4
Widmar Tanner Der Augustinermonch Gregor Johann Men- del, Begrunder der exakten Vererbungswis- senschaft, starb am 6. Januar 1884 in Briinn. Sein 100. Todestag ist Anlag, an diesen bescheidenen Menschen und grogen Wissen- schaftler zu erinnern. Im Mendel-Museum in Brunn gibt es eine handgeschriebene Liste, wahrscheinlich aus den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, rnit Namensvorschlagen moglicher Professoren einer zu grundenden Universitat Brunn. Danach war Mendel als Professor fur Meteo- rologie vorgesehen [I]. Dieses Detail sagt eini- ges uber sein Leben aus: Mendel war ein sehr vielseitig interessierter Mensch, der es auf manchen Gebieten zu Ansehen brachte, aber seine wichtigen und groi3artigen wissenschaft- lichen Entdeckungen zu Fragen der Vererbung wurden zu seinen Lebzeiten nicht gewurdigt. Sie waren von niemandem verstanden worden. Erst seit dem Jahr 1900, dem Jahr der Wieder- entdeckung seiner Vererbungsgesetze, und somit 16 Jahre nach seinem Tod, beginnt sein Ruhm rasch und weltweit zu steigen. Im foglenden werden Mendels Lebenslauf und seine wichtigsten Entdeckungen kurz zusam- mengefaf3t. Leben Johann Mendel kam am 20. oder 22. Juli 1822 - sein genaues Geburtsdatum ist ungeklart - als Sohn des Kleinbauern Anton Mendel und seiner Frau Rosine, geborene Schwirtlich, in Heinzendorf in Mahren zur Welt. Gregor, sei- nen Klosternamen, erhalt er bei Aufnahme in den Augustinerorden und stellt ihn von da an seinem Vornamen voran. Mendels Vater hat eine besondere Vorliebe fur die Obstbaum- zucht; in dem grogen Garten pfropft und oku- liert er auf seine Baume Edelsorten [2], und bei dieser Beschaftigung wird Johanns Interesse fur gartnerische Betatigungen wachgerufen. Mendel selbst geht dem Hobby der Obstzucht spater im Klostergarten noch im hohen Alter nach, als er die Vererbungsversuche langst ein- gestellt hat. Mendel war stets ein sehr guter Schuler. Bereits in der Dorfschule wurde er vom Pfarrer in naturkundlichen Fachern unterrichtet, was damals selbst auf Gymnasien keinesfalls die Regel war. Den Schulinspektor veranlaflt dies zu der Mitteilung an das erzbi- schofliche Konsistorium ,,. . .hat Pfarrer Schreiber das meiste zum Wachstum dieses Unfugs beigetragen" [2]. Obwohl es den Eltern sehr schwer fallt, willi- 84 Gregor Johann Mendel: Leben, Werk und Wirkung gen sie ein, den ausgezeichneten Schuler wei- terfuhrende Schulen besuchen zu lassen. Eine Reihe von Unglucksfallen zu Hause zwingen Mendel, mit 16 seinen Lebensunterhalt neben dem Schulbesuch als Privatlehrer groi3tenteils selbst zu verdienen. Schlief3lich beginnt er ein Studium an der Universitat Olmutz, das ihn wohl in Richtung Priesterstand fiihren sollte. Wiederholte Krankheiten und groi3e finan- zielle Schwierigkeiten lassen ihn beinahe auf- geben; erst der teilweise Verzicht seiner jiinge- ren, damals 12jahrigen Schwester Theresia auf ihren Erbteil, ermoglicht ihm den erfolg- reichen AbschluQ der ersten zwei Jahrgange am Philosophischen Institut Olmutz. 1843 tritt Mendel in das Koniginkloster in Alt- briinn, ein Augstinerstift, ein, weil er fuhlte, wie er in einer kurzen Autobiographie in der 3. Person schreibt, ,,dai3 es ihm nicht moglich sei, solche Anstrengungen noch weiter zu ertragen. Er sah sich daher nach geendigten philosophischen Studien gezwungen, in einen Stand zu treten, der ihn von den bitteren Nah- rungssorgen befreite. Seine Verhaltnisse ent- schieden seine Standeswahl" [3]. Diese offene und aufrichtige Angabe seines Motivs fur den Eintritt ins Kloster ist charakteristisch fur Mendel. Nach der Priesterweihe und der Fest- stellung durch Vorgesetzte, daf3 er fur die Seel- sorge weniger geeignet sei, aber fleii3ig der Wissenschaft obliege [2], versieht Mendel als erste Stelle die eines Hilfslehrers am Gymna- sium fur die Facher Latein, Griechisch, deut- sche Literatur und Mathematik. 1850 versucht Mendel an der Universitat Wien die Prufung fur das Gymnasial-Lehramt in Naturge- schichte (im wesentlichen Biologie und Geo- logic) und in Physik abzulegen. Er fallt durch. Obwohl wir allzugern bereit sind zu akzeptie- ren, dai3 allgemeine Ausbildungseinrichtun- gen - welcher Zeit auch immer - nicht in der Lage seien, Genies zu erkennen, so mug man sich hier doch fragen, wieso ein stets so ausge- zeichneter Schuler wie Mendel das Staatsex- amen nicht bestehen sollte. Dies erklart sich jedoch, wenn man bedenkt, dal3 Mendel diese Facher nie richtig studiert und sein Wissen fast ausschliei3lich autodidaktisch im Kloster erworben hatte. Sein ihn stets stark fordernder Abt, Franz Cyril1 Napp, nimmt offensichtlich den Fehlschlag auch wenig ubel und 1ai3t Men- del nun 4 Semester (1851-1853) in Wien stu- dieren. Mendel hort Physik bei Doppler und Ettinghausen, Zoologie bei Kner, Botanik bei Fenzl und Unger, Chemie bei Redtenbacher [3]. 1854 tritt er eine Hilfslehrerstelle fur Naturgeschichte und Physik an der Oberreal- schule in Brunn an, die er insgesamt 14 Jahre bekleidet. In diese Zeitspanne fallen auch seine beriihmten Kreuzungsexperimente. Zur Zeit seiner intensivsten Forschertatigkeit unterrichtet Mendel in der Regel in Klassen mit einer Schulerzahl von mehr als 100, in einem Jahr 117 (!). Erst zwei Jahre nach seinem Ausscheiden als Lehrer wird die Hochstzahl durch ein Schulgesetz auf 60 Schuler pro Klasse festgesetzt [2]. Im ubrigen war Mendel ein sehr beliebter Lehrer, und zwar sowohl wegen seines fesselnden Unterrichts, als auch wegen seiner Milde. ,,Das rege Interresse war ihm wichtiger als vie1 Wissen. Durchfallen Lei3 er fast niemanden. Gegen das Ende des Semesters fragte er, ob sich jemand die Noten verbessern wolle. Dann forderte er die Schuler auf, dem Mitschuler selbst eine angemessene Frage zu stellen", zitiert H. Iltis [2] einen ehe- maligen Schiiler. 1856, vier Jahre nach seinem Studium, tritt Mendel nochmals zur Lehramtsprufung an. Wiederum schliei3t er nicht mit Erfolg ab. Die Grunde dafur sind unklar; merkwurdig ist vor allem, dai3 samtliche Unterlagen dieser zwei- ten Prufung an der Wiener Universitat fehlen, wahrend diejenigen der weiter zuruckliegen- den Prufung erhalten sind [4]. Man geht heute davon aus, dai3 Mendel entweder aufgrund einer Erkrankung die Priifung abgebrochen hat [2], oder wegen gegensatzlicher wissen- schaftlicher Anschauungen von einem Prufer zum Rucktritt bewegt wurde [4]. Auf die zuletzt genannte Moglichkeit wird weiter unten noch einmal eingegangen. Unmittelbar nach der Prufung beginnt Mendel jedenfalls mit seinen systematischen Versuchsreihen der Erbsenkreuzungen. Rtologte tn unserer Zeit / 14. jahrg. 1984 / Nr 3 0 Verlag Chemie GmbH, 0-6940 Weinheim, 1984 041-20~X/84/0306-0084 $ 02.10/0

Gregor Johann Mendel: Leben, Werk und Wirkung

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Gregor Johann Mendel: Leben, Werk und Wirkung

Widmar Tanner

Der Augustinermonch Gregor Johann Men- del, Begrunder der exakten Vererbungswis- senschaft, starb am 6. Januar 1884 in Briinn. Sein 100. Todestag ist Anlag, an diesen bescheidenen Menschen und grogen Wissen- schaftler zu erinnern.

Im Mendel-Museum in Brunn gibt es eine handgeschriebene Liste, wahrscheinlich aus den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, rnit Namensvorschlagen moglicher Professoren einer zu grundenden Universitat Brunn. Danach war Mendel als Professor fur Meteo- rologie vorgesehen [I]. Dieses Detail sagt eini- ges uber sein Leben aus: Mendel war ein sehr vielseitig interessierter Mensch, der es auf manchen Gebieten zu Ansehen brachte, aber seine wichtigen und groi3artigen wissenschaft- lichen Entdeckungen zu Fragen der Vererbung wurden zu seinen Lebzeiten nicht gewurdigt. Sie waren von niemandem verstanden worden. Erst seit dem Jahr 1900, dem Jahr der Wieder- entdeckung seiner Vererbungsgesetze, und somit 16 Jahre nach seinem Tod, beginnt sein Ruhm rasch und weltweit zu steigen.

Im foglenden werden Mendels Lebenslauf und seine wichtigsten Entdeckungen kurz zusam- mengefaf3t.

Leben

Johann Mendel kam am 20. oder 22. Juli 1822 - sein genaues Geburtsdatum ist ungeklart - als Sohn des Kleinbauern Anton Mendel und seiner Frau Rosine, geborene Schwirtlich, in Heinzendorf in Mahren zur Welt. Gregor, sei- nen Klosternamen, erhalt er bei Aufnahme in den Augustinerorden und stellt ihn von da an seinem Vornamen voran. Mendels Vater hat eine besondere Vorliebe fur die Obstbaum- zucht; in dem grogen Garten pfropft und oku- liert er auf seine Baume Edelsorten [2], und bei dieser Beschaftigung wird Johanns Interesse fur gartnerische Betatigungen wachgerufen. Mendel selbst geht dem Hobby der Obstzucht spater im Klostergarten noch im hohen Alter nach, als er die Vererbungsversuche langst ein- gestellt hat. Mendel war stets ein sehr guter Schuler. Bereits in der Dorfschule wurde er vom Pfarrer in naturkundlichen Fachern unterrichtet, was damals selbst auf Gymnasien keinesfalls die Regel war. Den Schulinspektor veranlaflt dies zu der Mitteilung an das erzbi- schofliche Konsistorium ,, . . .hat Pfarrer Schreiber das meiste zum Wachstum dieses Unfugs beigetragen" [2].

Obwohl es den Eltern sehr schwer fallt, willi-

84

Gregor Johann Mendel: Leben, Werk und Wirkung

gen sie ein, den ausgezeichneten Schuler wei- terfuhrende Schulen besuchen zu lassen. Eine Reihe von Unglucksfallen zu Hause zwingen Mendel, mit 16 seinen Lebensunterhalt neben dem Schulbesuch als Privatlehrer groi3tenteils selbst zu verdienen. Schlief3lich beginnt er ein Studium an der Universitat Olmutz, das ihn wohl in Richtung Priesterstand fiihren sollte. Wiederholte Krankheiten und groi3e finan- zielle Schwierigkeiten lassen ihn beinahe auf- geben; erst der teilweise Verzicht seiner jiinge- ren, damals 12jahrigen Schwester Theresia auf ihren Erbteil, ermoglicht ihm den erfolg- reichen AbschluQ der ersten zwei Jahrgange am Philosophischen Institut Olmutz. 1843 tritt Mendel in das Koniginkloster in Alt- briinn, ein Augstinerstift, ein, weil er fuhlte, wie er in einer kurzen Autobiographie in der 3. Person schreibt, ,,dai3 es ihm nicht moglich sei, solche Anstrengungen noch weiter zu ertragen. Er sah sich daher nach geendigten philosophischen Studien gezwungen, in einen Stand zu treten, der ihn von den bitteren Nah- rungssorgen befreite. Seine Verhaltnisse ent- schieden seine Standeswahl" [3]. Diese offene und aufrichtige Angabe seines Motivs fur den Eintritt ins Kloster ist charakteristisch fur Mendel. Nach der Priesterweihe und der Fest- stellung durch Vorgesetzte, daf3 er fur die Seel- sorge weniger geeignet sei, aber fleii3ig der Wissenschaft obliege [2], versieht Mendel als erste Stelle die eines Hilfslehrers am Gymna- sium fur die Facher Latein, Griechisch, deut- sche Literatur und Mathematik. 1850 versucht Mendel an der Universitat Wien die Prufung fur das Gymnasial-Lehramt in Naturge- schichte (im wesentlichen Biologie und Geo-

logic) und in Physik abzulegen. Er fallt durch. Obwohl wir allzugern bereit sind zu akzeptie- ren, dai3 allgemeine Ausbildungseinrichtun- gen - welcher Zeit auch immer - nicht in der Lage seien, Genies zu erkennen, so mug man sich hier doch fragen, wieso ein stets so ausge- zeichneter Schuler wie Mendel das Staatsex- amen nicht bestehen sollte. Dies erklart sich jedoch, wenn man bedenkt, dal3 Mendel diese Facher nie richtig studiert und sein Wissen fast ausschliei3lich autodidaktisch im Kloster erworben hatte. Sein ihn stets stark fordernder Abt, Franz Cyril1 Napp, nimmt offensichtlich den Fehlschlag auch wenig ubel und 1ai3t Men- del nun 4 Semester (1851-1853) in Wien stu- dieren. Mendel hort Physik bei Doppler und Ettinghausen, Zoologie bei Kner, Botanik bei Fenzl und Unger, Chemie bei Redtenbacher [3]. 1854 tritt er eine Hilfslehrerstelle fur Naturgeschichte und Physik an der Oberreal- schule in Brunn an, die er insgesamt 14 Jahre bekleidet. In diese Zeitspanne fallen auch seine beriihmten Kreuzungsexperimente. Zur Zeit seiner intensivsten Forschertatigkeit unterrichtet Mendel in der Regel in Klassen mit einer Schulerzahl von mehr als 100, in einem Jahr 117 (!). Erst zwei Jahre nach seinem Ausscheiden als Lehrer wird die Hochstzahl durch ein Schulgesetz auf 60 Schuler pro Klasse festgesetzt [2]. Im ubrigen war Mendel ein sehr beliebter Lehrer, und zwar sowohl wegen seines fesselnden Unterrichts, als auch wegen seiner Milde. ,,Das rege Interresse war ihm wichtiger als vie1 Wissen. Durchfallen Lei3 er fast niemanden. Gegen das Ende des Semesters fragte er, ob sich jemand die Noten verbessern wolle. Dann forderte er die Schuler auf, dem Mitschuler selbst eine angemessene Frage zu stellen", zitiert H. Iltis [2] einen ehe- maligen Schiiler.

1856, vier Jahre nach seinem Studium, tritt Mendel nochmals zur Lehramtsprufung an. Wiederum schliei3t er nicht mit Erfolg ab. Die Grunde dafur sind unklar; merkwurdig ist vor allem, dai3 samtliche Unterlagen dieser zwei- ten Prufung an der Wiener Universitat fehlen, wahrend diejenigen der weiter zuruckliegen- den Prufung erhalten sind [4]. Man geht heute davon aus, dai3 Mendel entweder aufgrund einer Erkrankung die Priifung abgebrochen hat [2], oder wegen gegensatzlicher wissen- schaftlicher Anschauungen von einem Prufer zum Rucktritt bewegt wurde [4]. Auf die zuletzt genannte Moglichkeit wird weiter unten noch einmal eingegangen. Unmittelbar nach der Prufung beginnt Mendel jedenfalls mit seinen systematischen Versuchsreihen der Erbsenkreuzungen.

Rtologte tn unserer Zeit / 14. jahrg. 1984 / N r 3

0 Verlag Chemie GmbH, 0-6940 Weinheim, 1984 041-20~X/84/0306-0084 $ 02.10/0

Page 2: Gregor Johann Mendel: Leben, Werk und Wirkung

1868 wird Mendel zum Abt des Augustiner- Klosters gewahlt. Es bleibt ihm immer weni- ger Zeit fur seine wissenschaftlichen Arbeiten. Dazu kommt sicher eine groi3e, wenngleich nie gezeigte Enttauschung iiber das Ausblei- ben jeglicher ernstzunehmenden Resonanz auf seine wichtigste, die 1866 publizierte Arbeit [5]. In den folgenden Jahren veroffent- licht er aber immerhin noch 6 meteorologi- sche Arbeiten, eine weitere botanisch-geneti- sche [6] und beschaftigt sich daneben rnit Fra- gen der Bienenzucht. Seine Zeit wird jedoch mehr und mehr von Verwaltungsarbeiten, vor allem einem heftigen Steuerstreit, ausgefiillt. Nach dem sogenannten ,,Religionsfondge- setz" (1874) sollten die Kloster hohe Zahlun- gen leisten, deren RechtmaBigkeit Mendel nicht einsah, weshalb er die Regierung in sei- nen letzten zehn Lebensjahren mit auBerster Verbitterung bekampft. Am Freitag, dem 4. Januar 1884, diktiert er zum letzten Male Resultate seiner meteorologischen Beobach- tungen; in der Nacht zum Sonntag stirbt er 6ljahrig an einem Nierenleiden.

Zum Abschlui3 dieses ersten Teiles seien noch 2 Stellen aus Mendels Briefen zitiert, die wohl typisch fur sein humorvolles Wesen sind.

1. In den ersten Klosterjahren schreibt Men- del nach Hause [2]:

,,Theuerste Eltern! . . . Auf die Ferien komme ich jedenfalls, nur kann ich nicht rnit GewiB- heit sagen, wann und auf wie lange. Mir scheint's, Ihr erkundigt Euch jetzt schon darum, ob ich nach Hause komme, um zu wis- sen, ob vie1 oder wenig Gurken gesetzt werden sollen. Nur zugesetzt! Sie werden ihren Mann schon finden. Noch auf etwas anderes freue ich mich; vielleicht errathet Ihr's wenn ich den ersten Buchstaben sage: er he& Butter- milch . . ,''

2. 1867 schreibt Mendel an den Miinchner Botaniker Nageli, daB er im Sommer nicht alles erledigte, was er vorhatte [2]:

,,Mangel an Zeit ist hauptsachlich schuld daran, auch tauge ich nicht mehr recht fur botanische Exkursionen, da mich der Himmel mit einem Ubergewicht gesegnet hat, welches sich bei weiteren Fugpartien, namentlich aber beim Bergsteigen, in Folge der allgemeinen Gravitation sehr fiihlbar macht. . . ."

Werk

Mendel gibt im ersten Absatz seiner beriihm-

ten Arbeit mit dem Thema ,,Versuche iiber Pflanzen-Hybriden" [5] an, dai3 ihn das Ent- stehen von Farbvarianten durch kiinstliche Befruchtung bei Zierpflanzen zu seinen Untersuchungen veranlai3te. Wie man in der Pflanzen- und Tierzucht (in Mahren waren es vor allem Schafe) gezielter zum gewunschten Zuchtergebnis kommen kann, war eine bereits allgemein interessierende Frage der damaligen Zeit. DaB sich Mendel in diesem Zusammen- hang in seiner Arbeit aber ein sehr hohes Ziel steckte, geht ebenfalls aus den ersten Zeilen seiner 44seitigen Veroffentlichung hervor: Bis- herigen Bearbeitern - so schrieb er und die Aufzahlung der Namen zeigt, dai3 er die ein- schlagige Literatur ausgezeichnet kennt - sei es nicht gelungen, ,,ein allgemein giiltiges Gesetz fur die Bildung und Entwicklung der Hybriden aufzustellen" (ein Hybrid ist ein Organismus, der von Eltern abstammt, die sich in Merkmalen unterscheiden). Mendel hat ganz offensichtlich vor, dieses allgernein gul- tige Gesetz zu finden. Intuitiv sieht er ein - und in diesem Punkt ist er allen anderen Zuch- tern und Experimentatoren seiner Zeit weit voraus -, dai3 es sich um statistische Gesetz- mai3igkeiten handeln mug. Wie einzelne Merkmale sich auf die Tochtergeneration ver- erben, mug in ,,numerischen Verhaltnissen festgestellt" werden. Die drei Gesetze sind heute schnell aufgezahlt, aber die Genialitat des Ansatzes lag neben der Durchfiihrung der Versuche vor allem in den vorbereitenden Un- tersuchungen und in der Interpretation der Er- gebnisse (s. unten).

Mendel zeigte in einer 8jahrigen Versuchs- reihe, die er irn Klostergarten in Briinn durch- gefiihrt hat:

1. Werden 2 Erbsenpflanzen, die sich in einem Merkmal unterscheiden (z. B. gelbe und griine Samen besitzen) miteinander gekreuzt, so setzt sich in der Tochtergeneration einheitlich nur ein Merkmal durch, hier: gelbe Samen. Das Merkmal, das sich in der 1 . Tochtergene- ration durchsetzt, nennt Mendel das domi- nante, dasjenige, das scheinbar verschwindet, das rezessive Merkmal.

2. Kreuzt man die erste Tochtergeneration untereinander, kommt in der folgenden Gene- ration auch das rezessive Merkmal wieder zum Vorschein; hier also: grune Samen, und zwar im Verhaltnis griin : gelb = 1 : 3. Nur bei einem Drittel der gelben Samen bleibt dieses Merk- ma1 jedoch konstant, die anderen beiden ent- sprechen den gelben Samen der 1. Tochterge- neration und spalten wiederum auf.

An diesem Beispiel weist Mendel nochmals ausdriicklich auf die Streuung der Ergebnisse hin. Eine seiner Pflanzen der zweiten Tochter- generation z. B. besitzt 32 gelbe und nur einen griinen Samen, eine zweite 20 gelbe und 19 grune. Sein gesamtes Material fur dieses Merk- ma1 betragt aber 6022 gelbe : 2001 grune, und damit 3.01 : I!

AuBerdem verfolgt er insgesamt nicht ein, sondern 7 unterschiedliche Merkmalspaare. In allen Fallen gibt die Aufspaltung in der zwei- ten Tochtergeneration 3 : 1 fur dominantes zu rezessivem Merkmal.

3. Zwei oder mehrere Merkmale vererben sich unabhangig voneinander. Kreuzt Mendel eine Pflanze mit gelben, runden Samen mit einer zweiten mit griinen und kantigen, so zeigt die 1. Tochtergeneration ausschlieglich gelbe und runde Samen; griin und kantig sind also die rezessiven Merkrnale. In der 2. Tochtergenera- tion tauchen nun aber in einem wiederum ganz bestimmten Zahlenverhaltnis, und zwar gleich haufig, auch die beiden moglichen Neu- kombinationen auf, also gelb und kantig und griin und rund. Diese unabhangige Kombina- tion findet Mendel fur alle 7 Merkmalspaare; er weist theoretisch nach, dai3 es 2' - 128 mog- liche, konstant bleibende Kombinationen sein miii3ten, und er gibt an, daR diese auch im Experiment erhalten werden. Heute wissen wir, dai3 diese unabhangige Kombinierbarkeit in der von Mendel beobachteten Haufigkeit nur dann gilt, wenn die entsprechenden Merk- male bzw. die dafur verantwortlichen Gene auf verschiedenen Chromosomen sitzen. Erb- sen haben 7 Chromosomen; man gewinnt daher den Eindruck, daB Mendel groBes Gluck hatte, sich in seinen Experimenten auf 7 Merkmalspaare beschrankt zu haben. In neue- ster Zeit wurde jedoch nachgewiesen, dai3 die Mendelschen 7 Merkmale nur auf 4 der 7 Chromosomen verteilt sind [7]. Allerdings sind je zwei Merkmalspaare auf dem jeweili- gen Chromosom so weit voneinander ent- fernt, dai3 sich eine Kopplung in Kreuzungs- experimenten nicht zeigen la&. Nur die Merkmalspaare ,,Hiilsenform" und ,,Hohe der Pflanze", eine Kombination, die Mendel nicht speziell untersucht hat, hatte er gekop- pelt finden konnen [7].

Mit diesern 3. Gesetz beantwortet Mendel zumindest z. T. seine sich gestellte Ausgangs- frage, gibt es doch an, wie und in welchen Ver- haltnissen ziichterisch gewunschte, stabile Neukombinationen in der 2. Tochtergenera- tion erhalten werden konnen.

B d o g i e in uuserer Zeit i 14. juhrg. 1984 i Nr. 3 85

Page 3: Gregor Johann Mendel: Leben, Werk und Wirkung

Wie bereits erwahnt, waren vor allem die Vor- arbeiten und die Interpretation der Ergebnisse genial. Mendel hat in zweijahrigen Vorversu- chen seine Versuchspflanzen ausgewahlt. Er untersucht 34 Erbsensorten auf konstmt- bleibende, leicht und sichw zu unterscheidende Merkmale; ,,mehr oder weniger" Merkmale, wie er sie nennt, laBt er vollig auger Betracht. Die Aussagen seiner wissenschaftlichen Vor- ganger sind im Vergleich dazu von der Art: die Individuen der 1. oder 2. Tochtergeneration neigen sich mehr dem vaterlichen, oder mehr dem mutterlichen Erbteil zu.

Mendel uberpruft die von ihm ausgewahlten Merkmale uber 2 Generationen auf Konstanz, wacht penibel uber mogliche unerwunschte Fremdbestaubung und darauf, daR auch die jeweiligen Hybridformen volle Fruchtbarkeit zeigen: Erst nach diesen zweijahrigen Vorver- suchen beginnt er mit seinen eigentlichen Experimenten.

Noch erstaunlicher fur die damalige Zeit ist aber die Interpretation seiner Daten. Dabei mug man berucksichtigen, dai3 selbst bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts der Vorgang der sexuellen Vermehrung - was sich genau abspielt, wenn Spermium und Eizelle bzw. bei Pflanzen der Keimschlauch des Pollenkorns und die Eizelle der Samenanlage aufeinander- treffen - unklar und umstritten war. Die Parallelitat im Sexualvorgang bei Tier und Pflanze war allerdings bereits verstanden. Dai3 Zellkerne Chromosomen besitzen, dafl ihre Anzahl bei der Bildung der Eizelle und der Samenzelle auf die Halfte reduziert wird und sich erst nach dem Verschmelzen der beiden Geschlechtszellen wieder der normale Chro- mosomensatz aller Zellen eines Organismus einstellt, wurde erst nach Erscheinen der Arbeit Mendels bzw. erst nach seinem Tode entdeckt (Hertwig, Strasburger, Weismann, Boveri; siehe [8]).

Trotzdern erkennt Mendel klar, dai3 sich all seine Kreuzungsergebnisse durch die Annahme entsprechend ausgestatteter mann- licher und weiblicher Geschlechtszellen erkla- ren lassen. Er sagt voraus, wieviel genetisch verschiedene mannliche und weibliche Keim- zellen sich jeweils bilden mussen und wie deren zufallige Verschmelzung genau zu der experimentell beobachteten Anzahl von Kom- binationen und Neukombinationen fuhren muB. Er uberlegt sich auch, dai3 dies nur dann stimmt, wenn die jeweils unterschiedlichen Keimzellen gleich haufig von den Pflanzen gebildet werden und uberpruft selbst diese

Aussage in einigen Experimenten. Auch die Halbierung des Erbgutes bei der Bildung der Geschlechtszellen (also die Reduktionstei- lung) sagt Mendel dabei voraus.

Am Ende seiner Arbeit schreibt er: . . . ,,dai3 es den differierenden Elementen" erst bei der Entwicklung der Befruchtungszellen gelinge, aus der erzwungenen Verbindung herauszu- treten. Bei der Bildung dieser Zellen beteiligen sich alle vorhandenen Elemente in vollig freier und gleichmagiger Anordnung, wobei nur die differierenden sich gegenseitig ausschlie- i3en**. Auf diese Weise wiirde die Entstehung so vielerlei Keim-* * * und Pollenzellen ermog- licht als die ... Elemente Kombinationen zulassen" [5].

Wiederholt ist die Frage nach dern eigentli- chen inneren AnstoB Mendels zu seinen Arbeiten gestellt worden [4]. Es existiert eine Theorie, vielleicht besser ein Gerucht, daB der eigentliche Anstog zu Mendels Arbeit von einem wissenschaftlichen Streit Mendels mit einem Universitatsprofessor in Wien herruhrt, einem Streit, der sich noch dazu wahrend sei- ner zweiten Lehramtsprufung abgespielt haben konnte [4]. Da der wissenschaftliche Streit, um den es in diesem Zusammenhang in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in der Bio- logic ging und in den Mendel u. U. ungluckli- cherweise (oder glucklicherweise?) verwickelt wurde, eindrucksvoll den Wissensstand in der Biologie zur damaligen Zeit widerspiegelt, wird er hier kurz erwahnt. Vor diesem Hinter- grund mug uns Mendels Arbeit, seine Art und Weise zu denken und zu experimentieren, jedenfalls noch eindrucksvoller erscheinen.

Fragen der Vererbung standen naturlich immer in engem Zusammenhang mit den jeweiligen Vorstellungen zur sexuellen Fort- pflanzung und mit den verschiedensten Zeu- gungstheorien. Zwar galt Tier und Mensch verstandlicherweise stets das Hauptinteresse bei allen entsprechenden Uberlegungen, aber mit dem Ende des 17. Jahrhunderts war klar, daB vollig analoge Vorgange bei Pflanzen ablaufen, und daQ der Pollen bei der Befruch- tung dem mannlichen Samen gleichzusetzen sei [8]. Unklar war, welche Rolle der Samen bzw. Pollen bei der Erzeugung des Embryos

"heute ,,Gene" * "Diese (,,Allele") sitzen auf homologen Chromosomen + Reduktionsteilung """Keimzelle bei Mendel - Eizelle der Sa- menanlage

genau spielt. So wurde 2.B. die Befruchtung eines Eies durch ein Spermium abgelehnt, weil es Unsinn sei, Millionen von Spermien zu pro- duzieren, wenn nur eines erforderlich sei [8]. Selbst Darwin, der ja Zeitgenosse von Mendel war, hat noch nicht an die Befruchtung einer Eizelle durch ein Spermium geglaubt. Viele namhafte Biologen des 18. Jahrhunderts glaubten daran, daB der Embryo schon vorge- fertigt im Ei liege (Praformationslehre); andere nahmen an, daB der Embryo fertig im Spermium lokalisiert sei. ,,Ovisten" und ,,Spermatisten" bekampften sich mehr als ein Jahrhundert. Auch in der Botanik war in der 1. Halfte des 19. Jahrhunderts bis zum Zeit- punkt, als Mendel in Wien studierte (1851/53), uber die Entstehung des Embryos ein heftiger Schulenstreit im Gang: Einer der einflugreichsten Botaniker der Zeit, Schlei- den, hegte die Vorstellung, dai3 der auskei- mende mannliche Pollen mit dem Pollen- schlauch in die weibliche Samenanlage hinein- wachse, diese aber dann nur als ,,Keimbett", sozusagen zur Ernahrung des Pollenschlau- ches diene und sich der Embryo allein im Pol- lenschlauch entwickle. Demgegenuber stand die bereits richtige Auffassung, daB aus einem Verschmelzungsprodukt von Pollenschlauch und Eizelle der Embryo entsteht (Amici, Hof- meister). An der Universitat Wien hing der Physiologe Unger - aber auch der Student Mendel - der richtigen, der Systematiker Fenzl der falschen Theorie an. Mendel wurde sehr wahrscheinlich von Fenzl gepruft und scheitert moglicherweise auf Grund dieses Schulenstreits [4].

Es ist daher nicht unwahrscheinlich, da13 Men- del die Streitfrage durch Kreuzungsversuche losen wollte, die u.U. von Unger angeregt, auch bereits in seiner Studienzeit konzipiert wurden. DaB eine solche Konzeption seiner Arbeit zugrunde gelegen haben mag [4], dafur spricht, daB er alle Kreuzungen reziprok durchgefuhrt hat. Das Kreuzungsergebnis ist - so zeigt Mendel, wenngleich nicht als erster [8] - unabhangig davon, ob die mannliche oder die weibliche Keimzelle eine bestimmte Eigenschaft einbringt, was im Grunde den ele- gantesten Beweis fur die Verschmelzung der beiden Geschlechtszellen darstellt. Mendel geht auch in seiner Arbeit an besonderer Stelle und mit einer fur ihn ungewohnlichen Aus- fuhrlichkeit auf diesen Punkt ein: ,,Bei Pisum ist es wohl auger Frage gestellt, dai3 zur Bil- dung des neuen Embryos eine vollstandige Vereinigung der Elemente beider Befruch- tungszellen stattfinden musse. . . . Ware der Einflug des Keimsackes auf die Pollenzelle nur

86 Brologie in unserer Zeit / 14. Juhrg. 1984 / Nr. 3

Page 4: Gregor Johann Mendel: Leben, Werk und Wirkung

ein aulkrer, ware demselben bloi3 die Rolle einer Amme zugeteilt, dann konnte der Erfolg einer jeden kunstlichen Befruchtung kein anderer sein, als dai3 die entwickelte Hybri- de ausschliefilich der Pollenpflanze gleich kame . . .".

Wirkung

Als Mendel im Jahr 1865 die Ergebnisse einer langen, muhevollen Forschungsarbeit zum ersten Ma1 einem kleinen Kreis, dem Natur- forschenden Verein in Brunn, vorstellte, wird er nicht verstanden. Keine Fragen, keine Dis- kussion, heifit es im Protokoll der Sitzung.

Mendel stellt sein Manuskript zur Veroffentli- chung in den ,,Verhandlungen des Naturfor- schenden Vereins in Brunn" zur Verfugung. Im Dezember 1866 erscheint die Arbeit [5], und noch im gleichen Monat schickt Mendel einen Sonderdruck mit Brief an Carl Nageli, Professor fur Botanik in Munchen. Nageli, ein sehr angesehener Wissenschaftler, mathema- tisch begabt und selbst mit Kreuzungsexperi- menten bei Hieracien beschaftigt, hatte die Bedeutung der Arbeit erkennen konnen. Doch sein Antwortbrief - dem er einen groi3en Pak- ken eigener Sonderdrucke beilegt (!) - zeigt, dai3 auch er Mendels Experimente nicht ver- standen hat; u. a. schreibt er: ,,Es scheint mir uberhaupt, dai3 die Versuche mit Pisum nicht abgeschlossen seien, sondern dai3 sie erst recht beginnen sollen" [2]*. Mendel erlautert in einem zweiten von insgesamt 10 Briefen noch- mals ausfuhrlich seine Ergebnisse und schickt Nageli, der sich bereit erklart hatte, Erbsen- versuche durchzufuhren, 140 sauber beschrifte- te Packchen mit verschiedenen, genetisch de- finierten Erbsensamen fur Kontrollversuche. Im Fruhjahr 1867 IaGt Nageli auch einige Samen aussaen, er hat sich aber wahrscheinlich spater nie mehr darum gekummert, was aus ihnen wurde. Auch in einem vielhundertseiti- gen Werk Nagelis, das 1884 erscheint und in dem u. a. Probleme der Vererbung diskutiert werden, wird Mendel kein einziges Ma1 zitiert

PI !

Mit einem zweiten Sonderdruck, den Mendel dem Botaniker von Innsbruck, Anton Kerner von Marilaun, schickt, ging es ihm nicht viel besser: Kerner bedankt sich fur die Arbeit, liest sie jedoch uberhaupt nicht: man finder sie nach Kerners Tod unaufgeschnitten in seiner Bibliothek [8].

Es dauert 35 Jahre, eine in der neueren Geschichte der Naturwissenschaft einmalig

lange Zeitspanne, bis die Mendelschen Gesetzmaaigkeiten im Jahre 1900 von 3 Wis- senschaftlern, dem Niederlander De Vries, dem Munchner Correns und dem Osterrei- cher Tschermak durch unabhangige Arbeiten ein zweites Ma1 entdeckt wurden. Die Grunde fur die Nichtwahrnehmung einer so wichtigen wissenschaftlichen Entdeckung uber eine der- art lange Zeit sind vielschichtig. Sie reichen von der geringen Verbreitung des Publika- tionsorgans bis zur Vorliebe der Zeit, sich nahezu ausschliefllich mit Darwin zu beschaf- tigen, von der hochmutigen Fluchtigkeit wis- senschaftlicher Experten einem vermeintli- chen Laien gegenuber, bis moglicherweise hin zum kirchlichen Vorwurf, Darwinist und Frei- denker zu sein, was den Augustinermonch Mendel kaum ermutigen konnte zu versuchen, seine Arbeiten bekannter zu machen. Wahr- scheinlich war aber auch die Zeit einfach nicht reif, die Begriindung einer neuen biologischen Wissenschaft, der Genetik, zu realisieren.

Mendel ahnte jedoch, ja wui3te mit erstaunli- cher Bestimmtheit um die Bedeutung seiner Entdeckungen. Im Oktober 1883, 3 Monate vor seinem Tode, erklarte er in einer Anspra- che zur Einkleidung seines spateren Nachfol- gers im Amte: ,,Wenn ich auch manch bittere Stunde in meinem Leben miterleben muate, so mui3 ich doch dankbar anerkennen, dai3 die schonen, guten Stunden weitaus in der Uber- zahl waren. Mir haben meine wissenschaftli- chen Arbeiten viel Befriedigung gebracht, und ich bin uberzeugt, dai3 es nicht lange dauern wird, da die game Welt die Ergebnisse dieser Arbeit anerkennen wird" [3].

Danksagung: Herrn Dr. Vitezslav Orel vom Mendelianum Brunn danke ich fur eine sehr anregende Diskussion und hilfreiche Hin- weise.

Literatur

[l] Orel, V., personl. Mitteilung.

[2] Iltis, H.: Gregor Johann Mendel, Berlin (1924).

[3] Kfiieneckf, J.: Gregor Johann Mendel 1822-1884. Joh. Ambrosius Barth Verlag/ Leipzig ( 1 965).

[4] Wunderlich, R.: Der wissenschaftliche Streit uber die Entstehung des Embryos der Blutenpflanzen im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts (bis 1856) und Mendels ,,Versu-

che uber Pflanzen-Hybriden". Folia Mendel. 17, 225-242 (1982).

[5] Mendel, G.: Versuche uber Pflanzen- Hybriden. Verh. Naturf. Vereines Brunn 4, 3-47 (1866).

[6] Mendel, G.: Uber einige aus kunstlicher Befruchtung gewonnene Hieracium-Bastarde. Verh. Naturf. Vereines Brunn 8,26-31(1870).

[7] Blixt, S.: Why didn't Gregor Mendel find linkage? Nature 256, 206 (1975).

[8] Stubbe, H.: Kurze Geschichte der Genetik bis zur Wiederentdeckung der Vererbungsre- geln Gregor Mendels. VEB Gustav Fischer Verlag, Jena (1965).

"Nagelis Barriere gegenuber Mendels Daten erklart sich allerdings teilweise auch dadurch, dai3 seine Ergebnisse mit denen Mendels in keiner Weise ubereinstimmten; Hieracien pflanzen sich z. T. apomyktisch fort (nur scheinbar sexuell, tatsachlich aber ohne Befruchtung), ein Sachverhalt, der sich erst nach der Jahrhundertwende aufklarte.

Anschrift:

Prof. Dr. W. Tanner, Institut fur Botanik d. Universitat Regensburg, Universitatsstrai3e 31, D-8400 Regensburg.

Btvlogtr 171 umrrrr Lrrt 1 14 jahrg 1984 / N r 3 87