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1
Ergebnisse der Untersuchung
zu den Motiven der Wikipedianer
Verfasser:
Stefanie Raab
Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt
Fachbereich Gesellschaftswissenschaften
Juni 2010
2
Gliederung:
1 Darstellung univariater Ergebnisse….…………………..……………. S. 3
1.1 Demographische Angaben…………………………..………... S. 3
1.2 Inhaltliche Angaben…………………………………..………. S. 8
2 Ergebnisse der offenen Fragen……………………………….………. S. 14
2.1 Reiz der Beteiligung………………………………….………. S. 14
2.2 Aus der Mitarbeit gezogene Vorteile…………………..……... S. 15
2.3 Formen der Anerkennung……………………………..……… S. 16
2.4 Bestätigende Erlebnisse………………………………..……... S. 18
2.5 Frustrierende Erlebnisse………………………………..……... S. 19
2.6 Gründe für ein Einstellen der Mitarbeit…………………..…... S. 21
3 Untersuchung weiterer Zusammenhänge……………..……………..... S. 23
3.1 Bekannte Wikipedianer und Einstellen der Mitarbeit……..….. S. 23
3.2 Zeiteinschätzung und Einstellen der Mitarbeit……………..… S. 26
3.3 Bekannte Wikipedianer und Ausbildungsabschluss……..…… S. 27
3.4 Andere demographische Angaben………………....……...….. S. 28
4 Zusammenfassung: Die Motivation der Wikipedianer……......……… S. 29
Anhang:
Literaturverzeichnis………………………………………………………. S. 32
3
Ergebnisse der Untersuchung zu den Motiven der Wikipedianer
Im Folgenden werden einige der interessantesten Ergebnisse der Untersuchung
vorgestellt. Ziel der Studie war es, in Erfahrung zu bringen, was die Motive für die
Mitarbeit bei Wikipedia sind.
Begonnen wird dabei mit einigen univariaten Ergebnissen. Hierbei werden zunächst die
Verteilungen einiger demographischer Variablen vorgestellt, die mit Angaben bereits
veröffentlichter Untersuchungen verglichen werden. Dem folgt die Vorstellung der
univariaten Ergebnisse der auf die Wikipedia bezogenen Fragen.
1 Univariate Ergebnisse
1.1 Demographische Angaben
Geschlecht
Gemäß den Daten, die Schuler 2007 in seinem Buch angibt, sind 88% der Wikipedianer
männlich.1 In der hier beschriebenen Studie ist dieses Ungleichgewicht sogar noch stärker
ausgeprägt: hier waren 94,4% aller Befragten männlich. Damit waren nur drei der 54
Befragten weiblich.
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Gültig männlich 51 94,4 94,4
weiblich 3 5,6 5,6
Gesamt 54 100,0 100,0
Tabelle 6: Geschlecht der Befragten
Alter
Als weitere demographische Information gab Schuler in Bezug auf eine Studie der
Universität Würzburg als Durchschnittsalter aller Wikipedianer 33 Jahre an, wobei die
Altersangaben um 13 Jahre nach oben oder unten abweichen konnten. Als Ergebnis einer
Wikipedia-internen Umfrage gibt er einen leicht niedrigeren Altersdurchschnitt von 30,8
Jahren an.2 Aus Schulers Angaben ist nicht zu entnehmen, ob es sich bei dem von ihm
1 vgl. Schuler 2007, S. 108
2 vgl. ebd., S. 108
4
genannten Durchschnitt um das arithmetische Mittel oder den Median handelt. Wie der
folgenden Tabelle zu entnehmen ist, ist das Alter der Befragten in der hier durchgeführten
Studie jedoch vergleichbar mit dem der Befragten der Studie der Universität Würzburg:
das arithmetische Mittel liegt bei 35,83 Jahren, der Median trifft mit 33 Jahren sogar genau
den Wert der Universität Würzburg. Die Werte schwanken dabei im Bereich zwischen 13
und 68 Jahren.
N Gültig 53
Fehlend 1
Mittelwert 35,83
Median 33,00
Minimum 13
Maximum 68
Tabelle 7: Maßzahlen - Alter der Befragten
Eine genauere Verteilung des Alters – hier mit gruppierten Daten – lässt sich dem
Diagramm in Abbildung 8 entnehmen.3 Am größten ist die Dichte hierbei in den
Altersstufen zwischen Anfang 20 und Mitte 40, aber auch danach wird die Verteilung nur
etwas dünner.
Abbildung 8: Altersverteilung der Befragten (gruppiere Daten)
3 Betrachtet man die ungruppierten Daten, dann fällt auf, dass die Befragten relativ gleichmäßig über alle
Altersstufen verteilt sind.
5
Berufsstand
Auch zum Berufsstand der Befragten macht Schuler Angaben, die mit den Ergebnissen
der hier beschriebenen Studie verglichen werden können:
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente Ergebnisse
Schuler
Gültig Schüler oder Student 17 31,5 32,1 32,1
Erwerbstätig in Vollzeit 25 46,3 47,2 42,5
Erwerbstätig in Teilzeit 7 13,0 13,2 10,4
Nicht erwerbstätig 4 7,4 7,5 14,1
Gesamt 53 98,1 100,0 99,1
Fehlend System 1 1,9
Gesamt 54 100,0
Tabelle 8: Beschäftigungsstatus - Vergleich der vorliegenden Ergebnisse mit denen von Schuler (2007)
In Tabelle 8 wurden die Angaben aus der vorliegenden Erhebung denen
gegenübergestellt, die Schuler beschreibt4. Da in der hier beschriebenen Studie nur von
Interesse war, wie viel Zeit ein Befragter für die Mitarbeit am Projekt zur Verfügung hat,
wurden Rentner zu den nicht erwerbstätigen gezählt. Diese Einrechnung wurde
entsprechend für die Angaben von Schuler übernommen. Auch hier lässt sich feststellen,
dass sich die Verteilungen ähneln: die Werte für Schüler und Studenten stimmen überein,
für Erwerbstätige in Voll- oder Teilzeit hat Schuler etwas niedrigere, für nicht
erwerbstätige höhere Werte.
Ausbildung
Eine weitere Aussage, die Schuler über die Wikipedianer macht, ist, dass unter ihnen
überwiegend Akademiker zu finden sind. Wie der folgenden Tabelle zu entnehmen ist, ist
das auch in der hier vorliegenden Studie der Fall: mehr als die Hälfte aller Befragten gab
an, über einen Hochschulabschluss zu verfügen. Fast 30% haben das Abitur oder die
Fachhochschulreife erlangt. Hierunter sind allerdings auch Studenten zu finden, die sich
gerade auf dem Weg zu einem akademischen Abschluss befinden. Zählt man die Anteile
für alle Befragten zusammen, die im Lauf ihrer Ausbildung das Abitur oder die
Fachhochschulreife erlangt haben5, dann nimmt diese Gruppe einen Anteil von 96% aller
Befragten ein – zum Vergleich: im Jahr 2007 haben in Deutschland nur 30,8% aller
4 vgl. Schuler 2007, S. 108
5 Abitur- und Fachhochschulreife sowie die darauf aufbauenden Abschlüsse Hochschulabschluss,
Habilitation und Promotion
6
Schulabgänger die Schule mit dem Abitur oder der Fachhochschulreife verlassen.
Unterrepräsentiert sind mit nur etwa 4% dagegen Personen mit einem Volks- oder
Hauptschulabschluss – unter den Abgängern des Jahres 2007 hat diese Gruppe einen Anteil
von 20,9% ausgemacht6.
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Gültig Noch Schüler 4 7,4 7,4
Volks-/ Hauptschule 2 3,7 3,7
Abitur/ Fachhochschulreife 16 29,6 29,6
Hochschulabschluss 29 53,7 53,7
Habilitation 2 3,7 3,7
Promotion 1 1,9 1,9
Gesamt 54 100,0 100,0
Tabelle 9: Höchster bisher erzielter Ausbildungsabschluss
Herkunftsland
Der folgenden Tabelle ist zu entnehmen, aus welchen Ländern die befragten
Wikipedianer stammen. Für Deutschland wurde dabei zusätzlich eine Ost-West-Unter-
scheidung vorgenommen.
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Gültig Deutschland, alte Bundesländer 41 75,9 75,9
Deutschland, neue Bundesländer 8 14,8 14,8
Österreich 1 1,9 1,9
Schweiz 2 3,7 3,7
Italien 1 1,9 1,9
Niederlande 1 1,9 1,9
Gesamt 54 100,0 100,0
Tabelle 10: Herkunftsland der Befragten
Wie der Tabelle zu entnehmen ist kommt ein großer Teil der Befragten aus Deutschland
(insgesamt etwa 90%), Wikipedianer aus der Schweiz und Österreich sind selten vertreten.
Neben den bereits genannten deutschsprachigen Ländern kommt außerdem noch jeweils
ein Befragter aus Italien und den Niederlanden.
6 Anteile berechnet aus den Daten der GENESIS-Datenbank des Statistischen Bundesamts. Die
entsprechende Tabelle wurde erstellt unter https://www-genesis.destatis.de/genesis/online.
7
Die Verteilung der deutschen Wikipedianer nach alten und neuen Bundesländern ergibt
keine signifikanten Unterschiede zur Verteilung der Gesamtbevölkerung: die alten
Bundesländer sind nur sehr schwach überrepräsentiert.7 Dieser Faktor hat also allem
Anschein nach keinen Einfluss auf die Mitarbeit bei Wikipedia.
Gemeindegrößenklasse
Die folgende Tabelle enthält Angaben darüber, wie groß die Städte oder Gemeinden
sind, in denen die Befragten leben.8
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente Kumulierte Prozente
Gültig Unter 2000 3 5,6 5,6 5,6 9,3 2000 bis < 5000 2 3,7 3,7
5000 bis < 20.000 11 20,4 20,4 29,6
20.000 bis < 50.000 7 13,0 13,0 42,6
51,9 50.000 bis < 100.000 5 9,3 9,3
100.000 bis < 500.000 10 18,5 18,5 70,4
500.000 und mehr 16 29,6 29,6 100,0
Gesamt 54 100,0 100,0
Tabelle 11: Verteilung der Befragten nach Gemeindegrößenklassen
Fasst man die in der Erhebung gewonnenen Daten zusammen, dann ist es möglich, sie
mit den Daten zu vergleichen, die das Statistische Bundesamt für die Gesamtbevölkerung
veröffentlicht hat9:
Erhobene
Daten Daten von
GESIS
Unter 5000 9,3 15,6
5000 bis < 20.000 20,4 25,4
20.000 bis < 100.000 22,3 27,7
100.000 bis < 500.000 18,5 15,3
500.000 und mehr 29,6 16,0
Tabelle 12: Verteilung der Wikipedianer nach Gemeindegrößenklassen verglichen mit den Daten von GENESIS (Stichjahr: 2008)
7 Ost-West-Verhältnis aus den Daten dieser Erhebung: Ost 16,3%, West 83,7%
Aus den Daten des Statistischen Bundesamts (für 2008): Ost 20,1%, West 79,9% (vgl. http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Zeitreihe n/LangeReihen/Bevoelkerung/Content75/lrbev03a,templateId=renderPrint.psml , Stand: 18.4.10) 8 Die Einteilung der Größenklassen erfolgte nach den Vorgaben der BIK-7
9 Berechnet aus den Daten der GENESIS-Datenbank des Statistischen Bundesamts. Die entsprechende
Tabelle wurde erstellt unter https://www-genesis.destatis.de/genesis/online.
8
Wie der Tabelle zu entnehmen ist, sind kleinere Gemeinden und Städte eher
unterrepräsentiert, während Großstädte überrepräsentiert sind. Deutlicher wird diese
Ungleichverteilung in der grafischen Darstellung der Daten:
Abbildung 9: Vergleich der prozentualen Verteilungen der Wikipedianer und der Gesamtbevölkerung auf die Gemeindegrößenklassen
An Hand der Grafik ist deutlich zu erkennen, dass die Wikipedianer bis zu einer
Gemeindegröße von unter 100.000 Einwohnern unterrepräsentiert sind, während sich das
Verhältnis in größeren Städten umkehrt. In Städten ab 500.000 Einwohnern ist der
prozentuale Anteil der Wikipedianer sogar fast doppelt so hoch wie der entsprechende Teil
der Gesamtbevölkerung. Zu erklären ist das möglicherweise durch den hohen Anteil an
Akademikern unter den Wikipedianern: da Universitäten und Fachhochschulen eher in
größeren Städten zu finden sind ist es denkbar, dass viele Wikipedianer zum Studium aus
kleinen Gemeinden in größere Städte gezogen und nach ihrem Abschluss dort geblieben
sind.
1.2 Inhaltliche Angaben
Idee zur ersten Mitarbeit
Zunächst wird dargestellt, welche Gründe die Wikipedianer für ihre erste Mitarbeit
hatten. Die angegebenen Motive sind in Abbildung 10 dargestellt:
9,3
20,422,3
18,5
29,6
15,6
25,427,7
15,3 16
0
5
10
15
20
25
30
35
Anteil Wikipedianer
Anteil Gesamtbevölkerung
9
Abbildung 10: Gründe für die erste Mitarbeit
Wie dem Diagramm zu entnehmen ist, hat etwa die Hälfte der Befragten mit der
Mitarbeit an Wikipedia begonnen, weil sie als passive Nutzer der Enzyklopädie Mängel
bemerkt haben: von 51 Befragten, die auf die Frage eine gültige Antwort gegeben haben,
haben 18 bei ihrer ersten Teilnahme einen gefundenen Fehler verbessert und sieben haben
nach einem Artikel gesucht, ihn aber nicht gefunden und daher selbst einen Eintrag dazu
erstellt. Einen ebenfalls großen Anteil bilden diejenigen, die ihre Mitarbeit aus dem
Wunsch heraus begonnen haben, das Projekt Wikipedia zu unterstützen: diese Gruppe
umfasst 13 Personen. Etwa halb so viele Befragte (6 Personen) begannen aus Neugier mit
der Mitarbeit. Verhältnismäßig klein war die Anzahl derjenigen, die durch Medien (3) oder
Zufall (1) zu dem Projekt gekommen sind. Außerdem gaben zwei der Befragten an, über
die Bekanntschaft zu anderen Wikipedianern zu dem Projekt gefunden zu haben.
Für die Mitarbeit aufgewandte Zeit
Im nächsten Schritt wird untersucht, wie viel Zeit die Befragten wöchentlich für ihre
Mitarbeit bei Wikipedia aufbringen. In Abbildung 11 ist der Zeitaufwand an Hand
gruppierter Daten dargestellt, in Tabelle 14 finden sich einige Maßzahlen, die aus den
ungruppierten Variablenwerten berechnet wurden:
10
Abbildung 11: Von den Befragten wöchentlich für die Mitarbeit aufgebrachte Zeit
Wie durch die Grafik zu erkennen ist, verbringt etwa die Hälfte aller Befragten (24 von
51) bis zu 5 Stunden wöchentlich mit der Arbeit an Wikipedia. Bis zu einem Zeitaufwand
von 25 Stunden fällt der Aufwand beständig ab. Der erneute Anstieg bei einer Zeit von 25
Stunden ist dadurch zu erklären, dass die letzte Kategorie offen gehalten ist. Aus der
Tabelle lässt sich außerdem ablesen, dass der am wenigsten für die Wikipedia tätige
Befragte 5 Minuten pro Woche an der Enzyklopädie mitarbeitet, während der ‚fleißigste‘
unter den Befragten pro Woche umgerechnet 42 Stunden pro Woche angegeben hat.
Das arithmetische Mittel der Werte aller Befragten liegt bei etwa 9,25 Stunden, der
Median liegt mit genau 6 Stunden deutlich darunter10
. In einer unimodalen Verteilung
würde die Lage der hier ausgewiesenen Mittelwerte auf eine deutliche Rechtsschiefe der
Verteilung hinweisen. Dass würde bedeuten, dass es sehr viele Personen gibt, die nur
wenig Zeit in ihre Mitarbeit investieren, während die Anzahl der Personen mit höherem
Zeiteinsatz weniger wird. Die abgebildete Grafik lässt ebenfalls eine rechtsschiefe
Verteilung vermuten. Da aus Tabelle 14 aber hervorgeht, dass es mehr als einen Modus
gibt, die Verteilung also mehrere Spitzen hat, ist diese Aussage kritisch zu betrachten.11
10
Ein Median von 6 Stunden bedeutet in diesem Fall, dass 50% der Befragten einen Wert von 6 Stunden oder weniger und dem entsprechend auch 50% der Befragten einen Wert von 6 Stunden oder mehr angegeben haben. 11
Denkbar ist aber auch, dass es sich bei den folgenden Modalwerten lediglich um lokale Modi handelt, dass die beschriebene Verteilung also zwar immer flacher wird, dass es aber an bestimmten Stellen zu kleineren Anstiegen kommt, die in ihrer Höhe aber nicht mehr den ersten Modus erreichen. Möglich ist
N Gültig 51
Fehlend 3
Mittelwert 554,73
Median 360,00
Modus 600(a)
Minimum 5
Maximum 2520
a Mehrere Modi vorhanden. Der kleinste Wert wird angezeigt.
Tabelle 14: Maßzahlen - wöchentlich aufgebrachte Zeit
11
In diesem Zusammenhang wird auch auf die Arbeitsbereiche hingewiesen, denen die
Befragten ihre Zeit widmen. In Abbildung 12 sind die Bereiche erfasst, in denen die
Mitarbeiter aktiv sind. Gezählt wurde eine Person, wenn sie für den entsprechenden
Bereich angab, dort in mittlerem bis hohem Maß Zeit zu investieren.
Abbildung 12: Bereiche mit mittlerem oder hohem Zeitaufwand
Wie der Grafik zu entnehmen ist, ist der Bereich, dem die meisten Personen viel Zeit
widmen, das Verbessern bereits bestehender Artikel (72,2%). An zweiter Stelle liegt das
Verfassen neuer Artikel (40,7%), gefolgt von administrativen Tätigkeiten (33,3%) und
dem Wiederherstellen zerstörter Seiten (24,1%). Weniger häufig angegeben wurden
Diskussionen, User-Support oder die Beschäftigung mit der Wikimania12
. Diesen
Bereichen, vor allem den Diskussionen und dem Support, wird in der Realität jedoch
vermutlich deutlich mehr Zeit gewidmet. Dass sie in dieser Aufstellung eher schlecht
abschneiden liegt vermutlich daran, dass sie nicht in den Antwortvorgaben des Frage-
bogens vorgemerkt waren und nur in der offenen Kategorie genannt wurden. Die Bereiche
wurden wahrscheinlich nicht häufiger genannt, da sie – im Fall der Diskussionen – für die
meisten Nutzer etwas Selbstverständliches oder – im Fall der Wikimania –etwas Außer-
beispielsweise, dass die Befragten bei einem höheren Zeitaufwand nurnoch in vollen Stunden geantwortet haben, da Minuten bei längeren Zeiträumen unmöglich genau zu schätzen sind. In diesem Fall wären dann die vollen Stunden als lokale Modi denkbar, während die Minuten zwischen den vollen Stunden keine Nennungen mehr haben. 12
Die Wikimania ist ein internationales Treffen aktiver Wikipedianer.
22
39
13
18
2 2 35
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
12
gewöhnliches sind, das nur selten stattfindet. Abbildung 13 stellt dieselbe Verteilung noch
einmal differenzierter dar: hier lässt sich genauer erkennen, wie viel Zeit die Befragten mit
den einzelnen Bereichen verbringen. Für eine bessere Übersichtlichkeit wurden die
schwach besetzten Bereiche Diskussionen, Wikimania und Support hier der Kategorie
‚Sonstiges‘ zugeordnet.
Abbildung 13: Zeitaufwand, den die Befragten den einzelnen Bereichen widmen - differenziert
Reaktionen auf Bearbeitungen
Im Rahmen eines ersten, univariaten Herangehens an die Daten lassen sich bereits erste
Aspekte untersuchen, die Hinweise auf eine mögliche Motivation der Befragten für ihre
Mitarbeit geben können: Der Erhalt von positiven Reaktionen auf vorgenommene
Bearbeitungen kann ein motivierendes Element sein, während negative Reaktionen das
Engagement für die Mitarbeit hemmen können.
Hierbei ist es zunächst wichtig zu erfahren, ob die Befragten überhaupt Reaktionen auf
ihre Mitarbeit erhalten haben und, falls das der Fall ist, welche Richtung diese Reaktionen
hatten, ob sie also positiv oder negativ waren. Grafische Darstellungen der Antworten auf
diese Fragen sind in den Tabellen 15 und 16 dargestellt:
6 7
1
4
79
20
6 6
1
7
12
68
4
23
12
19
8
0
6
0
17
24
4
0
5
10
15
20
25
30
Sehr viel Zeit
Viel Zeit
Mittlerer Zeitaufwand
Wenig Zeit
Keine Beteiligung
13
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente Kumulierte Prozente
Gültig Nein 5 9,3 9,8 9,8
Ja, einmal 1 1,9 2,0 11,8
Ja, mehrmals 45 83,3 88,2 100,0
Gesamt 51 94,4 100,0
Fehlend System 3 5,6
Gesamt 54 100,0
Tabelle 15: Erhalt von Reaktionen auf Bearbeitungen
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Gültig Überwiegend positiv 25 46,3 56,8
Überwiegend negativ 1 1,9 2,3
Überwiegend neutral 8 14,8 18,2
Ausgeglichenes Verhältnis
10 18,5 22,7
Gesamt 44 81,5 100,0
Fehlend System 10 18,5
Gesamt 54 100,0
Tabelle 16: Richtung der Reaktionen
Wie Tabelle 15 zu entnehmen ist, hat die eindeutige Mehrheit der Befragten schon
mehrmals Reaktionen auf von ihnen vorgenommene Bearbeitungen erhalten (45
Nennungen von insgesamt 51 gültigen Stimmen). Lediglich fünf der Befragten haben noch
nie Reaktionen erzielt.
Tabelle 16 zeigt, dass die erhaltenen Reaktionen in mehr als der Hälfte der Fälle
überwiegend positiv waren (25 von insgesamt 44 gültigen Stimmen). Nur ein Befragter
gab an, überwiegend negative Reaktionen erhalten zu haben. 8 Befragte erhielten
hauptsächlich neutrale Reaktionen, in zehn Fällen standen positive und negative Reak-
tionen in einem ausgeglichenen Verhältnis.
Ob positive Reaktionen auf Bearbeitungen wirklich einen bestärkenden Einfluss auf die
Mitarbeit haben, kann mit den vorliegenden Daten nicht geklärt werden. Auffällig ist aber,
dass viele der aktiven Wikipedianer häufig positive Reaktionen erhalten. Falls der Erhalt
positiver Reaktionen ein Faktor für eine verstärkte Mitarbeit ist, kann es aber keinesfalls
der einzige sein, da auch viele der Wikipedianer keine positiven, sondern neutrale oder
auch negative Reaktionen erhalten und trotzdem weiter an der Erstellung der Online-
Enzyklopädie mitarbeiten.
14
2 Ergebnisse der offenen Fragen
Von besonderem Interesse für die vorliegende Untersuchung – wie für fast alle
Untersuchungen mit explorativem Charakter – sind die Antworten auf die offenen Fragen,
die von jedem Befragten frei beantwortet wurden. Im Fall dieser Untersuchung handelt es
sich dabei um sechs Fragen, die im Folgenden einzeln vorgestellt werden. Für eine bessere
Übersichtlichkeit der Auswertungen wurden die gegebenen Antworten hierfür zu
Kategorien zusammengefasst, so dass ähnliche Antworten unter einem gemeinsamen
Stichpunkt aufgeführt werden.
Da einer Antwort eines Befragten in vielen Fällen mehrere Codes zugeordnet werden
konnten, kann die Summe der genannten Kategorien die Anzahl der Teilnehmer der
Befragung übersteigen. Jeder Befragte kann aber auch nach den Zusammenfassungen in
jeder der neu gebildeten Kategorien nur einmal vorkommen.
2.1 Reiz der Beteiligung
Eine erste offene Frage hatte das Ziel, die Reize in Erfahrung zu bringen, die von der
Mitarbeit bei Wikipedia ausgehen13
. Abbildung 14 zeigt die Bereiche auf, die den
befragten Wikipedianern besonders attraktiv erscheinen:
Abbildung 14: Bereiche, die besonderen Reiz auf die Befragten ausüben
13
Die hierfür verwendete Frage lautete: „Worin liegt für Sie der Reiz, sich an Wikipedia zu beteiligen? Warum investieren Sie Zeit in Ihre Mitarbeit?“
18
14
18
14
12
14
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
15
Der Grafik ist zu entnehmen, dass es vor allem die Stellung und das Prestige des
Projekts sowie die Aneignung und Weitergabe von Wissen sind, die die Wikipedianer dazu
bringen, Zeit in ihre Mitarbeit zu investieren (jeweils 18 Nennungen bei 41 Personen, die
diese Frage beantwortet haben). Gefolgt werden diese beiden Nennungen von dem
Projektgedanken selbst (also dem Wunsch, ein gutes Projekt zu unterstützen
beziehungsweise dem Unterstützen des Grundsatzes der Freiheit aller Inhalte) und dem
(inhaltlichen oder technischen) Interesse (jeweils 14 Nennungen). Dicht gefolgt wurden
diese beiden von der Anziehung, die die Community der Wikipedianer ausmacht (12
Nennungen). Dieser Reiz besteht unter anderem im Arbeiten in einer weltweiten
Gemeinschaft oder in der Resonanz auf Bearbeitungen, die aus dieser Gemeinschaft
kommt. Die Kategorie ‚Sonstiges‘ umfasst schließlich Aspekte wie andere ideologische
Gründe, die Mitarbeit als Zeitvertreib sowie den Wunsch, ‚etwas zurückzugeben‘.
Die Anreize, die die Wikipedianer für ihre Mitarbeit bekommen, sind also vielfältig und
liegen in verschiedenen Bereichen. Um dem Ziel näher zu kommen, die Motive der
Wikipedianer zu erfahren, werden daher im nächsten Schritt die Vorteile untersucht, die
sich für die Mitarbeiter aus ihrer eigenen Sicht aus der Mitarbeit ergeben.
2.2 Aus der Mitarbeit gezogene Vorteile
Die von den Befragten angegebenen Vorteile der Mitarbeit sind in der folgenden Tabelle
dargestellt14
:
Abbildung 15: Aus der Mitarbeit gezogene Vorteile
14
Die entsprechende Frage hierzu lautete „Denken Sie, dass Sie aus der Mitarbeit an Wikipedia Vorteile ziehen? Welche wären das?“
8
22
4
9 8
3
0
5
10
15
20
25
16
Der Tabelle ist klar zu entnehmen, dass der größte Vorteil der Mitarbeit am
Enzyklopädie-Projekt eindeutig in der Ansammlung von Wissen besteht (22 Nennungen
bei insgesamt 36 Befragten, die diese Frage beantwortet haben). Gemeint ist dabei – neben
inhaltlichem Wissen über die Themen der bearbeiteten Artikel – auch Wissen über die
Vorgänge innerhalb der Wikipedia und den Umgang mit der Wiki-Technologie. Häufig
genannt wurde in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit, den ‚eigenen Horizont zu
erweitern‘.
Als weitere Vorteile wurden die Entwicklung von Fähigkeiten (8 Nennungen)
(Kooperations-, Schreib-, Recherche-, Diskussions- und Konfliktfähigkeit) sowie die
Community (9 Nennungen) genannt, also das Knüpfen und Erhalten von Kontakten und
das Wachsen des Ansehens, das man innerhalb der Community erhält. Die eher schwach
besetzte Kategorie ‚Softskills‘ (4 Nennungen) bezieht sich vor allem auf Menschen-
kenntnis und zwischenmenschliche Kompetenz.
Die Kategorie ‚Sonstiges‘ umfasst Aspekte wie den Spaß, den die Mitarbeit macht, den
Nutzen für den (späteren) Beruf oder das Sammeln von Erfahrungen. Genannt wurde aber
auch eine Stärkung des Selbstwertgefühls durch die Mitarbeit sowie das ‚Sammeln von
Karma-Punkten‘.
Lediglich drei der 36 Antwortenden gaben an, aus der Mitarbeit an der Online-
Enzyklopädie keine Vorteile zu ziehen.
2.3 Formen der Anerkennung
Als weiteren Hinweis auf Gründe für die dauerhafte Mitarbeit der Wikipedianer kann die
Anerkennung gesehen werden, die den Befragten für ihren Einsatz am Ausbau der Enzy-
klopädie entgegengebracht wird. In der folgenden Tabelle sind daher die Formen der
Anerkennung dargestellt, die den Befragten in diesem Zusammenhang entgegengebracht
wurden15
:
15
Die Frage hierfür lautete „Welche Formen der Anerkennung Ihrer Mitarbeit bei Wikipedia haben Sie bisher erhalten?“
17
Abbildung 16: Formen der Anerkennung
Wie der Grafik zu entnehmen ist, besteht die Anerkennung, die die Wikipedianer
erhalten, zu einem großen Teil aus der positiven Resonanz, die sie von Anderen auf ihre
Bearbeitungen erhalten. Das gaben 20 der 32 Personen an, die diese Frage beantwortet
haben. Erhalten wurde diese Form der Anerkennung in Diskussionen mit anderen
Benutzern, per E-Mail, auf der eigenen Benutzerseite oder auch im direkten Gespräch mit
Anderen. Dabei kam die Resonanz nicht nur von anderen Wikipedianern, sondern auch
von Personen außerhalb der Wikipedia, die das Nachschlagewerk nur passiv nutzen.
Eine weitere Form der Anerkennung für die Arbeit an Wikipedia ist der Erhalt von
Auszeichnungen (12 Nennungen). Dabei können sowohl besonders gute Artikel als auch
besonders engagierte Autoren ausgezeichnet werden. Auszeichnungen erhielten zum
Beispiel die Gewinner eines Schreibwettbewerbs innerhalb der Wikipedia. Eine andere
Auszeichnung für Wikipedianer sind so genannte „Gummibärchen“ oder andere Orden, die
für sehr gute Mitarbeit oder besonders gute Ideen verliehen werden können16
. Eine andere
Art der Auszeichnung ist der Aufstieg zu bestimmten Ämtern innerhalb der Wikipedia, wie
beispielsweise die Ernennung zum Administrator.
Unter der Kategorie ‚Sonstiges‘ sind Aspekte wie positive Presseresonanz und Anfragen
für weitere Mitarbeit zusammengefasst. Ebenfalls unter diesen Punkt fällt der Erhalt von
Stipendien der Wikimedia-Foundation, um zu den auf der ganzen Welt stattfindenden
Treffen fahren zu können.
16
vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Preise – die Auszeichnungen werden nicht physisch an den Empfänger übergeben sondern sind auf der jeweiligen Benutzerseite abgebildet.
20
1210
0
5
10
15
20
25
18
2.4 Bestätigende Erlebnisse
Ein weiterer Ansatzpunkt für die Erklärung der Beteiligung sind bestätigende Erlebnisse,
die die Wikipedianer im Rahmen ihrer Mitarbeit erfahren haben. Hierfür wird in einem
ersten Schritt untersucht, ob die Befragten überhaupt schon einmal eine solche Erfahrung
gemacht haben. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle dargestellt:
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente Kumulierte Prozente
Gültig Nein 11 20,4 21,6 21,6
Ja, einmal 4 7,4 7,8 29,4
Ja, mehrmals 36 66,7 70,6 100,0
Gesamt 51 94,4 100,0
Fehlend System 3 5,6
Gesamt 54 100,0
Tabelle 17: Erfahren von bestätigenden Erlebnissen
Die Tabelle zeigt deutlich, dass ein großer Teil der Befragten (78,4% aller gültigen
Antworten) schon mindestens einmal ein bestätigendes Erlebnis hatte, 36 von ihnen haben
so etwas sogar schon mehrmals erlebt. 20,4% der Befragten gaben an, dass sie noch kein
Erlebnis hatten, das sie in ihrem Engagement bestärkt hat, Wikipedia weiter zu unter-
stützen.
Genau wie das Erhalten von positiver Resonanz auf Bearbeitungen17
können bestäti-
gende Erlebnisse also lediglich einer von mehreren Faktoren sein, die zur Motivation der
Wikipedianer beitragen.
In der folgenden Abbildung ist dargestellt, welche Arten von bestätigenden Erlebnissen
von den Befragten erfahren wurden18
:
17
siehe Abschnitt ‚Reaktionen auf Bearbeitungen‘ in Kapitel 1.2 dieser Arbeit 18
Frage: „Hatten Sie im Rahmen Ihrer Mitarbeit bei Wikipedia schon einmal ein Erlebnis, das Sie in Ihrem Engagement bestärkt hat?“ – Falls ja: „Was war das?“
19
Abbildung 17: Bestätigende Erlebnisse
Der Grafik zeigt deutlich, dass ein großer Teil der bestätigenden Erlebnisse auf
Erfahrungen mit anderen Wikipedianern zurückzuführen sind (insgesamt 25 Nennungen
bei 32 Befragten, die die entsprechende Frage beantwortet haben). Unter diesen Punkt
fallen Aspekte wie Lob oder Anerkennung von, beziehungsweise Würdigung durch andere
Mitarbeiter, Danksagungen oder auch das Entstehen einer konstruktiven Zusammenarbeit.
Häufig genannt wurden außerdem Aspekte, die mit der guten Entwicklung der
Wikipedia zusammenhängen (14 Nennungen). Hierzu gehören Punkte wie die
Verbesserung und die damit zusammenhängende Bedeutungssteigerung der deutsch-
sprachigen Wikipedia sowie die Entwicklung neuer Tools zur Arbeitserleichterung oder
die Resonanz, auf die Wikipedia außerhalb der Community stößt. Als bestärkend wurde
aber auch schon die simple Tatsache empfunden, „dass das Projekt funktioniert“.
Überraschenderweise wurden eigene Erfolge in diesem Zusammenhang nur verhältnis-
mäßig selten genannt (10 Nennungen). Unter diesen Aspekt fällt neben erfolgreichen
Kandidaturen für Ämter und erhaltenen Auszeichnungen auch der Bezug von anderen auf
die eigenen Beiträge, wenn eigene Artikel also beispielsweise zitiert werden.
2.5 Frustrierende Erlebnisse
Nachdem bestätigende Erlebnisse als Faktor für die Entstehung von Motivation gesehen
wurden, werden frustrierende Erlebnisse als ein mögliches Hindernis hierfür betrachtet.
Parallel zur Herangehensweise für die Untersuchung der bestätigenden Erlebnisse wird
auch für die frustrierenden Erlebnisse zunächst betrachtet, ob die Befragten schon einmal
eine solche Erfahrung gemacht haben. Die entsprechenden Informationen sind in der
folgenden Tabelle zu finden:
25
14
10
0
5
10
15
20
25
30
20
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente Kumulierte Prozente
Gültig Nein 8 14,8 15,7 15,7
Ja, einmal 6 11,1 11,8 27,5
Ja, mehrmals 37 68,5 72,5 100,0
Gesamt 51 94,4 100,0
Fehlend System 3 5,6
Gesamt 54 100,0
Tabelle 18: Erfahren von frustrierenden Erlebnissen
Der Tabelle ist zu entnehmen, dass 84,3% aller Befragten, die die entsprechende Frage
beantwortet haben, bereits mindestens einmal ein frustrierendes Erlebnis hatten, 72,5% von
ihnen hatten sogar schon mehrere solcher Erfahrungen. Lediglich 15,7% der Befragten
antworteten, dass sie im Rahmen ihrer Mitarbeit noch nie mit frustrierenden Erlebnissen
konfrontiert wurden.
Frustrierende Erlebnisse können daher also kaum ein Hindernis für die Bereitschaft zur
Mitarbeit darstellen – zumindest nicht bei allen Befragten. Möglich ist ein Beenden der
Mitarbeit allerdings, wenn die frustrierenden Erlebnisse überhand nehmen und die
positiven Aspekte der Mitarbeit überdecken.19
Einen Überblick über die Bereiche, die die Wikipedianer als frustrierend empfinden,
bietet die nächste Abbildung20
:
Abbildung 18: Als frustrierend empfundene Bereiche
19
Mehr dazu im nächsten Kapitel („Gründe für ein Einstellen der Mitarbeit“). 20
Die entsprechende Frage lautete „Hatten Sie im Rahmen Ihrer Mitarbeit bei Wikipedia schon einmal ein Erlebnis, das Sie als frustrierend empfanden?“ – Falls ja: „Was war das?“
20
15
8 9
0
5
10
15
20
25
21
Wie aus der Grafik hervorgeht liegen die meisten frustrierenden Erlebnisse in genau dem
Bereich, in dem auch die meisten bestätigenden Erlebnisse zu finden sind: im Umgang mit
andern Wikipedianern. Auf diesen Bereich entfielen 20 von 33 gültigen Antworten. Als
enttäuschend empfanden die Befragten hierbei vor allem Unfreundlichkeit und einen
schlechten Umgangston. Außerdem wurden in diesem Zusammenhang das Entstehen von
Editwars, mangelnde Objektivität, die mutwillige Zerstörung von Seiten sowie die Nicht-
Würdigung geleisteter Arbeit kritisiert. Aber auch der Weggang von anderen Autoren fiel
in diesem Bereich.
Der am zweithäufigsten genannte Bereich waren Abläufe innerhalb der Wikipedia (15
Nennungen). Führend in diesem Bereich war die Nennung der vorherrschenden Lösch-
praxis für Artikel. Kritisiert wurde hierbei, dass Artikel häufig mit fadenscheinigen
Begründungen oder ganz ohne ersichtlichen Grund gelöscht (oder auf eine frühere Version
zurückgesetzt) werden (einige der Befragten sprechen hierbei von der „Löschhölle“).
Andere Ansatzpunkte für frustrierende Erlebnisse waren die – nach Meinung einiger
Befragten – übertriebenen formalen Ansprüche an Artikel oder die allgemeine Undurch-
schaubarkeit von Vorgängen.
Ebenfalls als frustrierend empfunden wurde die in der Wikipedia vorherrschende
Diskussionskultur (8 Nennungen). Ausgangspunkt der Unzufriedenheit in diesem Bereich
sind vor allem ziellos geführte Diskussionen, die inhaltlich im Leeren verlaufen. Aber auch
mangelnde Objektivität und die damit verbundene Nicht-Beachtung von Argumenten
wurden als unbefriedigend wahrgenommen.
Unter die Kategorie ‚Sonstiges‘ fallen schließlich Aspekte wie eigenes versehentliches
Fehlverhalten oder die Nicht-Umsetzung von (Projekt-) Ideen.
2.6 Gründe für ein Einstellen der Mitarbeit
Nachdem fast alle Befragten im Rahmen ihrer Mitarbeit schon mehrere frustrierende
Erlebnisse hatten ist es natürlich auch interessant zu erfahren, ob sie schon einmal überlegt
haben, ihre Mitarbeit ganz einzustellen und was ihre Gründe hierfür sind. In der folgenden
Tabelle ist zunächst dargestellt, ob und in welchem Maß die Befragten schon über ein
Einstellen der Mitarbeit nachgedacht haben.
22
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente Kumulierte Prozente
Gültig Ja, häufig 5 9,3 9,8 9,8
Ja, gelegentlich 12 22,2 23,5 33,3
Ja, selten 34 63,0 66,7 100,0
Gesamt 51 94,4 100,0
Fehlend System 3 5,6
Gesamt 54 100,0
Tabelle 19: Häufigkeit des Nachdenkens über eine Einstellung der Mitarbeit
Was beim Betrachten der Tabelle als erstes auffällt, ist, dass es unter den Befragten
niemanden gibt, der noch nie darüber nachgedacht hat, seine Mitarbeit bei Wikipedia zu
beenden. Die meisten Befragten (63% der gültigen Stimmen) gaben aber an, sich darüber
nur selten Gedanken zu machen. Nur etwa ein Zehntel der Befragten (9,3%) denkt häufig
darüber nach, aufzuhören, ein Fünftel (22,2%) macht das gelegentlich.
Die folgende Abbildung zeigt die Gründe, wegen denen die Wikipedianer ihre Mitarbeit
einstellen würden21
:
Abbildung 19: Gründe für ein mögliches Einstellen der Mitarbeit
Der am häufigsten genannte Grund für ein mögliches Einstellen der Mitarbeit ist der
Grafik zufolge der hohe Zeitaufwand, den die Arbeit am Enzyklopädie-Projekt mit sich
bringt (11 Nennungen bei 30 Personen, die die entsprechende Frage beantwortet haben).
21
Die Frage hierzu lautete „Denken Sie manchmal ernsthaft darüber nach, Ihre Mitarbeit bei Wikipedia einzustellen?“ – „Warum?“
5 5
11
87
0
2
4
6
8
10
12
23
Besonders schwerwiegend ist dieser Grund, da einige der Befragten das Gefühl haben, dass
bei der Arbeit an Wikipedia „Aufwand und Nutzen in schlechtem Verhältnis“22
stehen.
Jeweils 5 Nennungen entfielen auf projektbezogene Aspekte wie die bereits bei den als
frustrierend empfundenen Erlebnissen erwähnten unnötigen formalen Auflagen, Verände-
rungen im oder Ärger über das Projekt sowie auf Entwicklungen innerhalb der
Community, wie beispielsweise das (ebenfalls als frustrierend empfundene) schlechte
Arbeitsklima.
Unter den Aspekt ‚Sonstiges‘ fallen der Wunsch, seine Zeit anders zu investieren oder
private Gründe, aber auch das Offenhalten der Möglichkeit, einmal ‚Ferien‘ von der
Mitarbeit zu machen.
Sieben Befragte gaben an, zwar darüber nachzudenken, die Mitarbeit bei Wikipedia zu
beenden, sehen aber keinen Grund dafür, das auch tatsächlich in die Tat umzusetzen.
3 Untersuchung weiterer Zusammenhänge
Nach der Darstellung der Ergebnisse einer univariaten Analyse werden im nächsten
Schritt weitere ausgewählte Ergebnisse vorgestellt, die dazu beitragen können, die Frage
nach der Motivation der Wikipedianer zu beantworten. Vorgestellt werden dabei die
Zusammenhänge zwischen der Existenz von Freunden und Bekannten unter den
Wikipedianern und der Häufigkeit des Nachdenkens über ein Einstellen der Mitarbeit
sowie zwischen der Einschätzung des Zeitaufwands der Mitarbeit und dem Einstellen der
Mitarbeit. Außerdem wird der Zusammenhang zwischen der aufgewandten Zeit und der
Zeiteinschätzung getrennt für Personen mit oder ohne Freunde und Bekannte unter den
Wikipedianern ausgewertet.
3.1 Bekannte Wikipedianer und Einstellen der Mitarbeit
Der erste bivariate Zusammenhang, der an dieser Stelle vorgestellt wird, beschäftigt sich
mit dem Vorhandensein von Freunden oder Bekannten unter den Wikipedianern und dem
Nachdenken über ein Einstellen der Mitarbeit. Die Hypothese, die der Untersuchung dieses
Zusammenhangs zu Grunde liegt ist die, dass Personen, die innerhalb der Community über
soziale Bindungen verfügen, seltener darüber nachdenken ihre Mitarbeit einzustellen. Das
22
Tippfehler im Zitat wurden bereinigt
24
Ergebnis der Untersuchung des Zusammenhangs ist in der folgenden Kreuztabelle
dargestellt:
Tabelle 23: Kreuztabelle: Zusammenhang zwischen der Existenz von Freunden und Bekannten unter den Wikipedianern und dem Nachdenken über ein Einstellen der Mitarbeit (Variablen dichotomisiert)
Bei der Betrachtung der Tabelle fällt zunächst kein Zusammenhang zwischen den beiden
Variablen auf: sowohl die Personen, die keine Freunde oder Bekannte haben als auch
diejenigen mit Freunden oder Bekannten denken eher selten über ein Einstellen der
Mitarbeit nach. Der Zusammenhang scheint aber anders herum zu sein als erwartet:
betrachtet man die Spaltenprozentwerte, dann denken die Befragten ohne Freunde und
Bekannte unter den Wikipedianern sogar häufig seltener über ein Einstellen der Mitarbeit
nach als diejenigen mit Freunden oder Bekannten in der Community. Der Zusammenhang
ist aber nicht stark: die Prozentsatzdifferenz beträgt nur 10,46 Prozentpunkte23
, was auf
einen Zusammenhang von geringer bis mittlerer Stärke hinweist. Das positive Vorzeichen
bedeutet, dass Personen, die keine Freunde unter den Wikipedianern haben, eher selten
über ein Einstellen der Mitarbeit nachdenken, während Personen mit Freunden und
Bekannten das häufiger tun.
Da das erhaltene Ergebnis den erwarteten Resultaten widerspricht und kaum eine
sinnvolle Erklärung zulässt, wird eine dritte Variable in die Analyse mit einbezogen: die
Zeit, die der Mitarbeit wöchentlich gewidmet wird. Das Ergebnis ist in der folgenden
Kreuztabelle dargestellt:
23
Berechnung:
18 16 34
72,0% 61,5% 66,7%
7 10 17
28,0% 38,5% 33,3%
25 26 51
100,0% 100,0% 100,0%
Anzahl
% v on Wikipedianer im
Freundeskreis
Anzahl
% v on Wikipedianer im
Freundeskreis
Anzahl
% v on Wikipedianer im
Freundeskreis
selten
häuf iger
Einstellen der
Mitarbeit
Gesamt
keine
Freunde
mind. 1
Freund
Wikipedianer im
Freundeskreis
Gesamt
25
Tabelle 24: Partialtabellen: Vorhandensein von Freunden und Bekannten und Nachdenken über ein Einstellen der Mitarbeit unter der Bedingung eines hohen oder niedrigen Zeitaufwands für die Mitarbeit (Variablen dichotomisiert)
Auch hier werden für die Kreuztabellen die Prozentsatzdifferenzen berechnet. Für die
Personen mit einem wöchentlichen Zeitaufwand von weniger als 10 Stunden ergibt sich
dabei ein Wert von 26,4 Prozentpunkten24
, für die Personen, die der Mitarbeit 10 Stunden
und mehr widmen, ergeben sich -8,92 Prozentpunkte25
.
Der Zusammenhang scheint sich mit dem der Mitarbeit gewidmeten Zeitaufwand also
umzukehren: für die Personen, die wöchentlich weniger als 10 Stunden mit der Mitarbeit
verbringen, gibt es einen starken Zusammenhang zwischen den Bekannten unter den
Wikipedianern und dem Nachdenken über ein Einstellen der Mitarbeit dahin gehend, dass
Personen ohne Freunde oder Bekannte eher selten über ein Einstellen der Mitarbeit
nachdenken. Für Personen, die 10 Stunden oder mehr mit der Mitarbeit verbringen, gibt es
dagegen einen geringen Zusammenhang zwischen den beiden Variablen, der so aussieht,
dass Personen, die unter den Wikipedianern Freunde oder Bekannte haben eher seltener
über ein Einstellen der Mitarbeit nachdenken.
24
Berechnung:
25 Berechnung:
13 6 19
76,5% 50,0% 65,5%
4 6 10
23,5% 50,0% 34,5%
17 12 29
100,0% 100,0% 100,0%
5 10 15
62,5% 71,4% 68,2%
3 4 7
37,5% 28,6% 31,8%
8 14 22
100,0% 100,0% 100,0%
Anzahl
% v on Wikipedianer
im Freundeskreis
Anzahl
% v on Wikipedianer
im Freundeskreis
Anzahl
% v on Wikipedianer
im Freundeskreis
Anzahl
% v on Wikipedianer
im Freundeskreis
Anzahl
% v on Wikipedianer
im Freundeskreis
Anzahl
% v on Wikipedianer
im Freundeskreis
selten
häuf iger
Einstellen
der Mitarbeit
Gesamt
selten
häuf iger
Einstellen
der Mitarbeit
Gesamt
Wöchent-
licher
Zeitauf wand
Weniger als
10 Stunden
10 Stunden
und mehr
keine
Freunde
mind. 1
Freund
Wikipedianer im
Freundeskreis
Gesamt
26
Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass Personen, die ihrer Mitarbeit viel Zeit
widmen, möglicherweise durch Kontakte zu anderen Wikipedianern stärker im Projekt
verwurzelt sind und seltener über ein Einstellen der Mitarbeit nachdenken.
Für Personen, die der Mitarbeit weniger Zeit widmen, scheint dieser Zusammenhang
genau anders herum zu verlaufen: sie denken seltener über ein Einstellen ihrer Mitarbeit
nach, wenn sie keine Kontakte innerhalb der Community haben. Das lässt sich
möglicherweise dadurch erklären, dass in diese Gruppe auch die Personen fallen, die nur
gelegentlich kleinere Fehler verbessern, die ihnen bei der Nutzung der Online-
Enzyklopädie auffallen. Diese Personen haben vermutlich kaum Kontakte zu anderen
Wikipedianern. Da ihre Mitarbeit aber eher nebenbei stattfindet, denken sie auch kaum
über ein Einstellen der Mitarbeit nach. Diese Erklärung kann dadurch bekräftigt werden,
dass die Prozentsatzdifferenz für Personen, die sich ausschließlich mit dem Verbessern von
Fehlern beschäftigen, bei 33,33 Prozentpunkten liegt und damit höher ist als bei der
Betrachtung aller Fälle.
3.2 Zeiteinschätzung und Einstellen der Mitarbeit
Der nächste Aspekt, der untersucht wird, bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen
der individuellen Einschätzung des Zeitaufwands, der der Mitarbeit gewidmet wird, und
der Häufigkeit des Nachdenkens über ein Einstellen der Mitarbeit. Herausgefunden werden
soll damit, ob eher diejenigen Personen häufiger über ein Einstellen der Mitarbeit
nachdenken, die Wikipedia viel Zeit widmen oder diejenigen, die weniger engagiert sind.26
Das Ergebnis ist in Tabelle 25 dargestellt.
26
Für die Kreuztabelle wird die Einschätzung des Zeitaufwands gewählt und nicht die wöchentlich mit der Mitarbeit verbrachte Zeit, da ein wöchentlicher Zeitaufwand von beispielsweise 15 Stunden für einen in Vollzeit erwerbstätigen eine andere Bedeutung hat als für einen Studenten oder eine nicht erwerbstätige Person.
27
Tabelle 25: Kreuztabelle: Einschätzung der aufgewandten Zeit und Nachdenken über das Einstellen der Mitarbeit (Variablen dichotomisiert)
Den Spaltenprozentwerten der Tabelle ist zu entnehmen, dass hauptsächlich diejenigen,
die der Mitarbeit bei Wikipedia ihrer Ansicht nach viel Zeit widmen, eher selten über ein
Einstellen der Mitarbeit nachdenken. Genauere Informationen über die Stärke des
Zusammenhangs bietet auch in diesem Fall die Prozentsatzdifferenz, die hier -15,27
Prozentpunkte beträgt27
. Es gibt also einen Zusammenhang mittlerer Stärke zwischen den
beiden Variablen: Leute, die ihren Zeitaufwand höher einschätzen denken seltener darüber
nach, ihre Mitarbeit einzustellen, während Personen mit einem niedriger eingeschätzten
Zeitaufwand das häufiger tun.
Eine mögliche Erklärung hierfür bietet einer der Befragten, der von einem
„Suchtcharakter [der Mitarbeit spricht, der] durch soziale Bindungen“ hervorgerufen wird.
Demnach stiege mit einer höheren Zeitinvestition in die Mitarbeit also auch die
Einbindung in das Projekt, wodurch die Beteiligten auch seltener darüber nachdenken, das
Projekt zu verlassen.
3.3 Bekannte Wikipedianer und Ausbildungsabschluss
Der nächste untersuchte Zusammenhang bezieht sich auf das Verhältnis zwischen dem
Vorhandensein von Freunden und Bekannten unter den Wikipedianern und dem höchsten
erzielten Ausbildungsabschluss. Die dazugehörige Kreuztabelle ist im Folgenden dar-
gestellt:
27
Berechnung:
12 21 33
57,1% 72,4% 66,0%
9 8 17
42,9% 27,6% 34,0%
21 29 50
100,0% 100,0% 100,0%
Anzahl
% v on Einschätzung
Zeitauf wand
Anzahl
% v on Einschätzung
Zeitauf wand
Anzahl
% v on Einschätzung
Zeitauf wand
selten
häuf iger
Einstellen der
Mitarbeit
Gesamt
Wenig Zeit Viel Zeit
Einschätzung
Zeitauf wand
Gesamt
28
Tabelle 26: Kreuztabelle: Vorhandensein von Freunden und Bekannten unter den Wikipedianern und höchster Ausbildungsabschluss (Variablen dichotomisiert)
Schon beim Betrachten der Spaltenprozentwerte wird deutlich, dass ein höherer
Ausbildungsabschluss anscheinend einen positiven Effekt auf die Anzahl der Freunde und
Bekannten hat. Die Berechnung der Prozentsatzdifferenz bestätigt das noch: hierfür ergibt
sich ein Wert von 22,53 Prozentpunkten28
, was auf einen mittelstarken Zusammenhang
hinweist. Personen mit einem niedrigeren Ausbildungsabschluss haben dem entsprechend
eher keine Freunde oder Bekannten unter den Wikipedianern, während das bei Personen
mit hoher Bildung eher zutrifft.
In Kapitel 3.1 dieser Arbeit wurde bereits festgestellt, dass Personen mit Freunden oder
Bekannten unter den Wikipedianern eher selten darüber nachdenken, ihre Mitarbeit
einzustellen. Da die Personen mit mehr Freunden oder Bekannten auch diejenigen mit
einem Hochschulabschluss sind, bieten diese beiden Zusammenhänge auch eine mögliche
Erklärung dafür, dass Akademiker in der Wikipedia stark überrepräsentiert sind: sie haben
mehr Freunde und Bekannte, sind dadurch stärker in der Community verwurzelt und
stellen ihre Mitarbeit deshalb seltener ein als Personen mit einem niedrigeren Abschluss.29
3.4 Andere demographische Angaben
Im Rahmen der Auswertung wurden neben den bereits vorgestellten noch mehrere
andere Kreuztabellen erstellt, für welche die von den Befragten gemachten Angaben zur
28
Berechnung:
29 Ein weiterer, vermutlich wichtigerer Punkt für den Akademiker-Überhang dürfte allerdings sein, dass die
Arbeit bei Wikipedia vor allem Kompetenzen erfordert, die erst im Rahmen eines Studiums vermittelt werden, wie beispielsweise Recherche- und Schreibkompetenz. Die stärkere Verwurzelung in der Community kann diesen Zusammenhang allerdings verstärken.
12 13 25
63,2% 40,6% 49,0%
7 19 26
36,8% 59,4% 51,0%
19 32 51
100,0% 100,0% 100,0%
Anzahl
% v on Höchster
Ausbildungsabschluss
Anzahl
% v on Höchster
Ausbildungsabschluss
Anzahl
% v on Höchster
Ausbildungsabschluss
keine Freunde
mind. 1 Freund
Wikipedianer im
Freundeskreis
Gesamt
höchstens
Abitur
mindestens
Hochschul-
abschluss
Höchster
Ausbildungsabschluss
Gesamt
29
Demographie verwendet wurden. Auffällig war dabei, dass diese kaum einen Einfluss auf
die inhaltlichen Angaben ausübten.30
Für Wikipedia gilt also wie für viele andere Bereiche des Internets auch, dass es egal ist,
wo jemand herkommt oder welche Hintergründe eine Person hat: Wirklich jeder kann ohne
größere Unterschiede in Bezug auf Alter, Herkunft oder Bildung am Aufbau der Online-
Enzyklopädie mitwirken.
4 Zusammenfassung: Die Motivation der Wikipedianer
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es zu ergründen, welche Motive dafür
verantwortlich sind, dass sich eine so große Zahl von Menschen immer wieder dazu
bereitfindet, den Aufwand auf sich zu nehmen am Auf- und Ausbau der Online-
Enzyklopädie Wikipedia mitzuwirken. Da sich hierfür unter den klassischen soziolo-
gischen Theorien zur Entstehung von Handeln und Kooperation keine übertragbaren
Theorien finden lassen wurde zur Lösung des Problems ein empirischer Ansatz gewählt:
aktive Wikipedianer wurden gebeten, online einen Fragebogen auszufüllen. Aus der
Auswertung der erhaltenen Antworten ergaben sich in Bezug auf die Motivation der
Wikipedianer folgende Ergebnisse:
Die Mitarbeit beginnt für die meisten mit Kleinigkeiten: beim passiven Nutzen des
Nachschlagewerks zum Finden von Informationen werden sie auf einen Fehler
aufmerksam und verbessern ihn. Im Lauf der Zeit entwickelt sich daraus für einige von
ihnen dann eine umfassendere Mitarbeit, die sich auch auf andere Bereiche, wie beispiels-
weise das Schreiben von Artikeln oder die Tätigkeit als Administrator, ausweitet. Ebenfalls
häufig begründet sich der Beginn der Mitarbeit aber auch in dem Wunsch, das Projekt
Wikipedia zu unterstützen.
Die nächste Frage die sich stellt ist die, aus welchen Gründen heraus die Wikipedianer
ihre Bearbeitungen weiterführen und den Umfang ihrer Mitarbeit in vielen Fällen sogar
ausbauen. Im Rahmen der durchgeführten Untersuchung ergaben sich mehrere Faktoren,
die das Engagement der Wikipedianer beeinflussen:
30
Für die Variable Geschlecht konnten hierbei keine sinnvollen Zusammenhänge erstellt werden, da die geringe Fallzahl der Frauen (3) das nicht zuließ.
30
Als wichtigster dieser Faktoren erwies sich für die meisten Befragten die Community,
also die Gemeinschaft der Wikipedianer, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des
World Wide Web besteht. Die Community ist für eine große Zahl der Befragten sehr
wichtig, so dass in fast jedem der im Fragebogen enthaltenen Bereiche eine hohe Anzahl
von Nennungen auf sie entfiel: die Befragten sehen in ihr einen der Reize, den die
Mitarbeit ausübt, einen Vorteil der Beteiligung und eine Quelle der Bestätigung, aber auch
einen Ansatzpunkt für Frustration und einen Grund, die Mitarbeit möglicherweise eines
Tages einzustellen.
Die Zusammenarbeit innerhalb der Community ist auch einer der Hauptgründe dafür,
dass die Wikipedianer häufig Rückmeldungen zu ihrer Arbeit erhalten – wobei diese
natürlich auch von Personen außerhalb der Wikipedia kommen können. Die meisten der
Befragten berichteten, dass die erhaltenen Reaktionen überwiegend positiv ausfallen. Das
lässt zwei Interpretationen zu: entweder neigen die Wikipedianer dazu, fast nur positive
Rückmeldungen zu geben, was aber eher unwahrscheinlich ist, da einige der Befragten
auch von negativen Reaktionen berichteten. Wahrscheinlicher ist es daher, dass positive
Reaktionen einen verstärkenden Einfluss auf die Motivation der Wikipedianer haben,
während überwiegend negative Reaktionen dazu führen, dass die betroffenen Personen ihre
Mitarbeit eher einstellen. Hierbei sollte aber auch erwähnt werden, dass die Wikipedianer
allgemein nur selten darüber nachdenken, ihre Mitarbeit einzustellen, und das obwohl –
oder gerade weil – viele der Befragten bereits sowohl bestätigende als auch frustrierende
Erlebnisse hatte.
Ein weiterer positiver Effekt der Community ist, dass sich aus zufälligen Kontakten
während einer Zusammenarbeit auch dauerhafte Bekanntschaften oder sogar
Freundschaften entwickeln können. Über solche Kontakte innerhalb der Community
verfügt etwa die Hälfte aller Befragten. Auch diese Kontakte können sich positiv auf die
Mitarbeit auswirken: für die Befragten, die sich häufiger mit der Mitarbeit an Wikipedia
beschäftigen, gilt, dass Personen mit Kontakten innerhalb der Community seltener über ein
Einstellen der Mitarbeit nachdenken als solche ohne Freunde oder Bekannte unter den
Wikipedianern.
Aber auch für die Personen ohne persönliche Kontakte unter den Wikipedianern gilt,
dass sie seltener über ein Einstellen der Mitarbeit nachdenken, wenn sie dafür mehr Zeit
aufwenden. Für engagierte Wikipedianer scheint also eine Bindung an das Projekt zu
erfolgen, die sich ebenfalls positiv auf die Mitarbeit auswirkt.
31
Abgesehen von den Faktoren, die einen Einfluss auf die Motivation der Wikipedianer
ausüben können, scheint noch interessant, dass die demographischen Hintergründe der
Beteiligten kaum einen Einfluss auf die Mitarbeit haben: Personen mit einem
Hochschulabschluss haben zwar eher Freunde und Bekannte unter den Wikipedianern,
ansonsten ergeben sich aber kaum Unterschiede in den Ergebnissen, die auf demo-
graphische Angaben zurückgeführt werden können.
Die Motivation der Wikipedianer ergibt sich also aus einer Reihe von Faktoren, zu
denen unter anderem die Einbindung in die Community und die bereits vorangegangene
Bindung an das Projekt zählen, die wiederum von vielen anderen Faktoren bestimmt
werden. So ergibt sich ein noch genauer zu untersuchendes Netz verschiedener Aspekte,
deren Zusammenspiel darüber entscheidet, ob eine Person sich aktiv an der Erstellung der
Online-Enzyklopädie beteiligt. Wie den Antworten einiger Befragter zu entnehmen ist
haben die Wikipedianer möglicherweise aber auch einen ganz einfachen Grund für ihre
unermüdliche Mitarbeit: „Das Internet wäre sehr viel ärmer ohne Wikipedia“31
. Und das
wollen sie verhindern.
31
Zitiert aus den Erhebungsdaten
32
Anhang: Literaturverzeichnis
Bücher
Schuler, Günther: Wikipedia inside. Die Online-Enzyklopädie und ihre Community.
UNRAST-Verlag, Münster 2007
Internetquellen
Destatis: Statistisches Bundesamt Deutschland - Bevölkerung, http://www.destatis.de/
jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Zeitreihen/LangeReihen/
Bevoelkerung/Content75/lrbev03a,templateId=renderPrint.psml
GENESIS: Absolventen/Abgänger: Bundesländer, Schuljahr, Geschlecht, Schulabschlüsse,
https://www-genesis.destatis.de/genesis/online
GENESIS: Privathaushalte, Haushaltsmitglieder: Deutschland, Jahre, Gemeindegrößen-
klassen, https://www-genesis.destatis.de/genesis/online
Unbekannt: Wikipedia:Hauptseite - Wikipedia, http://de.wikipedia.org/