Die Haftung des Geschäftsführers - BVMW · 4/28/2014 · Das bietet Ihnen eine Mitgliedschaft im BVMW Sie können Ihr Netzwerk erweitern, neue Kontakte knüpfen und Ihre Geschäftsbeziehungen

Die Haftung des Geschäftsführers Risiken und Begrenzungsmöglichkeiten in der unternehmerischen Praxis

28. April 2014 ▪ Schaffer & Partner ▪ Nürnberg

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Die Haftung des Geschäftsführers

Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten in der unternehmerischen Praxis

SCHAFFER Berater von Unternehmen

BVMW [Impulse]

Am 28.04.2014

Nürnberg


Gliederung

I. Grundlagen 1. Grundlegende Pflichten

2. Besondere Pflichten

II. Haftung bei Gründung

1. Haftungsrisiken bei der Gründung

2. Besonderheiten der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

III. Haftung in der unternehmerischen Praxis

1. Grundlagen der Haftung

2. Haftung gegenüber der GmbH

3. Haftung gegenüber Dritten

4. Strafrechtliche Haftung

5. Mehrere Geschäftsführer


Gliederung

IV. Haftung in der Krise

1. Krisenprävention

2. Sanierungsphase

3. Insolvenzantragspflicht

4. Haftungsrahmen

5. Strafbarkeit

V. Möglichkeiten der Haftungsvermeidung/Schutz Privatvermögen

Natürliche Personen

oder juristische

Personen

Kapitalgesellschaft/

Juristische Personen

Gesellschaft mit

beschränkter

Haftung

Oberstes Organ:

Gesellschafter-

versammlung

Vertretungsorgan:

Geschäfts-

führer

Gesellschafter A

&

Gesellschafter B

Geschäftsführer A

&

Geschäftsführer B

Gesellschaftsorgane


I. Grundlagen

Folgen der Konstruktion der GmbH als juristische Person

• Vermögen und Schulden von GmbH und Gesellschaftern sind getrennt.

• Gesellschafter und Geschäftsführer haften nicht für die Schulden der GmbH und umgekehrt.


I. Grundlagen

• GmbH darf ihr Vermögen nicht an private Gläubiger der Gesellschafter „verschenken“.

Vermögen der GmbH ist nicht dem grenzenlosen Zugriff der

Geschäftsführer/Gesellschafter ausgesetzt - nur im zulässigen

gesetzlichen Rahmen.

• Das oft vorhandene Selbstverständnis „Wieso darf ich das nicht, das ist doch mein (Selbstbedienungs- ) Laden?“ ist daher problematisch und dies gilt sowohl für Gesellschafter als auch für Geschäftsführer.


I. Grundlagen

• Das „Haftungskonzept“ des GmbH-Rechts sollte jedem Geschäftsführer in Fleisch und Blut übergehen.

Damit der Geschäftsführer seine Pflichten mit der gebotenen

Sorgfalt erfüllen kann, muss er wissen, was seine Pflichten sind und

wo ihm Sanktionen drohen!

• Der Geschäftsführer wird zur Vermeidung einer späteren persönlichen Haftung seine Pflichten gegenüber der GmbH, der Allgemeinheit und den Gläubigern im Eigeninteresse mit der gebotenen Sorgfalt erfüllen müssen. Ob er das ordnungsgemäß tut, überprüft spätestens der Insolvenzverwalter.


I. Grundlagen

Ausnahmen: Wo die Trennung der Vermögen versagt

• In Fällen, in denen die Rechtsprechung aus besonderen Gründen

angeordnet hat, dass der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der

GmbH im Wege der „Durchgriffshaftung“ mit haftet.

• In Fällen in denen der Geschäftsführer eine schuldhafte Pflichtverletzung begeht, die zu Schadenersatzansprüchen der GmbH gegen ihn führt.

• In Fällen in denen der Geschäftsführer in der Krise des Unternehmens besonderes persönliches Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der GmbH in Anspruch nimmt und deshalb nach der Rechtsprechung dem Gläubiger gegenüber haftet.


I. Grundlagen

• Sicherheiten -> Größte Fehlerquelle in der Praxis!

- In Fällen in denen sich der Geschäftsführer/Gesellschafter oder ein Dritter persönlich zur Zahlung für Verbindlichkeiten der GmbH

verpflichtet und/oder entsprechende Sicherheiten dafür anbietet-

- Komplexe Sicherheitenregelungen werden oft von den

Unterzeichnenden in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen

nicht überblickt. Hier hilft fachkundige Beratung – vor Unterzeichnung.

- Das gilt manchmal auch im Verhältnis von Unternehmer/in zu Ehepartner/in.


I. Grundlagen

Pflichten der Geschäftsführung

• Grundlegende Pflichten

• Besondere Pflichten


I. 1 Grundlegende Pflichten

Beachtung folgender Grundsätze

• Sorgfältigkeit

Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes, §

43 Abs. 1 GmbHG.

• Ordnungsmäßigkeit

Geschäftsvorfall muss ordnungsgemäß geplant, vorbereitet,

durchgeführt, aufbereitet werden.


I. 1 Grundlegende Pflichten

• Rechtmäßigkeit

Einhaltung von Gesetzen, der Satzung, der Erfüllung geschlossener Verträge, den Geschäftsordnungen, Organisationspflichten.

• Zweckmäßigkeit

Zielbewusstsein im Hinblick auf nachhaltige Gewinnerzielung,

Anwendung angemessener, üblicher Vorsichtsmaßnahmen.


I. 2. Besondere Pflichten

1. Vertretung der GmbH (im Aussenverhältnis), § 35 Abs. 1 GmbHG

• gerichtlich und außergerichtlich

• kann nicht bzw. nur im Innenverhältnis beschränkt werden

2. Führung der laufenden Geschäfte (im Innenverhältnis)

• Detailplanung

• Umsetzung der Unternehmensziele

• Personalentscheidungen

• Finanzverwaltung

-> Gesellschaftsvertraglich kann hiervon abgewichen werden


3. Aufstellung Jahresabschluss, § 264 Abs. 1 HGB

4. Ordnungsgemäße Buchführung, § 41 GmbHG

5. Erhalt des Stammkapitals (resp. keine verbotenen Auszahlungen), § 30 GmbHG



6. Rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrag bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, § 64 Abs. 1 GmbHG

7. Einhaltung des Wettbewerbsverbots während der Organstellung

• Ergibt sich aus der allg. Treuepflicht ggb. der Gesellschaft

• Mögliche Rechtsfolgen:

- Fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages

- Fristlose Abberufung als Geschäftsführer

- Schadensersatzanspruch der GmbH




8. Einberufung Gesellschafterversammlung, § 49 Abs. 1 GmbHG

9. Außergewöhnliche Geschäfte und Grundlagenentscheidungen

müssen von der Gesellschafterversammlung genehmigt werden

10. Weisungen der Gesellschafterversammlung (Oberstes Organ) sind jederzeit und in allen Belangen zu befolgen, § 37 Abs. 2 GmbHG


II. Gründungshaftung

Haftungsrisiken bei GmbH-Gründung

1. Vorgründungsgesellschaft: Unbeschränkte persönliche Haftung

2. Vorgesellschaft: Verlustdeckungshaftung

3. Handelndenhaftung des Geschäftsführers in der Gründungsphase

4. Haftung für die Aufbringung des Stammkapitals

- Alt: gegenständlich

- Neu: bilanziell

5. Haftung für falsche Angaben, § 9 a I GmbHG



Haftungsrisiken bei GmbH-Gründung: Vorgründungsgesellschaft

Phase zwischen der Gründungsentscheidung und der notariellen Beurkundung des

Gesellschaftsvertrags.

Die Vorgründungsgesellschaft ist rechtlich eine GdbR oder eine OHG.

Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft gehen nicht auf die spätere GmbH über.

Für die Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft haften alle Gründer unbeschränkt persönlich.



Haftungsrisiken bei GmbH-Gründung: Vorgesellschaft

Mit der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags und Anmeldung der

Gesellschaft zum Handelsregister entsteht die Vorgesellschaft (GmbH i.G.)

in dieser Phase haften – primär die Gründungsgesellschafter – für alle Verluste der Gesellschaft bis zur Eintragung in das Handelsregister;

nur die notwendigen Gründungskosten dürfen entnommen werden.

=> Kommt die Gesellschaft zur Eintragung ins Handelsregister: Haftung für Verluste der Gründungsphase im Sinne einer Differenzhaftung.



Haftungsrisiken bei GmbH-Gründung: Handelndenhaftung

Für Geschäfte die der Geschäftsführer einer Vorgesellschaft (GmbH i.G.) tätigt, haftet der handelnde Geschäftsführer neben der Gesellschaft persönlich.

=> Das operative Geschäft sollte erst nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister aufgenommen werden.



Haftungsrisiken bei GmbH-Gründung: Kapitalaufbringung

Das Stammkapital der Gesellschaft muss von den Gesellschaftern zur endgültigen freien Verfügung der Gesellschaft einbezahlt werden.

Der Geschäftsführer ist zur Überwachung verpflichtet, und hat sicher zu stellen, dass Rückzahlungen des Stammkapitals an die Gesellschafter unterbleibt.

GmbH-Rechtsreform 2008: Übergang zur bilanziellen Betrachtungsweise.

=> Haftungsrisiko bei verdeckter Sacheinlage entschärft, aber nicht beseitigt.

Nutzen liegt beim Gesellschafter; Haftung beim Geschäftsführer.


Haftungsrisiken bei Gründung :

Haftung bei Nutzung eines gebrauchten GmbH-Mantels

Bei Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung & Wiederauffüllen des

Stammkapitals besteht keine Haftung.

Bei verdeckter wirtschaftlicher Neugründung: Differenzhaftung der Gründer.

Hinweise: Frühere Fehler beim Mantelkauf können und sollten rechtzeitig „glatt gezogen“ werden.

Nutzung von Vorratsgesellschaften ohne Risiko möglich.


II.2 Gründungshaftung bei UG (haftungsbeschränkt)

Haftungsrisiken bei Gründung:

Besonderheiten der Gründung einer

Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)

Die UG (haftungsbeschränkt) ist eine GmbH mit reduziertem Stammkapital und Thesaurierungsverpflichtung, § 5a GmbH

Das Stammkapital muss vollständig in bar erbracht werden.

=> es gelten (nicht nur) bei Gründung die gleichen Haftungsregeln wie bei der „normalen“ GmbH.





Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) muss als solche firmieren.

„Unternehmergesellschaft“ darf dabei in „UG“ abgekürzt werden; „haftungsbeschränkt“ muss stets voll ausgeschrieben werden.

Unterbleibt dies oder firmiert die Gesellschaft unrichtig z.B. als „GmbH“, so haftet der Geschäftsführer neben der UG (haftungsbeschränkt) für unbeschränkt alle Verbindlichkeiten neben der UG (haftungsbeschränkt) als Gesamtschuldner kraft Rechtsscheins, § 179 BGB

analog; vgl. BGH II ZR 256/11.





Daneben gelten für den Geschäftsführer der UG (haftungsbeschränkt) die

gleichen Haftungsregeln wie für den Geschäftsführer einer „normalen“ GmbH.

Aber: In der Praxis vergleichsweise viele Haftungsfälle bei der UG

(haftungsbeschränkt).

Wegen fehlender Kapitalausstattung befindet sich die UG (haftungsbeschränkt) direkt nach der Gründung in der Krise.



III.1. Grundlagen der Haftung

Grundnorm - § 43 Abs. 2 GmbHG:

„Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften

der Gesellschaft solidarisch für entstandenen Schaden.“



Business Judgement Rule Einführung der sog. „Business Judgement Rule“ in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG gilt auch für unternehmerische Entscheidungen des GmbH-Geschäftsführer Der Unternehmensleitung steht ein haftungsfreier unternehmerischer Entscheidungsspielraum zu. Strategische Fehler (falsche Produktpolitik, gescheiterte Fusion) führen nicht zur persönlichen Haftung, soweit die Entscheidung auf Basis umfassender Informationen und nach einem korrekten Abwägungsprozess erfolgt ist.



Keine Pflichtverletzung des Geschäftsführers, wenn er „bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohl der Gesellschaft zu handeln.“ Bei der Prüfung dieser „Innenhaftung“ sind fünf Tatbestandsmerkmale positiv festzustellen, 1. unternehmerische Entscheidung, 2. Handeln zum Wohle der Gesellschaft 3. kein Interessenkonflikt, 4. Handeln auf der Grundlage angemessener Information und 5. keine übergroßen Risiken



Beweislastumkehr • Geschäftsführer hat zu beweisen, dass er seiner Sorgfaltspflicht genügt hat • Gesellschaft muss nur Tatsachen darlegen, die für eine Schätzung der Höhe des Schadens hinreichend Anhaltspunkte bieten

Pflichtverletzung + Verschulden + Schaden = Haftung

III.2. Haftung gegenüber der GmbH

• Haftung für Pflichtverletzung, § 43 Abs. 2 GmbHG

• Unerlaubte Handlungen ggb. der Gesellschaft

• Überschreitung der internen Beschränkungen der Vertretungsmacht


III.3. Haftung gegenüber Dritten

• Schuldhafte Verletzung eines absoluten Rechts, § 823 Abs. 1 BGB

• Verletzung eines Schutzgesetzes, § 823 Abs. 2 BGB

• Schuldhafte Verstoße gegen die guten Sitten, § 826 BGB

• Verletzung von Organisations- und Überwachungspflichten (unerlaubte Handlungen von Mitarbeitern)



• Rechtsscheinhaftung:

Wenn Geschäftsführer gegenüber dem Vertragspartner Anschein erweckt hat er handelt für eine Personengesellschaft

und haftet somit persönlich (IMMER Zusatz „GmbH“ verwenden)

• Verschulden bei Vertragsverhandlungen:

Aber nur wenn der Geschäftsführer persönlich in besonderem Maße das Vertrauen des Vertragspartners in Anspruch genommen hat, also wenn zusätzliches, von ihm selbst ausgehendes Vertrauen auf Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärungen hervorgerufen hat



• Haftung für Steuern

Geschäftsführer muss die steuerlichen Pflichten der GmbH erfüllen;

wenn er diese schuldhaft verletzt, haftet er hierfür persönlich

• Haftung für Sozialversicherungsbeiträge

• Haftung für sonstige öffentlich-rechtliche Pflichten, wie

- Wettbewerbsrecht

- Warenzeichnungsrecht

- Umweltrecht

- Lebensmittel- und Arzneimittelrecht

• Haftung für Bürgschaften und Schuldbeitritte


III.4. Strafrechtliche Haftung

• Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen, § 85 GmbHG

• Falschangaben bei oder Unterlassung,§ 82 GmbHG

- der Anmeldung der Gesellschaft,

- der Anmeldung von Kapitalerhöhungen oder –herabsetzungen

• Unterlassung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei

Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, § 15a InsO

• Insolvenzstraftaten, §§ 283 - 283d StGB

• Missbrauch der Vertretungsmacht oder Handeln ohne derselbigen

• Straftaten gegen den Wettbewerb §§ 298 - 302 StGB


III.5. Mehrere Geschäftsführer

1. Allgemein zivilrechtliche Situation

• Mehrere Geschäftsführer haften grundsätzlich gesamtschuldnerisch -

§ 43 Abs. 2 GmbHG, §§421 ff BGB

GmbH kann grds. jeden Geschäftsführer in vollem Umfang in Haftung nehmen!

• Bei Ressortaufteilung der Geschäftsführung in der Satzung oder

durch Weisung der Gesellschafter (sog. Geschäftsverteilung) trifft

jeden Geschäftsführer eine sog. Überwachungspflicht für die fremden Ressorts.



• Der Ausgleich mehrerer Geschäftsführer untereinander erfolgt im

Regelfall zu gleichen Teilen

Außer:

Die Verursachungsbeiträge sind unterschiedlich, so etwa wenn der

eine Geschäftsführer den Schaden durch aktives Tun verursacht hat,

während der andere „nur“ seine Überwachungspflicht verletzt hat

Ressortfremde Geschäftsführer sind nur von ihrer Mitverantwortung entlastet, wenn sie ihrer Überwachungspflicht nachgekommen sind



2. Erfüllung steuerlicher Pflichten (BFH- Rechtsprechung):

• Haftung eines Geschäftsführers ergibt sich grds. aus seiner

Bestellung

• Haftungsbegrenzung ist nur durch eine vorweg getroffene

eindeutige – also schriftliche – Klarlegung von Geschäftsbereichen

im Einzelfall möglich. Aber: Überwachungsverschulden bleibt

->Nichtbeachtung der Pflicht zur rechtzeitigen Steuerabführung und zur ordnungsgemäßen Buchhaltung als Grundlage einer Steuererklärung ist eine grobe Pflichtverletzung, die auch eine persönliche Haftung der Geschäftsführer auslösen kann.



IV. Haftung in der Krise Vorbemerkung

Die Haftung des Geschäftsführers verwirklicht sich vor allem in der Krise der

Gesellschaft.

Aus Sicht des Insolvenzverwalters sind Haftungsansprüche gegen die Geschäftsführer WESENTLICHE Masseansprüche. Diese werden – genauso wie Anfechtungsansprüche – im Insolvenzverfahren systematisch verfolgt.

Die Insolvenz einer GmbH führt daher in vielen Fällen auch zur Insolvenz der Geschäftsführer.

Die Reform des GmbH Rechts im Jahr 2008 hat die Haftungsrisiken in erheblichem Maß von den Gesellschaftern auf die Geschäftsführer verlagert („Reform zu Lasten der Geschäftsführer“, K. Schmidt, 2008).

=> Verschärfung der Haftungsrisiken für Fremdgeschäftsführer.


IV. Haftung in der Krise

Zur Klarstellung:

In der Regel keine Haftung für kaufmännische Fehlentscheidungen:

=> BUSINESS JUDGEMENT RULE:

Der Unternehmensleitung steht ein haftungsfreier unternehmerischer Entscheidungsspielraum zu.

Strategische Fehler (falsche Produktpolitik, gescheiterte Fusion) führen nicht zur persönlichen Haftung, soweit die Entscheidung auf Basis umfassender Informationen und nach einem korrekten Abwägungsprozess erfolgt ist.


IV. Haftung in der Krise - Kardinalspflichten

Aber: Kardinalspflichten des Geschäftsführers in der Krise

• Überwachungspflicht

• Präventionspflicht (Krisenvorbeugung durch Unternehmensorganisation und Früherkennungssysteme)

• Aufstellung eines Sanierungskonzeptes

(Sanierungsplan mit Finanzplan und Plan-GuV, Plan-Bilanz, operative und organisatorische Maßnahmen (z.B. Personaleinsparungen), Kapitalerhöhungen, dept-equity-swap, neue Gesellschafter,… ).

• Einberufung der Gesellschafterversammlung

• Zahlungsverbot

• Insolvenzantragspflicht


IV.1 Haftung in der Krise - Krisenprävention

ABER: Pflicht zur Krisenprävention Dies bedeutet insbesondere: Pflicht des Geschäftsführers zur a) Ordnungsgemäßen Buchführung und Rechnungslegung;

b) Laufende Überwachung der Kreditgeschäfte;

c) Berechnung und Überwachung des Liquiditätsbedarfs, laufende

Liquiditätsplanung; d) Vermeidung allzu riskanter Geschäfte; e) Implementierung von Systemen der Risikofrüherkennung.


IV.1 Haftung in der Krise - Krisenprävention

ABER: Pflicht zum Risikomanagement § 91 II AktG: Pflicht zur Vorsorge für bestandsgefährdende Risiken =>gilt analog für GmbH und GmbH & Co. KG => Pflicht zur Einrichtung entsprechender Risikoüberwachungsysteme

=> Geänderte Rahmenbedingungen

=> Technologische Änderungen => Insolvenz von Kunden => Liquiditätsengpässe

…

=> Frühzeitiges Erkennen der Krise ermöglicht die Sanierung


IV.1 Haftung in der Krise - Krisenfrühstadium

Geschäftsführerpflichten in der Krise

- Pflicht zur Prüfung von Sanierungschancen

und Wahrnehmung AUSSICHTSREICHER Sanierungsmöglichkeiten

- Pflicht zur Reduzierung des Geschäftsführergehalts in der Krise

- Pflicht zur Vermeidung von Auszahlungen an Gesellschafter

=> Kapitalerhaltungsgebot



Insbesondere: Pflicht zur Kapitalerhaltung, § 30 GmbHG

Verpflichtung zur Erhaltung des Stammkapitals gilt nicht nur in der Krise der Gesellschaft, wird hier aber besonders bedeutsam.

Auszahlungen an die Gesellschafter sind nur zulässig, wenn keine Unterbilanz besteht und durch die Zahlung auch nicht Eintritt.

=> Seit der GmbH-Rechtsreform 2008 gilt wieder die „bilanzielle Betrachtungsweise“:

Geschäfte mit den Gesellschaftern sind zulässig, soweit die Gegenleistung adäquat und werthaltig ist.

=> Pflicht die Solvenz des Gesellschafters zu prüfen (z.B.: bei Darlehen an ihn).

Haftung für alle Zahlungen, die gegen das Gebot der Kapitalerhaltung verstoßen.



Vermeiden typischer Fehler: - Aussitzen wollen der Krise nach dem Motto:

„ Es kommen auch wieder bessere Zeiten!“

- Nachschießen von Geld ohne neues Konzept.

- Leichtfertige Abgabe von Bürgschaften, Rangrücktritten, o.ä.

- Mitverpflichtung von Ehepartnern, Kindern, o.ä.:

- Vorsicht bei Grundschulden:

„Die Eigentümer unterwerfen sich auch im Hinblick auf ihr persönliches Vermögen der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde.“

=> Verschärfung der Haftung


IV.2 Haftung in der Krise - Sanierungsphase

Wenn Sanierung dann richtig:

Sanierungskonzept anhand des

„Leitbild des sanierten Unternehmens“

- Sicherung der verbliebenen Erfolgspotentiale

- Aufgabe und Abwicklung von Verlustbringern

- Erschließung neuer Erfolgspotentiale

- Wesentlich: Liquiditätserhalt und Liquiditätssicherung


VI.2 Haftung in der Krise - Sanierungsphase

Wenn Sanierung dann richtig:

Die Rechtsprechung stellt sehr hohe Anforderungen an das Sanierungskonzept bzw.

das zu Grunde liegende Sanierungsgutachten.

Auch ein erfahrener Geschäftsführer kann ein solches Konzept i.d.R. nur mit erfahrenem Sanierungsberater aufstellen.

Orientierung am IDW Standard S6 dringend zu empfehlen.

Klare Aussage zur Sanierungsfähigkeit zwingend.

=> Wer ohne einen erfahrenen Berater saniert, haftet unbeschränkt persönlich.


IV. 3 Haftung in der Krise - Insolvenzantragspflicht

Die Insolvenzantragspflicht § 15a InsO n.F.

- Drei Wochen nach Eintritt eines Insolvenzgrundes bei Kapitalgesellschaft ist ein

zulässiger Insolvenzantrag zu stellen

- Feststellung der Zahlungsunfähigkeit

- Überschuldungsprüfung

Wichtig:

Drei-Wochenfrist beginnt mit Eintritt des Insolvenzgrundes (nicht mit Kenntnis) und darf nur ausgeschöpft werden, wenn ernsthafte Sanierungschancen bestehen.

Wichtig:

Pflicht besteht bei jedem Geschäftsführer, Gesellschafter einer führungslosen GmbH sowie bei AG-Aufsichtsrat.


IV.3 Haftung in der Krise - Insolvenzantragspflicht

Überschuldung:

Änderung durch Finanzmarktstabilisierungsgesetz (17.10.2008)

Die Änderung war zunächst befristet bis 31.12.2012, gilt jetzt aber dauerhaft.

Es gilt der „modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff“.

Positive Fortführungsprognose beseitigt Überschuldung.

Aber:

Hohe Anforderungen an positive Fortführungsprognose!

Letztlich ist ein Sanierungsgutachten notwendig.


IV.3 Haftung in der Krise - Insolvenzantragspflicht

Zahlungsunfähigkeit:

Weniger als 90% der fälligen Verbindlichkeiten innerhalb von 3 Wochen bedienbar!

Außerdem darf bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag gestellt werden.

=> erhöht die Sanierungschancen in der Insolvenz.


IV.4 Haftung in der Krise - Haftungsrahmen

Verspätete/Unterlassene

Insolvenzantragstellung:

Erhebliche persönliche Haftung des Geschäftsführers

Strafrechtliche Verantwortung des Geschäftsführers

Sowie zivil- und strafrechtliche Risiken für

Gesellschafter


IV.4 Haftung in der Krise - Haftungstatbestände

Wesentliche Haftungstatbestände im Überblick

• Insolvenzverursachungshaftung (neu: MoMIG!)

• Insolvenzverschleppung

• Haftung wegen Masseschmälerung

• Haftung nach dem Recht der Gesellschafterleistungen

• Haftung für Steuerschulden

• Haftung für nicht abgeführte Sozialbeiträge

• Eigenkapitalersatz

• Existenzvernichtungshaftung

• …



Insbesondere: Insolvenzverursachungshaftung, § 64 S.3 GmbHG

Der Geschäftsführer einer GmbH darf keine Zahlungen leisten, die zur Insolvenz führen können.

Vor Auszahlung muss er einen „Solvenztest“ durchführen:

Zahlt er aus, obwohl erkennbar war, dass die Zahlung – auch mittelbar - zur Insolvenz führen wird, ist er verpflichtet, die Zahlung persönlich an die Gesellschaft zurück zu erstatten.

Zur Vermeidung ist Liquiditätsplanung unerlässlich.



Insbesondere: Insolvenzverschleppungshaftung

Der Geschäftsführer ist verpflichtet, innerhalb von 3 Wochen nach Eintritt der

Insolvenzreife Insolvenzantrag zu stellen.

Wird der Antrag nicht oder verspätet gestellt, haftet der Geschäftsführer für den hierdurch entstehenden Schaden.

=> Neugläubigern haftet der GF für ihren gesamten Schaden

=> Altgläubigern haftet er den sog. Quotenschaden

Haftungsausschluss bei Aufklärung des Gläubigers über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft.



Insbesondere: Haftung wegen (Duldung eines)

existenzvernichtenden Eingriffs

Der Haftungstatbestand richtet sich zunächst an die Gesellschafter:

Entziehen diese der Gesellschaft das notwendige Kapital haften sie den Gesellschaftsgläubigern persönlich.

Der Geschäftsführer haftet aber neben den Gesellschaftern, wenn er – auch auf Weisung der Gesellschafter – an einem existenzvernichtenden Eingriff – mitwirkt.


IV.5 Haftung in der Krise - Strafbarkeit

Die strafrechtliche Haftung im Überblick:

• Insolvenzverschleppung (§§ 84 I Nr. 2, 64 I GmbHG)

• Herbeiführung eines Bankrotts (§ 283 StGB)

• Verletzung der Buchführungspflichten (§ 283b StGB)

• Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB)

• Schuldnerbegünstigung (§ 283d StGB)

• Betrug (§ 263 StGB)

• Untreue (§ 266 StGB)

• Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB)


IV.5 Haftung in der Krise - Strafbarkeit

Die strafrechtliche Verantwortung in der Insolvenz:

Routinemäßige Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bei der Insolvenz einer Gesellschaft.

Strafrechtliche Verurteilung des Geschäftsführers einer insolventen GmbH eher die Regel als die Ausnahme.

Ursächlich ist insbesondere zu später Insolvenzantrag und handwerkliche Fehler in der Krise.

=> Gefahr der Amtsunfähigkeit bei Verurteilungen!


IV. Haftung in der Krise - Regeln zur Haftungsvermeidung

7 +1 Goldene Regeln im Umgang mit der Krise:

1. Wachsam sein

2. Kommunikativ sein

3. Ehrlich sein

4. Kritikfähig sein

5. Frühzeitig Insolvenzantrag stellen

6. Sanierungschancen im Verfahren nutzen

7. Insolvenzplan vorlegen

+ Berater hinzuziehen


Haftungsausschlüsse

• Haftungsbegrenzung im Geschäftsführeranstellungsvertrag grundsätzlich wirksam, soweit nicht dem Gläubigerschutz dienende

Organpflichten betroffen sind

• Nachträgliche Befreiung durch Entlastung in Kenntnis der Ansprüche möglich

• Gesellschafterversammlung kann nach eigener Entscheidung auf Schadensersatzansprüche verzichten

• Haftung des Geschäftsführers tritt nicht ein, wenn der Geschäftsführer aufgrund bindender Weisung der Gesellschafterversammlung gehandelt hat

• Aber nur wirksame Beschlüsse entfalten die Folgepflicht (Schriftformerfordernis des Beschlusses nach § 48 GmbHG)



Einführung einer Corporate Compliance-Organisation

• Teil der Organisationspflichten der Geschäftsführung

• Organisationsverschulden bei fehlender rechtmäßigen Organisation

• Einrichtung eines Risikomanagementsystems

• Einrichtung eines internen Kontrollsystems (in der Regel interne oder externe Revision)

Ziel: Haftungsvermeidung



Abschluss von D&O-Versicherung

• Kann nur vom Unternehmen abgeschlossen werden

• Rechtsschutzfunktion, d.h. Abwehr von Ansprüchen und

Haftpflichtfunktion

• Versichert sind:

Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglieder, Beiratsmitglieder, evtl. auch leitende Angestellte



Umfang der D&O-Versicherung

• Deckt Ansprüche Dritter und der GmbH

• Nur auf einer Pflichtverletzung des Organs beruhende Schäden sind

abgedeckt

• Nicht bei vorsätzlichem und wissentlichen Handeln

• Nur Vermögensschäden, keine Personen- und Sachschäden

• Keine Vertragsstrafen, Bußgelder oder Entschädigungen mit

Strafcharakter



Vermögensschadensrechtschutzversicherung

• Abwehr unberechtigter Ansprüche

• Kann vom Geschäftsführungsmitglied (ergänzend) privat

abgeschlossen werden


V. Möglichkeiten der Haftungsvermeidung/Schutz Privatvermögen“

• Asset protection:

Schutz des Privatvermögens vor Ansprüchen

aus der betrieblichen Sphäre

• durch Gestaltungen in der privaten Vermögenssphäre

• legale Gestaltungen

• keine prohibitiven Steuerfolge



Das Grundprinzip …

Die Gläubiger haben Zugriff auf das gesamte Vermögen des Schuldners, d.h. dessen Immobilien, Konten, Wertpapiere ...

=>Vermögen muss anderer natürlicher oder juristischer Person zugeordnet sein

=> mittelbarer Zugriff über Herausgabeansprüche, Gesellschafterrechte o.ä. muss vermieden werden.



Der Klassiker:

Anfänglicher Vermögenserwerb durch Ehegatten

• Zugriff (nur) durch Gläubiger des Ehegatten

• Regelungen für Scheidung notwendig

• Regelung für Tod des Ehegatten notwendig



Die „zweitbeste“ Lösung:

Nachträgliche Vermögensübertragungen an Ehegatten

Zusätzliche Nachteile:

• (Nicht nur) als Schenkung vier Jahre anfechtbar; bei Übertragung in der (beginnenden) Krise zehn Jahre

• Schenkungsteuer (Ausnahme Eigenheim), aber hoher Freibetrag

Die langfristige Lösung:

Vermögensübertragungen an Kinder



• Die freche Lösung: „Güterstandschaukel“

= Wechsel zur Gütertrennung zwecks Vermögenstransfer

• Eine komplexere Lösung: „Wiesbadener Modell“

= Aufspaltung des Unternehmens in Besitzunternehmen (zur Vermietung einer wesentlichen Betriebsgrundlage, z.B. Immobilie)

und Betriebsunternehmen, wobei die Unternehmen unterschiedlichen Ehegatten gehören

• Die externe Lösung:

=> Stiftungen (und Trusts)



Die Haftung des Geschäftsführers

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Sophia Schmid Rechtsanwältin / Fachanwältin für Arbeitsrecht und Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht Matthias Braun Rechtsanwalt / Fachanwalt für Erbrecht Wirtschaftsjurist (Univ.)

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