5
Kapitel I. DIE RONTGENUNTERSUCHUNG ALS DIAGNOSTISCHES HILFS- MITTEL BE1 SILIKOSE S. Die Entwicklung der Rontgendiagnostik bei der Silikose . 202 Aussehen des Rontgenbildes bei Silikose in verschiedenen Industrien .......................................... 206 Erklarungsversuche der Variationen im Aussehen des Sili- Kosebildes ......................................... 206 Friilzere Ergebnisse .................................. 208 209 Eigene Beobachtungen ................................ Porzellanarbeiter, Giesser, Gussputzer, 0 f enmaurer, Arbeiter in Silizia~mschmelzwerken, Sandsteinhauer, Sandsteinschleifer, Ar- beiter in Quurzmiihlen, Arbeiter in Qzlarzgrubeiz, Arbeiter in Eisenerqru ben. ............ Beiizerkzingen zu den eigenen Beobachtungen 214 Die streifenformige Verdichtung, Form und Begrcnmng der ein- zelnen Flecke, Die Grosse der Flecke im Vergleich zueinaizder, Die Lokalisation der einzelnen Flecke, Veranderungen in den Hiluslymphdriisen, Die Lokalisation der mussiven Herde, Die em- physernatdsen Gebiete. Zusammenfassung .................................... 220 Bronchographie bei Silikose ............................ 22 I Eigene Untersuchungen, Bemerkungcn zu dcit eigenen Uiitersuch- zlngen, Zusammenfassung. l ; l l , ? - I I ' , I I I ( I rriirrriiwliili ~WI ' Spontanpneumothorax bei Silikose ..................... 228 Geschichtliches, Eigene Beobachtungen, Bemerkugen zu den eige- nen Beobachtungen, Zusammenfassung.

DIE RÖNTGENUNTERSUCHUNG ALS DIAGNOSTISCHES HILFSMITTEL BEI SILIKOSE

  • View
    213

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Kapitel I.

DIE RONTGENUNTERSUCHUNG ALS DIAGNOSTISCHES HILFS-

MITTEL BE1 SILIKOSE

S. Die Entwicklung der Rontgendiagnostik bei der Silikose . 202

Aussehen des Rontgenbildes bei Silikose in verschiedenen Industrien .......................................... 2 0 6

Erklarungsversuche der Variationen im Aussehen des Sili- Kosebildes ......................................... 2 0 6

Friilzere Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

209 Eigene Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Porzellanarbeiter, Giesser, Gussputzer, 0 f enmaurer, Arbeiter in Silizia~mschmelzwerken, Sandsteinhauer, Sandsteinschleifer, Ar- beiter in Quurzmiihlen, Arbeiter in Qzlarzgrubeiz, Arbeiter in Eisenerqru ben.

. . . . . . . . . . . . Beiizerkzingen zu den eigenen Beobachtungen 214 Die streifenformige Verdichtung, Form und Begrcnmng der ein- zelnen Flecke, Die Grosse der Flecke im Vergleich zueinaizder, Die Lokalisation der einzelnen Flecke, Veranderungen in den Hiluslymphdriisen, Die Lokalisation der mussiven Herde, Die em- physernatdsen Gebiete.

Zusammenfassung .................................... 220

Bronchographie bei Silikose ............................ 22 I Eigene Untersuchungen, Bemerkungcn zu dcit eigenen Uiitersuch- zlngen, Zusammenfassung.

l ; l l , ? - I I ' , I I I ( I rriirrriiwliili ~ W I ' Spontanpneumothorax bei Silikose ..................... 228

Geschichtliches, Eigene Beobachtungen, Bemerkugen zu den eige- nen Beobachtungen, Zusammenfassung.

Die Ursache dafur, dass die Silikose fruher in Schweden ver- haltnismassig wenig Beachtung gefunden hat, obgleich die Krank- heit zweifellos in grossem Umiang vorkam, liegt darin, dass das Symptombild derselben ziemlich uncharakteristisch ist und leicht init anderen Krankheitszustanden verwechselt werden kann. Dass sich unsere Kenntnisse uber die Silikose in den letzten Jahr- zehnten in so hohem Grade enveitert haben, ist zum grossen Teil der Rontgenuntersuchung zu verdanken. Erst durch die Rontgenphotographierung - die einzige Methode, welche sichere Vorbedingungen fur eine richtige Diagnose der Silikose schafft - lasst sich Gewissheit dariiber erlangen, ob ein durch akustische Lungenuntersuchung geweckter Verdacht auf die Krankheit be- grundet ist.

Die Entwicklung der Rontgendiagnostik bei der Silikose.

Einc cler ersten Beschreihungen des Rontgenbildes der Silikose wur- de im Jahre I907 von SUMMONS veroffentlicht (nach OHMAN). Als die I<Gntgcnologie der Silikose besser bekannt wurde, mehrten sich die von verschiedencn Autoren an Hand des RGntgenbildes gemachten Vor- schlage zu einer Gradbezeichnung und Stadieneinteilung der Krank- heit. So gingen IRVINE, WATT, JOHNSON u. STEUART 1916, LANZA u. CHILDS 1917 (nach PANCOAST u. PENDERGRASS), MAVROGORDATO 1922 von I~inteilungsprinzipien aus, welche sich auf drei Stadien griindeten, STAUB-OETIKER schlug 1916 vier und JARVIS 1922 sechs Stadien vor. Wahrend der folgenden Jahre wurden zahlreiche weitere Beitrage zur Rontgenologie der Silikose erbracht, u. a. von BOIIME 1922, 1923, PAN-

HARMS 1923, PANCOAST u. PENDERGRASS 1925, EDLING 1926, SAUPE 1926, Mc FARLAND 1927, FLEMMING-.MOLLER 1927, THIELE u. SAUPE 1927, WATI<INS-PITCHM)RD 192.7, DENET-KRAWITZ 1928, HOLST, ~ P L U N O V A u. SANTOTZKIJ 1928, KAESTLE 1928, ICKERT 1928, OHMAN 1928. Irgcnd- ein einheitliches Einteilungsprinzip wurde jedoch nicht befolgt, son- dern die Anzahl der Stadien wechselte. Wenn auch mehrere Autoren gleich viele rontgenologische Stadien verwandten, so bezeichneten sie doch mit ein und demselben Stadium nicht die entsprechenden Ver- andcrungen und Entwicklungsstufen.

U m diesen Ubelstand abzuhelfen, wurde die Frage der rontgeno- logischen Stadieneinteilung der Silikose bei der Internationalen

COAST 1923, PATSCIIKOWSKI 1923, POKORNY-WEIL 1923, HOLTZMANN 11.

203

Silikosekonferenz in Johannesburg rp30 auf die Tagesordnung gesetzt. Unter den von dieser Konferenz angenommenen Ent- schliessungen verdient eine von GARDNER, MIDDLETON u. OREN- STEIN ausgearbeitete besondere Beachtung. Die Autoren teilten die Silikoseerkrankung in drei Stadien ein, das erste, zweite und dritte. Erstes Stadium : ,,The radiograph must show an increased density of linear shadows, and the presence of discrete shadows, indicative of nodulation”. Zweites Stadium : ,,The radiograph shows an in- crease in the number and size of the discrete shadows indicative of nodulation with a tendency to their confluence”. Drittes Stadium : ,,All the above conditions are grossly accentuated and indications of areas of massive fibrosis are usual”.

Trotz dieser klaren Richtlinien ist das Einteilungsprinzip der Johan- nesburger Konferenz nicht in dem Ausmass befolgt worden, wie es er- wiinscht ware, sondern es kommen nach wie vor andere Grundsatzc fur die Klassifizierung der Krankheit vor. Dies ist ohne Zweifel letz- ten Endes auf den Umstand zuruckzufuhren, dass die Erkrankung eine gleichmassige, kontinuierliche Entwicklungskurve von den leich- testen Veranderungen bis zu den schwersten Formen beschreibt. Hier- durch entstehen Schwierigkeiten, die vorgeschlagene Nomenklatur in jedem Einzelfall zum Passen zu bringen. Ubergangsformen zwischen den einzelnen rorrtgenologischen Stadien miissen existieren. Dies macht sich beispielsweise in der Klassifizierung von PANCOAST u. PENDER- GRASS aus dem Jahre 1931 bemerkbar, welche nicht weniger als 12 Ent- wicklungsstufen beriicksichtigt, sowie in dem FLEMMING-MoLLERschen Vorschlag 1934 mit 8 Stadien.

Ein Einteilungsprinzip, welches sich auf die Veranderungen bezieht, die zu finden sein konnen, ehe ein erstes Stadium im Sinne der Johannesburger Konf erenz vorliegt, kann aus dem Grunde berechtigt sein, dass unter pathologisch-anatomischen Gesichts- punkten gewisse, auf Silikose deutende Veranderungen schon nach- weisbar sein miissen, bevor sich Silikoseknotchen entwickelt haben. Die friiheste rontgenologisch narhweishare Manifestation einer Silikose besteht darin, dass die streifenf ormige Zeichnung, welche Bronchen und Gef asse normalerweise geben, deutlicher hervortritt. Gleichzeitig damit, dass derartige Veranderungen in den Lungen wahrgenommen werden, konnen die Hilusschatten vergrossert sein, und evtl. lassen sich Lymphdriisenschatten in diesen erkennen.

Besagte friihe Veranderungen, welche durch eine pathologische Umgestaltung im lymphatischen System und rings um dasselbe be-

203

dingt sind, genugen indesseiz nicht daztt, inz klinischen Sinne f iir eine Silikose beweisend zu sein. Dass pathologisch-anatomischer und klinischer Krankheitsbegrif f einander nicht vollig decken, hangt damit zusammen, dass den f ruhen pathologisch-anatomischen Umformungen keine rontgenologischen Veranderungen ent- sprechen, welche fur die Silikose pathognomonisch sind.

Eilder ahnlichen Aussehens konnen bei ganz gesunden Personen vor- kommen, namentlich im Greisenalter, und bei einer Reihe von Krank- heiten, wie chronische Bronchitis, Asthma bronchiale, Herzinkompen- sation mit Stauungslunge. Es ist daher die Moglichkeit irrtumlicher und geradezu iiberspitzter Diagnosen gegeben, wenn man auch, falls die Anamnese fur Silikose spricht, fur wahrscheinlich halten kann, dass die Veranderungen tatsachlich durch diese Krankheit bedingt sind.

Da eine Silikose im I. St. gleichmassig und kontinuierlich fort- schreitet, wenn sie Gelegenheit zur Weiterentwicklung hat, liegen auch Schwierigkeiten bei der Abgrenzuiig des 2. St. sowohl gegen das I. wie gegen das 3. St. vor. Diese Schwierigkeiten machen sich besonders bei der Einteilung der Fiille in I. und 2. St. geltend, eine geringere Rolle spielen sie bei der Klassifizierung der Falle in1 3. St., da man sich ja hier nach dein Koniluieren der Herde richten kann. REICHMANN, der I930 und 1933 auf die Schwierigkeiten einer Einteilung in I. und 2. St. hingewiesen hat, meinte, diese Einteilung habe wenig praktischen Wert, und setzte sich dafiir ein, die Dreiteilung fallen zu lassen und nur zwei Stadien zu unter- scheiden, namlich fleckformige oder leichte Silikose (I. und 2. St. entsprechend) sowie grobknotige oder schwere Silikose (3. St.).

Wenn die fleckf ormigen Verdichtungen hervorzutreten beginnen, lassen sie sich im allgemeinen zuerst inf raklavikular und im Mittrl- fe ld nachweisen (PATSCHKOWSKI 1923, MAY u. PETRI 1924, KOOPMANN 1924, PANCOAST u. PENDERCRASS 1925, FLEMMING- M ~ L L E R 1927 u. a.). Je nacli Grosse, lntensitat und Verteilung der Flecke erhalt das Rontgenbild ein verschiedenes Aussehen, was in einer Reihe von Fallen Autoren zu Vergleichen wie ,,Farinzucker- lunge”, ,,Sagosuppenlunge”, ”Schneegestoberlunge” und ,,Schrot- kornlunge” verlockt hat. Beim Beginn des Konfluierens der ein- zelnen Flecke wahrend der weiteren Entwicklung der Krankheit f indet auch die Verschmelzung zu Konglomeraten namentlich infraklavikular und im Mittelfeld statt. Kennzeichnend fur die massiven Herde ist die grosse Sckrumpfungstendenz derselben

205

(REICHMANN 1931, BOHME 1934, JONSSON 1935 u. a.). Durch diese Schrumpfung kommen eine Iieihe der f iir die vorgeschrittene Silikose typischcn rontgenologischen Veranderungen zustande. In den noch lufthaltigen Teilen der Lungen entwickelt sich ein Emphy- sem. Eine grosse Anzahl Flecke werden in die Schrumpfungs- herde hineingezogen, wodurch eirie mehr oder minder deutliche Reinigung von Silikoseherden in der ubrigen Lunge erfolgt. Man sieht Strange - sog. Regenstrassen - mit senkrechtem Verlauf vom Schrumpfungszentrum zu zeltformigen Eniporziehungen des Zwerchfells. Die Hilusgebiete werden deformiert und nach dem Lungeninnern hin, in Richtung auf das Schrumpfungszentrum, dis- loziert. Ein Spontanpneumothorax kann infolge von Berstungen der viszeralen Pleura entstehen.

JONSSON niachte 1935 auf die diagnostische Bedeutzing dcr Seitenaufnahme bei Silikose au fmerksam. Ebenso regelmassig wie die Silikoseveranderungen im Frontalbild infraklavikular und in zentralen Partien der Lungenfelder am starksten ausgepragt zu sein pflegen, lagen bei den von JONSSON untersuchten Porzellan- arbeitern die schwersten Veranderungen in hinteren Partien der Lungen, einige Zentimeter hinter den1 Lungenhilus.

Wenn die Silikose d u d & Tuberkulose koinpliziert wird, konncn sich bei Deutung der Rontgenbilder betrachtlichc Schwierigkeiten ergeben. Der Verdacht auf Tuberkulose wird in erster Linie von der asymme- trischen Ausdehnung der Veranderungen, ihrer ausschliesslichen Lo- kalisation in den Spitzengebieten und dem Nachweis von Kavernen- bildung wachgerufen. Vielmals kann es unmoglich sein, lediglich an Hand des Rontgenbildes mit Sicherheit zu entscheiden, ob und in wel- chem Umfang vorhandcne Veranderungen durch Silikose oder Tuber- kulose bedingt sind. Hat man eine solche Rontgenplatte vor sich, so muss man alle Umstande beriicksichtigen, von welchen denkbar ist, dass sie zur Klarung der Diagnose beitragen konnten. Man muss aber daran denken, dass wir in unserem Streben nach einer sicheren Differential- diagnosc zwischen Silikose und Tuberkulose nicht unfehlbar sind. Eine grosse Erfahrung schafft indessen bessere Voraussetzungen und einen festeren Untergrund fur eine richtige Beurteilung.