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Entstehen in Abhängigkeit IPaticcasamuppâda
Erster Talk in der Mahabodhi Buddhistischen Begegnungsstätte Lindenfels
Christoph Lübbert9. Mai 2009
© 2009 Dr.C.Lübbert - elektronische Weiterverwendung nicht ohne Zustimmung des Autors
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 2
Übersicht über alle Talks
• Vorwort (9.5.09)– Zur Einstimmung und der Sichtweise
• Entstehen in Abhängigkeit I (9.5.09)– Erläuterungen: Abhängigkeiten in der Automatik der „Leiderzeugung“
• Entstehen in Abhängigkeit II (11.5.09)– Praktische Anwendung: Achtsamkeit statt Schuldzuweisungen
• Entstehen in Abhängigkeit III (18.5.09)– Keine Spur hinterlassen: Erste Ahnung, was mit „Unwissenheit“ einerseits
und „Weisheit“ andererseits wirklich gemeint ist.
• Quellen: – Alle Zitate sind dem „Dreikorb“ (Tipitaka ={Suttapitaka, Vinayapitaka, Abhidhamma-
pitaka}), und zwar hauptsächlich aus dem Suttapitaka, dem Korb (pitaka) der Lehrreden (sutta) des Buddha, entnommen. Nummerierung nach PTS
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 3
Übersicht – Verschiedene Stufen der Betrachtung
• Im ersten Talk– beschreiben wir die 12-Glieder der Kette der Bedingten Entstehung;– wie die Bedingtheiten zwischen ihnen zu verstehen sind– und wie diese Konditionalkette wieder und wieder abläuft und damit „automatisch“ immer
wieder alle möglichen Formen des Unfriedens (dukkha) erzeugt wird, wenn die „spirituelle Unwissenheit“ (avijjâ) nicht durchbrochen wird.
– Es ist – zugegeben – zunächst ein etwas trockener Stoff, der aber zum Verständnis des weiteren notwendig ist. Denn die ganze Kette des paticcasamuppâda ist nichts anderes als eine ausführlichere Form der „2. Edlen Wahrheit“ von der Entstehung des dukkha.
• Im zweiten Talk– beschreiben wir erste praktische Ansätze zur Durchbrechung der Konditionalkette „an den
richtigen Stellen“.– Der Schlüssel dazu ist die Achtsamkeit (sati) und das Aufgeben von solchen törichten
Dingen wie Schuldzuweisungen (an die Umstände, an andere oder an uns selbst).– Der Kern dazu ist die Einsicht über die illusionäre „ich-und-Mein“-Vorstellung und ihre
untrennbare Verbindung mit jeder Form des Begehrens (tanhâ).
• Im dritten Talk– beginnen wir zu verstehen, was der Buddha mit „Unwissenheit“ (avijjâ) wirklich meint,– und dass ihr Gegenteil nicht etwa Anhäufung von Wissen (ditthi) im üblichen Sinne ist,
sondern das, was Weisheit (pañña) genannt wird, und was eine notwendige (allerdings nicht hinreichende) Voraussetzung zur Befreiung von dukkha ist.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 4
Vorwort (1) – Leitmotive zur Einstimmung:„Glaubt nichts ohne eigene Prüfung“
Aus dem Kâlâma Sutta, Anguttara Nikaya A.III.66 Die Kâlâmer aus Kesaputta im Land Kosala, von den verschiedensten, widersprüchlichsten Heilspredigern
verwirrt, fragten den Buddha um Rat, was sie glauben sollten. Buddha:
• „Folgt nicht, Kâlâmer, als geoffenbart geltenden Lehren, altehrwürdigen Überlieferungen, der Autorität heiliger Schriften, dem Hörensagen oder der jeweils landläufigen Meinung, reinen Vernunftgründen, Schlüssen aus bloßer Theorie und Logik, einem betörenden Charisma oder der vorgetragenen Größe eines Meisters!“ (Dies richtete sich auch gegen die Autorität der Brahmann, der vedischen Priesterkaste.)
• „Aber wenn ihr selbst in euch versteht: 'Diese Dinge sind heilsam, förder-lich, von den Weisen gepriesen, und, wenn akzeptiert und unternommen, bringen sie allseits Nutzen und Glück', – dann, o Kâlâmer, möget ihr auch dem gemäß handeln.“
• Dabei schloss Buddha ausdrücklich die Haltung gegenüber seiner eigenen Lehre mit ein!
• Welchem monotheistischen Gottesvertreter könnte so etwas je über die Lippen kommen?
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 5
Vorwort (2) – Leitmotive zur Einstimmung: „Ursache und Wirkung“
• Aus SP/KhN/Udâna (Aphorismen) Ud.1.3 (dasselbe auch in VP/Maha-vagga 1.1):
„Wenn dem Erwachten sich der Dinge BildIn der Versenkung, wie sie sind, enthüllt,
Dann schaut er, während alle Zweifel schwinden, Wie Ursache und Wirkung sich verbinden.“
• „Ursache und Wirkung“ ist eine vereinfachte Übersetzung für „Bedingte Entstehung“ (paticcasamuppâda). Sie wird leicht rein „intellektuell & mechanistisch“ verstanden. Daher verwenden wir der Ausdruck „Ursache / Wirkung“ in diesen Talks möglichst wenig.
• „Dann schaut er...“ heißt: er glaubt es nicht nur, sondern er hat es selbst erfahren, er weiß es, er ist sich sicher.
• „In der Versenkung...“ heißt: nur, wenn der normale „Affengeist“ still geworden ist, kann man „schauen“.
• „Der Dinge Bild...sich, wie sie sind, enthüllt“ heißt: Der normale „Affengeist“ macht sich Bilder / Vorstellungen / Begriffe von den Eindrücken und Vorgängen, projiziert sie als „Dinge“ nach außen oder ins eigene Bewusstsein und meint so, „Außenwelt“ und „Innenwelt“ wahr-zunehmen [vgl. M18 – „Honigkuchen-Sutta“]. Aber „wie es wirklich ist“, enthüllt sich nur mit dem stillen Geist.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 6
Vorwort (3) – Leitmotive zur Einstimmung: „Wiedergeburt“ ??
• Buddhas Lehre von der „Bedingten Entstehung“ gehört zur „Zweiten Edlen Wahrheit“, welche die Gründe der Leid-erzeugung (dukkha) klarlegt.
• Diese Lehre wurde und wird von vielen, sowohl östlichen als auch westlichen Exegeten, dazu benutzt, um den Kreislauf der so genannten „Wiedergeburten“ (fälschlich auch „Rein-karnation“ genannt) zu „erklären“.
• Darauf will ich nicht eingehen. Denn es führt zu Missver-ständnissen – und wird im Suttapitaka nirgends ewähnt:
– Für Nichterwachte ist „Wiedergeburt“ nichts als ein Glaubenskonzept, ein Dogma
– entstanden lange vor Buddha und unabhängig von Buddha. – Es gibt uns wenig Hilfe, unser jetziges Leben zu meistern.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 7
Vorwort (4) – Leitmotive zur Einstimmung: „Wiedergeburt“ ??
• Außerdem kommt ein Unkundiger bei diesem Dogma meist in Konflikt mit Buddhas „Anatta-Lehre“ von der Nicht-existenz einer permanenten individuellen „Seele“.
• Die übliche Vorstellung von „Wiedergeburt“ oder auch von „Nicht-Wiedergeburt“ ist, so Buddha, ein Produkt der illusionären aber schwer ausrottbaren „ich-und-mein“ Vorstellung.
– Egal, mit welcher metaphysischen Theorie „Wiedergeburt“ untermauert oder abgeleht wird, fragt der gewöhliche Mensch (wenn überhaupt) nach „seiner“ Wiedergeburt (in Himmel, Hölle oder auf der Erde), ist also dabei in der “ich-und-mein“ Vorstellung!
• Aus dem Samyutta Nikaya S.16.12 zum Beispiel geht klar hervor: – Spekulative Fragen über „was passiert mir nach dem Tode“ gehören nicht zur Lehre
des Tathāgata (so wurde der Buddha auch genannt),
– denn sie sind für den Heilsweg nicht segensreich, nicht förderlich.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 8
Vorwort (5) – Leitmotive zur Einstimmung: „Wiedergeburt“ ??
• Buddha bekämpfte zwar den Wiedergeburtsglauben nicht: – Er verwendete ihn vielmehr geschickt als pädagogisches Mittel in einigen seiner
Lehrreden, besonders vor dem einfachen Volk der Laienanhänger.
• Aber gerade das Auflösen jener „ich-und-mein“-Vorstel-lung (aus der auch der Wiedergeburtsglaube erwuchs) ist das Ziel der ganzen Lehre Buddhas.
• Die Einsicht in die Unbeständigkeit (aniccâ) und in die Substanzlosigkeit (anattâ) alles Entstandenen ist der spirituelle Schlüssel zur Aufhebung dieser ganzen Kette der Leiderzeugung, die in der „Bedingten Entstehung“ (paticcasamuppâda) geschildert wird.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 9
Vorwort (6) – Leitmotive zur Einstimmung: „Unweise Erwägungen“
Zu seinen Bhikkhus (Mönchen) aber äußerte sich der Buddha so:• Aus Majjhima Nikaya, M2, Sabbāsava Sutta („Alle [sabbe] Anwandlungen [asavsa]“):
„... Wer unweise nachdenkt, bei dem entstehen immer neue Anwandlungen (asava) und die alten werden stärker; bei dem, der weise nachdenkt, entstehen keine neuen Anwandlungen und die alten schwinden.“ ...
„... Unweise denkt man: >>War ich in früherer Zeit oder war ich nicht? Was war ich, wie war ich, was wurde ich früher? ... Werde ich künftig sein oder werde ich nicht sein? Was werde ich, wie werde ich künftig sein? Was werde ich werden?<<....“
„... Wer so unweise nachdenkt, verfällt auf eine dieser sechs Theorien: >>Mein Ich ist<< oder >>Mein Ich ist nicht<<, oder >>Mit dem Ich erkenne ich das Ich<< oder >>Mit dem Ich erkenne ich das Nicht-Ich<< oder >>Mit dem Nicht-Ich erkenne ich das Ich<< oder >>Dieses mein Ich, das hier und dort die Folgen böser und guter Taten erlebt, ist unvergänglich<<...“
„... Dies nennt man Theorien-Gestrüpp, Theorien-Sport, Theorien-Fessel. Ins Garn solcher Ansichten geraten, kann ein Unkundiger nicht frei werden von Geburt, Altern, Sterben, von Sorgen, Jammer, Schmerzen, von Kummer und Verzweiflung. Nicht frei vom Übel (dukkha) wird er, sage ich.“
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 10
Vorwort (7) – Bedingte Entstehung „in unserem Kopf“
• Die Lehre von der „Bedingten Entstehung“ kann uns „Unerwachten“ aber zu etwas viel Nützlicherem in unserem jetzigen täglichen Leben dienen:
• Zu durchschauen, wie der tägliche Kreislauf unseres Lebenskampfes in unserem Kopf entsteht und wie er mit eigener Anstrengung, Einsicht und Übung durchbrochen (oder wenigstens heilsam relativiert) werden kann.
• Dies entspricht dem eigentlichen Zweck dieser Lehre, denn sie ist Kern der „Zweiten Edlen Wahrheit“: Der Durchschauung (pariññâ), was der Grund ist für dukkha, für allen Unfrieden, alles menschengemachte geistige Leid.
• Und in ihr liegt auch der Schlüssel dazu, wie dukkha überwunden – im wahrsten Sinne „gegenstandslos“ gemacht – werden kann („Dritte Edle Wahrheit“).
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 11
Vorwort (8) – Bedingte Entstehung „in unserem Kopf“
• Was versuchen wir – alle, die wir manchmal „sitzen“ – zu erreichen?
– Innere Stille.
• Warum wollen wir beim Sitzen in die Stille gehen?– Weil sie uns Abstand gibt von unseren täglichen Problemen. – Sie gibt uns „Kraft“, mit unseren Sorgen, Ängsten, Stress, Ärger, Ablenkungen, kurzen
Vergnügungen usw. zu leben, sie als natürliche Daseinsphänomene zu betrachten. – Mit der Stille wird unser tägliches kleines oder großes „Leid“ (pâli: dukkha) zwar nicht
fortgezaubert, aber wir bekommen eine andere Einstellung zu dukkha. Wir werden souveräner.
• Und wenn es nicht gelingt, in die Stille zu kommen?– Dann haben wir bei einiger Achtsamkeit etwas anderes beim Sitzen gemerkt;– und das ist ebenso wichtig und genau so ein wertvoller Grund, zu meditieren, wie die
glückliche Erfahrung der Stille: – Wir haben bemerkt, wie unser Gehirn „rotiert und rotiert“, wir fühlten uns dem richtig-
gehend ausgesetzt und konnten wenig dagegen machen. Wir wussten einfach nicht, wie diese „Rotation des mind“ abzustellen sei. Nicht wahr?
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 12
Vorwort (9) – Bedingte Entstehung „in unserem Kopf“
• Und schon haben wir die ersten wichtigen Punkte der Lehre von der „Bedingten Entstehung“ berührt:
– Das fortwährende Rumoren unseres Denkapparates, manchmal ganz wider unser Bemühen,
– das Nichtwissen, wie wir mit diesem Rumoren umgehen sollen,– eine erste Ahnung davon, dass damit die Entstehung psychischen Leids zusammenhängt.
• Diese Feststellung gibt uns einen guten Einstieg in die meist formelhaft wiedergegebene Konditionen-Sequenz von der „Bedingten Entstehung“:
– Diese trocken anmutende Formel von paticcasamuppâda erklärt einfach, wie aus „Unwissenheit“ (avijjâ) im Geist durch eine natürlich ablaufende Automatik letztendlich Unfrieden / Unfreiheit (dukkha) entsteht. (Talk 1)
– Und sie gibt Hilfen, wie wir Leid mit Durchbrechen dieser Automatik meistern / relativieren können durch langsame Änderung des Bewusstseins. (Talk 2)
– Schließlich wird die volle Einsicht in diese Bedingungsautomatik und die praktische Möglichkeit ihrer Aufhebung eine Sicherheit geben, dass die Befreiung von der „ich-und mein“-Vorstellung Freiheit von dukkha ist – ein tatsächlich stufenweise erreichbares Ziel. (Talk 3)
• Schauen wir uns also die Formel von der „Bedingten Entstehung“ unter diesem Gesichtspunkt genauer an.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 13
Teil I
Bedingte EntstehungAutomatik der Leiderzeugung
„Evameva sabbe sankhârâ aniccâsabbe sankhârâ dukkhâsabbe dhammâ anattâ‘ti“
Dhammapada 277f
„Wahrlich, alle Gebilde sind vergänglich, sind leidbehaftet, alle Dinge sind ohne Substanz“
• Ganz gemäß dem Kâlâma-Sutta fragen wir uns: – Was hat die – aus nur intellektueller Sicht äußerst trivial anmutende – Feststellung, – dass alle Prozesse des Lebens (sankhârâ) vergänglich (aniccâ) und alle Dinge (dhammâ)
substanzlos (anattâ) seien, – mit der Erzeugung aller möglichen Formen des „Leids“ (dukkhâ) zu tun? – Und wo liegt dabei die Automatik?
• Das wollen wir in Buddhas Terminologie im 1.Talk untersuchen.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 14
Sutta Nipata Snp.III,12:
„Was da irgend an Leiden entsteht, alles das ist durch
Nichtwissen bedingt.
Eben durch des Nichtwissens restlose Vernichtung und Aufhebung
kommt es nicht mehr zur Entstehung des Leidens.“
I (1) – Kürzeste Fassung von paticcasamuppâda
avijjaVerblendung
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
aniccaVergänglich,prozesshaft
anattaSubstanzlos,ohne „Selbst“,
leer
Zweite Edle Wahrheit
Dritte Edle Wahrheit
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 15
Sutta Nipata Snp.III,12: 'Was da irgend an Leiden entsteht,
alles das ist durch karmisches Gestalten (sankhāra) bedingt',
das ist die eine Betrachtung. 'Eben durch restlose
Vernichtung und Aufhebung des karmischen Gestaltens
kommt es nicht mehr zur Entstehung des Leidens',
das ist die zweite Betrachtung.
I (2) – paticcasamuppâda, etwas ausführlicher
avijjâVerblendung
sankhâraAbsichten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
aniccaVergänglich,prozesshaft
anattasubstanzlos
ohne „Selbst“leer
anattaSubstanzlos,ohne „Selbst“,
leer
Zweite Edle Wahrheit
Dritte Edle Wahrheit
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 16
„ich und mein“
I (3) – Alle Glieder des Konditionalzyklus
avijjaVerblendung sankhârâ
Geistesaktivitäten,Tatabsichten
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bhavaEntstehen, Reifen
jâtiZutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
aniccaVergänglich,prozesshaft
anattasubstanzlos
ohne „Selbst“leer
anattaSubstanzlos,ohne „Selbst“,
leer
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 17
Pause 1
Pause
Fragen
Aussprache
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 18
„ich und mein“
I (4) – Erläuterung der Glieder
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
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bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Unwissen (über Buddhas selbst erfahrene Weisheit), Verblendung, falsche Ansichten (ditthi) über “ich
und mein und die Welt“
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 19
„ich und mein“
I (5) – Erläuterung der Glieder
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upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
In Unwissenheit erfolgende willensbildende Geistesaktivitäten /
Konzept- & Absichtsbildungen; kurz: „Zusammenbrauungen“
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 20
„ich und mein“
I (6) – Erläuterung der Glieder
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sankhârâGeistesaktivitäten
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bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Sinnesbewusstsein: Der von Unwissenheit geprägte
und von den sankhârâ aufrecht erhaltene dua-listische Geisteszustand
über „ich und mein“ und die „Außenwelt“, mit
Seh-/Hör-/Riech-/Schmeck-/Tast-/Denk-Bewusstsein.
In ihm wird stets eine Subjekt-Objekt-Trennung, eine Trennung zwischen
„Ich“ und „Außenwelt“ wahrgenommen
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 21
„ich und mein“
I (7) – Erläuterung der Glieder
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bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Die 5 „Anhäufungen“ (khandhâ), die nach Buddha ein
menschliches Wesen ausmachen (Körperliches, Wahrnehmung,
Gefühl, Geistesaktivitäten, Bewusstsein)
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 22
„ich und mein“
I (8) – Erläuterung der Glieder
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upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
a) 6 innere âyatana: die 5 Sinnesfähigkei-ten (Seh-,Hör-,Riech-,Schmeck, Tast-fähigkeit) + (als 6. Sinn) die Denk-fähigkeit.b) 6 äußere âyatana: Formen&Farben, Geräusche, Gerüche, Schmeck-, Tast-bares und geistige Anliegen.Mit den âyatana sind also nicht nur die physiologischen Sinnesorgane gemeint
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 23
„ich und mein“
I (9) – Erläuterung der Glieder
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upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Sinnesreiz (1-5) und Erinnerung / Denkreiz(6). Als Prozess: Das Zusammentreffen von äußeren & inneren âyatanâ im Sinnes-bewusstsein (viňňâna). Mit phassa ist nicht nur ein physikalischer Kontakt gemeint
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 24
„ich und mein“
I (10) – Erläuterung der Glieder
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
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upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Spontane (vorbewusste, auto-matische) Bewertung eines Reizes: (+) „das tut mir gut“; (-) „das tut mir nicht gut“; (0) „das interessiert mich nicht / ich weiß nicht“. Nicht zu verwechseln mit dem komplexen deutschen Be-griff „Gefühl“ (womit man eher andere sankhârâ-Komponenten bezeichnen könnte)
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 25
„ich und mein“
I (11) – Erläuterung der Glieder
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sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nama-rupaGeist-Körper-System
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upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Begehren, wörtl. „Durst“. Törichter Wunsch, etwas Erfahrenes haben / sein oder nicht haben / nicht sein zu wollen. – Offenbart die Subjekt / Objekt-Separierung (Nur wenn ich mich getrennt sehe von etwas „Gegenüber“, habe ich Zuneigung dazu bzw. Abneigung dagegen).Tanhâ ist der triebhaft-emotionale Ausdruck von avijjâ.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 26
„ich und mein“
I (12) – Erläuterung der Glieder
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sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nama-rupaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
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upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Sich Aneignen, Ergreifen, Anspruch, Anhaften, Festhalten. In festen Vorsatz verwandeltes tanhâ. Hat sich das einmal festgesetzt, „ist das Kind in den Brunnen gefallen“, die Konsequenzen bis zu dukkha sind so gut wie unumkehrbar!
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 27
„ich und mein“
I (13) – Erläuterung der Glieder
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sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
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upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Werden (auch „Sein“); den Samen legen für eine neue Situation. Insbes.: Festigung der illusionären Ich-und-mein-Vorstellung
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 28
„ich und mein“
I (14) – Erläuterung der Glieder
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
„Geburt“ (nicht nur im biolog. Sinn! Vgl.D15,M38), insbes.:Das wiederholte Zutagetreten der „ich und mein“- Vorstellung, ausge-drückt als „Ich bin das-und-das“ / „Ich habe das-und-das“. Es gibt keine linguistische oder dhammische Rechtfertigung, jâti nur als „Wiedergeburt“ zu übersetzen! [Buddhadasa]
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 29
„ich und mein“
I (15) – Erläuterung der Glieder
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
(wörtl.: „schwer zu er-tragen“) Jammer, Auf-regung, Sorge, Unzufrie-denheit, Frust, Mangel, Verzweiflung, Schmerz. Im engeren Sinn ist dukkha die Qualität des Erlebens, die entsteht, wenn im Geist durch avijjâ die Bedingungen für Verlangen, Anspruch und Egoismus geschaffen wer-den. Da Befriedigung durch Wunscherfüllung, wie jedes bedingt Entstandene nie beständig ist (anicca), führt auch sie spätestens mit ihrem Verschwinden zu dukkha.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 30
„ich und mein“
I (16) – Wie hängen die Glieder zusammen?Erläuterung der Bedingtheiten, A-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Avijjâ-paccayâ sankhârâ:Geistige Blindheit bewirkt alle
möglichen Geistesaktivitäten und Absichtsbildungen, die das „Ich“ zu stärken, zu schützen, zu bestätigen
suchen „A-paccaya B“ bedeutet nicht immer nur das logische „aus A folgt B“, sondern die paccaya-Relation ergibt sich jeweils aus dem Kontext. Daher ist es auch zu einfach, A immer nur als „die Ursache von B“ zu deuten.Fleißige Scholastiker haben im AP sogar 24 Arten von „Bedingtheit“ identifiziert.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 31
„ich und mein“
I (17) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
sankhâra–paccayâ viňňânam:
Als iterative Aktion-Zustand-Relation zu verstehen:
viññâna ist der jeweils resul-tierende, momentane „blinde“ Gesamtzustand des Geistes, der durch sankhârâ-Akte fort-
während genährt und ver-ändert wird und damit die
Basis für die nächsten sankhârâ-Akte bildet
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 32
„ich und mein“
I (18) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
viňňâna–paccayâ nâma-rûpam:
Dies ist als wechselseitige Bedingtheit zu verstehen; vgl. D15: „So ist denn, Anando, Bewusstsein bedingt durch Geist- & Körperlichkeit, und umgekehrt...“. Also: ohne
nâma-rûpa kein viññâna, ohne viññâna kein nâma-rûpa Diese wechselseitige
Bedingtheit geht auch aus S.12.65 und S.12.67 hervor.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 33
„ich und mein“
I (19) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
Ab hier beginnen die Details.nâmarûpa–paccayâ
salâyatanam:Das Körper-Geist-System ist
naturgemäß zum Überleben in der Welt mit diesen 6
Fähigkeiten (Sinnesgrund-lagen) ausgestattet.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 34
„ich und mein“
I (20) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
salâyatana–paccayâ phassam:
Die Sinnesgrundlagen sind wie „Automaten“, die dazu
dienen, äußere & innere Erfahrungen zu machen, also
Eindrücke (phassa) zu sammeln
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 35
„ich und mein“
I (21) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
phassa–paccayâ vedanâ:Mit jedem Eindruck/Reiz ist
automatisch eine Bewertung (+/-/0) verbunden, die angibt,
ob sie für das Ego gut / schlecht/ oder irrelevant sei
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 36
„ich und mein“
I (22) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt, Reiz
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
vedanâ–paccayâ tanhâ:Angenehmer Eindruck (+) er-zeugt Verlangen, nach mehr,
nach Wiederholung / Aufrecht-erhaltung. Unangenehmer
Eindruck (-) erzeugt Verlangen nach Vermeidung. Neutraler Eindruck (0) erzeugt meist
Verlangen nach weiterem Reiz
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 37
„ich und mein“
I (23) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
tanhâ–paccayâ upâdânam:Dieses Verlangen will in
einen Anspruch umgesetzt werden! Man klammert sich
daran, man dringt auf Befriedigung
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 38
„ich und mein“
I (24) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anattaupâdâna–paccayâ bhavo: Ergreift / beansprucht man
etwas, so entsteht eine neue Absicht, so tut man etwas
(gedanklich oder physisch) zu seiner Erfüllung: Es entsteht also der Same (bhava) zu
etwas Neuem
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 39
„ich und mein“
I (25) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
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upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
bhava–paccayâ jâti:„Was ihr sähet, werden ihr ernten“. Der Samen geht auf / wird offenbar/
tritt zu Tage / wird „geboren“
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 40
„ich und mein“
I (26) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
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upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
jâti–paccayâ dukkham:„Geburt“ als erfolgreiches oder gescheitertes Resul-tat eines Anspruchs und ausgedrückt als: „Ich bin
das-u-das“ / „Ich habe das-u-das“, führt (im
Negativfall) zu dukkha (Jammer/ Sorge/ Unwillen,
Unzufriedenheit usw.), wenn es den Erwar-
tungen nicht entspricht. Aber auch im Positivfall:
Da der Unwissende nicht wahrhaben will, dass alles Entstandene nie beständig ist (anicca), führt es spä-testens mit seinem Ver-
gehen ebenfalls zu dukkha (Trauer/ Verlust-
gefühl/ Bedauern/ Schmerz, Unzufriedenheit
usw.)
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 41
„ich und mein“
I (27) – Erläuterung der BedingtheitenA-paccaya B („A bedingt B“)
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
anicca anatta
dukkha – avijjâWenn wir aus erfahrener Unzulänglichkeit nichts gelernt haben, bleibt die
Verblendung bestehen, und das ganze geht von vorne
los.Das nennt man „Samsara“
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 42
Pause 2
Pause
Fragen
Aussprache
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 43
I (28) – Was wir nicht weiterverfolgen wollen
• Bevor wir im nächsten Talk die Glieder dieses Kreises weiter untersuchen,
– wollen wir noch einmal klarstellen, was wir dabei nicht weiterverfolgen wollen:– Nämlich, dass die Formel von der „Bedingten Entstehung“ angeblich hauptsächlich zur
„Erklärung der Wiedergeburten“ gut sein solle.– Aber wir müssen das wenigstens erwähnen, weil es von sehr vielen buddhistischen
Exegeten so gesehen wird– und auch von den meisten westlichen nicht-buddhistischen „Indologen / Buddhologen“
kritiklos so übernommen wird.
• Der Bedingungskreis wird dazu in 3 Teile aufgeteilt,– und diese sollen sich angeblich auf 3 aufeinander folgende Existenzen beziehen.
• Nirgendwo im Suttapitaka wird diese Aufteilung erwähnt.• Sie kommt erst in den späteren Kommentaren zum Pâli-Kanon vor,
– Vermutlich zu einer Zeit, als die buddhistischen Scholasten die ursprüngliche Lehre Buddhas nicht mehr verstanden haben.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 44
I (29) – „Exoterische Interpretation“ als Aufeinanderfolge von drei Existenzen im Samsara
avijjâVerblendung
sankhârâTatabsichten
nâma-rûpaGeist-Körper-System
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phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
jâtiZutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
1.Existenz: In Unkenntnis (avijjâ) der wahren Samsara-Verhältnisse entstehen Tatab-sichten (kamma, sânkhârâ), die verblendetes Bewusstsein schaffen.
2.Existenz: Dieses initiiert nach dem Tod eine neue „Per-son“ (nâma-rûpa) in einem Mut-terleib – mit allen „automati-schen“ Lebensfolgen von Kon-takt (phassa) bis zum „Anklam-mern“ (i.S.v. Zeugung).
3.Existenz: Das neue Wesen reift (bhava), wird geboren (jâti) und erfährt wieder dukkha.
1.
2.
3.
viňňânaBewusstsein
bhavaEntstehen, Reifen
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 45
I (30) – „Exoterische Interpretation...“
• Bei dieser Aufteilung fällt sofort erst einmal die Unsymmetrie auf:
– Wenn das (individuelle) dukkha-behaftete Leben im Samsara immer wieder ähnlich abläuft, warum werden in den 3 Teilen nicht die gleichen Faktoren genannt?
– Darüber haben dann die Scholasten in endlosren Abhandlungen spekuliert.
• In den ältesten Suttas des Pâli-Kanon aber wird die „Wieder-geburt“ im Zusammenhang mit der „Bedingten Entstehung“ nur am Rande (und dann meist aus pädagogischen Gründen und vor Laien) erwähnt.
• Sie ist (nachweislich) an manchen Stellen auch erst nachträg-lich in schon bestehende Suttas eingefügt worden.
– Das geht aus Pâli-Ausdrücken hervor, die erst einige Jahrhunderte nach Buddha gebräuchlich wurden.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 46
I (31) – „Exoterische Interpretation ...“
• Besonders auffällig ist das im berühmten Sutta M38 „Vernichtung des Durstes“ im Majjhima Nikaya (Mittlere Sammlung):
– Auf die abweichende Ansicht des Mönchs Sati hin, der Bewusstsein mit einer Art „Seele“ verwechselt,
– „paukt“ der Buddha seinen Bhikkhus noch einmal das paticcasamuppâda ein, und zwar vom den Sinnesgrundlagen über das Anklammern bis zum dukkha.
– Abschließend betont er eindringlich, dass „diese anschauliche Lehre nicht erst nach dem Tode wirksam wird“; dass sie „zum Schauen einlädt; und Weise können sie in sich selbst finden“.
– Danach aber kommt ein zwar viel zitierter, aber erst in späterer Zeit eingefügter Absatz, der in völligem Widerspruch zum Vorausggangenen steht:
– Er erklärt – ganz gemäß dem damals im indischen Volksglauben üblichen Sinn – die Wiedergeburt damit, dass,
– wenn Vater und Mutter sich vereinigen, eine Geburt nur dann zustande kommt, wenn auch der gandhhabba („Engel“) in den Mutterleib fährt.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 47
Mit allen Details(z.T. noch ausführlicher als hier dargestellt, vgl. D15)
Mit einigen Details
Zusammen-fassend
Älteste, häufigste und wichtigste
Teilkette
I (32) – Unterschiedliche Detailstufen, mit denen der Konditionalzyklus in den Lehrreden auftritt
avijjâVerblendung
sankhârâGeistesaktivitäten
viňňânaBewusstsein
nâma-rûpaGeist-Körper-System
salâyatana6 Sinnesgrundlagen
phassaKontakt
vedanâBewertung (+,-,0)
tanhâVerlangen
upâdânaAnklammern
bhavaEntstehen, Reifen
jâtiGeburt, Zutagetreten
dukkhaLeid, Unzufriedenheit
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 48
Ende Teil I
Ich danke Euch sehr.
Wie es weiter geht:
• Bedingte Entstehung II (11.5.09)– Achtsamkeit statt Schuldzuweisungen: Praktische Anwendung von
paticcasamuppâda
• Bedingte Entstehung III (18.6.09)– Keine Spur hinterlassen: Erste Ahnung, was mit „Unwissenheit“ –
und ihrem Gegenteil, „Weisheit“ - wirklich gemeint ist.
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 49
Abkürzungen & Referenzen zum Palikanon (1)
A Anguttara-Nikáya – Angereihte Sammlung (Teil des SP)AP Abhidhamma Pitaka (Korb der Höheren Lehrreden –
scholastische Philosophie, später als Buddha)Abh.S Abhidhammattha-Sangaha D Dígha-Nikáya – Sammlung der längeren Lehrreden (Teil des SP)Dhp Dhammapada Dhs Dhammasanganí It Itivuttaka K Kommentar zum Anguttara-Nikáya (Manorathapúraní) Kath Kathávatthu – strittige Themen (Teil des AP)KhN Khuddaka-Nikâya (Teil des SP)Kom Kommentar M Majjhima-Nikáya – Mittlere Sammlung (Teil des SP)Mil Milinda-Pañhá,MNid Mahá-Niddesa Mv Mahá-vagga (Teil des VP)
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 50
Abkürzungen & Referenzen zum Palikanon (2)
P PâliPatth Patthána Pts Patisambhidá-Magga PTS Pali Text Society, London Pug Puggala-PaññattiSkr Sanskrit S Samyutta-Nikáya – Sammlung der Gruppierten Lehrreden (Teil des SP)SP Suttapitaka (Korb der Lehrreden)SnK Kommentar Buddhagosas zum Sutta-Nipáta (Paramattha- jotiká) Snp Sutta-Nipáta Thag Theragáthá Ud Udána Vibh Vibhanga Vis Visuddhi-MaggaVP Vinayapitaka (Korb der Ordensregeln)Yam Yamaka
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 51
Verwendete Quellen (1)
Einige Lehrreden aus dem Pâli-Kanon zur Bedingten Entstehung:• Sutta Pitaka / Khuddaka-Nikâya / Sutta-Nipáta:
– Snp III,12
• Sutta Pitaka / Majjhimanikaya:– M9 – Rechte Einsicht – M11 – Löwengebrüll (kleines Sutta)– M18 – Honigkuchen Sutta– M38 – Vernichtung des Durstes (großes Sutta)
• Sutta Pitaka / Dighanikaya:– D14 – Mahāpadāna Sutta, Offenbarung – D15 – Mahānidāna Sutta, Abkunft
• Sutta Pitaka / Samyuttanikaya:– S12 – Nidāna-Samyutta – S22 - Khandha-Samyutta
• Vinaya Pitaka / Mahâvagga:– Mv1.1 – am Ufer des Flusses Nerañjara bei Uruvelâ
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 52
Verwendete Quellen (2)
Weitere verwendete Pâli-Text-Quellen:• Sutta Pitaka:
– Majjhima Nikâya, M2, Sabbāsava Sutta („Alle Anwandlungen“)
– Khuddaka Nikâya / Dhammapada (insges. 423 Verse)
– Khuddaka Nikâya / Udâna (Aphorismen) Ud.1.3– Anguttara Nikaya / Kâlâma Sutta, A.III.66
• Pâli Chanting (translated by Ven. Âchârya Buddharakkhita)
– Dhamma Vandanâ
– Sakala Buddhâ pûjâ
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 53
Verwendete Quellen (3)
Übersetzungen von Texten des Pâli-Kanons ins Deutsche:• Tipitaka – der Pâli-Kanon des Therâvada-Buddhismus.
Fast vollständige Sammlung (Deutsch) aller drei Pitakas. Unterschiedliche Übersetzer. Im Internet: http://www.palikanon.de , seit 1998 ca. 2000 HTML-Seiten mit 28.000 URLs u. Fußnoten, implementiert von Wolfgang Greger (Thailand)
• Kurt Schmidt: „Buddhas Reden“Majjhimanikaya – die Lehrreden der Mittleren Sammlung des buddhistischen Pâli-
Kanon. In kritischer, kommentierter Neuübertragung. W. Kristkeitz Verlag, 1989
• Nyânatiloka: „Buddhistisches Wörterbuch“Pâli – Deutsch, Verlag. Beyerlein & Steinschulte; 5. Auflage, 1999
• T.W.Rhys Davids / W. Stede: Pâli-English dictionary– Reprint: Motilal Banarsidass, Delhi 2003
(c) C. Lübbert, 05/2009 Paticcasamuppâda I, V1.0 54
Verwendete Quellen (4)
Verwendete Sekundärliteratur zum Thema:• Anagarika Govinda: „Die Dynamik des Geistes“
Die psychologische Haltung der frühbuddhist. Philosophie u. ihre systematische Darstellung nach der Tradition des Abhidhamma. Verlag O.W. Barth, 1992
• Nyânatiloka: „Das Wort des Buddha“Systemat. Kurz-Übersicht der Lehre; v. Autor ausgewählte u. übersetzte Pâlikanon-Texte. Buddhist. Handbibliothek. Vlg.
Christiani, Konstanz, 1989
• Nyânaponika: „Geistestraining durch Achtsamkeit“Buddhist. Handbibliothek. Vlg. Beyerlein & Steinschulte; 8. Auflage, 2000
• Buddhadasa Bhikkhu (Thailand): „Kernholz des Bodhibaums“Suññata verstehen und leben, 1994Hrsg. der Deutschen Fassung: Buddhistische Gesellschaft München e.V., 1999
• Buddhadasa Bhikkhu (Thailand): „Kalamasutta, hilf!“1988
• Buddhadasa Bhikkhu (Thailand): Anattâ und Jâti• Dhammadûta (Zeitschrift), Jahrgang 10, Nr. 1 – Mai 2006;
Hrsg. Vijayâ (Dr. Helmtrud Rumpf)
• Ajahn Chah (Thailand): A Taste of FreedomSelected Dhamma Talks, - printed in Taipei / Taiwan, 1994