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2 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Impressum
Herausgeber
Organisationsberatungsinstitut Thüringen – ORBIT e. V.
Arvid-Harnack-Straße 1
07743 Jena
www.orbit-jena.de
Telefon: ( + 49) 03641 / 636 99 16
Fax: ( + 49) 03641 / 636 99 17
Verantwortlich
Ines Morgenstern
Kerstin Fieber-Martin
Luzia Rosenstengel-Kromke
Fabian Kötsche
Redaktionsschluss: Juni 2017
Bildnachweis Minister Helmut Holter: Jacob Schröter
Gefördert vom
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport:
Inhalt 3
I N H A L T
Inhalt .............................................................................................................. 3
1 Vorwort .................................................................................................... 5
2 Einleitung – Einordnung des Landesprogramms ........................................... 6
3 Evaluationsdesign .....................................................................................10
3.1 Bestandsanalyse........................................................................................... 12
3.2 Statistikdokumentation der Schulsozialarbeiter/innen ................................ 12
3.3 Sachberichte der Jugendämter 2013 - 2015 .................................................. 13
3.4 Befragungen der Schulsozialarbeiter/innen, der an der Schule Tätigen und
der Träger der schulbezogenen Jugendsozialarbeit ................................................ 13
3.5 Dokumentation der Vor-Ort-Besuche .......................................................... 14
4 Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) ................ 15
4.1 Personal ....................................................................................................... 15
4.1.1 Fachkräftegebot .................................................................................... 15
4.1.2 Beschäftigungsverhältnisse – Befristung und Beschäftigungsumfang .. 18
4.1.3 Beschäftigungsverhältnisse – Personaldichte ....................................... 23
4.2 Finanzierung ................................................................................................ 27
4.2.1 Personalkostenfinanzierung .................................................................. 27
4.2.2 Sachmittelfinanzierung ......................................................................... 30
4.2.3 Finanzielle Absicherung in Thüringen .................................................... 31
4.3 Raumausstattung und Materialien ............................................................... 33
4.4 Kooperation ................................................................................................. 36
4.4.1 Kooperationsvereinbarungen ................................................................ 36
4.4.2 Kooperationsstrukturen ........................................................................ 38
4.5 Qualitätssicherung und -entwicklung ........................................................... 45
4.5.1 Standortspezifische Konzeptionen und Qualitätsreflexion ................... 45
4.5.2 Dokumentation und Sachberichterstattung .......................................... 47
4.5.3 Selbstevaluation .................................................................................... 48
4.5.4 Fortbildungen ........................................................................................ 48
5 Leistungen der Schulsozialarbeit (outputs) ................................................. 52
5.1 Arbeit mit einzelnen jungen Menschen ........................................................ 53
5.2 Arbeit mit Schüler/innengruppen ................................................................. 57
4 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
5.3 Krisenintervention ........................................................................................ 59
5.4 Arbeit mit Eltern und Sorgeberechtigten ..................................................... 60
5.5 Arbeit mit im Schulkontext Tätigen ............................................................. 62
5.6 Zusammenarbeit mit Partnern/innen in der Bildungslandschaft .................. 63
6 Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) ............................................ 66
6.1 Kinder- und Jugendliche ............................................................................... 67
6.1.1 Förderung von Sozialkompetenz........................................................... 70
6.1.2 Förderung der Selbstkompetenz ........................................................... 72
6.2 Eltern ............................................................................................................ 74
6.3 Institution Schule ......................................................................................... 76
6.3.1 Entfaltung sozialpädagogischer Sicht- und Handlungsweisen .............. 76
6.3.2 Unterstützung an der Schule tätiger Personen ...................................... 79
6.3.3 Einflüsse auf das System Schule (Schulqualität) .................................... 81
7 Wirkungen auf gesellschaftlicher Ebene (Impacts) ...................................... 86
7.1 Schulsozialarbeit als Funktionsbereich des Sozialstaates ............................. 86
7.2 Ziel: eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeiten ....... 87
7.3 Wirkungen in den Sozialraum ....................................................................... 89
8 Abschließende Bewertung und Handlungsempfehlungen ........................... 90
8.1 Programmebene .......................................................................................... 90
8.1.1 Bedarfsdeckung und politische Weichenstellung .................................. 91
8.1.2 Rahmenbedingungen für Schulsozialarbeit weiterentwickeln .............. 92
8.1.3 Schulsozialarbeit braucht Kooperationen ............................................. 96
8.1.4 Qualitätsentwicklung als fortlaufender Prozess .................................... 98
8.2 Zielerreichung ............................................................................................ 100
8.2.1 Auf der Ebene der Kinder und Jugendlichen ........................................ 101
8.2.2 Auf der Ebene der Eltern und Personensorgeberechtigten ................. 102
8.2.3 Auf der Ebene der an der Schule Tätigen ............................................ 102
Abbildungsverzeichnis ................................................................................... 103
Tabellenverzeichnis ....................................................................................... 105
Literaturverzeichnis ...................................................................................... 106
Internetquellen ............................................................................................. 109
Stellungnahme des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport ....... 110
Vorwort 5
1 V O R W O R T
„Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen“
Sehr geehrte Damen und Herren,
schulbezogene Jugendsozialarbeit ist
seit einigen Jahren ein fester Bestandteil
an vielen unserer Schulen. Es war daher
an der Zeit, die Arbeit evaluieren zu
lassen. Der Bericht des
Organisationsberatungsinstituts ORBIT
e. V. liegt nun vor.
Wir können dankbar feststellen, mit welchem Engagement die Schulsozial-
arbeiterinnen und Schulsozialarbeiter tätig sind. Sie stehen in regem Kontakt mit den
Lehrerinnen und Lehrern und tragen ihren Teil zum Gelingen des Bildungs- und
Erziehungsauftrags der Schule bei.
Die nun vorliegenden Ergebnisse bestätigen jene Erfahrungen, die mit der
Bestandsanalyse 2014 gemacht werden konnten. Sie lassen aber auch erkennen, dass
immer wieder an den Bedingungen und Anforderungen der Schulsozialarbeit
gearbeitet werden muss. Dazu lade ich alle ein, die in diesem wichtigen Arbeitsfeld
der Jugendhilfe tätig sind, damit wir auch in Zukunft der Herausforderung, eine
förderliche Bildungskultur zu gestalten, gerecht werden.
Ihr
Helmut Holter
Thüringer Minister für Bildung, Jugend und Sport
6 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 1 Wortwolke zum Begriffsdschungel
2 E I N L E I T U N G – E I N O R D N U N G D E S L A N D E S P R O G R A M M S
Mit schulbezogene
Jugendsozialarbeit werden in
Thüringen Angebote der
Jugendhilfe im Lern- und
Lebensraum Schule bezeichnet.
Dieser durch den 12. Kinder- und
Jugendbericht 1 als Oberbegriff
eingeführte Terminus soll den
besonderen Bezug zur
Jugendhilfe verdeutlichen. In der
Fachliteratur als auch in der
Förderpolitik der verschiedenen
Bundesländer werden zumeist
synonym unterschiedliche
Begrifflichkeiten für dieses Feld verwendet. Schulsozialarbeit 2 ist dabei
deutschlandweit der verbreitetste Begriff.
Unter verschiedenen Begrifflichkeiten hat die Schulsozialarbeit in Thüringen eine
vergleichsweise lange Tradition. Nach der politischen Wende kam es nicht nur im
Schul- sondern auch im Jugendhilfesystem zu einer umfangreichen Neuorganisation.
Schulsozialarbeit gab es zuvor nicht, dafür aber vielfältige Freizeitmöglichkeiten.
Daher verwundert es auch nicht, dass nach dem gesellschaftlichen Umbruch und der
Auflösung der Freizeitstrukturen in den Schulen und im Umfeld, der Ruf nach
„Freizeitpädagogik“ an Schule laut wurde. Über verschiedene Maßnahmen des
zweiten Arbeitsmarktes beantragten viele Schulen bzw. Schulfördervereine Projekte
zur Verbesserung der Freizeitangebote an den Schulen. Meist arbeiteten auf diesen
Stellen für 1 bis 3 Jahre Personen, die nicht aus dem pädagogischen Kontext
stammten. Schülercafés und Bibliotheken entstanden.
1993 initiierte der Freistaat Thüringen das erste zeitlich befristete Landesprogramm in
diesem Arbeitsfeld: Jugendarbeit an Thüringer Schulen. 1994 wurden die ersten
Sozialpädagogen/innen in Thüringer Schulen eingestellt und begleitend qualifiziert.
Konzepte für dieses Arbeitsfeld gab es in den wenigsten Kommunen. Erst im Laufe
der Zeit entwickelten einige Gebietskörperschaften Rahmenkonzepte für die
Schulsozialarbeit.
1 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005): Zwölfter Kinder- und Jugendbericht. Bericht
über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Berlin, S. 407. 2
In diesem Bericht werden die Begriffe schulbezogene Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit synonym verwendet.
Einleitung – Einordnung des Landesprogramms 7
Gefördert durch das Land Thüringen entstand 1999 das Modellprojekt „Sozialarbeit
an berufsbildenden Schulen in Thüringen“. Dieses Programm endete 2004.
Einige Jahre gab es keine explizite Landesförderung für dieses Arbeitsfeld, wohl aber
die Möglichkeit, Schulsozialarbeit über die Jugendpauschale des Landes zu
finanzieren. Im Diskurs um Zuständigkeiten zwischen Jugendhilfe und Schule
schieden sich die Geister. Einzelne Jugendämter bauten dieses Arbeitsfeld auch ohne
landesseitige Unterstützung weiter aus, andere verzichteten vollständig auf Angebote
der Jugendhilfe dieser Art an Schulen.
2003 beschloss der Thüringer Landesjugendhilfeausschuss die „Fachlichen
Empfehlungen zur Schulsozialarbeit“, welche im Jahr 2014 fortgeschrieben wurden. 3
Im Koalitionsvertrag 2009 wurde formuliert: „Die Koalitionspartner streben im
Einvernehmen mit den Kommunen eine Öffnung der beiden Systeme Schule und
Jugendhilfe zur nachhaltigen Stärkung der Schulsozialarbeit an.“4 „Beide Seiten
stimmen darin überein, eine bedarfsgerechte Förderung der Schulsozialarbeit im
Rahmen eines spezifischen Landesprogrammes anzustreben. Die Durchführung soll
zur besseren Vernetzung der beiden Leistungssysteme „Schule und Jugendhilfe“ bei
Trägern der Jugendhilfe liegen.“5 Auf der Grundlage der durch das Bildungs- und
Teilhabepaket zur Verfügung gestellten Mittel entstand im Jahr 2013 das
Landesprogramm „Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen“. Mithilfe dieses
landesseitig finanzierten Programms sollten ca. 200 Stellen an Schulen etabliert und
gefördert werden.
Seit 01.07.2013 ist das Landesprogramm in Kraft getreten und wird in allen 23
Gebietskörperschaften umgesetzt.
Die rechtliche Verortung der schulbezogenen Jugendsozialarbeit in Thüringen ist
entsprechend der Richtlinie als eine besondere Form der Jugendsozialarbeit im § 13
Absatz 1 in Verbindung mit § 82 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und
Jugendhilfe (SGB VIII) zu sehen. So soll die Kooperation zwischen Jugendhilfe und
Schule gemäß § 81 SGB VIII, § 14 Absatz 4 und 19 Thüringer Kinder- und Jugendhilfe -
3
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): Fachliche Empfehlungen Schulbezogene Jugendsozialarbeit. Landesjugendhilfeausschuss, Beschluss Nr. 125/14 vom 08. Dezember 2014. 4
Vereinbarung zwischen Christlich Demokratischer Union (CDU) Landesverband Thüringen und Sozialdemokratischer Partei Deutschlands (SPD) Landesverband Thüringen über die Bildung einer Koalitionsregierung für die fünfte Legislaturperiode des Thüringer Landtages (2009): Starkes Thüringen – innovativ, nachhaltig, sozial und weltoffen. Erfurt, S. 23. 5 Ebenda, S. 33.
8 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Ausführungsgesetz (ThürKJHAG) sowie §§ 2 Absatz 3, 11 und 55a Absatz 1 Thüringer
Schulgesetz verwirklicht werden.6
Durch das Thüringer Landesprogramm „Schulbezogene Jugendsozialarbeit“ sollen die
folgenden Ziele erreicht werden:
a) „Die Förderung der individuellen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen –unter
Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen –, indem
Maßnahmen angeboten werden, in denen Schülerinnen und Schüler über das schulische Angebot
hinaus ihre Fähigkeiten entfalten, Anerkennung erfahren und soziale Prozesse gestalten können.
b) Soziale Benachteiligungen, individuelle Beeinträchtigungen und strukturelle Nachteile sollen
abgebaut werden, indem der Ausgrenzung und den Risiken des Scheiterns in der Schule
entgegengewirkt wird. Schülerinnen und Schüler werden bei der Entfaltung ihrer Stärken, dem
Erschließen ihrer Ressourcen und bei der Entwicklung von Lebensperspektiven unterstützt.
c) Beratung von Lehrkräften und Eltern, indem die sozialpädagogische Sicht- und Handlungsweise
in die Schule eingebracht und somit eine Verbesserung der Brückenfunktion zwischen den
Sozialisationsinstanzen Jugendhilfe, Schule und Familie erreicht wird.
d) Junge Menschen sollen in die Lage versetzt werden, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen
und zur Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur
Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen befähigt werden.“7
Ferner werden in der Richtlinie quantitative Indikatoren zur Zielerreichung formuliert,
die sich auf die Anzahl der in der schulbezogenen Jugendsozialarbeit tätigen
Beschäftigten, die Nutzung der Angebote der Einzelfallhilfe, der sozialpädagogischen
Gruppenarbeit, Krisenintervention und der Angebote für Eltern und an der Schule
Tätige beziehen.
Entsprechend dem aktuellen Koalitionsvertrag von 2014 soll das Landesprogramm
„auf der Grundlage der Ergebnisse einer Evaluation und unter Beachtung
professioneller Standards“ weiterentwickelt und verstetigt werden.8
Seit der Etablierung des Landesprogramms hat das Organisationsberatungsinstitut
Thüringen – ORBIT e.V. die fachliche Begleitung inne. Im Rahmen dieser werden die
Akteure durch Beratung, Fortbildung und wissenschaftliche Untersuchungen
unterstützt.
Der hier vorliegende Bericht bündelt die Ergebnisse aus drei Jahren
Evaluationsforschung in Thüringen und setzt diese ins Verhältnis mit bundesweiten
6 Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016): Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen an
örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Vorhaben der schulbezogenen Jugendsozialarbeit vom 16. Juni 2016. Erfurt, S. 1. 7 Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016): S. 1.
8 Koalitionsvertrag zwischen den Parteien DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die 6. Wahlperiode des
Thüringer Landtags (2014): THÜRINGEN GEMEINSAM VORANBRINGEN – DEMOKRATISCH, SOZIAL, ÖKOLOGISCH. Erfurt, S. 47.
Einleitung – Einordnung des Landesprogramms 9
Entwicklungen. Die hier vorliegenden Ergebnisse sollen dazu dienen, die
schulbezogene Jugendsozialarbeit wissenschaftlich fundiert weiterzuentwickeln.
10 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
3 E V A L U A T I O N S D E S I G N
Die vorliegende Evaluation des Thüringer Landesprogramms schulbezogene
Jugendsozialarbeit untersucht die Wirkungen desselben. Das Ziel ist es,
herauszufinden, welche Wirkungen durch das Landesprogramm erzielt werden. Um
Wirkungen zu analysieren, ist es ratsam, sich diesen entsprechend der gesetzten Ziele
und Wirkungslogiken zu nähern. Eines der verbreitetsten Modelle der Wirkungslogik
ist das „Logische Modell“ oder die „Wirkungskette“, welches für die meisten Ansätze
nutzbar ist. Dieses Modell wird für die hier angestellte Wirkungsanalyse zugrunde
gelegt. 9
Inputs bezeichnen alle Ressourcen, die für die Umsetzung des betrachteten
Landesprogramms notwendig sind und eingesetzt werden. Dies umfasst sowohl
finanzielle als auch personelle Ressourcen. Investitionen sind gleichsam zu
berücksichtigen. Unter Outputs sind alle Leistungen zu verstehen, die durch die
Schulsozialarbeiter/innen erbracht und durch die Zielgruppen genutzt werden.
Außerdem kann die Zufriedenheit der Zielgruppen mit den genutzten Leistungen
unter Outputs subsummiert werden. Die Intention ist, dass erst Entwicklungen bei der
Zielgruppe angestoßen werden können, wenn das Angebot für sie nützlich ist. Die
9 vgl. Kurz, Bettina/Kubek, Doreen (2013): Kursbuch Wirkungen. Das Praxishandbuch für alle, die Gutes noch besser
tun wollen. PHINEO gAG. Berlin. S. 33 ff.
Outputs
Leistungen
Das, was getan und
angeboten und wer
damit erreicht wird.
Outcomes
Wirkungen auf
Ebene der
Zielgruppe
Das, was bei der
Zielgruppe durch
die Arbeit bewirkt
werden soll.
Impact
Wirkungen auf
gesellschaftlicher
Ebene
Das, wozu auf
gesellschaftlicher
Ebene mit der
Arbeit beigetragen
wird.
Inputs
Ressourcen
Das, was
investiert
wird.
Abbildung 2 Logisches Modell nach Kurz & Kubek (2013)
Evaluationsdesign 11
Zufriedenheit bildet die Basis, um Wirkungen bei der Zielgruppe zu erzielen. Sie ist
somit eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für das Erzielen von
Wirkungen. Ferner lassen sich die eingesetzten Ressourcen in einen direkten
Zusammenhang mit den Leistungen bringen. So kann die Leistung beispielsweise von
der verfügbaren Arbeitszeit abhängig sein.
Auf den Ebenen der Outcomes und Impacts ist von Wirkungen zu sprechen. Outcomes
sind Wirkungen bzw. positive Veränderungen, die auf der Ebene der Zielgruppen
durch die geförderten Angebote der schulbezogenen Jugendsozialarbeit erzielt
werden (sollen). Dabei unterscheidet man unterschiedliche Ebenen der
Wirkungserzielung. Es können unter anderem positive Veränderungen des Wissens,
der Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Einstellungen erzielt werden. Die Veränderungen
des Handelns oder Verhaltens sind auf einer weiteren Ebene verortet. Die dritte Ebene
betrachtet erwünschte Veränderungen in Bezug auf die Lebenslage der Zielgruppe,
beispielsweise die Verbesserung der sozialen Situation. Für die Wirkungsanalyse der
Schulsozialarbeit in Thüringen wird ferner ein Kompetenzmodell herangezogen,
welches die Veränderungen in den Bereichen Sach-, Methoden-, Sozial- und
Selbstkompetenz in den Fokus stellt und die oben genannten Ebenen aufgreift.
Impacts bezeichnen erzielte Wirkungen auf der Ebene der Gesellschaft. Darunter ist
beispielsweise die Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern und
Jugendlichen generell zu verstehen. Jedoch können diese Wirkungen in den
seltensten Fällen auf die Gesamtgesellschaft übertragen werden, weshalb es sinnvoll
ist, sich auf den zu betrachtenden Ausschnitt zu beziehen. Ein kausaler
Zusammenhang zwischen Outputs und Impacts lässt sich aufgrund weiterer
Möglichkeiten der Einflussnahme oder dem zeitlichen Faktor meist nur schwer
herstellen, da diese meist erst im Zeitverlauf real erkennbar werden.
Im Zuge der Evaluation wurden auf diesen Bestandteilen der Wirkungskette zunächst
Wirkungsannahmen und Wirkungsziele für das Landesprogramm definiert. Die
Grundlagen bilden hierbei die „Thüringer Richtlinie über die Gewährung von
Zuwendungen an örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Vorhaben der
schulbezogenen Jugendsozialarbeit“ vom 16. Juni 2016 10 sowie die „Fachlichen
Empfehlungen zur Schulbezogene Jugendsozialarbeit“11. Ergänzend wurden aktuelle
Richtlinien und Programme anderer Bundesländer zur bundesweiten Einordnung
herangezogen. Darüber hinaus fand die aktuelle Fachdiskussion Berücksichtigung.
Schlussendlich entstanden so Evaluationskriterien bzw. -schwerpunkte, die die
Abhandlungen in den nachfolgenden Kapiteln strukturieren, indem ein normativer
10
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016). 11
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014).
12 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Horizont entfaltet wird. Möglich ist damit ein Abgleich zwischen den an
Schulsozialarbeit insgesamt herangetragenen Anforderungen und Erwartungen und
dem Grad der Erfüllung derselben durch die in Thüringen initiierten Angebote und
damit deren eigentliche Bewertung. Die Datengrundlage dieses Abgleiches ist im
Zuge der fachlichen Begleitung des Landesprogramms durch ORBIT mittels
unterschiedlicher Befragungen in den Jahren 2013-2016 generiert worden. Der
Datenstand bezieht sich ganz überwiegend auf Ende 2015. Auf der Grundlage der
erhobenen Informationen ist jeweils ein separater Teilbericht entstanden. Alle
Teilberichte sind dem vorliegenden Endbericht angehangen:
Bestandsanalyse aus dem Jahr 2014,
Statistikdokumentation der Schulsozialarbeiter/innen der Jahre 2013 bis 2015,
Sachberichte der Jugendämter der Jahre 2013 bis 2015,
Befragung der Schulsozialarbeiter/innen aus dem Jahr 2015,
Befragung der an der Schule Tätigen aus dem Jahr 2015,
Befragung der Träger der Schulsozialarbeit aus dem Jahr 2015,
Dokumentation der Vor-Ort-Besuche aus dem Jahr 2015.
3.1 Bestandsanalyse
2014 führte ORBIT in Kooperation mit dem zuständigen Ministerium eine
Bestandserhebung im Rahmen des Landesprogramms durch. Dazu wurden die im
Programm beteiligten Schulsozialarbeiter/innen und Schulleiter/innen online befragt.
Das Ziel war es, einen Überblick über die Einschätzung der aktuellen
Rahmenbedingungen vor Ort zu erhalten, welche den Schulsozialarbeitern/innen für
die Ausgestaltung ihrer Arbeit zur Verfügung stehen. Zudem erfasste die Erhebung
auch Informationen über die Zusammenarbeit mit schulinternen und -externen
Partnern/innen sowie die Erwartungen an die Tätigkeit der Schulsozialarbeiter/innen.
Die Schulsozialarbeiter/innen wurden gebeten, einen Bogen pro zu betreuender
Schule auszufüllen. An der Mehrzahl der Schulen war zum Befragungszeitpunkt ein/e
Schulsozialarbeiter/in (n=239) tätig, an 15 Schulen zwei und an einer Schule vier
Schulsozialarbeiter/innen. Insgesamt hätten somit 273 Bögen ausgefüllt werden
können. Die Rücklaufquote betrug mit 236 Bögen ca. 86,5 %. Im Rahmen der
Befragung der Schulleiter/innen beteiligten sich insgesamt 121 Personen. Ausgehend
von 254 Schulen betrug die Rücklaufquote 47,6 %.
3.2 Statistikdokumentation der Schulsozialarbeiter/innen
Zu Beginn der fachlichen Begleitung 2013 entwickelte ORBIT ein Berichtsinstrument,
für die Dokumentation der in der Richtlinie aufgeführten Indikatoren. Dies sind die
Beratung von Schülern/innen, die Einzelfallhilfe, die sozialpädagogische
Gruppenarbeit, die Arbeit mit Eltern, Lehrern/innen, Erziehern/innen sowie
Evaluationsdesign 13
sonderpädagogischen Fachkräften, die Gremienarbeit, die Krisenintervention und die
Fort- und Weiterbildung. Erfasst werden hauptsächlich Häufigkeiten (Fälle und
Sitzungen). Dieses Dokumentationsinstrument stellt keine Falldokumentation dar,
sondern lediglich eine statistische Erfassung relevanter Aufgaben. Die örtlichen
Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe stellen die Daten der
Schulsozialarbeiter/innen jahresbezogen zusammen und übermitteln diese dem
zuständigen Ministerium im Rahmen des Verwendungsnachweises. ORBIT wertet
diese Daten im Anschluss jahresbezogen aus. Alle Jugendämter können ihre Daten
ausgewertet bei der fachlichen Begleitung anfordern. Diesem Bericht liegen die Daten
der Jahre 2013 bis 2015 im Vergleich zugrunde.
3.3 Sachberichte der Jugendämter 2013 - 2015
In Absprache mit dem zuständigen Ministerium entwickelte ORBIT außerdem ein
qualitatives Raster zur Dokumentation der Schulsozialarbeit. Jeder Leistungserbringer
erstellt, nach Vorgabe des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe einen
Sachbericht. Der öffentliche Träger der Jugendhilfe fasst diese Berichte entsprechend
des qualitativen Rasters zusammen, sodass schlussendlich 23 Sachberichte pro Jahr
vorliegen. Die Auswertung dieser Berichte durch ORBIT liefert Erkenntnisse über die
Gesamtumsetzung des Landesprogramms in den Jahren 2013 bis 2015.
Themenschwerpunkte sind Bedarfe, Ziele, Arbeitsschwerpunkte,
Zielerreichung/Wirksamkeit, Gründe für das Nichterreichen von Zielen sowie
Steuerung/Qualitätsmanagement.
3.4 Befragungen der Schulsozialarbeiter/innen, der an der Schule Tätigen
und der Träger der schulbezogenen Jugendsozialarbeit
ORBIT näherte sich dem Untersuchungsgegenstand bei dieser Befragung mithilfe
unterschiedlicher methodischer Zugänge. Den Schwerpunkt stellten
Onlinebefragungen der Schulsozialarbeiter/innen, der an der Schule tätigen
Fachkräfte (vor allem Lehrer/innen und Schulleiter/innen) sowie der Träger der
schulbezogenen Jugendsozialarbeit dar. Thematisch lag der Fokus auf den erzielten
Wirkungen. Die Erhebungsinstrumente aller drei Befragungszielgruppen ähnelten
sich, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Erfragt wurden unter anderem
fachliche Schwerpunkte, Kooperationsbeziehungen, Einschätzungen der Wirkungen
sowie Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit.
In die Befragung wurden alle im Landesprogramm tätigen Personen einbezogen. Da
einige Schulsozialarbeiter/innen auch für mehrere Schulen zuständig sind, wurden
diese gebeten, für jede Schule gesondert an der Befragung teilzunehmen. Insgesamt
gingen 158 Fragebögen in die Auswertung ein. Dies entspricht einer Rücklaufquote
von 60,76 %. Im Falle der befragten Akteure der Schulen fand die Auswahl mittels des
14 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
sogenannten Schneeballverfahrens statt. Die Schulleitungen haben den Fragebogen
mit der Bitte um Weiterleitung an das Kollegium erhalten. Insgesamt nahmen 270
Personen in verschiedenen Funktionen an der Befragung teil. Eine Ermittlung der
Rücklaufquote kann bei diesem Verfahren jedoch nicht erfolgen. Nach Bereinigung
der Daten aller eingegangenen Fragebögen konnten die Aussagen von 257 Befragten
herangezogen werden. Von den 77 Trägern im Landesprogramm nahmen 48 an der
Befragung teil. Dies entspricht einem Rücklauf von 62,3 %.
3.5 Dokumentation der Vor-Ort-Besuche
Um ein umfassendes Bild der schulbezogenen Jugendsozialarbeit in Thüringen zu
erhalten, wurde mit Hilfe von Vor-Ort-Besuchen die Tätigkeit der
Schulsozialarbeiter/innen qualitativ betrachtet. Dazu wurden 2015 insgesamt acht
Visitationen durchgeführt. Dabei standen Gespräche mit den Fachkräften, den an der
Schule tätigen Personen wie Lehrern/innen oder Schulleitern/innen sowie den Trägern
im Vordergrund. Die Auswahl der zu besuchenden Projekte erfolgte in Absprache mit
dem zuständigen Ministerium. Die Vor-Ort-Besuche basierten auf dem von ORBIT
entwickelten Beobachtungsinstrument. Die Auswertung erfolgte inhaltsanalytisch.
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 15
4 R A H M E N B E D I N G U N G E N D E R S C H U L S O Z I A L A R B E I T I N
T H Ü R I N G E N ( I N P U T S )
Inputs sind Ressourcen. Bei der Betrachtung derselben steht die Frage im
Vordergrund, welche Ressourcen im Rahmen der Projektumsetzung aufgewendet
wurden und welche Zwecke beziehungsweise Ziele so verfolgt werden. Dabei sind
verschiedene Ressourcen zu unterscheiden und die Fragestellung ist durchaus weiter
auszulegen: Neben personellen sind zeitliche, finanzielle und materielle Ressourcen
ausschlaggebend. Inputs sind in diesem Sinne übersetzbar in die Voraussetzungen,
welche notwendig sind, um ein bestimmtes Angebot zur Verfügung zu stellen. Damit
kommt ihnen eine entscheidende Bedeutung mit Blick auf den Gesamterfolg zu: Fehlt
es bereits an den entsprechenden Ressourcen oder sind diese fehlerhaft/unzureichend
kalkuliert, ist der Erfolg (also die Outputs, Outcomes und Impacts) bereits von Anfang
an gefährdet.12
In der beschriebenen Weise ist es nun fraglich, welche Ressourcen durch den
Fördermittelgeber (Land Thüringen) in das Landesprogramm schulbezogene
Jugendsozialarbeit investiert, welche Ziele und Zwecke verfolgt und in wieweit diese
erreicht worden sind. Der vorliegenden Untersuchung liegen folgende Inputfaktoren
zugrunde:
- Personalaspekte (Qualifikation, Befristung, Personalschlüssel),
- Finanzielle Aspekte (Bezahlung Personal, Fördersumme, Entwicklung),
- Ausstattung und Materialien (Räume, Ausstattung, Zugang zu
Schulinfrastruktur),
- Kooperation und Partnerschaft (Vereinbarungen, Kooperationen, gemeinsame
Konzepte zwischen unterschiedlichen Bereichen der Daseinsvorsorge),
- Qualitätsentwicklung/-sicherung (standortspezifische Konzeptionen,
Reflexionsmöglichkeiten, Fort- und Weiterbildung).
4.1 Personal
4.1.1 Fachkräftegebot
Die Thüringer Richtlinie und die darauf bezogenen fachlichen Empfehlungen äußern
sich in besonderer Weise zum tätigen Personal und damit zur Durchführung des
Landesprogramms. Eine wesentliche Festlegung ist das Fachkräftegebot. Eine
Förderung durch das Land Thüringen kann demgemäß nur erfolgen, wenn die
geförderten Personalstellen mit einschlägig (formal)qualifizierten Mitarbeitern/innen
besetzt sind:
12
Kurz/Kubek (2013): S. 41 ff.
16 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
„Personalausgaben sind nur dann förderfähig, wenn die Beschäftigten sich für die
Aufgabe nach ihrer Persönlichkeit eignen und eine entsprechende fachliche
Ausbildung erhalten haben (Fachkräfte). Zu Fachkräften gehören
Diplomsozialarbeiterinnen/-sozialarbeiter, Diplomsozialpädagoginnen/-
sozialpädagogen, Erziehungswissenschaftlerinnen/Erziehungswissenschaftler und
Diplompsychologinnen/Diplompsychologen. Dies gilt auch für die im Rahmen der
Umsetzung des Bologna-Prozesses entstandenen und mit vorgenannten Abschlüssen
vergleichbaren Bachelor- bzw. Master-Abschlüssen.“13
Die fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen bekräftigen diese Forderung und
verweisen gleichermaßen auf das Fachkräftegebot.14 15
Diese beiden Verordnungen schaffen damit einen ausgeprägten normativen Horizont
mit Blick auf die Formalqualifikationen der Mitarbeiter/innen
(Schulsozialarbeiter/innen).
Landesseitig finanzierte Programme zur Förderung von Schulsozialarbeit, mithin
entsprechende Richtlinien/Empfehlungen finden sich auch in anderen deutschen
Bundesländern. Auch hier zeigt sich, dass entsprechende Anforderungen formuliert
werden, so beispielsweise in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen oder
Baden-Württemberg. In den aktuellen sächsischen Fachempfehlungen heißt es
beispielsweise, dass die in der Schulsozialarbeit tätigen Fachkräfte einen
berufsqualifizierenden sozialpädagogischen Hochschulabschluss vorweisen sollen.16
Die Fördergrundsätze des Landes Baden-Württemberg sehen ebenfalls
sozialpädagogische Hochschulabschlüsse als Regelqualifikation vor.17 Gleiches gilt für
die bayerischen Regularien.18 Die zitierten Empfehlungen gehen über die Thüringer
Maßgabe hinaus, welche, wie beschrieben, die Bandbreite zugelassener
Berufsabschlüsse um nichtsozialpädagogische, aber verwandte Qualifikationen
erweitert (z.B. Erziehungswissenschaftler/innen oder Psychologen/innen).
Auch Speck und Just kommen zu dem Ergebnis, dass mit Blick auf die
Rahmenbedingungen von Schulsozialarbeit den dort Tätigen eine besondere
Bedeutung zukommt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Vorhandenseins einer
grundständigen sozialpädagogischen Ausbildung und den damit einhergehenden
13 Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016): S. 3. 14
Landesjugendhilfeausschuss des Freistaates Thüringen (2013) Fachliche Empfehlungen offene Kinder und Jugendarbeit. Erfurt, S. 15. 15
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport 2014: S. 7, 9. 16
Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (2016): Fachempfehlung zur Schulsozialarbeit im Freistaat Sachsen. Chemnitz, S. 12. 17
Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg (2016): Grundsätze zur Förderung der Jugendsozialarbeit an öffentlichen Schulen. Stuttgart, S. 3. 18
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (2012): Richtlinie zur Förderung der Jugendsozialarbeit an Schulen – JaS. München.
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 17
Kompetenzen und persönlichen Fähigkeiten. 19 Daneben heißt es auch, dass
verwandte pädagogische Berufsabschlüsse, wie eine Ausbildung zum/zur Erzieher/in,
regelmäßig nicht ausreichend sind. Begründet wird dies zum einen mit den
Anforderungen der Tätigkeit/der Zielgruppe und zum anderen mit der notwendigen
Kooperation mit Lehrern/innen und anderen Stakeholdern, die über hochschulisch
erworbene Qualifikationen verfügen.20
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es auf Länderebene übliche Praxis ist,
Anforderungen an die Formalqualifikationen der Mitarbeiter/innen zu stellen,
wodurch regelmäßig sozialpädagogische oder verwandte pädagogische Abschlüsse
zur Voraussetzung werden.
Thüringen weist ein flexibleres Fachkräftegebot auf als die meisten Bundesländer,
indem auch nicht sozialpädagogische Hochschulabschlüsse in die Aufzählung der
grundsätzlich zulässigen Qualifikationen aufgenommen worden sind. Zu diesen
gehören Erziehungswissenschaftler/innen und Diplompsychologen/innen. Die relative
Flexibilität wird beispielsweise im Vergleich zu den herangezogenen sächsischen
Regelungen und den zitierten Literaturmeinungen deutlich, welche ausschließlich
grundständige sozialpädagogische Ausbildungen postulieren. Nur in einzelnen
Bundesländern (z.B. Hessen und Schleswig-Holstein) besteht die Möglichkeit auch
Erzieher/innen einzusetzen.2122
Unabhängig von den tatsächlich fokussierten Hochschulabschlüssen ist erkennbar,
dass die Thüringer Regelung des Fachkräftegebotes wirkmächtig ist, da sie in der
Förderrichtlinie als Zuwendungsbestimmung positioniert ist. Die Formulierung macht
deutlich, dass Personalausgaben nur dann förderfähig sind, wenn Voraussetzungen
erfüllt sind (Muss-Bestimmung). Die Bewilligungsbehörde, also das zuständige
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS), prüft bei der
Mittelbeantragung durch die Fördermittelempfänger (örtliche Träger der öffentlichen
Kinder- und Jugendhilfe), ob alle zu beschäftigenden Mitarbeiter/innen die
notwendigen Qualifikationen aufweisen. Sollte dies nicht der Fall sein, können deren
Personalkosten nicht aus dem Landesprogramm bestritten werden.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass nicht hinreichend formalqualifizierte Personen
gänzlich aus dem Tätigkeitsfeld Schulsozialarbeit in Thüringen ausgeschlossen sind.
Aus der Befragung der Träger der Schulsozialarbeit geht hervor, dass eine (relativ
19
Just, Anette (2013): Handbuch Schulsozialarbeit. 1. Auflage, Münster, S. 20. 20
Speck, Karsten (2009): Schulsozialarbeit. Eine Einführung. 2. Auflage. Stuttgart, S. 83. 21
Ministerium für Bildung und Wissenschaft Schleswig-Holstein (2014): Leitlinien zur Förderung von Schulsozialarbeit. Kiel, S. 8. 22
Kultusministerium Hessen (2014): Richtlinie für „unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung (USF) zur Erfüllung des Bildungs-und Erziehungsauftrags an Schulen in Hessen im Sinne der §§ 2 und 3 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG)“. Wiesbaden, S. 3.
18 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
kleine) Anzahl der Träger auch Schulsozialarbeiter/innen außerhalb der
Landesförderung beschäftigt (n=15). Wenn dies der Fall ist, dann ist diese
Beschäftigung auch nicht an die Landesregularien des Fachkräftegebots gebunden.
Die Trägerbefragung richtete sich auch auf den eingeschätzten Beitrag der einzelnen
Landesregularien zum Gesamterfolg des Programmes. Die befragten Träger geben
an, dass das Fachkräftegebot maßgeblichen Einfluss auf den Umsetzungserfolg hat.
Über 80 % der Befragten gehen hiervon aus. Gegenteiliges wird nicht angegeben.
Insgesamt ist die Regelung des Fachkräftegebots akzeptiert.
Abbildung 3 Trägerbefragung: Einfluss des Fachkräftegebots auf den Erfolg des Landesprogrammes (n=40)
In diesem Zusammenhang sind auch die Selbsteinschätzungen der Thüringer
Schulsozialarbeiter/innen interessant: Hier gehen 97,2 % der befragten
Mitarbeiter/innen davon aus, bezüglich der notwendigen Kompetenzen die richtige
Person für die jeweilige Stelle zu sein. Es lässt sich also durchaus auch ein Effekt der
Regelung auf der Mitarbeiterebene mit Blick auf deren Selbstverständnis ausmachen.
Auch die Mehrzahl (90,7 %) der an der Schule Tätigen bestätigen die
Selbsteinschätzung der Schulsozialarbeiter/innen.
4.1.2 Beschäftigungsverhältnisse – Befristung und Beschäftigungsumfang
In verschiedenen Untersuchungen, wie beispielsweise im Zuge der Evaluation der
Schulsozialarbeit in Sachsen, wird besonders die kontinuierliche Beschäftigung des
Personals als wichtiger Einflussfaktor herausgestellt.23 Problematisch stellt sich vor
allem die Befristung von Arbeitsverhältnissen dar. Es ist davon auszugehen, dass sich
diese Praktik negativ auf die Etablierung von Schulsozialarbeit sowie deren Akteure
im Schulkontext auswirkt. Stabile Kooperationsstrukturen mit Verantwortlichen,
Lehrern/innen und Eltern sowie langfristige Beziehungen zu Schülern/innen sind
wichtige Gelingensbedingungen von Schulsozialarbeit und zugleich Ausdruck
23
ORBIT (2014): Abschlussbericht zur Evaluation der Schulsozialarbeit in Sachsen. Untersucht am Beispiel der Stadt Chemnitz und des Landkreises Zwickau. Jena, S. 29.
0 20 40 60 80 100
Einhaltung des Fachkräftegebotes62,5 20,0 17,5
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 19
(notwendiger) Kontinuität.24 Hierzu ist auch die Schaffung von Vollzeitstellen zu
zählen, wobei ein/e Schulsozialarbeiter/in jeweils nur für eine Schule zuständig sein
sollte. 25 Zusammenfassend sind unbefristete Vollzeitstellen als optimale
Ausgangsbedingung anzusehen.
Diesen Forderungen tragen auch einige aktuelle Stellungnahmen zum Thema
Rechnung: Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit postuliert bereits 2015 das
Vorhandensein von zumindest einer Vollzeitkraft je Schule.26 Gleiches gilt für die 2015
veröffentlichte Dortmunder Erklärung.27 Eine entsprechende Forderung findet sich
auch in Rheinland-Pfalz. Hier heißt es, dass eine Teilzeittätigkeit nur unter der
Maßgabe der Begrenzung des Tätigkeitsfeldes möglich ist.28 Die bayerische Richtlinie
zur Förderung der Schulsozialarbeit formuliert Vollzeitstellen ohne Befristung als
Zielmarke. In Ausnahmefällen sind Beschäftigungsumfänge im Rahmen von bis zu 0,5
Vollbeschäftigungseinheiten (VbE) möglich.29 Die entsprechende hessische Richtlinie
sieht ebenfalls Vollzeitbeschäftigung (40 Stunden) sowie tarifliche Bezahlung vor.30
Weiterhin formulieren die Standards des Landes Mecklenburg-Vorpommern
personelle Kontinuität als strukturellen Mindeststandard.31 Hingegen gelten Teil- oder
Vollzeitstellen für mehrere Schulen als wenig wirksam.32 Die fachlichen Empfehlungen
des Freistaates Sachsen stellen in besonderer Weise auf die Kontinuitätsforderung ab.
Hier heißt es:
„Schulsozialarbeit muss mit hauptamtlich und längerfristig tätigen Fachkräften in
möglichst unbefristeter Anstellung geplant werden, da der Aufbau von Kontakten
sowie eines Vertrauensverhältnisses zu den Schüler/innen entscheidend von der
personalen Akzeptanz der Fachkräfte abhängig ist und dies in der Regel einen
längeren Zeitraum beansprucht.“33
Die Thüringer Richtlinie zur Förderung der Schulsozialarbeit formuliert als personellen
Anspruch, dass eine Fachkraft je Schule tätig werden soll. Dies schließt nicht aus, dass
auch mehrere Personen (in Teilzeit) an einer Schule tätig werden können. In
begründeten Ausnahmefällen ist es auch denkbar, dass Fachkräfte an mehreren
24
Speck (2009): S. 82 f. 25
Speck (2009): S. 84. 26
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (2015): Leitlinien für Schulsozialarbeit. Berlin, S. 15. 27
Bundeskongress Schulsozialarbeit (2015): Dortmunder Erklärung. In: https://www.schulsozialarbeit-nrw.de/wp-content/uploads/2015/12/Die_Dortmunder_Erklärung_Digital_final.pdf 28
Rheinland-Pfälzisches Ministerium für Integration, Familie, Jugend und Frauen (2012): Standards der Schulsozialarbeit an allgemeinbildenden Schulen, die den Abschluss der Berufsreife anbieten. Mainz, S. 6. 29
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (2012): S. 3. 30
Kultusministerium Hessen (2014): S. 4. 31
Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern (2009): Empfehlungen zur Ausgestaltung der Zusammenarbeit im Bereich der Schulsozialarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule in Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin, S. 6. 32
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (2015): S. 9-10. 33
Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (2016): S. 13.
20 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Schulen tätig sind.34 Die zugehörigen fachlichen Empfehlungen sehen eine minimale
Wochenarbeitszeit von 30 Stunden je Fachkraft und Schule vor.35
Die Thüringer Regularien bezüglich der Beschaffenheit der Arbeitsverhältnisse
bleiben hinter denen anderer Bundesländer zurück. Vor allem finden sich keine
Anforderungen bzw. Empfehlungen mit Blick auf die Befristung der
Anstellungsverhältnisse. Die im Jahre 2015 erfolgte Befragung der Träger von
Schulsozialarbeit legt die Dominanz befristeter Arbeitsverträge nahe. Rund 58 % der
Arbeitsverträge der
Schulsozialarbeiter/innen sind
befristet. Gegenteiliges gilt für
rund 31 % der Verträge.
Interessant ist auch, dass bei
rund einem Zehntel der Träger
beide Vertragskonstellationen
koexistieren. Ferner ist
Befristung bei öffentlichen
Trägern ausgeprägter als bei
freien Trägern (66,7 % vs. 56,4
%).
Die Befragung förderte auch Effekte/Auswirkungen der Befristung zutage. Deutlich
über 70 % der befragten Trägervertreter/innen dokumentieren, dass es zumindest
einmal seit dem Beginn des Landesprogramms Personalwechsel bei ihrem Träger im
Bereich Schulsozialarbeit gegeben hat. Zum Befragungszeitpunkt hatte das
Landesprogramm rund zwei Jahre Bestand. In zwei Drittel der Fälle gab es noch keine
Personalwechsel, wenn die Arbeitsverhältnisse unbefristet sind. In keinem Fall ist es
zu mehrfachen Wechseln gekommen. Hingegen berichten knapp 40 % der
Trägervertreter von mehrfachen Wechseln, wenn die Verträge befristet sind.
Zusammengefasst ist davon auszugehen, dass die Thüringer Regularien Befristung
nicht verhindern, da diese nirgends thematisiert oder sogar ausgeschlossen werden.
Eine große Zahl der Verträge ist befristet, was sich auf die personelle Kontinuität
negativ auswirkt.
34
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016): S. 3. 35
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 9.
Abbildung 4 Arbeitsverträge der Schulsozialarbeiter/innen nach Beschaffenheit (n=48)
58,3 % 31,3 %
10,4 %
befristete Arbeitsverträge
unbefristete Arbeitsverträge
sowohl befristete als auch unbefristete Arbeitsverträge
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 21
Abbildung 5 Trägerbefragung: Einfluss der Befristung von Arbeitsverhältnissen auf die Häufigkeit von
Personalwechseln (n=47)
Auch der Zeitumfang der Stellen der Thüringer Schulsozialarbeit ist in den Blick
genommen worden. Wie bereits benannt, macht die Richtlinie des Thüringer
Landesprogrammes hierzu keine Aussagen. In den fachlichen Empfehlungen wird eine
Wochenstundenzahl von 30 pro Stelle anvisiert. Im Jahre 2015 ergibt sich
diesbezüglich ein differenziertes Bild: Der durchschnittliche Beschäftigungsumfang
beträgt zu dieser Zeit rund 0,8 VbE je Mitarbeiter/in, was einer Arbeitszeit von 32
Stunden gleichkommt. Diese Tendenz findet sich auch in den Ergebnissen der
Befragung der Schulsozialarbeiter/innen wieder: 82,3 % der Mitarbeiter/innen sind im
Umfang zwischen 30 und 40 Wochenstunden tätig. Beide Erkenntnisse belegen, dass
die Forderungen der Thüringer fachlichen Empfehlungen weitestgehend eingelöst
sind (mind. 0,75 VbE bzw. 30 Wochenstunden je Fachkraft). Allerdings trifft auch auf
17,7 % der Beschäftigten Gegenteiliges zu: Der Beschäftigungsumfang insgesamt
beträgt weniger als 30 Wochenstunden. Hiervon sind 3,8 % wiederum weniger als 20
Stunden beschäftigt.
Wie gezeigt, sieht das Thüringer Landesprogramm auch die Möglichkeit vor, dass
Fachkräfte an mehreren Schulen tätig sein können. Wird dies in die Betrachtung der
Wochenarbeitszeit einbezogen, steigt der Anteil von Beschäftigungsverhältnissen,
welche weniger als 30 Wochenstunden an einer Schule tätig sind. Demnach sind rund
35 % der Beschäftigten weniger als 30 Wochenstunden an einer Schule tätig.
Zudem waren 7,3 % (19 Personen) zum Erhebungszeitpunkt mit 35 oder weniger
Stunden an mehr als einer Schule tätig.
0 20 40 60 80 100
befristete Arbeitsverträge
unbefristete Arbeitsverträge
39,3 25,0
33,3
35,7
66,7
in Prozent
ja, schon mehrmals ja, schon einmal nein
22 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 6 Schulsozialarbeiterbefragung: Wochenstunden des/r Schulsozialarbeiters/in insgesamt und an einer
Schule (n=147-158)
Zusammengefasst muss für Thüringen gelten, dass der/die „durchschnittliche“
Schulsozialarbeiter/in teilzeitbeschäftigt ist, wobei ein Stundenumfang zwischen 30
und 40 Wochenstunden am wahrscheinlichsten ist. Ferner ist es sehr wahrscheinlich,
dass er/sie im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages beschäftigt ist.
Insgesamt sind personelle Kontinuität und Leistungsfähigkeit wichtige
Gelingensbedingungen von Schulsozialarbeit, wie die Befragung der Thüringer
Schulsozialarbeiter/innen nahelegt. Diese nimmt zentrale Leistungs- bzw.
Aufgabenbereiche derselben bezogen auf Kinder und Jugendliche in den Blick. Hierzu
gehören unter anderem Einzelfallhilfen für Schüler/innen, Beratungen von
Schülern/innen, Gruppenangebote und Beförderung der Persönlichkeitsentwicklung
von Schülern/innen. Erkennbar ist, dass Aspekte der personellen Kontinuität (neben
anderen) positive Wirkungen zeigten, um entsprechende Angebote umsetzen zu
können.
Abbildung 7 Begünstigende Einflüsse auf Leistungen von Schulsozialarbeit für Kinder und Jugendliche
0 20 40 60 80 100
Wochenstunden insgesamt
Wochenstunden an einer Schule
3,8
10,9
13,9
24,5
82,3
64,6
in Prozent
unter 20 Wochenstunden 20 bis unter 30 Wochenstunden 30 bis 40 Wochenstunden
• Seit 2013 Schulsozialarbeit an der Schule integriert
• Seit 2013 als Schulsozialarbeiter/in an der Schule
tätig
• 30 bis 40 Wochenstunden als Schulsozialarbeiter/in
an einer Schule tätig
• Zwei oder mehr Schulsozialarbeiter/innen pro
Schule
• Eine Schule pro Schulsozialarbeiter/in
• Kein Personalwechsel in der Schulsozialarbeit
• Gemeinsame Weiterbildungen mit Lehrkräften
Lei
stu
ng
en b
ezo
gen
au
f
Kin
der
un
d J
ug
end
lich
e
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 23
4.1.3 Beschäftigungsverhältnisse – Personaldichte
Bezüglich der Personaldichte bzw. des „Personalschlüssels“ für Schulsozialarbeit
finden sich derzeit unterschiedliche Vorgaben/Erwartungen. Es existieren sowohl
Vorgaben, die sich auf die Anzahl der notwendigen Fachkräfte je Schule als auch eine
bestimmte Schülerzahl beziehen. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit
postuliert als Mindestausstattung das Vorhandensein einer Fachkraft je 150
Schüler/innen oder zumindest einer Fachkraft je Schule.36 Auch die Dortmunder
Erklärung zur Schulsozialarbeit fordert eine Vollzeitstelle je 150 Schüler/innen.37 Speck
verzichtet auf die Angabe einer Quote, empfiehlt aber gleichsam die Orientierung an
der Anzahl der Schüler/innen sowie an den Bedarfen, denen sich die jeweilige
Fachkraft stellen muss. Weiterhin wird die Zuständigkeit einer Fachkraft für höchstens
eine Schule nahegelegt. 38 Die Evaluation der in Sachsen geförderten
Schulsozialarbeitsangebote aus dem Jahre 2014 macht beispielsweise deutlich, dass
die Fachkräfte bei einer höheren Anzahl zur Verfügung stehender VbE mehr
Arbeitszeit für ihre originären Tätigkeiten aufwenden (können), der Anteil der
verwaltungs- und organisationsbezogenen Beschäftigungen jedoch einen relativ
gleichbleibenden Tätigkeitsanteil beansprucht (bei 0,5 bzw. 1,0 VbE jeweils rund zehn
Wochenstunden). Dementsprechend werden mindestens 30 Wochenstunden pro
Schule und Fachkraft empfohlen.39
Abbildung 8 Arbeitszeitbereiche nach Zeitäquivalenten (eigene Berechnungen)
Dementsprechende Regelungen finden sich auch in einigen Bundesländern. Die
rheinlandpfälzische Richtlinie sieht beispielsweise eine Fachkraft je Schulstandort
vor.40 Die bayerische Richtlinie benennt als Regelfall eine Fachkraft je Standort und
für Schulen, welche besonders belastet sind oder mehr als 400 Schüler/innen
36
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (2015): S. 15. 37
Bundeskongress Schulsozialarbeit (2015). 38
Speck (2009): S. 84. 39
ORBIT (2014): S. 15. 40
Rheinland-Pfälzisches Ministerium für Integration, Familie, Jugend und Frauen (2012): S. 6.
24 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
aufweisen zwei Personalstellen je Standort als Möglichkeit.41 Das Land Sachsen-
Anhalt legt vordergründig einen Bemessungsschlüssel zugrunde: Gefördert werden
bis zu 1,0 VbE an Schulen mit bis zu 300 Schülern/innen und maximal 2,0 VbE an
Schulen mit mehr als 300 Schülern/innen.42 In den sächsischen Empfehlungen findet
sich ein weiterer wichtiger Hinweis, welcher den Personaleinsatz betrifft: Gefordert
wird der (idealtypische) Einsatz von zwei Fachkräften je Schule, wobei hier ein
Beschäftigungsumfang von mindesten 30 Wochenstunden pro Schule zugrunde
liegt.43 Dies findet sich auch in der neuen Förderrichtlinie des Freistaates Sachsen
wieder.44
Diese Forderungen richten sich gleichsam auf die Etablierung sogenannter Teams
(mehr als 1,0 VbE bzw. mehr als ein/e Mitarbeiter/in je Schule). Teams sollen dem
„Einzelkämpferdasein“ von Schulsozialarbeitern/innen entgegenwirken und, auch mit
Blick auf die komplexen Aufgaben und Herausforderungen, denen sie im Arbeitsalltag
ausgesetzt sind, für kollegialen fachlichen Austausch sorgen. Auch die Forderung nach
gemischtgeschlechtlicher Besetzung dieser Stellen trägt denselben Anforderungen
Rechnung.45
Die fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen sehen vor, dass der Bedarf je
Schule hinsichtlich des vorzuhaltenden Stundenumfanges je Fachkraft durch die
Jugendhilfeplanung zu ermitteln sei. Jedoch soll die Arbeitszeit pro
Schulsozialarbeiter/in nicht weniger als 30 Wochenstunden betragen. 46 Auf eine
Quotierung der erforderlichen Fachkräfte wird verzichtet. Aus dem Landesprogramm
geht weiterhin hervor:
„In der Regel soll eine Fachkraft an einer Schule tätig werden. Das schließt nicht aus,
dass an einer Schule zwei Fachkräfte, ggf. Teilzeit, tätig werden. Der Einsatz einer
Fachkraft an mehreren Schulen sollte nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen.“47
Hier ist zum einen die Erwartung formuliert, je Schulstandort eine entsprechend
qualifizierte Fachkraft einzusetzen. Zum anderen findet sich auch der Gedanke des
Mitarbeiterteams wieder, nämlich dann, wenn zwei Fachkräfte an einem
Schulstandort tätig sind. Dass eine Fachkraft an zwei Stellen tätig ist, stellt im
41
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (2012): S. 9. 42
Land Sachsen-Anhalt (2014): Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für das ESF-Programm „Schulerfolg sichern”. Magdeburg, S. 6. 43
Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (2016): S. 12. 44
Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (2017): Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Förderung von Schulsozialarbeit im Freistaat Sachsen. Dresden, S. 2. 45
Speck (2009): S.84. 46
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 9. 47
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016): S. 3.
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 25
Landesprogramm lediglich einen Ausnahmefall dar, welcher zusätzlich der
Begründung bedarf.48
Wie gezeigt, lautet der Thüringer Standard, dass eine Fachkraft je Schule tätig werden
soll, wobei je Fachkraft ein Beschäftigungsumfang von mindestens 30 Stunden
anzustreben ist. Möglich ist auch, dass zwei Fachkräfte an einer Schule
zusammenwirken, wobei dann auch Teilzeitbeschäftigung denkbar ist. Im Falle
begründeter Ausnahmen kann eine Fachkraft an mehreren Schulen tätig sein. Im Jahre
2015 lag in 13 von 23 geförderten Gebietskörperschaften eine derartige
Ausnahmeregelung vor. Dies begründete sich vorwiegend damit, dass die Schulen in
räumlicher Nähe liegen, besonders klein sind oder eine besondere inhaltliche
Schwerpunktsetzung erprobt werden soll.
Das Thüringer Landesprogramm (Richtlinie und fachliche Empfehlungen) formuliert
verschiedene Anforderungen an die Beschäftigungsverhältnisse, welche nicht
nebeneinander, sondern zusammen betrachtet werden müssen. Einerseits wird in der
Richtlinie die grundlegende Anforderung formuliert, dass pro Schule eine Fachkraft
tätig sein soll. Andererseits ergänzen die fachlichen Empfehlungen diese Regelungen
damit, dass der wöchentliche Stundenumfang 30 Stunden betragen soll.
Damit konzipieren die Regelungen des Thüringer Landesprogramms und der
fachlichen Empfehlungen 1 Fachkraft pro Schule mit 30 Stunden als Regelfall. Möglich
wären aber auch mehrere Fachkräfte mit jeweils 30 Wochenstunden an einer Schule.
Für andere Regelungen sind Ausnahmegenehmigungen nötig.
Zum Zeitpunkt der Erhebungen waren entsprechend der Statistik 88,2 % an einer
Schule tätig, davon 72,8 % mit mindestens 30 Wochenstunden. Von den
verbleibenden 11,8 % an mehreren Schulen tätigen Schulsozialarbeiter/innen sind bis
auf eine Ausnahme alle mit 30 und mehr Wochenstunden tätig und erfüllen somit eine
der beiden Bedingungen des Landesprogramms. Allerdings muss auch erwähnt
werden, dass 19 Sozialarbeiter/innen mit 35 und weniger Wochenstunden an zwei und
mehr Schulen eingesetzt sind.
Zusammengefasst ist davon auszugehen, dass die Thüringer Anforderung (möglichst
1 Schule pro Fachkraft mit jeweils 30 Wochenstunden) weitestgehend
eingelöst/umgesetzt ist. Das bisweilen geringe Beschäftigungspotential je
Schulstandort und die Anzahl der Schulsozialarbeiter/innen, welche in zwei oder mehr
Schulen eingesetzt sind sowie die große Anzahl der Ausnahmeregelungen legt jedoch
auch nahe, dass regelmäßig die Anzahl der geforderten Wochenstunden
unterschritten wird und/oder Fachkräfte auf mehrere Schulstandorte verteilt werden
(müssen).
48
Ebenda.
26 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Neben dem
Beschäftigungsumfang und der
schulbezogenen Zuständigkeit
der Fachkräfte ist ferner das
„Betreuungsverhältnis“ fraglich.
Wie gezeigt, sehen
landesspezifische Regularien hin
und wieder konkrete Verhältnisse
von Fachkräften und
Adressaten/innen vor, nicht so
jedoch in Thüringen. Anhand der
schon zitierten Befragungen lässt
sich das in Thüringen faktisch vorherrschende Betreuungsverhältnis erkennen: Ein
Viertel der Befragten gibt an, für bis zu 200 Schüler/innen zuständig zu sein. Weitere
45,2 % sind für bis zu 300 Schüler/innen ansprechbar. Ersichtlich wird weiterhin auch,
dass eine nennenswerte Anzahl der Fachkräfte für eine sehr große Schüleranzahl
zuständig ist, teilweise für über 1.000 potentielle Adressaten/innen. Diese sehr hohen
Zahlen sind sehr wahrscheinlich auf die Berufsbildenden Schulen rückführbar.
Erkennbar ist beim Thüringer Betreuungsverhältnis eine ausgeprägte Heterogenität
der Verhältnisse. Während einzelne Fachkräfte mit einer sehr großen Anzahl
potentieller Adressaten/innen zurechtkommen müssen, gilt für die Vielzahl der
Befragten, für bis zu 300 Schüler/innen ansprechbar zu sein. Die benannte
Heterogenität ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass das Thüringer
Landesprogramm auf sozial Benachteiligte Kinder und Jugendliche (SGB VIII, § 13)
fokussiert und sich weder die Richtlinie noch die fachlichen Empfehlungen auf
Schülerzahlen beziehen.
1,9 %
25,2 % 45,2 %
9,0 % 5,8 % 7,7 % 5,2 %
1-100 Schüler/innen 101-200 Schüler/innen201-300 Schüler/innen 301-400 Schüler/innen401-700 Schüler/innen 701-1000 Schüler/innenüber 1000 Schüler/innen
Abbildung 9 Anzahl der Schüler/innen (n=158)
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 27
4.2 Finanzierung
4.2.1 Personalkostenfinanzierung
Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit plädiert insgesamt dafür, ein
professionelles Berufsprofil des/der Schulsozialarbeiters/in zu etablieren. Hierzu ist es
auch notwendig, abgesicherte Arbeitsverhältnisse zu schaffen, wozu wiederum die
adäquate Bezahlung beiträgt. Konstatiert wird jedoch im Umkehrschluss eine
regelmäßig unzureichende finanzielle Situation in Projekten der Schulsozialarbeit.
Dies ist auch auf unattraktive Vergütungen der Fachkräfte sowie auf geringe
Stundenumfänge zurückzuführen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die relative
Besserstellung von Lehrern/innen. Eine entsprechende Angleichung ist bisher nicht
erkennbar.49
Hinsichtlich der Personalkostenfinanzierung finden sich in den Ländern
unterschiedliche Ansätze. In der bayerischen Förderrichtlinie ist die Bezahlung nach
TVöD entsprechend der Eingruppierung staatlich anerkannter Sozialpädagogen/innen
als Zielmarke gesetzt.50 Den sächsischen Empfehlungen folgend, sind die finanziellen
Rahmenbedingungen von Schulsozialarbeit ein wichtiges Merkmal der
Strukturqualität derselben. Eine tarifentsprechende Bezahlung wird hier als
„selbstverständlich“ angesehen.51 Eine Bezahlung in Höhe der Entgeltgruppe 10 TV-L
für die sozialpädagogischen Fachkräfte schreiben die Richtlinie des Landes Sachsen-
Anhalt und die fachlichen Empfehlungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern fest.
52 53
In den fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen finden sich keine Hinweise zur
Höhe der Vergütung der Fachkräfte bzw. zu deren tariflicher Eingruppierung. In der
entsprechenden Richtlinie des Landes hingegen heißt es, Personalkosten sind nicht
förderfähig, wenn Sie unter dem Niveau der Entgeltgruppe E 9 (TV-L) bzw. S 11
(TVöD-SuE) liegen.54 Die Thüringer Richtlinie macht mit der Festschreibung der
tariflichen Eingruppierung recht weitgehende Vorgaben (auch in Verbindung mit dem
Fachkräftegebot). Im Vergleich zu anderen Bundesländern (Sachsen-Anhalt und
Mecklenburg-Vorpommern) bleibt sie allerding in der Höhe der Eingruppierung
zurück. Wie sich das im Wettstreit um gute Fachkräfte auswirken wird, bleibt
abzuwarten. In jedem Falle schafft die Thüringer Förderrichtlinie einen ausgeprägten
Anforderungshorizont, indem Personalkosten nur förderfähig sind, wenn sie in einer
49
Speck (2009): S. 89 ff. 50
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (2012): S. 3. 51
Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (2016): S. 13. 52
Ministerium für Arbeit, Gleichstellung Schwerin (2014): Empfehlung an die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets im Bereich der Personalkostenförderung von Fachkräften der Schulsozialarbeit ab 2014. Schwerin. 53
Land Sachsen-Anhalt (2014): S. 6. 54
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014). S.3.
28 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
gewissen Höhe gezahlt werden. Über die Umsetzung dieser Anforderung wacht das
zuständige Ministerium als Bewilligungsbehörde bei der Beantragung der Mittel. Die
Thüringer Vorgehensweise entspricht damit den fachlich formulierten und
anerkannten Standards. Gleichsam wirkt sie so im Sinne eines zu etablierenden
professionellen Berufsbildes, da dem Einfordern einer bestimmten Qualifikation als
fachlicher Mindeststandard die Forderung einer anforderungsgemäßen Vergütung
gegenübergestellt wird. Aus der durchgeführten Befragung der Träger von
Schulsozialarbeit in Thüringen geht hervor, dass über 80 % der Befragten davon
ausgehen, dass die entsprechende Regelung für den Gesamterfolg von
Schulsozialarbeit relevant ist. 10 % stimmen dieser Aussage zumindest teilweise zu.
Interessant ist, welchen Einfluss die finanzielle Zuwendung des Landes auf die
Angebotslandschaft der Schulsozialarbeit hat. Laut Förderrichtlinie ist es deren
Zweck, entsprechende Angebote zu fördern. Aus einer vom zuständigen Ministerium
erhobenen Statistik geht hervor, dass vor Einführung des Landesprogramms
thüringenweit circa 103
Personen mit 92,3 VbE in
der Schulsozialarbeit tätig
waren. 55 Zum Zeitpunkt
der Erhebung für diese
Untersuchung waren im
Zuge des
Landesprogramms 262
Personen auf 199 VbE
tätig. Hinzu kommen noch
weitere
Schulsozialarbeiter/innenst
ellen, die nicht über das
Landesprogramm
finanziert werden. Damit ist ein Zuwachs von über 150 % bei den Personen und eine
Verdopplung bei den VbE zu verzeichnen. Die diesem Bericht zugrundeliegende
Befragung der Schulsozialarbeiter/innen erweist, dass 36,4 % der Schulen, an welchen
die Befragten tätig sind, bereits vor dem Start des Landesprogramms über Angebote
der Schulsozialarbeit verfügten. Fast zwei Drittel der Schulen können erst seit der
Einführung des Landesprogramms auf diese Angebote zugreifen. Das
Förderprogramm hat also ganz wesentlich für die Etablierung der Angebote gesorgt.
55
Eigene Berechnungen.
36,4 % 63,6 %
vor dem Landesprogramm seit dem Landesprogramm
Abbildung 10 Schulsozialarbeiterbefragung: Tätigkeitszeitraum der befragten Schulsozialarbeiter/innen (n=143)
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 29
16,5 %
51,9 %
22,8 % 8,9 %
vor dem Jahr 2013 2013 2014 2015
Abbildung 11 Schulsozialarbeiterbefragung: Seit wann sind Sie für die betreffende Schule als Schulsozialarbeiter/in tätig? (n=158)
Aufschlussreich ist in diesem
Zusammenhang auch die Dauer
der Tätigkeit der befragten
Mitarbeiter/innen bei der
jeweiligen Schule. So zeigt sich,
dass seit Beginn des
Landesprogramms im Jahre 2013
ein erheblicher
Beschäftigungszuwachs
erkennbar ist, der größte hierbei
im Jahre 2013 mit dem Beginn
des Landesprogramms.
Betrachtet man sowohl die
Anzahl der tätigen
Schulsoziarbeiter/innen in
Thüringen als auch die so erreichten Schulen, so ist erkennbar, dass eine ganz
erhebliche zahlenmäßige Steigerung in beiden Fällen zu verzeichnen ist. Diese ist auf
das Landesprogramm rückführbar.
Zusammengefasst ist von einem erheblichen Zuwachs an beschäftigten
Schulsozialarbeitern/innen in der Folge der Schaffung des Landesprogrammes
auszugehen. Der politischen Zielsetzung des Landesprogramms, 200 Stellen in
Thüringen in der Schulsozialarbeit zu fördern, konnte damit entsprochen werden.
Dieses schafft so wiederum die Voraussetzungen für die Umsetzung von
Schulsozialarbeit an Thüringer Schulen.
200
220
240
260
280
2013 2014 2015
233
260 265 252
270 270
abso
lute
Zah
len
Anzahl der Schulsozialarbeiter/innen Anzahl der Schulen
Abbildung 12 Statistikerhebung: Anzahl der Schulsozialarbeiter/innen und Schulen
30 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
4.2.2 Sachmittelfinanzierung
Wie an anderer Stelle benannt, hängt das Gelingen von Schulsozialarbeit ganz
erheblich von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln ab. Notwendig ist
eine auskömmliche und langfristige Finanzierung. Hierzu muss auch die hinreichende
Ausstattung mit Sachmitteln gezählt werden, welche insbesondere zur Beschaffung
von Arbeits-, Verbrauchs- und Spielmaterialien sowie zum Bestreiten von Honoraren
und Reisekosten einsetzbar sein soll. Ferner ist die projektbezogene Verwendung im
Rahmen pädagogischer Aktivitäten ein wichtiges Kriterium. Hervorzuheben ist auch
die Anforderung, dass die pädagogischen Fachkräfte eigenständig über den
verfügbaren Etat entscheiden können.56
Ein expliziter Sachkostenetat ist beispielsweise in den Standards der Schulsozialarbeit
an allgemeinbildenden Schulen des rheinland-pfälzischen Ministeriums für
Integration, Familie, Jugend und Frauen festgehalten. 57 Die Förderrichtlinie des
Landes Sachsen-Anhalt sieht ebenfalls ein entsprechendes Budget vor, welches für
Dienstfahrten und Übernachtungen sowie Arbeitsmaterialien, Eintrittsgelder und
Referenten/innenhonorare nutzbar ist. Bisweilen sind auch pauschalierte Beträge
vorgesehen, die sich monatlich und nach der Anzahl der Vollbeschäftigungseinheiten
bemessen (300 Euro bis 1,4 VbE bzw. 400 Euro bis 1,5 - 2,0 VbE).58 Konkrete Angaben
hinsichtlich des Vorhandenseins eines verfügbaren Sachkostenetats finden sich auch
in den bayerischen und hessischen Regularien/Richtlinien. Die sächsischen
Fachempfehlungen fordern gleichsam einen eigenständigen, flexiblen und
angemessenen Sachkostenetat. 59 Dies findet sich auch in der entsprechenden
Richtlinie wieder.60
In den fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen ist kein Sachmitteletat
ausgewiesen. Die Förderrichtlinie hingegen weist auch Sachkosten als förderfähig
aus. Da die Förderung als Zuwendung an die eigentlich leistungspflichtigen
Gebietskörperschaften (Landkreise und kreisfreie Städte) erfolgt, ist in der
Gesamtfördersumme auch ein Anteil für Sachkosten vorgesehen. Dieser beträgt laut
Richtlinie bis zu 15 % der Landeszuwendung an den Leistungserbringer. 61 Die
Mehrheit der im Jahre 2015 befragten Träger geht davon aus, dass die Bereitstellung
von Sachmitteln für den Gesamterfolg des Programms in besonderer Weise relevant
ist. Nur ein/e Trägervertreter/in (Person) meint, dass die Sachmittelbereitstellung
weitestgehend irrelevant ist. Mit Blick auf die Einschätzung durch die Träger muss
56
Speck (2009). S. 89 ff. 57
Rheinland-Pfälzisches Ministerium für Integration, Familie, Jugend und Frauen (2012): S. 6. 58
Land Sachsen-Anhalt (2014): S.6-7. 59
Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (2016): S. 13. 60
Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (2017): S. 2. 61
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 3.
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 31
davon ausgegangen werden, dass die Sachkostenfinanzierung einen wichtigen Teil
der Gesamtfinanzierung darstellt.
Abbildung 13 Trägerbefragung: Beitrag des Bereitstellens von Sachmitteln zum Gesamterfolg von
Schulsozialarbeit (n=39)
4.2.3 Finanzielle Absicherung in Thüringen
Wie weiter oben bereits angedeutet, ist die gelingende Umsetzung von
Schulsozialarbeit insbesondere von einer langfristig abgesicherten
Finanzierungsgrundlage abhängig.62 Seit der Etablierung des Landesprogramms 2013
ist eine Kontinuität der Fördersumme zu beobachten.
2013 2014 2015 2016
Haushaltsmittel 3.000.000 € 10.000.000 € 10.106.000 € 10.430.000 €
bewilligte Mittel 2.410.050 € 9.722.649 € 9.921.982 € 10.388.255 €
Mittelabruf 2.410.050 € 9.445.962 € 9.758.522 € 10.006.869 €
Rückzahlungen 68.195 € 281.508 € 63 tatsächlich verwendete
Mittel 2.341.855 € 9.164.454€
Tabelle 1 Fördersummen seit Etablierung des Landesprogrammes schulbezogene Jugendsozialarbeit
Rund 64 % der befragten Schulsozialarbeiter/innen befinden die finanzielle
Ausstattung von Schulsozialarbeit als angemessen, weitere 25 % stimmen hier
zumindest teilweise zu. Rund 11 % gehen davon aus, dass die finanzielle Ausstattung
(eher) nicht auskömmlich ist.
Die Fördermittelerstempfänger (Jugendämter der kreisfreien Städte und Landkreise)
sind zu einer jährlichen Sachberichtserstattung gegenüber dem zuständigen
Ministerium verpflichtet. Die Auswertung dieser Berichte ergibt insgesamt, dass der
Bedarf an Schulsozialarbeit von den Erstempfängern als hoch eingeschätzt wird.
Gleichzeitig ist erkennbar, dass in einer geringen Anzahl der Fälle die Bedarfsdeckung
62
Speck (2009): S. 90. 63
Die Gesamtsumme der Rückzahlungen und damit die tatsächliche Mittelverwendung kann erst nach abschließender Prüfung der Verwendungsnachweise festgestellt werden.
0 20 40 60 80 100
Bereitstellung von Sachmitteln56,4 30,8 10,3 2,6
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
32 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
mithilfe der zur Verfügung gestellten Landesmittel möglich ist. Hingegen ist zu
erkennen, dass die Landesmittel in der Mehrzahl der Fälle nicht ausreichen. Weiterhin
zeigt sich, dass eine jeweils nennenswerte Anzahl der örtlichen Träger eigene Mittel
zur Finanzierung von Schulsozialarbeit einsetzt.
2013 2014 2015
Bedarfsdeckung durch Landesmittel möglich 3 3 3
Bedarfsdeckung durch Landesmittel nicht möglich 15 17 12
Eigenmittel? Ja! 11 7 8
Eigenmittel? Nein! 3 10 9
Tabelle 2 Ausgewählte Ergebnisse der Sachberichtsauswertung 2013-2015 mit Blick auf Auskömmlichkeit der Fördermittel (Zahlen geben Anzahl der diesbezüglich berichtserstattenden Gebietskörperschaften an; nicht alle 23 Thüringer Gebietskörperschaften haben zu jedem Aspekt Bericht erstattet.)
Mit Blick auf den Umfang des Mittelabrufes durch die Gebietskörperschaften muss
davon ausgegangen werden, dass die Mittel auf bestehende Bedarfe im geförderten
Angebotsbereich treffen und in diesem Sinne notwendig und umsetzbar sind. Dass ein
Teil der Schulsozialarbeiter/innen die zur Verfügung gestellten Mittel als nicht
ausreichend befindet, sagt zunächst nicht viel aus. Inwieweit die Landesmittel
bestehende Bedarfe tatsächlich erreichen, müsste auf der Ebene der
fördermittelempfangenden Gebietskörperschaften eruiert werden, da, wie auch die
Thüringer Förderrichtlinie vorsieht, Aktivitäten der Schulsozialarbeit Bestandteil der
örtlichen Jugendhilfeplanung sein müssen. An diesem Ort erfolgt die Abwägung
zwischen bestehenden Bedarfen und deren Deckung. Aufgrund dieser
Zuwendungsvoraussetzung sowie der gesetzlichen Planungsverpflichtung der
Landkreise und kreisfreien Städte (beinhaltet ebenfalls Bedarfsfeststellung) muss eine
bedarfsbezogene und damit „sinngemäße“ Mittelverwendung der Fördermittel
unterstellt werden.
Ein wichtiger Hinweis hinsichtlich der finanziellen Absicherung der Angebote durch
die Förderung ist bereits weiter oben offensichtlich geworden: Eine erhebliche Anzahl
der geschaffenen Stellen ist befristet, was, wie ebenfalls gezeigt, auf die personelle
Kontinuität zurückwirkt. Wie angeführt, ist es Teil der herrschenden Meinung, dass
Angebote der Schulsozialarbeit auf personelle Kontinuität angewiesen sind. Die
Betrachtung der Sachberichte der Jahre 2013 bis 2015 weist jeweils auf eine
ausgeprägte Anzahl von Gebietskörperschaften hin (15 bis 17 von 23), welche die
Verstetigung der finanziellen Zuwendungen im Sinne deren Kontinuität fordern.
Wenn also die Beschaffenheit der Beschäftigungsverhältnisse auf die (befristete)
landesseitige Finanzierung rückführbar sein sollte, wäre deren Sicherheitswirkung
zumindest in Zweifel zu ziehen. In diesem Sinne ist jedoch auch auf die
Zuständigkeitsregelungen des SGB VIII hinzuweisen. Nach § 69 in Verbindung mit § 79
SGB VIII liegt die Gesamt- und Planungsverantwortung für die Kinder- und
Jungendhilfe beim örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und damit bei den
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 33
Jugendämtern der Thüringer Landkreise und kreisfreien Städte. Im Rahmen der
kommunalen Selbstverwaltung müssen diese tragfähige Kinder- und
Jugendhilfestrukturen schaffen, wobei ihnen die Landesförderung helfen soll. Mit
Blick auf die oben auseinandergesetzte Befristung von Arbeitsverhältnissen der
Schulsozialarbeiter/innen wären die Jugendämter also gleichermaßen in der
Verantwortung zu sehen. Ferner liegt die Zuständigkeit für Leistungen nach § 13 SGB
VIII ebenfalls beim örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, welchen das Land
Thüringen als überörtlicher Träger in der Wahrnehmung seiner Aufgaben unterstützt.
Weiterhin fraglich ist die Gestaltung des Mechanismus zur Mittelvergabe mit Blick auf
weitere Regelungen der Richtlinie: Diese sieht die tarifgemäße Vergütung der
Beschäftigten vor. Diese Regelung ist dem Grunde nach sehr zu begrüßen.
Problematisch ist jedoch die damit verbundene zu erwartende
Personalkostensteigerung, da die Bezüge von tariflich Beschäftigen in regelmäßigen
Abständen steigen (Erfahrungsstufen). Die der Landesrichtlinie zugrundeliegende
Annahme basiert auf dem 2013 geltenden TV-L E 9, Erfahrungsstufe 2. Ein Aufstieg in
die Erfahrungsstufe 2 erfolgt spätestens nach 2 Jahren.
Dieser Umstand sowie die derzeitige Gestaltung der Förderung legen folgende
Szenarien nahe:
a) Die Anzahl der Beschäftigten, die über das Landesprogramm finanziert
werden, sinkt.
b) Parallel zum Anwachsen der Personalkosten schwindet der jeweilige
Beschäftigungsumfang bei den derzeitigen Beschäftigten.
c) Die Fördermittelerstempfänger (Jugendämter) bewältigen die resultierenden
Kostensteigerungen aus Eigenmitteln. Dies ist mit Blick auf den beschriebenen
Einsatz eigener Mittel unter Umständen bereits der Fall.
d) Die Fördermittelletztempfänger (vor allem Träger der freien Kinder- und
Jugendhilfe) bewältigen die resultierenden Kostensteigerungen aus
Eigenmitteln.
4.3 Raumausstattung und Materialien
In der Fachdiskussion ist es Konsens, dass Schulsozialarbeiter/innen über geeignete
Räumlichkeiten verfügen müssen, um pädagogisch tätig sein zu können. Das bloße
Vorhandensein von Räumen reicht jedoch nicht aus. Vielmehr müssen diese
bestimmten Anforderungen genügen:64
- Zentrale Lage in der Schule und damit niedrige Zugangsschwelle,
- Räumlicher Zugang auch außerhalb der Unterrichtszeit,
64
Speck (2009): S. 92 f.
34 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
- Schlüsselgewalt bei den Schulsozialarbeitern/innen,
- Eigenverantwortliche Nutzbar- und Gestaltbarkeit durch die
Schulsozialarbeiter/innen.
Daneben müssen die Räumlichkeiten auch Rückzugsmöglichkeiten für
Einzelfallberatungen bieten sowie über eine angemessene IT- bzw.
Technikausstattung verfügen. 65 Weiterhin ist es notwendig, dass andere
Räumlichkeiten der Schule durch Schulsozialarbeiter/innen mitgenutzt werden
können (Klassenräume, Turnhalle, Gruppenräume, Fachräume, etc.).66 Just formuliert
weiterhin den Anspruch, dass die Beschaffenheit der Räumlichkeiten im Sinne einer
einladenden Atmosphäre auch die Qualität der Arbeit bzw. der Einrichtung
wiederspiegelt und diese gleichsam begünstigt. Daher wird auch empfohlen,
Schulsozialarbeitern/innen die Möglichkeit zu geben, auf eine ansprechende
Raumdekoration/-gestaltung hinwirken zu können.67
Die Forderungen nach eigenen Räumlichkeiten sind auch in zahlreichen Richtlinien
und Stellungnahmen berücksichtigt. Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit
postuliert die Verfügbarkeit von eigenen Räumen, welche eine adäquate Ausstattung
haben (Schreibtisch, Telefon, PC, Internetzugang, Drucker und pädagogische
Materialien wie Spiele oder Sportgeräte).68 Einen ähnlichen Standard definiert das
Ministerium für Integration, Jugend und Frauen Rheinland-Pfalz. Hier wird die
„zeitgemäße“ Ausstattung der Räumlichkeiten postuliert.69 Weiterhin ist erkennbar,
dass sich die erforderlichen räumlichen Bedingungen im Sinne der oben diskutierten
Anforderungen in zahlreichen weiteren Richtlinien und fachlichen Empfehlungen
abbilden.
Die fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen weisen ebenfalls Anforderungen
bezüglich der notwendigen Räumlichkeiten auf. Es ist nötig, den
Schulsozialarbeitern/innen einen eigenen Arbeitsraum inklusive
Bürokommunikationstechnik und Internetzugang und bei Bedarf freien Zugang zu
Beratungs- und Gruppenräumen zu gewährleisten.70 Die entsprechende Richtlinie
fordert ebenfalls allein nutzbare Räume sowie den Zugang zu Gruppen- und
Beratungsräumen.71 Die Thüringer Regularien greifen damit den deutschlandweit
anerkannten fachlichen Standard auf. Pädagogische Fachkräfte müssen zum einen
über eigenständig nutzbare, frei zugängliche sowie entsprechend (technisch)
ausgestattete Räume sowie zum anderen über den Zugang zu weiteren Schul- und
65
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (2015): S. 15. 66
Speck (2009): S. 92 f. 67
Just (2013): S. 49. 68
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (2015): S. 15. 69
Rheinland-Pfälzisches Ministerium für Integration, Familie, Jugend und Frauen (2012): S.6. 70
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 9. 71
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016): S. 2.
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 35
Gruppenräumen verfügen. Ein Vergleich der Sachberichte der Jahre 2013 bis 2015
zeigt eine diesbezüglich positive Entwicklung: Während 2013 noch acht
fördermittelempfangende Gebietskörperschaften als Grund für das Nichterreichen
der gefassten Ziele die ungünstige Ressourcensituation und hier vor allem die
ungenügende Raumsituation angeben, trifft dies 2014 noch auf sechs und 2015 nur
noch auf zwei Jugendämter zu.
Die Befragung der Schulsozialarbeitsträger zeichnet ein ambivalentes Bild: 52,5 % der
befragten Trägervertreter/innen befinden die räumliche Situation für insgesamt
angemessen, 40 % sind unentschlossen (teils/teils). 7,5 % bescheinigen eine
unangemessene Raumsituation. Diesbezüglich getroffene Vereinbarungen zwischen
Trägern und Schulen werden in der überwiegenden Anzahl der Fälle beachtet: 7,5 %
der Befragten sind auch hierbei skeptisch. Die Forderung des Landes nach
entsprechenden Räumlichkeiten für die Schulsozialarbeiter/innen wird von der
Mehrzahl der befragten Träger für das Gelingen desselben als relevant eingeschätzt
(70 %). Dennoch beurteilen auch 7,5 % der Befragten dieselbe als eher unwichtig.
Abbildung 14 Trägerbefragung: Voraussetzungen der schulbezogenen Jugendsozialarbeit in Thüringen (n=40)
Eine zweite Perspektive gibt die Einschätzung der räumlichen Voraussetzungen durch
die Schulsozialarbeiter/innen wieder. Erkennbar ist, dass die überwiegende Anzahl die
Voraussetzungen als angemessen bewertet. Rund 8 % der Befragten attestiert jedoch
auch eine unangemessene Situation.
0 20 40 60 80 100
Die getroffenen Vereinbarungen zur materiellen undräumlichen Ausstattung der
Schulsozialarbeiter/innen werden von der/denSchule/n eingehalten.
Die materielle Ausstattung derSchulsozialarbeiter/innen ist angemessen.
Die räumliche Situation derSchulsozialarbeiter/innen ist angemessen.
Die den Schulsozialarbeitern/innen zur Verfügungstehenden finanziellen Mittel sind angemessen.
55,0
40,0
32,5
30,0
22,5
37,5
20,0
30,0
15,0
15,0
40,0
25,0
5,0
5,0
7,5
12,5
2,5
2,5
2,5
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
36 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 15 Schulsozialarbeiterbefragung: Einschätzung räumliche Situation (n=147)
Ein ähnliches Bild zeichnet eine Befragung von Personen, die neben den
Schulsozialarbeitern/innen an Schulen tätig sind (also vor allem Lehrer/innen und
Schulleiter/innen). Rund 62 % halten die räumliche Ausstattung für angemessen, rund
23 % sind unentschlossen. 14 % gehen allerdings auch von einer eher unzureichenden
Situation aus.
Zusammengenommen zeigen die Ergebnisse, dass die Regelungen/Anforderungen
des Landesprogramms hinsichtlich notwendiger Räumlichkeiten einerseits anerkannt
und andererseits recht weitgehend umgesetzt werden. Die zwar in geringen
Ausprägungen, aber regelmäßig auftretenden diesbezüglichen negativen
Einschätzungen weisen allerdings auch auf fortbestehenden Handlungsbedarf hin. Die
unterschiedlichen Einschätzungen der räumlichen Rahmenbedingungen durch die
befragten Statusgruppen könnten aus einem unterschiedlichen Anforderungsdenken
resultieren. Fraglich ist, wie mit diesen umzugehen ist.
4.4 Kooperation
4.4.1 Kooperationsvereinbarungen
In der Fachdiskussion ist es weiterhin anerkannt, dass, gewissermaßen als Grundlage
gelingender Schulsozialarbeit, alle beteiligten Akteure in entsprechenden
Vereinbarungen ihre Absichten bezüglich des zu etablierenden Angebots fixieren und
damit die teilweise auseinanderstrebenden und/oder konfliktbehafteten Interessen
und Haltungen einen sollen. Die Schaffung solcher konkreten Regelungen soll damit
der festen Verortung von Schulsozialarbeit in der Bildungslandschaft dienen. Speck
empfiehlt, die Kooperation auf vier verschiedenen Ebenen, nämlich auf der
- individuellen Ebene zwischen den pädagogischen Akteuren,
- organisationsbezogenen Ebene und hier vor allem zwischen Leistungsträgern,
Leistungserbringern sowie den Schulen,
0 20 40 60 80 100
Die räumliche Situation ist für die Schulsozialarbeitangemessen.
46,3 31,3 14,3 6,1 2,0
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 37
- örtlichen beziehungsweise sozialräumlichen Ebene und den dort ansässigen
Akteuren,
- überörtlichen Ebene durch die zuständigen Ministerien und Ressorts, zu
regeln.72
Es lässt sich festhalten, dass hinreichende Kooperationsvereinbarungen im oben
dargestellten Sinne als Qualitätsmerkmal von Schulsoziarbeit zu werten sind. Auch
der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit postuliert in seinen Leitlinien das
Abschließen von Kooperationsvereinbarungen bzw. -verträgen zwischen den
zuständigen Stellen, deren Inhalt vor allem Aufgaben, Zuständigkeiten sowie Formen
der Finanzierung und Zusammenarbeit sein sollen.73 Rademacker kommt weiterhin zu
dem Ergebnis, dass entsprechende Vereinbarungen vor allem dann zu finden sind,
wenn Schulsozialarbeit durch Landesprogramme Förderung erfährt.74 Auch eine
Evaluation der Schulsozialarbeit in Sachsen erkennt Kooperationen und insbesondere
die schulinterne Kooperation als ein wichtiges Qualitätsmerkmal.75
In den fachlichen Empfehlungen des Landes Sachsen finden sich entsprechende
Hinweise. Hier heißt es:
„Die Bereitschaft von Kinder- und Jugendhilfe und Schule zur Kooperation ist
Grundvoraussetzung für das Gelingen des Zusammenwirkens beider Seiten.
Grundsätzlich soll die Zusammenarbeit zwischen dem Träger der Kinder- und
Jugendhilfe und der Schule direkt und über eine schriftliche
Kooperationsvereinbarung geregelt werden. In den Vereinbarungen sind die
konkreten Leistungen, Ziele, Aufgaben/ Arbeitsfelder, Zuständigkeiten und deren
Grenzen sowie die gegenseitige Einbeziehung in arbeitsorganisatorische Strukturen
zu regeln. Ebenso müssen Festlegungen zwischen den Partnern zu Räumlichkeiten
und zur Sachausstattung der Schulsozialarbeit darin fixiert werden.“76
Erkennbar werden hier die weiter oben dargelegten Intentionen: Zum einen gilt es,
sich mithilfe der Kooperationsvereinbarungen gemeinsam zur Durchführung von
Schulsozialarbeit zu entschließen bzw. zu bekennen und zum anderen
Zuständigkeiten, Aufgaben und Ressourcen festzulegen.
Die Thüringer Richtlinie wie auch die entsprechenden fachlichen Empfehlungen
weisen ebenfalls auf notwendige Kooperationsverträge hin. Diese sind zwischen dem
jeweiligen Schulamt beziehungsweise der Schule sowie dem Leistungserbringer zu
72
Speck (2009): S. 94 ff. 73
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (2015): S. 15. 74
Rademacker, Hermann (2009): Schulsozialarbeit – Begriff und Entwicklung. In Pötter, H. und Segel, G. (Hrsg.): Profession Schulsozialarbeit. Beiträge zu Qualifikation und Praxis der sozialpädagogischen Arbeit an Schulen. Wiesbaden, S. 14. 75
ORBIT (2014): S. 29. 76
Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (2016): S. 13.
38 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
schließen. Dabei enthalten sie Vereinbarungen hinsichtlich Zielen, Aufgaben und
Verantwortlichkeiten sowie Festlegungen bezüglich Raumnutzung und Ausstattung.
„Zwischen dem zuständigen Schulamt oder in dessen Auftrag zwischen der einzelnen
Schule und dem Leistungserbringer (Letztempfänger) ist eine
Kooperationsvereinbarung abzuschließen. Die Grundlage dafür bildet u. a. das
Schulentwicklungskonzept der jeweiligen Schule. Die Kooperationsvereinbarung
muss eine Ziel-, Aufgaben- und Verantwortungsbeschreibung sowie Festlegungen
hinsichtlich der sächlichen Ausstattung einschließlich Raumnutzung enthalten. Diese
Kooperationsvereinbarung ist mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe
einvernehmlich abzustimmen und zum Bestandteil des Zuwendungsbescheides bzw.
des öffentlich-rechtlichen Vertrags an die Leistungserbringer zu erklären.“ 77
Auch in den fachlichen Empfehlungen finden sich ähnliche Forderungen wieder.78
Erkennbar ist, dass die Thüringer Regularien notwendigen
Kooperationsvereinbarungen Rechnung tragen. Wie oben gezeigt, sind
Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Schulen und den Trägern der
Schulsozialarbeitsangebote abzuschließen. Die Regularien sind dabei Muss-
Bestimmungen, stehen also nicht zur Disposition.
Die vorhandene Datenlage gibt vor allem hinsichtlich der sozialräumlichen und
organisationsbezogenen Ebene Aufschluss. So zeigt sich beispielsweise, dass 82 % der
befragten Trägervertreter/innen davon ausgehen, die entsprechenden Regularien
tragen zum Gesamterfolg der Landesförderung bei. 67,6 % der befragten
Schulsozialarbeiter/innen verfügen über eine klare Stellenbeschreibung, rund 24 %
benennen das Gegenteil.
Inwiefern diese Anforderungen des Thüringer Landesprogramms Wirksamkeit
entfalten, inwiefern sich also konkrete Kooperationsaktivitäten und darauf
rückführbare Effekte beobachten lassen, ist auf der Betrachtungsebene der Outputs
bzw. Outcomes in den Blick zu nehmen.
4.4.2 Kooperationsstrukturen
Neben Vereinbarungen ist auch das Vorhandensein konkreter Kooperationsstrukturen
und-orte zwischen Schule und Jugendhilfe erforderlich. Dies ist auch auf die
Beschaffenheit bzw. den Charakter des Systems Schule zurückzuführen, welches zum
einen langfristig gewachsen und damit entsprechend verankert und etabliert und zum
anderen hierarchisch strukturiert ist. Für die Akteure der Kinder- und Jugendhilfe ist es
daher sehr wichtig, an diesem Ort Fuß zu fassen, um Synergieeffekte nutzen zu
77
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 4. 78
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016a): S. 7-9.
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 39
können.79 Hierzu ist Just folgend auch die Teilnahme an schulinternen Konferenzen
und Versammlungen notwendig.80
Mit Speck und den oben genannten Inhalten von Kooperationsvereinbarungen lassen
sich folgende Kooperationsstrukturen bzw. -schwerpunkte herausstellen:81
- Individuelle Kooperationsebene: Neben wechselseitiger Akzeptanz können das
gemeinsame Durchführen kleinerer Projekte/Aktivitäten von Lehrern/innen
und Sozialarbeitern/innen sowie gemeinsame Fallbesprechungen und
Fortbildungen Orte konkreter Kooperation zwischen den tätigen Fachkräften
sein.
- Organisationsbezogene Kooperationsebene: Hier ist insbesondere die
Beteiligung der Schulsozialarbeiter/innen an Beratungen, Konferenzen,
Gremien sowie weiteren, auch entscheidungsrelevanten Aktivitäten auf
Schulebene maßgeblich.
- Örtliche Kooperationsebene: Es ist ferner nötig, Schule und Schulsozialarbeit
sowie andere beteiligte und/oder verantwortliche Akteure zusammenzufassen
und an einen Tisch zu bringen. Hierzu sind Aktivitäten der Jugendhilfeplanung
genauso relevant wie die Gründung regionaler
Fachgremien/Arbeitsgemeinschaften und die Schaffung einer Struktur der
fachlichen Begleitung.
- Überörtliche Kooperationsebene: Letztlich ist auf dieser Ebene die
Zusammenarbeit der Systeme Schule und Kinder- und Jugendhilfe politisch
anzulegen. Möglich ist dies vor allem mithilfe entsprechender Gesetze,
Ausführungsgesetze, Fachempfehlungen, etc. Notwendig ist insbesondere,
dass die unterschiedlichen Ressorts trotz unterschiedlicher Handlungslogiken
zusammenwirken.
Die Thüringer Regularien schaffen hinsichtlich dieser Kooperationsaspekte eine
umfassende Basis. Die fachlichen Empfehlungen sehen auf örtlicher/überörtlicher
Ebene den regelmäßigen fachlichen Austausch sowie entsprechende Fortbildungen
vor. Beides ist durch den überörtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe zu
gewährleisten. Eine Struktur der fachlichen Begleitung aller Träger und
Schulsozialarbeiter/innen ist gleichermaßen vorgesehen. Weiterhin geht aus den
festgeschriebenen Anforderungen an die einzelnen Akteure hervor, dass
Schulsozialarbeiter/innen an schulinternen Beratungen, Gremien und Konferenzen zu
beteiligen sind. Auch sind regelmäßige Gespräche zwischen
Schulsozialarbeitern/innen sowie Schulleitern/innen, Beratungslehrern/innen zu
gewährleisten. Die Beteiligung an außerschulischen, sozialraumbezogenen Gremien
79
Just (2013): S. 45. 80
Just (2013): S. 46. 81
Speck (2009): S. 94 f.
40 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
ist als Anforderung an die tätigen Fachkräfte angelegt.82 Mit Blick auf das Verfahren
zur Abschätzung des Verdachtes auf Kindeswohlgefährdung sind Schulen sowie
Leistungsträger und -erbringer angehalten, in den gemeinsamen
Kooperationsvereinbarungen hinreichende Verfahren anzulegen. Auch die Thüringer
Richtlinie betont die in den fachlichen Empfehlungen vorgedachten
Kooperationsstrukturen: Schulsozialarbeiter/innen sind an Konferenzen,
Arbeitsgruppen sowie Elternabenden und -gesprächen zu beteiligen.83 Ferner ist auch
im Thüringer Schulgesetz die Teilnahme der Schulsozialarbeiter/innen an
schulinternen Gremien geregelt.84 So ist eine Teilnahme an Lehrerkonferenzen im § 37
direkt benannt. An Schulkonferenzen nimmt der/die Schulsozialarbeiter/in beratend
teil.
Insgesamt ist erkennbar, dass es ein aufwendiger Prozess ist, die Angebote und
Anforderungen des Landesprogrammes im System Schule zu implementieren. Dies
betrifft vor allem Kooperation und Vernetzung zwischen Schulsozialarbeitern/innen
und Lehrpersonen. Hierfür bedeutsam ist die wechselseitige Akzeptanz dieser
unterschiedlichen Berufsgruppen. Die Auswertung der Sachberichte der Jahre 2013
bis 2015 legt dies nahe: So gibt 2015 nur noch ein Jugendamt an, die Ziele des
Landesprogrammes wurden vor allem aufgrund fehlender Akzeptanz seitens der
Schule nicht erreicht. Im Jahre 2013 und 2014 sind dies noch fünf bzw. zehn
Gebietskörperschaften. Über alle Jahre hinweg zeigt sich, dass das Thema Vernetzung
und Zusammenarbeit in den Sachberichten als kontinuierliche Entwicklungsaufgabe
eingeschätzt wird. Dies gilt für wechselseitige Akzeptanz gleichermaßen.
Die Befragung der Träger von Schulsozialarbeit weist auf insgesamt gelingende
Kooperationsbeziehungen zwischen den Schulsozialarbeitern/innen und deren
Arbeitgebern/Trägern hin. Rund 95 % der Befragten bestätigen das Vorhandensein
regelmäßiger Termine zur Besprechung aktueller Themen auf dieser Ebene.
Erkennbar ist, dass das Verhältnis zwischen Schulsozialarbeitern/innen und
Lehrpersonen regelmäßiges Thema dieser Besprechungen ist (rund 56 % der
Befragten bestätigen, dass dies (sehr) häufig der Fall ist).
82
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 6 ff. 83
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016): S. 2. Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 8.
84 Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2015): Thüringer Schulgesetz. Erfurt, S. 31 ff.
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 41
Abbildung 16 Trägerbefragung: Regelmäßige Abstimmungstermine zwischen Trägern und
Schulsozialarbeitern/innen (n=39)
Wie benannt, ist Kooperation zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Schule auf
unterschiedlichen Ebenen (individuell, organisationsbezogen, etc.) in die fachlichen
Empfehlungen des Landes Thüringen hineinformuliert. Anhand der Befragung der
Schulsozialarbeiter/innen zeigt sich, dass personelle Zusammenarbeit Bedeutsamkeit
aufweist: Insbesondere Lehrer/innen und Schulleiter/innen in ihren unterschiedlichen
Funktionen sind (sehr) oft Kooperationspartner/innen von Schulsozialarbeitern/innen.
Abbildung 17 Schulsozialarbeiterbefragung: Häufige Kooperationspartner/innen im Kontext schulbezogener
Jugendsozialarbeit (n=76-153)
0 20 40 60 80 100
Es gibt regelmäßige Termine zur Besprechungaktueller Themen.
79,5 15,4 2,6
2,6
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
0 20 40 60 80 100
Erzieher/innen
sonderpädagogische Fachkräfte
Schülervertretung
Fachlehrerinnen
Vertrauenslehrer/innen
Beratungslehrer/innen
Schulleitung
Klassenlehrer/innen
7,9
11,3
12,3
30,9
35,8
45,6
46,4
58,8
18,4
31,2
25,3
40,8
29,2
32,9
39,2
34,0
30,3
33,3
32,2
25,0
21,2
14,8
10,5
6,5
30,3
22,0
21,9
3,3
11,7
5,4
3,9
0,7
13,2
2,1
8,2
2
,2
1,3
in Prozent
sehr oft oft teils/teils selten nie
42 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Ein ähnliches Bild ergibt die Befragung der an der Schule Tätigen. Auch hier gehören
die Klassenlehrer/innen, Schulleitungen und Beratungslehrer/innen zu den häufigsten
Kooperationspartnern.
Ebenfalls ist es Anforderung der Richtlinie, dass die geförderten Angebote Bestandteil
der örtlichen Jugendhilfeplanung sein müssen. Für diese sind
Abstimmung/Vernetzung und letztlich Kooperation auf örtlicher/regionaler Ebene
Voraussetzung. Diese Richtlinienfestlegung wirkt also im Sinne der geforderten
Kooperation und Koordination der Akteure.
Die örtliche Begleitstruktur wird durch die zuständigen örtlichen Träger der
öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe (Jugendämter), teilweise auch in Kooperation
mit freien Trägern, realisiert. Die fachliche Begleitung durch die örtlichen Träger wird
in den Gebietskörperschaften unterschiedlich intensiv gefördert. Während einige
Kommunen Mittel für bis zu 1,0 VbE beantragen, trifft dies andernorts nur auf sehr
geringe oder gar keine Stellenanteile zu. Worauf dies rückführbar ist bzw. wie in
Gebietskörperschaften, welche auf die Förderung verzichten, die Begleitung realisiert
wird, muss an dieser Stelle offenbleiben. Zum Zeitpunkt der Erhebungen wurden
insgesamt 9,025 VbE für die fachliche Begleitung vor Ort gefördert.
Auch ist eine Struktur der landesweiten fachlichen Begleitung des
Landesprogrammes in der Förderrichtlinie vorgesehen. Die hierfür verfügbaren Mittel
betragen laut Richtlinienvorgabe bis zu 1,5 % der jährlich förderfähigen Summe. Die
fachliche Begleitung besteht seit Beginn der Landesförderung im Jahre 2013.
0 20 40 60 80 100
Klassenlehrer/innen
Schulleitung
Beratungslehrer/in
Vertrauenslehrer/in
sonderädagogischen Fachkräften
Fachlehrer/innen
Erzieher/innen
46,3
45,5
45,1
29,1
20,0
17,4
12,5
45,1
44,7
40,6
40,3
46,7
53,3
29,7
8,2
7,2
11,6
24,0
27,2
26,4
20,3
0,4
2,6
2,7
5,6
5,1
2,5
14,1
-
-
1,0
1,0
0,4
23,4
in Prozent
sehr oft oft teils/teils selten nie
Abbildung 18 Befragung an der Schule Tätige: Häufige Kooperationspartner/innen im Kontext schulbezogener Jugendsozialarbeit (n=64-242)
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 43
Abbildung 19 Trägerbefragung: Bedeutsamkeit der Begleitstrukturen für die erfolgreiche Umsetzung der
Landesförderung (n=39-40)
Abbildung 20 Schulsozialarbeiterbefragung: Bedeutsamkeit der Begleitstrukturen für die erfolgreiche Umsetzung
der Landesförderung (n=12-147)
Die landesweite fachliche Begleitung (realisiert durch ORBIT e.V.) hält wichtige
örtliche und überörtliche Kooperations- und Vernetzungsstrukturen vor:
- Regionaltreffen für die Schulsozialarbeiter/innen: Diese finden mehrmals
jährlich an unterschiedlichen Stellen statt und dienen der Information/dem
Wissenstransfer sowie der Vernetzung der Schulsozialarbeiter/innen.
- Koordinatoren/innentreffen: Die auf regionaler Ebene tätigen Koordinatoren
bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe finden sich ebenfalls
regelmäßig zu gemeinsamen Vernetzungstreffen zusammen.
- Fachtagungen: Einmal jährlich findet eine Fachtagung statt. Hier sprechen
renommierte Experten/innen aus der Wissenschaft. Angeboten wurden in der
Vergangenheit auch Workshops von einschlägig erfahrenen Praktikern/innen.
Die Fachtagungen sind für alle Stakeholder der Landesförderung zugänglich
(Sozialarbeiter/innen, Lehrer/innen, Schulleiter/innen,
Jugendamtsmitarbeiter/innen).
0 20 40 60 80 100
Fachliche Begleitung im zuständigen Jugendamt
Fachliche Begleitung im Landesprogramm
40,0
30,8
27,5
17,9
22,5
35,9
5,0
12,8
5,0
2,6
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
0 20 40 60 80 100
Fachliche Begleitung im zuständigen Jugendamt
Fachliche Begleitung im Landesprogramm
25,2
22,1
39,9
32,4
26,6
33,8
7,7
10,3
0,7
1,4
in Prozent
stimme voll zu stimmer eher zu teils/teils stimme eher nicht zu stimme gar nicht zu
44 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
2014 2015 2016
Regionaltreffen 5 6 6
Koordinatoren/innentreffen 2 2 2
Fachtagungen 1 1 1
Fortbildungsangebote 17 15 12 Tabelle 3 Kooperationsangebote und -strukturen nach Jahren
Die landesweite fachliche Begleitstruktur realisiert weiterhin Fortbildungsangebote.
Diese dienen vor allem der Qualitätsentwicklung. Erkennbar ist jedoch auch ein
Kooperationsaspekt: Bestimmte Formate sind sowohl für Lehrpersonal als auch für
sozialpädagogisches Personal geöffnet. Wie anhand bestimmter
Wirkungsdimensionen erkennbar (Outcomes), gehen von der gemeinsamen
Fortbildungsteilnahme positive Potentiale aus.
Insgesamt gehen von den Thüringer Regularien umfangreiche
Vorgaben/Anforderungen hinsichtlich der Strukturen und Aktivitäten der Kooperation
und Vernetzung aus. Vor allem die Kooperation zwischen Lehrpersonal und
sozialpädagogischem Personal ist ausgeprägt, was nicht notwendigerweise
wechselseitige Akzeptanz nach sich ziehen muss. Diese herzustellen, ist offensichtlich
ein voraussetzungsvoller Prozess. Das Landesprogramm sieht auch Strukturen der
regionalen und landesweiten fachlichen Begleitung der Angebote der schulbezogenen
Jugendsozialarbeit bzw. ihrer Mitarbeiter/innen vor.
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 45
4.5 Qualitätssicherung und -entwicklung
Speck folgend, geht der fachliche Trend auf der Ebene der Träger von
Schulsozialarbeit in Richtung der Etablierung eines umfassenden systematischen und
komplexen Qualitätsentwicklungsprozesses.85 An anderer Stelle ist eine Reihe von
Verfahren und Instrumenten aufgezählt, die in der Schulsozialarbeit dieser
Qualitätsentwicklung dienen (können) und entsprechend erkannt sind. Notwendig ist
insbesondere die Erstellung von Konzeptionen auf der Grundlage von Bestands- und
Bedarfsanalysen, also insgesamt die Durchführung von Planung. Weitere wichtige
Bestandteile sind die Erstellung von Dokumentationen (fallbezogen,
aufgabenbezogen, zeitbezogen, etc.) und auf die Tätigkeit bezogene
Reflexionsprozesse. Letztere stellen sowohl auf datenbasierte als auch auf dialogische
Ansätze ab und dienen der Zielüberprüfung anhand gefasster Indikatoren und
entsprechender Daten. Weiterhin sinnvoll sind kollegiale Beratungen, Supervision und
Weiterbildungen. 86 Es ergeben sich damit einige qualitätsbezogene
Ausgangsbedingungen von schulbezogener Jugendsozialarbeit auf der Ebene der
Inputs:
- Schulstandortspezifische Leistungskonzeptionen anhand lokaler Bedarfe,
- Dokumentation und Sachberichterstattung,
- Selbstevaluation,
- Dialogische Reflexionsmöglichkeiten,
- Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten.87
4.5.1 Standortspezifische Konzeptionen und Qualitätsreflexion
Die Förderrichtlinie des Landes Thüringen formuliert in den
Zuwendungsvoraussetzungen, dass die über das Landesprogramm geförderten
Vorhaben Teil der Jugendhilfeplanung sein müssen. Weiterhin bedarf es
standortspezifischer Konzeptionen, die beispielsweise den Personaleinsatz oder die
Raumnutzung regeln. 88 Beide Anforderungen implizieren die Orientierung der
Angebote an lokalen Bedarfen und Strukturen.
Die fachlichen Empfehlungen des Landes geben ebenfalls Hinweise bezüglich der
Qualitätsentwicklung der Angebote. So sind standortspezifische Konzeptionen zu
erstellen. Weiterhin sind Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen den
Fördermittelerst- und -letztempfängern abzuschließen, welche auf die aktuellen
85
Speck (2009): S. 125. 86
ebenda: S. 132 87
Speck (2009): S. 83. 88
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016): S. 2.
46 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
73,4 %
26,6 %
vorhanden nicht vorhanden
Abbildung 21 Schulsozialarbeiterbefragung: Vorhandensein einer schulstandortspezifischen Konzeption (n=143)
Bedarfe eingehen und in zweijährigem Rhythmus zu aktualisieren sind. Diese
Vereinbarungen sind wiederum Teil eines zyklischen Qualitätszirkels. Dieser sieht
auch vor, basierend auf der fortlaufenden Dokumentation sowie dem Sachbericht, in
jährlichen Dialogen über den Zustand und die Bedingungen der zu etablierenden
Angebote zu reflektieren.89
In der Befragung der
Schulsozialarbeiter/innen gab die
überwiegende Mehrheit an, auf
eine schulstandortspezifische
Konzeption zurückgreifen zu
können. Von den an der Schule
Tätigen wird dieser Zustand mit
einem Zustimmungswert von
86,4 % bestätigt.
Wie gezeigt, stellt das
Abschließen entsprechender
Vereinbarungen zwischen den
Akteuren (vor allem Schule und Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe) eine
wichtige Anforderung der Thüringer Richtlinie dar. Aus der Auswertung der
Sachberichte der Jahre 2013 bis 2015 geht hervor, dass dieser Aspekt im
entsprechenden Förderzeitraum an Bedeutung gewonnen hat. Jeweils neun, zwölf
bzw. elf Gebietskörperschaften geben für die jeweiligen Folgejahre an,
standortspezifische Bedarfe erfassen und Konzeptionen und Angebote hierauf
abstimmen zu wollen. Es zeigt sich weiterhin, dass die Vorgabe des
Landesprogramms, Kooperationsvereinbarungen zwischen den Akteuren
abzuschließen, von den befragten Trägern als relevanter Erfolgsfaktor eingeschätzt
wird. Auch zeigt sich an anderer Stelle, dass diese Vereinbarungen in der ganz
überwiegenden Anzahl der Fälle seitens der Schulen eingehalten werden (rund 77 %
der befragten Trägervertreter/innen positionieren sich hier affirmativ). Daher wird zu
zeigen sein, dass das Vorhandensein schul- bzw. standortspezifischer Konzeptionen
die Einflussmöglichkeiten von Schulsozialarbeit insgesamt deutlich erhöht.
89
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 10 f.
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 47
Abbildung 22 Trägerbefragung: Beitrag Abschließen von Kooperationsvereinbarungen zum Gesamterfolg des
Förderprogrammes (n=39)
4.5.2 Dokumentation und Sachberichterstattung
Aufschlussreich sind außerdem die Anforderungen zur Zielerreichungskontrolle in der
Förderrichtlinie. Der Zuwendungsgeber (Land Thüringen) erlegt den Erst- bzw.
Letztempfängern (öffentliche und freie Kinder- und Jugendhilfeträger) einige
Nachweispflichten auf. Hierfür sind vor allem die Quantitäten der erbrachten
Angebote, deren Nutzung sowie die Zeitaufwendungen der Beschäftigten zu
erfassen. Ferner sind jährliche Sachberichte vorzulegen, welche die lokale quantitative
und qualitative Umsetzung des Förderprogrammes inhaltlich dokumentieren.90
Die durchgeführte Befragung zeigt, dass die Träger von Schulsozialarbeit in Thüringen
die ihnen auferlegten Dokumentationspflichten für den Gesamterfolg des
Förderprogrammes als vergleichsweise wenig und in der Zusammenschau aller
bewerten Fördervorgaben- bzw. Rahmenbedingungen zugleich als am wenigsten
relevant einschätzen.
Abbildung 23 Trägerbefragung: Beitrag der Landesvorgaben (Kooperationsvereinbarungen) zum Gesamterfolg des
Förderprogrammes (n=39)
90
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 5.
0 20 40 60 80 100
Abschluss von Kooperationsvereinbarungen41,0 41,0 10,3 7,7
in Prozent trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
0 20 40 60 80 100
Dokumentation der Tätigkeit (Statistik undSachbericht)
28,2 28,2 23,1 20,5
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
48 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Das Beibringen der Dokumentationen und Nachweise ist den
fördermittelempfangenden Gebietskörperschaften auferlegt. Die Vorlage derselben
erfolgt im Rahmen bestimmter Fristen. Für den Betrachtungszeitraum 2013 bis 2015
liegen alle erforderlichen Dokumente vor.
Förderzeitraum 2013 2014 2015
Sachberichte 23 23 23
Statistiken 23 23 23 Tabelle 4 In die Evaluation eingegangene Dokumentationen
4.5.3 Selbstevaluation
Einen weiteren Schwerpunkt stellen geforderte Selbstevaluationsaktivitäten dar. Auf
Trägerebene sind demnach in regelmäßigen Abständen Bestandteile der
pädagogischen Arbeit in den Blick zu nehmen und unter Zuhilfenahme geeigneter
Methoden und Daten einer Überprüfung zu unterziehen, deren Ergebnisse dann
wiederum in praxisrelevante Rückschlüsse münden.91 Über die Umsetzung dieser
Vorgabe liegen keine Daten vor.
4.5.4 Fortbildungen
Die kontinuierliche Inanspruchnahme von Weiterbildungen durch die Fachkräfte der
Schulsozialarbeit gehört zu einem allgemein anerkannten fachlichen Standard.92 Dies
findet sich auch in den fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen wieder. Wie
oben benannt, ist es auch Aufgabe der landesweiten fachlichen Begleitung,
Fortbildungen anzubieten. In jedem Falle greifen die Beschäftigten auch noch auf
andere Weiterbildungsmöglichkeiten zurück. Erkennbar ist, dass die Träger der
Schulsozialarbeit in Thüringen die programmbegleitenden Fortbildungen als
wichtigen Erfolgsfaktor ansehen.
Abbildung 24 Trägerbefragung: Beitrag der Landesvorgaben (Fortbildungen) zum Gesamterfolg des
Förderprogrammes (n=38)
91
ebenda: S. 11. 92
Speck (2009): S. 83.
0 20 40 60 80 100
Programmbegleitende Fortbildung34,2 36,8 21,1 7,9
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 49
Dies spiegelt sich auch in der Anzahl der beanspruchten Fortbildungstage wider: Die
Auswertung der Statistikberichte der Jahre 2014 und 2015 unter Berücksichtigung der
Anzahl der Beschäftigten weist eine durchschnittliche Inanspruchnahme von acht
Weiterbildungstagen je Fachkraft aus.
Abbildung 25 Anzahl der Fort- und Weiterbildung in den Jahren 2014 und 2015
Erkennbar ist, dass die Thüringer Regularien durchaus umfangreiche Anforderungen
hinsichtlich Qualitätssicherung und -entwicklung an die gewährten
Landesfördermittel binden. Diese entsprechen in ihren Kernforderungen den fachlich
anerkannten Standards (Dokumentation, Selbstevaluation, Fort- und Weiterbildung).
Die Umsetzung derselben lässt sich im Rahmen der vorliegenden Evaluation nur
teilweise nachhalten: So bleibt es fraglich, inwiefern die in den fachlichen
Empfehlungen angelegten Qualitätsgespräche zwischen Fördermittelerst- und -
zweitempfängern umgesetzt werden oder wie Selbstevaluationsprozesse Anwendung
finden. Da diese Aspekte entweder unmittelbar durch die Richtlinie oder unmittelbar
durch die fachlichen Empfehlungen als Muss-Bestimmungen an die
Fördermittelgewährung gebunden sind, lässt sich zumindest deren Vorhandensein
unterstellen. Wie gezeigt, trifft beispielsweise das Abschließen von
Kooperationsvereinbarungen insgesamt auf positive Resonanz, wird aber auch als
fortwährende Entwicklungsaufgabe eingeschätzt.
Ersichtlich wird anhand der vorliegenden Dokumente auch, dass die geförderten
Gebietskörperschaften den an sie gestellten Dokumentationsanforderungen
nachkommen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass sowohl aus der Sicht der Träger als auch der
Schulsozialarbeiter/innen die Rahmenvorgaben zum Erfolg des Landesprogramms
beitragen. In den folgenden Übersichten werden aber auch die unterschiedlichen
Sichtweisen auf diese Vorgaben deutlich.
Fort- und Weiterbildungstage:
2257
2014 Fort- und
Weiterbildungstage: 2119
2015
50 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 26 Gegenüberstellung der Einschätzungen der Träger der Schulsozialarbeit und der
Schulsozialarbeiter/innen: Beitrag der Rahmenvorgaben zum Erfolg der Schulsozialarbeit I (n=38-147)
0 20 40 60 80 100
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Ber
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Lan
des
rich
tlin
ie
87,2
94,6
70,0
92,5
82,5
89,0
57,5
87,4
85,0
81,3
82,1
79,3
71,1
77,8
10,3
3,4
22,5
6,8
17,5
8,9
25,0
8,4
10,0
11,1
10,3
15,2
18,4
17,4
2,6
2,0
7,5
0,7
2,1
17,5
4,2
5,0
7,6
7,7
5,5
10,5
4,9
in Prozent
trifft voll/eher zu teils/teils trifft eher/gar nicht zu
Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit in Thüringen (inputs) 51
Abbildung 27 Gegenüberstellung der Einschätzungen der Träger der Schulsozialarbeit und der
Schulsozialarbeiter/innen: Beitrag der Rahmenvorgaben zum Erfolg der Schulsozialarbeit II (n=38-147)
0 20 40 60 80 100
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Träger der Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeiter/innen
Pro
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71,1
76,0
71,8
65,8
67,5
65,0
53,8
57,2
48,7
54,5
56,4
33,6
21,1
17,8
25,6
26,7
22,5
26,6
28,2
29,0
35,9
33,8
23,1
36,3
7,9
6,2
2,6
7,5
10
8,4
17,9
13,8
15,4
11,7
20,5
30,1
in Prozent
trifft voll/eher zu teils/teils trifft eher/gar nicht zu
52 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
5 L E I S T U N G E N D E R S C H U L S O Z I A L A R B E I T ( O U T P U T S )
Mit Outputs werden Leistungen bezeichnet, die alle Tätigkeiten umfassen, die im
Rahmen eines Projektes ausgeübt werden. Im konkreten Fall handelt es sich um
Leistungen der Schulsozialarbeit. Darüber hinaus wird auch die Nutzung der
Leistungen durch die Zielgruppe unter Outputs betrachtet. Kurz und Kubek
unterscheiden dabei drei Stufen der Analyse von Outputs. Outputs der Stufe 1 sind
alle Angebote, die der Zielgruppe zur Verfügung gestellt und in ihrer Quantität
benannt werden können. Auf Stufe 2 findet eine Betrachtung der durch die Zielgruppe
genutzten Leistungen statt. Outputs der Stufe 1 und 2 lassen sich dann in einen
direkten Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen, also den Inputs bringen.
Diese Zusammenhänge ermöglichen anschließend Aussagen über die Effizienz der
Projektumsetzung. Mittels Stufe 3 wird die Zufriedenheit der Zielgruppe in Bezug auf
die Leistungen analysiert. Hintergrund der Zufriedenheitsanalyse in Bezug auf die
Angebote und Leistungen ist die Annahme, dass mit der Zufriedenheit ein Gefühl des
„sich ernst genommen Fühlens“ einhergeht. Durch das Gefühl der Zufriedenheit
erscheinen der Zielgruppe die Angebote als nützlich und es können dadurch
Entwicklungen angestoßen werden. Die Projektbasis bilden die Leistungen, die bei
der Zielgruppe Wirkungen erzeugen. Jedoch ist die Zufriedenheit als eine notwendige
aber nicht hinreichende Bedingung für das Erreichen von Wirkungen anzusehen.93
Die folgenden Schwerpunkte werden der Betrachtung der Outputs zugrunde gelegt.
Diese orientieren sich maßgeblich an den fachlichen Empfehlungen der
schulbezogenen Jugendsozialarbeit in Thüringen und gliedern sich nach deren
Zielgruppen:94
- Arbeit mit einzelnen jungen Menschen,
- Arbeit mit Schüler/innengruppen,
- Krisenintervention,
- Arbeit mit Eltern und Erziehungsberechtigten,
- Arbeit mit im Schulkontext tätigen Personen,
- Zusammenarbeit mit Partnern/innen der Bildungslandschaft.
Betrachtet man das oben aufgezeigte Zielgruppenspektrum der Schulsozialarbeit so
wird deutlich, dass hierfür eine Vielfalt von Angebotsformen notwendig ist. Speck
thematisiert in Anbetracht dieser Angebotsbreite die mögliche Gefährdung einer
Profillosigkeit aus Sicht Außenstehender sowie einer Überlastung der
Schulsozialarbeit. Daher ist ein klares Angebotsprofil mit einer Prioritätensetzung
93
vgl. Kurz/Kubek (2013): S. 36 ff. 94
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014) S. 5 f.
Leistungen der Schulsozialarbeit (outputs) 53
notwendig.95 Die fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen beschreiben die
Aufgabenfelder der Schulsozialarbeit unter der Prämisse der Schwerpunktsetzung
anhand des Bedarfes der jeweiligen Schule sowie der Abstimmung mit den Akteuren
vor Ort. 96 In diesen schulspezifischen Konzeptionen kommen die durch die
Schulsozialarbeiter/innen ermittelten und mit den schulinternen Akteuren
abgestimmten Bedarfe zum Ausdruck. Die Konzeptionen enthalten somit konkrete
Tätigkeitsschwerpunkte und Aufgabenfelder der Schulsozialarbeit an der jeweiligen
Schule.
5.1 Arbeit mit einzelnen jungen Menschen
Die Leistungen der Arbeit mit einzelnen jungen Menschen folgen überwiegend den in
den fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen beschriebenen Aufgabenfeldern.
Beratung und Information zu allen Lebensfragen bei individuellen Problemen
(in und auch außerhalb der Schule),
Einzelfallhilfen bei komplexen Problemlagen,
Vermittlung von einzelnen Schülern/innen in weiterführende Hilfen bzw. an
Fachdienste (z. B. Jugendamt, Sozialamt, Bundesagentur für Arbeit etc.).97
Nach Speck gehören Beratung und Begleitung von Schülern/innen zu den
Kernaufgaben von Schulsozialarbeit. Dies umfasst Einzelfallhilfe, Beratungsgespräche
bei sozialen, schulischen, persönlichen und beruflichen Problemen sowie Sprechzeiten
und Einzelförderung. Die Vermittlung in weiterführende Hilfen, die Speck nicht
explizit als eine Kernleistung der Schulsozialarbeit benennt, wird jedoch in Thüringen
zu diesen gezählt.98 Anhand von Untersuchungen verschiedener Landesprogramme in
Deutschland stellt Speck fest, dass Schulsozialarbeit ein komplexes Leistungsangebot
aus präventiven und intervenierenden Leistungen erfordert.99 Der Vergleich des
Thüringer Landesprogramms mit anderen Bundesländern zeigt in einigen
Leistungsbereichen klare Unterschiede. So ist die Gestaltung und Durchführung von
Freizeitangeboten in Thüringen nicht über das Landesprogramm vorgesehen. In
Ausnahmefällen können Freizeitangebote mit einer spezifischen Zielsetzung,
beispielweise der Bekanntmachung der Schulsozialarbeit oder dem Erreichen
bestimmter Zielgruppen, eingesetzt werden. Auch Deinet subsumiert Freizeit- und
Betreuungsangebote unter die wichtigsten Arbeitsbereiche von Schulsozialarbeit100.
Neben dem Anbieten von Freizeitaktivitäten sehen Landesprogramme anderer
95
Speck, Karsten (2009): S. 70. 96
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 5. 97
ebenda: S. 5. 98
Speck (2009): S. 70. 99
Speck (2009): S. 69. 100
Deinet, Ulrich (2015): Schulsozialarbeit im Spannungsfeld von Schulstandort und Sozialraum. In: Bundeskongress Schulsozialarbeit – Kongressdokumentation. Dortmund, S. 40.
54 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Bundesländer zum Teil auch die Durchführung von Exkursionen vor. Freizeitangebote
an Thüringer Schulen sind in Thüringen im Rahmen der schulbezogenen Jugendarbeit
förderfähig.
Der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit nimmt Stellung zum Verhältnis von
Prävention und Einzelfallhilfe. Diese Aspekte sollten demnach in einem
ausgewogenen Verhältnis stehen.101 Der präventive Aspekt der Schulsozialarbeit wird
durch den Deutschen Verein um den Aspekt der niedrigschwelligen
sozialpädagogischen Hilfestellung ergänzt102. In wesentlichen Punkten bestehen
jedoch Gemeinsamkeiten zwischen den beschriebenen Leistungen und Angeboten
und dem Angebotsspektrum in Thüringen. Andernorts wird auch Begleitung von
Übergängen zwischen Schule und Beruf als Betätigungsfeld von Schulsozialarbeit
erachtet.103
101
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (2015): S. 7. 102
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. (2014): Diskussionspapier des Deutschen Vereins zur Entwicklung und Verortung der Schulsozialarbeit. S. 9. 103
Deinet, Ulrich (2015): S. 40.
Leistungen der Schulsozialarbeit (outputs) 55
Abbildung 29 Bestandsanalyse und Schulsozialarbeiterbefragung: Entwicklung der Leistungen für einzelne junge Menschen
5,3
4,6
-0,8
-10,0 -5,0 0,0 5,0 10,0
Beratung von Schülern/innen
Einzelfallhilfe fürSchüler/innen
Tür-und-Angel-Gespräche mitSchülern/innen
Entwicklung der Leistungen 2014 zu 2015
Die Arbeit mit einzelnen jungen
Menschen beanspruchte 2015 in
Thüringen mit 45,3 % den
größten Anteil der gesamten
Leistungen der
Schulsozialarbeit. Dies
entspricht einer gesamten
Anzahl von 41.316 Fällen. Dieses
deckt sich mit den Angaben aus
der Befragung der
Schulsozialarbeiter/innen: Tür-
und-Angel-Gespräche mit
Schülern/innen, Beratungen und
Einzelfallhilfen zählen zu den am
häufigsten erbrachten Leistungen. Werden die einzelnen Angebote bezogen auf die
Zielgruppe im Jahresvergleich betrachtet, ist eine Verschiebung des Anteils der
Beratungen hin zu mehr Einzelfallhilfen sichtbar.
Jahr Einzelfallhilfen Beratung
absolute Angaben
in Prozent absolute Angaben
in Prozent
2013 3.967 16,3 % 6.940 28,8 %
2014 18.767 19,9 % 23.691 25,2 %
2015 20.087 22,0 % 21.229 23,3 %
Tabelle 5 Beratung und Einzelfallhilfen im Jahresvergleich
Im Jahr 2015 bilden Beratung
und Einzelfallhilfe einen
ähnlichen Anteil. Der Vergleich
zwischen den Befragungen der
Schulsozialarbeiter/innen der
Jahre 2014 und 2015
(Bestandsanalyse und
Wirkungsanalyse) verdeutlicht
einen Anstieg im Bereich der
Beratung von Schülern/innen
und der Einzelfallhilfe. Tür- und
Angel-Gespräche haben von
2014 zu 2015 um 0,8
45,3 % der Fälle sind Arbeit mit einzelnen
jungen Menschen.
23,3 % Beratung
22,0 % Einzelfallhilfen
52,0 % der Sitzungen sind
Arbeit mit einzelnen jungen Menschen.
18,6 % Beratung
33,4 % Einzelfallhilfen
Abbildung 28 Leistungen für einzelne junge Menschen (2015)
45,3 % der Fälle sind Arbeit mit einzelnen
jungen Menschen.
23,3 % Beratung
22,0 % Einzelfallhilfen
52,0 % der Sitzungen sind
Arbeit mit einzelnen jungen Menschen.
18,6 % Beratung
33,4 % Einzelfallhilfen
56 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Prozentpunkte abgenommen.
Im Durchschnitt beansprucht in der Anfangsphase des Landesprogramms im Jahr
2013 ein Fall 1,6 Sitzungen. In den Jahren 2014 und 2015 waren durchschnittlich 1,8
Sitzungen pro Fall notwendig. Insgesamt entfallen 52,0 % der Sitzungen auf die Arbeit
mit einzelnen jungen Menschen. Das entspricht einer absoluten Anzahl von 78.813
Sitzungen. Dabei überwiegen Sitzungen für Einzelfallhilfen gegenüber Beratungen
(siehe Tabelle 6).
Jahr Einzelfallhilfen Beratung
absolute Angaben
in Prozent absolute Angaben
in Prozent
2015 50.630 33,4 % 28.183 18,6 %
Tabelle 6 Beratung und Einzelfallhilfen im Jahresvergleich nach Sitzungen
Die Betrachtung der Sitzungsanzahl pro Einzelfallhilfe nach Schularten macht
deutlich, dass Hilfen an Förder- und Regelschulen die meiste Zeit beanspruchen (2,9
bzw. 2,7 Sitzungen).
2015 Beratung Einzelfallhilfen104
Gemeinschaftsschulen 1,4 2,5
Grundschulen 1,1 2,2
Regelschulen 1,4 2,7
Gymnasien 1,4 2,4
Gesamtschulen 1,4 2,0
Förderschulen 1,4 2,9
Berufsbildende Schulen 1,3 2,5
Durchschnitt Thüringen 1,4 2,6 Tabelle 7 Durchschnittlich aufgewendete Sitzungen pro Fall nach Schulart in 2015
Die Befragung der Schulsozialarbeiter/innen ergab, dass das Erbringen von
Einzelfallhilfen und Beratungen abhängig von der Anzahl der Wochenstunden des/r
Schulsozialarbeiters/in ist. Weitere Einflussfaktoren sind die Anzahl der an der Schule
tätigen Schulsozialarbeiter/innen, die Durchführung gemeinsamer Weiterbildungen
mit Lehrkräften sowie die Beschäftigungskontinuität des sozialpädagogischen
Personals.
104
Der durchschnittliche Wert für Einzelfallhilfen müsste bei mindestens 3 liegen, da Einzelfallhilfen durch die Anzahl der Sitzungen von Beratungen unterschieden werden. Es ist zu vermuten, dass von den 3 Beratungen, die eine Einzelfallhilfe ergeben, nicht alle Sitzungstermine den Einzelfallhilfen zugeordnet wurden und dementsprechend ein Wert kleiner 3 entsteht.
Leistungen der Schulsozialarbeit (outputs) 57
Abbildung 30 Schulsozialarbeiterbefragung: Einflussfaktoren auf die Leistungen der Schulsozialarbeit für einzelne
junge Menschen (n=131-154)
Die Nutzung der angebotenen Leistungen macht deutlich, dass fast überall der/die
Schulsozialarbeiter/in als Ansprechpartner/in bei Problemen für die jungen Menschen
gesehen wird. Dies belegen die Befunde aus allen zugrundeliegenden Erhebungen.
Auch eine vermehrte Nutzung von Freizeitangeboten sei zu einem gewissen Anteil
durch die Schulsozialarbeit entstanden (40,4 %) so die Einschätzung der an der Schule
Tätigen.
5.2 Arbeit mit Schüler/innengruppen
Angebote für Schüler/innengruppen beziehen sich zum einen auf Angebote in und mit
Schulklassen und zum anderen auf Angebote für freie Gruppen. In und mit
Schulklassen findet sozialpädagogische Gruppenarbeit im Sinne von
Kompetenztrainings, Unterstützung von Lerngruppen mit gruppenpädagogischen
Methoden sowie Beratung und Vermittlung zwischen jungen Menschen und den im
Schulkontext tätigen Personen statt. Angebote für freie Gruppen sind vorwiegend im
Sinne von Präventionsangeboten zu sehen, beispielsweise zu Themen wie
Gesundheit, Sexualität, Medien oder Gewalt. Darüber hinaus gehören auch die Arbeit
mit Migranten/innen und die Beratung der Schüler/innenvertretung zu den Angeboten
für freie Gruppen. Voraussetzung für die Präventionsarbeit mit freien Gruppen ist eine
freiwillige Teilnahme. Die sozialpädagogische Gruppenarbeit (z. B. Projektarbeit,
Kompetenztrainings) gehört laut Speck ebenfalls zu den Kernleistungen der
Schulsozialarbeit.
Die Arbeit mit Schüler/innengruppen bzw. die sozialpädagogische Gruppenarbeit
beansprucht im Vergleich zur Arbeit mit einzelnen jungen Menschen einen geringeren
Einzelfallhilfen/ Beratungen
zwei oder mehr Schulsozialarbeit-er/innen an einer
Schule
30 bis 40 Wochenstunden einer
Fachkraft an einer Schule
gemeinsame Weiterbildungen für
Lehrkräfte und Schulsozialarbeit-er/in
nen
kein Personalwechsel in der Schulsozialarbeit
58 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 32 Bestandsanalyse und Schulsozialarbeiterbefragung: Entwicklung der Leistungen für Schüler/innengruppen
14,1
12,0
10,2
5,0
4,2
0,0 5,0 10,0 15,0 20,0
Gruppenangebote
Freizeitangebote
Schülersprecherarbeit
Projektarbeit
Streitschlichtung
Entwicklung der Leistungen 2014 zu 2015
Anteil der Arbeitsleistung der Sozialarbeiter/innen. 11,0 % der Fälle105 entfielen 2015
auf sozialpädagogische Gruppenarbeiten. Ausgehend von den Sitzungen entsprachen
14,5 % sozialpädagogischer Gruppenarbeit. Sowohl die Anteile der entsprechenden
Leistungen an allen Fällen als auch an allen Sitzungen sind seit Beginn des
Landesprogramms angestiegen. Durchschnittlich finden zwei Sitzungen pro
Gruppenarbeit statt.
Betrachtet man die Angebotsformen noch einmal genauer, so ist festzustellen, dass
neben den klassischen Gruppenangeboten auch Projekte, Streitschlichtung und
Integrationsarbeit mit Schülern/innen häufig wiederkehrende Bestandteile sind.
Abbildung 31 Schulsozialarbeiterbefragung: Leistungen bezogen auf Schüler/innengruppen (n=153-154)
Der Vergleich zwischen der Einschätzung der Schulsozialarbeiter/innen im Rahmen
der Bestandsanalyse (2014)
und der Wirkungsanalyse
(2015) verdeutlicht, dass aus
dieser subjektiven Perspektive
mehr Angebote etabliert
worden sind.
Die Häufigkeit der Angebote
für Schüler/innengruppen ist
von verschiedenen Faktoren
abhängig: Gruppenangebote
105
Im Rahmen der statistischen Erhebungen wurden Angebote der Gruppenarbeit analog zur Beratung in Fälle
(entspricht hier Angebot) und Sitzungen (entspricht hier Einheit/Treffen) unterteilt. Gemeint ist hier also die Anzahl der Angebote der Gruppenarbeit
0 20 40 60 80 100
Gruppenangebote
Projektarbeit
Schülersprecherarbeit
Integrationsarbeit mit Schülern/innen
Streitschlichtung
Freizeitangebote
21,6
15,6
11,7
11,0
7,8
6,5
49,7
40,9
17,5
26,6
39,2
21,4
23,5
28,6
26,0
38,3
40,5
29,9
4,6
11,7
27,9
22,1
11,8
18,2
0,7
3,2
16,9
1,9
0,7
24,0
in Prozent
sehr oft oft teils/teils selten nie
Leistungen der Schulsozialarbeit (outputs) 59
werden tendenziell häufiger durchgeführt, wenn die Schulsozialarbeiter/innen 30
Wochenstunden oder mehr an einer Schule tätig sind und kein Personalwechsel
stattgefunden hat. Außerdem scheinen gemeinsame Weiterbildungen mit den
Lehrkräften, schulspezifische Konzeptionen sowie das Zusammenwirken mehrerer
Schulsozialarbeiter/innen einen Einfluss zu haben, der sich durch ein vermehrtes
Angebot von Leistungen für Schüler/innengruppen ausdrückt.
Abbildung 33 Schulsozialarbeiterbefragung: Einflussfaktoren auf Gruppenangebote der Schulsozialarbeit (n=141-
153)
5.3 Krisenintervention
In Thüringen gehören Kriseninterventionen explizit zum Leistungsbereich der
Schulsozialarbeit. Konkret beinhalten diese Leistungen das Eingreifen in Krisen, die
Moderation von Interventionen sowie die Vermittlung in weiterführende Hilfen und
Fachdienste, sofern hierfür Notwendigkeit besteht (z. B. Sozialamt, Beratungsstellen,
Jugendamt, Integrationsamt, Bundesagentur für Arbeit).106
In der herangezogenen Literatur wird Krisenintervention nur teilweise als
Kernaufgabe der Schulsozialarbeit beschrieben, so beispielsweise in den Leitlinien für
Schulsozialarbeit des Kooperationsverbundes Schulsozialarbeit. 107 Einzelne
Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen oder Brandenburg benennen ebenfalls
Krisenintervention als Aufgabenfeld.
106
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 5. 107
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (2015): S. 13 f.
Gruppen-angebote
zwei oder mehr Schulsozialar-
beiter/innen pro Schule (87,3 %)
30 bis 40 Wochen-stunden an einer Schule (76,1 %)
eine Schule pro Fachkraft (72,3 %)
kein Personal-wechsel in der
Schulsozialarbeit (77,4 %)
gemeinsame Weiterbildungen mit Lehrkräften
(80,6 %)
schulspezifische Konzeption
(76,0 %)
60 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Der Anteil der Krisenintervention an den Leistungen der Schulsozialarbeit ist seit
Beginn des Thüringer Landesprogramms im Jahr 2013 kontinuierlich zurückgegangen.
2013 betrug dieser Anteil an der Gesamtfallanzahl 10,1 %, 2014 waren es 6,0 % und
2015 nur noch 4,6 %. Die Analyse der Statistiken macht deutlich, dass
Kriseninterventionen 2,7 % aller im Rahmen von Schulsozialarbeit erbrachten
Sitzungen auf sich vereinen (2015). Auch hier lässt sich ein Rückgang verzeichnen.
Diese Entwicklung bestätigen sowohl die Sachberichte der Jugendämter als auch die
Bestands- und Wirkungsanalyse. Aufschlussreich ist auch, dass knapp ein Drittel der
Schulsozialarbeiter/innen angeben, sehr oft bzw. oft Krisenintervention
durchzuführen. Das subjektive Empfinden weicht also von den tatsächlichen Fall- und
Sitzungszahlen ab. Nach Ansicht der an der Schule tätigen Personen begünstigen die
Anzahl der Schulsozialarbeiter/innen an der Schule, eine vorhandene Konzeption
sowie die Dauer der Tätigkeit an der Schule das Hinzuziehen der
Schulsozialarbeiter/innen zu Interventionen durch die an der Schule Tätigen.
Abbildung 34 Befragung an der Schule Tätige Einflussfaktoren auf die Interventionen (n=149-218)
108
5.4 Arbeit mit Eltern und Sorgeberechtigten
Eltern und Sorgeberechtigte109 sind, neben Schülern/innen, regelmäßige Zielgruppe
von Schulsozialarbeit. In der Thüringer Richtlinie der schulbezogenen
108
Die Prozentangaben beziehen sich auf die Zustimmungswerte zu den Aussagen „sehr oft“ und „oft“. 109
Die Begriffliche Unterscheidung zieht im weiteren Verlauf keine Konsequenzen nach sich: Eltern und Personensorgeberechtigte werden nicht separat betrachtet. Daher wird im Fortgang nur noch von Eltern gesprochen.
Die Schulsozialarbeit
wurde für Interventionen hinzugezogen
Anzahl
zwei oder mehr Schulsozialarbeiter/innen
82,4 %
Dauer
Schulsozialarbeit vor 2013
81,5 %
Schulsozialarbeitsähnliche Projekte vor 2013
82,8 %
Konzeption
schulspezifische Konzeption
82,8 %
Leistungen der Schulsozialarbeit (outputs) 61
Jugendsozialarbeit findet daher gleichermaßen eine Zielsteuerung in Bezug auf
Lehrkräfte und Eltern statt.110 Die fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen
definierten hinsichtlich der Leistungen in Bezug auf die Eltern fünf Leistungsbereiche:
Beratung von Eltern und Sorgeberechtigten bei schulbezogenen
Schwierigkeiten der Kinder sowie bei Erziehungs- und Lebensfragen,
Beratung und Vermittlung bei Problemlagen zwischen Eltern bzw. jungen
Menschen und der im Schulkontext tätigen Personen,
Beratung und Unterstützung der Elternvertretung,
Durchführung von Gruppenangeboten für und mit Eltern und
Sorgeberechtigten und
Vermittlung in weiterführende Hilfen und Fachdienste (z. B. Beratungsstellen,
Sozialamt, Jugendamt, Bundesagentur für Arbeit, Integrationsamt).111
Andere Bundesländer sowie einschlägige Fachliteratur benennen die Beratung von
Eltern gleichermaßen als einen Leistungsbereich der Schulsozialarbeit. In Hamburg
umfasst die Elternarbeit offene Sprechstunden, gegebenenfalls Hausbesuche sowie
Einzelgespräche.112 Ähnlich beschreiben dies auch andere Städte und Länder, wie
beispielsweise Potsdam.113
Die Arbeit mit Eltern beansprucht mit 8,4 % einen relativ geringen Anteil der
Gesamtfallanzahl. Dabei lässt sich ein leichter Anstieg der Fallhäufigkeit seit Beginn
des Landesprogramms verzeichnen. Diese Tendenz bestätigt sich auch anhand der
Sachberichte. Die Betrachtung nach Sitzung ergibt, dass die Arbeit mit Eltern 5,9 %
der Gesamtsitzungsanzahl beansprucht. Laut der Befragung aus dem Jahre 2015
beraten knapp die Hälfte der befragten Schulsozialarbeiter/innen Eltern. Ferner gehen
über 90 % der Befragten davon aus, dass Eltern eine/n Ansprechpartner/in bei
Problemen mit ihrem/n Kind/ern durch sie haben. Zudem sind auch 86 % der
befragten an der Schule tätigen Personen wie Lehrer/innen hiervon überzeugt. Jedoch
ist eine enge Kooperation mit den Elternvertretungen nur bei einem geringen Anteil
der Schulsozialarbeiter/innen vorzufinden. Insgesamt ist für die Arbeit mit Eltern die
Personalausstattung ausschlaggebend. Dieses Ergebnis wird vor allem durch die
Einschätzung der an der Schule tätigen Personen bestätigt.
110
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2016): S. 1. 111
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 6. 112
Freie und Hansestadt Hamburg (2013): Rahmenvereinbarung: Regionale Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe für die Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit besonders herausforderndem Verhalten. Hamburg, S. 4 ff. 113
Landeshauptstadt Potsdam (2015): Gesamtkonzept – Schule Jugendhilfe. Potsdam, S 52.
62 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
5.5 Arbeit mit im Schulkontext Tätigen
Die Zielgruppe der im Schulkontext tätigen Personen umfasst die Schulleiter/innen,
die Lehrer/innen und alle weiteren Personen, wie beispielsweise
Beratungslehrer/innen, Berufsberater/innen oder Integrationsbegleiter/innen. Beim
Einbeziehen anderer Quellen wird deutlich, dass Lehrer/innen häufig als Zielgruppe
benannt werden. In Thüringen umfassen die entsprechenden Leistungen folgende
Tätigkeiten:
Kooperation mit der Schulleitung und den im Schulkontext tätigen Personen
(Schulentwicklung),
Beratung und Unterstützung bei schulbezogenen Fragen und
Mitarbeit in schulischen Gremien.114
Die Mitwirkung in schulischen Gremien und die Zusammenarbeit mit Lehrkräften ist
eine Kernleistung der Schulsozialarbeit115. Die obengenannten Tätigkeiten Thüringer
Schulsozialarbeiter/innen sind mit denen anderer Bundesländer und den
Beschreibungen in der Fachliteratur insgesamt vergleichbar. Eine Besonderheit der
Thüringer Regularien ist die Berücksichtigung anderer Berufs- bzw. Statusgruppen
zusätzlich zum Lehrpersonal als designierte Adressaten/innen der Leistungen.
Aus der Statistik der Schulsozialarbeit in Thüringen geht hervor, dass 2015 ein Fünftel
der erbrachten Fälle auf Leistungen und Angebote entfielen, die sich an in der Schule
tätige Personen richten. Davon entfallen wiederum der Großteil der Fälle (16,8 %) auf
die Arbeit mit Lehrern/innen und der geringste Anteil mit sonderpädagogischen
Fachkräften (3,2 %). Über die Jahre 2013 bis 2015 sind dabei nur geringe
Veränderungen sichtbar. Interessant erscheint hierbei die Betrachtung nach
Schularten. Die Arbeit mit Lehrern/innen nimmt an Gymnasien einen höheren
Stellenwert ein als an anderen Schularten. Die Betrachtung der oben genannten
Leistungen nach den durchgeführten Sitzungen ergibt ein ähnliches Bild. So entfallen
16,5 % der Sitzungen auf die Beratung/Unterstützung von an der Schule tätigen
Personen. Auffällig ist, dass die Anzahl der Sitzungen pro Fall seit dem Jahr 2013
kontinuierlich angestiegen ist. Die Gremienarbeit ist in Bezug auf deren Häufigkeit
von 2013 bis 2015 leicht angestiegen (2013: 7,3 %; 2014: 8,4 %; 2015: 9,1 %).
Nach Einschätzung der befragten Schulsozialarbeiter/innen ist die Kooperation mit
internen Partnern das bedeutsamste Betätigungsfeld. Aus Sicht der an der Schule
tätigen Personen steht die Kooperation und gemeinsame Arbeit mit
Schulsozialarbeitern/innen ebenfalls im Fokus der Zusammenarbeit. Kooperationen
finden in Form gemeinsamer Absprachen über Schüler/innen bei Problemlagen und
114
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 6. 115
Speck (2009): S. 70 f.
Leistungen der Schulsozialarbeit (outputs) 63
der Einbeziehung/Hinzuziehung der Schulsozialarbeiter/innen zu Projekten sowie
Arbeitsgemeinschaften statt. Die Beratung von Lehrern/innen nimmt gegenüber der
Arbeit mit sonderpädagogischen Fachkräften einen höheren Anteil ein. Dies
entspricht im Wesentlichen auch dem an den Schulen vorzufindenden Verhältnis von
Lehrer/innen und sonderpädagogischen Fachkräften. Ferner ist knapp die Hälfte der
Schulsozialarbeiter/innen nach eigener Einschätzung in schulische Gremien
eingebunden.
Ein Einflussfaktor auf eine stärker ausgeprägte Kooperation zwischen
Schulsozialarbeitern/innen und an der Schule tätigen Personen ist die gemeinsame
Teilnahme an Weiterbildungen. Aber auch Personalkontinuität trägt zur besseren
schulinternen Kooperation, vermehrten Beratung von Lehren/innen durch
Schulsozialarbeiter/innen sowie ausgeprägten Einbeziehung in schulinterne Gremien
bei. Aus der Befragung der an der Schule tätigen Personen geht außerdem hervor,
dass das Leistungsspektrum der Schulsozialarbeiter/innen dann vermehrt diese
Angebote vorsieht, wenn zwei
oder mehr Schulsozialarbeiter/innen an der Schule tätig sind. Innerhalb der
durchgeführten Vor-Ort-Besuche wurden als begünstigende Faktoren einer guten
Zusammenarbeit innerhalb der Schule auch die Einbindung in Dienstberatungen,
Möglichkeiten der Reflexion oder auch regelmäßige Absprachen (monatlich) benannt.
Die Zusammenarbeit zwischen Schulsozialarbeitern/innen und Lehrern/innen wird
insgesamt als gewinnbringend eingeschätzt. Durch bestehende Kooperationen (z. B.
gemeinsame Projekte, Hospitationen, Besprechungen) wird die Einbindung der
Schulsozialarbeiter/innen in den Schulalltag begünstigt.
5.6 Zusammenarbeit mit Partnern/innen in der Bildungslandschaft
Für eine gelingende Vernetzung und Einbindung in den Sozialraum ist die
Zusammenarbeit mit den verschiedenen Partnern/innen der Bildungslandschaft
unabdingbar. Die fachlichen Empfehlungen Thüringens umfassen diesbezüglich
folgende Aktivitäten:
Mitarbeit in Gremien,
Sozialraum-, Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit,
Vernetzung schulischer Angebote mit Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe,
Vernetzung und Kooperation mit externen Institutionen.116
Der Deutsche Verein und Speck legen jeweils in ihren Ausführungen dar, dass die
Einbettung in sozialräumliche Netzwerke und kommunale Bildungslandschaften
sowie die Zusammenarbeit und Vernetzung mit dem Gemeinwesen zum
116
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 6.
64 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 35 Bestandsanalyse und Schulsozialarbeiterbefragung: Entwicklung der Zusammenarbeit mit Partnern in der Bildungslandschaft
0 10 20
Kooperation mit externenPartnern/innen
Aufbau eines regionalenNetzwerkes
17,9
10,6
Prozentpunkte
Entwicklung der Leistungen 2014 zu 2015
Abbildung 36 Bestandsanalyse und Schulsozialarbeiterbefragung: Entwicklung der Kooperationen mit Partnern in der Bildungslandschaft
0 5 10 15 20
Einrichtungen der Kinder undJugendarbeit
Beratungsstellen
Fachdienste (z.B.Schulpsychologischer Dienst)
Jugendamt
Vereine und Verbände imStadtteil
20,0
18,2
15,8
12,3
12,2
Prozentpunkte
Entwicklung der Leistungen 2014 zu 2015
Angebotsspektrum der Schulsozialarbeit zu zählen sind. 117 118 Einzelne Bundesländer
oder Städte, wie Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen oder Potsdam äußern sich
ebenfalls im Sinne der Notwendigkeit von außerschulischen Kooperationen und
sozialräumlicher Vernetzung. 119 120 121
In Thüringen kooperieren die Schulsozialarbeiter/innen am häufigsten mit
Einrichtungen der Kinder- und
Jugendarbeit (61,2 %), mit dem
Jugendamt (61,0 %) sowie mit
Beratungsstellen (42,5 %). Die
Ergebnisse der Vor-Ort-
Besuche zeigen, dass
Kooperationen mit dem
Jugendamt (insbesondere mit
dem Allgemeinen Sozialen
Dienst (ASD)) vorwiegend im
Rahmen von Einzelfallhilfen
stattfinden.
Nach Einschätzung der Schulsozialarbeiter/innen lässt sich eine Intensivierung der
Kooperationen mit externen Partnern/innen sowie des Aufbaus eines regionalen
Netzwerkes im Verlauf der
Jahre 2014 zu 2015 beobachten.
Insgesamt geben 2015 über
zwei Drittel der
Schulsozialarbeiter/innen an,
sehr oft bis oft mit
schulexternen Partnern/innen
zu kooperieren (68,6 %). Eher
selten arbeiten die
Schulsozialarbeiter/innen mit
Vereinen und Verbänden aus
dem Stadtteil, der Agentur für
Arbeit oder potenziellen
Arbeitgebern/innen zusammen.
Bei der Betrachtung der
117
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. (2014): S. 9. 118
Speck (2009): S. 71. 119
Ministerium für Bildung und Wissenschaft Schleswig-Holstein (2014): S. 9. 120
Landesfachgruppe Schulsozialarbeit (2006): Rahmenrichtlinie des Deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit. Landesverband Nordrhein-Westfalen. Paderborn, S. 7 ff. 121
Landeshauptstadt Potsdam (2015): S. 52.
Leistungen der Schulsozialarbeit (outputs) 65
Entwicklung fällt auf, dass nach Einschätzung der Schulsozialarbeiter/innen vor allem
Kooperationen mit Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit an Bedeutung
gewonnen haben. Aber auch Beratungsstellen, Fachdienste, Jugendämter sowie
Vereine und Verbände im Stadtteil werden häufiger für die gemeinsame
Zusammenarbeit herangezogen.
Dabei ist zu beachten, dass Berufsorientierung und Berufsvorbereitung kein
intendiertes Ziel der Schulsozialarbeit in Thüringen darstellen. Auf die Kooperation
der Schulsozialarbeiter/innen mit der Bundesagentur für Arbeit hat der Schultyp einen
Einfluss. Es zeigt sich, dass vor allem Schulsozialarbeiter/innen an
Berufsbildungszentren über einen engen Kontakt zur Agentur für Arbeit verfügen.
Begünstigt wird eine Kooperation mit externen Partnern/innen durch folgende
Einflussfaktoren:
Besuch gemeinsamer Weiterbildungen von Lehrkräften und
Schulsozialarbeiter/innen,
personelle Kontinuität der Sozialpädagogen/innen,
Wochenarbeitszeiten von 30 oder mehr Stunden pro Schule,
Anzahl der an einer Schule tätigen Schulsozialarbeiter/innen.
Der Aufbau regionaler Netzwerke sowie die Öffentlichkeitsarbeit nehmen einen eher
geringen Raum im Rahmen der Tätigkeiten der Schulsozialarbeiter/innen ein.
66 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
6 W I R K U N G E N V O N S C H U L S O Z I A L A R B E I T ( O U T C O M E S )
Outcomes stellen die Wirkungen der Schulsozialarbeit auf der Ebene ihrer
Zielgruppen dar. Im Fachdiskurs werden drei Zielgruppen für Schulsozialarbeit
identifiziert. 122 Junge Menschen (Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene),
Personensorgeberechtigte (Eltern, Familien) und weitere im Schulkontext tätige
Personen (Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte). Ferner zielt Schulsozialarbeit auf die
Entwicklung der Institution Schule sowie des schulischen Umfeldes, weshalb auch für
die Schule in ihrer Gesamtheit Wirkungsziele definiert sind.123
Abbildung 37 Akteure und Wirkungslinien von Schulsozialarbeit (eigene Darstellung)
Auch bei der Betrachtung der Outcomes müssen sich Zieldefinition und
Zielerreichung gegenüberstehen. Die Zieldefinition umfasst den Soll-Zustand, die
spezifischen Wirkungsziele der Schulsozialarbeit. Zielerreichung stellt den Ist-Zustand
dar, also die – im Sinne des Soll-Zustands – veränderten Fähigkeiten, Fertigkeiten und
(Handlungs-) Kompetenzen der Zielgruppe(n). Von Wirkungen kann dann gesprochen
werden, wenn sich im Ist-Zustand die Merkmale des Soll-Zustands wiederfinden. Wird
zum Beispiel als Soll-Zustand definiert, dass Kinder und Jugendliche fähig sein sollen,
ihre individuellen Problemlagen besser zu bearbeiten, so kann dann von einer
Wirkung (durch die Schulsozialarbeit) gesprochen werden, wenn beobachtbare
122
Speck (2009): S. 53 f. 123
ebenda: S. 121.
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 67
Veränderungen bezüglich der Problembewältigungsfähigkeit von Kindern und
Jugendlichen zu erkennen sind/eintreten.
Inwiefern die Schulsozialarbeit in Thüringen im eigentlichen Sinne wirkt, es also auf
der individuellen Ebene der Kinder und Jugendlichen zu Veränderungen kommt, kann
auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchung nur im Ansatz geschlossen werden.
Dies liegt vor allem daran, dass die Hauptzielgruppe selbst bisher nicht befragt
worden ist. Vielmehr muss sich auf die Einschätzungen der handelnden
professionellen Akteure beschränkt werden. Beispielsweise beschreiben die befragten
Schulsozialarbeiter/innen, dass sie Verbesserungen der Sozialkompetenzen bei
Schülern/innen, mit denen sie arbeiten, erkennen können. Abgebildet wird mit dieser
Aussage allerdings nur die Beobachtung der Schulsozialarbeiter/innen und nicht ein
tatsächlicher Kompetenzzuwachs bei den Schülern/innen. Daher können auch nur
Aussagen hinsichtlich dieser Beobachtungen getroffen werden. Für diese Evaluation
wurden Erhebungen bei unterschiedlichen Akteuren durchgeführt, die jeweils ihren
besonderen Blick auf die Entwicklungen der Kompetenzen, Fähigkeiten und
Fertigkeiten der Kinder und Jugendlichen haben. Immer dann, wenn die Ergebnisse
zwischen den Akteuren korrelieren, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass hier
entsprechende Wirkungen zu erkennen sind.
Im weiteren Verlauf werden, je nach Zielgruppe, zunächst die definierten
Wirkungsziele des Thüringer Landesprogramms dargestellt und anschließend
diskutiert ob im Hinblick auf diese Ziele, Veränderungen in der jeweiligen Praxis
beobachtbar sind. Ergänzend werden die Wirkungsziele in Thüringen ins Verhältnis zu
Wirkungszielen anderer Bundesländer gesetzt.
6.1 Kinder- und Jugendliche
Die im Thüringer Landesprogramm und den entsprechenden Empfehlungen
beschriebenen Ziele der Schulsozialarbeit bezogen auf die Kinder und Jugendlichen
lassen sich primär den beiden Kompetenzbereichen Sozialkompetenz und
Selbstkompetenz zuordnen. Die Grundsätze zur Förderung an öffentlichen Schulen
aus Baden-Württemberg 124 , die fachlichen Empfehlungen aus Mecklenburg-
Vorpommern125 und auch das Förderprogramm „Schulerfolg sichern“ aus Sachsen-
Anhalt 126 beinhalten eine stärkere Fokussierung auf die Stabilisierung des
Schulerfolgs.. Der Freistaat Bayern konzentriert sich in seinen Wirkungsabsichten
auch auf die Integration von Jugendlichen, die durch Aggressivität und
Gewaltbereitschaft auffallen sowie auf die Integration von jungen Menschen mit
124
Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg (2016): S. 1. 125
Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern (2009): S. 3. 126
Land Sachsen-Anhalt (2014): S. 1.
68 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Migrationshintergrund.127 Im Bundesvergleich zeigen sich weitere Ziele, die mit Hilfe
der Schulsozialarbeit angestrebt werden. Diese lassen bisweilen einen bewusst
präventiveren Ansatz erkennen. An anderer Stelle finden sich auch deutlichere
Bildungsbezüge, die Fokussierung von Zu- und Übergängen zu bzw. zwischen
unterschiedlichen (Aus)Bildungssystemen sowie das Thema Gesundheitsförderung.128
Folgt man den gängigen Kompetenzmodellen, so könnte man vereinfacht davon
sprechen, dass in der Schule die verschiedenen Professionen mit unterschiedlichen
Schwerpunktsetzungen (Blickrichtungen) auf die Kompetenzentwicklung der Kinder
und Jugendlichen schauen.
Aufschluss über die zugeschriebenen Zuständigkeiten hinsichtlich der Herausbildung
bestimmter Kompetenzbereiche geben die 2015 durchgeführten Befragungen.
Erkennbar ist, dass den Schulsozialarbeitern/innen Verantwortung vor allem im
Bereich der Sozial- und Selbstkompetenzherausbildung zugeschrieben wird. Inverses
gilt für die Förderung von Sach- und Methodenkompetenzen. Diese werden eher dem
Lehrpersonal zugeschrieben. Die Zuschreibungen decken sich dabei durchaus mit den
oben diskutierten Wirkungszielen von Schulsozialarbeit in Thüringen. Einzig die
Zuordnungen der an der Schule Tätigen weichen sowohl in der Sozial- als auch in der
Selbstkompetenz deutlich ab.
127
Bayrisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (2012): S. 2. 128
Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (2015): S. 11 f.
Sachkompetenz
Selbstkompetenz
Soziale Kompetenz
Methodenkompetenz
Schulsozialarbeit
Schule
Abbildung 38 Kompetenzmodell
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 69
Abbildung 39 Kompetenzzuschreibungen der verschieden Akteure (Zusammenstellung aus den verschiedenen
Befragungen) (n=41-251)
Im Folgenden sollen nun die Sozial- und Selbstkompetenz als Schwerpunkte der
Schulsozialarbeit näher betrachtet werden.
0 20 40 60 80 100
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Trägervertreter
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Trägervertreter
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Trägervertreter
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Trägervertreter
Sac
hko
mp
ete
nz
Met
ho
den
kom
pe
ten
zS
ozi
alko
mp
eten
zS
elb
stko
mp
ete
nz
87,7
90,8
78,1
61,1
74,0
51,2
8,4
0,6
12,4
12,3
8,4
19,5
37,0
24,0
43,9
35,7
75,2
43,9
39,0
77,1
51,2
0,8
2,4
1,9
2,0
4,9
64,3
16,4
56,1
60,4
10,4
48,8
Prozent
(eher) Lehrpersonal gleichermaßen (eher) Schulsozialarbeiter/innen
70 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
6.1.1 Förderung von Sozialkompetenz
Soziale Kompetenzen sind Kenntnisse und Fähigkeiten, die dazu dienen, im Umgang
mit anderen Menschen adäquat zu handeln. Dazu gehören insbesondere
Kooperationsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und Konfliktfähigkeit.129
Insgesamt beobachten die Akteure in Thüringen eine Verbesserung sozialer
Kompetenzen. Die Analyse zeigt, dass sowohl Träger als auch an der Schule Tätige
sowie die Schulsozialarbeiter/innen selbst Verbesserungen in den folgenden
Bereichen erkennen:
verbesserte Kommunikation,
verbessertes Konfliktverhalten,
verbessertes Sozialverhalten.
Die sozialpädagogischen Fachkräfte geben Veränderungen bezüglich der
Kommunikationsfähigkeit der Schüler/innen an. Diese werden bei der Kommunikation
untereinander, z. B. in den Pausen, im Klassenverband sowie bei Gruppen- oder
Projektarbeiten, erkannt. Gleiches gilt im Hinblick auf die Beziehung zwischen den
Schülern/innen und Lehrkräften.
Ähnliche Beobachtungen zeigen sich im Bereich des Konfliktverhaltens. Die
sozialpädagogischen Fachkräfte wie auch die an der Schule tätigen Personen führen
Verbesserungen des Konfliktverhaltens auf die Schulsozialarbeit zurück. Nach diesen
Einschätzungen sind junge Menschen an Thüringer Schulen eher in der Lage,
Konfliktsituationen untereinander sowie mit Lehrern/innen, Eltern und
Erziehungsberechtigten adäquat zu lösen. Der Einfluss der Schulsozialarbeit auf
Konflikte zwischen Schülern/innen und Lehrkräften wird jedoch weniger ausgeprägt
eingeschätzt als auf Konflikte zwischen den Schülern/innen selbst.
Verbesserung befinden die Befragten im Zuge des Landesprogramms auch mit Blick
auf das Sozialverhalten an Thüringer Schulen. Nach Einschätzung der Fachkräfte und
Träger ist diese Entwicklung insbesondere am toleranteren Umgang der
Schüler/innen untereinander zu beobachten. Im Zusammenhang damit wird
außerdem eine Verminderung der Ausgrenzung von Individuen und Gruppen erkannt.
129
Orth, H. (1999). Schlüsselqualifikationen an deutschen Hochschulen. Konzepte, Standpunkte und Perspektiven. Neuwied.
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 71
Abbildung 40 Schulsozialarbeiterbefragung: Häufigkeitsverteilung der sozialen Kompetenzen (n=134-148)
Die Verbesserung der beschriebenen sozialen Kompetenzen ist insbesondere dann
durch die Befragten zu beobachten, wenn bestimmte Bedingungen gegeben sind. So
wird die Kommunikation zwischen Schülern/innen und Lehrpersonal besser
eingeschätzt, je länger Schulsozialarbeit an einer Schule integriert ist.
Dementsprechend wirkt sich eine langfristige Integration der Schulsozialarbeit
scheinbar positiv auf die kommunikativen Umgangsformen der Schüler/innen
untereinander aus. Gleiches gilt für die langfristige Beschäftigung
sozialpädagogischer Fachkräfte. Auch wird ein verändertes Konfliktverhalten
zwischen Schülern/innen und Lehrern/innen eher beschrieben, wenn personelle
Kontinuität besteht. Gleiches gilt für die Anzahl der an der Schule beschäftigten
sozialpädagogischen Fachkräfte. Je mehr Schulsozialarbeiter/innen an einer Schule
tätig sind, desto eher erfolgen Einschätzungen hinsichtlich der Verbesserung im
Bereich der Sozialkompetenzen. Dementsprechend scheint die Beschäftigung
mehrerer sozialpädagogischer Fachkräfte an einer Schule im Hinblick auf die
Entwicklung sozialer Kompetenzen förderlich zu sein. Neben den beschriebenen
Bedingungen gibt es weitere Variablen, die eine Kompetenzförderung begünstigen.
0 20 40 60 80 100
Bei den Schülern/innen, mit denen ich gearbeitethabe, sind Verbesserungen im Bereich der
Sozialkompetenz zu beobachten.
Die Kommunikation unter den Schüler/innen hatsich verbessert.
Die Konflikte unter den Schüler/innen haben sichverringert.
Die Kommunikation zwischen den Lehrer/innenund den Schüler/innen hat sich verbessert.
Die Konflikte zwischen den Schüler/innen undden Lehrer/innen haben sich verringert.
29,1
10,1
9,0
6,2
5,6
52,7
49,3
34,3
33,1
32,5
17,6
35,5
47,8
49,2
44,4
0,7
5,1
9,0
10,0
15,9
1,5
1,6
Prozent
stimme voll zu stimme eher zu teils/teils stimme eher nicht zu stimme gar nicht zu
72 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 41 Einflussfaktoren auf die Förderung von Sozialkompetenzförderung
Weiterhin ist davon auszugehen, dass das Zusammenwirken der beschriebenen
sozialen Kompetenzen das Klima an Thüringer Schulen positiv beeinflusst. Wie
gezeigt, beobachten die Akteure Veränderungen in diesem Kompetenzbereich. Wenn
Schulsozialarbeit hier in entsprechender Weise wirksam ist, lässt sich vermuten, dass
sie die Entwicklung junger Menschen zu gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten
begünstigt.
6.1.2 Förderung der Selbstkompetenz
Selbstkompetenzen sind Fähigkeiten und Einstellungen, die sich auf das individuelle
Handeln beziehen. Dazu zählen Lernbereitschaft, Engagement oder die Fähigkeit,
Probleme zu lösen. Durch Schulsozialarbeit ließen sich Selbstkompetenzen fördern,
wenn Schüler/innen nach einer Beratung oder der Wahrnehmung einer anderen
individuellen Hilfeleistung beispielweise in der Lage sind, ihre schulischen oder
familiären Probleme eher oder besser eigenständig zu bearbeiten.
Die sozialpädagogischen Fachkräfte, die an der Schule tätigen Personen und die
Träger der Schulsozialarbeit beobachten Verbesserungen im Bereich der
Selbstkompetenzen. Argumentiert wird dies insbesondere mit dem eigenständigen
Erarbeiten von Problemlösungen. Auch erkennen die Befragten Einflüsse von
Beratungen und Einzelfallhilfen. Schüler/innen konnten auf dieser Grundlage
schulische Probleme besser eigenständig bearbeiten. Ähnliches zeigt sich auch
hinsichtlich der familiären Ebene. Die Akteure erkennen Verbesserungen hinsichtlich
der Fähigkeiten junger Menschen, innerfamiliäre Probleme eigenständig zu
bearbeiten. In diesem Sinne ist es denkbar, dass Schulsozialarbeit in Thüringen die
Selbsthilfepotenziale ihrer Adressaten/innen fördert.
Beobachtete Veränderung
sozialer Kompetenzen
Anzahl der Personalwechsel im
Bereich der Schulsozialarbeit
Lanfristige Intgration der
Schulsoaziarbeit an den Schulen
Anzahl gemeinsamer Weiterbildungen von
Schulsoziaarbeitern/innen und Lehrkräften
Anzahl der an der Schule beschäftigten
Schulsozialarbeiter/innen
Vorliegen einer schulspezifischen
Konzeption
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 73
Abbildung 42 Schulsozialarbeiterbefragung: Wirkungen im Bereich der Selbstkompetenzen (n=142-148)
In Bezug auf die familiären und schulischen Beziehungen werden auch positive
Veränderungen des Kritikverhaltens junger Menschen beobachtet. Durch
Schulsozialarbeit scheint ein Teil der Schüler/innen eher in der Lage zu sein, mit Kritik
umzugehen, was als Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung interpretierbar ist. Als
Effekt erweiterter Selbstkompetenzen könnte auch der Selbstschutz vor
gefährdenden Einflüssen gewertet werden. Die Schulsozialarbeit ist diesbezüglich vor
allem mittels präventiver Einzelgespräche und Gruppenangebote aktiv, welche
Thematiken wie Substanzmissbrauch, Medien, Gewalt und Mobbing behandeln. Dies
macht vor allem die Auswertung der Sachberichte der Jahre 2013 bis 2015 deutlich.
Eine detaillierte Betrachtung der Einschätzungen hinsichtlich der positiven
Selbstkompetenzveränderungen macht deutlich, dass diese von einigen
0 20 40 60 80 100
Bei den Schüler/innen, mit denen ich gearbeitet habe,sind Verbesserungen im Bereich der
Selbstkompetenz zu beobachten.
Die Schüler/innen, die Beratungen/Einzelfallhilfen inAnspruch genommen haben, konnten ihre
schulischen Probleme besser eigenständig bearbeiten
Die Schüler/innen, die Beratungen/Einzelfallhilfen inAnspruch genommen haben, konnten ihre familiären
Probleme besser eigenständig bearbeiten.
26,4
17,9
10,6
52,7
47,6
48,6
20,9
33,8
34,5 6,3
0,7
Prozent
stimme voll zu stimme eher zu teils/teils stimme eher nicht zu stimme gar nicht zu
Beobachtete Förderung von Selbstkomptenz
personelle Kontinuität in der Schulsozialarbeit
vorliegen einer schulspezifischen Konzeption
Abbildung 43 Einflussfaktoren auf die Förderung von Selbstkompetenz
74 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Einflussfaktoren begünstigt werden. Das Vorhandensein einer schulspezifischen
Konzeption ist hierzu zu zählen. Die personelle Kontinuität in der Schulsozialarbeit an
den jeweiligen Schulen ist ebenfalls günstig.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die verschiedenen befragten
Akteure im Wesentlichen in ihren Beurteilungen über die beobachtbaren Wirkungen
der Schulsozialarbeit in den Kompetenzbereichen übereinstimmen.
Abbildung 44 Beobachtete Wirkungen der Akteure aus den Befragungen (n=35-227)
6.2 Eltern
Ziel und Anspruch des Förderprogrammes ist es, Leistung der Schulsozialarbeit zu
fördern, welche sich gleichermaßen an junge Menschen wie auch an deren
Familien/Eltern richten. Erkennbar ist hier eine ganzheitliche, systemische
Betrachtungsweise des einzelnen Individuums, welche der Sozialen Arbeit und damit
auch der Schulsozialarbeit inhärent ist. Diese Ansprüche finden sich auch in den
zugehörigen fachlichen Empfehlungen. Schulsozialarbeit soll in diesem Sinne dazu
beitragen, Eltern in ihren Erziehungskompetenzen zu stärken, das System Familie
insgesamt zu fördern bzw. funktionaler zu machen, um so dem allgemeinen Anspruch
0 20 40 60 80 100
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Trägervertreter
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Trägervertreter
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Trägervertreter
Met
ho
den
kom
pe
ten
zS
ozi
alko
mp
eten
zS
elb
stko
mp
ete
nz
22,0
29,6
37,2
81,8
73,2
92,1
79,1
73,2
83,8
60,6
51,3
45,7
17,6
24,6
7,9
20,9
25,5
16,2
17,3
19,1
17,1
0,7
2,2
1,4
Prozent
stimme voll/eher zu teils/teils stimme eher/gar nicht zu
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 75
der Kinder- und Jugendhilfe, junge Menschen bei der Entwicklung zu
eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu unterstützen,
gerecht zu werden. Zudem soll erreicht werden, dass Eltern an schulischen Prozessen
partizipieren. Diese für Thüringen definierten Ziele sind deckungsgleich mit denen
anderer Bundesländer.
Bezüglich der elterlichen Partizipation am schulischen Geschehen sowie der
Verringerung krisenhafter Erfahrungen durch Beratung und andere Interventionen der
Schulsozialarbeit können auf der Wirkungsebene für Thüringen bisher nur wenig
konkrete Aussagen getroffen werden. Dies ist vor allem auf das bisherige Auslassen
der Eltern als Untersuchungsgruppe zurückzuführen. Wie im Laufe des
vorangegangenen Kapitels deutlich geworden ist, beanspruchen Angebote und
Leistungen, welche sich dezidiert an Eltern richten, einen vergleichsweise geringen
Anteil an den Gesamttätigkeiten der Schulsozialarbeiter/innen. Dies sagt jedoch
nichts darüber aus, inwieweit die oben dargestellten Ziele erreicht oder verfehlt
worden sind. Jedoch ist durchaus erkennbar, dass Eltern als Zielgruppe nicht im
Mittelpunkt der schulsozialarbeiterischen Aktivitäten stehen.
Dies spiegeln auch die durch die verschiedenen Akteure beobachteten
Kommunikationsverbesserungen zwischen Eltern und Lehrern/innen wieder. Große
Übereinstimmung gibt es zwischen den Befragtengruppen darin, dass den Eltern bei
Problemen ein/e Ansprechpartner/in zur Verfügung steht.
Abbildung 45 Wirkungen der Schulsozialarbeit – Eltern (n=9-227)
0 20 40 60 80 100
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Trägervertreter
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Trägervertreter
Die
Elt
ern
hab
en e
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Leh
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d d
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ich
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be
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rt.
93,0
86,3
87,5
23,4
28,5
30,0
6,3
11,0
12,5
59,8
52,5
60,0
0,7
2,7
16,8
19,0
10,0
Prozent
stimme voll/eher zu teils/teils stimme eher/gar nicht zu
76 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
6.3 Institution Schule
Die Entfaltung sozialpädagogischer Sicht- und Handlungsweisen an der Schule stellt
in Thüringen eine Wirkungserwartung auf der institutionellen Ebene dar. Ein
verbessertes, lernförderliches Schulklima sowie die Öffnung der Schule nach außen
sind weitere strukturelle Entwicklungen, welche Schulsozialarbeit begünstigen
könnte. Benannt wird in der entsprechenden Förderrichtlinie die Besetzung einer
„Brückenfunktion“ zwischen den Sozialisationsinstanzen Jugendhilfe, Schule und
Familie. Für die Lehrer/innen und alle weiteren im Schulkontext tätigen Personen
kann Schulsozialarbeit bedarfsorientierte Unterstützungs- und Beratungsangebote
bereithalten, welche sie bei ihren üblichen Aufgaben sowie in krisenhaften
Situationen unterstützen. Über Thüringen hinaus finden sich bisweilen zusätzliche
Ziele. Die rheinlandpfälzischen wie auch die niedersächsischen Standards der
Schulsozialarbeit beinhalten beispielsweise Zielformulierungen, die sich auf die
psychosoziale Entlastung der Lehrkräfte beziehen.130 Auch die Sicherstellung von
Freizeit- und Betreuungsangeboten wird im Bundesvergleich, im Gegensatz zu
Thüringen, als Wirkungsziel benannt.131
Um die tatsächlichen Wirkungen auf dieser Ebene darstellen zu können, werden zum
einen personelle Aspekte thematisiert, zum anderen Implikationen von
Schulsozialarbeit auf den institutionellen Rahmen Schule diskutiert.
6.3.1 Entfaltung sozialpädagogischer Sicht- und Handlungsweisen
Fraglich ist zunächst, was unter sozialpädagogischen Sicht- und Handlungsweisen zu
verstehen ist. Die fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen machen diese
beispielhaft deutlich. Benannt und beschrieben werden die Grundsätze der 132
- Beziehungsarbeit,
- Ressourcenorientierung,
- Prozessorientierung,
- Systemorientierung,
- Prävention,
- Freiwilligkeit,
- Partizipation,
- kritischen Parteilichkeit.
130
Rheinland-Pfälzisches Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen (2012): Arbeitsgruppe der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit Niedersachsen (2005): Schulsozialarbeit in Niedersachsen: Qualitätsstandards und Beispiele. Wolfsburg und Braunschweig. 131
Deinet, Ulrich; Nelke, Kirsten: Zwischen Schule, Jugendhilfe und Sozialraum – Ergebnisse einer Studie zur Schulsozialarbeit in Düsseldorf. In: sozialraum.de (7) Ausgabe 1/2015. http://www.sozialraum.de/zwischen-schule-jugendhilfe-und-sozialraum.php, (zuletzt aufgerufen am18.01.2017); Speck (2009). 132
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014). S. 4.
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 77
All diese dort benannten Handlungsmaximen können als solche der Sozialen Arbeit
und insbesondere auch der Kinder- und Jugendhilfe angesehen werden. Mit dem
Achten Kinder- und Jugendbericht sowie der im SGB VIII postulierten
Lebensweltorientierung sind Ansätze wie Ressourcen- und Systemorientierung sowie
Partizipation der Kinder- und Jugendhilfe inhärent. Gleiches gilt für die Haltung der
kritischen Parteilichkeit.
Die in Abbildung 46 dargestellten Befragungsergebnisse (an der Schule Tätigen)
geben die Orientierung an den oben benannten Maximen durchaus wieder: Erkennbar
ist zum Beispiel, dass Angebote der Schulsozialarbeit in der ganz überwiegenden
Anzahl der Fälle als an den Bedürfnissen orientiert eingeschätzt werden, was
Rückschlüsse hinsichtlich Beziehungsarbeit oder Ressourcenorientierung zulässt.
Weiterhin ist erkennbar, dass die produktive Kooperation von Schulsozialarbeit und
Schule sichergestellt zu sein scheint, indem die Erwartungen und Wünsche sowie die
jeweiligen Zuständigkeiten klar abgesteckt sind. So schätzen dies zumindest die
befragten Personen ein (in diesem Falle die an der Schule Tätigen). Auch ist
ersichtlich, dass nur eine geringe Zahl der Befragten Kompetenzüberschreitungen
dokumentiert.
Abbildung 46 Befragung der an der Schule Tätigen: Ansichten zur Schulsozialarbeit (n=186-234)
0 20 40 60 80 100
Die Schulsozialarbeit orientiert sich an denWünschen und Bedürfnissen der Schule.
Die Schulsozialarbeit ist eigenständig in derAusgestaltung ihrer Tätigkeitsfelder.
Die Zuständigkeiten sind klar abgegrenzt.
Die gegenseitigen Erwartungen und Wünsche sindallen Beteiligten klar.
Es kommt an einzelnen Punkten zuKompetenzüberschreitungen durch die an der
Schule tätigen Personen.
Es kommt an einzelnen Punkten zuKompetenzüberschreitungen durch den/die
Schulsozialarbeiter/in.
Seine/Ihre Aufgaben werden in der Regel vonanderen Personen (z.B. Beratungslehrern/innen)
abgedeckt.
Die Schulsozialarbeit läuft an den Bedürfnissen derSchule vorbei.
42,7
38,0
37,9
35,4
1,1
0,5
0,5
45,3
40,7
43,2
46,7
4,3
2,1
3,0
1,0
11,5
17,6
17,6
16,6
5,4
4,2
7,0
2,5
0,4
2,3
1,3
1,3
31,7
27,9
17,1
13,6
1,4
57,5
65,3
72,4
82,9
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
78 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Schulsozialarbeit scheint an Thüringer Schulen darüber hinaus weitestgehend
akzeptiert zu sein. Dies zeigt die Auswertung der Sachberichte der Jahre 2013 bis
2015. Hier geben die geförderten Gebietskörperschaften immer häufiger als Indikator
für die Zielerreichung die Akzeptanz bei Schülern/innen, Lehrern/innen sowie Eltern
an, was auf eine tatsächlich stärker ausgeprägte Akzeptanz hinweist.
2013 2014 2015
Akzeptanz als Indikator der Zielerreichung 4 14 16
Tabelle 8 Akzeptanz Schulsozialarbeit - Auszug aus den Ergebnissen der Sachberichtsauswertung
Schulsozialarbeit ist seit der Einführung des Landesprogramms offenbar stärker in das
Bewusstsein der Lehrer/innen an Thüringer Schulen gerückt. Ein Großteil der im Jahre
2015 befragten an der Schule tätigen Personen berichtet von einer ausgeprägten
Anerkennung und Wertschätzung der Sozialarbeiter/innen. Gleiches gilt für eine
entsprechende Offenheit gegenüber denselben. Es ist zu erkennen, dass Lehrer/innen
durch Schulsozialarbeit neue Perspektiven auf Problemfälle gewonnen haben. Nicht
zuletzt wird auch ein wertschätzender Umgang aller Beteiligten untereinander
berichtet. Schulsozialarbeiter/innen sind den Einschätzungen folgend in der ganz
überwiegenden Anzahl der Fälle durch die Lehrer/innen und Schulleiter/innen
anerkannte pädagogische Fachkräfte. Auch fällt auf, dass eine relativ ausgeprägte
wechselseitige Kenntnis und Kongruenz hinsichtlich der Ziele der jeweils anderen
Berufsgruppe gegeben zu sein scheint. Erkennbar wird anhand der Einschätzungen
der Befragten auch, dass Lehrer/innen seitens der von Sozialarbeiter/innen
angestoßenen Veränderungen bisweilen nur eingeschränkt offen sind.
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 79
Abbildung 47 Befragung der an der Schule Tätigen: Einstellungen des Lehrpersonals gegenüber der
Schulsozialarbeit (n=227-236)
Mit Blick auf die grundsätzliche Akzeptanz, Kenntnis und Wertschätzung kann davon
ausgegangen werden, dass sich sozialpädagogische Sicht- und Handlungsweisen im
System Schule etablieren konnten. Inwieweit diese auf der Fall- bzw. Individualebene
wirksam werden (können), wäre auch dort zu eruieren (also auf der Ebene dieser
Zielgruppe).
6.3.2 Unterstützung an der Schule tätiger Personen
Ein wichtiges Tätigkeitsfeld von Schulsozialarbeitern/innen stellt die Beratung von
Lehrkräften dar. Aus der Befragung der Schulsozialarbeiter/innen geht hervor, dass
rund 63 % (19 %) derselben sehr oft bis oft Lehrer/innen (sonderpädagogische
Fachkräfte) beraten bzw. unterstützen.
0 20 40 60 80 100
Er/Sie wird von den Lehrern/innen und derSchulleitung als pädagogische Fachkraft anerkannt.
Die Tätigkeiten des/r Schulsozialarbeiters/in werdenvon allen an der Schule Tätigen geschätzt.
Die Lehrer/innen stehen der Schulsozialarbeitaufgeschlossen gegenüber.
Es besteht eine Übereinstimmung in denpädagogischen Zielen der beiden Berufsgruppen.
Die Lehrer/innen wissen über die Ziele derSchulsozialarbeit genau Bescheid.
Die Lehrer/innen sind offen für die Veränderungen,die der/die Schulsozialarbeiter/in mit sich bringt.
Die Lehrer/innen wissen über die Inhalte derSchulsozialarbeit genau Bescheid.
Die Lehrer/innen setzen sich für die Veränderungen,die der/die Schulsozialarbeiter/in mit sich bringt,
aktiv ein.
52,6
48,7
43,8
38,2
30,9
29,4
26,2
19,8
35,8
36,6
44,6
53,9
49,2
47,6
48,5
48,0
9,9
13,8
10,7
7,5
17,8
19,9
23,2
30,0
1,7
0,9
0,9
0,4
1,3
3,0
1,7
2,2
0,8
0,4
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
80 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 48 Schulsozialarbeiterbefragung: Häufigkeit Beratung/Unterstützung von Lehrkräften (n=153-154)
Inwiefern dies Wirkungen zeigt, ist ebenfalls Teil der Befragung gewesen. Am
bedeutsamsten wird dabei die durch Schulsozialarbeit generierte Entlastungsfunktion
des Lehrkörpers eingeschätzt. Dies passt insgesamt zu der andernorts festgehaltenen
Erkenntnis, dass Schulsozialarbeiter/innen häufig im Falle konkreter Interventionen
konsultiert werden. Deutlich über 90 % der befragten Fachkräfte erkennt diese in
Alltags- oder Krisensituationen. Auch eine Entlastung im Sinne eines Zeitgewinns
erkennen rund 88 % der Befragten. Etwas weniger Zustimmung erfahren die
Einschätzungen, dass Lehrer/innen im Sinne pädagogischer Anregungen oder
Erweiterungen der individuellen Handlungskompetenz profitieren. Dennoch erscheint
diese Erkenntnis bemerkenswert, da auf diese Weise die weiter oben eruierte
Etablierung sozialpädagogischer Sicht- und Handlungsweisen im System Schule
begünstigt werden könnte. Vergleichsweise geringer Einfluss wird
Schulsozialarbeiter/innen auf die Kommunikation unter den Lehrern/innen
zugeschrieben.
0 20 40 60 80 100
Beratung von Lehrern/innen
Beratung von sonderpädagogischen Fachkräften
16,3
2,0
47,1
17,0
27,5
32,7
7,8
35,3
1,3
13,1
in Prozent
sehr oft oft teils/teils selten nie
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 81
Abbildung 49 Befragung an der Schule Tätige: Unterstützungsleistungen durch Schulsozialarbeiter/innen (n=232-
235)
6.3.3 Einflüsse auf das System Schule (Schulqualität)
Qualität beschreibt die Summe aller Eigenschaften einer Sache oder eines
Gegenstandes, welche dazu dienen, die ihr zugedachten Zwecke und Ziele zu
realisieren. Der Grad dieses Erreichens sagt wiederum etwas über die Qualität aus.
Laut Thüringer Richtlinie soll Schulsozialarbeit in diesem Sinne unter anderem dazu
beitragen, soziale Benachteiligungen, individuelle Beeinträchtigungen und
strukturelle Nachteile abzubauen, indem dem Risiko des Scheiterns in der Schule
entgegengewirkt wird. In dieser Forderung drückt sich aus, welche Gefahren vom
Scheitern in der Schule bzw. dem Verlassen derselben ohne einen Abschluss
ausgehen. Schulsozialarbeit soll also dazu dienen, Schule funktionaler zu machen und
dieser Gefahr zu begegnen.
Dabei gilt es zu hinterfragen, wie der Einfluss der Schulsozialarbeit diesbezüglich
einzuschätzen und nachzuhalten ist. Von den Befragten benannte Einflüsse wären
demnach:
0 20 40 60 80 100
einer Unterstützung bei schwierigen Schülern/innen.
einer Entlastung im Schulalltag.
einem Zeitgewinn für mich.
einer Erweiterung meiner Handlungskompetenz.
einer besseren Kommunikation mit denSchülern/innen.
pädagogischen Anregungen.
einer besseren Kommunikation mit denKollegen/innen.
63,4
48,9
33,6
31,5
30,3
28,9
9,5
28,5
31,3
31,9
35,3
35,5
40,4
20,7
7,2
13,7
22,6
19,8
20,9
24,3
33,6
0,9
4,7
8,5
9,5
11,1
6,0
24,6
1,3
3,4
3,9
2,1
0,4
11,6
in Prozent
trifft voll zu trifft eher zu teils/teils trifft eher nicht zu trifft gar nicht zu
Bezogen auf meine Arbeit führt die Tätigkeit
des/r Schulsozialarbeiters/in in der Schule zu …
82 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
o Lerneinstellung der Schüler/innen,
o Nutzung lernunterstützender Angebote,
o Schulabbruch und Schuldistanz,
o Lernumfeld,
Schulklima,
Konflikte,
Gewalt,
Konsum von Alkohol und Drogen,
o Freizeitangebote an Schule.
Die folgenden Abbildungen zeigen Qualitätsaspekte von Schule, die sich vor allem
anhand von Verhaltensaspekten der Schüler/innen offenbaren. Bei der Interpretation
derselben ist wiederum zu berücksichtigen, dass die Daten nicht das eigentliche
Verhalten der Schüler/innen (oder andere tatsächliche Zusammenhänge)
wiedergeben, sondern lediglich die darauf bezogenen Einschätzungen der befragten
Beobachter. Dass es sich nicht um die tatsächlichen Merkmalsausprägungen handelt,
legen auch die unterschiedlich ausgeprägten Einschätzungen der Zusammenhänge
durch an der Schule tätige Personen wie Lehrer/innen und Schulsozialarbeiter/innen
nahe.
Hinsichtlich der Schüler/innen, welche sich von der Schule distanzieren bzw. diese
vollständig abbrechen, schätzen die befragten Lehrer/innen die Effekte von
Schulsozialarbeit deutlich skeptischer ein als Sozialarbeiter/innen. Dennoch ist
festzuhalten, dass jeweils zwischen einem Viertel und der Hälfte der Befragten hier
von Verbesserungen im Zuge der Einführung von Schulsozialarbeit ausgehen. Dass es
sich hierbei tendenziell um eine subjektive Einschätzung handelt, legen die Daten der
Schulstatistik nahe: Die Anzahl der Personen, die die Schule ohne
Hauptschulabschluss verlassen, ist zwischen 2013 und 2016 insgesamt leicht
angewachsen. 133 Dabei vernachlässigt diese Darstellung die in den
Gebietskörperschaften unterschiedlich und teilweise auch gegensätzlich verlaufenden
(zahlenmäßigen) Entwicklungen. Zudem bezieht sie sich auf alle Thüringer Schulen
und nicht nur auf diejenigen, die über Schulsozialarbeit verfügen.
Schuljahr 2012/2013
Schuljahr 2013/2014
Schuljahr 2014/2015
Schuljahr 2015/2016
1.177 1.118 1.197 1.286
Tabelle 9 Anzahl der Schulabgänger/innen ohne Hauptschulabschluss
133
http://www.statistik.thueringen.de/datenbank/tabWMAnzeige.asp?tabelle=kr001302%7C%7CAbsolventen%2FAbg%26%23228%3Bnger+aus+allgemeinbildenden+Schulen+nach+Kreisen&ersterAufruf=x&wmID=213050%7C%7C1&tit2=&TIS=&SZDT=&startpage=1&auswahlnr=, abgerufen am 26.04.2017.
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 83
Weitere Indikatoren sind die Nutzung von lernunterstützenden Angeboten sowie die
Lernbereitschaft der Schüler/innen. Hier beobachten jeweils rund ein Fünftel der
Befragten positive Entwicklungen. Ein großer Teil der Befragten ist jedoch eher
skeptisch oder ablehnend hinsichtlich dieser Veränderungen durch die
Schulsozialarbeit.
Abbildung 50 Gegenüberstellung der Einschätzungen der Schulsozialarbeiter/innen und der an der Schule Tätige I
(n=139-206)
Weitere Einschätzungen betreffen beispielsweise das Schulklima. Hier zeigt sich, dass
die Mehrzahl der Befragten der jeweiligen Statusgruppe positive Effekte beobachtet.
Auffällig ist weiterhin, dass die Befragten in nahezu gleicher Weise ein verändertes
Konfliktverhalten der Schüler/innen untereinander beobachten.
0 20 40 60 80 100
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Wen
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51,2
25,5
48,1
35,5
23,2
23,9
19,0
18,9
24,4
27,7
37,5
34,9
43,2
57,4
62,0
63,6
24,4
46,8
14,4
29,5
33,6
18,8
19,0
17,5
Prozent
stimme voll/eher zu teils/teils stimme eher/gar nicht zu
84 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 51 Gegenüberstellung der Einschätzungen der Schulsozialarbeiter/innen und der an der Schule Tätige II
(n=144-222)
Weitere Beurteilungen betreffen die Vermeidung bzw. die Zurückdrängung kinder-
und jugendgefährdender Einflüsse in der Schule als Aspekt der Qualität derselben. So
zeigt sich, dass jeweils rund ein Drittel der Befragten, unabhängig von der
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Statusgruppe, hier positive Tendenzen
ausmachen.
Abbildung 52 Gegenüberstellung Einschätzungen Schulsozialarbeiter/innen und an der Schule Tätige III (n=106-
183)
0 20 40 60 80 100
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
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9,6
Prozent
stimme voll/eher zu teils/teils stimme eher/gar nicht zu
0 20 40 60 80 100
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
Schulsozialarbeiter/innen
an der Schule Tätige
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38,7
37,7
31,9
34,0
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14,2
13,7
25,0
25,5
Prozent
stimme voll/eher zu teils/teils stimme eher/gar nicht zu
Wirkungen von Schulsozialarbeit (outcomes) 85
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Einflüsse von Schulsozialarbeit auf das
System Schule bzw. dessen Qualität lediglich auf der Grundlage von Einschätzungen
bestimmter Gegebenheiten durch die Befragten bewertbar sind. Ziel war es, Effekte
von Schulsozialarbeit zu identifizieren, die die Funktionalität des Systems Schule mit
Blick auf das angestrebte Ziel (Erreichen eines formalen Bildungsabschlusses)
begünstigen könnten. Zwar erkennen die Befragten (mehr oder weniger ausgeprägte)
Effekte hinsichtlich Schuldistanz oder Schulabbruch, allerdings kann dies mit Blick auf
die Statistik so nicht angenommen werden. Hierfür wären separate Untersuchungen
nötig. Die positivsten Einschätzungen ergeben sich im Hinblick auf das Schulklima.
Hier erkennen jeweils rund zwei Drittel der Befragten, dass sich durch die
Schulsozialarbeit positive Effekte eingestellt haben. Auch eine eingeschätzte
Veränderung des Konfliktverhaltens sowie des Alkohol- und Drogenmissbrauchs lässt
sich positiv mit Blick auf Schulqualität werten. So schätzen die Befragten
beispielsweise ein, dass sich der Alkohol- und Drogenmissbrauch vermindert hat.
Die oben zusammengefassten Einflussfaktoren von Schulsozialarbeit im Sinne
verbesserter Schulqualität stehen in Wechselwirkungen mit ihren strukturellen
Voraussetzungen. Wie auch an anderer Stelle ersichtlich, zeigen vor allem personelle
Kontinuität, ein anforderungsentsprechender Beschäftigungsumfang der Fachkräfte
an einer Schule sowie eine angemessene materielle Ausstattung positive Wirkungen.
Abbildung 53 Einfluss struktureller Voraussetzungen von Schulsozialarbeit
Einflussfaktoren Schulqualität
30 bis 40 Wochenstunden an einer Schule tätig
Eine Fachkraft pro Schule
Gemeinsame Weiterbildung mit
Lehrkräften
Schulspezifische Konzeption
Schulsozialarbeit bereits vor 2013 an
der Schule
Angemessene materielle
Ausstattung
Keinen Personalwechsel
Arbeitszeit in den Schulzeiten Je länger
Schulsozialarbeit an einer Schule integriert ist
86 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
7 W I R K U N G E N A U F G E S E L L S C H A F T L I C H E R E B E N E ( I M P A C T S )
7.1 Schulsozialarbeit als Funktionsbereich des Sozialstaates
Impacts beschreiben Wirkungen auf gesellschaftlicher Ebene, also Wirkungen über die
Zielgruppe hinaus. Im Rahmen der Evaluation des Landesprogramms schulbezogene
Jugendsozialarbeit stellt sich die Frage, zu welchen gesellschaftlichen Entwicklungen
Schulsozialarbeit beiträgt. Diese ist Teil der Kinder- und Jugendhilfe und diese
wiederum ein Funktionsbereich des deutschen Sozialstaates. Der Sozialstaat stellt
eine politisch verfasste, machtvolle Struktur dar, dessen wesentlicher Zweck es ist,
soziale Ungleichheiten und Unterschiede auszugleichen, welche nicht zuletzt durch
die politische und wirtschaftliche Neuordnung im Zuge der Industrialisierung
aufgeworfen worden sind. Der Sozialstaat verfolgt hierfür vielfältige Ziele. Neben der
Absicherung des Einzelnen gegen (unverschuldeten) Einkommensausfall kann eines
der wesentlichen Anliegen in der Gewährleistung der Teilhabe jedes Einzelnen an
allen gesellschaftlichen und politischen Teilbereichen gesehen werden. Dem
Sozialstaat bzw. den aus ihm hervorgehenden Leistungen sind also behütende wie
auch befähigende Momente inhärent.
Diese Dialektik weist auch die Kinder- und Jugendhilfe und damit auch die
Schulsozialarbeit auf. Als funktioneller Teilbereich des deutschen Sozialstaates muss
sie zugleich behüten und befähigen. Dies belegen insbesondere zwei Entwicklungen
der jüngeren Vergangenheit: Die Etablierung der sogenannten Frühen Hilfen bestärkt
die Funktion der Kinder- und Jugendhilfe mit Blick auf die Sicherung des Kindeswohls,
die Ausweitung der Kindertagesbetreuung betont die Rolle als eigenständige
Sozialisationsinstanz. Weiterhin findet sich die oben benannte Dialektik in den ersten
beiden Absätzen des § 1 SGB VIII. Absatz 1 drückt das Recht junger Menschen aus,
Förderung zum Zwecke ihrer Entwicklung im Sinne eigenverantwortlicher und
gemeinschaftsfähiger Persönlichkeiten zu erfahren (Befähigen). Dieses zu
gewährleisten, ist zunächst Aufgabe der Eltern. Im Falle ihres Versagens greift Kinder-
und Jugendhilfe zum Schutz der jungen Menschen ein (Behüten).
„(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf
Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“
„(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die
zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche
Gemeinschaft.“134
Zur Verwirklichung des oben benannten Rechts junger Menschen hält die Kinder- und
Jugendhilfe eine Vielzahl von Leistungen und anderen Aufgaben vor, welche
134
§ 1 Absatz 1 und 2 SGB VIII.
Wirkungen auf gesellschaftlicher Ebene (Impacts) 87
- „junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und
dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,
- Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und
unterstützen,
- Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,
- dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre
Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder
zu schaffen.“135
Diese Formulierungen des §1 Absatz 3 SGB VIII sind normativ für alle Leistungen der
Kinder- und Jugendhilfe und machen wiederum die oben beschriebene Dialektik
deutlich.
Der deutsche Sozialstaat ist auf die Teilhabe des Einzelnen an allen gesellschaftlichen
Teilbereichen hin ausgerichtet. Dieses Ziel wird mittels Sozialleistungen realisiert, zu
denen auch die Kinder- und Jugendhilfe (Schulsozialarbeit) zu zählen ist. Als
Funktionsbereich des Sozialstaates dient sie mithin dessen Gesamtziel. Insofern sind
die Leistungen/Wirkungen von Schulsozialarbeit auch immer in einem
gesellschaftlichen Zusammenhang zu sehen. Wenn es mittels durch das
Landesprogramm schulbezogene Jugendsozialarbeit geförderter Leistungen gelingt,
junge Menschen im Sinne ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen und
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu unterstützen, resultiert daraus
gleichermaßen eine gesellschaftliche Wirkung im oben genannten sozialstaatlichen
Sinne.
7.2 Ziel: eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeiten
Fraglich wäre nun, ob sich Auswirkungen des Thüringer Landesprogramms finden
lassen, die Entwicklungen der Zielgruppe im benannten Sinne nahelegen. Wie an
anderer Stelle gezeigt, wird den tätigen Schulsozialarbeitern/innen vor allem
zugesprochen, im Bereich der Sozial- und Selbstkompetenzen der Schüler/innen
wirksam sein zu können. Gleichsam ließen sich im bisherigen Verlauf eine Reihe
positiver Einflüsse von Schulsozialarbeit mit Blick auf die designierten Zielgruppen
auffinden und diskutieren. Es kann also von Wirkungen ausgegangen werden.
Die Befragung der Schulsozialarbeiter/innen ergibt, dass diese einschätzen,
Schüler/innen, welche Einzelfallhilfen in Anspruch genommen haben, sind
anschließend in der Lage, familiäre Probleme eigenständig(er) zu bearbeiten. Hiervon
gehen rund 59 % der Befragten aus. In dieser Einschätzung spiegelt sich eindeutig das
befähigende Potential von Schulsozialarbeit im Sinne des oben beschriebenen
135
ebenda: Absatz 3.
88 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
gesellschaftlichen bzw. sozialstaatlichen Anspruches wieder. Gleiches zeigt sich mit
Blick auf das eingeschätzte Konfliktverhalten der Schüler/innen untereinander. Auch
hier erkennen rund 43 % der befragten Fachkräfte Verbesserungen.
Abbildung 54 Schulsozialarbeiterbefragung: Auswirkungen von Schulsozialarbeit I (n=134-142)
Ein weiterer diesbezüglicher Hinweis stellt die Einschätzung der Akteure dar, die
Schüler/innen kennen im Zuge von Schulsozialarbeit mehr Freizeitorte außerhalb der
Schule.
Abbildung 55 Schulsozialarbeiterbefragung: Auswirkungen von Schulsozialarbeit II (n=123)
Mit allen drei beobachteten Auswirkungen von Schulsozialarbeit, der eigenständigen
Lösung von familiären Problemen, dem veränderten Konfliktverhalten zwischen den
Schüler/innen sowie der Kenntnis außerschulischer Freizeitorte, lässt sich die oben
beschriebene befähigende Funktion von Schulsozialarbeit und damit deren Beitrag im
sozialstaatlichen Sinnen dem Grunde nach argumentieren. Verkannt werden darf
dabei nicht die fehlende bzw. die quasi hineingedachte Kausalität dieser Betrachtung:
Nicht jede individuell erkennbare Befähigung muss notwendigerweise auf
gesellschaftliche Implikation befragt werden, um als solche zu gelten.
0 20 40 60 80 100
Die Schüler/innen, die Beratungen/Einzelfallhilfen inAnspruch genommen haben, konnten ihre familiären
Probleme besser eigenständig bearbeiten.
Die Konflikte unter den Schüler/innen haben sichverringert.
10,6
9,0
48,6
34,3
34,5
47,8
6,3
9,0
Prozent stimme voll zu stimme eher zu teils/teils stimme eher nicht zu stimme gar nicht zu
0 20 40 60 80 100
Die Schüler/innen kennen mehr Freizeitorteaußerhalb der Schule.
8,1 38,2 39,8 8,1 5,7
Prozent
stimme voll zu stimme eher zu teils/teils stimme eher nicht zu stimme gar nicht zu
Wirkungen auf gesellschaftlicher Ebene (Impacts) 89
7.3 Wirkungen in den Sozialraum
Wie benannt, muss es auch Ziel und Anspruch von Schulsozialarbeit sein, in den
Sozialraum hineinzuwirken, um dazu beizutragen, positive Lebensbedingungen für
junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt
zu erhalten oder zu schaffen (§ 1 Absatz 3 SGB VIII). Derartige Auswirkungen sind
aufgrund der vorliegenden Befragungen nicht nachzuhalten. Allerdings macht die
Auswertung der Sachberichte aus den Jahren 2013 bis 2015 deutlich, dass das
Sozialraumbewusstsein der Akteure durchaus ausgeprägt ist. In den Jahren 2014 bzw.
2015 geben jeweils 16 bzw. 12 der insgesamt 23 berichterstattenden Jugendämter an,
einen entsprechenden Schwerpunkt im Rahmen der Aktivitäten zu setzen. Hierbei
steht insbesondere die Vernetzung und Koproduktion mit angrenzenden Akteuren
(der Kinder- und Jugendhilfe) im Mittelpunkt.
Inwiefern Schulsozialarbeit mit Blick auf die Lebensbedingungen ihrer
Adressaten/innen bzw. auf den Sozialraum wirkt, müsste gesondert in den Blick
genommen werden.
90 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
8 A B S C H L I E ß E N D E B E W E R T U N G U N D
H A N D L U N G S E M P F E H L U N G E N
Ausgehend von der einleitend beschriebenen Ausrichtung des Landesprogramms soll
nun resümierend ein Fazit zu den Ansprüchen und Umsetzungsergebnissen der
letzten drei Jahre gezogen werden. Dies dient dazu, der im Koalitionsvertrag 2014
beschriebenen Weiterentwicklung und Verstetigung „unter Beachtung professioneller
Standards“ 136 wichtige Impulse zu verleihen.
Dementsprechend wird zunächst die Ebene der Weiterentwicklung des Programms
betrachtet. Aus den vorliegenden Untersuchungen lassen sich aber auch
Schlussfolgerungen zur Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit allgemein, auf der
örtlichen Ebene und auf der Mikroebene der Projekte ziehen. Auch hierzu soll dieses
Kapitel einen Beitrag leisten.
8.1 Programmebene
Schulsozialarbeit hat sich seit den 1970er Jahren in Deutschland stetig entwickelt.
Waren es zu Beginn im Wesentlichen die Ganztagsschulen und Problemschulen, die
diese Form der sozialen Arbeit etablierten, gehört heute Schulsozialarbeit vielerorts
zum Qualitätsstandard einer „guten Schule“.137
In den vergangenen Jahren ist es zu einem erheblichen Ausbau der Schulsozialarbeit
in Deutschland gekommen. In vielen Bundesländern sind seit Anfang der 200oer Jahre
Landesprogramme etabliert worden. Thüringen gehörte über viele Jahre zu den
Bundesländern ohne ein flächendeckendes Förderprogramm. Dennoch gab es von
1999 bis 2004 das Landesprogramm „Schulsozialarbeit an berufsbildenden Schulen in
Thüringen“ und die Möglichkeit Schulsozialarbeit über das Bildungs- und
Teilhabepaket zu etablieren. Daher muss die Einführung des Landesprogramms
„Schulbezogene Jugendsozialarbeit“ als besonderer Erfolg gewertet werden,
insbesondere deshalb, da es sich um ein Programm handelt, welches eine fast
vollständige Übernahme der Personal- und Sachkosten (ohne Aufwendungen für
Räume und deren grundhafte Ausstattung) durch das Land beinhaltet. Zudem ist das
Thüringer Programm im Gegensatz zu denen anderer Bundesländer (z.B. Sachsen-
Anhalt) außerhalb des europäischen Sozialfonds im Landeshaushalt angesiedelt.
Dafür gebührt den politischen Entscheidungsträgern in Thüringen große
Anerkennung.
136
Koalitionsvertrag zwischen den Parteien DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die 6. Wahlperiode des Thüringer Landtags (2014): S. 47. 137
Olk, Thomas/Speck, Karsten (2015): Schulsozialarbeit in Deutschland. In: Deutsches Rotes Kreuz e.V. (2015): Reader Schulsozialarbeit – Band 3. Von den Nachbarn lernen – Internationaler Vergleich von Jugendsozialarbeit an Schule. Berlin, S. 13 ff.
Abschließende Bewertung und Handlungsempfehlungen 91
8.1.1 Bedarfsdeckung und politische Weichenstellung
Das Programm war von Anbeginn an flächendeckend aber nicht bedarfsdeckend
angelegt. Die Intention bestand und besteht darin, mit Landesmitteln die Kommunen
in ihrer Planungshoheit zu unterstützen und dazu beizutragen, die Schulsozialarbeit
als bedeutsames jugendpolitisches Handlungsfeld in den Fokus zu rücken. Hierfür
wurden kalenderjährlich circa 10 Millionen Euro in den Landeshaushalt eingestellt, mit
dem Ziel, 200 Schulsozialarbeiterstellen in Thüringen zu fördern. Vor der Einführung
des Landesprogramms gab es, wie vorn beschrieben, 136 Schulsozialarbeiter/innen
mit 96,925 VbE, die in einigen Gebietskörperschaften tätig waren. Zum Zeitpunkt der
Erhebungen 2015 waren 261 Personen mit 199 VbE im Rahmen des
Landesprogramms verteilt auf alle Gebietskörperschaften tätig. So wurde durch die
Initiative des Landes auch in Gebietskörperschaften Schulsozialarbeit etabliert, in
denen es bisher keine politische Mehrheit für diese Form der sozialen Arbeit gab.
Die oben genannte Zielstellung wurde durch das Landesprogramm in den letzten
drei Jahren erreicht und hat zu einer politischen Weichenstellung in der Ausrichtung
der Kinder- und Jugendhilfe insgesamt vor Ort geführt.
Die Verteilung der im Rahmen des Landesprogramms zur Verfügung stehenden Mittel
werden nach einem Schlüssel, der die Schülerzahlen und den Anteil der Kinder unter
15 Jahre in SGB II Bedarfsgemeinschaften berücksichtigt, auf die Kommunen verteilt.
Die Bedarfsermittlung bleibt damit auf der kommunalen Ebene, welche für die
Planung und Steuerung der Jugendhilfe per Gesetz verpflichtet ist.138 Die Thüringer
Richtlinie sieht vor, dass die geförderten Angebote Teil der Jugendhilfeplanung auf
der Ebene der Gebietskörperschaften sein müssen. Hier soll also durch die im Gesetz
festgeschriebene Art und Weise ermittelt werden, an welchen Schulen welcher Bedarf
vorliegt und wie diesem sozialpädagogisch entsprochen werden kann. Der Einsatz von
eigenen Mitteln wird durch das Landesprogramm keinesfalls gehemmt. Das Thüringer
Ausführungsgesetz zum SGB VIII (ThürKJHAG) verweist darauf, dass die Kommunen
den Bedarf an Einrichtungen und Diensten in einem Jugendförderplan ausweisen
müssen. 139 Zur Beantragung der Landesmittel ist ein Beschluss des örtlichen
Jugendhilfeausschusses zur Umsetzung der Schulsozialarbeit vorzulegen.
Ob die Fördermittel den fachlichen Bedarf decken, muss auf der Grundlage der
vorliegenden Erkenntnisse unterstellt werden, da der Fokus im Rahmen der
Erhebungen nicht auf der Evaluation der lokalen Jugendhilfeplanungsaktivitäten lag.
138
Wiesner, Reinhard (2011): SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe. Kommentar. 4. Überarbeitete Auflage, München, S. 1115 ff. 139
Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz (ThürKJHAG) (2009) § 16. http://landesrecht.thueringen.de/jportal/portal/t/8nm/page/bsthueprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-KJHAGTH2009rahmen&doc.part=X&doc.price=0.0#jlr-KJHAGTH2009pP12.
92 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit und kommunalen Selbstverwaltung haben
verschiedene Thüringer Kommunen zur Verteilung der Schulsozialarbeit
entsprechende Indikatoren (z.B. Anzahl der Schüler/innen pro Schule) entwickelt.
Andere Kommunen gehen von einem Bedarf an allen Schulen aus. Erkennbar wurde
an unterschiedlichen Stellen, dass die Akteure den Bedarf an Schulsozialarbeit
insgesamt als ausgeprägt einschätzen. Weiterhin gehen sie davon aus, dass die
Landesfördermittel regelmäßig nicht bedarfsdeckend sind. Beides sind Indizien für
eine grundsätzliche Bedarfsabwägung.
Betrachtet man die fachpolitische Diskussion zur Schulsozialarbeit in Deutschland, so
wird deutlich, dass dieses Handlungsfeld längst nicht mehr als zusätzliches oder in
Ausnahmefällen nötiges Arbeitsfeld in den Schulen angesehen wird. Sowohl die
führenden Wissenschaftler/innen als auch die einschlägigen Bundesverbände fordern,
Schulsozialarbeit an allen allgemeinbildenden Schulen zu etablieren.
Ein Ausbau der Schulsozialarbeit in Thüringen sollte unbedingt bedarfsorientiert
erfolgen. Betrachtet man die in der Dokumentation der wissenschaftlichen
Dienste des Bundestags enthaltene Aufstellung einer Modellrechnung, die auch
auf der bereits zitierten Dortmunder Erklärung basiert, so wären für eine
Bedarfsdeckung in Thüringen 1.573 Stellen nötig.140
8.1.2 Rahmenbedingungen für Schulsozialarbeit weiterentwickeln
a) Fachkräftegebot
Wie gezeigt, ist es Bestandteil der herrschenden Fachmeinung, dass die Qualität von
Schulsozialarbeit maßgeblich von den Formalqualifikationen der Beschäftigten
abhängig ist. Als einschlägig qualifiziert gelten in diesem Sinne Personen, welche
sozialpädagogische/sozialarbeiterische Hochschulabschlüsse vorweisen können. Das
Thüringer Landesprogramm berücksichtigt diese Forderung, lässt aber auch
Psychologen/innen oder Erziehungswissenschaftler/innen zu. Daneben besteht
zudem die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen. Dadurch können auch Personen
mit einer geringeren Qualifizierung tätig werden.
Das Thüringer Fachkräftegebot ist aus fachlicher Perspektive zu begründen und zu
begrüßen. Es wirkt qualitätssichernd und professionsstiftend. Zu überlegen ist,
auf die benannten Ausnahmeregelungen perspektivisch zunehmend zu
verzichten.
140
Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (2016): Schulsozialarbeit in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz, Österreich und Schweden. WD 8 - 3000 - 039/16, Berlin, s. 33.
Abschließende Bewertung und Handlungsempfehlungen 93
b) Beschäftigungskontinuität
Es ist fachlich anerkannt, dass Befristung von Stellen der nachhaltigen und wirksamen
Etablierung von Schulsozialarbeit entgegenläuft. Gefordert werden daher vielerorts
unbefristete Stellen. Diese Forderung findet sich auch in einigen zitierten Regelungen
anderer Bundesländer wieder. In Thüringen findet sich keine diesbezügliche
Erwartungshaltung. Im Gegenteil: Es ist davon auszugehen, dass die Thüringer
Regularien Befristung begünstigen, da diese nirgends thematisiert oder sogar
ausgeschlossen wird. In der Folge dominieren befristete Arbeitsverhältnisse und in
diesen Fällen auch häufigere Personalwechsel. Viele Jugendämter signalisieren heute
bereits, dass gerade befristete Stellen nur schwer zu besetzen sind. An anderer Stelle
ließ sich zeigen, dass die Schaffung gut genutzter und wirksamer Angebotsstrukturen
sowie die Herausbildung stabiler Arbeitsbeziehungen in Thüringen maßgeblich durch
Aspekte der Beschäftigungskontinuität befördert werden.
Schulsozialarbeiter/innen sollten unbefristet beschäftigt sein. Dies zeigt eine
Vielzahl positiver Effekte und bedingt die nachhaltige Etablierung von
Schulsozialarbeit. Hierfür sollten entsprechende Regelungen getroffen werden.
Insgesamt sollten Überlegungen angestellt werden, wie das Arbeitsfeld in
Thüringen nachhaltig verstetigt werden kann, beispielsweise in Form einer
gesetzlichen Fixierung.
c) Beschäftigungsumfang und Zuständigkeit
Im Rahmen der Evaluation ließ sich zeigen, dass Angebote und Leistungen der
Schulsozialarbeit dann besonders gelingend etabliert und umgesetzt werden können,
wenn einerseits mindestens eine Fachkraft je Schule tätig ist und der
Beschäftigungsumfang andererseits zwischen 30 und 40 Stunden beträgt.
Die in den fachlichen Empfehlungen enthaltene Vorgabe von 30 Wochenstunden pro
Personalstelle ist positiv hervorzuheben. Problematisch gestaltet sich dies dann, wenn
Schulsozialarbeiter/innen in Teilzeit an verschiedenen Schulstandorten tätig sind.
Zwar sieht das Thüringer Landesprogramm vor, dass Schulsozialarbeiter/innen an
einer Schule tätig sein sollen, beinhaltet aber gleichsam eine Ausnahmeregelung.
Nach dieser kann der Einsatz einer Fachkraft an mehreren Schulen mit einer
entsprechenden Begründung erfolgen. Die Realität zeigt, dass zum Zeitpunkt der
Erhebungen 2015 die Mehrzahl der geförderten Gebietskörperschaften über
Ausnahmeregelungen verfügen. Die Mehrzahl der Schulsozialarbeiter/innen ist in
Teilzeit tätig und für eine Schule zuständig. Auch steht an einer nennenswerten
Anzahl von Schulen ein Beschäftigungspotential von weniger als 0,75 VbE zur
Verfügung. Über 10 % der Schulsozialarbeiter/innen sind in Teilzeit an mehr als einer
Schule tätig. Weiterhin geben Schulsozialarbeiter/innen bisweilen an, aufgrund ihres
Arbeitsvertrages über weniger als 30 Stunden Wochenarbeitszeit zu verfügen. In die
94 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Betrachtungen zur Teilzeittätigkeit ist ferner die Lage der Arbeitszeit einzubeziehen.
Konzentriert sich die Arbeitszeit eines/r Schulsozialarbeiters/in auf die Schulzeit, ist
eine Teilzeittätigkeit nötig, um die Ferienzeiten zu kompensieren.
Nur wenn Schulsozialarbeiter/innen regelmäßig und kontinuierlich an „ihrer“ Schule
präsent sind, können sie Teil des Schulbildes werden, ansprechbar sein,
Beratungsbeziehungen aufbauen, Bedürfnisse ergründen und darauf aufbauend
Angebote schaffen sowie den Alltag der Schüler/innen kennen lernen.
Die im Landesprogramm und den fachlichen Empfehlungen festgeschriebenen
Standards sollten unbedingt eingehalten werden. Eine Minimierung der
Ausnahmeregelungen ist dafür dringend erforderlich.
d) Betreuungsverhältnis
Die Frage, für wie viele potentielle Adressaten/innen eine Fachkraft zuständig ist bzw.
sein soll, wird in der Fachdiskussion auf unterschiedliche Weise beantwortet. Es finden
sich sowohl schüler/innen- als auch standortabhängige Ansätze. Weiterhin finden sich
Ansätze, die generell mehr als eine Fachkraft pro Schule bzw. den Einsatz
sogenannter Teams fordern. Dies soll zum einen den kollegialen Austausch und zum
anderen sozialpädagogische Ansätze wie beispielsweise geschlechtersensible
Angebote berücksichtigen.
Die Thüringer Regularien verzichten auf eine Quotierung des Bedarfes. Bevorzugt
wird die zielgruppen-, standort- und bedarfsspezifische Ermittlung des notwendigen
Personaleinsatzes, unter der Voraussetzung, dass pro Schulstandort eine Fachkraft
mit mindestens 30 Wochenstunden Beschäftigungsumfang zum Einsatz kommt. Die
Umsetzung dieser Vorgaben wurde oben diskutiert. Erkennbar ist beim Thüringer
Betreuungsverhältnis eine ausgeprägte Heterogenität der Verhältnisse. Während
einzelne Fachkräfte mit einer sehr großen Anzahl potentieller Adressaten/innen
zurechtkommen müssen, gilt für den Großteil der Befragten, für bis zu 300
Schüler/innen ansprechbar zu sein. Es zeigt sich auch, dass an einigen Thüringer
Schulen mehr als 1,0 VbE pro Standort zur Verfügung stehen. Der Gedanke des Teams
ist dort implementiert, ohne dass dies landesseitig vorgegeben worden ist.
Der Paritätische Gesamtverband forderte bereits 2013 für einen bedarfsgerechten
Ausbau einen Schlüssel anhand der Schüler/innenzahl festzulegen, der pro 150 junge
Menschen eine/n Schulsozialarbeiter/in vorsieht. Diese Forderung wurde auf dem
Bundeskongress Schulsozialarbeit 2015 in der Dortmunder Erklärung bekräftigt.
Der Einsatz der Schulsozialarbeiter/innen sollte sich auch in Thüringen an den
Schülerzahlen der betreuten Schulen orientieren, wobei es besondere
Bestimmungen für berufsbildende Schulen geben sollte. Das Arbeiten in einem
Abschließende Bewertung und Handlungsempfehlungen 95
Team von mehreren Schulsozialarbeitern/innen schulstandortübergreifend in
Form von Kooperationsmodellen sollte zudem festgeschrieben werden.
e) Vergütung der Fachkräfte
In der Fachdiskussion ist es Konsens, dass eine entsprechende Vergütung der
Fachkräfte notwendig ist. Sie stellt gewissermaßen das Gegenstück zur Forderung
nach einer anforderungsgemäßen Formalqualifikation dar. Gleichsam wirkt sie so im
Sinne eines zu etablierenden professionellen Berufsbildes, da dem Einfordern einer
bestimmten Qualifikation als fachlicher Mindeststandard die Forderung einer
anforderungsgemäßen Vergütung gegenübergestellt wird. Als Maßstab der
Angemessenheit dienen die einschlägigen Tarife. Entsprechende Vorgaben finden
sich in zahlreichen Landesregelungen. Die Thüringer Richtlinie schafft in diesem Fall
mit der Festschreibung der tariflichen Eingruppierung einen ausgeprägten
Anforderungshorizont (auch in Verbindung mit dem Fachkräftegebot). Die geforderte
Eingruppierung im Bereich TVöD-SuE S 11 bzw. TV-L E 9 ist ein erster Schritt in diese
Richtung, wenngleich in anderen Bundesländern inzwischen insgesamt in der Kinder-
und Jugendhilfe höhere Eingruppierungen (TV-L E 10) gängige Praxis sind.
Mit Blick auf die seit 2013 nur geringfügig gestiegene Fördersumme wurden die
daraus resultierenden Probleme aufgrund des tariflich vorgesehenen Mehrverdienstes
diskutiert. Wenn weder Land noch Kommunen weitere Mittel einsetzen, drohen
entweder ein Rückgang der Personen insgesamt oder des Beschäftigungsumfanges
der Schulsozialarbeiter/innen. Beides kann mit Blick auf die hier dargestellten
Erfordernisse kein anzustrebendes Ziel sein.
Die tarifgerechte Bezahlung der geförderten Fachkräfte ist aus fachlicher
Perspektive zu begrüßen und gleichermaßen nötig. Der Fördermittelgeber sollte
die Kostensteigerungen durch den tariflich festgelegten Mehrverdienst
berücksichtigen, damit die Richtlinie auch in Zukunft entsprechend umgesetzt
werden kann. Die Eingruppierung der Fachkräfte sollte perspektivisch den
Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt nicht nur aufgrund des drohenden
Fachkräftemangels angepasst werden.
f) Sächliche Ausstattung
Die darauf bezogenen fachlichen Diskussionen gehen davon aus, dass eine
bedarfsgerechte Ausstattung mit Dingen, die zur pädagogischen Arbeit notwendig
sind, eine unabdingbare Voraussetzung gelingender Schulsozialarbeit ist. Diese steht
natürlich in engem Zusammenhang mit der finanziellen Ausstattung bzw. der Frage,
inwieweit Sachkosten mitfinanziert werden. Hier finden sich im bundesvergleich
unterschiedliche Bemessungsansätze. Die Thüringer Richtlinie sieht vor, dass die
Zuwendung für Sachausgaben bis zu 15 % der Gesamtfördersumme der jeweiligen
96 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Fördermittelerstempfänger betragen kann. Inwiefern dies bedarfsgerecht ist, müsste
wiederum aufgrund der Bedarfsüberlegungen derselben eruiert werden. Wie gezeigt,
gehen die im Jahre 2015 befragten Träger mehrheitlich davon aus, dass die
Bereitstellung von Sachmitteln für den Gesamterfolg des Programms in besonderer
Weise relevant ist.
Die Förderfähigkeit von Sachausgaben entspricht anerkannten fachlichen
Standards und ist aus dieser Perspektive zu begrüßen. Zu prüfen wären, inwieweit
die Beantragung und Verwendung derselben durch die
Fördermittelerstempfänger bedarfsgerecht ist.
g) Räumliche Ausstattung
Gleichermaßen notwendig sind geeignete Räumlichkeiten, die den pädagogischen
Fachkräften zur Verfügung stehen bzw. die sie mitbenutzen können. Wie gezeigt
finden sich in der Fachdiskussion entsprechende Forderungen (Lage, Ausstattung,
Gestalt- und Nutzbarkeit, etc.). Dabei berührt diese Frage nach den Räumlichkeiten
zugleich einen weiteren Aspekt, welcher maßgeblich für die Etablierung von
Schulsozialarbeit ist: Die Kooperation von Jugendhilfe und Schule.
Die Thüringer Regularien berücksichtigen dies. Zum einen finden sich in den
fachlichen Empfehlungen Angaben zum Vorhandensein und zur Nutzung der
Räumlichkeiten. Zum anderen weist die Richtlinie auf die Berücksichtigung der
Räumlichkeiten in den abzuschließenden Kooperationsvereinbarungen hin. Die
beschriebenen Daten legen nahe, dass die benannten Vereinbarungen in der
überwiegenden Anzahl der Fälle Berücksichtigung finden. Die tatsächliche
Raumsituation wird von den befragten Statusgruppen jeweils unterschiedlich
beurteilt, was ein insgesamt ambivalentes Bild hinterlässt.
Die Hinweise bezüglich notwendiger Räumlichkeiten und deren Ausstattung sind
aus fachlichen Erwägungen heraus wichtig. Es sollte auch zukünftig darauf
hingewirkt werden, dass alle Kooperationspartner/innen die getroffenen
Vereinbarungen einhalten.
8.1.3 Schulsozialarbeit braucht Kooperationen
Nach Speck sollte es Kooperation auf vier verschiedenen Ebenen, zwischen den
pädagogischen Akteuren, zwischen Leistungserbringern und Schulen, im Sozialraum
Abschließende Bewertung und Handlungsempfehlungen 97
und auf überörtlicher Ebene geben.141 Das Vorhandensein dieser vier Ebenen konnte
im Rahmen der vorliegenden Untersuchungen belegt werden.
Die Thüringer Regularien fordern Kooperationsvereinbarungen zwischen den
Akteuren als Fördervoraussetzung. Diese Regelung wird von den Trägern der
Schulsozialarbeit auch als bedeutsam für das Gelingen der Angebote eingeschätzt.
Auf der Projektebene finden vielfältige schulinterne Kooperationen statt, die sowohl
von den Schulsozialarbeitern/innen als auch von den an der Schule Tätigen als
wichtige Gelingensbedingung angesehen werden. Schulsozialarbeiter/innen
wünschen sich bisweilen eine noch größere Verbindlichkeit zur Kooperation zwischen
den verschiedenen Professionen. In den Erhebungen wurden besonders intensive
Kooperationen zwischen Schulsozialarbeitern/innen, Klassenlehrern/innen,
Schulleitungen und Beratungslehrern/innen beschrieben.
Auch auf der Ebene der sozialräumlichen Vernetzung berichten die Akteure über
vielfältige Vernetzungsstrukturen und eine Öffnung der Schule in den Sozialraum. Die
Zielstellung des Landesprogramms, eine Verbesserung der Brückenfunktion zwischen
den Sozialisationsinstanzen Jugendhilfe, Schule und Familie zu bewirken, wird durch
die Akteure positiv eingeschätzt.
Die überregionalen Vernetzungsstrukturen wie Regionaltreffen, Fortbildungen
innerhalb des Landesprogramms und die Landesfachtagungen erfahren ebenfalls eine
positive Resonanz.
Kooperationen bilden aus Sicht der Akteure ein wichtiges Qualitätsmerkmal in der
Schulsozialarbeit und sollten auch weiterhin von allen Seiten unterstützt werden.
Die Verbesserung der Brückenfunktion zwischen den unterschiedlichen
Sozialisationsinstanzen als eine Zielstellung des Landesprogramms wird von den
unterschiedlichen Akteuren positiv hervorgehoben.
141
Speck (2009): S. 94 ff.
98 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
8.1.4 Qualitätsentwicklung als fortlaufender Prozess
Die Qualitätsentwicklung als Prozess erfährt in den fachlichen Empfehlungen
Thüringens eine besondere Bedeutung.142 Demnach bildet die standortspezifische
Konzeption die Grundlage und trägt entscheidend zum Erfolg der Schulsozialarbeit
bei. Weitere Elemente des Prozesses sind die Dokumentation, die Zielüberprüfung
und der Qualitätsdialog vor Ort. Außerdem werden Fortbildungen und Fachberatung
als Qualitätsinstrumente benannt.
a) Standortspezifische Konzeption
Die vorliegenden Untersuchungen in Thüringen haben gezeigt, dass das
Vorhandensein einer konkreten mit den verschiedenen Akteuren
abgestimmten/kommunizierten Konzeption einen Einfluss auf das von den Akteuren
wahrgenommene Gelingen von Schulsozialarbeit zu haben scheint.
73,4 % der Schulsozialarbeiter/innen hatten bereits 2015 eine solche Konzeption. Auch
die an der Schule Tätigen bestätigen dies. Sie geben zudem an, dass die Konzeption
die Aufgabenfelder der Schulsozialarbeit beschreibt, im Schulentwicklungsplan
verankert ist und allen Beteiligten vorgestellt wurde. Die Einbeziehung der Lehrenden
in die Konzeptentwicklung scheint insgesamt seltener vorzukommen.
An Standorten, an denen eine solche Konzeption vorliegt, wird häufiger davon
berichtet, dass es seltener zu Kompetenzüberschreitungen zwischen den
verschiedenen Professionen kommt, die Lehrkräfte der Schulsozialarbeit gegenüber
aufgeschlossener sind und es häufiger zum Einbinden des sozialen Lernens in den
Unterricht kommt. Auch scheinen die verschiedenen Angebotsformen (Beratung,
Einzelfallhilfe und soziale Gruppenarbeit) der Schulsozialarbeit nach Einschätzung der
Schulsozialarbeiter/innen häufiger wahrgenommen zu werden. Dies lässt den Schluss
zu, dass durch die konzeptionelle Klarheit ein deutlicherer Fokus innerhalb des
Angebotsspektrums der Schulsozialarbeit gelegt wird und dies dazu führt, dass
zielgerichteter gearbeitet wird.
Eine standortspezifische Konzeption ist ein wichtiger Einflussfaktor für gute
Kooperationen und eine zielorientierte Arbeit. Daher sollte eine solche
Konzeption an jedem Standort vorliegen und auch jährlich weiterentwickelt
werden. Die Einbeziehung der schulischen Akteure in die Konzeptentwicklung
sollte zukünftig eine größere Bedeutung haben.
142
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (2014): S. 10 ff.
Abschließende Bewertung und Handlungsempfehlungen 99
b) Dokumentation
Die Thüringer Regularien stellen durchaus umfangreiche Anforderungen hinsichtlich
der Dokumentation an die Akteure. Wie gezeigt, erfreuen sich diese
Dokumentationserfordernisse bei den Befragten nicht sonderlicher Beliebtheit. Die
Dokumentation umfasst einerseits die Erstellung einer jährlichen Statistik der im
Landesprogramm festgeschriebenen Indikatoren durch die Schulsozialarbeiter/innen
und als Zusammenfassung durch die Jugendämter. Neben dieser Statistik sind
jährliche Sachberichte vorzulegen.
Die Statistik gibt einen guten Überblick über die Entwicklungen der letzten drei Jahre.
So ist festzustellen, dass die Anzahl der durch die Schulsozialarbeit erreichten
Schüler/innen zugenommen hat. Die Angebots-Fallzahlen liegen bei ca. 450 pro
vollbeschäftigte/n Schulsozialarbeiter/in. Im Jahresvergleich ist festzustellen, dass die
Einzelfallhilfen zugenommen und die Beratungen und Kriseninterventionen
abgenommen haben. Dies deutet darauf hin, dass die Arbeit mit einzelnen Kindern
und Jugendlichen intensiver geworden ist.
Bezüglich der Fall- und Nutzungsstatistik liegt bundes- und auch landesweit kein
Referenzrahmen vor, der die dargestellte Anzahl der Fälle ins Verhältnis setzt. Daher
müssen diese Daten innerhalb der im Landesprogramm tätigen Akteure diskutiert
werden und Konkretisierungen erfahren.
Die etablierten Dokumentationsverfahren entsprechen in ihrer Konstruktion den
fachlichen Standards und sind daher zu begrüßen. Eine Weiterentwicklung der
quantitativen Indikatoren des Landesprogramms sollte im Rahmen der
Qualitätsentwicklung gemeinsam mit den Akteuren erfolgen.
c) Fortbildung
Gleichermaßen fachlich anerkannter und geforderter Standard ist die regelmäßige
Teilnahme der Beschäftigten an einschlägigen Fort- und
Weiterbildungsveranstaltungen. Die fachlichen Empfehlungen des Landes Thüringen
sehen dies ebenfalls vor. Die Auswertung der Statistiken zeigt, dass die Thüringer
Schulsozialarbeiter/innen 2014 und 2015 im Durchschnitt acht Weiterbildungstage in
Anspruch nahmen. Die Befragten schätzen ferner die programmbegleitenden
Fortbildungen als bedeutsam ein. Auch die Bewertung der Themen und Inhalte der
Fortbildungen gestaltet sich sehr positiv.
Fortbildungen sind etablierter Bestandteil der Berufstätigkeit der Thüringer
Schulsozialarbeiter/innen und sollten fortgeführt werden.
100 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
d) Fachliche Begleitung
Fachliche Begleitung von Schulsozialarbeitern/innen wird in der Fachdiskussion
regelmäßig eingefordert. Das Land Thüringen eröffnet hier im Rahmen des
Landesprogramms recht umfangreiche Möglichkeiten. Zum einen wird eine regionale
fachliche Begleitung gefördert, welche bei den örtlichen Trägern der öffentlichen
Kinder- und Jugendhilfe angesiedelt ist. Hier ist davon auszugehen, dass diese in recht
unterschiedlichem Umfang realisiert wird. Dies legen beispielsweise die hierfür
beantragten Mittel nahe. Daneben fördert das Landesprogramm auch eine externe
Begleitstruktur (ORBIT), welche insbesondere die Akteure in fachlichen Fragen berät,
Fortbildungen organisiert, regionale Fachaustausche initiiert und wissenschaftliche
Analysen für die Landesebene anstellt. Auf der Grundlage der Erhebungen ist deutlich
geworden, dass die Angebote fachlicher Begleitung bei den Akteuren akzeptiert sind,
dieser sicher aber auch eine Art Kontrollfunktion zugesprochen wird.
Das Thüringer Landesprogramm sieht die Einrichtungen von fachlicher Begleitung
auf zwei Ebenen vor. Dies entspricht den fachlichen Standards und sollte
fortgeführt werden.
8.2 Zielerreichung
Im Landesprogramm „Schulbezogene Jugendsozialarbeit“ werden vier pädagogische
Ziele formuliert:
a) „Die Förderung der individuellen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen –unter
Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen –, indem
Maßnahmen angeboten werden, in denen Schülerinnen und Schüler über das schulische Angebot
hinaus ihre Fähigkeiten entfalten, Anerkennung erfahren und soziale Prozesse gestalten können.
b) Soziale Benachteiligungen, individuelle Beeinträchtigungen und strukturelle Nachteile sollen
abgebaut werden, indem der Ausgrenzung und den Risiken des Scheiterns in der Schule
entgegengewirkt wird. Schülerinnen und Schüler werden bei der Entfaltung ihrer Stärken, dem
Erschließen ihrer Ressourcen und bei der Entwicklung von Lebensperspektiven unterstützt.
c) Beratung von Lehrkräften und Eltern, indem die sozialpädagogische Sicht- und Handlungsweise
in die Schule eingebracht und somit eine Verbesserung der Brückenfunktion zwischen den
Sozialisationsinstanzen Jugendhilfe, Schule und Familie erreicht wird.
d) Junge Menschen sollen in die Lage versetzt werden, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen
und zur Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur
Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen befähigt werden.“143
Mithilfe der vorliegenden Untersuchungen wurde versucht, Informationen über das
Erreichen der pädagogischen Ziele durch die Akteure der Schulsozialarbeit auf der
Ebene der Professionellen gesammelt. Durch die Befragung der
143
ebenda: S. 1.
Abschließende Bewertung und Handlungsempfehlungen 101
Schulsozialarbeiter/innen, Träger und an der Schule Tätigen ist es gelungen, deren
Perspektiven aufzuzeigen. Selbstverständlich können hier keine kausalen
Wirkungsketten dargestellt werden. Die befragten Akteure benennen allerdings aus
ihrer Sichtweise heraus Veränderungen, die sie dem Wirken der Schulsozialarbeit
zuschreiben.
Betrachtet man die Ziele des Landesprogramms genauer, lassen sie sich wie vorn
beschrieben, zunächst verschiedenen Zielgruppen zuordnen:
a) Kinder und Jugendliche,
b) Lehrkräfte (an der Schule Tätige),
c) Eltern.
Die Erreichung der Zielgruppen wurde mittels der Jahresstatistik abgefragt. Als
Hauptzielgruppe stehen insbesondere die Kinder und Jugendlichen im Fokus der
Schulsozialarbeit. Aber auch Angebote für Eltern und Lehrkräfte finden sich im
Portfolio der Fachkräfte.
Im Sinne der Ergebnisqualität lassen sich die benannten Ziele in ein Kompetenzmodell
einordnen, welches auch den Thüringer Lehrplänen zugrunde liegt. Demnach werden
vier Kompetenzebenen (Sach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz) benannt.
8.2.1 Auf der Ebene der Kinder und Jugendlichen
Bereits in der Evaluation in Sachsen wurde deutlich, dass die größten Erfolge der
Schulsozialarbeit bei Kindern und Jugendlichen im Bereich der Sozial- und
Selbstkompetenz (Reduzierung von Problemlagen einzelner Schüler/innen und
Reduzierung von Problemlagen einzelner Klassen und Gruppen) zu verzeichnen sind.
144 Bundesweit ist inzwischen unstrittig, dass Schulsozialarbeit Veränderungen in der
Sozial- und Selbstkompetenz von einzelnen Kindern und Jugendlichen und speziellen
Gruppen (z.B. Schulklassen) hervorbringt.
Auch in Thüringen benennen die Schulsozialarbeiter/innen deutlich Veränderungen im
Bereich der Sozial- und Selbstkompetenz. Diese Veränderungen werden in den
Untersuchungen dann häufiger benannt, wenn
die Anzahl der Wochenstunden des/r Schulsozialarbeiters/in über 30 Stunden
liegt,
durch eine/n Schulsozialarbeiter/in nur eine Schule betreut wird,
mehr als ein/e Sozialarbeiter/in an der Schule tätig ist,
die personelle Kontinuität gewährleistet ist,
eine standortspezifische Konzeption vorliegt,
die Schulsozialarbeiter/innen mit den räumlichen Bedingungen zufrieden sind,
144
ORBIT (2014): S. 18.
102 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
die Arbeitsverträge der Sozialpädagogen/innen unbefristet sind.
Zu beachten ist, dass die hier beschriebenen Wirkungsannahmen aus der Sicht der
Professionellen beschrieben werden. Eine Erhebung auf der Ebene der Kinder und
Jugendlichen könnte hier hilfreich sein, um diese Ergebnisse zu überprüfen.
8.2.2 Auf der Ebene der Eltern und Personensorgeberechtigten
Angebote für Eltern machen einen relativ geringen Anteil am Gesamtportfolio der
Schulsozialarbeiter/innen aus. Knapp die Hälfte der Schulsozialarbeiter/innen hält
nach eigenen Aussagen Beratungsangebote für Eltern vor. Aufgrund der geringen
Datengrundlage und der Art der Untersuchungen können auf der Wirkungsebene für
Thüringen bisher nur wenig konkrete Aussagen getroffen werden. Die an der Schule
Tätigen signalisieren, dass ein Ausbau der Angebote für Eltern wünschenswert sei.
8.2.3 Auf der Ebene der an der Schule Tätigen
Die seitens der Schulsozialarbeiter/innen angestoßenen Veränderungen stoßen
bisweilen nur eingeschränkt auf Offenheit bei den an der Schule Tätigen. Mit Blick auf
die grundsätzliche Akzeptanz, Kenntnis und Wertschätzung kann davon ausgegangen
werden, dass sich sozialpädagogische Sicht- und Handlungsweisen im System Schule
etablieren konnten. Die Entlastungsfunktion scheint nach Aussage der Befragten
deutlicher wahrnehmbar als die Befähigungsfunktion. Dennoch scheint es zu
gelingen, dass Lehrer/innen im Sinne pädagogischer Anregungen oder Erweiterungen
der individuellen Handlungskompetenz profitieren. Die Einflüsse von
Schulsozialarbeit auf das System Schule bzw. die Schulentwicklung wird von einer
beachtlichen Zahl von schulinternen Akteuren beschrieben. Inwieweit
Schulsozialarbeit auch dazu beiträgt, Schuldistanz zu mindern und das Erreichen der
formalen Bildungsabschlüsse zu befördern (Abbau von Bildungsbenachteiligungen)
muss an dieser Stelle zunächst offenbleiben. Hierfür wären weitere Untersuchungen
auf der Ebene der Kinder und Jugendlichen nötig.
Das Erreichen der Ziele scheint aus Sicht der befragten Akteure zu gelingen.
Inwieweit die intendierten Wirkungen auch tatsächlich bei den Kindern und
Jugendlichen festzustellen sind, sollte perspektivisch untersucht werden. Hierfür
scheint eine Befragung der Zielgruppe erstrebenswert. Zudem sollten weitere
Möglichkeiten erschlossen werden, um die Wirksamkeit von Schulsozialarbeit zu
beschreiben.
Mit Blick auf die qualitative Weiterentwicklung des Landesprogramms sollte der
Schwerpunkt Elternarbeit inhaltlich thematisiert und fachlich weiterentwickelt
werden, da hierzu bislang keine Erkenntnisse vorliegen.
Auch Schuldistanz und Schulabbruch scheinen Themenfelder zu sein, die im
Rahmen der Weiterentwicklung einer sozialpädagogischen Diskussion bedürfen.
Abbildungsverzeichnis 103
A B B I L D U N G S V E R Z E I C H N I S
Abbildung 1 Wortwolke zum Begriffsdschungel ........................................................... 6
Abbildung 2 Logisches Modell nach Kurz & Kubek (2013)........................................... 10
Abbildung 3 Trägerbefragung: Einfluss des Fachkräftegebots auf den Erfolg des
Landesprogrammes (n=40) ........................................................................................ 18
Abbildung 4 Arbeitsverträge der Schulsozialarbeiter/innen nach Beschaffenheit (n=48)
................................................................................................................................... 20
Abbildung 5 Trägerbefragung: Einfluss der Befristung von Arbeitsverhältnissen auf die
Häufigkeit von Personalwechseln (n=47) .................................................................... 21
Abbildung 6 Schulsozialarbeiterbefragung: Wochenstunden des/r
Schulsozialarbeiters/in insgesamt und an einer Schule (n=147-158) ........................... 22
Abbildung 7 Begünstigende Einflüsse auf Leistungen von Schulsozialarbeit für Kinder
und Jugendliche ......................................................................................................... 22
Abbildung 8 Arbeitszeitbereiche nach Zeitäquivalenten (eigene Berechnungen) ...... 23
Abbildung 9 Anzahl der Schüler/innen (n=158) ........................................................... 26
Abbildung 10 Schulsozialarbeiterbefragung: Tätigkeitszeitraum der befragten
Schulsozialarbeiter/innen (n=143) .............................................................................. 28
Abbildung 11 Schulsozialarbeiterbefragung: Seit wann sind Sie für die betreffende
Schule als Schulsozialarbeiter/in tätig? (n=158) .......................................................... 29
Abbildung 12 Statistikerhebung: Anzahl der Schulsozialarbeiter/innen und Schulen . 29
Abbildung 13 Trägerbefragung: Beitrag des Bereitstellens von Sachmitteln zum
Gesamterfolg von Schulsozialarbeit (n=39) ................................................................ 31
Abbildung 14 Trägerbefragung: Voraussetzungen der schulbezogenen
Jugendsozialarbeit in Thüringen (n=40) ...................................................................... 35
Abbildung 15 Schulsozialarbeiterbefragung: Einschätzung räumliche Situation (n=147)
................................................................................................................................... 36
Abbildung 16 Trägerbefragung: Regelmäßige Abstimmungstermine zwischen Trägern
und Schulsozialarbeitern/innen (n=39) ....................................................................... 41
Abbildung 17 Schulsozialarbeiterbefragung: Häufige Kooperationspartner/innen im
Kontext schulbezogener Jugendsozialarbeit (n=76-153) ............................................. 41
Abbildung 18 Befragung an der Schule Tätige: Häufige Kooperationspartner/innen im
Kontext schulbezogener Jugendsozialarbeit (n=64-242) ............................................ 42
Abbildung 19 Trägerbefragung: Bedeutsamkeit der Begleitstrukturen für die
erfolgreiche Umsetzung der Landesförderung (n=39-40) ........................................... 43
Abbildung 20 Schulsozialarbeiterbefragung: Bedeutsamkeit der Begleitstrukturen für
die erfolgreiche Umsetzung der Landesförderung (n=12-147) .................................... 43
Abbildung 21 Schulsozialarbeiterbefragung: Vorhandensein einer
schulstandortspezifischen Konzeption (n=143) .......................................................... 46
Abbildung 22 Trägerbefragung: Beitrag Abschließen von
Kooperationsvereinbarungen zum Gesamterfolg des Förderprogrammes (n=39) ...... 47
104 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
Abbildung 23 Trägerbefragung: Beitrag der Landesvorgaben
(Kooperationsvereinbarungen) zum Gesamterfolg des Förderprogrammes (n=39) ... 47
Abbildung 24 Trägerbefragung: Beitrag der Landesvorgaben (Fortbildungen) zum
Gesamterfolg des Förderprogrammes (n=38)............................................................. 48
Abbildung 25 Anzahl der Fort- und Weiterbildung in den Jahren 2014 und 2015 ........ 49
Abbildung 26 Gegenüberstellung der Einschätzungen der Träger der Schulsozialarbeit
und der Schulsozialarbeiter/innen: Beitrag der Rahmenvorgaben zum Erfolg der
Schulsozialarbeit I (n=38-147) ..................................................................................... 50
Abbildung 27 Gegenüberstellung der Einschätzungen der Träger der Schulsozialarbeit
und der Schulsozialarbeiter/innen: Beitrag der Rahmenvorgaben zum Erfolg der
Schulsozialarbeit II (n=38-147) .................................................................................... 51
Abbildung 28 Leistungen für einzelne junge Menschen (2015) ................................... 55
Abbildung 29 Bestandsanalyse und Schulsozialarbeiterbefragung: Entwicklung der
Leistungen für einzelne junge Menschen ................................................................... 55
Abbildung 30 Schulsozialarbeiterbefragung: Einflussfaktoren auf die Leistungen der
Schulsozialarbeit für einzelne junge Menschen (n=131-154) ....................................... 57
Abbildung 31 Schulsozialarbeiterbefragung: Leistungen bezogen auf
Schüler/innengruppen (n=153-154) ............................................................................. 58
Abbildung 32 Bestandsanalyse und Schulsozialarbeiterbefragung: Entwicklung der
Leistungen für Schüler/innengruppen ........................................................................ 58
Abbildung 33 Schulsozialarbeiterbefragung: Einflussfaktoren auf Gruppenangebote
der Schulsozialarbeit (n=141-153) ............................................................................... 59
Abbildung 34 Befragung an der Schule Tätige Einflussfaktoren auf die Interventionen
(n=149-218) ................................................................................................................ 60
Abbildung 35 Bestandsanalyse und Schulsozialarbeiterbefragung: Entwicklung der
Zusammenarbeit mit Partnern in der Bildungslandschaft .......................................... 64
Abbildung 36 Bestandsanalyse und Schulsozialarbeiterbefragung: Entwicklung der
Kooperationen mit Partnern in der Bildungslandschaft .............................................. 64
Abbildung 37 Akteure und Wirkungslinien von Schulsozialarbeit (eigene Darstellung)
................................................................................................................................... 66
Abbildung 38 Kompetenzmodell ................................................................................ 68
Abbildung 39 Kompetenzzuschreibungen der verschieden Akteure
(Zusammenstellung aus den verschiedenen Befragungen) (n=41-251)....................... 69
Abbildung 40 Schulsozialarbeiterbefragung: Häufigkeitsverteilung der sozialen
Kompetenzen (n=134-148) ..........................................................................................71
Abbildung 41 Einflussfaktoren auf die Förderung von Sozialkompetenzförderung .... 72
Abbildung 42 Schulsozialarbeiterbefragung: Wirkungen im Bereich der
Selbstkompetenzen (n=142-148) .................................................................................73
Abbildung 43 Einflussfaktoren auf die Förderung von Selbstkompetenz ....................73
Abbildung 44 Beobachtete Wirkungen der Akteure aus den Befragungen (n=35-227) 74
Abbildung 45 Wirkungen der Schulsozialarbeit – Eltern (n=9-227) ............................. 75
Tabellenverzeichnis 105
Abbildung 46 Befragung der an der Schule Tätigen: Ansichten zur Schulsozialarbeit
(n=186-234) ................................................................................................................. 77
Abbildung 47 Befragung der an der Schule Tätigen: Einstellungen des Lehrpersonals
gegenüber der Schulsozialarbeit (n=227-236)............................................................. 79
Abbildung 48 Schulsozialarbeiterbefragung: Häufigkeit Beratung/Unterstützung von
Lehrkräften (n=153-154) ............................................................................................. 80
Abbildung 49 Befragung an der Schule Tätige: Unterstützungsleistungen durch
Schulsozialarbeiter/innen (n=232-235) ....................................................................... 81
Abbildung 50 Gegenüberstellung der Einschätzungen der Schulsozialarbeiter/innen
und der an der Schule Tätige I (n=139-206)................................................................. 83
Abbildung 51 Gegenüberstellung der Einschätzungen der Schulsozialarbeiter/innen
und der an der Schule Tätige II (n=144-222) ............................................................... 84
Abbildung 52 Gegenüberstellung Einschätzungen Schulsozialarbeiter/innen und an
der Schule Tätige III (n=106-183) ................................................................................ 84
Abbildung 53 Einfluss struktureller Voraussetzungen von Schulsozialarbeit .............. 85
Abbildung 54 Schulsozialarbeiterbefragung: Auswirkungen von Schulsozialarbeit I
(n=134-142)................................................................................................................. 88
Abbildung 55 Schulsozialarbeiterbefragung: Auswirkungen von Schulsozialarbeit II
(n=123)........................................................................................................................ 88
T A B E L L E N V E R Z E I C H N I S
Tabelle 1 Fördersummen seit Etablierung des Landesprogrammes schulbezogene
Jugendsozialarbeit ..................................................................................................... 31
Tabelle 2 Ausgewählte Ergebnisse der Sachberichtsauswertung 2013-2015 mit Blick
auf Auskömmlichkeit der Fördermittel (Zahlen geben Anzahl der diesbezüglich
berichtserstattenden Gebietskörperschaften an; nicht alle 23 Thüringer
Gebietskörperschaften haben zu jedem Aspekt Bericht erstattet.) ............................ 32
Tabelle 3 Kooperationsangebote und -strukturen nach Jahren .................................. 44
Tabelle 4 In die Evaluation eingegangene Dokumentationen .................................... 48
Tabelle 5 Beratung und Einzelfallhilfen im Jahresvergleich ........................................ 55
Tabelle 6 Beratung und Einzelfallhilfen im Jahresvergleich nach Sitzungen ............... 56
Tabelle 7 Durchschnittlich aufgewendete Sitzungen pro Fall nach Schulart in 2015 ... 56
Tabelle 8 Akzeptanz Schulsozialarbeit - Auszug aus den Ergebnissen der
Sachberichtsauswertung ............................................................................................ 78
Tabelle 9 Anzahl der Schulabgänger/innen ohne Hauptschulabschluss ...................... 82
106 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
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kumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&number
ofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-
KJHAGTH2009rahmen&doc.part=X&doc.price=0.0#jlr-KJHAGTH2009pP12,
abgerufen am 05.05.2017.
110 Drei Jahre Schulbezogene Jugendsozialarbeit in Thüringen
S T E L L U N G N A H M E D E S T H Ü R I N G E R M I N I S T E R I U M S F Ü R B I L D U N G ,
J U G E N D U N D S P O R T
Stellungnahme des TMBJS, Referat 42 zum Abschlussbericht der Evaluation
„Drei Jahre Schulsozialarbeit in Thüringen“
Ausgangslage
Seit der Etablierung des Landesprogramms mit Beginn des Schuljahres 2013//2014 hat das Organisationsberatungsinstitut Thüringen – ORBIT e.V. die fachliche Begleitung inne. In diesem Rahmen werden die Akteure durch Beratung, Fortbildung und Tagungen unterstützt.
Entsprechend dem Koalitionsvertrag zwischen den Parteien DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die 6. Legislaturperiode von 2014 soll das Landesprogramm „auf der Grundlage der Ergebnisse einer Evaluation und unter Beachtung professioneller Standards“ weiterentwickelt und verstetigt werden.
Der vorgelegte Bericht bündelt die Ergebnisse aus drei Jahren und setzt sie ins Verhältnis mit bundesweiten Entwicklungen. Er untersucht die Wirkungen und hat das Ziel, die schulbezogene Jugendsozialarbeit wissenschaftlich fundiert weiterzuentwickeln.
Abschlussbericht
Der Ausgangspunkt des Abschlussberichtes der Evaluation ist eine Bestandserhebung aus dem Jahr 2014. Danach wurden die einschlägigen Statistiken und Sachberichte der Förderungen ausgewertet und die Schulsozialarbeiter/innen, die an der Schule Tätigen und die Träger der Schulsozialarbeit befragt. Außerdem wurden Vor-Ort-Besuche vorgenommen und in die Auswertung einbezogen.
Auf der Grundlage der Auswertungsergebnisse werden Handlungsempfehlungen abgeleitet (Pkt. 8 des Berichtes), zu denen sich das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) wie folgt verhält:
1. Bedarfsdeckung und politische Weichenstellung
Ein Ausbau der Schulsozialarbeit in Thüringen sollte unbedingt bedarfsorientiert erfolgen. Betrachtet man die der Dortmunder Erklärung zugrundeliegende Modellrechnung, so wären für eine Bedarfsdeckung in Thüringen 1.573 Stellen nötig. (Seite 92 des Abschlussberichtes).
Wie der Bericht korrekt ausführt, ist das Förderprogramm flächendeckend, aber nicht bedarfsdeckend angelegt. Die Landesförderung unterstützt eine stabile Grundfinanzierung der Schulsozialarbeit. Für diese Leistung nach § 13 SGB VIII ist aus
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Sicht des TMBJS der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 85 Abs. 1 SGB VIII zuständig. Das Land fördert ihn im Rahmen seiner Zuständigkeit nach § 82 Abs. 1 SGB VIII.
Ebenso obliegt es den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, den örtlichen Bedarf festzustellen. Die Bedarfsfeststellung ist die Voraussetzung, nicht jedoch das Maß für die Landesförderung.
2. Rahmenbedingungen für Schulsozialarbeit weiterentwickeln
a) Fachkräftegebot
Das Thüringer Fachkräftegebot ist aus fachlicher Perspektive zu begründen und zu begrüßen. Es wirkt qualitätssichernd und professionsstiftend. Zu überlegen ist, auf die benannten Ausnahmeregelungen zu verzichten.
(Seite 92 des Abschlussberichtes).
Das TMBJS stimmt der Empfehlung uneingeschränkt bei Neueinstellungen zu. Die erteilten Zustimmungen in Einzelfällen (9 Ausnahmeregelungen seit Beginn des Landesprogrammes) betreffen in der Regel langjährig tätige Personen im Bereich der Schulsozialarbeit. Im sog. Fachkräftebeschluss des Landesjugendhilfeausschusses vom 4. Juni 2012 wurde Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die seinerzeit im Bereich der geförderten Stellen der örtlichen Jugendförderung angestellt sind und nicht über Formalqualifikationen verfügen, die Möglichkeit eröffnet, eine Qualifizierung an einer Fachhochschule aufzunehmen. Das für Jugendarbeit zuständige Thüringer Ministerium hat dazu sukzessive vier Kurse an den FH Jena und Erfurt etabliert (sog. 500-Stunden-Programm). Im Sinne der Gleichbehandlung wird für die Absolventen dieser Kurse jene Bestandsschutzregelung für die örtlichen Jugendförderung, zu der bis heute auch Vorhaben der Schulsozialarbeit gehören, nun auch auf die Schulsozialarbeit angewendet.
b) Beschäftigungskontinuität
Schulsozialarbeiter/innen sollten unbefristet beschäftigt sein. Dies zeigt eine Vielzahl positiver Effekte und bedingt die nachhaltige Etablierung von Schulsozialarbeit. Hierfür sollten entsprechende Regelung getroffen werden. Insgesamt sollten Überlegungen angestellt werden, wie das Arbeitsfeld in Thüringen nachhaltig verstetigt werden kann, beispielsweise in Form einer gesetzlichen Fixierung.
(Seite 93 des Abschlussberichtes).
Für die Vorhaben der Schulsozialarbeit werden vom Land Zuwendungen bewilligt. Damit ist der Grundsatz der Jährlichkeit öffentlicher Haushalte maßgebend, der durch das Instrument der Verpflichtungsermächtigung auf das Folgejahr ausgedehnt wird. Es wird konstatiert, dass die seit Jahren stabile Pauschalförderung des Landes nicht verhindern konnte, dass nach wie vor viele befristete Anstellungsverhältnisse existieren. Dies ist jedoch eine Entscheidung der Projektträger, ob freier Träger oder
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örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Dies wird mit Verweis auf die jährliche Förderung des Landes oder sogar auf die befristete Geltungsdauer der Richtlinie begründet. Die formale Dreijahresgeltung von Richtlinien besteht in Thüringen grundsätzlich und enthält keinerlei inhaltliche oder politische Aussagen zur Dauer eines Förderprogramms. Entscheidend sind die im Haushalt des Landes bereitgestellten Mittel, die in der Tat jährlich bzw. für zwei Jahre vom Gesetzgeber beschlossen werden.
Aus Sicht des TMBJS ist das Arbeitsfeld Schulsozialarbeit im § 13 SGB VIII rechtlich geregelt – es liegt in der Verantwortung der Landkreise bzw. kreisfreien Städte. Ihnen obliegt es, für stabile Rahmenbedingungen – z. B. Beschäftigungskontinuität - zu sorgen. Die Empfehlung der Evaluatoren wird durch das TMBJS mitgetragen, denn Fachkräfte sind nur auf Dauer zu binden, wenn sie förderliche Arbeitsbedingungen vorfinden.
Eine gesetzliche Festschreibung des Arbeitsfeldes im ThürKJHAG wird auf Fachebene geprüft.
c) Beschäftigungsumfang und Zuständigkeit
Die im Landesprogramm und den fachlichen Empfehlungen festgeschriebenen Standards sollten unbedingt eingehalten werden. Eine Minimierung der Ausnahmeregelungen ist dafür dringend erforderlich.
(Seite 94 des Abschlussberichtes).
Dieser Empfehlung ist grundsätzlich zuzustimmen. Im Rahmen der Richtlinie Schulbezogene Jugendsozialarbeit werden zwei Ausnahmeregelungen insbesondere in Anspruch genommen. Dies ist 1. die Untergrenze von 30 Wochenstunden je Fachkraft (derzeit arbeiten ca. 55 Schulsozialarbeiter/Schulsozialarbeiterinnen weniger als 30 Stunden) und 2. die Empfehlung „eine Fachkraft – für eine Schule“ (dies betrifft ca. 35 Fachkräfte).
Mit Blick auf den nächsten Förderzeitraum 2018/19 sind im Rahmen der Fachberatung durch die Fachbehörde Lösungsmöglichkeiten zur Minimierung dieser Ausnahmeregelungen zu suchen.
d) Betreuungsverhältnis
Der Einsatz der Schulsozialarbeiter/innen sollte sich auch in Thüringen an den Schülerzahlen der betreuten Schulen orientieren. Das Arbeiten in einem Team von mehreren Schulsozialarbeitern/innen schulstandortübergreifend in Form von Kooperationsmodellen sollte zudem festgeschrieben werden.
(Seite 94 des Abschlussberichtes).
Der Empfehlung kann grundsätzlich zugestimmt werden, allerdings wird darauf verwiesen, dass die Bedarfsfeststellung, wie ausgeführt, in der Verantwortung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe liegt. Dies trifft ebenfalls auf die
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Entscheidung zu, ob an einer Schule mehrere Fachkräfte, ggf. in Teilzeit, tätig werden sollen (Genderaspekt). Dies muss sich in der jeweiligen fachlichen Konzeption niederschlagen. Bisher gibt es dazu seitens des Landes keine Vorgaben, was zu der von ORBIT festgestellten ausgeprägten Heterogenität der Thüringer Verhältnisse führt. Im Rahmen der Qualitätsentwicklung sollte dies verstärkt diskutiert werden. Mehrere Schulen einbeziehende Kooperationsmodelle konterkarieren allerdings den bewährten Grundsatz „eine Fachkraft – eine Schule“.
e) Vergütung der Fachkräfte
Die tarifgerechte Bezahlung der geförderten Fachkräfte ist aus fachliche Perspektive zu begrüßen und gleichermaßen nötig. Der Fördermittelgeber muss die Kostensteigerungen durch den tariflich festgelegten Mehrverdienst berücksichtigen. Die Eingruppierung sollte perspektivisch angepasst werden.
(Seite 95 des Abschlussberichtes).
Wie in Tabelle 1 auf Seite 30 erkennbar, steigen die Haushaltsansätze Jahr für Jahr an. Damit wird den Ausgabensteigerungen aufgrund der Tarifentwicklung entsprochen und die Einkommen der Fachkräfte der Schulsozialarbeit stagnieren nicht. Insoweit wird der ausgesprochenen Empfehlung durch das Land entsprochen.
Allerdings gilt es hier erneut darauf hinzuweisen, dass der Fördermittelgeber Land nicht allein für die bedarfsgerechte Durchführung der Schulsozialarbeit zuständig ist, sondern die Landkreise und kreisfreien Städte ebenso in der Verantwortung stehen. Die Tatsache, dass gemäß Förderrichtlinie die Festbetragsfinanzierung als Vollfinanzierung sämtlicher zuwendungsfähiger Ausgaben bewilligt werden kann, darf nicht als Verpflichtung des Landes missverstanden werden, alle begründeten Ausgaben voll zu finanzieren.
Die Empfehlung, die Eingruppierung der Fachkräfte perspektivisch anzupassen, muss im Zusammenhang mit der Finanzierung aller Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe gesehen werden. Deshalb ist dies momentan nicht zu unterstützen.
f) Sächliche Ausstattung
Die Förderfähigkeit von Sachausgaben entspricht anerkannten fachlichen Standards und ist aus dieser Perspektive zu begrüßen. Zu prüfen wären, inwieweit die Beantragung und Verwendung derselben durch die Fördermittelerstempfänger bedarfsgerecht ist.
(Seite 96 des Abschlussberichtes).
Im Vergleich zu anderen Förderzwecken besteht bei der Schulsozialarbeit die Besonderheit, dass die Schulträger den Schulsozialarbeiter/innen einen Arbeitsraum und dessen Ausstattung zur alleinigen Verfügung unentgeltlich zur Verfügung zu stellen haben. Damit entstehen keine Miet- und Mietnebenkosten, die projektgebundene Sachkostenbudgets oft stark in Anspruch nehmen. Somit verbleiben nur solche Sachausgaben inklusive Erstausstattung und Material für die
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schulbezogene Jugendsozialarbeit, die zur fach- und sachgerechten Durchführung erforderlich sind. Die Zuwendung für Sachausgaben kann bis zu 15 v. H. der Landeszuwendung an die Leistungserbringer betragen. Hiervon wiederum kann bis zu einem Drittel pauschal als Overheadkosten verwendet werden.
Nicht durch die Evaluation, sondern durch die Prüfung der Verwendungsnachweise ist deutlich geworden, dass Sachkosten für Honorare an Dritte eingesetzt werden. Dies sehen die fachlichen Empfehlungen und die Richtlinie nicht vor. Die Schulsozialarbeit organisiert nicht Projekte Dritter (und finanziert sie), sondern die Schulsozialarbeit selbst ist das Projekt. Es wird daher ein hoher Anspruch an die Zuwendungsempfänger gestellt, konzeptionell zu begründen, dass solche Aktivitäten unverzichtbarer Teil der konkreten Schulsozialarbeit sind. Das gleiche gilt ebenfalls für feststellbare Ferienaktivitäten mit Gruppenbesuchen von kommerziellen Freizeiteinrichtungen, was erhebliche Fahrtkosten und Eintrittsgelder verursacht.
Eine Ausgabeermächtigung bedeutet keine Ausgabeverpflichtung. Der für Sachausgaben einsetzbare Förderanteil von15 v. H. kann auch für steigende Personalausgaben verwendet werden; umgekehrt gilt dies nicht. Etliche Landkreise und kreisfreie Städte verwenden bereits mehr als 85 v. H. der Landeszuwendung für Personalausgaben.
Die Empfehlung der Evaluation wird mitgetragen. Durch die fachliche Begleitung werden in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Fachreferat des TMBJS Handreichungen für den Umgang mit Sachkosten und der Durchführung von Ferienfreizeiten erarbeitet.
g) Räumliche Ausstattung
Die Hinweise bezüglich notwendiger Räumlichkeiten und deren Ausstattung sind aus fachlichen Erwägungen heraus wichtig. Es sollte auch zukünftig darauf hingewirkt werden, dass alle Kooperationspartner/innen die getroffenen Vereinbarungen einhalten. (Seite 96 des Abschlussberichtes).
Die Empfehlung wird uneingeschränkt unterstützt, da, wie unter f) ausgeführt, ein eigener Arbeitsraum unabdingbare Voraussetzung für die Förderung ist, dessen Nichterfüllung zuwendungsrechtliche Konsequenzen hätte. Darüber hinaus sollen weitere Räume zur Mitbenutzung verfügbar sein. Hier arbeitsförderliche Bedingungen zu schaffen, ist Aufgabe der Leistungserbringer sowie der Schulen, mit deren Zustimmung diese Leistung der Jugendhilfe angeboten wird.
3. Schulsozialarbeit braucht Kooperation
Kooperationen bilden aus Sicht der Akteure ein wichtiges Qualitätsmerkmal in der Schulsozialarbeit und sollten auch weiterhin von allen Seiten unterstützt werden. Die Verbesserung der Brückenfunktion zwischen den unterschiedlichen
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Sozialisationsinstanzen als eine Zielstellung des Landesprogramms wird von den unterschiedlichen Akteuren positiv hervorgehoben.
(Seite 97 des Abschlussberichtes).
Die Schulsozialarbeit ist ein wesentlicher Bereich der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule. Die Erfahrungen zeigen, dass dies überwiegend gelingt. Damit ist ein wesentlicher Aspekt für den Erfolg des Förderprogramms Schulsozialarbeit erfüllt.
4. Qualitätsentwicklung als fortlaufender Prozess
a) Standortspezifische Konzeption
Eine standortspezifische Konzeption ist ein wichtiger Einflussfaktor für gute Kooperationen und eine zielorientierte Arbeit. Daher sollte eine solche Konzeption an jedem Standort vorliegen und auch jährlich weiterentwickelt werden. Die Einbeziehung der schulischen Akteure in die Konzeptentwicklung sollte zukünftig eine größere Bedeutung haben.
(Seite 98 des Abschlussberichtes).
Schulsozialarbeit wird in öffentlichen und freien Schulen geleistet. Im Falle öffentlicher Schulen haben die Landkreise bzw. kreisfreien Städte, die zugleich Jugendhilfeträger und Schulträger sind, als Voraussetzung der Förderung eine Konzeption vorzulegen. Sofern es sich bei den Schulträgern um einen freien Träger handelt, schließen die Landkreise bzw. kreisfreien Städte mit dem Schulträger eine Rahmenvereinbarung ab. In beiden Varianten sind standort-, also schulspezifische Konzeptionen Teil der Arbeitsgrundlage. Es ist anzustreben, dass in allen Schulen eine solche Adaption des Konzeptes vorgenommen wird, um zielgerichtet sozialpädagogisch arbeiten zu können und eine gelingende Kooperation in den Schulen zu verstärken. Diese Empfehlung wird in die Fachberatung des nächsten Schuljahres einbezogen um die Konzeptionen ggf. anzupassen.
b) Dokumentation
Die etablierten Dokumentationsverfahren entsprechen in ihrer Konstruktion den fachlichen Standards und sind daher zu begrüßen. Eine Weiterentwicklung der quantitativen Indikatoren des Landesprogramms sollte im Rahmen der Qualitätsentwicklung gemeinsam mit den Akteuren erfolgen.
(Seite 99 des Abschlussberichtes).
Dokumentations- und Berichtspflichten sind aus fachlicher und haushaltsrechtlicher Sicht unverzichtbar. Ihre Ergebnisse erlauben es, das Förderprogramm insgesamt zu verbessern. Der empfohlenen Diskussion der statistischen Daten innerhalb der im Landesprogramm tätigen Akteure steht nichts entgegen. Jedoch übersieht die Erwartung eines (einheitlichen) Referenzrahmens die Gefahr, dass mit der
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Aggregation faktischer Daten eine Normierung verbunden sein kann. Schon allein aufgrund der verschiedenen Schultypen und Schulgrößen sind hier eher Missverständnisse als Zugewinne an Erkenntnis zu erwarten. Diese Engführung sollte allen Akteuren bewusst sein.
c) Fortbildung
Fortbildungen sind etablierte Bestandteil der Berufstätigkeit der Thüringer Schulsozialarbeitern/innen und sollten fortgeführt werden.
(Seite 99 des Abschlussberichtes).
Dem wird uneingeschränkt zugestimmt.
d) Fachliche Begleitung
Das Thüringer Landesprogramm sieht die Einrichtungen von fachlicher Begleitung auf zwei Ebenen vor. Dies entspricht den fachlichen Standards und sollte fortgeführt werden. (Seite 100 des Abschlussberichtes).
Mit Beginn des Landesprogramms im Jahr 2013 war zunächst nur eine fachliche Begleitung auf Landesebene vorgesehen, die von Anfang an umgesetzt worden ist. Bald wurde auch auf örtlicher Ebene der Bedarf an fachlicher Begleitung artikuliert und diese konzeptioneller Teil des Projektes. Mit Neufassung der Förderrichtlinie 2016 wurde der Rahmen für die fachliche Begleitung vor Ort, wie im vorliegenden Bericht beschrieben, präzisiert, indem bis zu 10 v. H. der Personalausgaben für die fachliche Begleitung vor Ort verwendet werden kann. Auf Landesebene beträgt die Obergrenze dafür 1,5 v. H.
Die Empfehlung wird von Seiten des TMBJS mitgetragen.
5. Zielerreichung
Das Erreichen der Ziele scheint aus Sicht der befragten Akteure zu gelingen. Inwieweit die intendierten Wirkungen auch tatsächlich bei den Kindern und Jugendlichen festzustellen sind, sollte perspektivisch untersucht werden. Hierfür scheint eine Befragung der Zielgruppe erstrebenswert. Zudem sollten weitere Möglichkeiten erschlossen werden, um die Wirksamkeit von Schulsozialarbeit zu beschreiben. Mit Blick auf die qualitative Weiterentwicklung des Landesprogramms sollte der Schwerpunkt Elternarbeit inhaltlich thematisiert und fachlich weiterentwickelt werden. Auch Schuldistanz und Schulabbruch scheinen Themenfelder zu sein, die im Rahmen der Weiterentwicklung einer sozialpädagogischen Diskussion bedürfen. (Seite 102 des Abschlussberichtes).
Die Zielerreichungskontrolle ist ein wichtiges Steuerungsinstrument im Reglement der Landesförderung, zugleich ist sie immer nur näherungsweise erreichbar. In dieser
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Spannung steht jede Sozialarbeit, da intendierte Wirkungen nicht einfach zähl- und messbar sind. Der in der Evaluation gewählte Weg der Befragung der Fachkräfte der Schulsozialarbeit, der an der Schule Tätigen und von Trägerverantwortlichen bringt wertvolle Einsichten hervor, die den vom Förderprogramm eingeschlagenen Weg bestätigen und zugleich Anregungen für dessen Neujustierung en détail vermitteln. Diese gilt es im fachlichen Dialog aller Akteure zu bedenken und in den Prozess des Landesprogramms zu integrieren.