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Zentrum für Psychosoziale Medizin Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie Die „Praktische Tätigkeit“ in der psychotherapeutischen Ausbildung Mike Mösko, Wiebke Busche, Thomas Kliche, Uwe Koch Institut für Medizinische Psychologie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf in Kooperation mit der Sektion „Politische Psychologie“ des BDP DGVT Kongress in Berlin, 04.03.2006

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Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie

Zentrum für Psychosoziale MedizinInstitut und Poliklinik für Medizinische Psychologie

Die „Praktische Tätigkeit“ in der

psychotherapeutischen Ausbildung

Mike Mösko, Wiebke Busche, Thomas Kliche, Uwe Koch

Institut für Medizinische Psychologie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorfin Kooperation mit der Sektion „Politische Psychologie“ des BDP

DGVT Kongress in Berlin, 04.03.2006

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Überblick

1. Hintergrund

2. Fragestellungen

3. Methode

4. Stichprobe

5. Ergebnisse

6. Zusammenfassung und Ausblick

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HintergrundAkteure im Ausbildungssystem

PiAsN=?

PiAsN=?

AusbildungsinstituteN=160

AusbildungsinstituteN=160

PT-KammernN=11

PT-KammernN=11

LandesprüfungsämterN=17

LandesprüfungsämterN=17

Klinische EinrichtungenN=?

Klinische EinrichtungenN=?

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HintergrundDatenlage

Zahlreiche Berichte und Experteneinschätzungen belegen großeBelastungen der PiA insbesondere während der PraktischenTätigkeit (1.800 Std.) durch:

• die finanzielle Situation• Ausnutzung der weiten gesetzlichen Spielräume durch Institute

und Praktikumseinrichtungen• oftmals mangelnder Ausbildungsqualität• den unklaren Status (oftmals Ersatz einer Vollzeitkraft in

klinischen Einrichtungen)

Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme der Bedingungen in diesem Ausbildungsabschnitt fehlt bislang

Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme der Bedingungen in diesem Ausbildungsabschnitt fehlt bislang

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Fragestellungen

• Wie wird die berufliche Situation durch das Praktikum beeinflusst?

• Wie ist die Strukturqualität (Qualifikation der Kolleg/-innen, Einzel- und Gruppenpsychotherapie, Supervision, Arbeitsumfang)?

• Wie ist die Prozessqualität?

• Wie gestaltet sich die finanzielle Situation?

• Welche Qualitätsstandards, Rechtsinterpretationen und Problemlagen ergeben sich aus Sicht von PTKs und LPAs?

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Methode

• Quantitativer Fragebogen für PiAs; expertengestützt, an 18

PiA vorgetestet (Umfang: 48 Fragen)

• Qualitativer Fragebogen für LPAs und PTKs

• Datenerhebung: vorwiegend via E-Mail nach dem Schneeball-

System

• Zeitraum: 07/2004 – 03/2005

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Stichprobe

• 385 PiA (KJP und PPiA) mit 471 gültigen Fragebogen

• 324 FB des PsJ, 84 FB SaE, 63 FB beides bzw. Teile von

beiden

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5-jährig berufsbegleitend = 52% Länge

VT = 63%TP = 21%PA = 8% 8% beides

Richtung

MW: 2,5 JahrePiA seit

86%Frauen

MW: 33,8 Jahre (SD: 6,3)Alter

Stichprobenzusammensetzung

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Ergebnisse

• Berufliche Situation

• Strukturqualität

• Prozessqualität

• Arbeitsumfang

• Finanzielle Situation

• Landesprüfungsämter und Psychotherapeutenkammern

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Berufliche Situation

57% der Befragten (N=217) hatten vor der Praktischen Tätigkeit einfestes Arbeitsverhältnis (MW: 29h, SD:10h)

Arbeitsverhältnis

33%

16%

33%

7%12%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

beibehalten reduziert gekündigt beurlaubt sonstiges

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Strukturqualität: Supervision

N=471

davon 59% externe, 41% interne Supervision

20%

67%

14%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

gar nicht seltener / unregelmäßig regelmäßig (wtl. bis mtl.)

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Strukturqualität:Qualifikation der Kollegen/-innen

N=471

20% der PiA ohne Ansprechpartner der eigenen Fachrichtung20% der PiA ohne Ansprechpartner der eigenen Fachrichtung

69%

36% 36%44%

52%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

1

PPT eigenerFachrichtungPPT andererFachrichtung

P / Ä andereWeiterbildungÄPT eigeneFachrichtung

ÄPT andereFachrichtung

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Strukturqualität:Einzel- und Gruppenpsychotherapie

N=471

27%

49%

31%

80%

94%

27%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Einzel-PT Gruppen-PT

... selbständigdurchzuführen

... als Co-Therapeut/-inmitzuarbeiten

... zuhospitieren

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Arbeitsumfang Geleistete und anerkannte Stunden

4%41%55%Realzeit-Relation:(inkl. Über-, Vor- und Nachbereitungsstunden)

10%60%31%Überstunden-Relation: (inkl. Überstunden)

21%73%5%OffizielleAnerkennungsrelation

anerkannt>

geleistet

anerkannt=

geleistet

anerkannt<

geleistet(N=417 Stellen)

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20% der PiA leisten mehr als 1.800 h (inkl. Überstunden: 30%)

Arbeitsumfang Geleistete und anerkannte Stunden

Umfang: Ein Quartal Vollzeitbeschäftigung MW: 541 h (SD=420)

konservative Schätzung:keine Berücksichtigung von Vor- und Nachbereitungszeiten, Abzug von 26 Urlaubstagen

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1 2 3 4 5

Einarbeitung ist ausreichend

Einarbeitung durch qualifiziertes Personal

Aufgabenniveau angemessen

Ansprechpartner vorhanden

Fachliche Unterstützung ausreichend

streckenweise Überforderung

Ersatz Voll/-Teilzeitkraft

Diagnosestellung hinzu gelernt

Behandlung ps. Störungen hinzugelernt

inhaltlich viel gelernt

Arbeit wird von Kolleg/-innen anerkannt

Zufriedenheit mit der Einrichtung

Prozessqualität und Gesamtzufriedenheit

gar nicht wenig mittel ziemlich sehr

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Finanzielle Situation

100%9%10%14%10%57%Gesamt

16%3%2%5%2%4%> 40 h

37%4%4%7%3%19%31 bis 40h

29%2%2%1%3%21%21 bis 30h

18%1%1%1%3%12%bis zu 20h

>1500≤1500≤1000≤5000Gesamt

Bruttogehalt (Euro)(N=453)

61 % arbeiten unterhalb des Existenzminimums61 % arbeiten unterhalb des Existenzminimums

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Bundesländer im Vergleich

21%38Ostdeutsche BL

34 - 42% 198sonst. westdt. BL

64% 88Bayern

77%69Ba-Wü

96% 67Stadtstaaten

kein EinkommenEinrichtungen (n)Bundesländer

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• auswertbare Antworten von 8 der 17 LPAs

• Lerninhalte werden nicht festgelegt: die inhaltliche Verantwortung liegt bei den Ausbildungsinstituten

• die einmalige Überprüfung bezieht sich nur auf die Strukturqualität (Weiterbildungsermächtigung)

• eine Anerkennung beruflicher Leistungen schließen 2 LPAs aus, 2 bewerten diese als möglich, 2 weitere ebenfalls bei Wechsel auf eine Assistent/-innenstelle bzw. die Teilung in Arbeits- und Ausbildungszeit

• Urlaubsregelung nach Approbationsordnung (2x), BUrlG (1x), den Einrichtungen überlassen (3x), 1800h Präsenzzeit (2x)

Landesprüfungsämter

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Psychotherapeutenkammern

• PiA sind in Hessen und Niedersachsen stimmberechtigte Mitglieder, Bremen, Rheinland-Pfalz und Hamburg planen die Aufnahme (Nov. 05: ebenso Bayern, BW, Berlin)

• 2 der 11 angeschriebenen PTKs beantworteten den Fragenkatalog

• Schaffung halber BAT-IIa Stellen und Stiftungsgründungen als Maßnahme gegen die soziale Schieflage (1x)

• einige Ausbildungsinstitute wünschen keine Intervention seitens der PTKs, um die Ausbildungskapazität nicht weiter zu verringern (!)

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LPAs und PTKs (FAZIT)

weite Ermessensspielräume führen zu Intransparenz und

regional unterschiedlichen Bedingungen für die PiA

keine funktionstüchtige Infrastruktur zur systematischen

Qualitätssicherung von Strukturen, Konzepten und Prozessen

der psychotherapeutischen Ausbildung erkennbar

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Zusammenfassung und Diskussion

• die Praktische Tätigkeit kann einschneidende Wirkungen auf die berufliche und finanzielle Situation der PiA haben

• ein bedeutender Teil der PiA leisten mehr Stunden als ihnen anerkannt werden

• PiA tragen ein hohes Maß an Verantwortung

• die Ausbildungsqualität ist nicht durchgehend hinreichend

• weite Ermessensspielräume führen zu Intransparenz und ungleicher Behandlung für die PiA

• die breite Varianz ist hinreichend, um wesentliche Merkmale der Praktischen Tätigkeit zu explorieren und spricht für die Aussagekraft der hier vorliegenden ersten Bestandsaufnahme

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Ausblick

Implementierung eines Qualitätssicherungssystems:

• Aufstellung einheitlicher Qualitätskriterien

• Vereinheitlichung der rechtlichen Grundlage bzw. deren Auslegung durch die zuständigen Instanzen

• externe wissenschaftliche Prozessbegleitung / Qualitätssicherung

Angemessene finanzielle Vergütung während der Praktischen Tätigkeit

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VIELEN DANK

FÜR

IHRE AUFMERKSAMKEIT!

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