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Die Möbius-Gruppe Isabell Donner Ausarbeitung zum Vortrag im Seminar zur Differentialgeometrie Seminarleitung: Prof. Dr. Lorenz Schwachhöfer

Die Möbius-Gruppelschwach/SS11/Seminar_II/Moebiu… · Die Möbius-Gruppe Isabell Donner Ausarbeitung zum Vortrag im Seminar zur Differentialgeometrie Seminarleitung: Prof. Dr. Lorenz

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Die Möbius-Gruppe

Isabell Donner Ausarbeitung zum Vortrag im Seminar zur Differentialgeometrie Seminarleitung: Prof. Dr. Lorenz Schwachhöfer

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung S. 3

Die Möbius-Gruppe

1. Herleitung der Definition der Möbius-Transformation S. 3

2. Ausweitung der Definition der Möbius-Transformation S. 7

3. Die Möbius-Gruppe S. 9

4. Eigenschaften der Möbius-Gruppe S. 13

Quellenangaben S. 26

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3

Einleitung

Im Folgenden wird vor dem Hintergrund des Themenbereichs „Matrizengruppen

geometrischer Transformationen“ die sogenannte Möbius-Transformation und die sich daraus

entwickelnde Möbius-Gruppe vorgestellt1, eine Gruppe geometrischer Transformationen, die

unter anderem die besondere Eigenschaft besitzt, Kreise in Kreise zu überführen. In

Abschnitt 1. wird zunächst die Möbius-Transformation als komplexe Funktion definiert.

Abschnitt 2. handelt von der Ausweitung der Definition auf den eindimensionalen projektiven

Raum ℂ 1P sowie auf die Einheitssphäre und dem Zusammenhang zwischen beiden. Auf

dieser Grundlage wird in Abschnitt 3. die Möbius-Gruppe definiert und ihre Isomorphie zur

Gruppe PGL(2,C) bewiesen. In Abschnitt 4. schließlich wird gezeigt, dass jede Möbius-

Transformation der Einheitssphäre Winkel und Kreise erhält.

Die Möbius-Gruppe

1. Herleitung der Definition der Möbius-Transformation

Ziel ist nun zunächst, die Möbius-Transformation auf C zu definieren, um hiervon ausgehend

diese Definition auf ℂ 1P , den eindimensionalen projektiven Raum über C, auszuweiten. Ein

besonderer Blick wird daher auf die Einbettung von C in ℂ 1P gerichtet, die sich im Zuge der

nachfolgenden Definition von ℂ 1P ergeben wird. Dieser wird definiert als spezieller Fall des

n-dimensionalen projektiven Raumes über einem Körper K, das heißt für den Fall 1=n und

K = C.

Definition 1.1: Die komplexe projektive Gerade wird definiert als der eindimensionale

projektive Raum ℂ 1P . Auf diesem wirkt die projektive Gruppe PGL(2,C) in der folgenden

Weise2:

=++=⋅

],[],[ dwczbwazwz

dc

ba ]1,[ dwcz

bwaz++ falls cz + dw ≠ 0

[1,0] falls cz + dw = 0

.

1 Die folgenden Ausführungen stützen sich, sofern nicht anders gekennzeichnet, auf Kühnel 2011, S. 47 ff. 2 Per Notationskonvention wird [z,w] als Zeilenvektor geschrieben, unter der Multiplikation mit einer Matrix allerdings wie ein Spaltenvektor behandelt.

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Mit der Division beider obiger Komponenten durch dwcz+ erkennt man also, dass sich die

Multiplikation einer Matrix aus PGL(2,C) mit einem Element aus ℂ 1P so darstellen lässt,

dass der erste Eintrag die Gestalt dwcz

bwaz

++

trägt, der zweite Eintrag gleich 1 ist. Da man im

allgemeinen Fall über die Darstellung ]1,,...,[ 1 nxx in inhomogenen Koordinaten eine

Beschreibung des n-dimensionale affinen Raumes als Teilmenge des n-dimensionalen

projektiven Raumes3 erhält, kann man die obige Darstellung als Beschreibung von ℂ als

Teilmenge von ℂ 1P auffassen. Damit erhält man insbesondere eine Einbettung ℂ → ℂ 1P ,

]1,[zz֏ und damit die Abbildungdcz

bazz

++

֏ .

Für den Fall 0=+ dwcz , für den der Ausdruck dwcz

bwaz

++

nicht definiert ist, erhält man den

Punkt ]0,1[ als Komplement zu C in ℂ 1P . Im allgemeinen Fall des n-dimensionalen

projektiven Raumes liefert die Darstellung ]0,...,,[ 10 xx eine Beschreibung der

Fernhyperebene4. Im momentanen, eindimensionalen Fall erhält man mit ]0,1[ also den

Fernpunkt von ℂ 1P .

Auf Grundlage obiger Einbettung von C in ℂ 1P wird nun die Möbius-Transformation als

Funktion auf ℂ definiert, ausgenommen des Wertes, für welchen der Nenner den Wert 0

annimmt:

Definition 1.2: Eine Abbildung :f ℂ\{ }cd− → ℂ der Gestalt5

dcz

bazz

dc

bazf

++=⋅

=)(

mit a, b, c, d ∈ℂ und 0≠− bcad heißt Möbius-Transformation .

Das Kriterium 0≠− bcad , das heißt das Kriterium der von 0 verschiedenen Determinante

3 vgl. Kühnel 2011, S. 45. 4 ebd. 5 Bei der Multiplikation mit z wird die projektive Schreibweise [z,1] implizit mitgedacht.

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der Matrix

dc

ba, ist von Notwendigkeit, da sonst die Wohldefiniertheit von Definition 1.1

verletzt wäre: Weil eine Matrix mit Determinante 0 keinen vollen Rang hat und ihr Kern,

aufgrund der nicht vorherrschenden Injektivität der Abbildung, mehr Elemente als das

Nullelement enthielte, existierte ein Element ]~,~[ wz , wobei wz ~,~ nicht beide gleich 0 sind mit

]0,0[]~~,~~[]~,~[ =++=⋅

wdzcwbzawz

dc

ba. Ein solches Element ist für den projektiven Raum

jedoch nicht definiert.

Es werden nun einige bedeutsame Folgerungen aus Definition 1.2 abgeleitet:

1.3 Folgerungen:

(i) Der Fall 0,1 ==== cbda liefert wegen zz

zzf =⋅=⋅

=

1

1

10

01)( die Identität.

(ii) Aufgrund des Kriteriums 0≠− bcad folgt, dass die Matrix

dc

ba in der Gruppe

GL(2,C) enthalten ist. Durch eine jede Matrix dieser Gruppe erhält man also eine Möbius-

Transformation.

(iii) Multipliziert man einen jeden Matrixeintrag und damit auch Zähler und Nenner des

Ausdrucks dwcz

bwaz

++

mit einer komplexen Konstante ∈0z ℂ, 00 ≠z , so erhält man aufgrund

zdzcz

bzaz

dzzcz

bzzaz

dcz

bazz

dc

ba⋅

=

++

=++=⋅

00

00

00

00

dieselbe Möbius-Transformation.

Über

=−

dc

babcad det m:= ⇔=−⇔ 1

m

bc

m

ad

m

d

m

a1=−

m

c

m

b lässt sich eine

jede Matrix so umfaktorisieren, dass sich ihre Wirkung auf die Wirkung einer Matrix mit

Determinante 1 zurückführen lässt, wobei der Faktorm bis auf Vorzeichen eindeutig

bestimmt ist. Aufgrund ∈m C (und )0≠m , existiert ein solcher Faktor für jede Determinante

m, da sich im Falle komplexer Zahlen klarerweise auch aus negativem m die Wurzel ziehen

lässt. Damit lassen sich die in Möbius-Transformationen wirksamen Matrizen zur Gruppe

SL(2,C) klassifizieren.

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(iv) Da hier die Wirkung einer Matrix A mit der Wirkung einer Matrix B genau dann

übereinstimmt, wenn das Verhältnis BA λ= für ∈λ C \ }0{ gilt, lässt sich schlussfolgern, dass

die Möbius-Transformationen durch eben die Matrizen der Gruppe PGL(2,C) induziert

werden.

(iii) besagte nun, dass sich die Wirkung einer jeden Matrix der Gruppe GL(2,C) auf die

Wirkung einer Matrix aus SL(2,C) zurückführen lässt. Diese klassifiziert sich auf analoge

Weise zur Gruppe PSL(2,C) und für ∈BA, SL(2,C) gilt:

11)det()det()det()det()det(~ 21)det()det(

±=⇔=⇔=⇔=⇒=⇔==

λλλλλBA

BEABABABA

Das heißt, für die Äquivalenzklassen in PSL(2,C) gilt: BABA ±=⇔~ . In PSL(2,C) sind

also Repräsentanten der Gruppe PGL(2,C) enthalten, die bis auf Vorzeichen eindeutig sind

und es gilt PGL(2,C) = PSL(2,C).

(v) Die Gruppeneigenschaften von PGL(2,C) übertragen sich insofern auf die Möbius-

Transformationen, als sie in entsprechende Eigenschaften von Funktionen übersetzt werden:

• Verknüpfungstreue: Multipliziert man die Matrix in Definition 1.1 mit einer weiteren

Matrix aus PGL(2,C), so erhält man aufgrund der Verknüpfungstreue von PGL(2,C) wieder

eine Matrix dieser Gruppe, die ein Element aus ℂ1P über Multiplikation in die Gestalt einer

Möbius-Transformation überführt. Für ∈

δγβα

PGL(2,C) und 1=w gilt:

]1,[zdc

ba⋅

δγβα

= ]1,[zdcdc

baba⋅

++++

δβγαδβγα

= )]()(),()[( δβγαδβγα dczdcbazba ++++++

= )()(

)()(

δβγαδβγα

dczdc

bazba

++++++

.

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Aufgrund

]1,[zdc

ba⋅

δγβα

= ],[ dzzdc

ba++⋅

γβα

lässt sich diese Matrizenmultiplikation als Hintereinanderausführung zweier Möbius-

Transformationen verstehen, wobei man als Ergebnis wieder eine Möbius-Transformation

erhält.

• Assoziativität: Die Assoziativität, die für die Gruppe PGL(2,C) erfüllt ist, überträgt sich

ganz offensichtlich auf die Möbius-Transformationen, so dass man für ∈CBA ,, PGL(2,C)

und zugehörige Möbius-Transformationen CBA fff ,, folgendes erhält:

)))((()()())()(( zfffzCBAzCBAzfff CBACBA ���� =⋅⋅⋅=⋅⋅⋅= .

• Neutralelement: Für eine beliebige Möbius-TransformationAf mit zugehöriger Matrix A ist

Ef mit

⋅=

10

01λE , ∈λ C, das neutrales Element zu Af :

)())(())(()(),(

zfzffzff A

ivi

EAEA ==� )())(())(()(),(

zfzffzff A

ivi

AEAE ==� .

• Inverselement: Für eine beliebige Möbius-TransformationAf mit zugehöriger Matrix A ist

1−Af das inverse Element zu Af , wobei 1−A die inverse Matrix zu A ist:

)())(( 11 zfzEzAAzff EAA =⋅=⋅⋅= −

−� analog: EAAfff =− �1

2. Ausweitung der Definition der Möbius-Transformation

2.1 Ausweitung der Definition auf die komplexe projektive Gerade

Es wird nun dazu übergegangen, die Definition der Möbius-Transformation auf die komplexe

projektive Gerade ℂ 1P auszuweiten. Dazu wird der folgende Schritt getan: Man fügt den

komplexen Zahlen ℂ den Fernpunkt ]0,1[ hinzu, den man auch als den Punkt ∞ auffasst, und

gelangt damit zur folgenden Definition:

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Definition 2.1.1: Fügt man ℂ den Fernpunkt ∞ hinzu, der mit dem Punkt ]0,1[ identifiziert

wird, so erhält man

ℂ1P == C C∪ {∞}, genannt: Riemannsche Zahlensphäre.

Durch die Hinzunahme des Punktes ∞ zu ℂ lassen sich insbesondere Definitions- und

Wertebereich derjenigen komplexen Funktionen erweitern, die Definitionslücken besitzen.

Die Möbius-Transformation lässt sich dadurch wie folgt erweitern:

• Für den Fall 0=+ dcz setzt man, wie schon in Definition 1.1 angedeutet, als Funktionswert

den Fernpunkt ∞, das heißt: =)(zf ∞ für 0=+ dcz .

• Da der Fernpunkt auch dem Definitionsbereich von komplexen Funktionen hinzugefügt

wird, erhält man im Falle der Möbius-Transformation den Funktionswert (f ∞)c

a= . Spricht

man im sonstigen Fall von c

a

c

a

dcz

baz

zd

zb

→++

=++

für →z ∞ von einer Konvergenz gegen den

Wert c

a, so spricht man im momentanen Fall, anstatt von Konvergenz, von Gleichheit, da der

Wert ∞ dem Definitionsbereich angehört.

2.2 Ausweitung der Definition auf die Einheitssphäre

Das nächste Ziel besteht nun darin, eine Definition der Möbius-Transformation für die

Einheitssphäre 2S zu schaffen. Um eine Beziehung von den bisherigen Definitionsbereichen,

also ℂ und ℂ 1P , zu 2S herzustellen, arbeitet man mit der stereographischen Projektion, die

als Abbildung zwischen R² bzw. ℂ und 2S wie folgt definiert ist:

Definition 2.2.1:

Man betrachte die Standard-Einheitssphäre ∈= ),,{( 3212 xxxS RÚ }1| 2

32

22

1 =++ xxx . Die

stereographische Projektion ordnet jedem dem Nordpol ( )1,0,0=N verschiedenen Punkt P

der Sphäre den eindeutigen Schnittpunkt der Verbindungsgeraden von P und N mit der Ebene

}0|),,{( 3321 =yyyy zu und ist gegeben über 2: Sσ \ )}1,0,0{( → R² mit

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−−=

3

2

3

1321 1

,1

),,(x

x

x

xxxxσ .

Die zentrale Idee der stereographischen Projektion ist also, jedem Punkt P der Einheitssphäre

(deren Äquator in der Ebene }0|),,{( 3321 =yyyy liegt) den eindeutigen Schnittpunkt der

Verbindungsgeraden zwischen P und dem Nordpol mit der Ebene }0|),,{( 3321 =yyyy

zuzuordnen und dadurch eine Bijektion zwischen R² und 2S zu erlangen. Da in dieser

Definition allerdings der Nordpol ausgenommen wird und man also keine Objekte auf die

komplexe Ebene projizieren kann, die den Nordpol enthalten, weitet man die stereographische

Projektion insofern aus, als man den Nordpol auf den Fernpunkt ]0,1[ bzw. den Punkt ∞

abbildet und damit eine Bijektion zwischen 2S und ℂ 1P erhält:

Feststellung 2.2.2: Indem man über die stereographische Projektion durch ]0,1[))1,0,0((ˆ =σ

den Nordpol auf den Fernpunkt ]0,1[ abbildet, erhält man eine Bijektion 2:ˆ Sσ → ℂ 1P .

Über diese Identifikation zwischen 2S und ℂ 1P erklärt sich die Benennung des letzteren als

„Riemannsche Zahlensphäre“.

Diese Erweiterung eröffnet nun die Möglichkeit, Punkte der Einheitssphäre über σ auf ℂ 1P

zu projizieren, diese nachfolgend unter der Möbius-Transformation abzubilden, um sie dann

wieder mittels 1ˆ −σ auf 2S zu projizieren, wodurch man eine Möbius-Transformation der

Einheitssphäre erhält. Motiviert durch diesen Vorgang wird im nachfolgenden Abschnitt die

Möbius-Gruppe als Menge aller derartiger Transformationen der Einheitssphäre definiert.

3. Die Möbius-Gruppe

Definition 3.1: (a) Eine Abbildung 2: SF →2S , die gegeben ist über

σσ ˆˆ 1�� fF −= ,

wobei es sich bei :f ℂ 1P → ℂ 1P um eine Möbius-Transformation handelt, heißt Möbius-

Transformation der Einheitssphäre.

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(b) Die Menge so gearteter F mit zugeordnetem ∈f PGL(2,C) heißt Möbius-Gruppe (im

Folgenden durch MG abgekürzt). Diejenigen geometrischen Größen, die von der Möbius-

Gruppe bewahrt werden, bezeichnet man als Möbius-Geometrie.

Satz 3.2: Die Möbius-Gruppe erfüllt die Gruppenaxiome

Beweis:

Verknüpfungstreue: Seien MGFF BA ∈, mit σσ ˆˆ 1�� AA fF −= , σσ ˆˆ 1

�� BB fF −= . Dann

gilt:

MGfffffFF BA

v

BABABA ∈=== ⋅−−− σσσσσσσσ ˆˆˆˆˆˆˆˆ

)(3.1111

�����������

Assoziativität: Seien MGFFF CBA ∈,, . BA FF , wie oben, σσ ˆˆ 1�� CC fF −= . Dann gilt:

CBA FFF �� )( = σσσσσσ ˆˆ)ˆˆˆˆ( 111�������� CBA fff −−−

= =−−− )ˆˆˆˆ(ˆˆ 111 σσσσσσ �������� CBA fff )( CBA FFF ��

Neutralelement: Sei σσ ˆˆ 1�� EE fF −= mit zzf E =)( für ∈z ℂ. Dann ist EF aufgrund

AAEAEAEA FfffffFF ==== −−−− σσσσσσσσ ˆˆˆˆˆˆˆˆ 1111�����������

analog: AAE FFF =�

das neutrale Element für alle MGFA ∈ .

Inverselement: Für MGFA ∈ beliebig betrachte σσ ˆˆ 111

�� −−−=

AAfF . Dann gilt:

σσσσσσσσ ˆˆˆˆˆˆˆˆ 1111111 ����������� EAAAAAA fffffFF −−−− === −−−

1−⇒A

F ist das inverse Element zu .AF

Satz 3.3: Die Möbius-Gruppe ist isomorph zu PGL(2,ℂ).

Dieser Zusammenhang ist vor allem in Hinblick auf das Oberthema „Matrizengruppen

geometrischer Transformationen“ von Bedeutung: Die Möbius-Gruppe ist zwar selbst nicht

als Matrizengruppe gegeben, sie ist allerdings insofern diesen Gruppentypen unterzuordnen,

als sie zu einer solchen Gruppe isomorph ist.

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Beweis6:

Zu zeigen: :φ PGL(2,ℂ) → MG , σσ ˆˆ 1��֏ AA fFA −= ist ein Isomorphismus.

Dieser Beweis stützt sich auf den Homomorphiesatz für Gruppen, der wie folgt lautet:

Homomorphiesatz für Gruppen: Seien G und H Gruppen und Gf : → H ein

Epimorphismus.

Dann ist

fGf ker/: → H, )(ker xffx ֏ , Gx∈ ,

ein Isomorphismus.

• Zunächst ist wichtig, dass sich PGL(2,ℂ) als die folgende Faktorgruppe auffassen lässt: Für

∈= λλ |{ EU E ℂ }0, ≠λ gilt: PGL(2,ℂ) = GL(2,ℂ) ,2(|{/ GLAEAU E ∈⋅= λ ℂ)}.

Da diese Menge also die Klasse aller Vielfachen einer Matrix ,2(GLA∈ ℂ) enthält, bedeutet

die Darstellung als Faktorgruppe nichts anderes als die Klassifizierung zu PGL(2,ℂ) als

Quotient von ,2(GL ℂ) nach der Äquivalenzrelation ~ mit BA ~ ⇔ AB λ= , ∈λ ℂ\{0}.

• Man zeigt zunächst, dass es sich bei :~φ GL(2,ℂ) → MG, σσ ˆˆ 1

��֏ AA fFA −= um einen

Epimorphismus handelt. Da dann mit dem Homomorphiesatz folgt, dass

GL(2,ℂ) φ~ker/ isomorph zu MG ist, genügt es zu zeigen, dass ∈= λλφ |{~

ker E ℂ }0, ≠λ .

Zeige zunächst: :~φ GL(2,ℂ) → MG, σσ ˆˆ 1

��֏ AA fFA −= ist ein Epimorphismus

(i) Homomorphie: Seien ∈BA, GL(2,ℂ). Dann gilt:

)(~

)(~

BA φφ � = σσσσ ˆˆˆˆ 1����� BA ff − = σσ ˆˆ ��� BA ff

)(3.1 v

= σσ ˆˆ �� BAf ⋅ = )(~

BA ⋅φ

(ii) Surjektivität: Wie in 1.3 (ii) festgehalten, sind die in einer Möbius-Transformation

wirksamen Matrizen gerade durch die Elemente der Gruppe GL(2,ℂ) gegeben. Also

6 Für den folgenden Beweis stütze ich mich auf Herrmanns 2007, S. 69 ff.

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lässt sich zu jedem AF mit σσ ˆˆ 1�� AA fF −= eine entsprechende Matrix ∈A GL(2,ℂ)

finden, woraus die Surjektivität folgt.

Insgesamt folgt: :~φ GL(2,ℂ) → MG ist ein Epimorphismus.

Zeige nun: ∈= λλφ |{)~

ker( E ℂ }0, ≠λ

""⊆ Sei )~

ker(φ∈A mit

=

dc

baA . Es ist ∈= A{)

~ker(φ GL(2,ℂ) }))((

~| ssA =φ mit 2Ss∈ .

Ferner gilt ssfsA A == − ))(ˆˆ())((~ 1 σσφ �� ⇒ ssf A =− )))(ˆ((ˆ 1 σσ ⇒ )(ˆ))(ˆ( ssf A σσ = .

Untersuche also zzf A =)( mit ∈= )(ˆ: sz σ ℂ1P und .)(

dcz

bazzf A +

+=

Betrachte charakteristische Werte für diese Abbildung:

- Für 0=z gilt: 0000

0 =⇔=⇔=+⋅+⋅

bd

b

dc

ba

- Für =z ∞ ist c

a

dcz

baz =++

⇒ 0=c , was aus den Erklärungen zu Definition 2.1.1 folgt.

- Für 1=z gilt: dad

a

dc

ba cb

=⇔=⇔=+⋅+⋅ ==

111

1 0

⇒A besitzt die Darstellung

⋅=

=

10

01

0

0a

a

aA ∈∈⇒ λλ |{ EA ℂ }0, ≠λ

""⊇ zzE =⋅λ , da die Vielfachen der Einheitsmatrix eben dieselbe Wirkung auf ein Element

aus ℂ haben, wie die Einheitsmatrix.

∈⇒ λλ |{ E ℂ φλ ~ker}0, ⊆≠

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4. Eigenschaften der Möbius-Gruppe

Es werden nun im letzten Abschnitt wichtige Eigenschaften der Möbius-Transformation der

Einheitssphäre, also der Möbius-Gruppe vorgestellt.

Lemma 4.1:

(a) Die Möbius-Transformation der Einheitssphäre2S ist winkeltreu, das heißt, sie bewahrt

die Winkel zwischen zwei Tangentenvektoren.

(b) Die Möbius-Transformation der Einheitssphäre überführt Kreise in Kreise (wobei der

Mittelpunkt im Allgemeinen nicht bewahrt wird).

Beweis:

(a) Um zu zeigen, dass ein Element F der Möbius-Gruppe mit σσ ˆˆ 1�� fF −= winkeltreu ist,

zeigt man, dass σ und 1−σ sowie f winkeltreu sind. Als Hintereinanderausführung

winkeltreuer Funktionen ist dann auch F winkeltreu. Zeige also:

(i) f ist winkeltreu.

(ii) σ und 1−σ sind winkeltreu.

Vorbereitung: Der Nachweis der Winkeltreue stützt sich im Wesentlichen auf den folgenden

Hilfssatz:

Lemma 4.1.1: Sei Vf : → W eine differenzierbare Funktion, V, W Vektorräume. Ist das

Differential von f eine Drehstreckung, so ist f winkeltreu, das heißt, für das Differential in

jedem Punkt Vp∈ gilt:

Adf p λ= für ,V∈λ 0≠λ und )(nOA∈ ⇒ ∢ =))(),(( wdfvdf pp ∢ ),( wv für Vwv ∈, .

Dass es sich bei pdf um eine Drehstreckung handelt, ergibt sich klarerweise aus der

Darstellung als Produkt einer orthogonalen Matrix A mit einem Faktor λ , der als Streckfaktor

zu verstehen ist.

Die Winkeltreue der Funktion f durch das Kriterium

∢ =))(),(( wdfvdf pp ∢ ),( wv für Vwv ∈,

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auszudrücken, gründet darin, dass sich im Falle differenzierbarer Funktionen nur dann

sinnvoller Weise von Winkeln zwischen Funktionswerten sprechen lässt, wenn man die

Winkel zwischen den Bildern von Tangentenvektoren unter dem Differential betrachtet.

Beweis: Um aufzuzeigen, dass der Winkel zwischen )(vdf p und )(wdf p mit dem Winkel

zwischen v und w übereinstimmt, wird gezeigt, dass Folgendes der Fall ist:

wv

wv

wdfvdf

wdfvdf

pp

pp

⋅><=

>< ,

)()(

)(),(

Diese Gleichung ist schnell gezeigt, da im Falle )(nOA∈ aufgrund von

>=<===>=< − xxxxAxAxAxAxAxAxAxAx TTTTT ,)(, 1 das Skalarprodukt unter A

erhalten bleibt und sich die linke Seite der Gleichung somit in wenigen Schritten umformen

lässt:

cos∢ =))(),(( wdfvdf pp AwAv

AwAv

AwAv

AwAv

wdfvdf

wdfvdf

pp

pp

λλλ

λλλλ

⋅><=

⋅><=

>< ,,

)()(

)(),( 2

= wv

wv

AwAv

AwAv

⋅><=

⋅>< ,,

= cos∢ ),( wv

Nun wird zum Hauptteil des Beweises von Lemma 4.1 (a) übergegangen:

ad(i): Zunächst muss gezeigt werden, dass jede Möbius-Transformation f winkeltreu ist. Dazu

führt man sich vor Augen, dass der Ausdruck dcz

baz

++

offensichtlich komplex differenzierbar

ist und es zu zeigen gilt, dass das Differential einer holomorphen Funktion reell betrachtet als

Drehstreckung aufzufassen ist.

Vorbereitung:

Sei :f C → C holomorph. Reell aufgefasst hat man eine Funktion :f R² → R², deren

Differential im Punkt 0z durch :0zdf R² → R², xDx ⋅֏ gegeben ist, wobei es sich bei D

um eine 22× -Jacobi-Matrix handelt. Komplex interpretiert trägt das Differential von f die

Darstellung :0zdf C → C, zzfz ⋅)(' 0֏ . Bei )(' 0zf handelt es sich klarerweise um eine

komplexe Zahl, so dass man das Differential einer holomorphen Funktion in jedem Punkt als

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Multiplikation mit einer komplexen Zahl auffassen kann. Zeigt man nun noch, dass die

Multiplikation mit einer komplexen Zahl reell betrachtet als Drehstreckung aufzufassen ist, so

ist gezeigt, dass insbesondere das Differential einer holomorphen Funktion als Drehstreckung

zu verstehen ist:

Lemma 4.1.2: Die Multiplikation mit einer komplexen Zahl lässt sich reell betrachtet als eine

Drehstreckung auffassen.

Beweis: Seien ∈21, zz C, die sich darstellen lassen als biaz +=1 , yixz +=2 , ∈yxba ,,, R.

Untersuche nun, welche Wirkung die Multiplikation mit 1z auf 2z hat:

iaybxbyaxbybixayiaxyixbiazz )()()()(21 ++−=−++=+⋅+=⋅ .

Man erhält wieder eine komplexe Zahl mit Realteil byax− und Imaginärteil aybx+ , was

reell gesehen dem Vektor ∈

+−

aybx

byaxR² und damit der folgenden Matrix-Vektor-

Multiplikation entspricht:

+−

=

−aybx

byax

y

x

ab

ba.

Nun gilt außerdem, dass sich die komplexe Zahl 1z in Polarkoordinaten darstellen lässt als

)sin(cos1 θθθ irrez i +== , ∈r R, ]2,0[ πθ ∈ .

Mit Blick auf die Darstellung von 1z als biaz +=1 folgt: θcosra = , θsinrb = .

Einsetzen dieser Werte in die obige Matrix ergibt

−=

−=

−θθθθ

θθθθ

cossin

sincos

cossin

sincosr

rr

rr

ab

ba,

womit man offenkundig eine Drehmatrix, multipliziert mit dem reellen Streckfaktor r erhält.

⇒Die Multiplikation mit der komplexen Zahl 1z lässt sich reell betrachtet als Drehstreckung

auffassen.

Insgesamt folgt, dass sich das Differential einer holomorphen Funktion und damit das

Differential jeder Möbius-Transformation in jedem Punkt als Drehstreckung auffassen lässt.

Mit Lemma 4.1.1 folgt die Winkeltreue von f.

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16

ad (ii): Es wird gezeigt, dass σ und 1−σ winkeltreu sind. Der Beweis wird zunächst für

1−σ geführt und anschließend argumentiert, dass auch σ winkeltreu ist.

Anhand von σ lässt sich 1−σ wie folgt herleiten:

−−==

3

2

3

121321 1

,1

),(),,(x

x

x

xyyxxxσ

⇒ 3

11 1 x

xy

−֏ ,

3

22 1 x

xy

−֏ , ∈21, yy }0|),{( 3321 =yyyy .

Bilde 1x und 2x unter der Umkehrabbildung also wie folgt ab:

131 )1( yxx −֏ , 232 )1( yxx −֏ .

Weiter zu bestimmen bleibt dann noch die Komponente 3x im Ausdruck

),)1(,)1((),( 32313211 xyxyxyy −−=−σ .

Der Vereinfachung halber setzt man λ:)1( 3 =− x und erhält:

)1,,(),( 21211 λλλσ −=− yyyy . (1)

Aufgrund der Parametrisierung der Sphäre als ∈= ),,{( 3212 xxxS RÚ }1| 2

32

22

1 =++ xxx muss

für (1) gelten: 1)1()()( 222

21 =−++ λλλ yy , wodurch sich λ wie folgt bestimmen lässt:

1)1()()( 222

21 =−++ λλλ yy ⇔ 121 22

222

12 =+−++ λλλλ yy

⇔ 121)1( 22

21

2 =−+++ λλ yy ⇔ λλ 2)1( 22

21

2 =++ yy

⇔ 1

22

22

1 ++=

yyλ

Einsetzen in (1) ergibt:

),( 211 yy−σ =

++−

++++ 1

21,

1

2,

1

22

22

12

22

1

22

22

1

1

yyyy

y

yy

y

=

++−+

++++ 1

1,

1

2,

1

22

22

1

22

21

22

21

22

22

1

1

yy

yy

yy

y

yy

y

Um nun die Winkeltreue von 1−σ zu zeigen, wird wieder Lemma 4.1.1 verwendet: Man

bestimmt das Differential, d. h. in diesem Fall die Jacobi-Matrix von 1−σ und zeigt, dass es

sich dabei um eine Drehstreckung handelt, woraus sich die Winkeltreue von 1−σ ergibt.

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Die Spalten der Jacobi-Matrix 1−σd erhält man durch partielles Ableiten nach 1y und 2y ,

d.h. durch die Vektoren 1

1

y∂∂ −σ

und 2

1

y∂∂ −σ

, die im Folgenden bestimmt werden:

1

1

y∂∂ −σ

=

++−+−++

++−

++−++

222

21

12

22

12

22

11

222

21

12

222

21

112

22

1

)1(

2)1()1(2,

)1(

22,

)1(

22)1(2

yy

yyyyyy

yy

yy

yy

yyyy

= ( ))1()1(,2,21)1(

2 22

211

22

21121

21

22

2122

22

1

−+−++−−++++

yyyyyyyyyyyyy

= ( )1212

22

1222

21

2,2,1)1(

2yyyyy

yy−+−

++

2

1

y∂∂ −σ

=

++−+−++

++−++

++−

222

21

22

22

12

22

12

222

21

222

22

1

222

21

21

)1(

2)1()1(2,

)1(

22)1(2,

)1(

22

yy

yyyyyy

yy

yyyy

yy

yy

= ( )22

22

121222

21

2,1,2)1(

2yyyyy

yy−+−

++

Um zu beweisen, dass diese Jacobi-Matrix eine Drehstreckung darstellt, wird das folgende

Lemma verwendet:

Lemma 4.1.3:

Sei :ϕ R²→ 2S , ),(),( yxyx ϕ֏ differenzierbar mit Jacobi-Matrix

∂∂

∂∂=

TT

yxd

ϕϕϕ .

Dann ist ϕd eine Drehstreckung, sofern folgende beide Kriterien erfüllt sind:

(i) yx ∂

∂=∂∂ ϕϕ

(ii) 0=∂∂⋅

∂∂

yx

ϕϕ.

Beweis:

Zunächst führt man sich vor Augen, dass man mittels ϕ von R² zur Einheitssphäre und

mittels ϕd von R² in einen Tangentialraum an 2S abbildet, das heißt in den von x∂

∂ϕ und

y∂∂ϕ

aufgespannten Raum. Um nun die Wirkung von ϕd zu untersuchen, betrachtet man

dessen Wirkung auf eine Orthonormalbasis des R², indem man die Konsequenzen für das

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18

Skalarprodukt und den Winkel zwischen zwei Vektoren aus dem von dieser Basis

aufgespannten Raum untersucht.

Sei ),( 21 ee die Standardbasis des R², ∈wv��

, span{ }21,ee mit 21 beaev +=� , 21 decew +=� ,

∈dcba ,,, R. Abgebildet unter ϕd gilt ∈)(),( wdvd�� ϕϕ span{ }yx ϕϕ , mit yx bavd ϕϕϕ +=)(

�,

yx dcwd ϕϕϕ +=)(�

, wobei )( 1edx ϕϕ = , )( 2edy ϕϕ = .

• >< )(),( wdvd�� ϕϕ = >++< yxyx dcba ϕϕϕϕ ,

= ���������������

µµ

ϕϕϕϕϕϕ:0:

,,)(,

===

><+><++>< yyyxxx bdbcadac

= ><=+ wvbdac��

,)( µµ

⇒ ϕd überführt das Skalarprodukt zweier Vektoren ∈wv��

, span{ }21,ee in ein Produkt aus

eben diesem Skalarprodukt und einem konstanten Faktor µ .

Insbesondere folgt: ><>=< vvvdvd����

,)(),( µϕϕ und ><>=< wwwdwd����

,)(),( µϕϕ .

• cos∢ =))(),(( wdvd�� ϕϕ

wv

wv

wdvd

wdvd��

��

��

��

µµµ

ϕϕϕϕ

⋅><=

⋅>< ,

)()(

)(),( =

wv

wv��

��

⋅>< ,

=cos∢ ),( wv��

⇒ ϕd erhält den Winkel zwischen v�

und w�

.

Insgesamt folgt: Da ϕd zum einen das Skalarprodukt zweier Elemente aus span{ }21,ee in das

Produkt dieses Skalarproduktes mit einem konstanten Faktor überführt und zum anderen die

Winkel zwischen solchen Vektoren erhält, überführt ϕd eine Orthonormalbasis in eine

Orthogonalbasis, woraus folgt, dass für diese Basis eine Drehstreckung vorgenommen wird.

Da alle Elemente eines Vektorraumes Erzeugnisse der Basen sind, lässt sich diese Eigenschaft

für alle Elemente aus R² schlussfolgern. □

Zeigt man nun noch, dass 1

1

y∂∂ −σ

und 2

1

y∂∂ −σ

Kriterium (i) und (ii) erfüllen, so hat man das

Beweisziel erreicht und gezeigt, dass es sich bei dem Differential von 1−σ um eine

Drehstreckung handelt und also 1−σ winkeltreu ist.

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19

1

1

y∂∂ −σ

= ( )( )21

22

21

222

2142

22

1

441)1(

4yyyyy

yy+++−

++

= 21

22

21

42

22

21

22

41

2122

22

1

442221)1(

2yyyyyyyyy

yy+++−++−

++

= ( ) 42

21

22

41

2122

22

1

1221)1(

2yyyyy

yy+++++

++

= ( )222

2122

22

1

1)1(

2yy

yy++

++

= 1

22

22

1 ++ yy

2

1

y∂∂ −σ

= ( )( )22

222

21

22

2142

22

1

414)1(

4yyyyy

yy+−++

++

= 22

42

22

21

22

41

21

22

2122

22

1

422214)1(

2yyyyyyyyy

yy++−−+++

++

= ( ) 42

21

22

41

2122

22

1

1221)1(

2yyyyy

yy+++++

++

= ( )222

2122

22

1

1)1(

2yy

yy++

++

= 1

22

22

1 ++ yy

⇒ 21 yy ∂

∂=∂∂ ϕϕ

2

1

1

1

yy

−− ∂⋅∂

∂ σσ= ( ) ( ) ( ) ( )( )21

22

212121

22

2142

22

1

41221)1(

4yyyyyyyyyy

yy+−+⋅−+−⋅+−

++

= ( )213

2123

1213

2123

121422

21

4222222)1(

4yyyyyyyyyyyyyy

yy++−−−+−

++

= ( )2121422

21

44)1(

4yyyy

yy+−

++ = 0

Da 1−σ winkeltreu ist, kann man nun schließen, dass auch σ winkeltreu ist, da dieses

Verhältnis generell für Abbildungen und ihre Umkehrabbildungen gilt, was das folgende

Lemma zeigt:

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20

Lemma 4.1.4: Sei Vf : →W bijektiv und winkeltreu. Dann ist auch die Umkehrabbildung

Wf :1−→V winkeltreu.

Beweis: Da f winkeltreu ist, gilt:

wv

wv

wfvf

wfvf

⋅><=

⋅>< ,

)()(

)(),( (2)

Stelle die rechte Seite dar als:

))(())((

))(()),((,11

11

wffvff

wffvff

wv

wv−−

−−

⋅><=

⋅><

Wiederum aufgrund der Winkeltreue von f lässt sich die linke Seite der Gleichung (2) in

wv

wv

⋅>< ,

umformen, so dass insgesamt

))(())((

))(()),((,11

11

wffvff

wffvff

wv

wv−−

−−

⋅><=

⋅><

gilt, woraus direkt die Winkeltreue von 1−f folgt.

(b) Um zu zeigen, dass die Möbius-Transformation der Einheitssphäre Kreise in Kreise

überführt, werden wieder σ und f separat untersucht und also gezeigt:

(i) σ und 1−σ überführen (verallgemeinerte) Kreise in (verallgemeinerte)

Kreise.

(ii) f überführt Kreise in Kreise.

ad (i): Unter verallgemeinerten Kreisen versteht man Kreise im üblichen, engen Sinne und

Geraden, die als Kreise durch ∞ verstanden werden. Letztere werden im Folgenden eine

Rolle spielen, da sie sich für einige Fälle als Bilder vonσ ergeben werden. Da Geraden unter

1−σ wieder auf Kreise auf der Sphäre abgebildet werden, ist der Begriff des

verallgemeinerten Kreises gerechtfertigt. An späterer Stelle wird noch einmal darauf

eingegangen und verdeutlicht, wie die verallgemeinerten Kreise hier vorzustellen sind.

Um nun einen beliebigen Kreis auf der Einheitssphäre zu parametrisieren, betrachtet man den

Schnitt derselben mit einer Ebene. Diese sei für ∈δγβα ,,, R wie folgt gegeben:

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0321 =+++ δγβα xxx .

Da die Einheitssphäre über 1−σ durch

++−+

++++=−

1

1,

1

2,

1

2),(

22

21

22

21

22

21

22

22

1

121

1

yy

yy

yy

y

yy

yyyσ

parametrisiert ist, bestimmt man den Schnitt zwischen Sphäre und obiger Ebene durch

Einsetzen dieser Punkte in die Ebenengleichung:

01

1

1

2

1

22

22

1

22

21

22

21

22

22

1

1 =+++−+

+++

+++

δγβαyy

yy

yy

y

yy

y (3)

Multiplikation mit 122

21 ++ yy ergibt:

0)1()1(22 22

21

22

2121 =+++−+++ yyyyyy δγβα

⇔ 022 22

21

22

2121 =+++−+++ δδδγγγβα yyyyyy

⇔ 022))(( 212

22

1 =−+++++ γδβαδγ yyyy (4)

• Beim Schnitt von Ebene und Sphäre, bei dem es sich um eine Quadrik handelt, erhält man

entweder einen leeren Schnitt, einen einpunktigen Schnitt oder einen Kreis. Da in der

momentanen Situation nur der letzte Fall von Relevanz ist, ist es ausreichend, nur diesen Fall

zu betrachten und festzuhalten, dass (4) für den Fall 0≠+ δγ einen Kreis beschreibt.

Wiederum anhand der Ebenengleichung 0321 =+++ δγβα xxx sieht man ein, dass dieser

Schnitt eben diejenigen Kreise beschreibt, die nicht durch den Nordpol verlaufen, da der

Nordpol )1,0,0(=N genau dann nicht im Schnittkreis enthalten ist, wenn er nicht in der

Ebene liegt, was für 0≠+ δγ der Fall ist:

0100 =+⋅+⋅+⋅ δγβα

⇔ 0=+ δγ

⇒ Für 0≠+ δγ ist der Nordpol nicht in der Ebene und damit nicht im Schnitt zwischen

Ebene und Sphäre enthalten.

• Sofort ergibt sich, dass für den Fall 0=+ δγ ein Kreis auf der Sphäre durch den Nordpol

verläuft. Folgend sieht man ein, dass die Gleichung (4) für diesen Fall eine Gerade beschreibt:

022))(( 212

22

1 =−+++++ γδβαδγ yyyy

⇔ δβα 222 21 −=+ yy

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22

Anschaulich lässt sich dies wie folgt verdeutlichen: Beim Schnitt der Ebene mit 2S sind,

sofern der Schnitt(kreis) den Nordpol enthält, genau diejenigen Geraden in der Ebene

enthalten, die im Sinne der stereographischen Projektion durch den Nordpol und je jeden

Punkt des Schnittkreises verlaufen. Somit lässt sich der Schnitt der Ebene mit der R²-Ebene

als Bild der stereographischen Projektion verstehen und bei eben diesem Schnitt handelt es

sich um eine Gerade. Insbesondere wird dabei der Nordpol auf den Punkt ∞ abgebildet,

durch den natürlich auch die Gerade verläuft und als Kreis durch ∞ verstanden wird.

Insgesamt ist nun die Kreisverwandtschaft der stereographischen Projektion bewiesen. Da,

wie gezeigt, (3) äquivalent zu (4) ist, schlussfolgert man, dass auch 1−σ als Umkehrabbildung

einer kreistreuen Abbildung kreistreu ist.

ad (ii): Weiter wird nun bewiesen, dass die Möbius-Transformation Kreise in Kreise

überführt. Dazu wird zunächst gezeigt, dass das sich jede Möbius-Transformationen als

Hintereinanderausführung dreier Grundtypen darstellen lässt, und zwar der zentrischen

Streckung um den Faktor ∈2a ℂ, ,02 ≠a der Translation um eine feste Zahl ∈b C und der

Inversion:

(1.) zentrische Streckung:

=

−10

0

a

a

dc

ba mit zaz

a

azSa

210

0:)( =⋅

= −

(2.) Translation:

=

10

1 b

dc

ba mit bzz

bzb +=⋅

=

10

1:)(τ

(3.) Inversion:

−=

01

10

dc

ba mit

zzzI

1

01

10:)( −=⋅

−=

Durch geeignete Hintereinanderausführung dieser Grundtypen lässt sich die Gestalt dcz

baz

++

erreichen:

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23

• Für ∈z C und 0≠c , sowie c

adbcm

+−=: betrachte

)(

)(111

dczc

dczaadbc

c

a

dczc

adbc

dczc

adbc

dczdczczz

ca

mdc SIS

+++−=+

+⋅−

+−⋅+−

+−+

ττ

֏֏֏֏֏

dcz

baz

dczc

aczbc

++=

++=

)(

Über das Produkt

dcz

bazz

c

cd

m

mca

++=⋅

−⋅

−−

21

21

0

010

1

01

10

0

0

10

1

ergibt sich also die gewünschte Gestalt7.

• Für 0=c erfolgt die Darstellung

d

baz

d

bz

d

az

d

az

db

daS

+=+τ

֏֏ ,

wodurch sich

( ) d

bazz

da

da

db +=⋅

−1

0

0

10

1 ergibt.

Zeigt man nun noch, dass alle drei Grundtypen Kreise in Kreise überführen, so folgt diese

Eigenschaft auch für jede Möbius-Transformation. Für die Streckung und die Translation ist

diese Eigenschaft offensichtlich, da im ersten Fall die Streckung eines Kreises lediglich den

Radius verändert und man im zweiten Fall den Kreis um einen festen Wert verschiebt.

Es wird folgend die Kreistreue der Inversion der Einheitssphäre gezeigt, indem bewiesen

wird, dass mittels der Inversion eine Spiegelung durchgeführt wird, die die Eigenschaft der

Kreistreue besitzt.

Um die Wirkung von σσ ˆˆ 1�� f− zu untersuchen, wobei f die Inversion ist, betrachte zunächst

die Struktur von f:

Für ∈= )(ˆ: sz σ C1P , 2Ss∈ untersuche

zzzf

1

01

10)( −=⋅

−= .

Betrachte nun die Darstellung von z als 21 iyyz += mit 21, yy ∈R und setzte dies in f ein:

2121

1)(

iyyiyyf

+−=+ .

7 vgl. https://caj.informatik.uni-jena.de/caj/file/details/id/10234

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Multiplikation mit dem konjugiert Komplexen ergibt

)(1

)())((

11)( 212

22

1

21212121

21 iyyyy

iyyiyyiyyiyy

iyyf −+

−=−−+

−=+

−=+ .

In reeller Darstellung liefert das eine Abbildung der folgenden Art:

),(1

),( 2122

21

21 yyyy

xxf −+

−= ,

was man in die Kreisparametrisierung

++−+

++++==−

1

1,

1

2,

1

2),,(),(

22

21

22

21

22

21

22

22

1

132121

1

yy

yy

yy

y

yy

yxxxyyσ

einsetzt. Somit erhält man für die Inversion der Einheitssphäre )),(( 21

1 xxf−σ in der ersten

Komponente:

1

2

2

22

21

2

2

22

21

1

22

21

21

+

++

+−

+−

yy

y

yy

y

yy

y

=

( ) ( )( )( )22

22

1

222

21

221

22

221

21

22

21

212

yy

yy

yy

y

yy

y

yy

y

+

++

++

+

+−

= ( )

( )222

21

22

21

222

21

22

21

12

yyyy

yy

yy

y

+++

+⋅

+−

= ( )

( )222

21

22

21

22

2112

yyyy

yyy

+++

+−

= ( )2

22

1

222

21

22

21

22

21

12

yy

yy

yy

yy

y

++

+++

− =

1

22

22

1

1

++−

yy

y

Für die zweite Komponente entsprechend:

1

2

2

22

21

2

2

22

21

1

22

21

2

+

++

+−

+

yy

y

yy

y

yy

y

= 1

22

22

1

2

++ yy

y

sowie für die dritte Komponente:

1

1

2

22

21

2

2

22

21

1

2

22

21

2

2

22

21

21

+

++

+−

++

+−

yy

y

yy

y

yy

y

yy

y

= 1

12

22

1

22

21

++−+

yy

yy.

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Daraus ergibt sich für die Inversion der Einheitssphäre:

( )( ) ),,(1

1,

1

2,

1

2, 3212

22

1

22

21

22

21

22

22

1

121

1 xxxyy

yy

yy

y

yy

yxxf −=

++−+

++++−=−σ

Da sich also lediglich das Vorzeichen der ersten Komponente ändert, erhält man eine

Spiegelung an der −32 , xx Ebene und somit eine orthogonale Projektion der Sphäre in sich,

also eine Abbildung, die Kreise in Kreise überführt.

Insgesamt ist nun die Kreistreue der Möbius-Transformation f bewiesen.

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26

Quellenangaben

Kühnel, Wolfgang, Matrizen und Lie-Gruppen. Eine geometrische Einführung. Wiesbaden:

Vieweg und Teubner Verlag (2011).

Herrmanns, Wencke, Der methodische Einsatz von Möbius-Transformationen über den

Quaternionen in der Geometrie des Raumes. Math. Diss., Aachen (2007).

http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=98557626x (abgerufen am 23.05.2011).

https://caj.informatik.uni-jena.de/caj/file/details/id/10234 (abgerufen am 23.05.2011).