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Dokumentation des Fachtages„Flexible Bildungssysteme als Chance - Jugendliche MigrantInnen im Übergang
Schule-Beruf in Sachsen-Anhalt“
05.07.2012Ministerium für Arbeit und Soziales
Inhalt
Veranstaltungsübersicht ...................................................................................
GrußworteWolfgang Schuth .....................................................................................Beate Bröcker .........................................................................................
ImpulsbeitragSusi Möbbeck .........................................................................................
ReferatFrank Tillmann: „Bildungserwerb junger MigrantInnen“ ................................
Arbeitsgruppenblock 1AG 1 „Ankommen in der Schule – Sprachförderung, aber wie? ...................... AG 2 „Schulabschluss – besser spät als nie!“ ..............................................AG 3 „Elternarbeit“ .................................................................................AG 4 „Außerschulische Angebote“ .............................................................
ReferatStephan Kroll: „Junge MigrantInnen im Übergang Schule-Ausbildung“ .............
Arbeitsgruppenblock 2AG 1 „Berufsorientierung für MigrantInnen“ ............................................... AG 2 „MigrantInnen in Ausbildung/im Beruf“ .............................................. AG 3 „Übergangszeiten verkürzen“ ........................................................... AG 4 „Interkulturelle Kompetenz für PädagogInnen und AussbilderInnen“ ......
AbschlussdiskussionGespräch mit Dr. Jan Hofmann .................................................................
Schlusswort und ModerationMamad Mohamad; Dr. Karamba Diaby .........................................................
Impressum ....................................................................................................
AnhangPräsentation von Frank TillmannPräsentation von Stephan KrollTeilnehmerübersicht
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Ablauf
9:00 – 9:30 Stehkaffee
9:30 – 9:45 Eröffnung und GrußworteWolfgang Schuth, Vorsitzender der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachen-AnhaltBeate Bröcker, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit und Soziales
9:45 – 10:00 Impulsbeitrag Susi Möbbeck, Integrationsbeauftragte der Landesregierung Sachsen-Anhalt
10:00 – 10:45 Referat „Bildungserwerb junger MigrantInnen“ Frank Tillmann, Deutsches Jugendinstitut e.V.
10:45 – 12:30 Arbeitsgruppen Block 1 Schulische Bildung für MigrantInnen
12:30 – 13:30 Mittagspause
13:30 – 14:00 Referat „Junge MigrantInnen im Übergang Schule-Ausbildung“ Stephan Kroll, Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn
14:00 – 15:30 Arbeitsgruppen Block 2Berufliche Bildung
15:30 – 16:30 Berichte aus den AG’s zu HandlungsbedarfenGespräch mit Dr. Jan Hofmann, Staatssekretär im Kultusministerium
ca. 16:30 SchlusswortMamad Mohamad, LAMSA
Ziel
Mit dem Fachtag „Flexible Bildungssysteme als Chance – Jugendliche MigrantInnen imÜbergang Schule-Beruf in Sachsen-Anhalt“ wurde über die Bedingungen für jugendlicheMigrantInnen im Übergang Schule-Beruf im Land Sachsen-Anhalt informiert. Die Teil-nehmerInnen wurden sensibilisiert und sind mit Verantwortlichen aus den BereichenSchule, Ausbildung, Beruf und Übergangssystemen ins Gespräch gekommen.
Veranstalter
LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt und die Jugendmigrationsdienste in Kooperation mit:
n der Integrationsbeauftragten der Landesregierung Sachsen-Anhalt n dem Landesnetzwerk Migrantenselbstorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA)n dem Bündnis für Zuwanderung und Integration Sachsen-Anhalt e.V.
1
ModerationDr. Karamba Diaby, Ministerium für Arbeit und Soziales
AG Moderation InputgeberIn
Ankommen in der Schule –Sprachförderung, aber wie?
Frank Dreyer;JMD Magdeburg
n Jens Antefuhr; Kultusministeriumn Kurt Töttler; KGS Humboldt Hallen Frau Förster;
Sekundarschule Komarow Stendal
Schulabschluss – besser spät als nie!
Antje Roloff;Diakonie Mittel-deutschland
n Antje Roloff in Vertretung für Christine Ohmke; Projekt LOOP, St. Johannis GmbH
n Heidi Waßerberg; Projekt IB Magdeburger, Nachträglicher Hauptschulabschluss
ElternarbeitIglika Kindermann;JMD Dessau-Roßlau
n Mamad Mohamad; LAMSAn Claudia Theune;
Projekt LIVE, St. Johannis GmbH
Außerschulische AngeboteAnnett Bürger;JMD Aschersleben
n Ines Kühnel; Internationaler Bundn Annett Spott; JMD Bitterfeld-Wolfen,
Diakonie Verein e.V. Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen
n Dana Michaelis; Landesweite Netz- werkstelle „Lernen durch Engagement“ Sachsen-Anhalt, Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis e.V.
AG Moderation InputgeberIn
Berufsorientierung für MigrantInnen
Ferenc Makk;Referent für Migra-tion, Diakonie Mit-teldeutschlang
n Kirsten Schmidt; Berufsberaterin, Agentur für Arbeit Magdeburg
n Annett Elstermann; BRAFO, BBZ Elbe GmbH
MigrantInnen in Ausbil-dung/MigrantInnen imBeruf
Jan Bartelheimer;AWO Sachsen-Anhalt
n Dr. Simone Danek; IHK Halle-Dessau
Übergangszeiten verkürzenInes Kühnel;JMD Wenigerode
n Dirk Michelmann; KOBA Jobcenter Landkreis Harz
n Jochen Böhme; Schulsozialarbeiter, St. Johannis GmbH BBS II Dessau
Interkulturelle Kompetenzfür PädagogInnen und Aus-bilderInnen
Iglika Kindermann;JMD Dessau
n Konstantin Müller;Netzwerk Interkulturelle Bildung/In-terkulturelle Öffnung in Sachsen-Anhalt, Auslandsgesellschaft Sachsen- Anhalt
n Mathias Kühne; Projekt „Begegnung mit Respekt“ der Katholischen Er-wachsenenbildung e.V.
Block 1: Schulische Bildung für MigrantInnen
Block 2: Übergang Schule-Beruf
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Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Bröcker, sehr geehrte Frau Integrationsbeauftrage Möbbeck, sehr geehrte TeilnehmerInnen und ReferentenInnen und Kooperationspartner.
Ich darf Sie herzlich zur Fachtagung „Flexible Bildungssys-teme als Chance – Jugendliche MigrantInnen im Über-gang Schule-Beruf in Sachsen-Anhalt“ begrüßen. Die Fachtagung wird veranstaltet von der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege,angeregt durch die Jugendmigrationsdienste in Kooperation mit der Integra-tionsbeauftragten des Landes, dem Landesnetzwerk Migratenselbstorganisa-tionen Sachsen-Anhalt (LAMSA) und dem Bündnis für Zuwanderung undIntegration Sachsen-Anhalt e.V.
Bei der Vorbereitung zu dieser Tagung hatte ich den Eindruck einer Berichts-ralley zu diesem Thema. Vor wenigen Tagen hatte der AWO Bundesverbanddas Sozialbarometer veröffentlicht. Gegenstand war die Frage: „Haben IhrerMeinung nach Kinder von Zuwanderern in Deutschland bessere, schlechtereoder dieselben Bildungschancen wie Kinder mit deutschen Eltern?“ Die Ant-wort lautet: „Kinder von Zuwanderern haben….
n Bessere Bildungschancen 4%n Schlechtere Bildungschancen 43%n Dieselben Bildungschancen 50%n Weiß nicht/keine Angaben 3%
Am Mittwoch letzter Woche hat die Bundesregierung den Integrationsberichtvorgelegt, der kommt im Wesentlichen zu der Aussage, dass während Kin-der aus Einwandererfamilien im deutschen Bildungswesen erfolgreicher wer-den, sind bei deren Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarktweniger Fortschritte erzielt worden.
Meine Damen und Herren: Bildung ist der Schlüssel für den Zugang zur Berufswelt – ist der Schlüssel,um Armut zu verhindern!
Der Bildungsbericht 2012 der Bundesregierung, der vor 14 Tagen veröffent-licht wurde, weist auf folgendes hin:
n geringe Geburtenzahl n bei einer gleichzeitig zunehmenden Zahl älterer Menschen n relativ alte Belegschaften – in Sachsen-Anhalt die ältesten in Deutschlandn Abwanderung in andere Bundesländer, der „Fachkräftemangel“ wird sich
aus diesen Gründen stärker und schneller zeigen
Das betrifft uns in der Sozialwirtschaft, die der Job-Motor in Sachsen-Anhaltist, in besonderer Weise.
Wolfgang SchuthVorsitzender der LIGA der Freien Wohlfahrts-pflege im Land Sachen-Anhalt
Wolfgang Schuth
3
Das Thema der Tagung interessiert uns deshalb nicht nur so-zialpolitisch oder aus Gründen der Chancengerechtigkeit –sondern als Arbeitgeber.
Die Bildungsbeteiligung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von16 bis unter 29 Jahren mit Migrationshintergrund hat sich seit 2005 erhöht undentspricht etwa der Bildungsbeteiligung der Deutschen ohne Migrationshinter-grund. Dennoch weisen vor allem MigrantInnen aus der Türkei und den ehemali-gen Anwerbestaaten weiterhin deutlich geringere Bildungsbeteiligungsquoten aufals sonstige MigrantInnen.
In Anbetracht der engen Verknüpfung zwischen der Situation im Elternhauseines Kindes und dem (schulischen) Lernerfolg kommt den Bedingungen deshäuslichen Aufwachsens eine besondere Bedeutung zu. In einem „bildungsfer-nen“ Elternhaus, einer finanziellen oder einer sozialen Notlage wachsen inDeutschland, trotz erkennbarer Verbesserungen in den letzten Jahren, nochimmer 29 % aller Kinder und Jugendlichen auf – bei durchaus beachtenswertenUnterschieden zwischen den Bundesländern.
Insbesondere in Ostdeutschland werden drei Jahre nach Ausbildungsabschlussgut die Hälfte der AbsolventInnen nicht ausbildungsadäquat beschäftigt. Diesverweist auf große Passungsprobleme zwischen Ausbildung und Arbeitsmarkt,die wiederum auf die Attraktivität der Fachkräfteausbildung zurückschlagen undso die wirtschaftliche Situation in Ostdeutschland weiter verschärfen können.
Die Bevölkerungsentwicklung, die Entwicklung des Arbeitsmarktes zwingt unsdazu und es sollte die größte Motivation sein, den Übergang in die Berufsweltgelingend zu gestalten. Wir sprechen ja jetzt von den ZuwanderInnen und IhrenKindern, die schon hier sind. Dabei wissen wir, dass wir weitere Zuwanderungbrauchen. Dabei ist das Gelingen der beruflichen Integration die beste Werbung– wenn wir weiter qualifizierte ZuwanderInnen wünschen.
Jenseits der Überprüfungen und Statistiken muss das gesellschaftliche Ziel dahinführen, das hier lebende AusländerInnen und Menschen mit dem sogenannten„Migrationshintergrund“ nicht den Eindruck gewinnen dürfen, zu der am meistenvermessenen, gewogenen und benoteten Bevölkerungsgruppe in der Bundes-republik zu gehören, zu der uns „nur“ die Gaussche Verteilung über die Blutgrup-pen noch nicht bekannt ist.
Ich wünsche allen Beteiligten eine erkenntnis- und ergebnisreiche Tagung.
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Beate BröckerStaatssekretärin im Ministeriumfür Arbeit und Soziales
Sehr geehrter Herr Schuth, sehr geehrte Frau Integrationsbeauftrage Möbbeck, sehr geehrte TeilnehmerInnen und ReferentenInnen und Koopertionspartner,
seien Sie ganz herzlich gegrüßt hier im Ministerium für Arbeit und Soziales zu Ihrer heutigen Fachtagung, in der Sie sich mit denBildungswegen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund be-fassen. Ganz besonders freue ich mich über die Vielfalt der Kooperations-partner, die gemeinsam nach besseren Vernetzungen und verlässlichenWegen für Zugewanderte im Übergangssystem von der Schule in Ausbildungund Beruf suchen – von der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, über die Ju-gendmigrationsdienste, das Landesnetzwerk der Migrantenselbstorganisatio-nen, das Bündnis für Zuwanderung und Integration bis zur Integrations-beauftragten der Landesregierung.
Dass Sie dazu den unmittelbaren Austausch mit den verschiedenen zustän-digen Stellen aus Ministerien und Verwaltung, aus Schule, Betrieben undKammern sowie mit Akteuren aus dem Übergangssystem suchen, um Ver-besserungsbedarfe und -chancen herauszuarbeiten, halte ich für besonderswichtig.
In Deutschland besteht nach wie vor ein extrem enger Zusammenhang zwi-schen sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Kinder aus „bildungsfernen“ undressourcenarmen sozialen Schichten haben immer noch sehr viel schlechtereChancen, einen höheren oder gar akademischen Bildungsabschluss zu errei-chen. Und das betrifft Kinder mit Migrationshintergrund überdurchschnittlichhäufig, denn Zugewanderte sind fast doppelt so oft wie Einheimische von Ar-beitslosigkeit betroffen. Diesen negativen Zusammenhang mehr und mehraufzulösen und damit die soziale Chancengleichheit zu verbessern, ist eineder größten Zukunftsaufgaben unserer Bildungs- und Sozialpolitik.
In Sachsen-Anhalt versuchen wir dazu aktuell mit zwei großen Gesetzesvor-haben beizutragen:
Erstens: Mit der Reform des Kinderförderungsgesetzes, mit der wir die früh-kindliche Bildung stärken und allen Kindern – unabhängig von ihrer Herkunftund dem Erwerbsstatus ihrer Eltern – mit dem Ganztagsanspruch wiederden vollen Zugang zu allen Bildungsangeboten eröffnen. Dies wird Kindernmit Migrationshintergrund in besonderer Weise zugute kommen, weil über-durchschnittlich viele Kinder mit Migrationshintergrund bislang keinen Ganz-tagsanspruch haben und die sprachliche und soziale Integration durchKindereinrichtungen die beste Voraussetzung für späteren Bildungserfolgdarstellt.
Es gilt das gesprochene Wort.
Beate Bröcker
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Zweitens: Mit dem neuen Schulgesetz werden durch Einführung der MöglichkeitGemeinschaftsschulen zu bilden, die Chancen zu einem längeren gemeinsamenLernen erhöht und die Durchlässigkeit unseres Bildungswesens verbessert. Auchdavon werden ganz besonders Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrundprofitieren, denn sie haben in der Gemeinschaftsschule mehr Zeit, die deutscheSprache zu erlernen und in unserem Land anzukommen, bevor die Schulwegsent-scheidung fällt.
Trotz der nach wie vor ungleichen Chancenverteilung erreichen bereits heute inSachsen-Anhalt viele zugewanderte Kinder und Jugendliche gute Schulabschlüsse.Dennoch partizipieren sie stark unterdurchschnittlich an beruflichen Ausbildungen.Über die Ursachen wissen wir relativ wenig. Wir müssen davon ausgehen, dassauch viele junge Menschen mit Migrationshintergrund angesichts begrenzterAbeitsmarktchancen von Sachsen-Anhalt in die westdeutschen Bundesländer ab-gewandert sind. Wir müssen aber auch davon ausgehen, dass es in manch klei-nem Betrieb in den letzten Jahren an der Offenheit im Umgang mit Vielfaltgemangelt hat.
Angesichts des wachsenden Fachkräftebedarfs sind die Betriebe in Sachsen-Anhaltheute aber nicht nur ausbildungsfreudiger, es wächst auch die Erkenntnis, dassVielfalt eine Bereicherung sein kann und die Bereitschaft, jungen Menschen mitMigrationshintergrund die gleiche Chance auf eine Ausbildung einzuräumen wieeinheimischen Jugendlichen. Vielleicht können wir diese Offenheit für Vielfalt noch weiter befördern, zum Bei-spiel, indem wir den Kontakt zwischen Ausbildungsbetrieben und jungen Zuge-wanderten herstellen, um Ängste zu nehmen, vielleicht benötigen wir auch einenoch speziellere Ansprache von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Be-rufsorientierung. All dies sind Fragen, die Sie heute in den Arbeitsgruppen erör-tern und ich bin gespannt auf die Erkenntnisse, die sich aus dem Austauschergeben.
Ihre heute erarbeiteten Anregungen werden Eingang finden in die Arbeit des Lan-desintegrationsbeirats. Der Beirat hat sich vorgenommen, nach seinen Empfehlun-gen zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse nunmehr Handlungsempfehlungenzur Verbesserung der Bildungsteilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Migrati-onshintergrund zu erarbeiten und hat dazu eine „AG Bildung“ gebildet. In dieser AG geht es um die Chancen von zugewanderten Kindern und Jugendli-chen im gesamten Bildungsprozess von der frühkindlichen über die schulische Bil-dung bis zum Übergang in Ausbildung und Beruf.
Ich möchte Sie ausdrücklich dazu ermutigen, Ihre Anregungen und Ideen zu for-mulieren und sich weiterhin einzubringen, damit wir gemeinsam die Integrations-bedingungen für junge Menschen mit Migrationshintergrund im Übergang von derSchule in Ausbildung und Beruf im Land Sachsen-Anhalt weiter verbessern kön-nen. Dazu haben wir uns sowohl im „Aktionsprogramm Integration“ der Landesre-gierung wie auch im gemeinsamen Beitrag der Länder zum „NationalenIntegrationsplan“ und zum „Nationalen Aktionsprogramm Integration“ bekannt.Letztlich dient das alles sowohl dem großen Ziel der sozialen Chancengleichheit alsauch dem gemeinsamen Interesse an der Nutzung aller Potentiale für die Siche-rung des Fachkräftebedarfs und damit der Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihr Engagement und wünsche der Fachta-gung einen anregenden und produktiven Verlauf.
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Susi MöbbeckIntegrationsbeauftragte der Landesregierung Sachsen-Anhalt
Bildungsteilhabe von Kindern mit Migrationshintergrund in Deutschland
n Trotz insgesamt wachsender Teilhabe an frühkindlicher Bildung bleibt die Par-tizipation von Kindern mit Migrationshintergrund unterdurchschnittlich
n Kinder mit Migrationshintergrund haben ein deutlich höheres Risiko in „bil-dungsfernen“ Familien, bei nicht erwerbstätigen Eltern oder mit niedrigem Fa-milieneinkommen aufzuwachsen, daher haben sie deutlich schlechtere Chan-cen auf höhere Bildungsabschlüsse
n Auch wenn sie gute Schulabschlüsse haben, münden ausländische Jugendli-che erheblich seltener in das duale System und in akademische Bildungs-gänge
n Ausländische Jugendliche bleiben häufiger auf dem Ausbildungs- und Arbeits-markt unversorgt
Bildungsteilhabe von Kindern mit Migrationshintergund in Sachsen-An-haltn Differenz zwischen Teilhabe von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund
an der frühkindlichen Bildung ist in Ostdeutschland besonders hoch (über 20 %)
n Anteil ausländischer Kinder mit gymnasialem Schulabschluss liegt in Sachsen-Anhalt höher
n Einmündung in berufliche Bildung ist noch niedriger als in Westdeutschlandn Mehr Kinder mit Migrationshintergrund verfügen über Bildungsressourcen
(hohes Qualifikationspotential der Elterngeneration), aber weniger über finan-zielle Ressourcen (hoher Hartz-IV-Anteil)
Frühkindliche Bildung
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Schulische Bildung
Schulabschlüsse und -abgänge
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Ausbildungsmarkt Juni 2012
Berufliche Bildung
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Mögliche „Stellschrauben“ zur Verbesserung der Bildungsteilhabe
n Beteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund an der frühkindlichen Bildung erhöhen
n Frühestmögliche Förderung der Deutschkenntnisse und Mehrsprachigkeit durch qualifizierte Lehrkräfte
n Längeres gemeinsames Lernen und Ganztagsschulen n Elternbeteiligung, Partizipation und Öffnung der Bildungseinrichtungen n Interkulturelles Lernen als Querschnittsthema in Kita und Schule n Interkulturelle Kompetenz der Lehrkräfte und AusbilderInnen – Lehrkräfte mit Mi-
grationshintergrund n Kultursensible Berufsorientierung n Betriebe für junge Menschen mit Migrationshintergrund öffnen c Vielfalt als Bereicherung erkennen und wertschätzen
Susi Möbbeck
Arbeitsmarkt Juni 2012
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In dem Referat von Frank Tillmann ging es um den „Bildungserwerb jungerMigrantInnen“. Mit seinem Beitrag wollte er den Blick weiten und ihn nebendem Schulerfolg auch auf die frühkindliche Pädagogik richten, da diese für ihnals Voraussetzung für den Erfolg in der Schule gilt.
Frank Tillmann stellt einen Bezug zwischen den kürzlich erschienenen Berich-ten „Bericht zur Lage der AusländerInnen in Deutschland“, „Bildungsbericht“und dem „Jugendmigrationsbericht“ her. Als kritisch ist bei der Länderanalyseder Daten anzumerken, dass innerhalb der Berichte meist diejenigen Bundes-länder ausgeklammert werden, die einen MigrantInnenanteil unter 10 %haben. Aus diesem Grund sieht die Datenlage von Sachsen-Anhalt in Hinblickauf das Migrationsthema eher dürftig aus.Als Datengrundlage für das Referat verwandte Frank Tillmann die AmtlicheStatistik, den Integrierten Survey des DJI - AID:A sowie die Schulleistungs-studien TIMSS, PISA und IGLU. Im Vorfeld der Betrachtungen zum Thema „Bildungserwerb junger MigrantIn-nen“ wurde kurz auf die Unterscheidung zwischen den Begriffen ‘Ausländer’und ‘Menschen mit Migrationshintergrund’ eingegangen. Die nachfolgendenKriterien zeigen mit abnehmender Bedeutsamkeit die Kriterien, die z.B. imMikrozensus Verwendung finden:
n Nichtdeutsche Staatsangehörigkeitn Nicht in Deutschland geborenn Beide Eltern nicht in Deutschland geborenn Ein Elternteil nicht in Deutschland geborenn Eine andere als die deutsche Sprache wird im Haushalt gesprochenn Nach 1949 zugewandert
1. Junge Migranten in DeutschlandAus der Erhebungen des Mikrozensus geht hervor, dass im Jahr 2010 inDeutschland über 15 Mio. Menschen einen Migrationshintergrund hat-ten, dies entspricht ca. 19 %. Unter Kindern und Jugendlichen bis 15Jahren liegt der Anteil sogar bei 32 %, und bei den unter 6-Jährigen
sind es 35 %. Es ist also erkennbar, dassder MigrantInnenanteil umso höher ist, jejünger die Bevölkerungsgruppe. Darin liegtnach Frank Tillmann ein erhebliches Poten-zial in einer alternden Gesellschaft. Im Vergleich der OECD-Länder besteht inDeutschland dabei eine besondere Hetero-genität der Herkunftsländer. Dies lässt sichan der nachfolgenden Übersicht aus demStatistischen Bundesamt bzw. Statisti-schem Landesamt (2009) deutlich ablesen:
Frank TillmannDeutsches Jugendinstitut e.V.Halle/Saale
Bildungserwerb junger MigrantInnen
Frank Tillmann
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Es ist erkennbar, dass es regional deutliche Unterschiede im Hinblick auf die Zusam-mensetzung gibt. Während der Anteil an aus der Türkei stammenden MigrantInnen inDeutschland bei 11,9 % liegt und sie damit den größten Teil der in Deutschland le-benden AusländerInnen ausmachen, sind es in Sachsen-Anhalt die aus Vietnamstammenden AusländerInnen, die mit 9,9 % die größte Gruppe bilden. Die verschiedenen Ethnien weisen dabei durchaus eine unterschiedliche Bildungsbe-teiligung auf, dies wird im nachfolgenden Abschnitt ebenfalls eine Rolle spielen.
2. Bildungsprozesse im frühen KindesalterDie Bildungsbeteiligung beginnt bereits in der Kindertagesstätte, welche eine ent-scheidende Bildungseinrichtung darstellt. Frank Tillmann führt hierzu eine Statistikaus der dem DJI AID:A-Survey zur Betreuungsquote in der Kindertagespflege an. Ge-zeigt werden zwei Diagramme, auf der einen Seite ist die Betreuungsquote der„unter 3-Jährigen“ zu sehen und auf der anderen Seite die der „3- bis unter 6-Jähri-gen“. Das Diagramm zeigt die Betreuungsquote von Kindern mit und ohne Migrati-onshintergrund jeweils in Ost- und Westdeutschland. Erkennen lässt sich, dass dieDifferenz in Westdeutschland geringer ist als in Ostdeutschland. Außerdem ist festzu-stellen, dass die Betreuungsquote bei den „3- bis unter 6-Jährigen“ unter den Mi-grantInnen in Westdeutschland sogar höher liegt als in Ostdeutschland. Dies isterstaunlich, da Westdeutschland hinsichtlich der frühkindlichen Betreuung schlech-tere Strukturen aufweist.Die nächsten Folien, die Frank Tillmann in seinem Referat vorstellte, beziehen sichauf die Sprachförderbedürftigkeit der 3- bis unter 7-Jährigen, auf den Anteil der 2-bis unter 6-Jährigen, welche Angebote frühkindlicher Musikerziehung nutzen sowieauf die Häufigkeit der Bildungsaktivitäten in Familien von unter 6-Jährigen. Dabeiliegt die Sprachförderbedürftigkeit bei knapp einem Viertel der 3- bis unter 7-Jähri-gen, und womöglich lassen sich leichte Reethnisierungstendenzen bei der dritten Ge-neration erkennen, wenn diese wiederum einen höheren Sprachförderbedarfaufweisen als noch die zweite Generation. Bei der frühkindlichen Musikerziehung isteine hohe Selektivität in der Nutzung der Angebote nach elterlichem Bildungsstandund Einkommen erkennbar. Die Angebote werden mit zunehmendem Alter mehr ge-nutzt. Weiterhin ist erkennbar, dass eher Mädchen diese Angebote nutzen. Grund-sätzlich ist zu sagen, dass die frühkindliche Musikerziehung eher von MigrantInnen inAnspruch genommen und auch hier eine erhöhte Nutzung bei der dritten Generationverzeichnet wird.
Die zehn häufigsten Staatsangehörigkeiten der in Deutschland lebenden Ausländer –im Vergleich dazu in Sachsen-Anhalt
in % in %
bundesweit in Sachsen-Anhalt
12
3. Schulerfolg und Bildungsbeteiligung von Migrantenkindern und -jugend-lichenIn diesem Abschnitt geht Frank Tillmann zunächst auf die Übergangsempfehlungennach der Grundschule zum Gymnasium ein. Dem gegenüber stehen die tatsächli-chen Übergänge. Dabei wird sichtbar, dass den Empfehlungen meist entsprochenwird. Jedoch haben diese Empfehlungen für MigrantInneneltern offenbar wenigerGewicht, was dazu führt, dass sie ihre Kinder entgegen den Empfehlungen häufigerauf das Gymnasium schicken. Weiterhin lässt sich ablesen, dass Kindern ohne Mi-grationshintergrund öfter eine Empfehlung für das Gymnasium ausgesprochen wirdals Kindern mit Migrationshintergrund. Auch die ethnischen Besonderheiten schei-nen Einfluss auf die Empfehlungen zu nehmen: bei Kindern mit türkischem Migrati-onshintergrund ist die Anzahl an vergebenen Empfehlungen für das Gymnasiumgeringer als bei denen aus (Spät-)Aussiedlerfamilien. Bei der statistischen Erhebung zum SchülerInnenanteil in Schularten nach Nationa-lität aus dem Schuljahr 2008/2009 (Berechnung des DJI nach Daten des Statisti-schen Bundesamtes 2009 zu GesamtschülerInnenzahlen) zeigen sich die Einflüsseder Herkunftsländer noch deutlicher. Dazu muss jedoch gesagt werden, dass dieAbbildung des MigrantInnenanteils nach der Art der Schule schwierig ist, da in derSchulstatistik nur ein AusländerInnenstatus unter den SchülerInnen erfasst wird.Der Anteil der AusländerInnen unter den FörderschülerInnen ist jedoch überdurch-schnittlich hoch. Betrachtet man die Statistik der ostdeutschen Bundesländer, so zeigt sich für Sach-sen-Anhalt ein ein vergleichsweise hoher Gymnasialanteil bei den AusländerInnen.Jedoch besteht auch eine größere Kluft zwischen ihnen und den Einheimischen.
Allgemein wird der Bildungserfolganhand von Schulabschlüssen ge-messen. An dem abgebildeten Dia-gramm, welches den Erwerballgemeinbildender Schulabschlüssezeigt, kann man erkennen, dass derAnteil der SchülerInnen, die einenHauptschulabschluss erwerben,unter AusländerInnen fast doppeltso hoch ist wie bei den Einheimi-schen. Bei den SchülerInnen, wel-che die Allgemeinene Hochschul-reife erreichen, ist wiederum derAnteil der Deutschen wesentlich
höher als bei den AusländerInnen. Besonders gravierend jedoch ist der Befund,dass fast dreimal so viele AusländerInnen die Schule ohne einen Schulab-schluss verlassen als es bei Einheimischen der Fall ist.
Erwerb allgemeinbildender Schulabschlüsse
Sprachförderbedürftigkeit der 3- bis unter 7-Jährigen in %
Anteil der 2- bis unter 6jährigen, die Angebotefrühkindlicher Musikerziehung nutzen in %
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Betrachtet man jedoch die Einstellung zur Bildung anhand der Zustimmung zurAussage „Das Wichtigste in der Schule sind für mich die Noten und Zeugnisse“ (DJIAID:A-Survey), zeigt sich eine höhere Bildungsaspiration sowohl bei der ersten Ge-
neration als auch bei der zweiten Generation von MigrantInnenjugendlichen. Dies lässtsich möglicherweise auf den Wunsch nach sozialer Auswärtsmobilität zurückführen. DieEltern haben ein großes Interesse an den schulischen Leistungen: etwa die Hälfte unter-stützen ihre Kinder beim schulischen Lernen auch noch in den höheren Klassen der Se-kundarstufe I häufig bis sehr häufig. Auch hier liegt der Wert bei den MigrantInnenhöher als bei den Einheimischen.
Frank Tillmann wendet sich in seinem Referat weiterhin dem Integrationsindex des Ber-lin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zu –im Besonderen der Dimension Bildung. DieserIndex wird für unterschiedliche MigrantInnengrup-pen anhand des jeweiligen Anteils ohne Schulab-schluss, des Anteils der SchülerInnen anGymnasialzweigen, des Anteils mit Hochschulreifesowie dem AkademikerInnenanteil gebildet. Ablesen kann man hieran, dass bei der DimensionBildung die türkischen MigrantInnen den größtenIntegrationsbedarf aufweisen. Aber auch die Ein-heimischen haben nach diesem Index weiterhinBedarf, sich zu integrieren.
Im Hinblick auf Risiken fehlender Bildungsteilhabe von jungen MigrantInnen kann Fol-gendes festgestellt werden:n Junge MigrantInnen sind im Hinblick auf die soziale Lage ihrer Herkunftsfamilie be-
nachteilig. n Sie weisen einen höheren Anteil früher Schulabgänge auf.n Zudem treten Phänomene der Selbstexklusion auf – z.B. Verinnerlichung negativer
Stereotype. n Für sie besteht zusätzlich die Gefahr einer Unterschätzung durch Lehrpersonal, was zu
einer geringeren Kompetenzentwicklung führen kann.n Es besteht somit eine Vielzahl „neuralgischer“ Punkte im Bildungsverlauf.
4. FazitFrank Tillmann zieht am Ende seines Referates folgendes Fazit: n Junge MigrantInnen sind im Bildungsprozess einem komplexen Benachteiligungsge
füge ausgesetzt. n Sie können jedoch oft auf vielfältige familiäre Unterstützung zurückgreifen.n Im Zeitverlauf ist eine Verbesserung von Bildungserfolg und Bildungsteilhabe zu er-
kennen. Dennoch ist eine fehlende bildungsbezogene Aufwärtsmobilität von seit Län-gerem in Deutschland lebenden MigrantInnen festzustellen.
Aus diesem Fazit heraus leiten sich die nachfolgenden Handlungsansätze ab:n Chancen können durch eine höhere frühkindliche Betreuungsquote verbessert werden.n Förderinstrumente werden meist nicht über die Grenzen der Bildungsetappen hinweg
gewährleistet.n Die Anzahl der Angebote der Sprachförderung für SchülerInnen mit Migrationshinter-
grund bewegt sich in Deutschland unterhalb des OECD-Durchschnitts.n In Bildungseinrichtungen fehlt es an Lehrpersonal mit Migrationshintergrund.n Förderangebote sollten sich stärker an MigrantInneneltern und ihre Kinder gleichzei-
tig richten (Rucksackprogramme).
Integrationsindex – Dimension Bildung
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Schulische Bildung für MigrantInnen
AG 1 „Ankommen in der Schule - Sprachförderung, aber wie?
Moderationn Frank Dreyer; JMD Magdeburg
InputgeberIn n Jens Antefuhr; Kultusministeriumn Kurt Töttler; KGS Humboldt Hallen Frau Förster; Sekundarschule Komarow Stendal
Leitfragen der AGn Wie kann Schule junge MigrantInnen von Anfang an individuell fördern?n Wie kann Kooperation zwischen Schule und lokalen Netzwerken funktionieren?
InputreferateJens Antefuhr (LSA Kultusministerium):Schwerpunkte im Kultusministerium im kommenden Jahr:n neue Medienn Jugendengagementn soziale Bildung/Integration
Erlass „Regelung zur Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit Migrati-onshintergrund an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen“ ist fertig und der Integrationsbeauftragten Frau Susi Möbbeck übersandt worden.
Mögliche Fördermaßnahmen lt. Erlass:n Integrative Klassen Fördergruppe (ab 6 Schüler)n Förderklasse (ab 15 Schüler)
n Individuelle Förderung der SchülerInnen ist generell Auftrag für die Schule.n Verstärkung des interkulturellen Lernens ist notwendig – Anregungen zu Metho-
den durch PraktikerInnen sind erwünscht.
Herr Töttler (Schulleiter a.D.; KGS Humboldt Halle):n Zugewanderte SchülerInnen nicht in Klassen beschulen, die überproportional
mit MigrantInnen besetzt sind.n Zusätzliche Förderung im Fach Deutsch ist notwendig, in Kooperation mit
freien Trägern.n DolmetscherInnen für Elternarbeit ist wichtig.n Empathie ist Grundvoraussetzung für gutes Klima an der Schule.n Erlass muss im Sinne der zugewanderten SchülerInnen ausgefüllt und umge-
setzt werden.
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Frau Förster (Sozialpädagogin Sekundarschule Komarow Stendal):n Fördergruppen und Förderklassen brauchen immer sozialpädagogische Begleitung.n Deutschunterricht muss fit machen für den Schulalltag.n Bei Zuweisung der AusländerInnen Kontaktaufnahme durch das Asylbewerberheim
mit der Schule, dann Datenaufnahme.n DolmetscherInnen begleiten Familien in die Schulen – Schnupperstunde.n Gute Netzwerkarbeit hilft, gute Schulabschlüsse zu erreichen. Freie Träger und
Ämter arbeiten mit Schule gemeinsam. Kooperationsvertrag zwischen Schule und JMD wird abgeschlossen und umgesetzt.
n Fortbildung der LehrerInnen und SchulsozialarbeiterInnen zum Thema Alphabetisie-rung fehlt.
n Finanzielle Ausstattung der Förderklassen für Lehrpersonal (z. B. Laptop, Wörterbü-cher, Ausflüge, Fahrtkosten etc.) bisher gleich null.
n Elternarbeit hat hohe Priorität, Kontakt zwischen Elternhaus und Schule besonders gut, da von Anfang an Hilfsangebote für die Familie gemacht werden.
n Erlass sollte überprüft werden in Bezug auf das Einschulungsalter (auch mit 16 und älter kann es sinnvoll sein zu beschulen).
Fachlicher Austausch der WorkshopteilnehmerPraktikerInnen wurden zu wenig bei der Erarbeitung des Erlasses angehört, das solltenachgeholt werden.
Stundenzuweisung krankt am Stichtag zu Beginn des Schuljahres. Viele Einsteigerkommen erst im Laufe des Jahres, dann ist es nicht mehr möglich, eine Förderklassezu bilden.Anerkennung der Muttersprache als zweite Fremdsprache notwendig, um Benachteili-gungen im Gymnasialbereich zu vermeiden.
Neue Entwicklungen im Bereich Migration sollten in die LehrerInnenfortbildung inte-griert werden.
Handlungsempfehlungenn Schule braucht engagierte LehrerInnen, die Diversity und Empathie zum Grundsatz
ihrer Arbeit machen.n Finanzielles Budget für Schulen fehlt, um interkulturelle Arbeit im Bildungsbereich
zu honorieren.n Schule sollte vorhandene Angebote aus den lokalen Netzwerken mehr nutzen und
Projekte mit anderen Trägern auf den Weg bringen.n Elternarbeit ist von Anfang an von Schule zu leisten. Dafür DolmetscherInnenleis-
tungen notwendig.n Schulsozialarbeit muss für MigrantInnen intensiviert werden.n SchulsozialarbeiterInnen müssen für alle Förderklassen/-gruppen in allen
Schulformen Pflicht werden.n Interkulturelle Kompetenz in die LehrerInnenfortbildung integrieren.n Effektive Gesetzgebungsverfahren nur unter Einbeziehung von PraktikerInnen mög-
lich.
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Schulische Bildung für MigrantInnen
Moderationn Antje Roloff; Fachberaterin für Jugendmigrationsdienste,
Diakonie Mitteldeutschland
InputgeberIn n Christine Ohmke, Projekt LOOP Halle, St. Johannis GmbHn Heidi Waßerberg, Projekt Nachträglicher Hauptschulabschluss, IB Magdeburg
Da beide Inputgeberinnen nicht anwesend sein konnten, wurde das Projekt LOOP unddessen Vorgängerprojekte BISS und PRO-Motion kurz von Antje Roloff vorgestellt.
AG 2 „Schulabschluss – besser spät als nie!“
InputreferateAntje Roloff in Vertretung für Christine Ohmke, Projekt LOOP Halle, St. JohannisGmbHProjekt „LOOP – Lernen für Schulabschlüsse oder Orientierung in der Ausbildungs-und Berufswelt durch praktisches Arbeiten“
Ziel des ProjektesAufgabe des Projektes ist die schulische und berufliche Integration jugendlicherMigrantInnen, denen der Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt aufgrundfehlender Schulabschlüsse und Ausbildungsplätze bisher verwehrt war.
Aufbau des Projektes
Ziel:schulische und berufliche Integration
Schulische Bildung Berufliche Bildung
Angebote an Regelschulen
Elternarbeit
Erwerb von Schulabschlüssen
Nichtschülerprüfung
Niedrigschwellige Angebote innerhalb eigener
Werkstätten
Betriebliche Praktika
ElterntreffsHausbesuche
Familiengespräche
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Ergebnisse der DiskussionDa der Schulabschluss eines der wichtigsten Kriterien im erfolgreichen ÜbergangSchule-Ausbildung ist, sollte in erster Linie daran gearbeitet werden, die Zahl der Schü-lerInnen zu steigern, die ihren Abschluss an der Regelschule erwerben:ABER:Die Schule ist in Sachsen-Anhalt noch zu starr, dies ist einerseits ein administrativesProblem und andererseits besteht das Problem darin, wie die einzelne Schule ihre Mög-lichkeiten nutzt; DESHALB:c Öffnen der Schule für Unterstützersysteme (Netzwerke, Migrationsfachdienste) c Erlasse qualitätsbezogen umsetzen (im Interesse individueller Förderung aller
SchülerInnen mit Bedarf) c Zulassen von individuellen Lösungen (Einzelfallentscheidungen, z.B. Altersgrenze)
auch vor dem Hintergrund, dass Maßnahmen aufgrund der geringen MigrantInnen-anteile oft nicht finanzierbar sind
c unabhängig vom Erlass hat jede Schule einen Spielraum, der besser genutzt werden muss
Im Schuljahr 2010/11 verließen In Sachsen-Anhalt 11 % der SchülerInnen mit auslän-dischem Pass die Schule ohne Abschlussn Für jugendliche MigrantInnen, die der Vollzeitschulpflicht noch unterliegen, gibt es
die Möglichkeit, über BVJ, BGJ, BVB und im Rahmen der Ausbildung den Schulab-schluss nachzuholen.c Mehr Wert auf Abschlüsse im BVJ
n Mit Erfüllung der Vollzeitschulpflicht besteht die Möglichkeit, auf dem Weg der Nichtschüler-Prüfung den Haupt- oder Realschulabschluss zu erwerben:c flexiblerer Umgang mit der entsprechenden Verordnung (Zulassungsbedin-
gungen Nichtschüler-Prüfung, z.B. fehlende Geburtsurkunde)
Die Vertreter von Agentur für Arbeit und Jobcenter weisen darauf hin, dass eine Ausbil-dung auch ohne Schulabschluss möglich ist.ABER:n Laut Untersuchung des DJI stehen männlichen Bewerbern mit Hauptschulabschluss
nur 50 Berufe offen; bei weiblichen Bewerberinnen halbiert sich diese Zahl: Das Ziel sollte immer der Realschulabschluss sein!
DESHALB:n Öffnung der Betriebe: c Verantwortung für Nachwuchs übernehmenc Aufnahme von Schwächeren
Aufgabe der Netzwerke: c Intensivierung der Partnerschaft zwischen Schule – Fachdiensten – Bildungsträ-
gern – Wirtschaftc nachhaltige Begleitung der MigrantInnen, damit keiner durch das Netz fällt!
Handlungsempfehlungenn Schulabschlüse an den Schulen ermöglichen
c Öffnen der Schulen (für Netzwerke)c individuelle Lösungen
n falls an der Schule kein Schulabschluss möglich sein solltec Öffnen der Betriebe für Schwächerec Eigenverantwortung für Nachwuchs übernehmen
n nachhaltige und konstante Netzwerkarbeit (Schule – Fachdiensten – Bildungsträ-gern – Wirtschaft)
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Moderationn Iglika Kindermann; JMD Dessau-Roßlau
InputgeberIn n Mamad Mohamad; LAMSAn Claudia Theune; Projekt LIVE, St. Johannis GmbH
Schulische Bildung für MigrantInnen
AG 3 „Elternarbeit“
InputreferatHerr Mamad Mohamad gab einen kleinen Überblick über die Tätigkeit der LAMSA imBereich der interkulturellen Öffnung.
Claudia Theune; Projekt LIVE, St. Johannis GmbHDas Projekt LIVE (Leben Integrieren Verändern Erleben) in Dessau-Roßlau ist eineOrientierungs- und Erziehungshilfen für Familien mit Migrationshintergrund und in-terkulturelle Öffnung. LIVE unterstützt Eltern mit Migrationshintergrund dabei, denErziehungs- und Bildungsprozess ihrer Kinder nachhaltig zu gestalten. Es baut eineBrücke zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und den in Dessau-Roßlau beste-henden Angeboten und Regeldiensten, z.B. Kitas, Schulen und dem Jugendamt.
Angebote des Projektes:n Krabbelgruppe „Mama kulturell“ für Kinder von 0-3 Jahren und deren Elternn Seminare für Eltern mit Kinder im Alter von 0-5 Jahren und ab 6 Jahren zur
Informationsweitergabe, Wissensvermittlung und zum Erfahrungsaustausch über Erziehungs- und Bildungsfragen im Mehrgenerationenhaus Dessau
n Begleitung und Unterstützung von Familien bei allgemeinen Alltagsaufgaben durch Lotsen
n Sensibilisierung und Motivierung der Eltern für die Teilnahme und Mitarbeit in Gremien von Kitas und Schulen
n Begleitung der Kitas, Schulen und Regeldienste bei der interkulturellen Öffung
Zielgruppe:n Mütter mit ihren Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund von der Ge-
burt bis zum Eintritt in den Kindergartenn Schwangere Frauenn Familien mit erhöhten Integrations- und Unterstützungsbedarf
Projektziel:n Förderung von Migrantenkindern in folgenden Bereichen: kognitive Entwick-
lung, Fein- und Grobmotorik, Sprachkompetenzen, sozialer Kompetenz und Ge-sundheit vor Eintritt in KIGA
n Sensibilisierung der Mütter für Präventionsmaßnahmen, Entwicklungsförderung der Kinder, Heranführen an KIGA, Verminderung von Schwellenängsten, Kom-munikationsanwendung
n Gewinnung und Befähigung von Müttern zur Weiterführung oder Neugründung einer Krabbelgruppe
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Ergebnisse der Diskussion n Interkulturelle Kompetenz ist für LehrerIn-
nen und pädagogische MitarbeiterInnen ist notwendig.
n Das System Schule muss sich den Organisationen öffnen, Veranstaltun-gen zur Thematik Interkulturelle Öffnung und Sensibilisierung anbieten.
n Interkulturelle Kompetenz in den Lehrplä-nen verankern.
n Zugewanderte Eltern direkter ansprechen zur Mitwirkung in Gremien oder Schulfes-ten.
n Elternarbeit ist ein sich beidseitig beein-flussender Prozess, der PädagogInnen, El-
tern und SchulsozialarbeiterInnen einbeziehen sollte.n Netzwerke für alle am Prozess der Migration Beteiligten transparenter machen.n Migrantenselbstorganisationen stärker in die Elternarbeit mit einbinden, auch im
Sinne von Organisation von Deutschkursen und Aufklärung über das Schulsystem.
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Moderationn Annett Bürger; JMD Aschersleben
InputgeberIn n Ines Kühnel; Internationaler Bundn Annett Spott; JMD Bitterfeld-Wolfen,
Diakonie Verein e.V. Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichenn Dana Michaelis; Landesweite Netzwerkstelle „Lernen durch Engagement“
Sachsen-Anhalt, Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis e.V.
Schulische Bildung für MigrantInnen
AG 4 „Außerschulische Angebote“
InputreferatAnnett Spott; JMD Bitterfeld-Wolfen, Diakonie Verein e.V. Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen
Leitidee:„Der Jugendmigrationsdienst Wolfen unterstützt junge Menschen bis 27 Jahre mitMigrationshintergrund durch individuelle Angebote und durch professionelle Bera-tung und Begleitung bei ihrem Integrationsprozess im (neuen) Lebensumfeld.“
Verständnis der Arbeit:n Teil eines Gesamtintegrationskonzeptes für MigrantInnen n Teil eines bundesweiten Integrationsprogrammes für ZuwanderInnen n Teil der Jugendhilfe n Kooperationspartner für alle relevanten Dienste und Einrichtungen, die zum In-
tegrationsprozess beitragen
Und damit ist gemäß der Grundsätze des Programms 18 KJP der JMD Anlaufstellemit Koordinierungs- und Vermittlungsfunktion.
Außerschulische Jugendbildung - Grundsätzen Freiwillige Teilnahme n Offenheit für alle (unabhängig der sozialen bzw. ethn. Herkunft, Religion, etc.) n Mitgestaltung
Außerschulische Jugendbildung – Maßnahmen n Interkulturelle und Demokratietrainings n Jugendkulturarbeit n Medienprojekte n Förderung der Teamfähigkeit n Gesundheitliche Bildung n Maßnahmen zur Unterstützung des Spracherwerbs n Gezielte Bewerbungstrainings Einzeln und in der Gruppe
Außerschulische Jugendbildung – Übergang Schule-Berufn Frühzeitiger Interessenausbau n Gezielte Ansprache ab 7./8. Klasse zur Berufsfindung n Eingrenzung Berufsfeld durch Stärken-/Schwächen-Analyse n Zusätzliche Praktika in den Ferien n Bewerbungstrainings unterstützt durch Firmen n Zielsetzungen zur Planung des Bewerbungsverfahrens n Recherchetrainings und Erstellen von Bewerbungsmappen
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Inhalte der Diskussionsrunden Zusammenarbeit Bildungsträger und Jugendmigrationsdienstn Zusammenarbeit Schule – Wirtschaft, JMD einbeziehenn kontinuierliche Projekte über längere Zeiträume hinaus – Sicherstellung der Fortfüh-
rungn ständiger Wechsel der Bildungsträger und Ansprechpartner innerhalb von Projektenn Bündelung verschiedener Angebote und Bildung von beständigen Netzwerkenn Abschluss von Kooperationsvereinbarungenn stärkere Einbindung der Sportvereine und Jugendfreizeiteinrichtungen in die Arbeit mit
MigrantInnenn Fördermöglichkeiten von Freizeitangeboten durch den JMDn Einbeziehung von Eltern n viele verschiedene Fördermöglichkeiten und Projekte für nur eine Zielgruppen bessere Abstimmung zwischen Projektanbietern notwendign Überforderung der jugendlichen MigrantInnen, da zu viele „Helfer“ helfen möchtenn sehr viele MigrantInnen sind „deutscher“ als die Einheimischen selbstn Förderung von ehrenamtlichen Engagement unter den MigrantInnen
Handlungsempfehlungen
Umsetzung:n engere Zusammenarbeit des Jugendmigrationsdienstes mit den Bildungsträgern
Wunsch:n Einbeziehung des Jugendmigrationsdienstes in die Kooperationsvereinbarungen
Schule-Wirtschaft c engere Zusammenarbeit mit weiterführenden Schulen und Wirtschaftsunternehmen
Vision:n Abschaffung der Bezeichnung „Migrationshintergrund“ c Jugendliche sollen als solche auch anerkannt sein und nicht unterschieden werden
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Stephan Kroll ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesinstitut für Berufsbil-dung in Bonn und beleuchtet in seinem Referat den Übergang Jugendlicher mitMigrationshintergrund von der Schule in die Ausbildung. Ein besonderer Fokusliegt dabei auf der Frage, ob es eine Chancengleichheit für alle Jugendlichen gibt.
1. Skizzierung der aktuellen Situation am AusbildungsstellenmarktZunächst gibt Stephan Kroll einen Überblick über die aktuelle Situation am Ar-beitsstellenmarkt. Dazu stellt er verschiede Zitate aus der Presse gegenüber, andenen aufgezeigt wird, dass sich die Situation von 2005 nach 2010 stark verän-dert hat. Während man in früheren Jahren in der Presse noch Zitate wie „MehrSchüler, wenig Stellen. Die Lehrstellenlücke hat ein Ausmaß wie seit anderthalbJahrzehnten nicht mehr.“ (Badische Zeitung, 12.10.06) oder „Jugend in der War-teschleife. In Deutschland fehlen viel mehr Lehrstellen als behauptet.“ (Die Zeit,19.10.2006) lesen konnte, verkehren sich die Verhältnisse 2010 und 2011 eherins Gegenteil. Hier stehen Schlagzeilen wie „Sorge vor Mangel an Lehrlingen“(General-Anzeiger, 19.05.2011) oder „Und plötzlich fehlen Fachkräfte. Industrie-und Handelskammertag schlägt Alarm: 50.000 Ausbildungsplätze unbesetzt.“(Frankfurter Rundschau, 09.04.2010) in der Presse.
Der gleiche Trend wird auch auf den zweigezeigten Karten erkennbar, die die Si-tuation am Ausbildungsstellenmarkt2007 und 2011 aus Sicht der Jugendli-chen vergleichend darstellen. Bei einerregionalen Differenzierung auf der Ebeneder einzelnen Arbeitsagenturbezirke wirdanhand der erweiterten Angebots-Nach-frage-Relation (eANR) erkennbar, dasssich rein rechnerisch die Situation für dieJugendlichen in vielen Gebieten Deutsch-lands deutlich verbessert hat. Sind aufder Karte für das Jahr 2007 noch ver-mehrt orange, hellrote und sogar rote Felder zu sehen, zeigt die erweiterte Ange-bots-Nachfrage-Relation aus dem Jahr 2011 überwiegend grüne und gelbe Felder.
Dies bedeutet, dass die Situation für Jugendliche eineLehrstelle zu bekommen 2011 rein rechnerisch günstigergeworden ist.
2. Zentrale Einflussfaktoren auf den Übergang vonder Schule in den Beruf n Bildungsvoraussetzungenc Fehlender Schulabschlussc Schlechtes Abschlusszeugnisn Status der Elternc Schul- und Berufsabschluss der Elternc Qualifizierte Berufstätigkeit des Vatersn Migrationshintergrundn Geschlechtn Maßnahmen des Übergangssystems
Stephan KrollBundesinstitut für Berufsbildung in Bonn
Junge MigrantInnen im Übergang Schule-Ausbildung
Stephan Kroll
Die Entwicklung des Ausbildungsstellenmarktes in denletzten Jahren
Quelle: BiBB-Erhebung zum 30.9.; bundesagentur für Arbeit, eigene Be-rechnungen
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n Wohnregion in Ost- oder Westdeutschlandn Einwohnerdichte der Regionn Nach Schulende keinen weiteren Berufswunschn Drei Monate nach Beendigung der Schule nicht wieder im Bildungssystemn Abbruch der Berufsausbildung(Quelle: Beicht/Ulrich (2008): Welche Jugendlichen bleiben ohne Berufsausbildung? BIBB-Report 6/08. Bonn)
3. Jugendliche mit Migrationshintergrundn Bei den in Deutschland lebenden Jugendlichen mit Migrationshindergrund handelt
es sich um eine äußerst heterogene Gruppen Sowohl in Bezug auf ethnische und geografische Herkunft, aber auch hinsicht-
lich der Gründe und des Zeitpunktes der Zuwanderung
Zwei bedeutsame Zuwanderungswellen seit den 1950er Jahren:c Zuwanderung der „Gastarbeiter“ Mitte der 1950er Jahre vorwiegend aus ländlichen
Regionen südeuropäischer Staaten und der Türkei im Zuge des „deutschen Wirt-schaftswunders“
c Viele von ihnen kehrten nicht in ihre Heimat zurück, sondern ließen sich in der Bun-desrepublik nieder und holten ihre Familien nach
c Ähnlich bedeutsam ist die Zuwanderung der (Spät-)AussiedlerInnen aus osteuropäi-schen Staaten und der ehemaligen Sowjetunion mit ihrem Höhepunkt Ende der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre
c Überdies zogen in den letzten Jahrzehnten ausländische Menschen aus aller Welt aus unterschiedlichen Gründen nach Deutschland
c „Wirtschaftswanderung“ – „Familienzuwanderung“ – „Fluchtwanderung“
Da der überwiegende Teil der in der Präsentation vorgestellten Ergebnisse aus derBA/BIBB-Bewerberbefragung stammt, ist ein kurzer Blick auf die Verteilung der befrag-ten Jugendlichen nach ihrer Herkunft sinnvoll. In der Befragung hatten 26,0 % der Ju-gendlichen einen Migrationshintergrund, der sich folgendermaßen nach der Herkunftaufgliedert: n 35,8 % osteuropäische Staaten, GUS-Staatenn 35,2 % Türkei, arabische Staatenn 17,6 % südeuropäische Staatenn 11,5 % andere StaatenDementsprechend hatten 72,7 % der Jugendlichen keinen Migrationshintergrund (für1,3 % der BewerberInnen lagen keine Angaben vor).
(Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstel-lensuche geringe Erfolgsaussichten. BIBB-Report 16/11. Bonn)
4. Einflussfaktor Schulabschluss
Quelle: BA/BIBB-Bewerberbefragung 2004, BA/BIBB-Bewerberbefragung 200624
Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien haben imdeutschen Bildungssystem von Beginn an erheblicheNachteile:(Baumert, Stanat und Watermann 2006, Becker und Reimer 2010,Diefenbach 2008, Konsortium Bildungsberichterstattung 2006)n Bereits zu Beginn der Grundschule zeigen sich klare
Unterschiede in den allgemeinen und sprachlichen Kompetenzen c erheblicher „Startnachteil“
n Bis zur Einschulung vorwiegend Prägung durch das El-ternhaus und familiäre Umfeld
c Dabei wirkt sich der niedrigere sozioökonomische Status ihrer Familien nachteilig auf die kognitive Ent-wicklung aus (Gresch und Becker 2010)
n Förderlicher Besuch eines Kindergartens weniger ver-breitet (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010)
n Häufig sind dadurch die Voraussetzungen für einen Schulbesuch nicht genügend entwickelt
c Aufgrund der Schuleingangsuntersuchung häufiger zu-rückgestellt und erst verspätet eingeschult (Konsortium
Bildungsberichterstattung 2006)n Am Ende der Grundschulzeit weisen SchülerInnen mit Migrationshintergrund dann schlechtere Schulnoten auf und schneiden bei Kompetenzmessungen ungünstiger ab
n Eine ausreichende Förderung und damit ein Ausgleich der Entwicklungs- und Sprachnachteile gelingt in deut-schen Schulen weniger als anderswo (Bos u.a. 2007, Bos u.a. 2008)
n Wegen ihrer schlechteren Noten und einer geringeren Einschätzung des Entwicklungs-potenzials erhalten Jugendliche mit Migrationshintergrund seltener eine Bildungsemp- fehlung für die Realschule oder das Gymnasium
c Somit beim Übergang Schule-Beruf erhebliche schulische Qualifikationsunter-schiede
Gefragt nach den schulischen Qualifikationen, sowie der Deutsch- und Mathematiknote,zeigen sich diese schulischen Nachteile auch in den Ergebnissen der BA/BIBB-Bewer-berbefragung.
5. Berufliche Pläne und Be-rufsorientierung – FehlendePläne?Stephan Kroll zeigt zu diesemPunkt eine Übersicht, die auf-schlüsselt, welche beruflichenPläne bei den SchulabsolventIn-nen beim Verlassen der allge-meinbildenden Schule vorliegen. Es lässt sich erkennen, dass Ju-gendliche mit und ohne Migrati-onshintergund am Ende derSchulzeit ähnliche Bildungsplänehaben.
Schulische Qualifikation der BewerberIn-
nen nach Migrationhintergrund
Letzte Deutschnote der BewerberIn-
nen nach Migrationhintergrund
Letzte Mathematiknote der BewerberIn-
nen nach Migrationhintergrund
Berufliche Pläne der Schulabsolventen beim Verlassen der allge-meinbildenden Schule (nach Schulabschluss in %)
Quelle: Beicht, U. & Granato, M. (2009): Übergänge in eine berufliche Ausbildung. GeringereChancen und schwierige Wege für junge Menschen mit Migrationshintergrund. FES (Hrsg.)
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6. Such- und Bewerbungsstrategien – Fehlendes Engagement? Begrenzte Suchstrategien?
Die von Stephan Kroll gezeigten Ergebnisse der BA/BIBB-Bewerberbefragung zeigen,dass bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund beide Elternteile seltener übereinen Schul- und Berufsabschluss verfügen als bei Jugendlichen ohne Migrationshin-tergrund. Ebenfalls sind diese Jugendlichen mit Migrationshintergrund seltener in er-folgsförderliche Netzwerke eingebunden. Weiterhin ist zusammenfassend aber zusagen, dass Jugendliche mit und auch ohne Migrationshintergrund bei der Suchenach einem Ausbildungsplatz gleichermaßen engagiert sind und auch ähnliche Such-strategien verwenden.
7. Wahrscheinlichkeiten des ÜbergangserfolgesUnter diesem Punkt zeigte Stephan Kroll eine Übersicht, welche die rechnerischeWahrscheinlichkeit der Einmündung in eine betriebliche Ausbildung bei bestimmtemMerkmalsausprägungen zeigt. Dazu wurde folgender fiktiver Ausgangsfall gewählt,um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen:Bewerber ohne Migrationshintergrund, männlich, unter 21 Jahre alt, mit Hauptschul-abschluss, befriedigenden Deutsch- und Mathematiknoten auf dem letzten Schul-zeugnis, keine Einstiegsqualifizierung und kein Berufsvorbereitungsjahr o.ä.absolviert, sich nicht schriftlich für mehrere Berufe, nicht überregional und nicht be-reits für ein früheres Ausbildungsjahr beworben, mit den Eltern alle wichtigen Fragender Berufswahl und Ausbildungsstellensuche besprochen, keine Unterstützung durcheinen Berufseinstiegsbegleiter/Lotsen erhalten, lebt in einer Region mit mittlerer Si-tuation auf dem Ausbildungsstellenmarkt.
Zunächst wurde für den fiktiven Ausgangsfall die Wahrscheinlichkeit der Einmündungin eine betriebliche Ausbildung berechnet. Diese Wahrscheinlichkeit liegt bei 36 %.Dann wurde ermittelt, wie hoch nach diesem Modell die Wahrscheinlichkeit ausfällt,wenn einzelne Merkmale vom Ausgangsfall abweichen. Wenn beispielsweise statt dem Hauptschulabschluss ein mittlerer Schulabschlussvorhanden ist, beträgt die Einmündungswahrscheinlichkeit bei ansonsten gleichenBedingungen wie im Ausgangsfall 56 %.Ändert man nun das Merkmal der Herkunft im Gegensatz zum Ausgangsfall so fälltdie Einmündungswahrscheinlichkeit auf 29 %.
Zusammenfassung der Ergebnisse:n Junge Menschen mit Migrationshintergrund münden erheblich seltener in eine
berufliche Ausbildung ein als junge Menschen ohne Migrationshintergrund n Der Übergangsprozess junger Menschen mit Migrationshintergrund dauert länger:
Selbst nach Besuch und Abschluss der gleichen Maßnahmen im Übergangssystem und bei gleicher schulischer Vorbildung haben sie geringere Einmündungschancen in eine berufliche Ausbildung
Rechnerische Wahrscheinlichkeit der Einmündung in betriebliche Ausbildung bei bestimmtenMerkamlsausprägungen (in %)
(Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensicer Ausbildungsstellensuche geringe Erfolgsaussichten. BiBB-Report 16/11. Bonn)
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n Selbst bei gleichen schulischen Voraussetzungen münden junge Menschen mit Mi-grationshintergrund erheblich seltener als die einheimische Vergleichsgruppe in eine berufliche Ausbildung ein; selbst bei einem sich entspannenden Ausbildungs-markt. Dies gilt übrigens auch, wenn man statt der formalen Bildungsabschlüsse die schulische Leistungsfähigkeit heranzieht.
n Selbst bei gleichen Bildungsplänen und vergleichbaren Suchstrategien bleibt ein eigenständiger Effekt des Migrationshintergrunds bestehen
n Selbst bei Berücksichtigung der Vorbildung der Eltern und des beruflichen Status des Vaters besteht ein eigenständiger Einfluss des Migrationshintergrunds
n D.h. selbst bei Berücksichtigung (statistischer Kontrolle) all dieser Einflussfaktoren, lassen sich die geringeren Einmündungschancen junger Menschen mit Migrations-hintergrund in eine berufliche Ausbildung nicht abschließend erklären.
Folge:Erhöhter Selektionsdruck und geringere Einmündungschancen für junge Men-schen mit Migrationshintergrund beim Zugang in berufliche Ausbildung.
8. Ausblick: Wo sind die Stellschrauben und was richtet die Zeit?Um einen Ausblick zu geben, zeigt Stephan Kroll verschiedene Entwicklungstendenzenauf. Unter anderem macht er anhand der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberech-nung des Statistischen Bundesamtes (2006) deutlich, dass die Jahrgangsstärken der16- und 60-Jährigen in der Anzahl immer weiter auseinander gehen werden. Währenddie Jahrgangsstärken der 60-Jährigen immer weiter zunehmen, reduziert sie sich aufSeiten der 16-Jährigen. Hieraus ergibt sich, dass auch das Nachfragepotential sowohl in West- als auch in Ost-deutschland stark zurückgehen wird. Als Folge ergibt sich wiederum, dass die Zahl derbei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten unbesetzten Berufsausbildungsstellen ge-stiegen sind. Als mögliche Folgen der demografischen Entwicklung gibt Stephan Kroll folgendePunkte an:n Die Klage über unbesetzte Ausbildungsplätze werden sich vermehrenn Der Wettbewerb um eine Lehrstelle wird zum Wettbewerb um Auszubildenden Es wird eine Konkurrenz der Bildungsbereiche hinzukommenn Die regionale und berufstrukturelle Konkurrenz wird zunehmenn Ingeration der sogenannten „Schwächeren“ wird immer wichtiger
Für die im Rahmen des BIBB-Expertenmonitors 2010 befragten Bildungsfachleute erge-ben sich als Diskussionsgrundlage die auf der nachfolgenden Folie aufgeführten Reform-vorschläge zur Verbesserung des Übergangs von der Schule in eine Berufsausbildung.
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Übergang Schule-Beruf
AG 1 „Berufsorientierung für MigrantInnen“
InputreferateKirsten Schmidt; Berufsberaterin, Agentur für Arbeit MagdeburgBerufsberatung für MigrantInnenDas Angebot der Berufsberatung steht generell für alle Ratsuchenden zur Verfügung.D.h. grundsätzlich können sich alle jugendlichen MigrantInnen in der Beratung ent-weder in der Schule oder in der Agentur für Arbeit anmelden und um Unterstützungbei der Ausbildungssuche oder bei der Vorbereitung auf eine Ausbildung bitten.
Möglichkeiten für jugendliche MigrantInnen nach der Schule mit AbschlussNach dem Abschluss der 9. oder 10. Klasse verlässt man die Schule mit einemHauptschul- oder Realschulabschluss (HSA oder RSA) und strebt dann eine Ausbil-dung an. Eventuell wird nach der 10.Klasse eine weiterführende Schule besucht, u.a.Fachoberschule, um einen höheren Abschluss zu erreichen. Sollte jedoch keine Aus-bildung gefunden werden, kann an einer Einstiegsqualifizierung mit der Dauer voneinem Jahr teilgenommen werden, das Ziel ist die Übernahme durch den Betrieb.Besteht kein fester Berufswunsch, kann dies durch berufsvorbereitenden Maßnah-men geändert werden.
Möglichkeiten für jugendliche MigrantInnen nach der Schule ohne AbschlussEs ist durchaus möglich, auch ohne Abschluss eine Lehre aufzunehmen, jedoch sinddie Chancen hierfür sehr gering. Der Besuch des Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) imRahmen der Vollzeitschulpflichterfüllung biete eine Möglichkeit, um den HSA nachzu-holen und sich beruflich zu orientieren. Sollte jedoch keine Teilnahme am BVJ mög-lich sein, besteht die Chance auf eine Teilnahme an der BerufsvorbereitendenBildungsmaßnahme (BvB), um hier den Hauptschulabschluss nachzuholen, dies wirdmit einem kleinen Obulus im Rahmen Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) gefördert. Au-ßerdem ist die Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierung (EQ) an Beschulungen miteinem Tag an der Berufsschule möglich.
Annett Elstermann; BRAFO, BBZ Elbe GmbHVorstellung des Projektes BRAFO (Berufswahl richtig angehen frühzeitig orientieren)n Seit 2007 (einjährige Unterbrechung) gemeinsam mit dem BBW e.V. Wittenberg
für den gesamten Landkreis Wittenberg durchgeführtn Förderung durch Bundesagentur für Arbeit, Land Sachsen-Anhalt mit Mitteln aus
dem ESFn Projekt ist im schulischen Ablauf der Sekundar- und Förderschulen verankertc Pflicht für alle SchülerInnen der Klassenstufe 7n BRAFO bietet insbesondere den MigrantInnen gute Möglichkeiten Berufe, Berufs-
felder und Betriebe kennenzulernen; systematische Heranführung an das Thema durch gute Zusammenarbeit von SozialpädagogInnen unserer Unternehmen und den LehrerInnen der Schule
c dies ist wichtig, weil viele Eltern von Migrantenkindern nicht so unterstützen können
Moderationn Ferenc Makk; Referent für Migration,
Diakonie Mitteldeutschland
InputgeberIn n Kirsten Schmidt; Berufsberaterin,
Agentur für Arbeit Magdeburgn Annett Elstermann; BRAFO, BBZ Elbe GmbH
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n BRAFO läuft sehr individuell und beratendc insbesondere durch Arbeit der SozialpädagogInnen und Einzelgesprächsangeboten BRAFO wird nicht losgelöst von anderen Berufsorientungsprojekten durchgeführtn Projekt beginnt mit den Elternversammlungen in den Klassenn für SchülerInnen beginnt Projekt in den Schulenc sie können Interessen erkunden, Stärken und Schwächen erkennen und erfahren,
worauf in bestimmten Berufsfeldern Wert gelegt wird
n MigrantInnen sind in den Klassen integriert; sind oft in geringer Zahl in den Klassen vertreten (1-2 Teilnehmer)
n MigrantInnen verhalten sich oft ruhig, hören zu, beteiligen sich verhalten am Unter-richtsgeschehen
n bei der Bearbeitung des Berufswahlpassen sind nicht nur für MigrantInnen Erläute-rungen nötig
n MigrantInnen erhalten beim Ausfüllen gesonderte Unterstützung, haben längere Zeit zum Ausfüllen
DiskussionEs werden Erfahrungen aus dem Projekt „Lernen vor Ort“ geschildert. Ein Berufsorientie-rungskatalog wurde erstellt. Darin sind alle Bildungsträger der Stadt erfasst.
In Dessau-Roßlau wurden zudem „Profilpässe“ in den Schulen erprobt (7.Klasse).Sie kontaktieren einmal pro Woche jeweils für 45 Minuten eine Schulklasse. Hier werdenStärken und Interessen der SchülerInnen festgestellt; dies macht die Arbeitsagenturauch mit Erwachsenen. Der Profilpass geht auf eine Initiative von Bertelsmann zurück(auch Berufswahlsiegel).
Wie gelingt es, die Angebote der Akteure zur Berufsorientierung nachhaltig zu vernetzen? Auf diese These gab es keine alleingültige Antwort. Es wurde festgestellt, dass die nach-haltige Vernetzung mit Blick auf die recht kurzen Projektförderzeiten sehr schwierig ist.Oftmals gibt es jährlich wechselnde Netzwerkpartner oder gar neue Träger. Nachhaltig-keit und Kontinuität sind eher selten. Es gibt ständig neue Kooperationspartner, beispiels-wiese wird das Projekt „BRAFO“ immer wieder neu ausgeschrieben. Es sollte auf mehrKontinuität bei der Vergabe von Projekten gedrängt werden. Es werden feste Netzwerk-partner benötigt.
Handlungsempfehlungenn Kontinuität in der Vergabe von „Projekten“, um nachhaltig Netzwerkarbeit mit festen
Netzwerkpartnern zu leistenn Erstellung eines regionalen Berufsorientierungs-Ka-
talogs (Beispiel: Dessau-Roßlau – BMBF)n Vernetzung von Trägern der Berufsorientierung
und Migrantenberatungsstellen (JMD, ...)n beispielhafte Projekte auf eine Plattform, z.B. Inte-
grationsplattform des Landes
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Übergang Schule-Beruf
AG 2 „MigrantInnen in Ausbildung/im Beruf“
Inputreferat
Dr. Simone Danek; IHK Halle-DessauSituation im IHK-Bezirk Halle-DessauHäufigste Ausbildungsberufe:n Bürokaufmann/-fraun Kaufmann/-frau im Einzelhandeln Hotelfachmann/-fraun Fachkraft im Gastgewerben Verkäufer/-inn Koch/Köchin
Problematik: Wahl des Ausbildungsberufs fällt auf Standardberufe, Bandbreitean Berufen bleibt ungenutzt, insbesondere anspruchsvolle Ausbildungsgänge, wieetwa Industriekaufmann/-frau, Mechatroniker/-in, Bankkaufmann/-frau werdennur selten gewählt c Ergebnisse decken sich mit bundesweiten Erfahrungen
Möglichkeiten zur besseren Beteiligung junger MigrantInnen1. Projekt „Qualifizierte Schulpartnerschaften“
Ziel: Zusammenführen des schulischen Lernens und der beruflichen Wirklichkeit,um Berufsorientierung zu erleichtern; Partnerschaften zwischen Schulen und Un-ternehmen begleiten und initiierenFormen der Schulpartnerschaften: Lernpartnerschaften, projektbezogene Zu-sammenarbeit (Sponsoring, Wettbewerbe), Unterstützung bei Messen und Tagender offenen Tür, Elternabende zur Berufsorientierung u.v.m.Vorteile für Unternehmen: Vermittlung von SchülerInnenpraktika, frühzeitigeKontaktaufnahme zu zukünftigen Auszubildenden, Bekanntmachung der Brancheund Berufe u.v.m. Nutzen für Schulen und SchülerInnen: Patenschaften mit Patenunternehmen,Informationen über neue Ausbildungsberufe u.v.m.
2. Einstiegsqualifizierung (EQ und EQ plus)n Konzept der EQ richtet sich schwerpunktmäßig an junge Menschen im Alter von
18 bis 25 Jahren mit individuell eingeschränkten Vermittlungsperspektivenn betriebliche EQ beinhaltet ein betriebliches Langzeitpraktikum von mindestens
6 bis maximal 12 Monatenn 2011 starteten insgesamt 92 Jugendliche eine EQ-Maßnahme n 2010 wurde „Einstiegsqualifizierung plus“ eingeführt (betriebliche Qualifizierung
+ Teilnahme am allgemeinbildenden Unterricht an der Berufsschule und dieMöglichkeit der sozialpädagogischen Betreuung)
n 2011 begannen 76 junge Leute eine derartige Maßnahme
Moderationn Jan Bartelheimer; AWO Sachen-Anhalt
InputgeberIn n Dr. Simone Danek; IHK Halle-Dessau
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Ergebnisse der Diskussion und HandlungsempfehlungenNach der Einführung von Fr. Dr. Danek wird kurz die unternehmerische Struktur inSachsen-Anhalt besprochen. Hintergrund ist die Frage, wie Übergänge aus der Schulein die Ausbildung oder in den Beruf aussehen können. Da es in Sachsen-Anhalt weitest-gehend viele klein- bis mittelständische Unternehmen gibt, die in kleinteiligen Gruppenarbeiten, sind die Anforderungen an Teamfähigkeit und geschlossener Zusammenarbeitgroß. Um eine bessere Begleitung in das nächste System der Ausbildung oder des Be-rufs zu ermöglichen, bietet die IHK Halle-Dessau eine Online-Plattform an, um über Be-rufsbilder und Ausbildungsmöglichkeiten aufzuklären und zu informieren.Darüber hinaus bestehen qualifizierte Partnerschaften zwischen Unternehmen und (Be-rufs-)Schulen, um junge Menschen auf das Berufsleben vorzubereiten. Dies geschiehtnicht nur theoretisch, sondern zugleich praxisorientiert. Dies hat sich als besonderswichtig erwiesen, da speziell bei jungen MigrantInnen häufig das Verständnis fehlt, wassich konkret hinter bestimmten Berufsbezeichnungen verbirgt. Aufgrund dessen greifendiese auf Berufsfelder zurück, die sie durch ihr familiäres Umfeld bereits kennen odereine direkte Verbindung haben. Folglich bedeutet dies, dass junge MigrantInnen imÜbergang mehrheitlich im Einzelhandel oder in der Gastronomiebranche tätig sind.Um eine Öffnung der Berufsfelder zu erreichen, ist eine erlebnisorientierte Praxis wich-tig. Die Adressaten sind dabei alle jungen Menschen in Sachsen-Anhalt, die eine beruf-liche Qualifizierung anstreben. Neben der erlebnisorientierten Praxis zählen auchpraktikumsbegleitende Maßnahmen von bildungsfernen MigrantInnen zu den Vorhaben,die von der IHK direkt für junge MigrantInnen angeboten werden. Erfolgreich ist zudemeine sofortige Dualausbildung, um Berufsfelder intensiver kennenzulernen. Mit „EQ“oder „EQ plus“ soll im Rahmen einer verbesserten Einstiegsqualifizierung vor allem Ver-mittlungsperspektiven für eingeschränkt vermittelbare junge MigrantInnen gebotenwerden.Innerhalb der AG wurden zudem „Wünsche“ definiert, die einen kultursensiblen Um-gang mit MigrantInnen im beruflichen Alltag verbessern können. Hierzu zählt insbeson-dere die aktive Vermittlung von interkultureller Kompetenz, vornehmlich in kleinteiligenUnternehmen, da gegenseitiges Verstehen und Verständnis im Team wichtig ist.Des Weiteren ist im Gespräch deutlich geworden, dass es ein erhebliches Bündel anthemennahen Maßnahmen gibt, die im Rahmen verschiedenster Projekte eine Betreu-ung von jungen MigrantInnen vorsehen. Es wird vorgeschlagen, diese zu bündeln undnach Erfolgskriterien zu fragen, um eine tatsächliche Verbesserung und nicht Versteti-gung der Situation für MigrantInnen beim Ausbildungsprozess zu erreichen.Die Arbeitsgruppe endet mit der Vision, eine gesellschaftliche Öffnung durch gegensei-tiges Kennenlernen/Erleben zu verbessern.
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Übergang Schule-Beruf
AG 3 „Übergangszeiten verkürzen“
InputreferatDirk Michelmann; KOBA Jobcenter Landkreis HarzSicht eines Jobcenters auf die Praxisrelevanz des Themasn Zielgruppe < 2 %n damit nicht wirklich als Schwerpunkt definierbarn Spezialisierung der Mitarbeiter erscheint nicht erforderlichn Gruppe ist oft motivierter
3 Kernthesen1. Thesen Es bedarf keiner besonderen Spezifik im Osten Deutschlands, Angebotsbedarfe
unterscheiden sich in der Praxis nicht von den Bedarfen sonstiger Leistungsbe-rechtigter
n Das Sprachthema sollte innerhalb der Schulzeit erledigt werden. Mittel des Bil-dungs- und Teilhabepaketes können helfen, mehr zu tun
c Regulierung durch das Land2. Thesen Stärkere Steuerung durch praktischen Kompetenznachweis als durch formellen
Nachweisn Oft sind Abschlüsse schwer vergleichbar oder führen zu Missverständnissen und
beidseitigen Fehleinschätzungenn Der Kompetenznachweis gilt für die Frage der Berufsbildung genauso wie fürdie
Frage der Schulbildung3. Thesen Umwerben statt Umsorgen!n Alle Akteure sollten einen Perspektivwechsel vornehmen. Weg von der Sicht der
Betroffenheit, hin zum Selbstverständnis als Experten für Willkommenskultur. n Mit den notwendigen rechtlichen, sprachlichen und kulturellen Fachwissen be-
dient man nicht mehr ein absolutes Minderheitenthema in unserer Region, son-dern wird zum Mitstreiter der aktuellen Fachkräftediskussion.
Fazitn Ehe weiter nach spezifischen Lösungen für eine verhältnismäßig kleine Ziel-
gruppe gesucht wird, sollte über das Grundverständnis nachgedacht werden.
„Wir brauchen euch, ihr uns nicht“
n Entwicklung einer Willkommenskultur dient sowohl der Integration von Migrant-Innen als auch der Frage des Gegensteuerns zur demografischen Entwicklung
Moderationn Ines Kühnel; JMD Wernigerode
InputgeberIn n Dirk Michelmann; KOBA Jobcenter Landkreis Harzn Jochen Böhme; Schulsozialarbeiter, St. Johannis GmbH BBS II Dessau
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n Mittels Kompetenzzentren kann spezifisches Wissen gebündelt werden.n In Netzwerken muss für die Lösungen gerungen werden, die dem Thema Fachkräfte-
sicherung insgesamt gerecht werden.n Hier gibt es große Schnittmengen zwischen MigrantInnen und Deutschen, die den
direkten Weg nicht schaffen:c 2. Bildungsweg c Individuelle Lösungspakete c Begleitete Übergänge
Handlungsempfehlungenn Umwerben statt Umsorgenc Willkommenskulturn „Kompetenzzentren Migration“ in Sachsen-Anhalt schaffenn Individuelle Lösungsstrategienc Mut zur Kreativität
33
Übergang Schule-Beruf
AG 4 „Interkulturelle Kompetenz für PädagogInnen und AusbilderInnen“
InputreferateMathias Kühne; Projekt „Begegnung mit Respekt“ der Katholischen Erwachsenen-bildung e.V.
Begegnung mit Respekt – Förderung Interkultureller und Gender-Kompetenz beiAuszubildenden und AusbilderInnen
Laufzeit:01.10.2009 – 20.09.2012
Nutzen für die Betriebe:n MitarbeiterInnen und/oder Auszubildende werden gezielt weitergebildetn das Betriebsklima wird durch die Schaffung einer konstruktiven Konfliktkultur
verbessertn Interkulturelle Begegnungen am Arbeitsplatz werden erleichtertn die Unternehmen sind auf dem globalisierten Arbeits- und Handelsmarkt besser
aufgestelltn Zuschnitt der Weiterbildung auf die spezifischen Bedürnisse des jeweiligen Be-
triebes
Zentrale Inhalte:n Ebene der Selbstrefelxionc Auseinandersetzung mit eigenen Ängsten, Vorbehalten, Vorurteilen, Erwartun-
gen und Bedürfnissenn Ebene der Kenntnissec Klärung des Kulturbegriffsc Vermittlung zentraler Grundannahmen verschiedener Kulturenn Ebene der Erfahrungc Begegnung und Austausch mit MigrantInnen, die in derselben Stadt leben wie
die TeilnehmerInnen
Moderationn Iglika Kindermann
InputgeberIn n Konstantin Müller; Netzwerk Interkulturelle Bildung/Interkulturelle Öffnung in Sachsen-
Anhalt, Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhaltn Mathias Kühne; Projekt „Begegnung mit Respekt“ der Katholischen Erwachsenenbildung
e.V.
34
Ergebnisse der Diskussion und Handlungsempfehlungenn Was bedeutet der Begriff „Interkulturelle Kompetenz“ für den Einzelnen?n Dieser Begriff wird teilweise als negativ besetzt erlebtc für die interkulturelle Öffnung ist ein neuer Begriff zu wählen, da Zugänge er-
schwert werdenn Interkulturelle Kompetenz als langwieriger Prozess, der die ständige Auseinander-
setzung mit sich selbst und dem Anderen erfordert.n Die Öffnung anderen gegenüber ist individuell haltungsabhängig und bedarf einer
inneren Motivationn Schule oder Institutionen und Verwaltungen, insbesondere deren Personal, üben in
diesem System eine starke Macht aus und beeinflussen Lebenswege und Denkprozesse von Kindern/Jugendlichen/Eltern etc. entscheidend mit
n Aus diesem Grund ist eine Verankerung von Prozessen der Interkulturellen Kompe-tenz in Fort- und Weiterbildungsangeboten wichtig.
35
Gespräch mit Dr. Jan HofmannStaatssekretär im Kultusministerium
In einer den Fachtag abschließenden offe-nen Gesprächsrunde mit dem Staatssekre-tär im Kultusministerium stellten dieModeratorInnen aus dem zweiten Arbeits-gruppenblock ihre Diskussionsergebnissekurz vor, die in Form von Handlungsemp-fehlungen zusammengestellt wurden.Dr. Jan Hofmann dankte den ModeratorIn-nen für die Empfehlungen, die angespro-chen wurden. Konferenzen wie der Fachtag
„Flexible Bildungssysteme als Chance – Jugendliche MigrantInnen im ÜbergangSchule-Beruf in Sachsen-Anhalt“ seien gut, da man hier gemeinsam über Pro-blemlösungen reden kann.
Im Gespräch mit Herrn Dr. Diaby stellte der Staatssekretär im Kultusministeriumdar, dass es darauf ankommt, beste Förderbedingungen für die Bildung jugendli-cher MigrantInnen und deren Vorbereitung auf Abschlüsse anzubieten.
Der neue Erlass „Regelung zur Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit Mi-grationshintergrund an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen“, mitdem die Sprachförderung und die Anerkennung von Muttersprachen als Fremd-sprachen bei jungen Zugewanderten geregelt wird, stelle – so Hofmann – nureine Etappe dar, nach etwa zwei bis drei Jahren solle er bilanziert und bei Bedarfüberarbeitet werden.
Der Staatssekretär erläuterte bezüglich der Implementierung interkulturellerKompetenzen, dass das Kultusministerium bereits mit dem LISA über neue sys-tematischere Qualifikationen des Personals berate. Dies sei auch hinsichtlich derVermittlung von Kompetenzen notwendig, die das Interesse am „Anderen“ för-dern.
Hofmann sprach auch die Mitwirkung von Schulen in außerschulischen Netzwer-ken an. Es komme darauf an, systematische Kommunikationsanlässe sowie -netzwerke für die Kooperation von Schule mit Wirtschaft und Schule mit Migrati-onsfachdiensten zu schaffen. Direkten Kontakten bei der Öffnung der Schulen für außerschulische Angebotemaß der Staatssekretär große Bedeutung zu, denn nur so könne ein Austauschermöglicht und auch befördert werden.
Dr. Jan Hofmann sieht den Weg zur Internationalisierung und gezielten Zuwan-derung in das Bundesland Sachsen-Anhalt als einen notwendigen Schritt der eu-ropäischen Entwicklung an. Darauf müsse sich Schule vorbereiten und das soschnell wie möglich.Er sicherte die aktive Unterstützung durch die Landesregierung in diesem Pro-zess zu.
36
Dr. Jan Hofmann (l.)Dr. Karamba Diaby (r.)
Mamad MohamadLAMSA
Schlusswort
Mamad Mohamad bedankt sich bei den Veran-staltungspartnern und OrganisatorInnen für diegute und gelungene Veranstaltung. Das Landesnetzwerk der Migrantenorganisationsteht als Partner bei der Gestaltung eines er-folgreichen Übergangs Schule-Beruf zur Verfü-gung.Außerdem bedankt sich Mamad Mohamad beiden TeilnehmerInnen für ihr Interesse an die-sem Thema sowie ihre aktive Mitarbeit in denverschiedenen Arbeitsgruppen.
Moderation
Dr. Karamba Diaby führte mit seiner Mode-ration durch diese Veranstaltung.
Dr. Karamba DiabyMinisterium für Arbeit und Soziales
37
Impressum:
Text: Anke Ernst (mit Unterstützung der Refe-rentInnen und ModeratorInnen)Gestaltung und Fotos: Anke Ernst
38
Referat zum Fachtag am 5. Juli 2012
in Magdeburg
Bildungserwerb von MigrantInnen
Referent:
Frank Tillmann
Deutsches Jugendinstitut
Halle (Saale)
2
Gliederung
1. Junge Migranten in Deutschland
2. Bildungsprozesse im frühen Kindesalter
3. Schulerfolg und Bildungsbeteiligung von
Migrantenkindern und -jugendlichen
4. Fazit
Studie zur Ausgrenzung junger Erwachsener
3
Datengrundlage
Amtliche Statistik
Integrierter Survey des DJI - AID:A
Schulleistungsstudien:
TIMSS, PISA, IGLU
4
1. Junge Migranten in Deutschland
Im Jahr 2010 hatten in Deutschland über 15 Mio.
Menschen (ca. 19 Prozent) einen Migrations-
hintergrund
Unter Kindern und Jugendlichen bis 15 Jahren
liegt der Anteil sogar bei 32 Prozent
Bei den unter 6jährigen sind es 35 Prozent
Im Vergleich der OECD-Länder besteht in
Deutschland eine besondere Heterogenität der
Herkunftsländer
Studie zur Ausgrenzung junger Erwachsener
5
Die Zehn häufigsten Staatsangehörigkeiten der in Deutschland
lebenden Ausländer – im Vergleich dazu in Sachsen-Anhalt
0,9
1,0
1,2
1,2
1,5
2,0
2,1
2,4
3,6
11,6
Ukraine
Bosnien-Herzegovina
Österrreich
RussischeFöderation
Kroatien
Griechenland
eh. Serbien-Montenegro
Polen
Italien
Türkei
2,2
3,0
3,4
3,6
4,6
4,8
5,8
7,0
8,3
9,9
Kasachstan
Ungarn
eh. Serbien-Montenegro
Irak
China
Türkei
Polen
Ukraine
RussischeFöderation
Vietnam
bundesweit in Sachsen-Anhalt
Quellen: Statistisches Bundesamt/ Statistisches Landesamt 2009
6
Kriterien des Indikators Migrationshintergrund (MH)
Relevante Merkmale:
Nichtdeutsche Staatsangehörigkeit
Nicht in Deutschland geboren
Beide Eltern nicht in Deutschland geboren
Ein Elternteil nicht in Deutschland geboren
Eine andere als die deutsche Sprache wird im
Haushalt gesprochen
Nach 1949 zugewandert
7
24
13
52
23
Ost West
mit MH ohne MH
Betreuungsquote in der Kindertagespflege
unter 3jährige 3- bis unter 6jährige
76
86
99 96
Ost West
Quelle: DJI AID:A-Survey
2. Bildungsprozesse im frühen Kindesalter
8
Sprachförderbedürftigkeit der 3- bis unter 7-Jährigen
Quelle: DJI AID:A-Survey
9
Anteil der 2- bis unter 6jährigen, die Angebote
frühkindlicher Musikerziehung nutzen (in %)
Quelle: DJI AID:A-Survey
10
Häufigkeit von Bildungsaktivitäten in Familien von unter 6jährigen
Quelle: DJI AID:A-Survey
11
Übergangsempfehlungen nach der Grundschule
zum Gymnasium und tatsächlicher Übergang
Quelle: TIMSS-Übergangsstudie (Becker/ Gresch 2010)
3. Schulerfolg und Bildungsbeteiligung von
Migrantenkindern und -jugendlichen
12
8 9,3 9,9
15,6 16,6
20,7
24,5
28,7
39,9
12,7
6,9 8,6
6,1 3,3
5,9 3,1 4,1
1,7
Gymnasium Förderschule
SchülerInnenanteil in Schularten nach Nationalität
in Prozent (Schuljahr 2008/2009)*
*Quelle: Berechnung des DJI nach Daten des Statistischen Bundesamtes 2009 zu
GesamtschülerInnenzahlen
13
Deutsche und ausländische SchülerInnen im
Sekundarbereich I in den östlichen Bundesländern
Quelle: DJI nach Daten des Statistischen Bundesamt 2010
14
Erwerb allgemeinbildender Schulabschlüsse
Quelle: DJI nach Daten des Statistischen Bundesamtes 2010
15
Bildungseinstellung – Zustimmung zur Aussage
„Das Wichtigste in der Schule sind für mich die
Noten und Zeugnisse“ – Anteile in %
Quelle: DJI AID:A-Survey
16
Unterstützung der Eltern für ihre Kinder (13 bis unter 18) beim schulischen Lernen
17
Aktivitäten in Gruppen, Vereinen, Verbänden nach
Migrationshintergrund (MH) in %
Quelle: DJI AID:A-Survey
18
0 1 2 3 4 5 6 7 8
Türkei
eh. Jugoslawien
Südeuropa
Afrika
Aussiedler
Naher Osten
Einheimische
Ferner Osten
Weitere EU25
Integrationsindex – Dimension Bildung
Quelle: Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung 2009
19
Risiken der Bildungsteilhabe von jungen
MigrantInnen
Junge MigrantInnen im Hinblick auf die soziale
Lage ihrer Herkunftsfamilie benachteilig
Sie weisen einen höheren Anteil früher
Schulabgänge auf
Zudem treten Phänomene der Selbstexklusion
auf – z.B. Verinnerlichung negativer Stereotype
Für sie besteht die Gefahr einer Unterschätzung
durch Lehrpersonal, das zu einer geringeren
Kompetenzentwicklung führen kann
Es bestehen eine Vielzahl „neuralgischer“
Punkte im Bildungsverlauf
20
4. Fazit
Junge Migranten sind im Bildungsprozess einem
komplexen Benachteiligungsgefüge ausgesetzt
Sie können jedoch oft auf vielfältige familiäre
Unterstützung zurückgreifen
Im Zeitverlauf ist eine Verbesserung von
Bildungserfolg und Bildungsteilhabe zu erkennen
Dennoch ist eine fehlende bildungsbezogene
Aufwärtsmobilität von seit Längerem in Deutschland
lebenden MigrantInnen festzustellen
Chancenungleichheit geht von der Unfähigkeit des
Bildungssystems aus, Benachteiligungen
abzufedern
21
Chancen können durch eine höhere
frühkindliche Betreuungsquote verbessert
werden
Förderinstrumente werden meist nicht über die
Grenzen der Bildungsetappen hinweg
gewährleistet
Angebote der Sprachförderung für SchülerInnen
mit MH unter OECD-Durchschnitt
In Bildungseinrichtungen fehlt es an
Lehrpersonal mit Migrationshintergrund
Förderangebote sollten sich stärker an
Migranten-Eltern und ihre Kinder gleichzeitig
richten (Rucksackprogramme)
Handlungsansätze
Kontakt: Frank Tillmann
Email: [email protected]
Tel.: 0345-6817813
Deutsches Jugendinstitut e.V.
Franckeplatz 1
Haus 12/13
06110 Halle (Saale)
DJI-Publikationen:
Stürzer u.a. (2012):
Jugend-Migrationsreport
Skrobanek (2009):
Migrationsspezifische Disparitäten
am Übergang Schule-Beruf
Magdeburg, den 05. Juli 2012
Stephan Kroll Bundesinstitut für Berufsbildung Bonn
Chancengleichheit für alle?! Zum Übergang von Jugendlichen mit Migrationshintergrund
von der Schule in den Beruf
Fachtag „Flexible Bildungssysteme als Chance – Jugendliche Migranten/-innen im Übergang Schule – Beruf in Sachsen-Anhalt“
1. Skizzierung der aktuellen Situation am Ausbildungsstellenmarkt
Übersicht 1.1: Die Situation im Spiegel der Presse – gestern und heute
„Bitterer Herbst. 169.000 Jugendliche haben noch keine Lehrstelle.“
(Die Zeit Online, 02.08.2005)
„Mehr Schüler, wenig Stellen. Die Lehrstellenlücke hat ein Ausmaß wie seit anderthalb Jahrzehnten nicht mehr.“ (Badische Zeitung, 12.10.2006)
„Zigtausende ohne Lehrstelle.“ (Focus, 03.01.2007)
„Jugend in der Warteschleife. In Deutschland fehlen viel mehr Lehrstellen als behauptet.“ (Die Zeit, 19.10.2006)
„Und plötzlich fehlen Fachkräfte. Industrie- und Handelskammertag schlägt Alarm: 50.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. (Frankfurter Rundschau, 09.04.2010)
„Sorge vor Mangel an Lehrlingen“ (General-Anzeiger, 19.05.2011)
„Zeitbombe Fachkräftemangel.“ (Deutsche HandwerksZeitung, 10.09.2010)
„Wirtschaft klagt: Wo sind die Lehrlinge?“ (Süddeutsche Zeitung online, 05.08.2010)
Quelle: BIBB-Erhebung zum 30.09., Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen
Übersicht 1.2: Die Entwicklung des Ausbildungsstellenmarktes in den letzten Jahren
65,0 <= 70,0
70,0 <= 75,0
75,0 <= 80,0
80,0 <= 85,0
85,0 <= 90,0
90,0 <= 95,0
> 95,0
2. Zentrale Einflussfaktoren auf den Übergang von der Schule in den Beruf
Quelle: Beicht/Ulrich (2008): Welche Jugendlichen bleiben ohne Berufsausbildung? BIBB-Report 6/08. Bonn
Bildungsvoraussetzungen
• Fehlender Schulabschluss
• Schlechtes Abschlusszeugnis
Status der Eltern
• Schul- und Berufsabschluss der Eltern
• Qualifizierte Berufstätigkeit des Vaters
Migrationshintergrund
Geschlecht
Maßnahmen des Übergangssystems
Wohnregion in Ost- oder Westdeutschland
Einwohnerdichte der Region
Nach Schulende keinen weiteren Bildungswunsch
Drei Monate nach Beendigung der Schule nicht wieder im Bildungssystem
Abbruch der Berufsausbildung
Übersicht 2.1: Einflussfaktoren auf die Einmündung in eine Berufsausbildungsstelle
3. Jugendliche mit Migrationshintergrund
• Bei den in Deutschland lebenden Jugendlichen mit Migrationshintergrund handelt es sich um eine äußerst heterogene Gruppe
• Sowohl in Bezug auf ethnische und geografische Herkunft, aber auch hinsichtlich der Gründe und des Zeitpunkts der Zuwanderung
Zwei bedeutsame Zuwanderungswellen seit den 1950er Jahren:
Zuwanderung der „Gastarbeiter“ Mitte der 1950er Jahre vorwiegend aus ländlichen Regionen südeuropäischer Staaten und der Türkei im Zuge des „deutschen Wirtschaftswunders“
Viele von ihnen kehrten nicht in ihre Heimat zurück, sondern ließen sich in der Bundesrepublik nieder und holten ihre Familien nach
Ähnlich bedeutsam ist die Zuwanderung der (Spät-)Aussiedler/-innen aus osteuropäischen Staaten und der ehemaligen Sowjetunion mit ihrem Höhepunkt Ende der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre
Überdies zogen in den letzten Jahrzehnten ausländische Menschen aus aller Welt aus unterschiedlichen Gründen nach Deutschland
„Wirtschaftswanderung“ – „Familienzuwanderung“ – „Fluchtwanderung“
Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstellensuche geringere Erfolgsaussichten. BIBB-Report 16/11. Bonn
Übersicht 3.1: Menschen mit Migrationshintergrund – eine heterogene Gruppe
Übersicht 3.2: Verteilung der Bewerber nach Migrationshintergrund in der BA/BIBB-Bewerberbefragung
Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstellensuche geringere Erfolgsaussichten. BIBB-Report 16/11. Bonn
4. Einflussfaktor Schulabschluss
„Man sollte nicht immer nach den Schulnoten
beurteilen. Ich war auch nicht der Beste in der Schule,
aber dafür wurde ich schon sehr oft gelobt, dass ich ein
super Arbeiter bin.“ (17-jähriger Auszubildender zum Tiefbauarbeiter/Fachrichtung Straßenbau,
Realschulabschluss mit den Noten Mathematik: 3 und Deutsch: 4)
„Ausbildungsbetriebe sollten nicht nur nach den Noten ihrer
Ausbildungssuchenden aussuchen, sondern auch die Zeit aufbringen, sich mit den
Menschen zu beschäftigen, die hinter einer Bewerbung stehen.“
(20-Jähriger, zur Zeit arbeitslos, Realschulabschluss mit den Noten: Mathematik 5 und Deutsch: 3, ca. 100 Bewerbungen für 15 Berufe versandt)
„Es gibt zu wenig Ausbildungsplätze. Die Auswahl
erfolgt zu stark über die Noten.“ (18-jähriger Berufsschüler mit Hauptschulabschluss mit den Noten: Mathematik: 5 und
Deutsch: 3)
Übersicht 4.1: Einfluss der Noten auf die Bewerberchancen aus Sicht der Jugendlichen
Quelle: BA/BIBB-Bewerberbefragung 2004, BA/BIBB-Bewerberbefragung, 2006
Übersicht 4.2: Schulische Qualifikation der Bewerber/-innen nach Migrationshintergrund (Anteile je Personengruppe in Prozent)
Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstellensuche geringere Erfolgsaussichten. BIBB-Report 16/11. Bonn
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
ohneMigrationshintergrund
mitMigrationshintergrund
osteuropäischeStaaten, GUS-Staaten
südeuropäischeStaaten
Türkei, arabischeStaaten
33%
44% 43% 48%
45%
51%
43% 42%
38% 45%
14% 10% 13% 10% 7%
2% 3% 2% 3% 3%
max. Hauptschulabschluss mittlerer Schulabschluss (Fach-)Hochschulreife keine Angabe
Übersicht 4.3: Letzte Deutschnote der Bewerber/-innen nach Migrationshintergrund (Anteile je Personengruppe in Prozent)
Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstellensuche geringere Erfolgsaussichten. BIBB-Report 16/11. Bonn
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
ohneMigrationshintergrund
mitMigrationshintergrund
osteuropäischeStaaten, GUS-Staaten
südeuropäischeStaaten
Türkei, arabischeStaaten
21%
30% 27% 29%
37%
49%
48% 49%
49%
48%
27%
18% 22% 18%
12%
3% 3% 3% 4% 3%
ausreichend oder schlechter befriedigend sehr gut oder gut keine Angabe
Übersicht 4.4: Letzte Mathematiknote der Bewerber/-innen nach Migrationshintergrund (Anteile je Personengruppe in Prozent)
Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstellensuche geringere Erfolgsaussichten. BIBB-Report 16/11. Bonn
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
ohneMigrationshintergrund
mitMigrationshintergrund
osteuropäischeStaaten, GUS-Staaten
südeuropäischeStaaten
Türkei, arabischeStaaten
34% 39%
30%
47% 41%
37%
35%
38%
32%
36%
26% 23% 31%
17% 20%
3% 3% 2% 5% 4%
ausreichend oder schlechter befriedigend sehr gut oder gut keine Angabe
Übersicht 4.5: Chancenungleichheit im deutschen Schulsystem
Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien haben im deutschen Bildungssystem von Beginn an erhebliche Nachteile : (BAUMERT, STANAT und WATERMANN 2006, BECKER und REIMER 2010, DIEFENBACH 2008, KONSORTIUM BILDUNGSBERICHTERSTATTUNG 2006)
• Bereits zu Beginn der Grundschule zeigen sich klare Unterschiede in den allgemeinen und sprachlichen Kompetenzen erheblicher „Startnachteil“
• Bis zur Einschulung vorwiegend Prägung durch das Elternhaus und familiäre Umfeld Dabei wirkt sich der niedrigere sozioökonomische Status ihrer Familien nachteilig auf die
kognitive Entwicklung aus (GRESCH und BECKER 2010)
• Förderlicher Besuch eines Kindergartens weniger verbreitet (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010)
• Häufig sind dadurch die Voraussetzungen für einen Schulbesuch nicht genügend entwickelt aufgrund der Schuleingangsuntersuchung häufiger zurückgestellt und erst verspätet eingeschult (KONSORTIUM BILDUNGSBERICHTERSTATTUNG 2006)
• Am Ende der Grundschulzeit weisen Schüler mit Migrationshintergrund dann schlechtere Schulnoten auf und schneiden bei Kompetenzmessungen ungünstiger ab
• Eine ausreichende Förderung und damit ein Ausgleich der Entwicklungs- und Sprachnachteile gelingt in deutschen Schulen weniger als anderswo (BOS u.a. 2007, BOS u.a. 2008)
• Wegen ihrer schlechteren Noten und einer geringeren Einschätzung des Entwicklungspotenzials erhalten Jugendliche mit Migrationshintergrund seltener eine Bildungsempfehlung für die Realschule oder das Gymnasium Somit beim Übergang Schule – Beruf erhebliche schulische Qualifikationsunterschiede
5. Berufliche Pläne und Berufsorientierung Fehlende Pläne?
74
75
67
56
21
20
9
10
11
15
9
5
65
71
17
15
22
29
6
4
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
ohne Migrationshintergrund
mit Migrationshintergrund
ohne Migrationshintergrund
mit Migrationshintergrund
ohne Migrationshintergrund
mit Migrationshintergrund
betriebliche Ausbildung (nur) schulische Ausbildung Studium (zunächst) keine Ausbildung
Max. Hauptschulabschluss
Mittlerer Schulabschluss
(Fach-) Hochschulreife
Übersicht 5.1: Berufliche Pläne der Schulabsolventen beim Verlassen der allgemeinbildenden Schule (nach Schulabschluss in %)
Basis: Personen der Geburtsjahrgänge 1982 bis 1988 (BIBB-Übergangsstudie 2006)
Quelle: Beicht, U. & Granato, M. (2009): Übergänge in eine berufliche Ausbildung. Geringere Chancen und schwierige Wege für junge Menschen mit Migrationshintergrund. FES (Hrsg.)
6. Such- und Bewerbungsstrategien Fehlendes Engagement?
Begrenzte Suchstrategien?
Übersicht 6.1: Such- und Bewerbungsprozess
Such- und Bewerbungsaktivitäten bei Betrieben
Ohne Migrations-hintergrund
Mit Migrations-hintergrund
Insgesamt
Bei Betrieben nach Ausbildungsangeboten nachgefragt (Anteil in %)
41,9 40,0 41,4
Schriftliche Bewerbungen verschickt (Anteil in %) 83,0 75,4 81,0
Für mehrere Berufe beworben (Anteil in %) 57,0 52,6 55,9
Wenn zutreffend: durchschnittliche Anzahl der Berufe 5,8 8,1 6,4
Auch überregional beworben (mehr als 100 km vom Wohnort entfernt) (Anteil in %)
16,3 14,5 15,9
An Vorstellungsgesprächen teilgenommen (Anteil in %)
60,7 49,6 57,8
Praktika absolviert (Anteil in %) 54,2 53,7 54,1
Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstellensuche geringere Erfolgsaussichten. BIBB-Report 16/11. Bonn
Übersicht 6.1 (Fortsetzung): Such- und Bewerbungsprozess
Andere Suchaktivitäten Ohne Migrations-
hintergrund Mit Migrations-
hintergrund Insgesamt
Internet-Jobbörse der Arbeitsagentur genutzt (Anteil in %)
68,6 68,4 68,6
Andere Internet-Jobbörsen genutzt (Anteil in %) 37,8 43,0 39,2
Bei Kammern und Verbänden u.ä. erkundigt (Anteil in %) 19,9 18,6 19,6
Unterstützung
Alle wichtigen Fragen mit den Eltern besprochen (Anteil in %) 52,1 29,2 46,0
Verwandte, Bekannte, Freunde um Hilfe gebeten (Anteil in %) 45,2 45,3 45,2
Versucht, Beziehungen zu nutzen (Anteil in %) 28,9 25,0 27,8
Unterstützung durch einen Berufseinstiegsbegleiter, Lotsen (Anteil in %)
7,5 8,1 7,6
Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstellensuche geringere Erfolgsaussichten. BIBB-Report 16/11. Bonn
Übersicht 6.2: Kulturelles und soziales Kapital
Ohne Migrationshintergrund
Mit Migrationshintergrund
Beide Elternteile verfügen über einen Schul- und Berufsabschluss
63% 34%
Vater geht qualifizierter Erwerbstätigkeit nach
64% 38%
Eltern haben sehr darauf geachtet, dass sich der Jugendliche in der Schule anstrengt
57% 55%
Jugendlicher war während der Schulzeit im Sport-, Gesangs-, Musikverein o.ä. aktiv
71% 62%
Jugendlicher war während der Schulzeit bei der Feuerwehr, dem THW o.ä. aktiv
21% 6%
Quelle: BIBB-Übergangsstudie 2006
Nichtstudienberechtigte Schulabsolventen, die bei Schulende einen betrieblichen Ausbildungsplatz suchten
Such- und Bewerbungsstrategien Fehlendes Engagement? Begrenzte Suchstrategien?
Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund sind bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz gleichermaßen engagiert und verwenden ähnliche Suchstrategien
Berufliche Pläne und Berufsorientierung Fehlende Pläne?
Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund haben am Ende der Schulzeit ähnliche Bildungspläne
Kulturelles und soziales Kapital Fehlende Unterstützung durch die Eltern? Fehlende Netzwerkressourcen?
Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund verfügen deutlich seltener beide Elternteile über einen Schul- und Berufsabschluss und die Jugendlichen sind auch seltener in erfolgsförderliche Netzwerke eingebunden
Übersicht 6.3: Zusammenfassung
7. Wahrscheinlichkeiten des Übergangserfolgs
Übersicht 7.1: Rechnerische Wahrscheinlichkeit der Einmündung in betriebliche Ausbildung bei bestimmten Merkmalsausprägungen (in %)
Quelle: Beicht, U. (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstellensuche geringere Erfolgsaussichten. BIBB-Report 16/11. Bonn
Fiktiver Ausgangsfall: Bewerber ohne Migrationshintergrund, männlich, unter 21 Jahre alt, mit Hauptschulabschluss, befriedigender Deutsch- und Mathematiknote auf dem letzten Schulzeugnis, keine Einstiegsqualifizierung und kein Berufsvorbereitungsjahr o.ä. absolviert, sich nicht schriftlich für mehrere Berufe, nicht überregional und nicht bereits für ein früheres Ausbildungsjahr beworben, mit den Eltern alle wichtigen Fragen der Berufswahl und Ausbildungsstellensuche besprochen, keine Unterstützung durch einen Berufseinstiegsbegleiter/Lotsen erhalten, lebt in einer Region mit mittlerer Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt.
Erläuterung: Zunächst wurde für den fiktiven Ausgangsfall die Wahrscheinlichkeit der Einmündung in eine betriebliche Ausbildung berechnet. Diese Wahrscheinlichkeit liegt bei 36 %. Dann wurde ermittelt, wie hoch nach diesem Modell die Wahrscheinlichkeit ausfällt, wenn einzelne Merkmale vom Ausgangsfall abweichen. Beispiel: Wenn statt dem Hauptschulabschluss ein mittlerer Schulabschluss vorhanden ist, beträgt die Einmündungswahrscheinlichkeit bei ansonsten gleichen Bedingungen wie im Ausgangsfall 56 %.
Übersicht 7.2: Zusammenfassung der Ergebnisse
• Junge Menschen mit Migrationshintergrund münden erheblich seltener in eine berufliche Ausbildung ein als junge Menschen ohne Migrationshintergrund
• Der Übergangsprozess junger Menschen mit Migrationshintergrund dauert länger: Selbst nach Besuch und Abschluss der gleichen Maßnahmen im Übergangssystem und bei gleicher schulischer Vorbildung haben sie geringere Einmündungschancen in eine berufliche Ausbildung
• Selbst bei gleichen schulischen Voraussetzungen münden junge Menschen mit Migrationshintergrund erheblich seltener als die einheimische Vergleichsgruppe in eine berufliche Ausbildung ein; selbst bei einem sich entspannenden Ausbildungsmarkt. Dies gilt übrigens auch, wenn man statt der formalen Bildungsabschlüsse die schulische Leistungsfähigkeit heranzieht.
• Selbst bei gleichen Bildungsplänen und vergleichbaren Suchstrategien bleibt ein eigenständiger Effekt des Migrationshintergrunds bestehen
• Selbst bei Berücksichtigung der Vorbildung der Eltern und des beruflichen Status des Vaters besteht ein eigenständiger Einfluss des Migrationshintergrunds
• D.h. selbst bei Berücksichtigung (statistischer Kontrolle) all dieser Einflussfaktoren, lassen sich die geringeren Einmündungschancen junger Menschen mit Migrationshintergrund in eine berufliche Ausbildung nicht abschließend erklären Folge: Erhöhter Selektionsdruck und geringere Einmündungschancen für junge Menschen
mit Migrationshintergrund beim Zugang in berufliche Ausbildung
8. Ausblick: Wo sind die Stellschrauben und was richtet die Zeit?
Übersicht 8.1: Entwicklung der Jahrgangsstärken der 16-jährigen und der 60-jährigen
Quellen: Bundesagentur für Arbeit, BIBB - eigene Berechnungen
Entwicklung der Jahrgangsstärken der 16-Jährigen und der 60-Jährigen von 2006 bis 2020 (Angaben in Tsd.). Ergebnisse der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (Quelle: Statistisches Bundesamt 2006).
Zahl der 60-Jährigen
Zahl der 16-Jährigen
Quelle: Statistisches Bundesamt 2006a
Übersicht 8.2: Entwicklung des Nachfragepotentials in West- und Ostdeutschland
Quellen: Bundesagentur für Arbeit, BIBB - eigene Berechnungen Quelle: Berechnungen auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes, der Kultusministerkonferenz, der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesinstituts für Berufsbildung
Übersicht 8.3: Entwicklung der Zahl der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten unbesetzten Berufsausbildungsstellen
Quelle: Bundesagentur für Arbeit (Stand: September 2011), eigene Berechnungen
Unbesetzte Ausbildungsstellen
24.760 23.618
17.123
13.994 12.533 11.786
13.556
15.953 16.664
14.500 15.844
24.398
100%
95%
69%
57%
51% 48%
55%
64% 67%
59%
64%
99%
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
930 917 882 846 845 850
1.835
2.338
2.769 2.644
3.665
5.177
100% 99% 95% 91% 91% 91%
197%
251%
298% 284%
394%
557%
0
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
Westdeutschland
Ostdeutschland
Übersicht 8.4: Mögliche Folgen der demografischen Entwicklung
Die Klagen über unbesetzte Ausbildungsplätze werden sich vermehren
Der Wettbewerb um eine Lehrstelle wird zum Wettbewerb um Auszubildende
Es wird eine Konkurrenz der Bildungsbereiche hinzukommen
Die regionale und berufsstrukturelle Konkurrenz wird zunehmen
Integration der sogenannten „Schwächeren“ wird immer wichtiger
Quelle: FP 2.4202 "Ausbildungschancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ - BIBB - Expertenmonitor 2010 ; Ulrich u.a. 2011
Übersicht 8.5: Reformvorschläge zur Verbesserung des Übergangs von der Schule in eine Berufsausbildung nach Ansicht von Bildungsfachleuten
Schulzeit Übergang Ausbildung (außer-)betrieblich/schulisch
Schulfach „Berufsorientierung“
Potentialanalyse und Übergangsbegleitung
Reduktion der Angebotsvielfalt im Übergangssystem
Mehr Unterstützung der Betriebe bei schwierigen Ausbildungssituationen
Von den Fachleuten gewünschte Reformvorschläge
Von den Fachleuten seltener gewünschte oder kontrovers bewertete Reformvorschläge
Einschränkung betrieblicher Entscheidungsautonomie (z.B. Ausbildungsquote für Migranten, anonymisierte Bewerbungsverfahren)
Gewährung des Zugangs über neue „Regeln“ bzw. neuer, nichtbetrieblicher
oder modularisierter Ausbildungsformen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Für Rückfragen erreichen Sie uns unter:
Stephan Kroll Bundesinstitut für Berufsbildung Tel.: 0228/107-1014 Robert-Schuman-Platz 3 Fax: 0228/107-2955 53175 Bonn [email protected] www.bibb.de
Literaturhinweise:
Beicht, Ursula (2011): Junge Menschen mit Migrationshintergrund: Trotz intensiver Ausbildungsstellensuche geringere Erfolgsaussichten. (BIBB-Report 16/11) Gericke, Naomi; Thomas Krupp; Klaus Troltsch (2009): Unbesetzte Ausbildungsplätze – warum Betriebe erfolglos bleiben. (BIBB-Report 10/09). Kroll, Stephan; Philipp Ulmer; Joachim Gerd Ulrich (2008): Wege zur Sicherstellung des Fachkräftenachwuchses. In: Ulmer, Philipp; Ulrich, Joachim Gerd Ulrich (Hrsg.): Der demografische Wandel und seine Folgen für die Sicherstellung des Fachkräftenachwuchses. Bonn: Bundesinstitut für Berufsbildung. Ulrich, Joachim Gerd (2011): Übergangsverläufe aus Risikogruppen. Aktuelle Ergebnisse aus der BA/BIBB-Bewerberbefragung 2010. In:bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011
Teilnehmerübersicht
Fachtag:
„Flexible Bildungssysteme als Chance – Jugendliche MigrantInnen im Übergang Schule-Beruf in Sachsen-Anhalt“ am 05. Juli 2012, Ministerium für Arbeit und Soziales, Turmschanzenstraße 25, 39114 Magdeburg
Nr. Teilnehmer Institution
1 Ahmad, Najmadin JMD Dessau-Roßlau, Stiftung e.V. Jugendhilfe
2 Antefuhr, Jens LSA Kultusministerium
3 Bartelheimer, Jan AWO LV LSA e.V.
4 Böhme, Jochen BBS St. Johannis GmbH Dessau
5 Börstler, Jacqueline Internationaler Bund Salzlandkreis
6 Braune, Jan Integrationsportal
7 Braune, Sonja MBE – PARITÄT Magdeburg
8 Bürger, Annett JMD Aschersleben, Internationaler Bund
9 Dankemeier, Doris JMD, Diakonisches Werk Im Kirchenkreis Halberstadt e.V.
10 Dick, Kirsten BAMF Halberstadt
11 Dix, Yvonne JMD Bernburg, Stiftung e.V. Jugendhilfe
12 Dr. Danek, Simone IHK Halle Dessau
13 Dr. Diaby, Karamba LSA Ministerium für Arbeit und Soziales Magdeburg
14 Drewlo, Klaus DRK – LV Sachsen-Anhalt
15 Dreyer, Frank JMD, AWO KV Magdeburg e.V.
16 Dudda, Doris Schulsozialarbeit, Internationaler Bund e.V.
17 Eberhard, Sabine SPI Halle, Projekt Berufswahlreife
18 Elstermann, Annett BRAFO – BBZ Elbe GmbH
19 Erdmann, Rainer Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen- Anhalt-Thüringen
20 Ernst, Anke FWA Halle
21 Fähse, Bärbel DAA Magdeburg
Nr. Teilnehmer Institution
22 Förster, Cornelia Sekundarschule „W.Kamarow“, Stendal
23 Freese, Irina JMD Dessau-Roßlau, Stiftung e.V. Jugendhilfe
24 Fritzlar, Elke LSA Kultusministerium
25 Gabler, Mario JMD Zerbst Köthen, Diakonisches Werk e.V.
26 Haberland, Isa JMD Magdeburg, Internationaler Bund
27 Dr. Mussie Habte MdL Bündnis 90/Die Grünen
28 Haude, Birgit St. Johannis GmbH
29 Heigel, Vicotria Sozial- und Wohnungsamt Magdeburg
30 Heine, Kirsten BBS Aschersleben
31 Heller, Uda Perspektive Berufsabschluss – Regionales Übergangsmanagement Sangerhausen
32 Herzig, Iris Soziales und Verbraucherschutz, Landkreis Börde
33 Hoeck, Sandra AA Dessau-Roßlau
34 Hummel, Doreen JMD, AWO KV Wittenberg e.V.
35 Ilsmann, Jana Lernen vor Ort, Dessau-Roßlau
36 Kempf, Cindy BFZ, St. Johannis GmbH
37 Kindermann, Iglika JMD Dessau-Roßlau Stiftung e.V. Jugendhilfe St. Johannis
38 Kreissel, Regina Heinrich-Heine-Sekundarschule Magdeburg
39 Kroll, Stephan Bundesinstitut für Berufsbildung Bonn
40 Kühne, Matthias Begegnung mit Respekt, Kath. Erwachsenenbildung
41 Kühnel, Ines JMD Wernigerode, Internationaler Bund
42 Kunze, Katrin KVHS Börde, Haldensleben
43 Kupfer, Manuela JMD Magdeburg, Internationaler Bund
44 Kutza, Lada Integrationskoordinatorin, Landkreis Börde
45 Lahmann, Stephanie Jobcenter Magdeburg
46 Linzenburg, Jana DRK RV MD – JL e.V.
Nr. Teilnehmer Institution
47 Logsch, Dirk tbz Magdeburg gGmbH
48 Luckau, Sandra Internationaler Bund Aschersleben
49
Makk, Ferenc Diakonie Mitteldeutschland
50 Manave, Piedoso JWFZ Halle-Saalkreis e.V.
51 Michaelis, Dana Landesweite Netzwerkstelle „Lernen durch Engagement“ Freiwilligen-Agentur
52 Michelmann, Dirk KoBa, Jobcenter LK Harz
53 Miedlick, Simone LSA Ministerium für Arbeit und Soziales
54 Möbbeck, Susi LSA Ministerium für Arbeit und Soziales, Integrationsbeauftragte der Landesregierung
55 Mohamed, Mamad LAMSA
56 Niessner, Andrea Landesschulamt, LK Stendal
57 Nikolaev, Irina JMD, AWO KV Wittenberg e.V.
58 Nyerembe, Bright Zuwandererstammtisch Jerichower Land
59 Preyer, Kathrin Djo, Deutsche Jugend in Europa
60 Reibold, Kerstin Jugendamt Magdeburg
61 Roloff, Antje Diakonie Mitteldeutschland
62 Saurbier, Teresa JMD, AWO KV MSH e.V.
63 Schäfer, Cornelia DAA Halle
64 Schaffer, Edith JMD – Dessau-Roßlau, Stiftung e.V. Jugendhilfe St. Johannis
65 Schmidt, Rüdiger HWK Magdeburg
66 Schmidt, Karla JMD Wernigerode, Internationaler Bund
67 Schmidt, Kirsten Agentur für Arbeit Magdeburg
68 Schmöche, Stephanie Agentur für Arbeit Magdeburg
69 Schulze, Claus-Wolfram Jobcenter Salzlandkreis
70 Schuht, Wolfgang LIGA der freien Wohlfahrtsverbände
71 Schütz, Ronald JWFZ Halle
Nr. Teilnehmer Institution
72 Schwenke, Monika Caritasverband für das Bistum MD e.V.
73 Segler, Annett Internationaler Bund Wernigerode
74 Sowada, Torsten lkj Sachsen-Anhalt e.V.
75 Spott, Annett JMD, Diakonieverein e.V. Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen
76 Strecker, Johanna Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V., ESF Jobbrücke-Jobchance
77 Theune, Claudia Projekt LIVE, St. Johannis GmbH
78 Tillmann, Frank Deutsches Jugendinstitut e.V. Halle
79 Tost, Gitta JMD, AWO KV Magdeburg e.V.
80 Töttler, Kurt KGS Humboldt, Schulleiter a.D.
81 Tusch, Andreas BAMF Halberstadt
82 Victor, Christoph Diakonie Mitteldeutschland
83 Volkmann, Constanze DAA Halle
84 Walter, Katrin Jobcenter Halle
85 Weidanz, Janine lkj Sachsen - Anhalt
86 Wilms, Ljuba JMD, AWO KV Mansfeld - Südharz e. V.
87 Wolf, Anne Hilfe für Flüchtlinge und Aussiedler e. V. Halle
88
Wollny, Gudrun JMD Magdeburg, Internationaler Bund