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 Warum Sie I n Stahlgew ittern   lesen sollten Kampf als äußerstes Erlebnis "Stahlgewitter", "Trommelfeuer", "Flammenmeer", "Leichenfelder", "Eisenhagel", "Feuersturm" - so lauten die immer wiederkehrenden Elementarbegriffe in Jüngers Beschreibung seiner Erlebnisse in den vordersten Linien der Materialschlachten des Ersten Weltkriegs. Viele dieser bildhaften Begriffe lehnen sich an das Vokabular tosender, zerstörerischer Naturgewalten an. Und genauso wird der Krieg auch von Jünger erfahren: als eine vernichtende Urkraft. Der Autor hat den Ersten Weltkrieg als  junger Soldat und als Stoßtruppführer mitgemacht und aus seinen tagebuchartigen Aufzeichnungen diesen berühmten literarischen Bericht geformt, eines der bedeutendsten Kriegsbücher deutscher Sprache. Völlig ohne Sentimentalität oder Betroffenheit wird das Kriegsgeschehen vor dem Leser ausgebreitet, es erscheint wie ein einziges großes Abenteuer. Jüngers "heroische" Haltung wurde allerdings vielfach als Kriegsverherrlichung und reaktionärer Kämpfermystizismus verstanden. Dennoch: In Stahlgewittern ist ein sehr lesenswertes Buch, gerade in Zeiten, in denen Anzug tragende Kriegstreiber Lügen wie die vom "sauberen Krieg" oder von "chirurgisch präzisen Luftschlägen" verbreiten. Über den Autor Ernst Jünger  wird am 29. März 1895 in Heidelberg als Sohn eines promovierten Chemikers geboren. Einer seiner Brüder ist der ebenfalls bekannte Schriftsteller Friedrich Georg Jünger. Seine Kindheit verbringt Jünger vor allem in Hannover. Noch als Gymnasiast geht er zur Fremdenlegion nach Nordafrika, wird aber vom Vater zurückgeholt. Nach dem Notabitur 1914 meldet er sich als Kriegsfreiwilliger und erhält im Ersten Weltkrieg höchste militärische Auszeichnungen als Soldat. Seine Kriegserlebnisse verarbeitet er in mehreren Werken, darunter In Stahlgewittern (1920), das ihn sogleich berühmt macht. Nach dem Krieg dient er bis 1923 in der Reichswehr und studiert danach Zoologie und Philosophie, bricht seine Studien aber ab, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Nach anfänglichen Sympathien hält er sich von den Nationalsozialisten fern und lehnt sowohl einen ihm von der NSDAP angebotenen Sitz im Reichstag als auch die Aufnahme in die Dichterakademie ab. 1939 erscheint seine Erzählung Auf den Marmorklippen, in der das Regime eines brutalen „Oberförsters“ beschrieben wird. Im gleichen Jahr wird Jünger zur Wehrmacht eingezogen und leistet als Hauptmann Dienst in Frankreich, vor allem in Paris. 1944 wird Jünger, der einigen der Attentäter vom 20. Juli nahesteht, wegen kritischer Äußerungen aus der Wehrmacht entlassen. Weil er sich weigert, den Entnazifizierungsbogen der Siegermächte auszufüllen, wird er nach dem Krieg zunächst mit Publikationsverbot belegt. Anfang der 50er Jahre zieht Jünger nach Wilflingen in Baden- Württemberg, wo er bis zu seinem Lebensende wohnt. Jünger erhält u. a. den Goethepreis und das Bundesverdienstkreuz. Er wird in Frankreich sehr geschätzt, der französische Präsident Mitterand besucht ihn sogar in Wilflingen. Neben seiner Arbeit als Schriftsteller betätigt er sich auch als angesehener Insektenforscher. Sein tagebuchartiges Werk Siebzig verweht erscheint in fünf Teilen von 1980 bis 1997. Jünger stirbt kurz vor seinem 103. Geburtstag am 17. Februar 1998. Erst nach seinem Tod wird bekannt, dass er 1996 zum Katholizismus konvertierte. Ernst Jünger, am 29. März 1895 in Heidelberg geboren. 19011912 Schüler in Hannover, Schwarzenberg, Braunschweig u. a. 1913 Flucht in die F remdenlegion, nach sechs Wochen auf Intervention des Vaters entlassen 19141918 Kriegsfreiwilliger 1918 Verleihung des Ordens »Pour le Mérite«. 19191923 Dienst in der Reichswehr. Veröffentlichung seines Erstlings »In Stahlgewittern«. Studium in Leipzig, 1927 Übersiedlung nach Berlin. Mitarbeit an politischen und

Ernst Jünger

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Warum SieIn Stahlgewitternlesen solltenKampf als uerstes Erlebnis"Stahlgewitter", "Trommelfeuer", "Flammenmeer", "Leichenfelder", "Eisenhagel", "Feuersturm" - so lauten die immer wiederkehrenden Elementarbegriffe in Jngers Beschreibung seiner Erlebnisse in den vordersten Linien der Materialschlachten des Ersten Weltkriegs. Viele dieser bildhaften Begriffe lehnen sich an das Vokabular tosender, zerstrerischer Naturgewalten an. Und genauso wird der Krieg auch von Jnger erfahren: als eine vernichtende Urkraft. Der Autor hat den Ersten Weltkrieg als junger Soldat und als Stotruppfhrer mitgemacht und aus seinen tagebuchartigen Aufzeichnungen diesen berhmten literarischen Bericht geformt, eines der bedeutendsten Kriegsbcher deutscher Sprache. Vllig ohne Sentimentalitt oder Betroffenheit wird das Kriegsgeschehen vor dem Leser ausgebreitet, es erscheint wie ein einziges groes Abenteuer. Jngers "heroische" Haltung wurde allerdings vielfach als Kriegsverherrlichung und reaktionrer Kmpfermystizismus verstanden. Dennoch:In Stahlgewitternist ein sehr lesenswertes Buch, gerade in Zeiten, in denen Anzug tragende Kriegstreiber Lgen wie die vom "sauberen Krieg" oder von "chirurgisch przisen Luftschlgen" verbreiten.ber den AutorErnstJngerwird am 29. Mrz 1895 in Heidelberg als Sohn eines promovierten Chemikers geboren. Einer seiner Brder ist der ebenfalls bekannte Schriftsteller Friedrich Georg Jnger. Seine Kindheit verbringt Jnger vor allem in Hannover. Noch als Gymnasiast geht er zur Fremdenlegion nach Nordafrika, wird aber vom Vater zurckgeholt. Nach dem Notabitur 1914 meldet er sich als Kriegsfreiwilliger und erhlt im Ersten Weltkrieg hchste militrische Auszeichnungen als Soldat. Seine Kriegserlebnisse verarbeitet er in mehreren Werken, darunterIn Stahlgewittern(1920), das ihn sogleich berhmt macht. Nach dem Krieg dient er bis 1923 in der Reichswehr und studiert danach Zoologie und Philosophie, bricht seine Studien aber ab, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Nach anfnglichen Sympathien hlt er sich von den Nationalsozialisten fern und lehnt sowohl einen ihm von der NSDAP angebotenen Sitz im Reichstag als auch die Aufnahme in die Dichterakademie ab. 1939 erscheint seine ErzhlungAuf den Marmorklippen, in der das Regime eines brutalen Oberfrsters beschrieben wird. Im gleichen Jahr wird Jnger zur Wehrmacht eingezogen und leistet als Hauptmann Dienst in Frankreich, vor allem in Paris. 1944 wird Jnger, der einigen der Attentter vom 20. Juli nahesteht, wegen kritischer uerungen aus der Wehrmacht entlassen. Weil er sich weigert, den Entnazifizierungsbogen der Siegermchte auszufllen, wird er nach dem Krieg zunchst mit Publikationsverbot belegt. Anfang der 50er Jahre zieht Jnger nach Wilflingen in Baden-Wrttemberg, wo er bis zu seinem Lebensende wohnt. Jnger erhlt u. a. den Goethepreis und das Bundesverdienstkreuz. Er wird in Frankreich sehr geschtzt, der franzsische Prsident Mitterand besucht ihn sogar in Wilflingen. Neben seiner Arbeit als Schriftsteller bettigt er sich auch als angesehener Insektenforscher. Sein tagebuchartiges WerkSiebzig verwehterscheint in fnf Teilen von 1980 bis 1997. Jnger stirbt kurz vor seinem 103. Geburtstag am 17. Februar 1998. Erst nach seinem Tod wird bekannt, dass er 1996 zum Katholizismus konvertierte.

Ernst Jnger, am 29. Mrz 1895 in Heidelberg geboren. 19011912 Schler in Hannover, Schwarzenberg, Braunschweig u. a. 1913 Flucht in die Fremdenlegion, nach sechs Wochen auf Intervention des Vaters entlassen 19141918 Kriegsfreiwilliger 1918 Verleihung des Ordens Pour le Mrite. 19191923 Dienst in der Reichswehr. Verffentlichung seines Erstlings In Stahlgewittern. Studium in Leipzig, 1927 bersiedlung nach Berlin. Mitarbeit an politischen und literarischen Zeitschriften. 19361938 Reisen nach Brasilien und Marokko. Afrikanische Spiele und Das Abenteuerliche Herz. bersiedlung nach berlingen. 19391941 im Stab des Militrbefehlshabers Frankreich. 1944 Rckkehr Jngers aus Paris nach Kirchhorst. 19461947 Der Friede. 1950 bersiedlung nach Wilflingen. 1965 Abschlu der zehnbndigen Werke. 19661981 Reisen. Schiller-Gedchtnispreis. 1982 Goethe-Preis der Stadt Frankfurt/Main.1988 Mit Bundeskanzler Kohl bei den Feierlichkeiten des 25. Jahrestags des Deutsch-Franzsischen Vertrags. 1993 Mitterrand und Kohl in Wilflingen. 1998 Ernst Jnger stirbt in Riedlingen.Zusammenfassung:In Stahlgewittern ist das erste und bekannteste Buch von Ernst Jnger. Es beschreibt Jngers Erlebnisse an der deutschen Westfront im Ersten Weltkrieg von Januar1915bis August1918. Das Buch basiert auf den Tagebuchaufzeichnungen Jngers, die er unmittelbar nach dem Krieg verarbeitete.Das Buch beginnt mit der Ankunft in Bazancourt, wo Jnger seinen ersten Kriegstag erlebte. Jnger beschreibt detailliert einige grausame Eindrcke des Krieges, wie zum Beispiel durch Granaten zerfetzte oder verstmmelte Soldaten, aber auch schne Kriegserlebnisse, wie zum Beispiel die Kameradschaftlichkeit unter den Soldaten whrend des Grabenbaus. Am 23. April1918erlebt Jnger das erste grere Gefecht in Prny. Jnger wird durch einen Splitter, der in seinen linken Oberschenkel schlgt, stark verwundet und kommt zur Pflege in ein Krankenhaus nach Heidelberg. Einige Wochen spter meldet sich Jnger als Fahnenjunker und bekommt einen Ausbildungskurs in Dberitz. Wieder an der Front beschreibt Jnger das Leben in den Grben. Er geht detailliert auf die verschiedenen Erlebnisse im Stellungskrieg ein, berichtet ber die Angriffe der Englnder, die nchtlichen Patroullien in den Grben und auch ber den Zeitvertreib whrend der Ruhephasen. Nachdem weitere Gefechte beschrieben werden folgen Berichte ber Weihnachten und Sylvester. Im weiteren Verlauf gelangt Jnger schlielich an den Cojeul-Bach, wo sich seine Kompanie die Formen des Stellungs- und Bewegungskrieges aneignet. Darauf folgt die "Groe Schlacht", in der Jnger und seine Kompanie mit feindlichen Panzern konfrontiert werden. Am 4. Juni1918beginnen die britischen Vorste. Zunchst erzhlt Jnger von seinem Leben in einem Ruhequartier, welches pltzlich von den Englndern beschossen wird. In den nachfolgenden Gefechten wird Jnger schwer verletzt, die Englnder haben den Graben fast eingenommen und Jnger schafft es mit einigen Kameraden in einen deutschen Verbandsunterstand zu fliehen. Zwei Wochen spter brachte in ein Lazarettzug zurck nach Deutschland. Das Buch endet mit dem 22. September1918, andem Jnger ein Telegramm erhielt, das ihm mitteilte, dass ihm der "Pour Le Mrite"-Orden verliehen wurde.Ernst Jnger. In StahlgewitternIm Krieg werden die Menschen in lebensgefhrliche Situationen hineingezwungen, und manche sind trotz aller erlebten Schrecken, Beschwernisse und Schmerzen davon fasziniert. Berichte ber das subjektive Erleben haben wir nur von denen, die diese Gefahrensituationen berlebt haben.Der Krieg zeichnet sich dadurch aus, da die Akteure gleichzeitig Jger und Gejagter sind. Die hellwache Aufmerksamkeit wird gefordert, eine Kombination aus wacher (und konzentrierter Aufmerksamkeit (Was macht der Gegner? Wo lauert die Gefahr? Die Kampfsituation ist von schnellen Feedbacks und einem hohen Risiko geprgt. Das beschreibt Ernst Jnger in seinem Buch In Stahlgewittern, aus dem die folgenden Auszge entnommen sind.Ob ein Zug vorbeirasselte, ein Buch zu Boden fiel, ein nchtlicher Schrei ertnte immer stockte der Herzschlag fr einen Augenblick unter dem Gefhl einer groen und unbekannten Gefahr. Es war ein Zeichen dafr, da man vier Jahre lang im Schlagschatten des Todes stand. So tief wirkte das Erlebnis in dem dunklen Land, das hinter dem Bewusstsein liegt, da bei jeder Strung des Gewhnlichen der Tod als mahnender Pfrtner in die Tore sprang wie bei jenen Uhren, ber deren Zifferblatt er zu jeder Stunde mit Sandglas und Hippe erscheint. (S. 10)Unvergesslich sind solche Augenblicke auf nchtlicher Schleiche. Auge und Ohr sind bis zum uersten gespannt, das nherkommende Rauschen der fremden Fe im hohen Gras nimmt eine unheildrohende Strke an. Der Atem geht stoweise; man mu sich zwingen, sein keuchendes Wehen zu dmpfen. Mit kleinem, metallischem Knacks springt die Sicherung der Pistole zurck; ein Ton, der wie ein Messer durch die Nerven geht. Die Zhne knirschen auf der Zndschnur der Handgranate. Der Zusammenprall wird kurz und mrderisch sein. Man zittert unter zwei gewaltigen Gefhlen: der gesteigerten Aufregung des Jgers und der Angst des Wildes.Man ist eine Welt fr sich, vollgesogen von der dunklen, entsetzlichen Stimmung, die ber dem wsten Gelnde lastet. (S. 80)brigens war dieser schwere sliche Hauch nicht lediglich widerwrtig; er rief darber hinaus, eng mit den stechenden Nebeln des Sprengstoffs vermischt, eine fast hellseherische Erregung hervor, wie sie nur die hchste Nhe des Todes zu erzeugen vermag. Ich machte hier, und whrend des ganzen Krieges eigentlich nur in dieser Schlacht, die Beobachtung, da es eine Art des Grauens gibt, die fremdartig ist wie ein unerforschtes Land. So sprte ich in diesen Augenblicken keine Furcht, sondern eine hohe und fast dmonische Leichtigkeit; auch berraschende Anwandlungen eines Gelchters, das nicht zu bezhmen war (S.105)Nun hatte es mich endlich erwischt. Gleichzeitig mit der Wahrnehmung des Treffers fhlte ich, wie das Geschoss ins Leben schnitt. Schon an der Strae vor Mory hatte ich die Hand des Todes gesprt diesmal griff er fester und deutlicher zu. Als ich schwer auf die Sohle des Grabens schlug, hatte ich die berzeugung, da es unwiderruflich zu Ende war. Und seltsamerweise gehrt dieser Augenblick zu den ganz wenigen, von denen ich sagen kann, da sie wirklich glcklich gewesen sind. In ihm begriff ich, wie durch einen Blitz erleuchtet, mein Leben in seiner innersten Gestalt. Ich sprte ein unglubiges Erstaunen darber, da es gerade hier zu Ende sein sollte, aber dieses Erstaunen war von einer sehr heiteren Art. Dann hrte ich das Feuer wieder schwcher werden, als snke ich wie ein Stein tief unter die Oberflche eines brausenden Wassers hinab. Dort war weder Krieg noch Feindschaft mehr. (Jnger, Ernst, In Stahlgewittern, Klett-Cotta Stuttgart 1976, S. 317)

Die helle Wachsamkeit ist ein Bedrfnis des Menschen. Das macht den Krieg bei all seinen Schrecken offenbar fr manche Menschen reizvoll. Der Nachteil: Man kann diesen Zustand nur unter Lebensgefahr haben. Die Gefahr als eine Droge, besonders fr solche Menschen, deren Aufmerksamkeit im Alltag zerfasert und innerlich instabil ist. Thewleit nennt diesen Charaktertyp in Mnnerphantasien den Nicht-Zuende-Geborenen, einen innerlich instabilen, nicht gereiften Mann, der die externe Stabilisierung durch die Gruppe, durch die Einbindung in eine straffe Struktur bentigt. Dieses Korsett bieten militrische und paramilitrische Verbnde. Dieser Bedrfnis einzelner Menschen (Mnner) nach Gefahrensituationen und in der Einbindung in Mnnerbrderschaften unter straffer Disziplin ist sicherlich nicht kriegsverursachend, ist jedoch ein frdernder psychologischer Faktor fr das Zustandekommen von Kriegshandlungen. Dieser Menschentyp des Nicht-zuende-Geborenen grndete unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg die Freikorps, aus denen dann die national-sozialistische Bewegung hervorging. Diese Kreise verherrlichten zwar durchaus den Kampf und den Kampfeswillen, rechtfertigten jedoch die Notwendigkeit eines Krieges nicht mit der Lust am Kampf. Dazu bemhten sie hhere Werte, wenn auch auf ethisch vorkonventioneller Ebene, wie der Sicherheit, Schutz und Ruhm der Volksgemeinschaft.Unpolitisch und nicht aggressiv ist eine andere Art lebensgefhrliche Ttigkeit, nmlich das Bergsteigen (z.B. Reinhold Messmer). Ein Leben auf Messers Scheide. Dort ist es auch der externe Zwang zu hochgradig konzentrierter Aufmerksamkeit. Die Gefahr ist hierbei der tdliche Absturz. Whrend in der Kriegssituation der individuelle Gefahrengrad weitgehend nicht dosiert werden kann, besteht beim Bergsteigen und anderen Risikosportarten die Mglichkeit, durch die Wahl des Berges, der Jahreszeit, die Menge und Qualitt der Ausrstung oder durch die Zusammensetzung des Teams den Schwierigkeitsgrad in einem weiten Bereich frei zu whlen.

Das grundlegende Buch zur Urkatastrophe des 20. JahrhundertsErnst Jngers erste Buchpublikation sein Kriegstagebuch, das fnf berarbeitungen erfuhr, seinen Ruhm begrndete, zugleich jedoch Zeitgenossen wie Kritiker polarisierte.Die Erlebnisse Ernst Jngers vom Januar 1915 bis zum August 1918 an derWestfront spiegeln sich in den Stahlgewittern wieder: vom Grabenkriegin der Champagne und der Schlacht bei Cambrai bis hin zu denStotruppunternehmen in Flandern und zuletzt der Verleihung des OrdensPour le mritenach seiner Verwundung.

In Stahlgewittern machte ihn zum Helden einer Generation junger Offiziere, die alles gegeben hatten und am Ende bestenfalls das Eiserne Kreuz davontrugen. Gide pries es als das schnste Kriegsbuch, das ich je las. Tatschlich hnelt es keinem anderen Buch der damaligen Zeit keine Spur von den pastoralen Meditationen eines Siegfried Sassoon oder Edmund Blunden, kein Anflug von Feigheit wie bei Hemingway, kein Masochismus wie bei T. E. Lawrence und kein Mitleid wie bei Remarque.Mit der in Heidelberg entstandenen Edition lsst sich die Textentwicklung zwischen 1920 und 1978 verfolgenErnst Jngers Kriegstagebuch In Stahlgewittern liegt jetzt erstmals in einer historisch-kritischen Ausgabe vor. Sie dokumentiert, welche Vernderungen der Autor zwischen 1920 und 1978 an diesem Text vorgenommen hat. Umstellungen, Einfgungen und Streichungen, beispielsweise vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus, knnen so differenziert betrachtet und interpretiert werden. Ernst Jnger hat seinen Frontbericht aus dem Ersten Weltkrieg immer neuen Textnderungen unterzogen, so dass bis heute insgesamt sieben Fassungen vorliegen, erklrt der Herausgeber, Prof. Dr. Helmuth Kiesel vom Germanistischen Seminar der Universitt Heidelberg. Die zweibndige Ausgabe der Stahlgewitter, so der Wissenschaftler, schafft die Grundlage dafr, das Buch noch einmal neu zu lesen. Die 1.250 Seiten umfassende Publikation ist vom 21. September 2013 an im Buchhandel erhltlich.In Stahlgewittern entstand 1920 auf der Basis eines Kriegstagebuchs, das der gebrtige Heidelberger Ernst Jnger vom Beginn bis zum Ende seines Kriegseinsatzes von Dezember 1914 bis August 1918 gefhrt hat. Das Buch wurde aufgrund der Authentizitt und Prgnanz der Kriegsdarstellung rasch berhmt und in mehrere Sprachen bersetzt. Zugleich wurde dem Autor vorgeworfen, den Krieg zu sthetisieren und zu verherrlichen. Ernst Jnger zhlt wegen seiner Schriften ber den Ersten Weltkrieg zu den am meisten umstrittenen deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts. Das Urteil ber ihn und die Stahlgewitter ist zum Teil auch davon abhngig, in welcher Fassung dieses Buch gelesen wird, erklrt der Heidelberger Germanist.Die neue Edition bietet im Paralleldruck die erste Textversion von 1920 sowie die letzte Fassung von 1978. Die Vernderungen der fnf berarbeitungen, die Jnger zwischen 1922 und 1961 vornahm, werden durch unterschiedliche Farben und editorische Zeichen markiert. Damit hat der Leser die Mglichkeit, die Textentwicklung zu verfolgen und alle sieben Fassungen bersichtlich sortiert zu lesen. Zudem werden alle Varianten nach herkmmlicher Editionspraxis in einem Verzeichnis von rund 300 Seiten registriert. Der Prozess der historisch, politisch und poetisch motivierten Modifikationen des Textes, und damit auch der lebenslangen Auseinandersetzung Jngers mit der basalen Erfahrung des Ersten Weltkriegs, ist damit also genau nachvollziehbar, erlutert Helmuth Kiesel. Der Textband wird ergnzt durch einen Kommentarband, der neben dem Variantenverzeichnis eine ausfhrliche Darstellung der Textgenese, der Verbreitung und der Rezeption enthlt.In Stahlgewittern von Ernst Jnger Ein historisch kritischer DoppelschuberIn Stahlgewittern - Ernst Jnger - Buchmesse-Highlight 2013In Stahlgewittern Ernst Jnger Buchmesse-Highlight 2013Bald schon schreiben wir das Jahr 2014 und der Ausbuch des Ersten Weltkriegs liegt dann genau 100 Jahre zurck. Mit ihm begann das Zeitalter der groen Kriege, die in ihrer Dimension nicht nur Europa zermalmten. Zeitzeugen leben nicht mehr und so mssen wir uns heute auf schriftliche berlieferungen verlassen, die von der Kriegseuphorie und den unmittelbaren Folgen des ersten industriell gefhrten Zermrbungskrieges berichten. Materialschlachten fanden in den weit verzweigten Schtzengrben statt. Der einzelne Mensch war zum Kanonenfutter verkommen.

Wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt, dann sprechen wir im historischen Sinne nicht mehr von Zeitgeschichte. Der Erste Weltkrieg ist also endgltig ins Reich der Geschichte gerckt und doch bewegt er noch heute. Wie konnte man nur fr Kaiser und Vaterland in einen solchen Krieg ziehen? Und vor allem, wie konnte man dies nur wenige Jahre spter nun fr Fhrer und Vaterland ebenso enthusiastisch wiederholen?

Wer dies annhrend verstehen will, der muss lesen. Zum Beispiel im Kriegstagebuch des groen deutschen Schriftstellers Ernst Jnger, der seine eigenen Kriegserlebnisse an der franzsischen Front akribisch festgehalten hat. Jnger war hier der groe Diarist eines Krieges. Dieses Tagebuch liegt bis heute in unvernderter Fassung vor sein Roman In Stahlgewittern jedoch, fr den das Tagebuch die Urmutter der Ideen war, wurde von Ernst Jnger persnlich bis in das Jahr 1978 immer wieder berarbeitet. Zeichen einer lebenslangen Auseinandersetzung mit seinen Erinnerungen aus den Jahren 1914 1918 Erinnerungen, die nie verblassten.

In Stahlgewittern - Ernst Jnger - Die ErstausgabeIn Stahlgewittern Ernst Jnger Die ErstausgabeVom Kriegstagebuch zum Roman:

In seinem Kriegstagebuch beschreibt Jnger seine Tage in den Schtzengrben im Frankreich des Ersten Weltkrieges von 1914 bis 1918. Sachlich und nahezu emotionslos. Soldatenalltag und die Banalitten des Kriegslebens bilden den Rahmen der Beschreibungen. Auch das Tten selbst gert zur Banalitt. Sein schneller Aufstieg zum Offizier ist den hohen Verlustraten des Gefechts geschuldet. Der Krieg tobt vier Jahre lang.

Und Jnger schreibt und schreibt und schreibt. Seine Sichtweise auf den allgegenwrtigen Tod, auf Verlust und Angst lassen klar werden, was die jahrelange Zermrbung aus einem jungen Menschen machen kann. Abstumpfung und Verlust von Ethik und Gefhl knnen klare Folgen des Kampfes sein eines Kampfes der um des Kampfes Willen gefochten wird.

Und doch finden wir hier erstaunlicherweise nichts anderes als den Rohstoff fr Jngers sptere Werke.

Den Extrakt der Erlebnisse bildet das Kriegstagebuch und bereits zwei Jahre spter kmpft Jnger mit allen Mitteln dafr, dem Sterben und den unzhligen Toten doch noch einen Sinn zu geben. Ein verlorener Krieg war unertrglich genug verlorene Schicksale und ein verlorenes Leben wollte und konnte Jnger nicht riskieren. In Stahlgewittern (erschienen 1920) kann man dies nachlesen, aufspren und fhlen. Jngers Blick zurck war mit den frischen Erlebnissen aus seinen Lebensprotokollen unglaublich geschrft und fr Auenstehende mehr als greifbar.

In Stahlgewittern - Ernst Jnger - BcherdialogIn Stahlgewittern Ernst Jnger BcherdialogJngers Kriegstagebuch und sein Roman In Stahlgewittern zhlen heute zu den groen Werken der Anti-Kriegsliteratur. Jnger verherrlicht nicht, er schildert. Schonungslos und auch im Abstand einiger Jahre zum Krieg findet sich kaum Pathos in seinem Gesamtwerk. Weitgehend unpolitisch kommen seine Bcher daher und ganz besonders sein Roman knnte auf jedem Schlachtfeld der Welt angesiedelt sein. Der Mensch im Krieg die erzeugten Bilder schrecken ab und zeigen die brutale und unkalkulierbare Gewalt der Schlachten des Schlachtens.

Jnger ist Publizist aber kein Bellizist. Das zeigt sich ganz besonders daran, dass ihm seine Erlebnisse als Soldat niemals ruhen lieen. In mehreren Fassungen hat er In Stahlgewittern seit der Erstausgabe berarbeitet und mit immer neuen Vorworten versehen. Er hat immer wieder versucht, seinen Roman in die vernderten sozio-politischen Rahmenbedingungen einzubetten und reagierte auf alle erdenklichen Einflsse der unterschiedlichen Epochen: den Nationalsozialismus, den verlorenen Zweiten Weltkrieg, die Deutsche Teilung, die Friedensbewegung und aufziehenden Pazifismus sowie den Kalten Krieg.

In Stahlgewittern ist ein in jeder Hinsicht dynamischer Roman, der in seinen Vernderungen die fast schon verzweifelte Bemhung Jngers wiedergibt, nicht falsch verstanden werden zu wollen. Jngers Werk ruft nicht zu den Waffen. Ganz im Gegenteil, egal was ihm Kritiker oder Machthaber unterstellen wollten. Er lie sich nicht instrumentalisieren, sondern entfernte nationalistische Zeilen genau in der Zeit, in der diese Gesinnung am Lautesten um sich Griff. Jnger kmpfte fr die Botschaft seines Romans: Nie wieder Krieg!

Von Zeitzeugen und Zeitgeschichte zu GeschichteVon Zeitzeugen und Zeitgeschichte zu GeschichteZur Methodik der Stahlgewitter Schuber-Ausgabe

Dieser dynamischen Anpassung Jngers widmet sich die Historisch kritische Ausgabe in zwei gebundenen Bchern aus dem Hause Klett-Cotta, herausgegeben von Helmuth Kiesel. So findet man im ersten Buch die Erstausgabe des Romans aus dem Jahr 1920 auf der linken Buchseite, der dann die Fassung letzter Hand aus dem Jahr 1978 auf der rechten Buchseite gegenber gestellt wird.

Diese przise Methodik ermglicht schon auf den ersten Blick das Herausstellen der Unterschiede beider Ausgaben. In unterschiedlichen Textfarben werden dann sogar die Jahre der Vernderungen deutlich erkennbar und schnell erschlieen sich dem Leser die Zusammenhnge mit der Verffentlichung des Romans nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Zustzlich sind die Seitenzahlen von einzelnen Textpassagen angegeben, die im Kriegstagebuch fast wrtlich auftauchen und so kommen Roman und Tagebuch in einen intensiven und spannenden Dialog.

Der zweite Band der Prachtausgabe beinhaltet editorische Hinweise, das Variantenverzeichnis des Romans, Erluterungen und Karten, Skizzen und Bilder der handschriftlichen Aufzeichnungen Ernst Jngers, die als Recherche-Grundlage fr den Herausgeber dienten. Ein derart komplexes Epochengemlde der Vernderung eines Romans, der auf einem Tagebuch basiert, hatte ich zuvor noch nie in Hnden. Ein in seiner Komplexitt mehr als beeindruckendes Werk.

in stahlgewittern ernst jnger spacer

Die Lektre dieser ausfhrlichen Ausgabe zeigt ein vllig neues Bild des bis zu seinem Tod im Jahre 1998 eher abgeklrt wirkenden Schriftstellers Ernst Jnger. Er war selbst hitziges und kaltbltiges Opfer des Krieges. Er versank selbst in den tiefen Abgrnden der hoffnungslosen Kriegswirren und empfand das eigene berleben lediglich als reinen Zufall. Mit zunehmendem Alter schleichen sich Landschaftsbeschreibungen und atmosphrische Details in die Schlussfassung. Eine Vershnung mit dem Krieg ist das nicht eher der Versuch, dem Stakkato der Waffen einen zumeist persnlichen Kontrapunkt entgegenzusetzen.

Literatwo hat sich in besonderer Weise mit Ernst Jnger beschftigt und einen Vergleich zwischen seinem Kriegstagebuch und den Berichten Deutscher Soldaten, die ber den Afghanistan-Einsatz geschrieben haben, gezogen. Hier geht es direkt zu unserem Doublefeature: Eine Jugend im Krieg. Ein Blick auf unsere unterschiedlichen Perspektiven lohnt sich.

Die Unkalkulierbarkeit des Krieges bringt Ernst Jnger eindrucksvoll durch die kleine Erweiterung eines Satzes aus dem Lehrgedicht des Terentianus Maurus auf den Punkt: Bcher haben Schicksale Kugeln ebenso!

Zuletzt noch zwei wichtige Leseempfehlungen von Literatwo. Diese Herzensbcher aus unserer mehr als reichhaltigen Bibliothek beschftigen sich einfhlsam und emotional mit dem groen Thema Liebe in Zeiten des Krieges und spielen in den Wirren des Ersten Weltkrieges.

John Boyne mit Das spte Gestndnis des Tristan Sadler und Louisa Young mit Eins wollt ich dir noch sagen.

Im nchsten Jahr freuen wir uns bereits jetzt schon darauf, euch Elisabeth Bchles Trilogie zum Ersten Weltkrieg komplett vorstellen zu drfen. Die Romane Himmel ber fremdem Land und Sturmwolken am Horizont sind bereits in diesem Jahr erschienen. Wir knnen es kaum erwarten, bis auch Teil 3 in unserer Villa Einzug gehalten hat!Wer gerne erleben mchte, wie Ernst Jnger 18 Jahre nach diesem monstrsen Krieg eine Kreuzfahrt nach Brasilien verarbeitet hat, dem sei Atlantische Fahrt ans Herz gelegt. Literatwo war mit an Bord und hat den Schriftsteller von einer ganz anderen Seite erlebt.

Ernst Jnger: In Stahlgewittern

Das Kriegstagebuch vonErnst Jngererschien 1920. Das Werk, die erste Buchpublikation des Autors, gehrt neben "Das Wldchen 125" (1925), "Der Kampf als inneres Erlebnis" (1922), "Sturm" (1923), "Feuer und Blut" (1925) und "Das Abenteuerliche Herz" (1929) zu den vomErsten Weltkriegberichtenden Schriften Jngers. Doch im Gegensatz zu dem mehr reflektierenden und systematisch abgefaten Werk "Der Kampf als inneres Erlebnis" ist "In Stahlgewittern" ein ohne bergreifende Gedankengnge den Fronterlebnissen des Autors vom Januar 1915 bis zum August 1918 folgendes Tagebuch, das - obwohl noch im Krieg umgeschrieben - sehr stark die Unmittelbarkeit und Einfachheit eines Diariums bewahrt. "In einem Regen von Blumen waren wir hinausgezogen, in einer trunkenen Stimmung von Rosen und Blut";, voller "Sehnsucht nach dem Ungewhnlichen, sagt Jnger zu Beginn des Buchs. Gleich der erste Tag korrigiert seine romantischen Vorstellungen und zeigt ihm das wahre Bild des Kriegs: Eine Granate schlgt in ein Dorf; der Kriegsfreiwillige sieht die ersten Toten und Verwundeten. Nach und nach lernt er den Krieg an derWestfrontin allen seinen Formen kennen: denGrabenkriegin den Kreidefeldern derChampagne, dieMaterialschlachtenan derSomme, denGaskrieg, die groeDoppelschlacht bei Cambrai, die Stotruppunternehmen in Flandern und die letztegroe Offensivean der Westfront im Mrz 1918. Den Beschlu seiner Aufzeichnungen bildet die Schilderung der letzten Schlacht, von der er mit einer schweren Verwundung zurckkam; im Lazarett in Hannover erreicht ihn - nachdem er bereits mit dem EK 1 ausgezeichnet worden ist - die Nachricht, da "Seine Majestt, der Kaiser" ihm den OrdenPour le mriteverliehen hat.Dieser Schlu ist in mehrfacher Hinsicht charakteristisch fr das Tagebuch bzw. den Autor: Die gesamte Darstellung ist beraus ichbezogen, von einer bisweilen landsknechthaften Gleichgltigkeit gegenber der moralischen Problematik des Ttens und nicht frei von Eitelkeit; mit einem beinah jungenhaften Stolz auf seine - in der Tat hervorragende - Tapferkeit stellt Jnger am Ende fest: "In diesem Kriege, in dem bereits mehr Rume als einzelne Menschen unter Feuer wurden, hatte ich es immerhin erreicht, da elf von diesen Geschossen auf mich persnlich abgegeben wurden." Es finden sich in dem Buch kaum Reflexionen ber politische Hintergrnde, ber Sinn oder Berechtigung des Kriegs, der wie eine Naturerscheinung hingenommen wird - worauf auch schon die im Titel enthaltene, den Kampf als Naturereignis mythisierende Metapher verweist; nur ein einziges Mal heit es kurz: "Der Krieg warf seine tieferen Rtsel auf." Wichtiger ist dem Autor die Beobachtung der neuen Kampfformen, der Materialschlacht und der "planmigen mechanischen Schlacht", sowie vor allem der menschlichen Reaktionen darauf. Er bemerkt, da die Soldaten, betubt vom Schlachtendonner und der "turmhohen, flammenden Feuerwand" der Materialschlacht, nicht mehr "bei klarem Verstand", die Gehirne oft in "rote Nebel", in "Blutdurst, Wut und Trunkenheit" getaucht waren und die Schritte der Kmpfer von dem "bermchtigen Wunsch zu tten" beflgelt wurden. Wie im Krieg insgesamt etwas Elementares aufsteigt, so scheint dem Verfasser auch der einzelne beherrscht von einer irrtmlichen Kampfes- und Zerstrungslust. Das Buch spiegelt manches von der Monotonie wieder, die der Krieg fr den erfahrenen und abgebrhten Soldaten annimmt: Der Stil ist einfach, knapp, vllig nchtern und bisweilen von einer kaum mehr nachvollziehbaren Trockenheit und Gleichgltigkeit des Tons, trotz der unzhligen schweren Verwundungen und qualvollen Todeskmpfe, die Jnger um sich herum wahrnahm und von denen er - weder Zustimmung noch Abscheu uernd - berichtet.Der Text, der fnf berarbeitungen erfuhr, begrndete den Ruhm Jngers in den zwanziger Jahren, polarisierte aber zugleich das Urteil der Zeitgenossen wie der Kritik ber den Autor. WhrendAlfred Andersch, einer der vehementesten Jnger-Verteidiger nach 1945, den Schriftsteller mit seinem Frhwerk in die Nhe desSurrealismusrckt und Karl Heinz Bohrer, in seiner umfangreichen Studie in der Jngerschen "Paradoxie von archaischer Rckwendung und schrfster Bewutheit des epochalen Augenblicks" die Kategorie der Pltzlichkeit, des Schocks als beherrschendes Moment moderner Wahrnehmung gestaltet sieht, weshalb die Kriegsbcher nicht mehr blo als "literarisch brillante Dokument eines im brigen prfaschistischen Nationalismus zu lesen seien, blieb, neben dem allgemeinen Desinteresse an dem Kriegsbuchautor Jnger nach 1945, der Eindruck elitrer Attitde und Simplifizierung des Geschehens ("Im Verlauf des Krieges" ist dem Autor "immer klarer geworden, da aller Erfolg der Tat des einzelnen entspringt, whrend die Masse der Mitlufer nur Sto- und Feuerkraft darstellt") bestimmend.Auf der Suche nach der Droge namens Krieg

Welch ein Meisterwerk ist der Mensch! Er dringt tief in die Erde vor; aber er greift auch nach den Sternen. Er ist der niedrigsten und grausamsten Taten fhig, die man sich vorstellen kann; aber auch der heldenhaftesten, liebevollsten und selbstlosesten. Nicht selten finden sich das Frchterlichste und Beste, wozu der Mensch in der Lage ist, in einer einzigen Person vereint. Rudolf H zum Beispiel, der berchtigte Kommandant des Vernichtungslagers Auschwitz, war wahrscheinlich fr die Ermordung von mehr Menschen Mnnern, Frauen, Kindern verantwortlich als je ein anderer vor ihm. Gleichwohl beschreibt ihn seine Tochter Inge-Brigitte H in einem Interview, das krzlich in der "Washington Post" erschien, als den "nettesten Menschen der Welt", der oft unter dem, was er tat, sehr gelitten habe.Krieg ist eine Fortsetzung von PolitikViele der scheulichsten, aber auch der nobelsten Taten wurden im Krieg begangen. Wie der groe Militrtheoretiker Carl von Clausewitz sagte, ist er die bloe Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln (oder sollte es sein), ein rationales Handeln, das ein rationales Ziel zu erreichen anstrebt. Das stimmt. Es stimmt aber auch, dass der Krieg ein Bereich entsetzlicher krperlicher Anstrengung, extremer Entbehrungen, intensiven Leidens, unkontrollierbarer Angst, qualvoller Schmerzen und natrlich des Todes in all seinen grauenhaften Formen ist.Gerade darum wirkt der Krieg wie ein Vergrerungsglas. Er reit alles ab, was berflssig und unecht ist, und bringt das Wahre und Wesentliche zum Vorschein. Und natrlich ist aus diesem Grund der Krieg, seit Homer, stets ein bevorzugtes, oftdasbevorzugte Thema der unterschiedlichsten Knstler gewesen.Unter denen, die den Krieg in dieser Weise sahen, ist Ernst Jnger einer der wichtigsten. 1895 in Heidelberg geboren, war er eine schwierige, unruhige Persnlichkeit. Mit achtzehn lief er von zu Hause fort. Er schrieb sich bei der franzsischen Fremdenlegion ein und ging nach Nordafrika, was sich fr einen Sohn aus gutbrgerlicher Familie kaum ziemte. Sein Vater setzte seine Beziehungen ein, lie ihn suchen, und man fand ihn. Kaum war er wieder daheim, brach der Erste Weltkrieg aus, was ihm ermglichte, wieder aufzubrechen.Aus den Grben zum Pour le mriteFast vier Jahre lang kmpfte er in den Schtzengrben, zuerst als Unteroffizier und dann als Offizier. Er wurde mindestens siebenmal verwundet, erhielt ziemlich alle Auszeichnungen und war der jngste Soldat, dem man den Orden Pour le mriteverlieh. Der wurde nach meiner Berechnung in diesem Konflikt nur an jeden zwanzigtausendsten Soldaten in deutscher Uniform vergeben.Zweifellos war fr Jnger, genauso wie fr viele Millionen anderer Mnner im Laufe der Geschichte, der Krieg die entscheidende Erfahrung im Leben. Nach seiner Heimkehr schrieb der mittlerweile Fnfundzwanzigjhrige seinen groenRoman"In Stahlgewittern". In Anbetracht des vergleichsweise niedrigen Dienstgrades des Autors bei Kriegsende war Jnger Leutnant ist nicht verwunderlich, dass sein Buch die Politik, die den Konflikt vermutlich vorantrieb, fast gar nicht thematisiert. Etwas berraschender ist vielleicht, dass in ihm auch kein besonderer Hass auf die franzsischen und britischen Feinde geuert wird, die sich doch tagein, tagaus unablssig und nach Krften bemhten, denAutorund seine Kameraden zu tten.Selbst Anekdoten ber das Soldatenleben auerhalb der Kampfeinstze, auch solche ber Beziehungen zu Frauen, wie man sie in anderen Kriegstagebchern und Erinnerungen so hufig findet, kommen selten vor. Stattdessen konzentriert sich Jnger auf das Kmpfen als solches, wobei er in seinen Beschreibungen oft die kleinsten Details registriert. Immer und immer wieder kam ein Befehl zum Angriff. Warum oder wozu er erfolgte, war egal. Ganz gleich, wie gro oder klein er war, jedes Mal strmten Jnger und seine Kameraden ber das Niemandsland.Kmpfen erscheint als GenussSie warfen sich zu Boden, um feindlichen Geschossen auszuweichen, rappelten sich wieder auf, warfen Handgranaten, sprangen in einen gegnerischen Schtzengraben und rumten ihn im Nahkampf. Die Toten, die Sterbenden und die Verstmmelten waren berall. Selbst in Jngers nchterner, sachlicher Schilderung ergeben sie kein schnes Bild. Gliedmaen sind abgerissen, Eingeweide freigelegt, Leichen werden erst blau und grn und platzen dann; ein ekelerregender Gestank nach verwesendem Fleisch und Kot geht von ihnen aus. Und doch verliert Jnger erstaunlich wenige Worte ber das Leiden, die Angst und die Schmerzen als solche.Wenn die Schrecken erwhnt werden, dann vor allem, weil sie unverzichtbarer Hintergrund des eigentlichen Geschehens sind, das sich auf das zuspitzt, was er den Rausch des Krieges nennt. Ein Rausch, der sich letztlich nicht von dem unterscheidet, den Drogen und Alkohol hervorrufen; allerdings ist er sehr viel strker. Ebenso unverkennbar genoss Jnger auch, was ihm im Alter von zwanzig Jahren zum Beruf wurde sonst htte er kaum der herausragende Krieger sein knnen, der er war. Tatschlich ist die aus jeder Zeile sprechende Behauptung, dass man das Kmpfen so genieen kann wie, sagen wir, das Blumenstecken, nicht einmal die schockierendste Botschaft, auf der Jnger nachdrcklich besteht.Aber alles Schne hat einmal ein Ende. Was knnte besser sein, als ein Buch zu schreiben, zum einen, um das Erlebte in der eigenen Erinnerung zu verankern, und zum anderen, um die Jugend zu unterweisen? 1920 erschien der Text erstmals in einem Privatdruck. Einige Jahre spter wurde er zu einem ungeheuren Erfolg und in viele Sprachen bersetzt. Er scheint dazu gefhrt zu haben, dass der Autor, der nicht wissen konnte, dass er noch fast achtzig Jahre Leben vor sich hatte, in einen Abgrund starrte; was sollte er jetzt noch tun? Zumal ihm Prsident Hindenburg bei einem Treffen eiskalt gesagt hatte, dass seiner Erfahrung nach jene, die ihre Orden in zu frher Jugend erhalten hatten, es im Leben meist nicht weit brchten.Jnger nahm die Herausforderung an und verfasste nun ein Buch nach dem anderen. Manche waren erfolgreich, jedoch nicht annhernd so erfolgreich wie das erste. Eine kurze Google-Suche ergibt bei den "Stahlgewittern" etwa 45.000 Treffer; "Auf den Marmorklippen", das die meisten Kritiker fr sein zweitwichtigstes Werk halten, sind mit 15.000 nur ein Drittel davon.Goebbels lobte das BuchFr Joseph Goebbels war "In Stahlgewittern" "ein glnzendes, groes Buch. Grauenerregend in seiner realistischen Gre. Schwung, nationale Leidenschaft, Elan, das deutsche Kriegsbuch. Einer aus seiner Generation ergreift das Wort ber das tiefe seelische Ereignis Krieg und verrichtet Wunder innerer Darstellung."Millionen Leser in Deutschland und im Ausland mssen seiner Meinung gewesen sein und/oder lieen sich von ihr anstecken. Sonst htte das Werk niemals so populr werden knnen. Dennoch brachte Jnger eine berarbeitung nach der anderen heraus; aus diesem Grunde ist eine letzte, wissenschaftliche Edition erforderlich und hochwillkommen.Um nur ein einziges Beispiel anzufhren, entnommen einer Beschreibung der frhen Kriegstage in der Ausgabe von 1924: "'In Gruppenkolonne antreten!' Die erhitzte Fantasie (whrend der Zugfahrt an die Front) beruhigte sich beim Marsche durch den schweren Lehmboden der Champagne. Tornister, Patronen und Gewehr drckten wie Blei. 'Kurztreten. Aufbleiben dahinten!'"Dieser Abschnitt steht nicht in der Erstausgabe. In der Rckschau sprte der Autor offenbar, dass er in der Beschreibung der Freuden des Krieges zu weit gegangen war. Hat er seinen Text verndert, um nicht als Militarist gesehen zu werden? Oder wollte er seine Glaubwrdigkeit strken? Oder war er schlicht lter geworden? 1924 fgte er Vernderungen ein, die das Buch nationalistischer machten. 1934 schlug er sehr zum rger der Nazis eine andere Richtung ein; offensichtlich versuchte er nicht, nur einfach den jeweiligen Machthabern zu gefallen.Jnger nderte mehrere AusgabenAlles in allem gibt es sieben manche wrden sagen acht verschiedene Ausgaben. Warum? Eine letztgltige Antwort, wenn es eine solche berhaupt geben kann, harrt der Person, die eines Tages die Geduld aufbringt, nicht nur jede einzelne der Korrekturen durchzusehen, die in die Hunderte gehen, sondern sie auch mit anderen Quellen zu vergleichen und daraus die richtigen Schlsse zu ziehen.Die Vernderungen im Text werfen auch Fragen auf, die ber Jnger und sein Werk hinausgehen. Wenn ein bestimmtes Kunstwerk wirklich ein Meisterstck ist, warum muss es dann verndert werden nicht nur einmal, sondern gleich mehrmals? Vermindern die Vernderungen nicht sogar seinen Wert? Und sind sie nicht der Beweis, dass zumindest aus der Sicht des Autors das Buch keineswegs ein Meisterwerk ist?Vielleicht htte Jnger gut daran getan, sich bei seiner geringfgig jngeren Zeitgenossin, der amerikanischen Anthropologin Margaret Mead, eine Scheibe abzuschneiden. Sie wurde 1901 geboren und verffentlichte 1928 ihr bekanntestes Buch "Kindheit und Jugend in Samoa". Das von Freud inspirierte Werk zeichnete ein idyllisches Bild der Insel und seiner Bewohner.Wie Jngers "Stahlgewitter" wurde es zu einem Klassiker. Beide Bcher sind heftig kritisiert worden. Viele behaupteten, die Darstellungen in ihnen seien irrefhrend, oder sie bezichtigten die Autoren der Lge, oder beides. Nach den Angriffen auf ihr Buch nderte Mead in dem halben Jahrhundert, das sie noch zu leben hatte, kein einziges Wort. Auch weigerte sie sich, Samoa je wieder zu besuchen. Wie die kritische Edition von "In Stahlgewittern" deutlicher denn je vor Augen fhrt, war das eine Lehre, die Jnger weder im Guten noch im Schlechten angenommen hat.Martin van Creveld ist Militrhistoriker und Autor der Studie "Kriegs-Kultur Die tiefen Wurzeln bewaffneter Konflikte". Seine Rezension hat Ruth Keen aus dem Englischen bersetzt.ERNST JNGER: IN STAHLGEWITTERNDer Krieg als literarisches EreignisHELMUTH KIESELIn der deutschen ffentlichkeit zumal im Feuilleton hatte das Thema Krieg jahrzehntelang kaum einen Platz. Autoren wie Ernst Jnger, die sich um eine realistische Darstellung der Ereignisse bemhten, waren verpnt. Der Germanist Helmuth Kiesel hat sich ber Jahrzehnte mit Jnger und seinem Werk auseinandergesetzt. Erst vor wenigen Tagen erschien die von ihm herausgegebene Historisch-kritische Ausgabe von Jngers Stahlgewitter. Angesichts der Wiederkehr der Brutalitt des Krieges in das ffentliche Bewusstsein unserer Gesellschaft und angesichts des bisherigen Fehlens einer nennenswerten Gegenwartsbelletristik zu diesem Thema erscheint Jngers Bericht beinahe wie ein Buch der Stunde.Ernst Jngers autobiographischer KriegsberichtIn Stahlgewitterngehrt zu jenen deutschen Bchern, die immer fr Kontroversen sorgten. Das liegt zum einen am Gegenstand, dem Ersten Weltkrieg, der das historische Bewusstsein der Deutschen als Verlierer und angebliche Urheber (Paragraph 231 des Friedensvertrags von Versailles; Fischer-Thesen von 1961 und 1969) schwer belastet. Man zgert, den Einsatz in diesem Krieg in irgendeiner Weise positiv oder gar als heldenhaft zu sehen, wie es die Stahlgewitter verlangen und wie es auf Seiten der Sieger selbstverstndlich ist. Zum andern liegt es an der Darstellungsweise: Vielfach hat man Jnger vorgeworfen, er sthetisiere und glorifiziere den Krieg.

Diese Vorwrfe sind, um es gleich zu sagen, nicht unberechtigt: Jnger war der Meinung, dass der Krieg ein anthropologisch verankerter Modus des geschichtlichen Lebens sei. Er hat deswegen unter dem Eindruck auch der groen europischen Heldendichtung die Bewhrung im Krieg als etwas Positives gesehen, und er hat in denStahlgewitternalle ihm verfgbaren schriftstellerischen Mittel aufgewandt, um ein mglichst eindrucksstarkes Bild des Krieges in allen seinen Modalitten zu zeichnen. DieStahlgewittergelten deswegen als ein bellizistisches Buch und werden mitverantwortlich gemacht fr die Erneuerung des bellizistischen Denkens am Ende der Weimarer Republik und im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs.

Die rezeptionsgeschichtliche Forschung auch dies sei gleich gesagt zeigt indessen ein etwas anderes Bild. Erich Maria Remarque, der Verfasser des Anti-Kriegsromans Im Westen nichts Neues (1928/29), rhmte dieStahlgewitternicht nur fr ihre eindrucksvolle Przision, sondern zhlte sie zu den Bchern, die einen pazifistischeren Einflu ausben als alle anderen. Der Frankfurter Rechtsanwalt Paul Levi, von 1919 bis 1921 Vorsitzender der KPD, schrieb in einem seiner letzten Artikel: Den Schrecken des ganzen Erlebens hat vielleicht keiner so geschildert, kaum ist eine furchtbarere Anklage gegen den Krieg geschrieben als dieses Buch eines Mannes, der zum Kriege positiv eingestellt ist. Und der deutsch-jdische Schriftsteller Hans Sochaczewer, der Ende der 1920er Jahre fr einen eigenen Roman ber die Nachkriegszeit die Schriften der Nationalisten studierte, schrieb im Juli 1931: Ich habe gefunden, da die Werke des begabten Nationalsozialisten [was nicht zutrifft: H. K.] Ernst Jnger am meisten pazifistisch wirken. Auch fr dieStahlgewittergilt also, was der Grammatiker Terentianus Maurus einst bemerkte: Pro captu lectoris habent sua fata libelli: Bcher haben ihre Schicksale je nach Fassungskraft oder Aufnahmeweise durch die Leser.

Das Urteil ber dieStahlgewitterwird freilich noch durch einen weiteren Umstand verkompliziert: Jnger hat die Erstfassung von 1920 in den Jahren 1922, 1924, 193134, 1935, 195861 und 1978 sechsmal berarbeitet, so dass das Werk in insgesamt sieben Fassungen (wie Jnger zu sagen liebte) vorliegt. Die Differenzen, die durchaus bemerkenswert sind, resultieren aus unterschiedlichen Motivationen und liegen auf verschiedenen Ebenen. Immer ging es Jnger darum, den Stil zu perfektionieren, den Ausdruck zu przisieren und die Eindruckskraft seines Berichts durch eine zunehmende metaphorische Aufladung (Wellen des Angriffs, Brandung der Einschlge) zu steigern (Perfektionierung). 1924 fgte Jnger politische Reflexionen mit nationalistischer Tendenz ein, um das Buch dem damals von ihm vertretenen Kurs des neuen und soldatischen Nationalismus anzunhern (Pragmatisierung). Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, von denen Jnger sich distanzierte, entfernte oder modifizierte er diese Passagen fr die Neuauflagen von 1934 und 1935 (Entpragmatisierung). Bei der berarbeitung von 1958-61 schwchte er die glorifizierenden Momente ab und ersetzte drastische Vokabeln, die man nun im Wrterbuch des Unmenschen registriert fand, durch weniger rohe Wrter (Humanisierung). Zum erstenmal ist in der Fassung von 1961 ausdrcklich auch von Trauer die Rede einige Jahre, bevor der einstige Jnger-Adept Alexander Mitscherlich mit seinem Traktat ber die Unfhigkeit zu trauern (1967) den Begriff der Trauer ins Zentrum der politischen Kultur der Bundesrepublik rckte. Bei allen berarbeitungen kam es Jnger aber auch darauf an, das Nebenschlichere oder Ephemere seiner Darstellung zugunsten des Wesentlichen seiner Kriegserfahrung zurckzudrngen (Essentialisierung). Vor allem diese Absicht bewog ihn dazu, dieStahlgewitterimmer wieder zu berarbeiten, wohl wissend, dass es ihm nicht gelingen wrde, die ungeheure Erfahrung seines fast vierjhrigen Fronteinsatzes (Januar 1915 bis Ende August/Anfang September 1918) in eine wirklich angemessene und zufriedenstellende sprachliche Form zu bringen.

Die historisch-kritische Ausgabe der gedruckten Fassungen bietet den mehrfach modifizierten Text derStahlgewitterin einer Form, die es dem Leser ermglicht, die Modifizierungsarbeit unmittelbar zu verfolgen und die Differenzen sozusagen mit bloem Auge zu erkennen. Insgesamt zeigt diese Ausgabe dieStahlgewitterals ein work in progress, aber nicht etwa im Sinne einer freien Entfaltung knstlerischer Kreativitt, sondern als Dokument einer lebenslangen Ntigung, die ungeheure Erfahrung des Ersten Weltkriegs immer wieder neu zu bedenken, und als Ausdruck der Unmglichkeit, diese Erfahrung als eine definitiv beschriebene und bewltigte ad acta zu legen.ERSCHIENEN INROTARY MAGAZIN 10/2013

Prof. Dr. Helmuth Kiesel(RC Heidelberg) ist Inhaber desLehrstuhls fr Neuere deutsche Literaturgeschichte am Germanistischen Seminarder Universitt Heidelberg. Er ist Verfasser einer Biographie ber Ernst Jnger (Siedler 2007) sowie Herausgeber vonJngers Kriegstagebcher 19141918(Klett-Cotta 2010) undder Historisch-kritischen Ausgabe von Jngers bekanntestem BuchIn Stahlgewittern (Klett-Cotta 2013).