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erlassjahr.de Hintergrundpapier Global Development Finance 2012 der Weltbank: Trends der Staatsschuldenkrise © Gerd Altmann, pixelio.de

erlassjahr.de Hintergrundpapier "Trend aus GDF"

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Im neuen erlassjahr.de Hintergrundpapier analysiert Autor Jürgen Kaiser die Publikation "GDF 2012" des Internationalen Währungsfonds

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Hintergrundpapier

Global Development Finance 2012 der Weltbank: Trends der Staatsschuldenkrise

© Gerd Altmann, pixelio.de

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Hintergrund – Global Development Finance 2012 der Weltbank: Trends der Staatsschuldenkrise

Erschienen: 21.8.2012

erlassjahr.de - Entwicklung braucht Entschuldung Carl-Mosterts-Platz 1 40477 Düsseldorf Tel.: +49 (0) 211 - 46 93 - 196

Fax: +49 (0) 211 - 46 93 – 197 E-Mail: [email protected] Website: www.erlassjahr.de

Autor: Jürgen Kaiser

V.i.S.d.P Sebastian Bonse Öffentlichkeitsarbeit Tel.: +49 (0) 211 - 46 93 - 211 E-Mail: [email protected]

Bildnachweis: Titel: Gerd Altmann, pixelio.de

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1) GDF als Standardwerk

Einmal pro Jahr veröffentlicht die Weltbank in ihrem Standardwerk "Global Development Finance" Zahlen zur Verschuldung von Staaten und Volkswirtschaften außerhalb der OECD – also praktisch aller Entwicklungs- und Schwellenländer. Dazu gehören auch Staaten des ehemaligen Ostblocks.

Im Vor-Internet-Zeitalter erwarteten wir NROs die beiden dicken Bände1 aus Washington mit großer Spannung, denn so umfassend und auch halbwegs kohärent kamen wir sonst nicht an aktuelle länderbezogene Verschuldungsdaten. Das blieb auch der Bank nicht verborgen: Während in den Neunzigern die alljährlich in Bonn anrückenden Herren aus Washington sich freuten, ihr voluminöses Handgepäck an die (wenigen) interessierten NROs gratis und franko loszuwerden, ging man in der letzten Dekade dazu über, bis zu 500 US-$ für das zweibändi-ge Werk zu nehmen.

Wir baggerten daraufhin Bundesregierungsvertreter an, uns die Dinger zu besorgen, und zahlten in manchen Jahren auch mal zähneknirschend.

Seit einigen Jahren ist der Zugang nun wieder einfacher geworden. Die Bank stellt GDF ins Netz. Dort kann der zweite Band, in dem – wenn auch arg abgespeckt gegenüber den Infor-mationen der neunziger Jahre – die Länderdaten auf jeweils zwei Seiten enthalten sind, durchgeblättert und online gelesen werden. Dazu gibt es die Möglichkeit, über eine interakti-ve Seite einzelne Daten oder Datenreihen zusammenzusuchen und nach Excel oder als PDF-Dokument zu exportieren.

Einer der Gründe, warum die Bank auf die Einnahmen aus dem Verkauf der Daten verzich-tet, ist, dass im ersten Band jeder GDF-Ausgabe den eigentlichen Daten die Interpretation derselben durch die Bank vorangestellt ist. Und diese Deutungshoheit über internationale Schuldner-Gläubiger-Beziehungen lassen die Herren sich natürlich ungern nehmen.

2) Trends aus GDF 2012

Da die Schulden-Welt sich nicht über Nacht und auch nicht von Jahr zu Jahr dramatisch ver-ändert, geben wir hier nur die wichtigsten neuen Trends wider. Dabei beziehen sich die Zah-len, sofern nicht anders angegeben, auf den Stichtag 31.12.2010. Aktuelle Zahlen existieren zwar schon für einzelne Länder, aber nicht in der kohärenten Form, die ein Standardwerk über alle Länder erfordert:

Über 4000 Mrd. US-$. Alle Auslandsschulden der 129 im Debtor Reporting System der Weltbank enthaltenen Staaten hatten zum Stichtag zusammen öffentliche und private Schulden bei ausländischen Gläubigern im Umfang von 4.076.296 Millionen US-Dollar, also erstmals mehr als 4 Billionen. Dabei blieben die langfristigen Schul-den2 knapp unter 3 Billionen. Am stärksten wuchsen im letzten Jahr die kurzfristigen Schulden: von über 700 Milliarden auf inzwischen mehr als 1 Billion. Bei Schulden-verhandlungen werden diese in der Regel nicht mit einbezogen. (S.1)

Niedrige globale Indikatoren. Für alle Länder zusammen betrugen die Auslands-schulden 25% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und 69% der jährlichen Exportein-nahmen. Beide Werte liegen weit von den anerkannt kritischen Größenordnungen einzelner Länder entfernt. Allerdings wurden im Schnitt weiterhin recht hohe 9,8% der Exporteinnahmen für den Schuldendienst aufgewandt. (Übersicht S.40) Die relativ entspannten Daten unterstreichen, dass die globale Finanzkrise bis Ende 2010 (noch) nicht zu einer globalen Schuldenkrise geworden ist. Vielmehr sind zahlreiche

1 die damals noch "World Debt Tables" hießen und deutlich detailliertere Informationen enthielten als heute. An-

fang der letzten Dekade wurde das Werk dann umbenannt, um irgendwie positiver rüberzukommen.

2 mit mehr als einem Jahr Laufzeit

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Länder relativ gut durch die Krise gekommen, während andere3 umso härter getroffen wurden. Die am höchsten verschuldete Region unter allen Berichtsländern ist Mittel-osteuropa/Zentralasien (S.10).

Schulden-Konzentration. Auf die BRIC-Staaten4 entfallen 40% und auf die 10 am höchsten verschuldeten Staaten aus dem Kreis der 129 entfallen 64% aller Aus-landsschulden. Das heißt – siehe oben – nicht, dass diese Staaten auch die größten Schuldenprobleme haben. Aber es zeigt, dass die Kreditvergabe aktuell in hohem Maße konzentriert ist. (S.2).

Der IWF ist zurück. Unmittelbar vor Ausbruch der Weltfinanzkrise war weltweit kaum noch jemand an IWF-Krediten interessiert, und der Fonds peinlich auf der Suche nach einem neuen Geschäftsmodell zur Absicherung seines teuren Apparats. Gerade mal 2 Mrd. US-$ vergab der IWF an Krediten im Jahr 2007. Zwei Jahre später hatte der Betrag sich vervierzehnfacht: 27 Mrd. gingen 2009 über den Washingtoner Tre-sen. Inzwischen hat dieser Betrag sich wegen der Kreditvergabe im Rahmen der Eu-rokrise erneut deutlich erhöht. Allerdings betrifft das naturgemäß nicht den Länder-kreis, der in GDF angebildet wird. (S.5).

Mehr privates Kapital für mehr Länder. Netto-Kreditvergaben5 an die 129 Länder am privaten Kapitalmarkt stiegen nach dem Einbruch der Krise von 89 Mrd. US-$ in 2009 auf 424 Mrd. US-$ in 2010. Das sind nur 10% weniger als das Allzeithoch des Jahres 2007. (S. 6). Dieser Trend lässt erwarten, dass die oben beschriebenen relativ freundlichen globalen Schuldenindikatoren, sich ab 2011 weniger positiv darstellen werden. In 2010 sind einige "exotische" Länder spektakulär erstmals regulär am Ka-pitalmarkt aktiv geworden, darunter Albanien, Weißrussland, Georgien, Montenegro und Vietnam.

Übersicht. Welche Gruppe auf der privaten und auf der öffentlichen Seite wie betei-ligt war, zeigen die beiden folgenden Graphiken (S.7):

3 Im Schuldenreport 2012 hat erlassjahr.de vier Gruppen von besonders betroffenen Staaten mit hohen Indikato-

ren identifiziert: Kleine Inselstaaten, Staaten in Mittelosteuropa und der ehemaligen Sowjetunion, bereits ent-schuldete HIPC-Staaten v.a. in Afrika südlich der Sahara, sowie eine kleine Gruppe von Sonderfällen.

4 Brasilien, Russland, Indien, China

5 Neue Kredite abzüglich der Rückzahlungen alter Kredite.

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3) Kleine Notiz am Rande

Während bisher die korrekte Auflösung der Abkürzung "HIPC" als Lackmustest dafür dienen konnte, Schulden-Insider von Nicht-Insidern zu scheiden, weiß inzwischen auch die Weltbank nicht mehr, wie ihre Entschuldungsinitiative richtig heißt. Auf S. 23 ist von der "Highly Indebted Poor Countries" Initiative die Rede. Richtig heißt es "Heavily...".