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Die neue Ausgabe des Film-Dienst, ab 19. Juli am Kiosk
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Alle Kinofilme vom 19.7. und 26.7. Alle Filme im Fernsehen
FILM NOIR! / Tom Hardy / Jason Robards Neue Bücher zu Rainer Werner Fassbinder
D A S F I L M � M A G A Z I N
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Ausstellung
PIXAR
I N H A L T 1 5 / 2 0 1 2
ALLE NEUEN KINOFILME VOM 19.7. UND 26.7.2012
4 magazin ausstellung 6 Punkt, Punkt, Komma, Strich PIXAR-Ausstellung in Bonn Von Jörg Gerle ausstellung 9 Im Schatten der Nacht „Film Noir!“-Ausstellung in Frankfurt Von Josef Nagel veranstaltung 11 Die digitale Crowd medienforum nrw: In Zeiten der Digitalisierung Von Christian Meyer geschichte 12 Verführer der Jugend Film und Bildung: Eine ambivalente Partnerschaft Von Klaus-Dieter Felsmann ausland 14 Abschied vom Zelluloid Das Festival „Il Cinema Ritrovato“ in Bologna Von Michael Ranze porträt 16 Bigger than Life Der Charakterschauspieler Jason Robards Von Michael Hanisch
32 Die 1000 Euro-Generation 35 Allein die Wüste 39 Global Viral – Die Virus Methaper 36 Guilty of Romance 33 Karen llora En un Bus 38 Klappe Cowboy! 34 Lady Vegas 37 Der Lorax 40 Man for A Day 34 Miss Kicki 31 The United States of Hoodoo 44 Turn me on, goddammit (kino schweiz) 45 Das verflixte 3. Jahr
veranstaltung 18 Lange Schatten 8. Festival des deutschen Films Von Ulrich Kriest 20 porträt Der ganz normale Wahnsinn Der Schauspieler Tom Hardy Von Jörg Gerle aus hollywood 22 „Sie brechen in Tränen aus...“ Neubegegnung: „Death of a Salesman“ Von Franz Everschor literatur 48 „Planet Fassbinder“ Literatur zu Rainer Werner Fassbinder Von Michael Töteberg 29 personen 30 neu im kino 41 kino schweiz 45 impressum 43 neu auf dvd 44 musik/dvd 46 literatur 50 nachspann NEU AUF DVD 43 Don’t Be Afraid Of The Dark
Skizze von Dáli zu „Spellbound“ (Seite 46)
6 film-dienst 15/2012
AUSSTELLUNG
Punkt, Punkt, Komma, Strich PIXAR-AUSSTELLUNG IN BONN
film-dienst 15/2012 7
Es sind stets die einfachen Geschichten,
aus denen die Animationsfilmschmie -
de Pixar wunderbare Kinostunden
zaubert. Man erinnere sich nur an
Woody, Buzz & Co. auf der Suche nach ih-
rem Zuhause („Toy Story“), an den Korallen-
fisch und seinen Weg zurück zum heimat -
lichen Riff („Findet Nemo“), an das kleine ro-
te Rennauto, das seine Grenzen austesten
will („Cars“), den Müllroboter, der nach der
Menschheit fahndet („Wall*E“) oder den
grummeligen Griesgram und seinen uner -
füllten Lebenstraum („Oben“) – lauter Ge-
schichten, die weltweit Millionen Menschen
ins Herz geschlossen haben und die immer
und immer wieder gesehen werden, auch
wenn „Toy Story“, Pixars erster Langfilm, in-
zwischen „betagte“ 17 Jahre alt ist.
Angefangen hatte alles schon viel früher,
nämlich mit dem behäbigen Knollenmänn-
chen André und der aufdringlichen Biene
Wally B.: Zwei Minuten aus dem Computer,
mit denen John Lasseter, damals noch in
Diensten von Lucasfilm, 1984 eine wunder-
bare Etüde schuf, deren spezifische Ästhetik
später mit Cowboy Woody, der Ameise Flick,
Sulley, Nemo, der Ratte Rémy, WALL*E,
dem rüstigen Carl und aktuell gerade mit der
Bogenschützin Merida als unverwechselbarer
„Pixar“-Look ins kollektive Filmgedächtnis
eingegangen ist. Interessant ist, dass Cowboy
Woody und der Sternenkapitän Buzz Light -
year bereits 1995, also lange vor der Wieder-
entdeckung der 3D-Stereoskopie, als plastisch
animierte CGI-Figuren danach strebten, der
Zweidimensionalität à la „Dschungelbuch“ zu
entwachsen. Sekundiert wurde das durch ei-
ne nicht weniger erstaunliche Entwicklung:
Die Geschichten der Filme wurden immer er-
wachsener. So fesselten die Abenteuer der
quicklebendigen Spielzeuge, die handfeste
Existenzprobleme zu bewältigen haben,
wenn ihre Besitzer gerade einmal nicht hin-
schauen, nicht nur Kinder, sondern gleicher-
maßen auch deren Eltern.
Lasseters magische Formel, nach der sich alle
Pixar-Filme aus den drei Kernelementen
„World“ (der magische Handlungsort), „Cha-
racter“ (Helden, Antihelden, Bösewichte) und
„Story“ (die Geschichte, die alles vereint)
entwickelten, tendiert allerdings dazu, das fil-
mische Handwerk zu vernachlässigen, das
diese Elemente erst möglich macht. Vielleicht
8 film-dienst 15/2012
AUSSTELLUNG
ist es gerade deshalb so wichtig, einmal jene
Prozesse sichtbar zu machen, aus denen die
Pixar-Filme überhaupt erst erwachsen.
Wenn Robert Fleck, Intendant der Bundes-
kunsthalle in Bonn, bei der Eröffnung der
Ausstellung „Pixar – 25 Years of Animation“
von seinen wundersamen Erlebnissen be-
richtete, die ihm bei der Besichtigung der
Pixar-Animationsstudios in Emeryville, Kali-
fornien, widerfahren waren, dann vermutet
man zunächst eine gewisse naive Unwissen-
heit, die der Popkultur in Gestalt der Pixar-
Filme hier entgegenschlägt. Doch im Grunde
offenbart sich hier die erfrischend ehrlich
vorgetragene Erkenntnis, Kunst dort gefunden
zu haben, wo man sie gar nicht vermutet
hätte. Fleck und seine Kollegen waren
schlicht begeistert vom kreativen Schaffens-
prozess, der sich in den riesigen Pixar-Pro-
duktionsstätten, die durchaus mit dem gut
organisierten Produktionsapparat eines Rem-
brandt van Rijns vergleichbar sind, vor ihren
Augen auftat. Es ist in der Tat gar nicht so
leicht zu verstehen, dass einem furiosen
Hightech-Produkt aus dem Computer wie
„WALL*E“ oder „Oben“ endlose Bleistift -
zeichnungen, Pastellskizzen, Schnitzmodelle
und überlebensgroße 3D-Figurinen voraus-
gehen. Für die Ausstellungsleiter Angelica C.
Francke und Ulrich Best steht es jedenfalls
außer Frage, dass das, was manche Studio-
bosse vielleicht als Abfall im Produktionspro-
zess betrachten, Kunst ist.
Die Macher der Ausstellung – unter ihnen
auch Elyse Klaidman, Direktorin der Pixar
University and Archives, die die Bonner Aus-
stellung kuratierte – haben ein Kunst-Event
geschaffen, keine Promotion-Plattform. Die
handgefertigten Konzeptzeichnungen, die den
Schaffensprozess selbst eines stereoskopischen
3D-Films wie „Merida – Legende der High-
lands“ einleiten, sind in ihrer Unfertigkeit, ih-
rer Wildheit und in ihrer späteren expressio-
nistischen Farbenfreude und überbordenden
Detailtreue das umwerfende Zeugnis einer
außergewöhnlicher Schaffenskraft. „Story -
board Artists“ wie John Lasseter (der später
bei „Toy Story“, „Das große Krabbeln“ oder
„Cars“ auch Regie führte), Ricky Nierva
(„Findet Nemo“), Pete Doctor (zudem Regie
bei „Die Monster AG“ und „Oben“), Robert
Kondo („Ratatouille“) oder Ralph Eggleston
(„Toy Story“, „Findet Nemo“, „WALL*E“)
sind herausragende Zeichner, die mit Bleistift,
Tusche oder Pastellkreide die Seele des Films
vorwegnehmen. Man spürt sie in jedem noch
so gekritzelten oder abstrakt wirkenden Ein-
zelblatt, dem in Bonn ein würdevoller Platz
an der Wand der Bundeskunsthalle einge-
räumt wird, so als stammte es von Anselm
Kiefer.
Der Ausstellung gelingt der Spagat
zwischen den allseits bekannten ani-
mierten Welten der erfolgreichen
Disney-Filme und den zumeist unbe-
kannten Produktionsprozessen, die
vor jeder Premiere stehen. Das Ani-
mations-Studio PIXAR (mit der be-
rühmten kleinen Schreibtischlampe
Luxo jr. als Blickfang im Firmenlo-
go), das seit 1991 dem Disney-
Konzern assoziiert ist, wird zu Be-
ginn der Ausstellung kurz por-
trätiert; auch die Produktionspro-
zesse von der ersten Planung bis
zur Projektion im Kino werden
knapp skizziert. Das Herzstück der
sehenswerten kleinen Ausstellung
sind dann aber die Vorstudien, die
im Dunkel abgetrennter Nischen
Spektakuläres bieten. Hier finden
sich beispielsweise Installationen
wie das „Toy Story“-Zoetrop, ein
dreidimensionales Karussell, auf
dem eine überbordende Anzahl an
Figurinen so angeordnet ist, dass sie
im Stroboskop-Licht eine fulminant
animierte Sequenz ergeben. Das so
genannte Artscape ist dann ein fast
schon filmisches Erlebnis: Auf eine
in beinahe doppelter CinemaScope-
Breite aufgespannten Leinwand pro-
jizieren drei Beamer eine imaginäre
Ausstellungswand, auf der die Story -
boards zu leben beginnen und der
Betrachter in die überlebensgroßen
Welten der Zeichner eingesogen
wird, ohne dass sich ein klassisch
animiertes Filmbild ergibt. Minuten
lang lässt man sich von der aus-
geklügelten Bild/Ton-Installation ge-
fangen nehmen, bis einem – dem
360-Grad-Kino auf dem Kirmes
gleich – der Gleichgewichtssinn ei-
nen Streich spielt. Buzz Lightyears
kämpferische Durchhalteparole: „To
infinity, and beyond!“ („Bis zur Un-
endlichkeit und noch viel weiter!“)
bekommt hier einen ganz neuen
Sinn. Jörg Gerle Die Ausstellung „Pixar – 25 Years of Anima-tion“ ist bis zum 6. Januar 2013 täglich außer montags von 10-19 Uhr, Dienstag & Mittwoch bis 21 Uhr geöffnet. Alle Informationen (auch über das museumspädagogische Begleitpro-gramm) findet sich im Internet. www.bundeskunsthalle.de
SEHENSWERT
D I E K R I T I K E N
DISKUSSIONSWERT
Karen Ilona en un bus 33
Die 1000 Euro-Generation 32 Global Virus – Die Virus Metapher 39 Guilty of Romance 36 Man for A Day 40 Miss Kicki 34 The United States of Hoodoo 31 Turn me on, gaddammit (kino schweiz) 41
41 177
The United States of Hoodoo
Der afroamerikanische Schriftsteller Dari-
us James hat sich mit ebenso scharfsin -
nigen wie (selbst-)ironischen Büchern
(„That’s Blaxploitation“, „Negrophobia“) über
die schwarzen Wurzeln der amerikanischen
(Pop-)Kultur einen Namen gemacht. Von
1996 an lebte er in Berlin, wo er mit dem
Regisseur Oliver Hardt den Film „Black
Deutschland“ (2005) über das Leben als
Schwarzer in Deutschland realisierte. Dann
ließ der Tod seines Vaters den Autor in sei-
nen Heimatort Hamden, Connecticut, zu-
rückkehren. Unter den Hinterlas senschaften
des verstorbenen Malers und Bildhauers fand
sich eine große Sammlung afrikanischer Mas-
ken, von denen sein Vater stets behauptet
hatte, dass er sie nur wegen ihrer Schönheit
gekauft habe. Dass ihnen auch spirituelle Di-
mensionen innewohnen könnten, war für ihn
nicht wichtig gewesen. Der Sohn aber macht
sich von New York aus auf eine lange Reise
kreuz und quer durch den nordamerikani -
schen Kontinent, um den spirituellen Ur -
sprün gen der afro-amerikani schen Kultur
nachzuspüren. Der Trip beginnt bei der Mu-
sikerin Val Jeanty in Brooklyn, die ihm ihren
„Afro-Elektronica“-Sound erläutert. Mit einer
Schauspielerin besucht James das African Bu-
rial Ground National Monument in Manhat-
tan und sitzt beim Maler Danny Simmons
auf dem Sofa, der über europäische Künstler
wie Picasso räsoniert, die sich für afrikani -
sche Kunst nur unter ästhetischen Aspekten
interessiert hätten. Nach einigen weiteren
Zwischenstopps landet James in New Orle -
ans, dem Mekka der schwarzen Musik und
Voodoo-Kultur, wo er sich von einer (weißen)
Lehrerin in traditionelle Trance-Techniken
einweisen lässt. Die Klischee-Vorstellungen
von Voodoo-Ritualen mit frischem Hühner-
blut und mit Nadeln traktierten Stoffpuppen
sorgen dabei für allgemeine Erheiterung.
Hier, wie auf der gesamten Reise, gibt sich
Darius James mehr als aufmerksamer Zuhörer
denn als Selbstdarsteller. Nur hie und da lässt
er sich zu einem ironischen Kommentar hin-
reißen, wenn er etwa eine Ausstellung zu
Ehren des Blues-Musikers Robert Johnson
ausgerechnet in einem Baumwollmuseum
entdeckt. Überhaupt lebt dieses dokumentari-
sche Road Movie, das den Protagonisten
auch nach Seattle und Chicago führt, von ei-
ner entspannten Laid-Back-Atmosphäre, ruhi-
gen Einstellungen und mehr oder minder ori-
ginellen Charakteren, die überwiegend dem
Künstler- und Intellektuellen-Milieu entstam -
men. Bei aller Ernsthaftigkeit der Erforschung
traditioneller afroamerikanischer Spiritualität
fehlt dem Film auf sympa thische Art jeder
missionarische Impetus. Die Dialog lastigkeit
der Dokumentation wird dabei (etwas zu sel-
ten) durch den Original-Soundtrack des musi-
kalischen Grenzgängers Arto Lindsay und die
teilweise sehr mitreißende Musik (etwa bei
Trauermärschen in New Orleans) gemildert. Reinhard Lüke
film-dienst 15/2012 31
KINOSTART 26.7.2012
The United States of Hoodoo The United States of Hoodoo Deutschland/USA 2012 Produktion Stoked Film/ZDF-arte/Signature Pic. Produzenten Robert Malzahn, Oliver Hardt Regie Oliver Hardt Buch Oliver Hardt, Darius James Kamera Harald Schmuck Musik Arto Lindsay Schnitt Martin Hoffmann Länge 104 Min. FSK o.A.; f Verleih Real Fiction (O.m.d.U.)
Der Schriftseller Darius James durchstreift auf der Suche nach den spirituellen Ursprüngen der afroamerikanischen Kultur die USA und landet in New Orleans, wo er den alten Göt-tern Afrikas in zahllosen Metamorphosen wiederbegegnet. Ein dokumentarisches Road Movie, das aufmerksam und zugleich ent-spannt nach den Wurzeln urbaner Kreativität forscht und in den Künstler- und Intellektuel-len-Milieus originellen Charakteren begegnet. Die Dialoghaftigkeit der vielen Interviews hät-te etwas intensiver durch den interessanten Soundtrack variiert werden können. – Ab 14.
„Man for A Day“
„Guilty of Romance“
38 film-dienst 15/2012
KINO
41 185
Klappe Cowboy! Klappe Cowboy! Deutschland 2012 Produktion Prophetfilms Produzenten Timo Jacobs, Claude Oliver Rudolph Regie Timo Jacobs, Ulf Behrens Buch Federico Avino Kamera Ulf Behrens Schnitt Manuel Stettner, Jörg Schreyer, Martin Ober haus Darsteller Timo Jacobs (Cowboy), Yps Van Tule (Yps), Peter Koskowski (Kinski), David Bredin (Mol le), Adrian Dittus (Säsch), Tom Sommerlatte (Nachtigal), Tibor Taylor (Fischpeter), Terri Laird (Texas Terri), Clifford Smith (Rai ner),Kristian Wanzl (Michi), Till Butterbach (Ballaus) Länge 84 Min. Verleih Prophetfilms
Ein selbstverliebter Möchtegern-Filmemacher plant einen Western in Berlin-Kreuzberg. Die Zeit bis zum Drehbeginn vertreibt er sich mit seinen Kumpels und Gelegenheitsjobs. Der gewollt dilettantische No-Budget-Film stellt mit archaischem Verve und viel Leidenschaft das Filmemachen inklusive dessen Scheitern nach. Eine etwas zähe Fingerübung in der Manier von Klaus Lemke, deren Mut zum Un-derstatement dennoch angenehm berührt. – Ab 14.
T imo Jacobs wurde nach ei-
genen Angaben von Klaus
Lemke für den Film ent-
deckt. In Lemkes „Hamburg“-Fil-
men zwischen „3 Minutes Hero-
es“ (2004) und „Finale“ (2006)
war Jacobs eine integrale Figur,
die eine Coolness ausstrahlte, die
in Sekundenbruchteilen in ihre
eigene Parodie umschlagen konn-
te. Jacobs war die ideale „Ma-
cker-Macho-Figur“, an denen die
toughen Lemke-Frauen ihr Müt-
chen kühlen konnten. Gemäß
der alten Lemke-Regel, dass die
Professio na lisierung zum Schau-
spieler den Charme des Darstel-
lers killt, musste sich Jacobs nach
einigen Filmen im Lemke-Team
neue Jobs suchen. Doch der ehe-
malige Profi-BMX-Fahrer hatte of-
fenbar Gefallen an der Branche
gefunden; er tauchte in Werbe -
spots auf und übernahm kleinere
oder größere type-gecastete Rol-
len in Filmen wie „Gegengerade“
(fd 40 374) oder „Im Schatten“
(fd 40 082). Gemeinsam mit Ulf
Behrens zeichnet Jacobs jetzt für
Drehbuch und Regie (und solo
als Schnittmeister) von „Klappe
Cowboy!“ verantwortlich; als
Produzenten holte das Duo noch
Claude Oliver Rudolph mit an
Bord. „Klappe Cowboy!“ ist –
schon der Titel legt das nahe –
ist inhaltlich wie formal eine Fin-
gerübung in der Manier des gro-
ßen Meisters Klaus Lemke und
zwar – Achtung, Selbstrefe ren -
zialität! – sowohl vor als auch
KINOSTART 19.7.2012
hinter der Kamera, weil der Film
auch noch vom Filmemachen er-
zählt. „Vier Fäuste gegen Berlin“
heißt das Meisterwerk, dass das
selbsterklärte Genie Cowboy (Ja-
cobs selbst) vor Ort in Kreuzberg
drehen will. Die Zeit bis zum
Drehbeginn vertreibt sich
Cowboy mit seinen Kumpels Kin-
ski und Molle sowie mit Gele-
genheitsjobs, die alle mit Film
oder besser mit dem Scheitern
an Filmen zu tun haben. Im Ka-
talog des Festivals „Max Ophüls
Preis“ in Saarbrücken gab Jacobs
zu Protokoll: „Cowboy in seinem
manischen Heißsporn reflektiert
nichts, sondern geht so was von
straight, dass er seine Gedanken
selber überholt. Dieses Zügellose
war für mich der Brennstoff für
eine hochexplosive Komödie, die
selbstironisch durch die Hilflosig-
keit des Nichtwissens unglaub-
lich schlagfertig daherkommt.
Die Echtheit der beautiful loser,
die jeden Moment 100 Prozent
auskosten, diese Bereitschaft ha-
be ich benutzt und die Darsteller
ahnungslos gelassen, was eines
Korsetts von viel Zeit und Muße
bedurfte.“ Dies trifft recht genau,
was „Klappe Cowboy!“ ausmacht
im Guten wie im Schlechten.
Während Cowboy im Film noch
am Drehbuch zu „Vier Fäuste
gegen Berlin“ feilt, haben Jacobs
und Behrens diesbezüglich lieber
auf eine lässige Offenheit am Set
gesetzt und das Drehbuch wohl
eher ad acta gelegt, um der
„Echtheit“ der Figuren oder bes-
ser: der Situationen willen. Aus-
gemacht scheint hier nichts; viel-
mehr wird mit Minimalbudget
und Leidenschaft „Filmemachen“
und „Scheitern am Filmema-
chen“ nachgestellt, voller Witz
und mit anarchischer Verve. Was
allerdings auch selbst scheitern
kann und in der Folge dazu
führt, dass man an der Darstel -
lung von Scheitern scheitert, al-
lerdings auf ungleich zähere Wei-
se als beispielsweise bei Helge
Schneider. Andererseits gelingen
dabei Szenen, deren Dilettan tis -
mus einen originellen Charme
versprüht oder durch Hem-
mungslosigkeit überrascht. So
scheint der irrwitzige Moment
gekommen, dass das wilde Spät-
werk des erklärten Einzelkämp -
fers Klaus Lemkes plötzlich Schu-
le macht, wobei dessen profes -
sionelle Qualitäten durch Epigo-
nen wie „Klappe Cowboy!“ eher
noch betont werden. Im direkten
Vergleich zu „Finale“ wirkt
„Klappe Cowboy!“ vergleichs-
weise wie uninspiriertes Malen
nach Zahlen, doch im Kontext
eines Nachwuchsfestivals wie
Saarbrücken strahlte der Filme ei-
ne Frische und einen Mut zum
Risiko des Nicht-Ausgewo genen
aus, der vielen anderen Filme
derzeit spürbar fehlte. Jetzt
möchte man eigentlich nur noch
wissen, was Klaus Lemke dazu
sagt. Ulrich Kriest
AU
SSER
DEM
LÄ
UFT
AN
Im Berichtszeitraum laufen zwei
weitere Kinofilme an, die vor
Drucklegung nicht gesehen wer-
den konnten : Joseph Vilsmaiers
„Bavaria – Traumreise durch Bay-
ern“ (Start: 26.7.) sowie „The Dark
Knight Rises“ (26.7.), der Abschluss
der Batman-Trilogie von Christopher
Nolan. Ausführliche Rezensionen fol-
gen zeitnah zum Start auf unser
Website und in der nächsten Aus-
gabe des FILM-DIENST (fd 16/12).
www.film-dienst.de