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Das Haar 1.Anatomie Haare sind biegsame und zugfeste Hornfäden, die in trichterförmigen Einstülpungen der Haut (=Haartrichter) stecken. Haar lassen sich in zwei Abschnitte gliedern: Haarschaft = ragt frei aus der Haut heraus, nicht lebend (verhornt Zellen – abgestorben!) Haarwurzel = steckt in der Haut, lebend (Zellteilungen und biologische Veränderungen) 1.1. Haarwurzel Haarwurzeln sind einfache Organe. Sie reichen von der obersten Schicht der Haut bis zur Lederhaut, teilweise bis zum Fettgewebe reichen. Die Haut ist folgendermaßen geschichtet: Oberhaut (Epidermis), Lederhaut (Dermis) und unterhaut (Subkutis), darunter liegt eine isolierende Fettschicht. Die Haarwurzel besteht aus: Haarzwiebel: liegt am unteren Ende, dicker als der Rest (zwiebelförmig) Haarpapille: Die Papille ist von der Haarzwiebel umschlossen und mit lockerem Bindegewebe ausgefüllt. Dort findet in den sogenannten

Haar

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Page 1: Haar

Das Haar

1. Anatomie

Haare sind biegsame und zugfeste Hornfäden, die in trichterförmigen Einstülpungen der Haut

(=Haartrichter) stecken. Haar lassen sich in zwei Abschnitte gliedern:

Haarschaft = ragt frei aus der Haut heraus, nicht lebend (verhornt Zellen –

abgestorben!)

Haarwurzel = steckt in der Haut, lebend (Zellteilungen und biologische

Veränderungen)

1.1. Haarwurzel

Haarwurzeln sind einfache Organe. Sie reichen von der obersten Schicht der Haut bis zur

Lederhaut, teilweise bis zum Fettgewebe reichen.

Die Haut ist folgendermaßen geschichtet: Oberhaut (Epidermis), Lederhaut (Dermis) und

unterhaut (Subkutis), darunter liegt eine isolierende Fettschicht.

Die Haarwurzel besteht aus:

Haarzwiebel: liegt am unteren Ende, dicker als der Rest (zwiebelförmig)

Haarpapille: Die Papille ist von der

Haarzwiebel umschlossen und mit

lockerem Bindegewebe ausgefüllt. Dort

findet in den sogenannten Mutterzellen der

Zellaufbau des Haares statt. Blutgefäße

ragen in die Papille hinein und versorgen

das Haar mit Nährstoffen und

transportieren Abfallstoffe ab.

Die innere Wurzelscheide ummantelt das

Haar. Sie besteht aus der

Wurzelscheidenkutikula, Huxleyschen

Schicht und der Henleschen Schicht. Die

Henlesche Schicht wiederum ist von der

äußeren Wurzelscheide umgeben. Diese ist

von der Glashaut umgeben. Die äußerste

Page 2: Haar

Ummantelung ist die bindegewebige Wurzelschicht, die das Hautbindegewebe von der

Haarwurzel abtrennt.

Im oberen Drittel der Haarwurzel liegen eine oder mehrere Talgdrüsen. In diesem finden

täglich Zellteilungen statt. Die Zellen zersetzten sich und werden zum Talg, der aus

verschiedenen Fetten und aus Wachs besteht.

Die Haarwurzel steckt schräg in der Haut und kann durch den Haarbalgmuskel aufgerichtet

werden. Dieser ist willentlich nicht steuerbar sondern reagiert auf Kälte und Gemütsregungen.

Durch ständige Zellteilungen der Mutterzellen im Papillen- und unteren Haarzwiebelbereich

wird immer mehr Haarsubstanz gebildet und nach oben gedrückt. Bei dieser Bewegung findet

die Differenzierung in die einzelnen Haarbestandteile statt. Oberhalb der Zellteilungszone

orientieren sich die Zellen und beginnen zu verhornen (=keratinisieren). Sie nehmen die Form

an, die für die Bestandteile des sichtbaren Haares charakteristisch sind.

1.2. Haarschaft

Der Haarschaft besteht aus Haarmark, Rindensubstanz und Schuppenschicht:

1.2.1. Haarmark = Medulla

Die Medulla befindet sich in der Mitte des Haares. Sie macht nur sehr wenig der

Gesamthaarbreite aus.

Einen weitaus größeren Teil nimmt ein:

1.2.2. Rindensubstanz = Kortex

Der Kortex ist der größte Teil des voll keratinisierten Haares. Es besteht aus Schicht von dicht

gepackten, zylindrisch angeordneten Zellen. Diese

spindelförmigen Zellen sind miteinander verbunden. Ihre

lange Achse liegt parallel zur Faserrichtung.

Die Interzellularsubstanz der kortikalen Zellen nennt man

Matrix.

1.2.3. Schuppenschicht = Kutikula

Die Zellen der Kutikula sind besonders dünn und

plattenartig aufgebaut. Aufgrund ihrer besonders stark

vernetzten Struktur ist die Kutikula besonders

widerstandsfähig und hart. Sie hat die wichtigste

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Page 3: Haar

Aufgabe, das Haarinnere zusammenzuhalten. (bei zu heftigem Kämmen oder Bürsten kann

diese Schicht verloren gehen Spliss, Haarbruch)

1.3. Chemischer Aufbau der Haare

Das Haar besteht zu 90% aus Keratinen. Keratin ist ein Polypeptid, also mehrere durch

Kondensation verbundene Aminosäuren. Besondere Bedeutung vor allem beim

Dauerwellprozess hat die Aminosäure Cystein. Im Haarkeratin kommt diese teilweise als

Cystin vor, also zwei mit einer Disulfid-Bindung verbundene Cystein-Moleküle.

Man unterscheidet zwischen α-Keratinen und β-Keratinen.

α-Keratine haben die Grundstruktur einer α-Helix (spiralige Polypeptidketten). In den α-

Helices kommen Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und Schwefel vor, was zu folgenden

Bindungen führt:

Disulfidbindung: Diese Bindung ist die stabilste. Dabei entsteht zwischen zwei SH-Gruppen

eine Atombindung.

Salzbrücke: auch die Salzbrücke ist ein stabile Verbindung. Sie kommt durch unterschiedlich

geladene Reste verschiedener Moleküle zustande.

Wasserstoffbrückenbindung: Die Wasserstoffbrückenbindung ist weniger stabil, allerdings

sehr zahlreich vertreten im α-Keratin. Dabei treten Wechselwirkungen zwischen einem

partiell negativen Sauerstoff einer OH-Gruppe und einem partiell positiven Wasserstoff auf.

Im feuchten Zustand werden diese Binungen gelöst und das α-Keratin wird

entspiralisiert. Dadurch entsteht β-Keratin (typische β-Faltblattstruktur). Die

Haare können dabei fast bis auf ihre doppelte Länge gestreckt werden.

Nun lässt sich näheres über den Aufbau des Kortex sagen: Die kleinste

Einheit ist ein α-Keratin. 3 umeinander gewundene α-Helices bilden eine

sogenannte Protofibrille. Mehrere Protofibrillen sind dann eine

Mikrofibrille, mehrere Mikrofibrillen eine Makrofibrille, mehrere

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Page 4: Haar

Makrofibrillen ein Faserstrang, mehrere Faserstränge ein Faserbündel und mehrere

Faserbündel bilden den Kortex.

1.3.1. Haarfarbe

Die Haarfarbe wird von in den Kortex(bzw. in die Matrix) eingestreuten Melanin-Pigmenten

bestimmt. Man unterscheidet Eumelanine von den Phäomelaninen. Eumelanine sind braune

bis schwarze Farbstoffe, die in Körnchen im Haar verteilt liegen. Die Phäomelanine liegen

feiner verteilt und unregemäßiger strukturiert im Haar. Diese Pigmente sind aus der

kondensierten Aminosäure Tyrosin aufgebaut, sie werden in speziellen Zellen, den

Melanozyten, im unteren Bereich der Haarzwiebel gebildet. Entscheidend für die Haarfarbe

ist allerdings nicht nur die chemische Zusammensetzung der Pigmentgranula (Granula =

runde Zelleinlagerungen), sondern auch ihre Anzahl und ihre genaue Lage im Kortex.

1.3.2. Eigenschaften der Haare

Das Haarfett, Sebum, ist am Haarschaft stark konzentriert, also müsste das Haar stark

hydrophob. Haare können aber auch sehr viel Wasser aufnehmen (Haare waschen! – bis zu

20% des eigengewichts), was wiederum für hydrphob hinweisen würde. Diesen Widerspruch

nennt man Benatzbarkeitsparadoxon. In Wirklichkeit ist das Haar auch hydrophob, doch die

Konzentration der Ionen im Inneren lebender Zellen (Haarwurzel) ist so hoch, dass das

Wasser leicht einströmt, aufgrund des osmotischen Gleichgewichts. Das aufgenommene

Wasser gelangt über die wasserdurchlässige Kopfhaut weiter in der Haarschaft und lässt das

Haar quellen.

Man könnte sagen, dass das Haar chemisch nur schwer beeinflussbar ist. Trotzdem können

Säuren und Basen das Haar schädigen. Als verträglich gelten Produkte im Bereich von pH-

Wert 5 bis 7.

Bei höheren pH-Werten, besonders im stärker alkalischen Bereich ab etwa pH 8, quillt das

Haar schnell und stark, wodurch sich die Kuticula leicht abspreizt. So können Wirkstoffe in

das Haar einfacher dringen. Doch ist diese Behandlung nicht folgenlos: Das ausgelaugte Haar

bekommt eine rauhe Oberfläche, läßt sich

schwer kämmen, ist stumpf und zeigt

Strukturschwäche.

Beim Friseur wird anschließend auch eine

Behandlung mit sauren Lösungen angewendet

da diese das Haar wieder entquellen.

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Page 5: Haar

1.3.3. Funktionen der Haare

Sind: Schutz(vor UV-Strahlen, Kälte, Staubpartikeln), Empfindung(Berührung, Wind) und

Schmuck!

2. Dauerwelle

Bei einer Dauerwelle werden die Querverbindungen zwischen benachbarten Peptidketten

gelöst , das Haar in die gewünschte Form gebracht und neue Querverbindungen geschaffen.

Man unterscheidet:

Reduktion: Aufbrechen alter Bindungen

Oxidation: Errichten neuer Bindungen

2.1. Reduktion

Für den ersten Verfahrensschritt werden Alkalimetallsulfite(für Heißwellenpräparate) oder

Mercaptane(für Kaltwellenpräparate) verwendet.

Alkalimetallsulfite: Sulfit = Salz bzw. Ester der Schwefelsäure H2SO3,

Alkalimetalle = Elemente der 1. Hauptgruppe

z.B.: Me2SO3 = Alkali- oder Ammoniumsulfit (Me steht für Metall)

Mercaptane: = Alkanthiole = Stoffe mit einer oder mehreren SH-Gruppen = Thiol-Gruppen

als charakteristische/funktionelle Gruppe

entsprechen Alkoholen mit Schwefel statt Sauerstoff statt OH-Gruppe SH-

Gruppe

Abkömmlinge des Schwefelwasserstoffs H2S

wegen Eigenschaft Quecksilber zu binden Mercaptane, vom lat. Mercurium

captans: Quecksilber fangend

Das weltweit am häufigsten verwendete Reduktionsmittel ist die Thioglykolsäure:

HS-CH2-COOH =

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Page 6: Haar

Bei der Reduktion werden nicht nur Disulfid-Brücken gelöst, sondern auch Salzbrücken und

Wasserstoffbrücken gelockert. Die wichtigste Reaktion ist die des Cystins zum Cystein.

Durch die Anlagerung von H werden die zwei Schwefelatome getrennt. In diesem Beispiel

wird Thioglykolat (=Salz der Thioglykolatsäure) verwendet:

R-S-S-R + 2 HS-CH2COO- R-SH + HS-R + -OOC-CH2-S-S-CH2-COO-

Die Reduktion (Elektronenaufnahme) ist allerdings reversibel (läuft nicht nur in eine

Richtung). Das bedeutet, dass die Konzentration der Reaktionspartner das Ausmaß der

Reaktion bestimmt.

Es werden also 20-25% der Disulfid-Bindungen gelöst.

Da die Reduktionsmittel allerdings sehr sauer sind und die Kopfhaut schädigen würden,

müssen zusätzlich Alkalisierungsmittel (Alkalisierung = Erhöhung des pH-Wertes, alkalische

Lösung ≅ basische Lösung) verwendet werden, die die Säure neutralisieren. Es können

anorganische Basen wie beispielsweise Ammoniak oder anorganische Basen verwendet

werden.

Ein Nachteil der ammoniakalischen Basen ist ihr schlechter Geruch, der der organischen

Basen ihre schlechte Hautverträglichkeit.

2.2. Oxidation

Nach der Umformung der Haare in die gewünschte Form werden die bei der Oxidation

gelösten Disulfid-Brücken mit sogenannten Fixiermitteln in der anderen Struktur wieder

geschlossen. Voraussetzung für den Oxidationsprozess ist, dass sich die Reaktionspartner in

geeigneter Entfernung voneinander befinden. Liegt eine Amino-Gruppe günstiger, können

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Page 7: Haar

also auch -S-N-Bindungen entstehen. Ist gar kein geeigneter Reaktionspartner da, können die

Mercapto-Gruppen zu Sulfonsäure oxidiern.

Das Fixiermittel entreißt also den SH-Gruppen das H wieder und neue Disulfid-Brücken

bilden sich: R-SH + R-SH R-S-S-R

Nach dem Oxidationsprozess lässt sich die chemische Ausgangsstruktur der Haare nicht mehr

vollständig herstellen, das bedeutet, dass eine Dauerwelle die chemische Haarstruktur

irreversibel verändert.

Als Fixiermittel dienen Wasserstoffperoxid oder Fixiermittel auf Bromat-Basis.

Wasserstoffperoxid wird nur in geringen Konzentrationen verwendet (0,5 - 3 %

Massenanteil). Da dieser Stoff sehr aggressiv ist, kann es zu einer Aufhellung der Haare

kommen. Um die Lösung zu stabilisieren, müssen diesem Stoff noch Stabilisatoren

hinzugefügt werden. Dafür ist Wasserstoffperoxid vollkommen umweltfreunlich, da nur

Wasser übrig bleibt, außerdem für den Körper unbedenklich, da Wasserstoffperoxid durch das

körpereigene Enzym Katalase zersetzt werden kann.

Fixiermittel auf Bromat-Basis weisen keine Stabilitätsprobleme auf, sie sind unempfindlich

gegenüber Verunreinigungen und höherer Temperatur. Mit Fixiermitteln auf Bromat-Basis

kann keine Aufhellung der Haare zu Stande kommen, dafür sind diese Stoffe sehr teuer,

weniger hautfreundlich und man benötigt größere Mengen und eine längere Einwirkzeit.

2.3. Weitere Inhaltsstoffe

In Dauerwellpräparaten sind noch zahlreiche Hilfsstoffe enthalten.

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Page 8: Haar

2.3.1. Farbstoffe und Duftstoffe

Farbstoffe unterstützen die Unterscheidung verschiedener Präparate mit verschiedener Stärke.

Sie müssen gegen Reduktionsmittel und Oxidationsmittel stabil sein, außerdem lichtecht und

dürfen nicht das Haar selbst verfärben. Gängige Farbstoffe für diesen Gebrauch sind: Azulen

(blau), Zuckercouleur (braun) und Chinongelb.

Duftstoffe sollten den Eigengeruch der Rohstoffe überdecken. (z.B. von Ammoniakalischen

Alkalisierungsmitteln)

2.3.2. Netzmittel und Emulgatoren

Grenzflächenaktive Substanzen (=Netzmittel, Emulgatoren) setzen die Oberflächenspannung

zwischen zwei Phasen herab (Haar – Dauerwellpräparat). Dadurch wird ein gleichmäßiges

Benetzen der Haare ermöglicht.

3. Färbung der Haare

Die Kombination von Schwarz-Braun-Pigmenten und Rot-Pigmenten bestimmen im

wesentlichen die Haarfarbe. Entscheidend für die Haarfarbe sind auch die farblosen Schuppen

an der Haaroberfläche. Je glatter diese Schuppenschicht, desto lebendiger und strahlender die

Farbe.

3.1. Natürliche Haarfärbemittel

Zu den natürlichen Haarfärbemitteln zählt Henna und Kamille.

Henna wir aus den zerriebenen Blättern des Cyperstrauchs gewonnen. Das

Pulver enthält ein Derivat des Farbstoffes 1,4-Naphtochinon, welcher die Haare orange

bis fuchsrot färben kann. Wird Henna mit dem gepulverten Blättern der Indigopflanze

gemischt können Färbungen von blond bis schwarz erzielt werden.

Kamillenextrakte verleihen dem Haar eine leicht gelbe Färbung. Vermutlich ist der

aufhellende Bestandteil der Kamillenextrakte ein Azulen-Derivat oder der gelbe Farbstoff

Apigenin.

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Page 9: Haar

3.2. Chemische Haarfarbenveränderung

Die chemische Farbveränderung der Haare bietet ein sehr großes Spektrum an Farben.

Man unterscheidet daher auch verschiedene Arten/Verfahrensweisen die Haarfarbe zu

verändern:

Blondieren: Durch Blondieren kann man für das Haar eine leichte bis starke Aufhellung

erzielen. Diese wird durch eine oxidative Aufhellung von Haarpigmenten erzielt. Die Färbung

ist dauerhaft und erfordert auch nach dem Färbungsprozess viel Pflege.

Färben: Durch das Färben von Haaren können Haare aufgehellt und ganz andere Farbtöne

verwendet werden. Man kann auch ergrautes Haar 100%ig abdecken.

Das Haar wird dadurch dauerhaft gefärbt, allerdings ist nach ca. drei Wochen ein Nachwuchs

sichtbar und das Haar bedarf danach einiger Pflege.

Beim Tönen wird das Haar mit Naturfarbe bedeckt dadurch ergeben sich farbige Reflexe.

Teilweise kann durch das Tönen von Haaren graues Haar abgedeckt werden, doch die

gesamte Farbe hält nur 5 bis 10 Haarwäschen lang.

3.2.1. Blondieren

Da die Verbindungen im Haar relativ stabil sind muss man unter drastischen Bedingungen

arbeiten um das Haar zu einer Reaktion zu bringen.

Zuerst wird mit Hilfe einer Ammoniaklösung die Struktur der Haare mit Basen geöffnet,(also

die Schuppenschicht wird aufgespreizt). Erst in diesem Zustand kann Wasserstoffperoxid, der

eigentliche Wirkstoff, in das Haar eindringen. H2O2 greift zuerst die Phäomelanine und dann

die Eumelanine an und zersetzt diese. Es findet dabei eine starke Delokalisierung der

Elektronen statt, wodurch das Erscheinungsbild, die Farbe zerstört wird. Je länger das

blondiermittel auf den Haaren bleibt, umso heller wird das Farbergebnis.

Nach dem einwirken des Blondiermittels, wird das Haar gewaschen. Das dient nicht nur zur

Befreiung vom Blondiermittel, sondern auch zur Neutralisierung der Haare und zum

Zusammenziehen, sodass die Schuppenschicht wieder geschlossen wird, da das Shampoo ein

leicht saures Milieu hat. Zu beachten ist, dass die Pigmente oxidativ und irreversibel zerstört

werden.

Eumelanin, durch Zugabe von Wasserstoffperoxid, reagiert dieses in

einer sehr komplexen chemischen Reaktion, bei der die Elektronen

stark delokalisiert werden und dadurch die Farbe verloren geht.

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Page 10: Haar

Die Konzentration von Wassersoffperoxid im Blondiermittel beträgt etwa 6 – 12 %. Neben

dem eigentlichen Blondiermittel (also Oxidationsmittel Wasserstoffperoxid bzw.

Wasserstoffsuperoxid) befinden sich auch noch Stabilisatoren, Quellmittel, Netzmittel und

Schutzstoffe, die das Keratin schonen sollen.

3.2.2. Färben

Beim Färben der Haare kommt es zur Oxidation.

Im ersten Schritt werden die Haare mit Hilfe von NH3, das in Wasser gelöst als NH4OH

vorkommt, wird das Haar gequillt. So können die Farbbasen besser an den Wirkungsort

gelangen. Gleichzeitig wird der Sauerstoff vom Wasserstoffperoxid freigesetzt. Dieser aktive

Sauerstoff wirkt auf die Naturpigmente ein und hellt diese ein wenig auf. Er führt zur

Oxidation der Farbbildner, die dann zu Pigmenten oxidieren und fest ins Haar eingelagert

werden.

Bei den Farbbildnern unterscheidet man zwei Klassen:

Oxidationsfarbbasen: bestimmen die Farbintensität, decken graue Haare ab

Nuancierungsfarbstoffe: verschiedene Reflexe im Haar Farbton

Als Farbbildner werden zum Beispiel leichte oxidierbare aromatische Verbindungen

verwendet, die am Benzolring mindestens zwei Elektronendonatorgruppen haben. (Stoff

oxidiert = gibt Elektronen ab = Elektronendonator)

Im Haarfärbemittel sind allerdings gleichzeitig Antioxidanten enthalten, die verhindern, dass

die Farbbildner zu früh und unkontrolliert oxidieren.

Farbbildung am Beispiel von 1,4-Diaminobenzol

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Page 11: Haar

3.2.3. Tönen

Beim Tönen werden in einer stark schäumende Shampoo-, Seifen- oder Cremebasis

Farbstoffe gemischt, die eine hohe Affinität zum Keratin haben. Diese Stoffe lagern sich dann

an die Haaroberfläche an und umgeben das Haar mit einer zusätzlichen Pigmentschicht. Die

Farbe wäscht sich allerdings nach einigen Tagen wieder heraus.

Die Zusammensetztung von Tönungsmittels entspricht in etwa der der Festiger.

Charakteristisch ist ihr Farbstoff. Dieser muss folgende Eigenschaften haben: Hohe Affinität

zum Haarkeratin, Auswaschbarkeit nach einigen Haarwäschen, ausreichende Lichtechtheit

und gute Abreibebeständigkeit (Kopfpolster, Kleidungsstücke). Man verwendet daher meist

Farbstoffe aus der Textilfärbeindustrie. Dabei handelt es sich um Azo- und

Triphenylmethanfarbstoffe und Anthrachinon- und Indaminfarbstoffe. Für länger anhaltende

Farbeffekte werden Nitr-Farbstoffe verwendet.

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Page 12: Haar

3.2.4. Abziehen

Die Beseitigung der Haarfärbung nennt man Abziehen. Als Abziehmittel werden Blondier-

und Reduktionsmittel wie Hydrogensulfite, Natriumsulfat und Formaldehydsulfate in sauren

Lösungen (Oxal-, Wein-, Zitronensäure) verwendet.

Beim Abziehen werden die Oxidationsfarbstoffe teilweise ausgewaschen. Abbauprodukte, die

nicht entfernbar sind, oxidieren nach einiger Zeit durch die Einwirkung von Luftsauerstoff,

wodurch das Haar etwas nachdunkelt. Will man das verhindern, ist eine Spülung nach der

Reaktion notwendig.

4. Shampoos

Ein Shampoo soll gut reinigen und schäumen. Zusätzlich muss ein Shampoo mild, verträglich

und praktisch sein. Darum bestehen Shampoos heute aus 10 – 20 Inhaltsstoffen. Diese lassen

sich jedoch in drei Gruppen gliedern:

Waschrohstoffe sind die Tenside ..... zur Haarreinigung.

Wirkstoffe und Pflegeprodukte behandeln das Haar speziell für jeden Typ mit bestimmten

Haar- oder Kopfhautproblemen.

4.1.1. Tenside

Basiswissen: Wasser strebt stets eine möglichst geringe Oberfläche an. D.h. es setzt jeder

oberflächenvergrößernden Formveränderung eine Kraft entgegen. Diese Kraft heißt

Oberflächenspannung oder Grenzflächenspannung. Für einen effektiven Waschvorgang muss

die Grenzflächenspannung reduziert werden, da sonst die Benetzung schlecht funktioniert

(vgl. Fett auf Teller). Dafür verwendet man Substanzen, die die Eigenschaft haben sich an

Grenzflächen zu verteilen. Solche Stoffe bestehen aus zwei Molekülbereichen:

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Page 13: Haar

Polarer Teil: hydrophil

Unpolarer Teil: hydrophil

Solche sogenannte grenzflächenaktive Stoffe nennt man

auch Tenside. Gibt man sie in Wasser, verteilen sie sich

auf der Wasseroberfläche. Der hydrophile Teil ist im

Wasser gelöst. Der hydrophobe Teil ragt aus dem Wasser

heraus. Dadurch wird die Grenzflächenspannung stark

gesenkt.

Wasserunlösliche Verschmutzungen werden von hydrophoben Teil der Tenside erfasst. Durch

mechanische Beanspruchung (Bewegung) werden diese zerkleinert, bis sich schließlich

sogenannte Micellen bilden. Micellen sind kugelförmige

Einheiten, bei denen der hydrophobe Anteil nach Innen weist. Im

Inneren der Kügelchen befindet sich der Schmutz, der so in der

Lösung gehalten wird.

Die Anforderungen an Tenside sind sehr hoch. Sie müssen:

gut schäumen

weder zu dünn- noch zu dickflüssig sein

im harten als auch im weichen Bereich ihre Eigenschaften entwickeln können

mit den anderen Shampoobestandteilen harmonieren

biologisch abbaubar sein

Anionische und amphotere Tenside haben diese Eigenschaften und finden darum auch

Anwendung in den Haarwaschmitteln.

Die Einteilung der Tenside erfolgt nach dem hydrophilen Teil, da der hydrophobe Teil

praktisch immer ein langkettiger Kohlenwasserstoffrest ist.

Anionische Tenside tragen im hydrophoben Teil eine negative Ladung. Sie reagieren in

Wasser basisch:

R-COO- + H2O R-COOH + OH-

Diese Reaktion kann zum Austrocknen der Haut führen, ist aber bei gesunder Haut

unbedenklich.

z. B. Alkylsulfate (Fettalkylsulfate FAS) sind „Halbesther“ zwischen Schwefelsäure und

Fettalkoholen. Diese haben ein gutes Reinigungs- und Schaumvermögen. Allerdings sind sie

empfindlich gegen Wasserhärte, schlecht kältelöslich und haben eine geringe

Hautverträglichkeit (Ausgleich durch Mischung mit anderen Tensiden!).

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Page 14: Haar

Amphotere Tenside sind in ihrer Molekülstruktur durch zwei unterschiedliche funktionelle

Gruppen, und zwar eine anionische und eine kationische, gekennzeichnet. Die Amphotenside

sind sehr hautverträglich.

In Haarshampoos kommen sie immer kombiniert vor. Außerdem sind in Haarwaschmitteln

noch eine Reihe von Hilfsstoffen enthalten:

Für eine bessere Verträglichkeit: beispielsweise nichtionische Substanzen und Silicon-

Tenside

Als Rückfetter: nichtionische Tenside und natürliche Öle

Feuchthaltemittel, Verdicker, Stabilisierende Substanzen, Parfums, Farbstoffe und

Perlglanzmittel.

(Nichtionische Tenside: = Niotenside; besitzen ungeladene polare Gruppe)

5. Pflegeprodukte

Haarkuren und –spülungen, Kurpackungen, Frisiermittel, Haarwässer und viele andere mehr

dienen verschiedensten Zwecken und sind deshalb auch sehr verschieden zusammengesetzt.

In ihren Grundstoffen sind sie allerdings gleich, denn alle setzten sich aus Grundstoffen,

Emulgatoren, Hilfsstoffen und den jeweiligen speziellen Wirkstoffen zusammen.

5.1. Grundstoffe

Sie sind die Trägermasse also die Grundlage des Produkts, die gewährleisten soll, dass die für

die Wirkung notwendigen Substanzen ihren Nutzen möglichst optimal entfalten können. Als

Grundstoffe dienen Fettalkohole, Wachse, Paraffine, Vaseline, Parafinöl und Lösungsmittel.

Fettalkohole sind weiche, farblose, überwiegend geruchlose und gut hautverträgliche Massen.

Sie sind in Wasser unlöslich, aber leicht zu einer Emulsion verarbeitbar. In den Kosmetika

werden geradkettige, 12-14 C-Atome lange Fettalkohole verwendet.

Wachse sind Fettsäureesther, die in tierischen und pflanzlichen Produkten vorkommen

(Bienenwachs), aber auch synthetisch hergestellt werden können. Sie sind in Wasser unlöslich

und in der Regel halbfest.

Paraffine sind Gemische aus Alkanen mit 18-32 Kohlenstoffatomen.

Vaseline ist ein Gemisch aus verzweigtkettigen Alkanen mit einem geringen Anteil an

zyklischen Alkanen. Es besteht aus flüssigen und festen Alkanen.

Paraffinöl ist ein Gemisch von gesättigten, flüssigen Kohlenwasserstoffen, das unlöslich in

wasser, aber mischbar mit Fettalkoholen und Wachsen ist. Das Paraffinöl wird zur

Konzistenzregelung verwendet.

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Page 15: Haar

Als Lösungsmittel dienen Ethanol und Isopropanol. Beide Flüssigkeiten sind klar, farblos und

angenehm riechend.

5.2. Emulgatoren

Emulgatoren sind Stoffe, die dazu dienen, Flüssigkeiten, die eigentlich nicht mischbar sind,

zu einer Emulsion zu verarbeiten. Das heißt sie setzten die Grenzflächenspannung zwischen

den beiden Stoffen herab. Das Emulgatormolekül muss dafür über eine hydrophobe und eine

hydophile Gruppe verfügen.

Die bekanntesten Emulgatoren sind Seifen mit der Carboxyl-Gruppe als hydrophilen Teil und

einem 12-20 C-Atome langen hydrophoben Teil.

5.3. Hilfsstoffe

Aufgabe der Hilfsstoffe ist es, bestimmte Eigenschaften der Haarpflegemittel wie die

Temperatur- und Lichtstabilität, das Aussehen und den Geruch zu verbessern und deren

Herstellung zu erleichtern. Je nach Bedarf werden als Hilfsstoffe eingesetzt:

Verdickungsmittel, Komplexbildner (um Schwermetallspuren, die als Verunreinigungen aus

Rohstoffen eingeschleppt werden können zu binden), UV-Absorber(schützen vor z.B.

Verfärbungen durch Licht), Konservierungsmittel, Antioxidantien(verhindern Ranzigkeit =

Fette zerfallen durch Oxidation), Farbstoffe und Parfumöle.

5.4. Spezielle Wirkstoffe

Diese werden im Produkt eingesetzt um eine eindeutig nachweisbare Wirkung zu erzielen.

Zum Beispiel weniger Schuppen, Antispliss, glattes, geschmeidiges Haar, uvam.

Wichtig sind quartäre Ammonium-Verbindungen. Das Keratin der Haare

enthält aufgrund seiner Aminosäuren-Zusammensetztung einen Überschuss

an sauren Gruppen, besonders bei geschädigtem Haar ist das der Fall. Es

kommt zu überwiegend negativen Ladungen, die sich verantwortlich für

eine schlechter Kämmbarkeit, den Griff und die statische Aufladung. Die

positiv geladenen Ammonium-Verbindungen können über Salzbrücken an das Haar spülfest

gebunden werden. Dadurch können die schlechten Eigenschaften des geschädigten Haares

verbessert werden.

Polymere quartäre Ammonium-Verbindungen erhöhen die Haftfähigeit am Haar. Außerdem

ist ihre Dosierung so niedrig zu halten, dass keine Addition eintritt, durch die das Haar so

schwer werden würde, dass es in Strähnen bildet.

Es gibt drei Klassen von quartären Ammonium-Verbindungen:

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Page 16: Haar

Monomere quart. NH4+-Verbindung = wasserfest

Polymere -- = shampoofest

Polymere -- = behandlungsfest(Kaltwelle, Färbung)

6. Festiger

Die Grundbestandteile der Festiger sind Filmbildner, Lösungsmittel und Weichmacher.

Filmbildner sind Stoffe, die sich wie ein dünner, nicht zusammenhängender „Film“ auf die

Haare legen und ihr Gleiten aneinander verhindern. Sie beschweren auch das Haar und

verhindern fliegende Haare.

Lösungsmittel sind sozusagen nur die Überträgersubstanz. Die eigentlichen Wirkstoffe sind in

dem Lösungsmittel gelöst. Nach dem Auftragen auf die Haare verdampft das Lösungsmittel

und die Wirkstoffe bleiben zurück.

Die nichtflüchtigen Filmbildner und die anderen nicht verdampften Bestandteile bilden nach

dem Verdampfen der andern Stoffe einen dünnen, nicht zusammenhängenden Film.

Zurück bleiben kleine Partikel, die ein Gleiten der Haare aneinander verhindern und so der

Frisur Halt geben. Durch Kämmen und Bürsten werden die Partikel nach und nach entfernt.

Darum lässt auch die Wirkung des Festigers nach.

Weichmacher halten den Film geschmeidig, damit dieser nicht bricht.

Man unterscheidet: Haarfestiger, Haarsprays und Stylingschäume

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Page 17: Haar

6.1. Haarfestiger

Die meist flüssigen Haarfestiger werden auf das gewaschene und frottierte Haar aufgetragen,

danach werden die Haare geformt (z.B.Lockenwickler).

Filmbildner sind Harze wie beispielsweise Vinylpyrrolidon-Copolymere.

Harze = Stoffe, mit höherer Viskosität; Copolymer =Poly...viel,mehrere;

-mer...Einheiten; Co-... zusammen, gemeinsam? Coploymere sind

Polymere, die sich aus verschiedenartigen Monomeren

zusammensetzten!

Vinylpyrrolidon löst sich in vielen organischen Lösungsmitteln. Es neigt

zu spontanen Reaktionen und muss deshalb mit Stabilisatoren von einer

unerwünschten Reaktion abgehalten werden. Es wird oft als Verdickungsmittel verwendet.

Vinylpyrrolidon wird meist mit anderen ähnlichen Stoffen gemischt (z.B. Vinylacetat).

Lösungsmittel sind wässrige, alkoholische Mischungen zum Beispiel Ethanol, iso- oder n-

Propanol. (Isopropanol = 2-Propanol = einfachster, nicht zyklischer, sekundärer Alkohol; n-

Propanol = Propanol: mit 3 C-Atomen, mit

OH-Gruppe an 1,2,3 C-Atom)

Weichmacher können Polyglykole sein. (Glykole = Diole

(Alkohol mit 2 OH-Gruppen – zweiwertiger Alkohol) die

sich von Ethylenglycol ableiten)

6.2. Haarspray

Haarspray trägt man auf die fertige Frisur auf.

Zur schnellen Trocknung enthalten Haarsprays kein oder kaum Wasser, also nur organische

Lösungsmittel wie Ethanol oder Isopropanol.

Als Filmbildner werden häufig Kunstharze eingesetzt wie Copolymerisate (= neuere

Bezeichnung für Mischpolymerisate) aus Polyvinylpyrrolidon (PVP)

und Polyvinylacetat (PVA) sowie Copolymerisate aus PVA und

Crotonsäure (= ungesättigte, kurzkettige Carbonsäure), die mit

Aminoalkoholen (Stoffe mit NH2- und OH-Gruppen)

teilneutralisiert wurden.

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Page 18: Haar

Treibmittel in Haarsprays sind vor allem Kohlenwasserstoffe und Dimethylether (Ether = R-

O-R). Sie verbinden sich nicht mit den anderen Inhaltsstoffen. (=Treibgase!)

6.3. Stylingschäume

Es gibt zwei verschiedene Arten von Stylingschäumen: Solche, die wie Festiger wirken und

nicht ausgespült werden und solche, die nach einer bestimmten Einwirkzeit wieder ausgespült

werden. Der Vorteil von Schäumen liegt in der geringen Trocknungszeit und der guten

Dosierbarkeit.

Filmbildner bei Stylingschäumen können sein:

PVP / PVA

Dimethyldantoin / Formaldehyd-Harz (Formaldehyd = Methanal =Aldehyd)

Polyacryl-Harze

Lösungsmittel ist meistens Wasser.

Quellen:www.chids.dewww.chemgapedia.dewww.afro-dite.atwww.wikipedia.orgChemie-BuchHaare – Skriptum

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