstoffes 1,4-Naphtochinon, welcher die Haare orange
bis fuchsrot färben kann. Wird Henna mit dem gepulverten Blättern der Indigopflanze
gemischt können Färbungen von blond bis schwarz erzielt werden.
Kamillenextrakte verleihen dem Haar eine leicht gelbe Färbung. Vermutlich ist der
aufhellende Bestandteil der Kamillenextrakte ein Azulen-Derivat oder der gelbe Farbstoff
Apigenin.
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3.2. Chemische Haarfarbenveränderung
Die chemische Farbveränderung der Haare bietet ein sehr großes Spektrum an Farben.
Man unterscheidet daher auch verschiedene Arten/Verfahrensweisen die Haarfarbe zu
verändern:
Blondieren: Durch Blondieren kann man für das Haar eine leichte bis starke Aufhellung
erzielen. Diese wird durch eine oxidative Aufhellung von Haarpigmenten erzielt. Die Färbung
ist dauerhaft und erfordert auch nach dem Färbungsprozess viel Pflege.
Färben: Durch das Färben von Haaren können Haare aufgehellt und ganz andere Farbtöne
verwendet werden. Man kann auch ergrautes Haar 100%ig abdecken.
Das Haar wird dadurch dauerhaft gefärbt, allerdings ist nach ca. drei Wochen ein Nachwuchs
sichtbar und das Haar bedarf danach einiger Pflege.
Beim Tönen wird das Haar mit Naturfarbe bedeckt dadurch ergeben sich farbige Reflexe.
Teilweise kann durch das Tönen von Haaren graues Haar abgedeckt werden, doch die
gesamte Farbe hält nur 5 bis 10 Haarwäschen lang.
3.2.1. Blondieren
Da die Verbindungen im Haar relativ stabil sind muss man unter drastischen Bedingungen
arbeiten um das Haar zu einer Reaktion zu bringen.
Zuerst wird mit Hilfe einer Ammoniaklösung die Struktur der Haare mit Basen geöffnet,(also
die Schuppenschicht wird aufgespreizt). Erst in diesem Zustand kann Wasserstoffperoxid, der
eigentliche Wirkstoff, in das Haar eindringen. H2O2 greift zuerst die Phäomelanine und dann
die Eumelanine an und zersetzt diese. Es findet dabei eine starke Delokalisierung der
Elektronen statt, wodurch das Erscheinungsbild, die Farbe zerstört wird. Je länger das
blondiermittel auf den Haaren bleibt, umso heller wird das Farbergebnis.
Nach dem einwirken des Blondiermittels, wird das Haar gewaschen. Das dient nicht nur zur
Befreiung vom Blondiermittel, sondern auch zur Neutralisierung der Haare und zum
Zusammenziehen, sodass die Schuppenschicht wieder geschlossen wird, da das Shampoo ein
leicht saures Milieu hat. Zu beachten ist, dass die Pigmente oxidativ und irreversibel zerstört
werden.
Eumelanin, durch Zugabe von Wasserstoffperoxid, reagiert dieses in
einer sehr komplexen chemischen Reaktion, bei der die Elektronen
stark delokalisiert werden und dadurch die Farbe verloren geht.
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Die Konzentration von Wassersoffperoxid im Blondiermittel beträgt etwa 6 – 12 %. Neben
dem eigentlichen Blondiermittel (also Oxidationsmittel Wasserstoffperoxid bzw.
Wasserstoffsuperoxid) befinden sich auch noch Stabilisatoren, Quellmittel, Netzmittel und
Schutzstoffe, die das Keratin schonen sollen.
3.2.2. Färben
Beim Färben der Haare kommt es zur Oxidation.
Im ersten Schritt werden die Haare mit Hilfe von NH3, das in Wasser gelöst als NH4OH
vorkommt, wird das Haar gequillt. So können die Farbbasen besser an den Wirkungsort
gelangen. Gleichzeitig wird der Sauerstoff vom Wasserstoffperoxid freigesetzt. Dieser aktive
Sauerstoff wirkt auf die Naturpigmente ein und hellt diese ein wenig auf. Er führt zur
Oxidation der Farbbildner, die dann zu Pigmenten oxidieren und fest ins Haar eingelagert
werden.
Bei den Farbbildnern unterscheidet man zwei Klassen:
Oxidationsfarbbasen: bestimmen die Farbintensität, decken graue Haare ab
Nuancierungsfarbstoffe: verschiedene Reflexe im Haar Farbton
Als Farbbildner werden zum Beispiel leichte oxidierbare aromatische Verbindungen
verwendet, die am Benzolring mindestens zwei Elektronendonatorgruppen haben. (Stoff
oxidiert = gibt Elektronen ab = Elektronendonator)
Im Haarfärbemittel sind allerdings gleichzeitig Antioxidanten enthalten, die verhindern, dass
die Farbbildner zu früh und unkontrolliert oxidieren.
Farbbildung am Beispiel von 1,4-Diaminobenzol
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3.2.3. Tönen
Beim Tönen werden in einer stark schäumende Shampoo-, Seifen- oder Cremebasis
Farbstoffe gemischt, die eine hohe Affinität zum Keratin haben. Diese Stoffe lagern sich dann
an die Haaroberfläche an und umgeben das Haar mit einer zusätzlichen Pigmentschicht. Die
Farbe wäscht sich allerdings nach einigen Tagen wieder heraus.
Die Zusammensetztung von Tönungsmittels entspricht in etwa der der Festiger.
Charakteristisch ist ihr Farbstoff. Dieser muss folgende Eigenschaften haben: Hohe Affinität
zum Haarkeratin, Auswaschbarkeit nach einigen Haarwäschen, ausreichende Lichtechtheit
und gute Abreibebeständigkeit (Kopfpolster, Kleidungsstücke). Man verwendet daher meist
Farbstoffe aus der Textilfärbeindustrie. Dabei handelt es sich um Azo- und
Triphenylmethanfarbstoffe und Anthrachinon- und Indaminfarbstoffe. Für länger anhaltende
Farbeffekte werden Nitr-Farbstoffe verwendet.
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3.2.4. Abziehen
Die Beseitigung der Haarfärbung nennt man Abziehen. Als Abziehmittel werden Blondier-
und Reduktionsmittel wie Hydrogensulfite, Natriumsulfat und Formaldehydsulfate in sauren
Lösungen (Oxal-, Wein-, Zitronensäure) verwendet.
Beim Abziehen werden die Oxidationsfarbstoffe teilweise ausgewaschen. Abbauprodukte, die
nicht entfernbar sind, oxidieren nach einiger Zeit durch die Einwirkung von Luftsauerstoff,
wodurch das Haar etwas nachdunkelt. Will man das verhindern, ist eine Spülung nach der
Reaktion notwendig.
4. Shampoos
Ein Shampoo soll gut reinigen und schäumen. Zusätzlich muss ein Shampoo mild, verträglich
und praktisch sein. Darum bestehen Shampoos heute aus 10 – 20 Inhaltsstoffen. Diese lassen
sich jedoch in drei Gruppen gliedern:
Waschrohstoffe sind die Tenside ..... zur Haarreinigung.
Wirkstoffe und Pflegeprodukte behandeln das Haar speziell für jeden Typ mit bestimmten
Haar- oder Kopfhautproblemen.
4.1.1. Tenside
Basiswissen: Wasser strebt stets eine möglichst geringe Oberfläche an. D.h. es setzt jeder
oberflächenvergrößernden Formveränderung eine Kraft entgegen. Diese Kraft heißt
Oberflächenspannung oder Grenzflächenspannung. Für einen effektiven Waschvorgang muss
die Grenzflächenspannung reduziert werden, da sonst die Benetzung schlecht funktioniert
(vgl. Fett auf Teller). Dafür verwendet man Substanzen, die die Eigenschaft haben sich an
Grenzflächen zu verteilen. Solche Stoffe bestehen aus zwei Molekülbereichen:
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Polarer Teil: hydrophil
Unpolarer Teil: hydrophil
Solche sogenannte grenzflächenaktive Stoffe nennt man
auch Tenside. Gibt man sie in Wasser, verteilen sie sich
auf der Wasseroberfläche. Der hydrophile Teil ist im
Wasser gelöst. Der hydrophobe Teil ragt aus dem Wasser
heraus. Dadurch wird die Grenzflächenspannung stark
gesenkt.
Wasserunlösliche Verschmutzungen werden von hydrophoben Teil der Tenside erfasst. Durch
mechanische Beanspruchung (Bewegung) werden diese zerkleinert, bis sich schließlich
sogenannte Micellen bilden. Micellen sind kugelförmige
Einheiten, bei denen der hydrophobe Anteil nach Innen weist. Im
Inneren der Kügelchen befindet sich der Schmutz, der so in der
Lösung gehalten wird.
Die Anforderungen an Tenside sind sehr hoch. Sie müssen:
gut schäumen
weder zu dünn- noch zu dickflüssig sein
im harten als auch im weichen Bereich ihre Eigenschaften entwickeln können
mit den anderen Shampoobestandteilen harmonieren
biologisch abbaubar sein
Anionische und amphotere Tenside haben diese Eigenschaften und finden darum auch
Anwendung in den Haarwaschmitteln.
Die Einteilung der Tenside erfolgt nach dem hydrophilen Teil, da der hydrophobe Teil
praktisch immer ein langkettiger Kohlenwasserstoffrest ist.
Anionische Tenside tragen im hydrophoben Teil eine negative Ladung. Sie reagieren in
Wasser basisch:
R-COO- + H2O R-COOH + OH-
Diese Reaktion kann zum Austrocknen der Haut führen, ist aber bei gesunder Haut
unbedenklich.
z. B. Alkylsulfate (Fettalkylsulfate FAS) sind „Halbesther“ zwischen Schwefelsäure und
Fettalkoholen. Diese haben ein gutes Reinigungs- und Schaumvermögen. Allerdings sind sie
empfindlich gegen Wasserhärte, schlecht kältelöslich und haben eine geringe
Hautverträglichkeit (Ausgleich durch Mischung mit anderen Tensiden!).
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Amphotere Tenside sind in ihrer Molekülstruktur durch zwei unterschiedliche funktionelle
Gruppen, und zwar eine anionische und eine kationische, gekennzeichnet. Die Amphotenside
sind sehr hautverträglich.
In Haarshampoos kommen sie immer kombiniert vor. Außerdem sind in Haarwaschmitteln
noch eine Reihe von Hilfsstoffen enthalten:
Für eine bessere Verträglichkeit: beispielsweise nichtionische Substanzen und Silicon-
Tenside
Als Rückfetter: nichtionische Tenside und natürliche Öle
Feuchthaltemittel, Verdicker, Stabilisierende Substanzen, Parfums, Farbstoffe und
Perlglanzmittel.
(Nichtionische Tenside: = Niotenside; besitzen ungeladene polare Gruppe)
5. Pflegeprodukte
Haarkuren und –spülungen, Kurpackungen, Frisiermittel, Haarwässer und viele andere mehr
dienen verschiedensten Zwecken und sind deshalb auch sehr verschieden zusammengesetzt.
In ihren Grundstoffen sind sie allerdings gleich, denn alle setzten sich aus Grundstoffen,
Emulgatoren, Hilfsstoffen und den jeweiligen speziellen Wirkstoffen zusammen.
5.1. Grundstoffe
Sie sind die Trägermasse also die Grundlage des Produkts, die gewährleisten soll, dass die für
die Wirkung notwendigen Substanzen ihren Nutzen möglichst optimal entfalten können. Als
Grundstoffe dienen Fettalkohole, Wachse, Paraffine, Vaseline, Parafinöl und Lösungsmittel.
Fettalkohole sind weiche, farblose, überwiegend geruchlose und gut hautverträgliche Massen.
Sie sind in Wasser unlöslich, aber leicht zu einer Emulsion verarbeitbar. In den Kosmetika
werden geradkettige, 12-14 C-Atome lange Fettalkohole verwendet.
Wachse sind Fettsäureesther, die in tierischen und pflanzlichen Produkten vorkommen
(Bienenwachs), aber auch synthetisch hergestellt werden können. Sie sind in Wasser unlöslich
und in der Regel halbfest.
Paraffine sind Gemische aus Alkanen mit 18-32 Kohlenstoffatomen.
Vaseline ist ein Gemisch aus verzweigtkettigen Alkanen mit einem geringen Anteil an
zyklischen Alkanen. Es besteht aus flüssigen und festen Alkanen.
Paraffinöl ist ein Gemisch von gesättigten, flüssigen Kohlenwasserstoffen, das unlöslich in
wasser, aber mischbar mit Fettalkoholen und Wachsen ist. Das Paraffinöl wird zur
Konzistenzregelung verwendet.
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Als Lösungsmittel dienen Ethanol und Isopropanol. Beide Flüssigkeiten sind klar, farblos und
angenehm riechend.
5.2. Emulgatoren
Emulgatoren sind Stoffe, die dazu dienen, Flüssigkeiten, die eigentlich nicht mischbar sind,
zu einer Emulsion zu verarbeiten. Das heißt sie setzten die Grenzflächenspannung zwischen
den beiden Stoffen herab. Das Emulgatormolekül muss dafür über eine hydrophobe und eine
hydophile Gruppe verfügen.
Die bekanntesten Emulgatoren sind Seifen mit der Carboxyl-Gruppe als hydrophilen Teil und
einem 12-20 C-Atome langen hydrophoben Teil.
5.3. Hilfsstoffe
Aufgabe der Hilfsstoffe ist es, bestimmte Eigenschaften der Haarpflegemittel wie die
Temperatur- und Lichtstabilität, das Aussehen und den Geruch zu verbessern und deren
Herstellung zu erleichtern. Je nach Bedarf werden als Hilfsstoffe eingesetzt:
Verdickungsmittel, Komplexbildner (um Schwermetallspuren, die als Verunreinigungen aus
Rohstoffen eingeschleppt werden können zu binden), UV-Absorber(schützen vor z.B.
Verfärbungen durch Licht), Konservierungsmittel, Antioxidantien(verhindern Ranzigkeit =
Fette zerfallen durch Oxidation), Farbstoffe und Parfumöle.
5.4. Spezielle Wirkstoffe
Diese werden im Produkt eingesetzt um eine eindeutig nachweisbare Wirkung zu erzielen.
Zum Beispiel weniger Schuppen, Antispliss, glattes, geschmeidiges Haar, uvam.
Wichtig sind quartäre Ammonium-Verbindungen. Das Keratin der Haare
enthält aufgrund seiner Aminosäuren-Zusammensetztung einen Überschuss
an sauren Gruppen, besonders bei geschädigtem Haar ist das der Fall. Es
kommt zu überwiegend negativen Ladungen, die sich verantwortlich für
eine schlechter Kämmbarkeit, den Griff und die statische Aufladung. Die
positiv geladenen Ammonium-Verbindungen können über Salzbrücken an das Haar spülfest
gebunden werden. Dadurch können die schlechten Eigenschaften des geschädigten Haares
verbessert werden.
Polymere quartäre Ammonium-Verbindungen erhöhen die Haftfähigeit am Haar. Außerdem
ist ihre Dosierung so niedrig zu halten, dass keine Addition eintritt, durch die das Haar so
schwer werden würde, dass es in Strähnen bildet.
Es gibt drei Klassen von quartären Ammonium-Verbindungen:
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Monomere quart. NH4+-Verbindung = wasserfest
Polymere -- = shampoofest
Polymere -- = behandlungsfest(Kaltwelle, Färbung)
6. Festiger
Die Grundbestandteile der Festiger sind Filmbildner, Lösungsmittel und Weichmacher.
Filmbildner sind Stoffe, die sich wie ein dünner, nicht zusammenhängender „Film“ auf die
Haare legen und ihr Gleiten aneinander verhindern. Sie beschweren auch das Haar und
verhindern fliegende Haare.
Lösungsmittel sind sozusagen nur die Überträgersubstanz. Die eigentlichen Wirkstoffe sind in
dem Lösungsmittel gelöst. Nach dem Auftragen auf die Haare verdampft das Lösungsmittel
und die Wirkstoffe bleiben zurück.
Die nichtflüchtigen Filmbildner und die anderen nicht verdampften Bestandteile bilden nach
dem Verdampfen der andern Stoffe einen dünnen, nicht zusammenhängenden Film.
Zurück bleiben kleine Partikel, die ein Gleiten der Haare aneinander verhindern und so der
Frisur Halt geben. Durch Kämmen und Bürsten werden die Partikel nach und nach entfernt.
Darum lässt auch die Wirkung des Festigers nach.
Weichmacher halten den Film geschmeidig, damit dieser nicht bricht.
Man unterscheidet: Haarfestiger, Haarsprays und Stylingschäume
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6.1. Haarfestiger
Die meist flüssigen Haarfestiger werden auf das gewaschene und frottierte Haar aufgetragen,
danach werden die Haare geformt (z.B.Lockenwickler).
Filmbildner sind Harze wie beispielsweise Vinylpyrrolidon-Copolymere.
Harze = Stoffe, mit höherer Viskosität; Copolymer =Poly...viel,mehrere;
-mer...Einheiten; Co-... zusammen, gemeinsam? Coploymere sind
Polymere, die sich aus verschiedenartigen Monomeren
zusammensetzten!
Vinylpyrrolidon löst sich in vielen organischen Lösungsmitteln. Es neigt
zu spontanen Reaktionen und muss deshalb mit Stabilisatoren von einer
unerwünschten Reaktion abgehalten werden. Es wird oft als Verdickungsmittel verwendet.
Vinylpyrrolidon wird meist mit anderen ähnlichen Stoffen gemischt (z.B. Vinylacetat).
Lösungsmittel sind wässrige, alkoholische Mischungen zum Beispiel Ethanol, iso- oder n-
Propanol. (Isopropanol = 2-Propanol = einfachster, nicht zyklischer, sekundärer Alkohol; n-
Propanol = Propanol: mit 3 C-Atomen, mit
OH-Gruppe an 1,2,3 C-Atom)
Weichmacher können Polyglykole sein. (Glykole = Diole
(Alkohol mit 2 OH-Gruppen – zweiwertiger Alkohol) die
sich von Ethylenglycol ableiten)
6.2. Haarspray
Haarspray trägt man auf die fertige Frisur auf.
Zur schnellen Trocknung enthalten Haarsprays kein oder kaum Wasser, also nur organische
Lösungsmittel wie Ethanol oder Isopropanol.
Als Filmbildner werden häufig Kunstharze eingesetzt wie Copolymerisate (= neuere
Bezeichnung für Mischpolymerisate) aus Polyvinylpyrrolidon (PVP)
und Polyvinylacetat (PVA) sowie Copolymerisate aus PVA und
Crotonsäure (= ungesättigte, kurzkettige Carbonsäure), die mit
Aminoalkoholen (Stoffe mit NH2- und OH-Gruppen)
teilneutralisiert wurden.
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Treibmittel in Haarsprays sind vor allem Kohlenwasserstoffe und Dimethylether (Ether = R-
O-R). Sie verbinden sich nicht mit den anderen Inhaltsstoffen. (=Treibgase!)
6.3. Stylingschäume
Es gibt zwei verschiedene Arten von Stylingschäumen: Solche, die wie Festiger wirken und
nicht ausgespült werden und solche, die nach einer bestimmten Einwirkzeit wieder ausgespült
werden. Der Vorteil von Schäumen liegt in der geringen Trocknungszeit und der guten
Dosierbarkeit.
Filmbildner bei Stylingschäumen können sein:
PVP / PVA
Dimethyldantoin / Formaldehyd-Harz (Formaldehyd = Methanal =Aldehyd)
Polyacryl-Harze
Lösungsmittel ist meistens Wasser.
Quellen:www.chids.dewww.chemgapedia.dewww.afro-dite.atwww.wikipedia.orgChemie-BuchHaare – Skriptum
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