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Dic persiinliche Meinung Derzeitige Forschu•gsaktivitiiten in der kardiologischen Rehabilitation in Deutschland Thomas Wendtt Zusammenfassung: Innerhalb weniger Jahre hat sich aus einem Forschungsdefizit in der kardiologischen Rehabilitation ein interdisziplin~irer Forschungsboom entwickelt. Die kurzfri- stigen Ergebnisse der stationaren Rehabilitation, erhoben in mehreren multizentrischen Studien, liegen heute bereits vor, die Langzeitergebnisse der neueren Multicenterstudien wer- den in Kª zur Verfª ng stehen. Hauptproblem ist heute nicht mehr das Forschungsdefizit, son- dern das geringe Ansehen der kardiologischen Rehabilitation in der Offendichkeit sowie die fehlende Akzeptanz der vorlie- genden Ergebnisse. Zukª werden Fragen der dauerhaften Sicherung des Rehabilitationserfolges und der Gesundheits- Okonomie an Bedeutung gewinnen. Schlª Rehabilitation - Forschung - Stationar 9 Ambulant. Evidence based medicine Current State of Research in Cardioiogic Rehabilitation in Germany Abstract: Within a few years a lack of research in cardiologic rehabilitation in Germany has changed to a boom in scientific work in that fietd. The short-term results of inpatient pro- gramms, collected in a number of mutticenter studies, are available today. Long-term outcomes of these programms witl be published soon. The main problem in Germany today is not the lack of research anymore but the poor reputation of rehabilitation in public and the missing acceptance of the published outcomes. In future the problem of preserving short-term rehabi|itation benefits in the long run and economic questions will become more impor- tant. Key Words: Rehabilitation - Research 9Inpatient - Outpatient 9Evidence based medicine L ange bevor der Begriff der ,,evi- dence based medicine" (EBM) Ein- zug in die wissenschaftliche und gesund- heitspolitische Diskussion gehalten hat und kª in Berlin sogar der erste deutsche Kongrel3 ª EBM abgehalten wurde, haben Fliedner et al. [10] bereits 1988 auf ein ,,Forschungsdefizit" in der Rehabititation bei chronischen Kraak- heiten hingewiesen. Sechs Jahre sp~iter haben Wirth et al. [23] in ihrer riel beachteten Standortbe- stimmung die Situation beztigtich der wissenschaftlichen Untermauerung in der kardiologischen Rehabilitation mit den Worten zusammengefagt: ,,Wenn- gleich die kardiologische Rehabititation in Deutschland als etabliert betrachtet werden kann, ist sie dennoch wissen- schaftlich nicht ausreichend legitimiert." Zu diesem Zeitpunkt, 1994, waren erst- mals vergleichende Ergebnisse bezª der Struktur-, ProzeB- und Ergeb- nisqualitftt der station~iren und am- bulanten Anschlu~3heilbehandlung mit kardiologischer lndikation in Deutsch- land pubtiziert worden [1, 2]. Trotzdem warnten Wirth et al. [23] - zwei Jahre vor den Sparbeschlª der Bundesregierung im Rahmen des Wachst umsfOrderungsgesetzes (WFG) - in fast schon prophetischer Weise: ,,Es wird eine Rehabilitationsforschung geben oder keine Rehabilitation mehr." Was ist seitdem erreicht worden? Spfit, aber nicht zu spfiL hat in Deutsch- land nach einer meist sporadischen For- schung eine systematische Forschung eingesetzt. Neben einzelnen Promoti- onsarbeiten wurden, aufbauend auf den Ergebnissen und dem Studiendesign ron Badura et al. [1, 2], zun~ichst kleinere Projekte mit wissenschaftlicher Beglei- tung zur Frage der Praktikabilit~it und der Ergebnisse ambulant/teilstationfirer Modelle [4, 5, 8, 11, 13, 15, 16, 17, 21] durchgefª Unter dem Eindruck der Auswirkungen der Sparbeschlª in der Rehabilitation wurden 1996/97 schlieBlich drei groBe Multicenterstudien an ª 10 000 Pati- enten zur Frage der kurz- und mittelfristi- gen Ergebnisse in der station~iren Reha- bilitation begormen: PROTOS, die DGPR- und die PIN-Studie [7, 14, 22]. PROTOS (prospektive therapiezielori- entierre Studie) untersucht an 4806 Pati- enten aus 15 Reha-Kliniken, davon drei I Reha-Klinik Wetterau der BfA (Leiter: Priv.-Doz. Dr. Th. Wendt), Bad Nauheim. Nach einem Vortrag auf dern Symposium ,,Kardiologische Rehabilitation (Phase II) stationar - teilstation~ir- ambulant" der LAG Bayern aro 31.1. 1998 in Mtincheu. Weitere Informationen zu den erw/~hnten und derzeit noch nicht publizierten Studien sind ª den Autor erhNdich. Herz 1998;23:409--12 (Nr. 6) 4(19

Derzeitige Forschungsaktivitäten in der kardiologischen Rehabilitation in Deutschland

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D i c persi inliche Meinung

Derzeitige Forschu•gsaktivitiiten in der kardiologischen Rehabilitation in Deutschland Thomas Wendt t

Zusammenfassung: Innerhalb weniger Jahre hat sich aus einem Forschungsdefizit in der kardiologischen Rehabilitation ein interdisziplin~irer Forschungsboom entwickelt. Die kurzfri- stigen Ergebnisse der stationaren Rehabilitation, erhoben in mehreren multizentrischen Studien, liegen heute bereits vor, die Langzeitergebnisse der neueren Multicenterstudien wer- den in Kª zur Verfª ng stehen.

Hauptproblem ist heute nicht mehr das Forschungsdefizit, son- dern das geringe Ansehen der kardiologischen Rehabilitation in der Offendichkeit sowie die fehlende Akzeptanz der vorlie- genden Ergebnisse. Zukª werden Fragen der dauerhaften Sicherung des Rehabilitationserfolges und der Gesundheits- Okonomie an Bedeutung gewinnen.

Schlª Rehabilitation - Forschung - Stationar �9 Ambulan t . Evidence based medicine

Current State of Research in Cardioiogic Rehabilitation in Germany

Abstract: Within a few years a lack of research in cardiologic rehabilitation in Germany has changed to a boom in scientific work in that fietd. The short-term results of inpatient pro- gramms, collected in a number of mutticenter studies, are available today. Long-term outcomes of these programms witl be published soon.

The main problem in Germany today is not the lack of research anymore but the poor reputation of rehabilitation in public and the missing acceptance of the published outcomes. In future the problem of preserving short-term rehabi|itation benefits in the long run and economic questions will become more impor- tant.

Key Words: Rehabilitation - Research �9 Inpatient - Outpatient �9 Evidence based medicine

L ange bevor der Begriff der ,,evi- dence based medicine" (EBM) Ein-

zug in die wissenschaftliche und gesund- heitspolitische Diskussion gehalten hat und kª in Berlin sogar der erste deutsche Kongrel3 ª EBM abgehalten wurde, haben Fliedner et al. [10] bereits 1988 auf ein ,,Forschungsdefizit" in der Rehabititation bei chronischen Kraak- heiten hingewiesen.

Sechs Jahre sp~iter haben Wirth et al. [23] in ihrer riel beachteten Standortbe- stimmung die Situation beztigtich der wissenschaftlichen Untermauerung in der kardiologischen Rehabilitation mit den Worten zusammengefagt: ,,Wenn- gleich die kardiologische Rehabititation in Deutschland als etabliert betrachtet werden kann, ist sie dennoch wissen- schaftlich nicht ausreichend legitimiert."

Zu diesem Zeitpunkt, 1994, waren erst- mals vergleichende Ergebnisse bezª der Struktur-, ProzeB- und Ergeb- nisqualitftt der station~iren und am- bulanten Anschlu~3heilbehandlung mit kardiologischer lndikation in Deutsch- land pubtiziert worden [1, 2].

Trotzdem warnten Wirth et al. [23] - zwei Jahre vor den Sparbeschlª der Bundesregierung im Rahmen des Wachst umsfOrderungsgesetzes (WFG) - in fast schon prophetischer Weise: ,,Es wird eine Rehabilitationsforschung geben oder keine Rehabilitation mehr." Was ist seitdem erreicht worden?

Spfit, aber nicht zu spfiL hat in Deutsch- land nach einer meist sporadischen For- schung eine systematische Forschung eingesetzt. Neben einzelnen Promoti-

onsarbeiten wurden, aufbauend auf den Ergebnissen und dem Studiendesign ron Badura et al. [1, 2], zun~ichst kleinere Projekte mit wissenschaftlicher Beglei- tung zur Frage der Praktikabilit~it und der Ergebnisse ambulant/teilstationfirer Modelle [4, 5, 8, 11, 13, 15, 16, 17, 21] durchgefª

Unter dem Eindruck der Auswirkungen der Sparbeschlª in der Rehabilitation wurden 1996/97 schlieBlich drei groBe Multicenterstudien an ª 10 000 Pati- enten zur Frage der kurz- und mittelfristi- gen Ergebnisse in der station~iren Reha- bilitation begormen: PROTOS, die DGPR- und die PIN-Studie [7, 14, 22].

P R O T O S (prospektive therapiezielori- entierre Studie) untersucht an 4806 Pati- enten aus 15 Reha-Kliniken, davon drei

I Reha-Klinik Wetterau der BfA (Leiter: Priv.-Doz. Dr. Th. Wendt), Bad Nauheim.

Nach einem Vortrag auf dern Symposium ,,Kardiologische Rehabilitation (Phase II) stationar - teilstation~ir- ambulant" der LAG Bayern aro 31.1. 1998 in Mtincheu. Weitere Informationen zu den erw/~hnten und derzeit noch nicht publizierten Studien sind ª den Autor erhNdich.

Herz 1998;23:409--12 (Nr. 6) 4(19

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kardiologischen Zentren (n = 1370), die somatischen, psychosozialen und funk- tionaten kurzfristigen sowie die Ein-Jah- res-Ergebnisse nach einer An- schlugheilbehandlung (AHB).

Die Studie der DGPR (Deutsche Gesellschaft fª Pr~ivention und Rehabi- litation von Herz-/Kreislaufkrankhei- ten) erhebt die kurz- und mittelfristige Ergebnisqualit~it der stationaren kardio- logischen AHB an etwa 3000 Patienten im Rahmen einer ebenfalls multizentri- schen, jedoch ausseh|iel3lich an kardio- logischen Reha-Zentren (n = 16) durch- gefª prospektiven Stª

Die PIN-Studie (Postinfarkt-Nachsor- ge) an 2443 konsekutiven Patienten aus 18 Rehabilitationskliniken weist ein iihnliches Design wie die DGPR-Studie auf, verfolgt die Patienten jedoch ª ein Jahr nach Entlassung aus der AHB.

In Kenntnis dieser Entwicklungen fal3te Badura anl~iglich des 32. Kongresses der Deutschen Vereinigung fª die Rehabi- litation Behinderter (DVfR), der 1997 unter dem Motto ,,Ambulante wohnort- nahe Rehabilitation - Konzepte fª Gegenwart und Zukunft" stand, den Forschungsstand lar die kardiologische Rehabititation wie folgt zusammen: ,,Vor dem Hintergrund der gut doku- mentierten, langfristigen Erfolge einer durch spezielle Reha-Programme erziel- ten Lebensstil~inderung mul3 vielmehr bezª der ,0utcomes' von PTCA und Bypassoperation von einem bei der Akutkardiologie liegenden Forschungs- bedarf gesprochen werden, was zum Beispiel den Benefit dieser revaskulari- sierender Maf3nahmen auf die Lebens- erwartung betrifft" [19].

Vor diesem Hintergrund soll die vorlie- gende • die derzeitigen Forsehungsaktivitaten in der kardiologi- schen Rehabilitation in Deutschland beschreiben und zusammenfassen. Dabei muB notgedrungen eine Auswahl der Projekte erfolgen, was keirlerlei Wertung beinhaltet.

Rehabilitationsforschung ah den Hochsdmlen

Ordentliche Lehrstª fª kardiologi- sche Rehabilitation ira Fachbereich Humanmedizin sind in Deutschland nicht bekannt. In den Instituten lar Sozialmedizin der Medizinischen Uni- versit~.t Lª und der Medizinischen

Hochschule Hannover, ira lnstitut fª Soziologie der Universit~it Heidelberg sowie in der Abteilung Medizinische Psychologie der Universit/• Hamburg wird jedoeh im Rahmen der Gesund- heitssystemforsehung auch die kardio- logische Rehabititation untersucht. Auch die Fakult~t fª Gesundheitswis- senschaften in Bielefeld ist auf diesem Gebiet in Forschung und Lehre aktiv. Zudem gibt es in der Sportmedizin/ Sportwissenschaft beispielsweise in Frankfurt am Main, Freiburg, Giegen, K61n und Leipzig Professuren, die sich ebenfalls mit der kardiologischen Rehabilitation besch~ifligen. Schlieg- lich sind an der Humboldt-Universitfit in Berlin sowie am Hochrhein-Institut fª Rehabilitationsforschung in Bad SS.ckingen zwei Stiftungsprofessuren entstanden, die ausschlieglich der Rehabilitation gewidmet sind. ttinzu kommen die Professur fª Rehabilitati- onswissenschaften ah der Universit~it Witten/Herdecke sowie das deutsche Cochrane-Zentrum am Institut fª medizinische Biometrie und medizini- sche lnformatik der Universit~t Frei- burg.

Darª hinaus vergibt eine Reihe von Hochschullehrern, die meist ah Reha- Kliniken t~itig sind, Promotionsarbeiten mit rehabilitationswissenschaftlichen Fragestellungen.

Ein Verzeichnis der Rehabilitationswis- senschaftler in Deutschland mit den jeweiligen Forschungsschwerpunkten wird regelm~Big gemeinsam ron der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilita- tion (BAR) und der DVfR [3] mit dem Ziel herausgegeben, die wissenschaftli- che Zusammenarbeit und Kommunika- tion auf dem Gebiet der Rehabilitations- wissenschaften zu f6rdern und die Transparenz der Rehabilitationsfor- schung zu erh6hen.

AktivRiiteu im Bundesministerium, in den Verbiinden und bei den Tr~igern der Reutenversichenmg

Diesbezª ist vor allem der F6rder- schwcrpunkt Rehabilitationswisseu- schaften zu erw~ihnen, der vor kurzem voto Bundesministerium fª Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technolo- gie (BMBF) und den Rentenversiche- rungstr~igern eingerichtet wurde und fª die Dauer von zun/Jchst drei Jahren in acht Forschungsverbª insgesamt 16 kardiologische Projekte f/Srdert.

Darª hinaus veranstalten der Ver- band Deutscher Rentenversicherungs- tr~iger (VDR) sowie die Bundesversi- cherungsanstalt fª Angestellte (BfA) allj~ihrlich rehabilit ationswissenschaftli- che Kolloquien bzw. Reha-Foren, auf denen neue Entwicklungen und Studien vorgestellt und diskutiert werden.

Arbeitsgruppen in wissenschafllichen Gesellschaften

Neben der Arbeitsgruppe ,,Pr~ivention kardiovaskul~irer Erkrankungen" der Deutschen Gesellschaft fª Kardiologie sowie der Arbeitsgruppe ,,Ambulante Rehabilitation und Verhaltensmedizin" der Deutschen Gesellschaft fª Sozial- medizin nnd Priivention (DGSMP) sind vor allem diverse Arbeitsgruppen der DGPR sowie der DVfR zu nennen. Neben den regelmggig stattfindenden wissenschaftlichen Tagungen werden in diesen Arbeitsgruppen Standards fª verschiedene Aspekte der kardiologi- schen Rehabilitation erarbeitet und wei- te rentwickelt.

Forschungsmittel und F6rderpreise

Mittel und Preise fª wissenschaftliche Projekte auf dem Gebiet der kardiologi- schen Rehabilitation werden allj/ihrlich voto BMBF, den genannten Gesell- schaften und von privaten Stiftungen ausgeschrieben. Auch die Deutsche Stif- tung fª Herzforschung mit Sitz in Frankfurt am Main unterstª Projekte der PrSvention und Rehabilitation ron Herz-Kreislauf-Krankheiten.

Datenbanken

Eine • ª die derzeitigen deutschen Forschungsaktivit~iten in der Rehabilitation bietet seit kurzem die Datenbank REHADAT, die gemein- sam vom Institut der Deutschen Wirt- schaft sowie der BAR zusammengestetlt und regelmfit3ig aktualisiert wird. Diese Datenbank ist entweder als CD-ROM erhfiltlich oder online (http://www.reha- dat.de) erreichbar. Von den dort aufge- fª insgesamt zehn Datenbanken zur lntegration behinderter Menschen sind insbesondere die Datenbank ,,Lite- ratur" sowie die Datenbank ,,For- schung '' fª die vorliegende • nª

So waren im April 1998 genau 8008 Literaturstellen nebst Inhaltsreferaten zum Thema berufliche RehabilitaIion

410 Herz 1998;23:a09-12 (Nr. 6)

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und Integration und 17911_ laufende und abgeschlossene Forschungsprojek- te gelistet. Diese Projekte aus den verschiedenen reh abilitationswissen- schaftlichen Disziplinen werden mit Inhalten, den projektbezogenen Ver6f- fentlichungen sowie Namen und Anschriften der beteiligten Forscher vorgestellt. Davon rinden si.ch allein unter dem Suchbegriff ,,Kardiologische Rehabilitation" derzeit 66 Eintr~ige mit stfindig steigender Tendenz (Januar 1998:48 Eintr~ige).

Studien zur Grundlagenforschung

• die genannten 66 Eintr~ige in REHADAT hinaus gibt es verschiede- ne, zum Teil von Unternehmen initfierte Projekte, die sich mit pathophysiologi- schen, molekularbiologischen und ktini- schen Fragestellungen ron Herz-Kreis- lauf-Krankheiten auseinandersetzen. Aus der Vietzahl ron Studien seien nur einige herausgegriffen:

Bei der RUTH-Studie (Raloxifene Use for The Heart) handelt es sich um eine multizentrische, doppelblinde, randomi- sierte und plazebokontroltierte Phase- II l-Studie, bei welcher der Einftug e{ner Hormonbehandlung auŸ die KHK-Mor- bidit~it und -Mortalit~t bei 10 000 post- menopausalen Hochrisikopatientinnen im Fª nntersucht wird.

MEDPED (lVlake Early Diagnosis, Pre- vent Early Death) ist ein Projekt ah fª Stoffwechselzentren, bei dem es mittels Stammbaumanalyse und genetischer Untersuchungen t,m die Erkeunurtg und Abgrenzung der famili~iren Hyperchole- sterin/imie geht. Ein davon unabh~ingi- ges Pro.iekt mit ahnlicher Zielsetzung wird ah der Universit~t Regensburg durchgefª

Zur Frage, wie k6rperliche Aktiviª ira Rahmen der kardiologischen Rehabili- tation optimal gesteuert werden kann, gibt es derzeit wenigstens zwei Ans/itze: Zum einen werden im Rahmen einer Multicenterstudie der Nmzen der Lac- tatbestimmung, zum anderen dcr Wert der Borg-Skala untersucht.

Weiterc klinische Arbeiten beschS.ftigen sich mit der Belastungssteuerung von Klappenpatienten mitte{s dynamischer Stref3echokardiographie, mit Stregbe- w~iltigungsmethoden und Entspan- nungstraining sowie mit der Identifika-

tion psychisch auff~lliger Patienten in der kardiologischen Rehabilitation.

Sonsfige Studien zur Reha-Prozeg- und -Ergebnisqnalifiit

Neben den oben genannten drei groBcn Studien PROTOS, DGPR und PIN lau- rea derzeit wenigstens fª weitere Multi- centerstudien sowie interessante, um- schriebene Projekte, die kurz vorgestellt werden sollen:

Bei der RELAST-Studie handelt es sich um eine prospektive Kohortenstudie an 15 Reha-Zentren, bei der es um den Langzeitverlauf (ein Jahr und lgmger) kardiologischer Rehabilitanden in Abhangigkeit ron der Teilnahme an einer ambulanten Herzgruppe geht.

Die PROTECT-Studie, eine Multicen- terstudie an etwa 20 Reha-Zentren, hat die Optimierung der Schnittstelle zwi- schen Phase II und Phase lIl durch Ver- besserung der Kommunikation zwi- schen der Reha-Klinik und dem Hausarzt zum Ziel.

Ira Rahmen dm PASS-Studie (Patient's Safety by Self Management of Oral Anti- coagulation) wird der Langzeitnutzen der Selbstbestimmung und -dosierung oraler Antikoagulanzien untersucht.

HELIOS ist ein EU-Projekt. welches die jeweitigen Inhalte und Richtlinien der kardiologischen Rehabilitation in den verschiedenen europ~iischen Lgmdern erhebt.

tm Rahmen einer muttizentrischen VDR-Studic werden die Ergebnisse der station~ren mit denen der teiIsta- tionaren Rehabilitation fª verschiede- ne Subgruppen miteinander vergIichen.

Wie der Kenntnisstand fª tterz-Kreis- lauf-Krankheiten und Risiko.[aktoren nach Entlassung aus dem Akutkranken- haus ist und welche Effekte das Gesund- heitstraining ira Rahmen einer AHB hat, wird ira Rahmen zweier prospekti- ver, zunSchst noch monozentrischer Stu- dien untersucht.

Die Optimierung der beruflichen Rein- Iegration durch besondere Nachsorge- programme oder intensivierte Zusam- menarbeit mit Berufsforderungswcrken ist Gegenstand verschiedener kleinerer Projekte, zum Beispief in Ennepetal [1_2] und Bad Nauheim.

Schlief31ich sei noch eine in Frank[urt am Main und Bad Nauheim geplante Studie zum Vergleich der kurz- und mittetfristb gen Ergebnisse nach akutem Ereignis mit vs. ohae AHB erw~ihnt.

Darª hinaus gibt es derzeit eine Fª le weiterer Forschungsvorhaben in der kardiologischen Rehabilitation, die aus Platzgrª jedoch nicht beschrieben werden k6nnen. So beschfiftigt sich einc groge Zahl ron Arbeitsgruppen mit der Weiterentwicklung der Reha- Programme, einige mit der Optim/e- ruag der Schnittstellen zum Akntkran- kenhaus und zum Hausarzt sowie mit der Patientenselektion und Zuwei- sungssteuerung.

Diskussion

Die Vielzahl ah systematischen und mul- tizentrischen Studien zeigt, da[3 in Deutschland heute ein breites Interesse fª die Absicherung der Effekte der kar- diologischen Rehabilitation entstanden ist uud verfolgt wird. Darª hinaus sind kardiologische Rehabilitanden als gut definiertes Kollektiv fª Studien zur Grund[agenforschung erkannt worden. Aber auch der Stellenwert der Reha- Zentren im Disease Management ron chronisch Kranken wird heute mehr und mehr erkannt, wie Studien wie PRO- TECT belegen. Zahlreiche kleinere For- schungsvo~haben ah verschiedenen Orten zeigen zudem die wachsende wis- senschaftliche ln[tiative in den Reha- Zentren selbst.

Ah den Hochschulen ist die Rehabilita- tionswissenschaft in verschiedenen Dis- ziplinen vertreten. Das BMBF, Kosten- tr~iger und private Stiftungea stel}en Forschungsmittel in bislang nicht gekanntem Umfang fª rehabilitations- wissenschaftlicbe Fragestellungen zur Verfª Datenbanken und eine Viet- zahl ~'on Reha-Kongressen erleichteru den wissenschaftlichen Austausch.

Auch wenn viele der Ergebnisse heute noch nicht vorliegen, so hat sich die Situation ira Vergleich zu den Aus- fª ron Wirth et al. [23] nur ffinf Jahre spater offensichtlich grundlegend ge~ndcrt. Dabei mug auch berª tigt werden, daB randomisierte oder doppelblinde Studien in der Rehabilita- tion schwer bis gar nicht durchfª smd. So stehen versicherungsrechtliche Garantieleistungen, wie zum Beispiel das AHB-Ver[ahren, Fragestellungen

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entgegen, welche die Effekte , ,Reha vs. keine Reha" untersuchen m6chten.

Hauptproblem ist heute also nicht mehr das Forschungsdefizit, sondern eher das geringe Ansehen der kardiotogischen Rehabili tation [19] in der Offentlichkeit, der mangelnde Bekanntheitsgrad und die (noch) unzureichende Akzeptanz [20] der begonnenen Studien sowie der bereits jetzt vorliegenden Daten.

Ausblick

Nach den positiven Ergebnissen der Outcome-Studien im kurzfristigen Ver- lauf und der noch unbefriedigenden Situation im Langzeitverlauf [6, 9] wird zukª ein wichtiger Forschungsge- genstand in der dauerhaften Sicherung der in der Rehabilitation erzielten Effekte liegen [18, 19]. Daneben ist zu erwarten, daB gesundheits6konomische Fragestellungen eine zunehmende Be- deutung erlangen werden.

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Korreapondenzanschrifi: Priv.-Doz. Dr. Thomas Wendt, Leitender Arzt der Reha- Klinik Wetterau, Zanderstrafie 30-32, D-61231 Bad Nauheim, Telefon (+49/69)548-2229, Fax-1527, e-mail: Toro. [email protected]

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