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~r. MKRZ 1922 KLINISCHE WOCHENSCH Erks ist in allen FXllen zu verlangen. Bei allen Alters- neuralgien ist ein Versueh mit Jodkali ffir einige Monate berechtigt. Im flbrigen sind Medikarnente in Iolgenden F~llen zu geben: bei Neurasthenie Sedativa (Brorn usw.) und Toniea {Lecithin usw.), bei An~rnie Eisen und Arsen, bei Influenza, Rheurnatisrnus und Erk~Lltung Salieylpr~Lparate (Aspirin usw. ), bei Malaria Chinin und evtl. Arsen, bei Syphilis Jodkali u. a. Anfiluetica. Liegt eine Intoxikation vor, so ist an erster Stelle *das Gift zu entziehen und dutch Anregung der SehweiB-, Nieren-, Harn- und Darrnt~tigkeit seine Entfernung zu be~6r- dern DaB auch Eingrifle an entfernten Organen, z. B. an der Gebarmutter, rnanchrnal einen gfinstigen Erfolg gehabt haben soUen, ist oben bereits erw~hnt. Ganz besonders ist aber tfir lot~ale Ursachen zu fordern, dab ihre Beseitigung baldigst vor- genornrnen werde, n6tigenfalls unter Zuhilfenahrne des ent- sprechenden Facharztes; es sind daher z. ]3. zu entfernen: Narben, Frerndk6rper, Kn0chensplitter, Tumoren usw. durch den Chirurgen, kari6se und retinierte Z~ihne durch den Zahn- arzt, chronische Oberldefer- und Stirnh6hlen-, sowie Ohreite- rungen durch den Nasen-Ohrenarzt, Augenleiden durch den Augenarzt (Glaser bei Refraktioflsanomalien). Freilieh rnuB auf einen Punkt noch besonders hingewiesen ~verden : In rnanehen Fs in welchen eine Ursache gefunden und beseitigt ist, h6ren leider die Schrnerzen nicht auf. Ferner dfirfen idiopathische Neuralgien nicht mit syrnptomatischen verwechselt werden, indem etwa auf Grund eines unsieheren Lokalbefundes der Arzt die Ursache der Neuralgie en• zu haben glaubt und nun eine energisehe LokMtherapie einleitet; dabei wird auch manchrnal zu wenig kritiseh ver- fahren und zugleich allzu energisch, insofern der betreffende Facharzt seine Fachdisziplin allzu sehr in den Vordergrund stellt und vom schwer leidenden Patienten bedr,ingt, eine ihm gewohnte Fachoperation ausffihrt; man liest bei erfah- renen Autoren und erlebt aueh selbst immer wieder, dab Kranken mit Trigerninusneuralgie nacheinander alle Zahne gezogen oder alle Nasen- und Nebenh6hlen ausger~nmt worden sind, ohne dab Heilung eingetreten ist. (SchluB folgt.) DIE BEHANDLUNG DER MALARIA. Von \ Prof. Dr. MARTIN MAYER. Aus dem Institut ffir ~ehHfs- urd qrrlcer~rml~hei~en ~u Hamburg. Leiter: Obermedizinalrat Prof. NOCHT. Obwohl die Malaria zu den wenigen Infektionskrankheiten geh6rt, Ifir die wir seit langer Zeit ein spezifisches Heilmittel irn Chinin besitzen, bietet doeh die Therapie bei ihr rnanehe Schwierigkeiten, die gerade in den letzten Jahren zur Empfeh- lung einer Uberfiille therapeutischer Methoden gefShrt haben, so dab der praktische Arzt oft wirMich irn Zweifel sein rnuB, wie er sich zu verhalten hat. Daher ist tier Kardinalpunkt der Behandlung die Betrach- des Wesens tier Krankheitserreger. Die Malariapara- aiten haben mit zahlreichen anderen protozooischen Krank- iheitserregern das gemeinsarn, dab sie in den K6rper gelangt, dort in der Regel zuns akute klinische Erscheinungen ausl6sen, die entweder (meist nur bei Malaria tropiea) zum Tode fflhren k6nnen oder aber nach Uberstehen der in .ty- pischen Anis verlaufenden akuten Form auch bei Nicht- behandlung zu einern chronischen Parasitisrnus irn K6rper .des ]3efallenen gelangen. Dieses ehronische Stadium kann ~chleichende Erseheinungen (Kachexie, Milztumor, Blut- armut usw.) verursaehen, kann aber auch flit lange Zeit klinisch unbemerkt verlaufen, bis durch St6rung des Gleich- gewicllts zwischen K6rper und Parasiten diese wieder zu -verst~rkter Verrnehrung angeregt werden und Rfickfalle verursachen. Solche Rfickis k6nnen noch nach Jahren -- aelten sps als naeh 3--4 Jahren -- auftreten. Anderer- seits kann es aber auch selbst nach schwerer Anfangsinfektion aand nach schwerern Rfickfall offenbar dutch gflnstige Ver- hs der Abwehrkrafte des betreffenden Individuurns RIFT. I. JAHRGANG. Nr. ~ 527 zur Heilung ohne weitere 1Rfickf~lle kornmen. Werden nun derartige F~lle -- und sie sind gar nicht so selten -- zuf~Lllig zu einer therapeutischen Erprobung besonderer Chinin- verordnung oder anderer Mittel herangezogen, dann gelangt der Unerfahrene leicht zu dem Trugschlul3, dab ffir alle F~lle diese seine Methode ernpfehlenswert, sei. Es dari demgegen- fiber wohl rnit Recht in Anspruch genomrnen werden, dab die an vielen tausenden yon F~illen aller Lander gewonnenen Erfahrungen tier Tropen~rzte, die sich sowohl auf frische Er- krankungen wie aui Rflckf~lle beziehen, in erster Linie be- rficksichtigt werden, auch wenn manche der neueren Beob- achtungen, insbesondere an dem Kriegsrnaterial, solchen Er- fahrungen zu widersprechen schienen. Erfreulicherweise bricht sich jetzt in allen Landern solche Erkenntnis wieder Bahn, zumal selbstverst~indlich wertvolle neue Beobachtungen mit in Betracht gezogen werden miissen. BeschSftigen wir uns zun~chst rnit der UMninbehandlung, so miissen wir die Behandlung des akuten Anfalls und die des chronischen Stadiums besonders betrachten. Zwei Ge- sichtspunkte rnfissen insbesondere auch unter Berficksichti- gung der Kriegserfahrungen dabei in Rechnung gesetzt werden. Der erste betrifft die Frage: Sollen wir versuchen, bei der Tagesdosis mit rn6glichst geringen Mengen auszu- kornmen ? Der zweite: Sollen wir die Chininnachbehandlung sehr lange Iortsetzen? Der gr6Bte Tell der letztjahrigen Arbeiten dreht sich urn diese Frage und zwischen den Extrernen nach beiden Richtungen werden die verschiedensten Anwen- dungsweisen empfohlen. Dies beweist, dab es eine ideale Chininbehandlungsrnethode,die Iflr alle F~lle paGt, noch nicht gibt. Daher ist es wohl berechtigt, ein gewisses Schemati- sieren mit Anwendungsforrnen, die erfahrungsgerniil3 bei re- lativer Unsch~Ldlichkeit am wirksarnsten sich erwiesen haben, fiir denjenigen Arzt zu ernpfehlen, der nicht die Gelegenheit hat, eigene groBe Erfahrungen zu samrneln. Betrachten wir nun im folgenden die wichtigsten Gesichts- punkte der Behandlung. Der akute Malariaanfall oder ihm gleichende Rfickfall muB sobald als rn6glieh behandelt werden. Je frfiher nitm- lich die Behandlung einsetzt, desto rnehr Parasiten werden tells vernichtet, teils in ihrer Weiterentwicldung gehernmt, vor allern die mit jedem weiteren Anfall zunehmende Bildung der resistenten Geschlechtsformen (Gameten) gehindert. Nachdern man frfiher iestgestellt hatte, dab die jfingsten Parasitenforrnen am empflndlichsten gegen Chinin sind, hatte man empfohlen, die bestirnmte Tagesdosis auf einrnal, 4--6 Stunden vor dem zu erwartenden Anfall zu geben. Jetzt ist man rneist dazu gelangt, das Chinin rn6glichst bald nach gestellter Diagnose zu verabfolgen und durch die Weiter- behandlung daifir zu sorgen, dab der ,,Chininspiegel" w~hrend der ersten Tage irnrner ein geniigend hoher ist. Vorbedingung solch rascher Behandlung ist natfirlich die ]Diagnose. Es w~re aber ein Fehler, hier aui die aus ~uBeren Grtinden etwa nicht sofort zu stellende rnikroskopische Diagnose zu warten. Wo Verdacht auf einen Malariaanfall besteht (und des Bild ist ja oft recht eindeutig), wird man in den meistefi Fallen ohne Schaden gleich Chinin geben k6nnen, nachdem man zur Sicherung tier Diagnose PrXparate angeferfigt hat. Erfolgt nach 5 Chinintagen keine Entfieberung, dann war meist die Diagnose falsch. Die Art der Einve~leibung des Chinifls beim akuten Anfall hangt yon dessen Schwere ab. Bei den Forrnen yon Malaria tertiana und rneist auch quartana kornmt man in der Regel rnit innerlicher oder intrarnuskuls Einverleibung aus. Die Erfahrung hat nun ergeben, da2 die Durchschnittstagesgabe bei innerer Verabfolgung einern Grarnrn Chininurn hydrochloricurn entspricht. Urn nun nicht yon einer oft schwer zu bestimrnen- den bestirnmten Stunde der Eingabe abzuh~ngen, urn rn6glichst sofort beginnen zu k6nnen und um dauernd Chinin in genfi- gender Menge irn K6rper kreisen zu lassen, ist man auf Grund klinischer und physiologisch-chemischer Untersuchungen vieliaeh dazu gelangt, diese Dosis verteilt in Einzelgaben Yon 5 • o,2g oder 4 • o,25 g aui den Tag zu geben (Noc~Tsche Methode); eine Methode, die auch ich in erster Linie empfehlen rn6chte. Ich will bier ausdrfieklieh betonen,

Die Behandlung der Malaria

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Page 1: Die Behandlung der Malaria

~r. MKRZ 1922 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

Erks ist in allen FXllen zu verlangen. Bei allen Alters- neuralgien ist ein Versueh mit Jodkali ffir einige Monate berechtigt. Im flbrigen sind Medikarnente in Iolgenden F~llen zu geben: bei Neurasthenie Sedativa (Brorn usw.) und Toniea {Lecithin usw.), bei An~rnie Eisen und Arsen, bei Influenza, Rheurnatisrnus und Erk~Lltung Salieylpr~Lparate (Aspirin usw. ), bei Malaria Chinin und evtl. Arsen, bei Syphilis Jodkali u. a. Anfiluetica. Liegt eine Intoxikation vor, so ist an erster Stelle *das Gift zu entziehen und dutch Anregung der SehweiB-, Nieren-, Harn- und Darrnt~tigkeit seine Entfernung zu be~6r- dern DaB auch Eingrifle an entfernten Organen, z. B. an der Gebarmutter, rnanchrnal einen gfinstigen Erfolg gehabt haben soUen, ist oben bereits erw~hnt. Ganz besonders ist aber tfir lot~ale Ursachen zu fordern, dab ihre Beseitigung baldigst vor- genornrnen werde, n6tigenfalls unter Zuhilfenahrne des ent- sprechenden Facharztes; es sind daher z. ]3. zu entfernen: Narben, Frerndk6rper, Kn0chensplitter, Tumoren usw. durch den Chirurgen, kari6se und retinierte Z~ihne durch den Zahn- arzt, chronische Oberldefer- und Stirnh6hlen-, sowie Ohreite- rungen durch den Nasen-Ohrenarzt, Augenleiden durch den Augenarzt (Glaser bei Refraktioflsanomalien).

Freilieh rnuB auf einen Punkt noch besonders hingewiesen ~verden : In rnanehen Fs in welchen eine Ursache gefunden und beseitigt ist, h6ren leider die Schrnerzen nicht auf. Ferner dfirfen idiopathische Neuralgien nicht mit syrnptomatischen verwechselt werden, indem etwa auf Grund eines unsieheren Lokalbefundes der Arzt die Ursache der Neuralgie en• zu haben glaubt und nun eine energisehe LokMtherapie einleitet; dabei wird auch manchrnal zu wenig kritiseh ver- fahren und zugleich allzu energisch, insofern der betreffende Facharzt seine Fachdisziplin allzu sehr in den Vordergrund stellt und vom schwer leidenden Patienten bedr,ingt, eine ihm gewohnte Fachoperation ausffihrt; man liest bei erfah- renen Autoren und erlebt aueh selbst immer wieder, dab Kranken mit Trigerninusneuralgie nacheinander alle Zahne gezogen oder alle Nasen- und Nebenh6hlen ausger~nmt worden sind, ohne dab Heilung eingetreten ist.

(SchluB folgt.)

DIE BEHANDLUNG DER MALARIA.

V o n \

Prof. Dr. MARTIN MAYER. Aus dem Inst i tu t ffir ~ehHfs- urd qrrlcer~rml~hei~en ~u Hamburg. Leiter:

Obermedizinalrat Prof. NOCHT.

Obwohl die Malaria zu den wenigen Infektionskrankheiten geh6rt, Ifir die wir seit langer Zeit ein spezifisches Heilmittel irn Chinin besitzen, bietet doeh die Therapie bei ihr rnanehe Schwierigkeiten, die gerade in den letzten Jahren zur Empfeh- lung einer Uberfiille therapeutischer Methoden gefShrt haben, so dab der praktische Arzt oft wirMich irn Zweifel sein rnuB, wie er sich zu verhalten hat.

Daher ist tier Kardinalpunkt der Behandlung die Betrach- • des Wesens tier Krankheitserreger. Die Malariapara- a i ten haben mit zahlreichen anderen protozooischen Krank- iheitserregern das gemeinsarn, dab sie in den K6rper gelangt, dort in der Regel zuns akute klinische Erscheinungen ausl6sen, die entweder (meist nur bei Malaria tropiea) zum Tode fflhren k6nnen oder aber nach Uberstehen der in .ty- pischen Anis verlaufenden akuten Form auch bei Nicht- behandlung zu einern chronischen Parasitisrnus irn K6rper .des ]3efallenen gelangen. Dieses ehronische Stadium kann ~chleichende Erseheinungen (Kachexie, Milztumor, Blut- a rmut usw.) verursaehen, kann aber auch flit lange Zeit klinisch unbemerkt verlaufen, bis durch St6rung des Gleich- gewicllts zwischen K6rper und Parasiten diese wieder zu -verst~rkter Verrnehrung angeregt werden und Rfickfalle verursachen. Solche Rfickis k6nnen noch nach Jahren -- aelten sps als naeh 3--4 Jahren -- auftreten. Anderer- seits kann es aber auch selbst nach schwerer Anfangsinfektion aand nach schwerern Rfickfall offenbar dutch gflnstige Ver- hs der Abwehrkrafte des betreffenden Individuurns

R I F T . I. J A H R G A N G . Nr. ~ 527

zur Heilung ohne weitere 1Rfickf~lle kornmen. Werden nun derartige F~lle -- und sie sind gar nicht so selten -- zuf~Lllig zu einer therapeutischen Erprobung besonderer Chinin- verordnung oder anderer Mittel herangezogen, dann gelangt der Unerfahrene leicht zu dem Trugschlul3, dab ffir alle F~lle diese seine Methode ernpfehlenswert, sei. Es dari demgegen- fiber wohl rnit Recht in Anspruch genomrnen werden, dab die an vielen tausenden yon F~illen aller Lander gewonnenen Erfahrungen tier Tropen~rzte, die sich sowohl auf frische Er- krankungen wie aui Rflckf~lle beziehen, in erster Linie be- rficksichtigt werden, auch wenn manche der neueren Beob- achtungen, insbesondere an dem Kriegsrnaterial, solchen Er- fahrungen zu widersprechen schienen. Erfreulicherweise bricht sich jetzt in allen Landern solche Erkenntnis wieder Bahn, zumal selbstverst~indlich wertvolle neue Beobachtungen mit in Betracht gezogen werden miissen.

BeschSftigen wir uns zun~chst rnit der UMninbehandlung, so miissen wir die Behandlung des akuten Anfalls und die des chronischen Stadiums besonders betrachten. Zwei Ge- sichtspunkte rnfissen insbesondere auch unter Berficksichti- gung der Kriegserfahrungen dabei in Rechnung gesetzt werden. Der erste betrifft die Frage: Sollen wir versuchen, bei der Tagesdosis mit rn6glichst geringen Mengen auszu- kornmen ? Der zweite: Sollen wir die Chininnachbehandlung sehr lange Iortsetzen? Der gr6Bte Tell der letztjahrigen Arbeiten dreht sich urn diese Frage und zwischen den Extrernen nach beiden Richtungen werden die verschiedensten Anwen- dungsweisen empfohlen. Dies beweist, dab es eine ideale Chininbehandlungsrnethode, die Iflr alle F~lle paGt, noch nicht gibt. Daher ist es wohl berechtigt, ein gewisses Schemati- sieren mit Anwendungsforrnen, die erfahrungsgerniil3 bei re- lativer Unsch~Ldlichkeit am wirksarnsten sich erwiesen haben, fiir denjenigen Arzt zu ernpfehlen, der nicht die Gelegenheit hat, eigene groBe Erfahrungen zu samrneln.

Betrachten wir nun im folgenden die wichtigsten Gesichts- punkte der Behandlung.

Der akute Malariaanfall oder ihm gleichende Rfickfall muB sobald als rn6glieh behandelt werden. Je frfiher nitm- lich die Behandlung einsetzt, desto rnehr Parasi ten werden tells vernichtet, teils in ihrer Weiterentwicldung gehernmt, vor allern die mit jedem weiteren Anfall zunehmende Bildung der resistenten Geschlechtsformen (Gameten) gehindert. Nachdern man frfiher iestgestellt hatte, dab die jfingsten Parasitenforrnen am empflndlichsten gegen Chinin sind, hatte man empfohlen, die bestirnmte Tagesdosis auf einrnal, 4- -6 Stunden vor dem zu erwartenden Anfall zu geben. Jetzt ist man rneist dazu gelangt, das Chinin rn6glichst bald nach gestellter Diagnose zu verabfolgen und durch die Weiter- behandlung daifir zu sorgen, dab der ,,Chininspiegel" w~hrend der ersten Tage irnrner ein geniigend hoher ist. Vorbedingung solch rascher Behandlung ist natfirlich die ]Diagnose. Es w~re aber ein Fehler, hier aui die aus ~uBeren Grtinden etwa nicht sofort zu stellende rnikroskopische Diagnose zu warten. Wo Verdacht auf einen Malariaanfall besteht (und des Bild ist ja oft recht eindeutig), wird man in den meistefi Fallen ohne Schaden gleich Chinin geben k6nnen, nachdem man zur Sicherung tier Diagnose PrXparate angeferfigt hat. Erfolgt nach 5 Chinintagen keine Entfieberung, dann war meist die Diagnose falsch.

Die Art der Einve~leibung des Chinifls beim akuten Anfall hangt yon dessen Schwere ab. Bei den Forrnen yon Malaria tert iana und rneist auch quartana kornmt man in der Regel rnit innerlicher oder intrarnuskuls Einverleibung aus. Die Erfahrung hat nun ergeben, da2 die Durchschnittstagesgabe bei innerer Verabfolgung einern Grarnrn Chininurn hydrochloricurn entspricht. Urn nun nicht yon einer oft schwer zu bestimrnen- den bestirnmten Stunde der Eingabe abzuh~ngen, urn rn6glichst sofort beginnen zu k6nnen und um dauernd Chinin in genfi- gender Menge irn K6rper kreisen zu lassen, ist man auf Grund klinischer und physiologisch-chemischer Untersuchungen vieliaeh dazu gelangt, diese Dosis verteilt in Einzelgaben Yon 5 • o ,2g oder 4 • o,25 g aui den Tag zu geben (Noc~Tsche Methode); eine Methode, die auch ich in erster Linie empfehlen rn6chte. Ich will bier ausdrfieklieh betonen,

Page 2: Die Behandlung der Malaria

528 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . r. J A H R G A N G . Nr. II ~ z . MARZ zg-'z

dab es seit langem bekannt ist -- worauf auch ZIEMANN hin- weist (die Malaria, in M~NSES Handb. der Tropenkrank- heiten, Bd. V) -- dal3 einzelne Falle auch mit geringeren Tagesdosen yon o,5--o,6 g auskommen k6nnen, und dab dies besonders manchmal bei Rfickfallen der Fall ist. Aber es erscheint auch mir unrichtig, bei therapeutischem Vor- gehen -- ohne zwingenden Grund -- an der unteren Grenze der wirksamen Gabe zu balancieren, um so mehr als doch das Ziel aller Chemotherapie die Dosis magna sterilisans ist.

In Fallen, in denen eine inhere Verabfolgung wegen Magen- darmst6rungen oder bedrohlichen Ersckeinungen nicht an- gezeig~ erscheint; steht uns zunachst die intramuskulJire Verabfolgung des Chinins zur Verffigung. Auf diesem Wege wird das Chinin sehr gut resorbiert und manche s ziehen die Methode fiir die ganze Dauer der Behandlung vor. In der Regel ist dies nicht notwendig, nnd eine Uberlegenheit dieser Anwendungsform hat sich llicht ergeben. Es wird daher meist nur in den ersten Tagen die intramuskulare Einspritzung n6tig sein. Man spritzt intragluteal in Dosen yon 0, 5 g und zwar am besten in Form yon Chininurethan, das fiir solehe Zwecke in Ampullen im Handel ist~). Subcutane Chinin- injektionen sind als Kunstfehler anzusehen.

In ganz schweren Fallen, insbesondere bei Malaria tropica, mit komatSsen Erscheinungen sind zun/ichst 1--2 intra- ven6se Injektionen angezeigt, sie wirken oft bei bedrohlichen Erscheinungen lebensrettend. Die Dosis soll und braucht o, 5 g Chinin nicht zu fibersteigen (sonst Kollapsgefahr); oft genfigt schon 0, 3 g. Man verwendet am bes• die obigen Ampullen nnd verdfinnt in der Spritze mit Kochsalzl6sung auf io ccm. Natiirlich kann man es aueh mit einer illtra- venSsen Kochsalzinfusion yon ca. 200 ecru kombinieren, der man noch einige Tropfen Adrenalin zuffigell kann. Es emp- fiehlt sich, stets gleichzeitig o,5--1,o g intramuskular zu verabfolgen.

Die Behandlung des akuten Anfalls muB dutch tagliche entsprechende Chiningaben bis zum Verschwinden des Fiebers und der ungesehlechtlichen Parasiten nnd danach noch 3 bis 4 Tage ohne Pause fortgesetzt werden. Bei sehr starkell In- fektionen und vo r allem bei Tropica kann in den ersten 2 bis 3 Tagen start I g taglich 2 g gegeben werden; h6her als 3 g zu steigen ist zwecklos und schadlich.

Kinder vertragen Chinin sehr gut. Man gibt bis zu I Jahr o,I g; bis zu IO Jahren yon o,I mit dem Alter steigend bis zu 0,75 g.

Nach Heilung des Anfalls erfolgt die Naehbehandlung. Betreffs ihrer teilen sich die Ansichten. Ein Teil der Tropen- arzte empfiehlt eine Behandlung mit einem Wechsel von Chinintagen und -pausen, ein anderer ein tagl iches Chinin- geben fiir kiirzere oder langere Zeit. Ictl schlieBe mich auf Grund unserer Erfahrungen den Anhangern der Pausen- behandlung an, da auch ich eine Gew6hnung bei taglichen Gaben niclit ffir ausgeschlossen halte. Ich empfehle, yon zweitagigen Pausen bis zu ffinftagigen steigend noch 6 Wochen lang mit zuerst 3, dann 2 dazwischen eingeschalteten auf- einanderfolgenden Chinintagen zu je i g Chinin diese Nachkur fortzusetzen ; insbesondere bei Riickfallen halte ich eine Dauer bis zu 8 Wochen, wie auch ich sie frfiher anriet, nicht mehr ffir erforderlich. Nut wenn die Gameten wahrend dieser Zeit nicht verschwinden, halte ich eine Verlangerung bis zu 8 Wochen ffir wiinschenswert. Die Tagesdosis wird auch hierbei, ver- tei l t gegeben, besser vertragen~).

ZIE~ANN (1. C.) gibt noch 7 Tage nach der Entfieberung taglich I g, dann 14 Tage jeden 2. Tag, dann mindestens 2 Monate jeden 4. Tag, eventuell iedeI1 3. und 4. Neuer- dings (Berl. K1. W. 192o, Nr. 28 u. 29) empfiehls er zunachst 14 Tage taglich I g.

Wichtig ftir den Praktiker ist die Wahl der ChininprJi- parate. Chinin. hydrochloricum ist das meist angewandte Prs Chinin. sulfuricum ist ihm gleichwertig, doch ent- sprechen erst 1,12 g yon letzterem i,o g des ersteren. Von

1) Eine L6sung yon Chinin. hydrochl, io g, aqua dest. 18 g, Athylurethan 5 g entspricht bei Z immer t empera tu r einem Volumea yon 30,0, so dab eine Ampulle yon 1,5 ecru. jeweils o,5 Chinin enth~ilt. -~) Ausftihrliches bei NOCHT-MAYER, Die Malaria, Jul ius Springer I918.

dem geschmacklosen, noch viel empfohtenen Chininum tanni- cure natissen 2~5 g ffir I g Chinin. hydrochloric, verabfolgt werden~). Das Dihydrochininum hydrochloricum, das noch bedeutend wirksamer als Chinin. hydrochloric, ist, ferner die fast geschmacktose Chininbase nncl das zugleich mit dem Chinin in der Chinarinde vorkommende Chinidin ( = Con- chinin), welch letztere ihm gleiehwertig sind, sollten berufen sein, in der lX~alariather~pie noch eine gr6Bere Rolle zu spielen.

Man gibt innerlich das Chinin m6glichst nicht auf den vollen Magell und muB die Pr/iparate yon Zeit zu Zeit auf Zerfallbarkeit (besonders atte Tablet ten und Kapseln) in Wasser priifen ; zahlreiche Versager der Therapie beruhen auf einem Mangel des Zerfalls.

Jeder Malariariickfall -- und mit solchen hat, wie erwahnt, jeder ){alariker einige Jahre zu rechnen -- ist wie ein frischer Anfall zu behandeln und nachzubehandeln.

Als Ersatz ffir Chinin, was praktisch nur bei l )nvertrag- lichkeit dessetben (Idiosynkrasie) oder Unwirksamkeit (so- genannte Chininabstumpfu.ng) in Frage kommt, kommen in erster Linie Salvarsan und Arsalyt in Betracht. Sie k6nnen vor allem bei Tertiana, abet nut im Anfall selbst gleich ge- geben, spezifisch heilen, t3ei Tropica trelen meisfi sehr bald Riickfalle auf, bei Quartana wirken sie anscheinend noch schlechter. Man gibt 2-- 3 Iniektionen yon o,45--o,6 Neo- salvarsan in 6--8 tagigen Zwischenraumen. Kombination mit anschlieBender Chininnachkur ist, wenn angangig, vor- zunehmen.

Zu Methylenblau wird man bei Tertiana und Tropica nut ausnahmsweise greifen, dagegen wirkt es bei Quartana relat iv gut. 3Ian gibt Methylenblau medic, pur. pro Tag I g in Einzeldosen yon o,2 g (gegen Harndrang dabei Mus- katnug).

�9 t3ei den im Krieg und frfiher (besonders Brasilien) beob- achteten Fallen einer gewissen Chininresistenz wirkt wohl Chinin zunachst gew6hnlich auf Fieber und Parasiten, die aber nach kurzer Zeit wiederkehren, Hier empfiehlt sich Aussetzen yon Chinill ffir einige Zeit und Ersatz durch Sal- varsan; sparer wieder Nachkur mit Chinin.

Die chron~schen ~Yialaria/olgen nnd larvierte Malaria- formen (Neuralgien usw.) bedfirfen besonderer Beobachtung und Behandlung. ]3ei ihnen wird auch zun/~chst die Diagnose m6glichst zu sichern sein, dutch Parasitennachweis, .Milz- und Blutuntersuchung (Blutbild). Ist die MMariadiagnose gesichert oder sehr wahrscheinlich, so empfiehlt es sich, auch ill diesem fieberfreien chronischen Stadium zunachst einige Tage hintereinander und dann mit Pausen, wie oben be- sprochen, 4 - -6 Wochen Chinin mit Eingrammtagesdosen (eventuell ver tei l t in Einzelgaben yon o,2 g -- o,25) zu geben ; Voraussetzung ist, dab nicht unmittelbar vorher bereits eine langere Chininkur stattgefunden hat. Dann muB bei diesen chronischen Formen nnd gar bei eingetretener sogenannter Malariakachexie mit starker Blu tarmut vor allem Arsenik gegeben werden. Wo es sich um schwerere Formen handelt, ist allein subcutane Behandlung mit Natr ium cacodylicum (zu o,o 5), Solarson oder ~hnlichen Praparaten angezeigt; in leichteren kann auch eine innere Arsenikbehandlung, eventuell kombiniert mit Eisenpraparaten und Nahrpraparaten ge- wahlt werden. Eine solche Arsenikbehandlung kann auch yon vornherein sehr zweckmaBig mit der Nachbehandlung einer frischen oder rezidivierten Malaria verbunden werden, danll auch in Form von.Salvarsan. Hydrotherapie verniinftig und sachgemaB angewandt, Erholungskur in mit t lerer Ge- birgslage, auch kfinstliche H6hensonne unterstfitzen die Genesung.

Vie1 wurde bei Kriegsmalaria fiber Provotcationskurerv geschrieben. Die alte Eriahrung, dab alle m6glichen Sch~- digungen des K6rpers pl6tzlich Rfickfalle ausl6sen k6nnen, glaubte man bei der Nachkur verwerten zu k6nnen in der An- nahme, dab ein solcher Rtickfall eher heilbar sei und die aus den inneren Organen ausgeschwemmten Parasiten der Thera-

~) ZIEMANN empfiehlt es noeh in alien F~Ilen yon Chinin-Idiosynkrasie, vor alIem bei Chininurticaria. (Berl. K1. W. I9~O.)

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~L MXRZ I922 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . I. J A H R G A N G . Nr. II 529

pie zug/inglicher. Man hielt auch negativen Ausfall der Pro- vokation flit ein Kriterium der Heilung. Beides hat sich nicht beweisen lassen, es ist im Gegenteil sehr wahrscheinlich, dab dadurch eine St6rung des natfirlichen Heilungsvorganges zustande k o m m t . DaB solehe Provokationen abet sogar eine gewisse Gefahr bedenten, zeigen schwere Anfglle nach R6ntgenbestrahlnng, Salvarsaninjektionen usw., sogar mit t6dlichem Ausgang. Bet rgtselhaftem Fieber frfiherer Kriegs- *eilnehmer nach solchen Eingriffen ist steta an Malaria zu denken. Provokationsmethoden kommen meist nur noch zur Sicherung der Diagnose latenter Malaria im Rentenverfahren in Frage, abet auch bier sind sie bet negativem Ausiall nur beim Fehlen sonstiger Anzeichen Ifir chronische Malaria beweisend. Ich halte in alien F/illen die harmlosen physi-

kalischen 5Iethoden den eingreifenden Injektionen verschiede- ner Stoffe ffir gleichwertig.

Eine schwere Komplikation der Malaria, das Schwarz- wasserfieber, kommt nach meist l~nger zurfickliegender Ma- laria durch sie zusammen mit Sch~digung, die auf Chinin und andere K6rper zurfickgeffihrt werden, zustande. Hier ist sofort Chinin auszusetzen, das Schwarzwasserfieber sympto- matisch (Schwitzen, Trinken, Herzmittel usw.) zu behandeln und nach v611igem Ablani eine Chiningew6hnungskur m i t ganz kleinen Dosen, vorsichtig steigend, untere st~ndiger Temperatnr- und Urinkontrolle (Eiweig und Blut) einzuleiten. Auch bet Chininidiosynkrasie (]Blutungen usw. ) i s t dieses so- fort auszusetzen; bet starken Schleimhautblutnngen sahen wir ausgezeichnete Erfolge mit Koagulen.

OFFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. ALTERS- ODER FACHGLIEDERUNG ALS EINTEI- LUNGSPRINZIP FOR DIE SOZIALEN AMTER EINER

STADTVERWALTUNG~). Von

Prof. Dr. KRAUTWlG-K61n.

Die Aufforderung, fiber die Alters- oder Fachgliederung als Einteilungsprinzip ffir die sozialen Xmter ether Stadt- verwaltung zu sprechen, habe ich erst vor kurzem in meinen Ferien erhalten. Infolgedessen werde ich meine Ansffihrungen auf die wichtigsten Gesichtspu.nkte beschr~nken. Ich be- grfiBe es, dab eifie Reihe von Xrzten Gelegenheit linden, auch in Ihrer Versammlung die ~rzfliche Auffassung zu den Fragen zu bekunden, die bet den vielen Er6rterungen fiber die zweck- mgBige Gestaltung des Jugendamtes in der 0ffentlichkeit zur Sprache gekommen sind. ~u eine solche Aussprache frfiher m6glich gewesen, so w~re auch vielleieht die unfreund- liche Stellungnahme mancher Kreise zu dem kfirzlich statt- gefundenen I. Deutschen Gesundheitsffirsorgetag unter- blieben.

Wenn wir heute die Frage der praktischen Gliederung der Wohlfahrts~mter prfifen, so ergibt sich die Notwendigkeit hierffir aus der auBerordentlich zersplitterten, bunten Ent- wicklung, welche das Wohlfahrtswesen bisher in den ver- schiedenen Gemeinden genommen hat. Diese freie Entwick- lung war gewil3 ffir die erste Zeit der X,Vohlfahrtsarbeit yon Vorteil. Einzelne Pers6nlichkeiten, einzelne Vereinigungen haben dem Bilde der Wohlfahrtsarbeit, je nachdem Was sie fiir richtig und notwendig hielten, je nachdem was an Not in der einzelnen Stadt vorherrschend war, jeweilig eine besondere Oestaltung verliehen. Hente aber ist es an der Zeit, gerade wet! die Not des Volkes so groB ist und die wirtschattliche Lage dazu zwingt, nur das unbedingt Notwendige zu leisten, die Wohlfahrtsarbeit systematisch zu gliedern und zu ordnen, damit fiberflfissige Arbeit nach 3'I6glichkeit verhindert wird.

Wenn man als Hauptgebiete der \Vohlfahrtsarbeit die sozial-hygienisehe, die sozial-pgdagogische und sozial-wirt- schaftliche Form derselben bezeichnet, so haben zun~chst diese Teilgebiete alle Veranlassung, innerhalb der eigenen Grenzen Ordnung zu schaffen. Auf der sozial-hygienischen S~ite ist diese Entwicklung dahin erfolgt, dab w i r e s immer mehr ffir richtig halten, an Stelle der bisherigen Einzelffir- sorge (S~uglings-, Schulkinder- nnd Tuberkuloseffirsorge) die Zusammenfassung in der sozial-hygienischen Familienffir- sorge zu erreichen. Diese Zusammenfassung gilt zun/~chst fiir die /irztliche T~tigkeit im Ffirsorgewesen, sie gilt aber noch mehr ffir das Amt der Ffirsorgerin, der unerl~Blichen Mitarbeiterin des Arztes.

Die heutige Auseinandersetzung soil nur eine Verst/in- digung anbahnen fiber die zweckm~Bige Abgrenzung der ver- schiedenen sozialen Amter gegeneinander. Dabei wird fest- zuhalten sein, dab bet der Fachgliederung eine Reihe Yon Aufgaben sowohl dem einen, wie dem anderen sozialen Amte

~) Referat auf dem Fiirsorgetag des Deutschen Vereins ffir 8ffentliche und private F0rsorge am 13. September I92i in Nfirnberg.

zufallen k6nnen, nnd dab fiir diese Gebiete mit konkurrieren- den Interessen eine scharfe objektive Scheidung gar nieht m6glich ist, sondern nur die tterbeiffihrung ether geeigneten Zusammenarbeit das Ziel sein kann, z.B. gilt das ffir die Keinkinder- und Schulkinderfiirsorge. Des weiteren ist der Versuch eines maBgeblichen Gliederungsvorschlages ffir die sozialen Nmter deshalb nicht sehr verheil3ungsvoll, well es eine nur allein richtige Form des Auibaues ffir alle F/ille gar nicht geben kann. GroBe und kleine St~dte, das Land sind in ihrer wirtschaftlichen Gliederung, nach Art und Marl der Notstgnde, naeh vorhandenen Geldmitteln und hilfsbereiten Pers6nlichkeiten so verschieden, dab dadurch auch eine ver- schiedene Form und Gliederung der Arbeit lokal bed ing t wird.

Es kommt auch hinzu, dab die vorliegende Fragestellung, Alters- oder Fachgliederung als ]Zinteilungsprinzip, die tat- s~chlichen Verh~ltnisse nicht restlos ersch6pit. Wenn man das Jugendamt verlangt, so will man damit nicht nur die altersm/iBig begrenzte Gruppe der Jugendlichen beffirsorgen, sondern auch dem fachlichen Gesichtspunkt der Erziehung de r Jugend besonders gerecht werden. Das Jugendamt wird also bet beiden Einteilungsgrunds/itzen seine Interessen wahren k6nnen. Praktisch liegen die Dinge so, dab der Ver- such, Alters- oder Fachgliederung als mal3gebend anzunehmen, im wesentlichen nur die Auseinandersetzung zwischen dem Jugend- und Gesundheitsamt bedeutet angesichts der bevor- stehenden Schaffung yon Jugend~mtern. Denn keiner be- zweifelt, wenigstens ffir die st~dtischen VerhNtnisse, dab das soziale Amt, das Arbeitsamt, gleichgiiltig wie man auch die Einteilungsgrunds~tze nimmt, eine selbst~ndige Existenz haben muB. SchlieBlich n immt auch noch das Wohnungsamt bet dem Aufbau der sozialen ,~mter heute eine besondere Stellung ein. Im allgemeinen lfiBt man es mit Rficksicht auf die heute vorwiegend groBen Aufgaben der Wohnungs- beschaffung aus dem Verband des Wohlfahrtsamtes hinaus. Manche Vertreter der Wohnungsffifsorge wissen aber auch beachtliche Grfinde daffir beizubringen, dab das Wohnungs- amt mit seinen Aufgaben sogar der Zentralpunkt aller Ffir- sorgearbeit sein m/isse, dem sich alle anderen Amter, gleich- gfiltig ob sie sich untereinander fachlich oder nach Alters- ldassen gliedern, unterzuordnen h~tten. Die Anseinander- setzung zwischen dem kfinftigen Jugendamt nnd dem Schul- amt fiber die Zuteilung der zusammenh~ngenden Aufgaben des Jugendschutzes und der Jugendbildung wird auch noch erfolgen mfissen; die beiden -4rntern eigene Altersgliederung wird diese Auseinandersetzung gewil3 nicht verhinderI1.

Zu dem zweifellos akutesten Problem, zu der Abgrenzung des Gesundheits- und des ]ugendamtes, will ich auf folgende Punkte hinweisen:

I. Verlangt man das Jugendamt und innerhalb der Jugend alle Wohlfahrtsarbeit, gleichviel zu welchem ,,Fach" sie ge- h6rt, dem Jugendamt eingegliedert, indem man hier das Altersprinzip dominieren 1/iBt, so wfirde man zuniichst fragen, was soll man denn mit der fibrigbleibenden Ffirsorge ifir die Erwachsenen anfangen. Die Jugendffirsorge wird nicht nu t