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Gewidmet meiner Mutter Jolanda

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Gewidmet meiner Mutter Jolanda

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OSKAR KOLLERDer Aquarellist

PRESTELMÜNCHEN · BERLIN · LONDON · NEW YORK

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OSKAR KOLLERDer Aquarellist

Bilder als WeltHerbert Koller 6

AugenglücklichGodehard Schramm 10

RAUM UND FLÄCHE 17

BLÜHEN UND VERGEHEN 38

Sanft der Vergänglichkeit entwindendRoland Doschka 40

WASSER UND GESTEIN 69

Das Leuchten, die Kraft und die StilleWalther Fenn 71

GedankenOskar Koller 90

LICHT UND SCHATTEN 94

Ein Wort zuvorWieland Schmied 96

MENSCHEN UND FESTE 117

Blumen, Bäume, MenschenEugen Gomringer 118

Ich erinnere michToni Burghart 136

Inhalt

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Bilder als Welt

Herbert Koller

6

Das vorliegende Buch erscheint parallel zu der Aquarellaus-

stellung von Oskar Koller auf der Insel Mainau. Welcher Ort

wäre geeigneter, um die von Licht durchfluteten Aquarelle

meines Vaters zu präsentieren, als die Blumeninsel im

Bodensee? Es wäre ihm sicher eine große Freude, an diesem

Ort seinen 80. Geburtstag zu feiern und seine Werke den

vielen Besuchern der Insel Mainau zu zeigen. Es wäre für

ihn eine große Ehre, Gast im Hause der Gräfin Bernadotte

zu sein.

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Oskar Koller im Atelier mitSohn Herbert

Die Arbeit an dieser Ausstellung und an dem vorliegenden

Buch war mir eine freudige Verpflichtung in Erinnerung an

meinen Vater.

Verschiedene Einblicke in das Leben und das Werk von

Oskar Koller geben uns die in diesem Buch gesammelten

Texte von Autoren, die fast alle mit Oskar Koller persönlich

verbunden waren.

Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert und beinhaltet eine

Auswahl der immer wiederkehrenden Themen in der Aqua-

rellmalerei meines Vaters. In fernen Ländern hat er das An-

dere, das Exotische gesucht, dort das Menschliche, das All-

gemeingültige gefunden, und schließlich war die Malerei die

geistige Heimat dieses scheinbar rastlos Reisenden.

Die Wahrnehmung der architektonischen Hervorbringungen

des Menschen ist in Raum und Fläche dargestellt. Sich ein

Haus bauen, sich in Übereinstimmung mit der Umgebung

oder in Kontrast zu ihr niederlassen, der eigenen Behausung

ein persönliches Gesicht geben und die kulturell unterschied-

lich geprägte Urbanität sind Themen der Aquarelle in diesem

Kapitel.

Blühen und Vergehen ist den Blumenaquarellen gewidmet.

Die Blumen, treue Begleiter des Menschen bei traurigen

und bei festlichen Anlässen, spenden ihm Trost und Freude.

In diesem Buch sind sie sowohl in ihrer Farbenpracht als

auch im Verblassen der Farbtöne präsent. Das Blühen ist ohne

das Vergehen nicht denkbar. Doch gerade darin liegt eine

stille Schönheit. Noch heute stehen im Atelier von Oskar

Koller getrocknete, in der Zeit eingefrorene, ausgeglühte

Blumensträuße.

Die Aquarelle zum Thema Wasser und Gestein spiegeln

die Landschaft, die von den Menschen geformt wird,

wie auch der Mensch von der Landschaft geprägt wird,

Im Atelier

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im Wasser wieder. Das Wasser zu malen, welche Heraus-

forderung für einen Maler. Ist nicht alles Leben aus dem

Wasser entsprungen? Ist nicht in jedem Stein die Erinnerung

an den einstigen Berg eingeschrieben?

In Licht und Schatten zeigt uns Oskar Koller seine Ein-

blicke in die Welt der Bäume. Von Licht lebend, Schatten

spendend treten uns die Bäume als mächtige Repräsen-

tanten der Pflanzenwelt gegenüber. Unverwechselbar und

individuell, voller Leben und Würde begegnen uns die

Baumgestalten.

Schließlich bildet die Darstellung des Menschen in Gruppen,

als Gestalt und bei Festen das letzte Kapitel Menschen und

Feste. Die wache Neugierde, die Offenheit anderen

Menschen gegenüber und die unverbrauchte Lust am

Zusammensein mit Freunden und Fremden, die nie lange

fremd blieben, waren Wesenszüge meines Vaters. Oskar

Koller wurde nie müde, bei festlichen Umzügen, auf der

Kirchweih, bei Tempelfesten und orientalischen Basaren mit

Pinsel seine Eindrücke zu notieren. Ein kurzer Augenblick

genügte, um ihn zu inspirieren, manchmal fast monumental

anmutende Menschenfiguren zu malen.

Bevor ich sprechen konnte, bevor ich denken und verstehen

konnte, was meine Eltern mir sagten, sah ich die Bilder mei-

nes Vaters. Sie waren Teil meiner Welt. Erst Jahrzehnte

später, als ich selbst begann, künstlerisch zu arbeiten und zu

denken, wich die Vertrautheit der Bilder der Erkenntnis, dass

diese Aquarelle ja die Welt meines Vaters, die Bilderwelt

von Oskar Koller, darstellten. Nun war es mir möglich, die

Bilderwelt meines Vaters von außen zu sehen. Schmerzhaft

und schwierig war für mich und auch für meinen Vater diese

zweite Geburt. Doch umso wertvoller war seine spätere An-

erkennung meiner künstlerischen Arbeit.

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Ein Aquarell entsteht

Ich sah also die vertrauten Bilder als Zeichen der Sichtweise

eines Anderen. Welch Anderer? Wer war mein Vater?

Wie haben Oskar Koller andere wahrgenommen? Auf diese

Fragen wird es nicht nur eine, sondern viele Antworten

geben. Oskar Koller hat uns z.B. nicht nur ein Mohn-Aqua-

rell hinterlassen, sondern deren viele. Es ist die Vielfalt der

Bilder, die Vielfalt der Sichtweisen, die unsere Welt berei-

chern. Und ist es nicht eine Bereicherung, die Blumen, die

Bäume, die Menschen, das Meer und die Berge – einfach

die Welt – durch seine Augen, mit ihm zu sehen?

Das Werk von Oskar Koller ist abgeschlossen. Es werden

keine Blumenaquarelle, keine Baumskizzen, keine weibliche

Gestalt in rot mehr entstehen. Doch das Werk ist nicht voll-

endet, denn in der Betrachtung der vorhandenen Aquarelle,

in den durch unseren Blick wieder belebten Bildern, entfaltet

sich die Bilderwelt von Oskar Koller. Es entstehen neue

Bilder in unserer Vorstellung und, vielleicht, ein neuer Blick

auf unsere Welt.

Nun bleibt mir, all jenen, deren Beiträge dieses Buch erst

möglich gemacht haben und die mir bei den wichtigen

Entscheidungen in dieser schwierigen Zeit beigestanden

sind, vor allem meiner Frau Maria, zu danken.

Nürnberg, Juli 2005

Herbert Koller

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Die Selbstverständlichkeit ist es, mit der ein Künstler zu

Werke geht, um bis ans Lebensende an seinem Werk zu

arbeiten. Arbeit und Leben als eine Einheit – um unter allen

Umständen frei schaffen zu können.

Oskar Koller hat sich dieses Ideal verwirklicht. Inmitten

aller Pflichten und Aufgaben des Lebensunterhaltes, was

kurzerhand die rauhe Wirklichkeit genannt wird, etwas

Eigensinniges machen: Das kommt, für mich, dem Gestalten

einer Insel gleich, die sich gerade durch ihre scheinbare

NichtNützlichkeit über Wasser hält und sich behauptet.

Wie die Insel Mainau.

Als Kind mit dem Schiff von Konstanz ankommend, wurde

mir diese BlumenFeuerwerksinsel zum Urbild des unver-

sehrten Schönen. Das Unversehrte – war es nicht das

Lebensthema von Oskar Koller?

Wer mit dem Schiff auf den Konstanzer Hafen zufährt, wird

die beiden verschiedenen Türme der Hafeneinfahrt wahrneh-

men und sein Augenmerk auf das Konzilsgebäude richten.

Nicht jedem wird die Mitgift der Geschichte bewusst sein,

die zu diesem Gebäude gehört. Als Kind war mir natur-

gemäß der Gondelhafen am Rande des Stadtgartens wichti-

ger; und wenn ich am Stadttheater vorbeiging, wusste ich:

dort oben, die beiden Figuren, die hat mein Opa gemacht,

der Bildhauer Paul Diesch.

AugenglücklichSehFreuden mitOskar Koller

Godehard Schramm

Die Mutter

Der Vater

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Was mag die AugenMitgift für den in Erlangen geborenen

Oskar Koller gewesen sein? Das streng Gegliederte der

Hugenottenstadt? Das Barocke der Orangerie? Das Nüchter-

ne der Gewerbestadt? Der Kirchweihberg? Der wenig aufra-

gende Fluss Pegnitz? Das Treiben der Studenten? Über die

einfachen Verhältnisse, denen er entstammte, und über seine

Mutter sprach er eigentlich nie.

In dem Katalogband des druckgrafischen Werkes,

1950–1971, schaut uns der etwa 35-jährige junge Maler an.

Unter der keck nach hinten geschobenen Baskenmütze lugen Kallmünz, altes Rathaus 1949Öl auf Hartfaser 50,0 x 40,0 cm

Im Hafen Piräus

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Haare hervor; der Blick ist beinahe bohrend, auch fragend;

er ließe sich auch als fordernd deuten: »Welt, was hast du zu

bieten? Was hast du mir zu sagen?« Wangen und Kinn haben

etwas Weich-Rundes. Nasenwurzel und Rinne der Oberlippe

wirken anmutig; der Mund verschlossen. Die Stirn des ein

wenig spähend vorgereckten Kopfes hat etwas Herausfor-

derndes, als ob sie beteuerte: »Ich will’s mit der Welt auf-

nehmen!«

Die nachfolgende Fotografie, 1990 vom Sohn Herbert aufge-

nommen, zeigt die freie Stirn, den freien Blick (längst mit

Brille); der Mund leicht geöffnet; gerader Blick – mitsamt

der Latzhose (gerade innehaltend mit dem Malen). Ein prü-

fender Blick – und ein unbefangener zugleich.

Seit 1927 war Nürnberg die Lebensstadt für Oskar Koller,

eine evangelisch-lutherisch geprägte Stadt, die in ihrem

Herzkern aus der dualen Spannung zwischen den beiden

kirchengekrönten Vierteln Sankt Sebald und Sankt Lorenz

lebt. Eine Stadt berühmter Kaufleute und Handwerker, die

zu einer Arbeiterstadt wurde. Eine Stadt auf rötlichem frän-

kischen Sandstein.

Hier begann Oskar Koller eine kaufmännische Lehre. 1943

wurde er als 18-Jähriger zum Wehrdienst eingezogen. Vergli-

chen mit anderen Soldaten Hitlerdeutschlands hatte er noch

Jolanda Koller

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Glück, denn nur von 1944 bis 1945 währte seine russische

Gefangenschaft.

Als Oskar Koller von 1947 bis 1950 die Berufsoberschule

für Gestaltung in Nürnberg besuchte, war diese Stadt noch

eine schwer Kriegsbeschädigte.

Bilder, die sich der Zerstörung widersetzten, und

Malerlehrer, denen das Vertrauen ins Bildermalen nicht

abhanden gekommen war, gehören zur Mitgift von

Oskar Koller: Georg Weidenbacher, Hermann Wilhelm

und Fritz Griebel sind seine tüchtigen Lehrer gewesen.

Wunibald Puchner, seinerzeit Professor für Innenarchitektur

an der Nürnberger Akademie, sagte eimal: »Evident ist der

Rang von Wilhelms Schülern – wie Franz Vornberger, Egon

Eppich, Lydia Hasselt, Toni Burghart und Oskar Koller.«

Nürnberg, Blick auf die Pegnitz38,0 x 28,2 cm

Beim Malen

Kleiner Hafen45,0 x 70,0 cm

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Wer den Weitblick über die Felder des Knoblauchlandes im

Norden der Stadt kennt, der von Oskar Kollers Wohn-

Atelier-Weltreich aus möglich ist, kann nachempfinden, dass

hier eine Variante von Barbant und Provence vor der

Haustüre liegt. In dieser Kriegsopfersiedlung, genau am

Nordrand, hat Oskar Koller die längste Zeit seines Lebens

gearbeitet; es ist eine LichtFangStation in diesem so

stadtviertelreichen Nürnberg.

Diese Stadt als Schuhlöffel in die Welt ... Hier hat seine im

oberpfälzischen Kallmünz, dem Malerort, geborene

Mutter als Dienstmagd gearbeitet; hier wuchs er in einer

Großfamilie auf – seinerzeit am nördlichen Rand der Stadt.

Ortswechsel kamen für das damalige Schlüsselkind hinzu,

und mitarbeiten musste das Kind auch. Abhärtung durch

Alltag – und dabei gedieh das Verlangen nach dem Anderen:

Und der 12-Jährige beginnt zu malen und zu zeichnen. Der

13-Jährige begegnet 1939 Bildern in München – Zündfun-

ken springen über. Voller Sehnsucht radelt er die 56 Kilome-

ter zum Bamberger Reiter, zum Bamberger Rosengarten.

Es lag auf der Hand, dass sein Wunsch, Kunstmaler zu

Baustelle an der Karlsbrücke 1965Bleistift und Tusche auf Papier38,2 x 57,5 cm

Innere Großweidenmühlstraße 1965Bleistift und Tusche auf Papier38,0 x 56,0 cm

Obere Kreuzgasse 1964Bleistift und Tusche auf Papier38,1 x 57,5 cm

Am Plärrer, Westseite 1965Bleistift und Tusche auf Papier43,8 x 62,5 cm

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werden, zuhause überstimmt wurde: Der Bub soll was

G’scheites lernen! – so lautete der Bescheid.

Aber fränkische Hartnäckigkeit ist nicht zu unterschätzen!

Der junge Oskar besuchte Abendkurse. Zuvor hat er noch

das unzerstörte mittelalterliche Nürnberg gesehen; doch bald

erlebt der Suchende den ersten großen Luftangriff.

Alsdann in Prag: Ausbildung zum Funker bei der

Artillerie – und dabei die Karlsbrücke und die große

Architektur dieser Stadt erleben ... Glück haben: dass ihn

ein verständiger Kompaniechef als Putzer behält – Zeit,

um russische Bauernhäuser zu zeichnen. 1944 unter den

Erniedrigten und Beleidigten, die als Gefangene durch

Moskau ziehen müssen.

Krank, aber frei im Oktober 1945 nach Hause können –

eine deutsche Geschichte: ein deutsches Schicksal zugleich.

Neben der sichtbaren Vernichtung: Es gab auch die

Zauberflöte und dieses Gefühl, noch einmal geboren zu

werden. 1948 sieht der Heimkehrer zum ersten Mal

Originale von van Gogh: Welttüren gehen auf. Zeit des

Sichbehelfens: Oskar Koller hilft einem Freund, Möbelwa-

gen zu streichen und zu beschriften – für den Lohn von

Im Atelier, 70er Jahre

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300 Mark fährt er 1951 als freier Mensch mit dem Fahrrad

nach Italien. Erste Begegnung mit dem LichtLand: Brixen,

der Gardasee, Rom, Neapel; zu Schiff nach Capri. Aus Spar-

samkeit ernährt er sich vor allem von Milch und Brot – doch

die Augen sahen sich satt. Urerfahrung eines Malers: dass

Licht auf Gegenständen und Landschaften erst in seiner Wir-

kung zu erleben ist.

Ein Jahr später, mit einem betagten Sachs-Motorrad nach

Frankreich: Paris, Chartres, Provence – Begegnung in der

Chapelle du Rosaire mit der scherenschnittkargen Malerei

von Matisse in Vence. SüdlichtEichung der Seele.

Ein frühes Klavierstück des aus Franken stammenden und in

Berlin lebenden Komponisten Walter Zimmermann (*1949)

heisst Beginner’s mind. Darin singt der Pianist mehrfach die

Aufforderung: »You must have beginner’s mind!«. So einen

mutigen Anfängergeist hatte auch Oskar Koller, der bald er-

fuhr, dass seine beharrliche Arbeit Anerkennung fand, auch

in Gestalt menschlicher Weiterhilfe. Der damalige Nürnber-

ger Baudirektor Paul Seegy vermittelt Ankäufe von Bildern,

und die Stadt ermöglicht den Bezug eines Ateliers – samt

Kochnische 38 Quadratmeter: für’s Erste. »Nicht locker

lassen!« Oskar, der Unermüdliche, bezieht bald darauf eine

größere Atelierwohnung im charmantesten Viertel Nürnbergs,

in Sankt Johannis, das ich als rosenschön und als etwas Paris

an der Pegnitz dargestellt habe.

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Tempel in der Stadt 198629,4 x 38,0 cm

Haus in der Po-Ebene 198228,3 x 38,3 cm

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RAUMUNDFLÄCHE Soweit ich mich an meine früheste Kindheit erinnere, habe ich gemalt.

Ob ich in Kalkutta oder Marakesch oder Amsterdam bin ...

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18 RAUM UND FLÄCHE

Haus Lanzarote 198328,0 x 37,8 cm

Wäre es verfehlt, wenn ich die wendige, zielgerichtete und

südlichsüchtige Eidechse als sein Wappentier erfände? Frei-

lich gehörte dazu auch immer das PaarBild: Ohne seine Frau

Jolande ist Oskar Koller nicht vorstellbar. Weiß man es denn

zu schätzen, wenn damals eine junge Frau ihren Berufs-

wunsch aufgab, nicht Keramikerin wurde, sondern sich auf

das Wagnis der Unsicherheit einließ: als Ehefrau eines

Malers, der sich nicht nur behaupten, sondern auch durch-

setzen musste in einer Liga von Ebenbürtigen? Jolande –

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Page 19: Gewidmet meiner Mutter Jolanda - bücher.de

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die ImmerFrau seit 1954, die Mutter eines Sohnes und einer

Tochter: Hingabe als Lebensaufgabe, bei zunehmendem

Selbstbewusstsein des Mannes, der nicht ohne Stolz

vermerkte, dass er 1956 den ersten Förderpreis der Stadt

Nürnberg erhielt, der nach dem Krieg an einen Maler verge-

ben worden ist.

Weißes Haus Lanzarote 198328,0 x 37,8 cm

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20 RAUM UND FLÄCHE

Ich weiß nicht mehr, wann wir einander zum ersten Mal

begegnet sind; jedenfalls erlebte ich in meinen Anfänger-

zeiten, Ende der 60er, Anfangs der 70er Jahre, Oskar Koller

als einen Neugierigen, den nicht allein die malenden

Zeitgenossen interessierten, sondern auch die schreibenden,

komponierenden und bildhauenden. Sicher ist, dass er uns

1969 seine zweifarbige Lithografie Weihnachtsblatt

schenkte, und 1972, zu unserer Hochzeit, ein weiteres

Blatt: Nordafrika.

Dieses Wachsein des Älteren gegenüber den Jüngeren zeich-

nete seine elementare Neugier aus. Es konnte vorkommen,

dass er unmittelbar nach einer gehörten Radiosendung beimZiegelei Ägypten 198231,0 x 44,0 cm

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Page 21: Gewidmet meiner Mutter Jolanda - bücher.de

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Graue Häuser 199028,1 x 38,1 cm

Stadtansicht in Lila 199028,5 x 37,7 cm

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22 RAUM UND FLÄCHE

Autor anrief, ihn bestätigte und etwas zwischen den ver-

schiedenen Kunstsparten hin- und herging. Wer die

Ergebnisse der fruchtbaren 50er Jahre betrachtet, dem

entgeht nicht eine gewisse stilistische Ähnlichkeit ganz

verschiedener Maler – vergleichbar den einander ähnlichen

Keimblättern von Samen. Alsbald zeigt sich dann das

Ureigene, in Thematik wie im Ausdruck. Es ist im Rück-

blick aufschlussreich, welche Malervorbilder noch eine

Weile mitwirkten und durchschlugen, bis sich dann das

Ureigene als das Unverwechselbare zeigte. Dies gilt auch für

Oskar Koller und seine Freiheit der Farbe, wobei das Weiß-

Belassene den Linien und Flächen ungewöhnliche Ausstrah-

lungskraft verleiht. Ägyptisches Haus 1983 / 8527,9 x 37,9 cm

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Page 23: Gewidmet meiner Mutter Jolanda - bücher.de

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Im Laufe der Jahre trafen wir des Öfteren zusammen. Zu

spüren war, dass sich der Maler seiner Sache sicher war –

aber nicht in dem Sinne, dass jedes Bild schon sicher sei.

Wie wir einmal vor einem fast fertigen Aquarell standen und

es betrachteten und über die Spannungsverhältnisse

zwischen den »FarbMagnetFeldern« sprachen, da fiel

irgendein Wort – und Oskar Koller machte einen Schritt auf

seine Arbeit zu und versetzte ihr mit dem Pinsel jenes

i-Tüpfelchen eines Farbtupfens, der gefehlt hatte.

Irgendwann einmal war wieder unser Malerfreund aus

Amsterdam zu Besuch bei uns, und fast ein wenig herab-

lassend bemerkte er, dass Oskar Koller »immer dieselbe

Perspektive« habe. Dieser Vorbehalt überzeugte mich nicht,

denn Kollers »Immer-wieder-neu« ist ja jedesmal ein gera-

dezu erfrischendes »Immer-wieder-neu« .

Nach und nach erst konnte ich nachvollziehen, dass seine

weltweiten Reisen ja nicht zu einem neuen Stil führen

sollten, sondern zu einer Erprobung der eigenen Fähigkeit,

das WeltAndere ins Eigene übersetzen zu können, ihm auf

seine ureigene Weise zu antworten.

Nordafrikanisches Dorf 197427,9 x 38,0 cm

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Kunstbetrieb Oskar Koller GmbH

Oskar KollerDer Aquarellist

Paperback, Flexibler Einband, 144 Seiten, 18,0 x 27,0 cm149 farbige Abbildungen, 14 s/w AbbildungenISBN: 978-3-7913-3535-3

Prestel

Erscheinungstermin: September 2005

Die Begegnung mit Mensch und Natur war zeitlebens das zentrale Thema Oskar Kollers(1925-1984). Vor allem seine Aquarelle machten ihn weit über seine Heimat hinaus bekannt. Seine großeStärke, den scheinbar mühelosen Umgang mit der Farbe, konnte er in dieser Technik besondersintensiv ausleben. Sensibel und sparsam setzte er diese ein, stets bemüht, der Fantasie desBetrachters freien Lauf zu lassen. Darin liegt auch der Schlüssel zu seiner großen Popularität,denn die Kunst Oskar Kollers ist für jeden zugänglich und verständlich. Das vom Sohn desKünstlers konzipierte Buch bringt dem Leser Oskar Kollers Begeisterung für Mensch undNatur nahe. Acht zum Teil sehr private Textbeiträge von Autoren, die Koller seit Jahrenfreundschaftlich verbunden waren, und zahlreiche Abbildungen seiner schönsten Arbeitenlassen das Werk des Künstlers zu seinem 80. Geburtstag in den leuchtendsten Farbenerstrahlen.