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AUTOREN
DR. MERTEN JUNGist Projektleiter Antrieb des ActiveE
bei der BMW Group in München.
DR.-ING. JÖRG MERWERTH ist verantwortlich für die elektrische
Auslegung des Motors des ActiveE bei der BMW Peugeot Citroën
Electrification in München.
HENDRIK UEBERLEist verantwortlich für die Entwicklung
des Hochvoltspeichers des ActiveE bei der BMW Group in München.
FRANK VOGEList Abteilungsleiter Motorelektrik
bei der BMW Group in München.
ENTWICKLUNG AlTERNATivE ANTRiEBE
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HINTERGRUND
Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Elektromobilität für die Automobilindustrie hat die BMW Group strategisch entschieden, die Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs komplett selbst zu entwickeln. Nach dem Flottenversuch mit dem Mini E auf Basis eines zugekauften Antriebsstrangs wird der vollständig neu entwickelte Antriebsstrang mit dem BMW ActiveE in Kundenhand erprobt. Die Erfahrungen aus beiden Flottenversuchen fließen dann in den BMW i3 als erstes BMWGroßserienElektrofahrzeug ein, 1.
Im Gegensatz zu dem ab 2013 erhältlichen „purposebuilt“ BMW i3, der auf einer für den Elektroantrieb gewichtsoptimierten sogenannten LifeDriveArchitektur mit CFKFahrgastzelle basiert, handelt es sich bei dem ActiveE allerdings noch um ein „Conversion“Fahrzeug; in diesem Fall um den Umbau des für konventionelle Antriebe optimierten BMW 1er Coupés.
ENTWICKLUNGSZIELE
Aus den Erfahrungen von mehr als 15 Millionen gefahrenen Kilometern des MiniEFlottenversuchs [1] wurden
folgende Entwicklungsziele für den BMW ActiveE abgeleitet: : Erhalt der Viersitzigkeit und eines
Kofferraumvolumens von 200 l : Reichweite von 205 km
nach NEFZ und von 160 km im Kundenbetrieb
: Verbrauch von 0,16 kWh/km nach NEFZ (inklusive Laden)
: optimiertes Temperatur management des Hochvoltspeichers (HV)
: Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 9 s
: Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h.Diese Ziele mussten auf die Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs herunter
DER ELEKTRISCHE ANTRIEB DES BMW ACTIVE EDie BMW Group zeigt nach dem Mini E mit dem BMW ActiveE ein
weiteres Fahrzeug mit elektrischem Antriebsstrang. Seinen Elektromotor
mit 125 kW leistung und 250 Nm Drehmoment, die Hochvolt-Batterie
mit 28 kWh Nettoenergieinhalt und die Antriebselektronik hat BMW
konsequent selbst entwickelt. Dank einer speziellen permanenterregten
Synchronmaschine entwickelt der ActiveE trotz eines eingängigen
Getriebes eine sehr gute Antriebsdynamik.
1 Der Weg der BMW Group zum Großserien-Elektrofahrzeug
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gebrochen werden und resultieren im Wesentlichen in folgenden Anforderungen: : Wirkungsgrad des Antriebsstrangs
von mindestens 85 % : Nettoenergieinhalt des Hochvolt
speichers von mindestens 28 kWh : Flüssigkeitskühlung des
Hochvoltspeichers : elektrische Antriebsleistung von
125 kW und 250 Nm Drehmoment : Maximaldrehzahl der EMaschine
von 12.000/min.Um ein BMW typisches dynamisches Fahrverhalten zu realisieren, waren zusätzlich eine ausgeglichene Gewichtsverteilung und Heckantrieb gefordert.
DER ELEKTROANTRIEB MIT SEINEN KOMPONENTEN
Neben der Realisierung der funktionalen Ziele bestand die große Herausforderung in der geometrischen Integration des Antriebsstrangs in das Basisfahrzeug, da das BMW 1er Coupé rein für konventionelle Antriebe konzipiert ist. Um die Viersitzigkeit zu erhalten, wurde der Hochvoltspeicher in drei Einzelspeicher aufgeteilt und die EMaschine mit angeflanschter Antriebselektronik und Getriebe in die Hinterachse integriert, 2. Dafür waren insbesondere stärkere Eingriffe in die Bodengruppe und in die Hinterachse notwendig. Im Fokus dieses Beitrags liegen aber die Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs, die im Folgenden detailliert beschrieben werden.
Details zur Fahrzeugintegration und zum Fahrverhalten finden sich in [2].
LITHIUM-IONEN-HOCHVOLTSPEICHER
Das HochvoltBatterieSystem stellt die Energie für den elektrischen Antrieb bereit. Der durch den Wegfall des verbrennungsmotorischen Antriebs im 1er Coupé vorgegebene Bauraum (Tank, Tunnel und Stirnwandbereich) erforderte drei Speichereinheiten unterschiedlicher Größe und Ausformung, um die geforderten 28 kWh Nettoenergieinhalt in das Fahrzeug zu integrieren.
Die für den ActiveE als „Conversion“Fahrzeug erforderliche Dreiteilung des Speichers ist aus Gewichtssicht kontraproduktiv, da jeder einzelne Teilspeicher über eine eigene Elektrik/Elektronik und über ein eigenes Gehäuse verfügen muss. Die Gewichtsverteilung der Hochvolt Batterieeinheiten auf beide Achsen und die Senkung des Fahrzeugschwerpunkts durch die Integration einer Hochvolt Batterieeinheit im Getriebetunnel beeinflussen hingegen die fahrdynamischen Eigenschaften positiv. 3 zeigt die drei HochvoltBatterieeinheiten und ihre Lage im Fahrzeug.
Um die hohen Anforderungen an Energiedichte und Zyklenfestigkeit zu gewährleisten, wurden für den ActiveEHochvoltspeicher LithiumIonenZellen von SB Limotive ausgewählt. Der Hochvoltspeicher umfasst insgesamt 192 Zellen
à 40 Ah, wobei jeweils zwei parallel verschaltet sind (Zellpaar) und 96 Zellpaare in Reihe.
Die Zellen sind in insgesamt 25 kompakten Modulen integriert, deren Konstruktion und Fertigung durch BMW selbst erfolgt. Diese Zellmodule bestehen zur bestmöglichen Ausnutzung des Bauraums jeweils aus sechs, acht beziehungsweise zehn einzelnen Zellen. Die Verbindung der Zellen untereinander wird durch ein komplexes Kontaktierungssystem sichergestellt. Die Anbindung der Zellmodule zum Gesamtfahrzeug erforderte zusätzlich die Neuentwicklung folgender elektrischer/elektro nischer Bauteile: : Steuergerät Speichermanagement
Elektronik, SME : Schaltbox (SBox) mit Schaltrelais,
Sensoren und Überstromsicherung : Zellüberwachungselektroniken
(Cell Supervision Circuits, CSC).Die drei SMESteuergeräte arbeiten in einem MasterSlaveModus, wobei die SME im Tunnelspeicher das Mastersteuergerät ist. Das auf diesen Steuergeräten implementierte Batteriemanagement umfasst neben einer Ablaufsteuerung (zum Beispiel Wakeup, Schaltung der Relais) Sicherheitsfunktionen, Algorithmen zur Zustandserkennung des HVSpeichers (Ladezustand, Alterungsgrad, aktuelle Leistungsfähigkeit) sowie Diagnosefunktionen und sorgt im Zusammenspiel mit Funktionen im Fahrzeug für einen sicheren Betrieb. Bei Störeinflüssen wird über ein Degradationskonzept der Betrieb so
2 Die Integration des elektrischen Antriebsstrangs
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weit wie möglich aufrecht gehalten. Bei sicherheitsrelevanten Zuständen erfolgt ein Abtrennen des HVSpeichers vom HVBordnetz. Außerdem regelt das Batteriemanagement die Kühlung des HVSpeichers. Die in der Schaltbox inte grierten Relais trennen im Ruhezustand den Zellstrang vom Fahrzeugbordnetz ab. Für den Kurzschlussfall ist zusätzlich eine HV Sicherung in jeder Schaltbox vorgesehen.
Die Cell Supervision Circuits (CSC) überwachen die einzelnen Zellpaarspannungen sowie die Temperatur. Eine weitere Aufgabe der CSC ist die Symmetrierung der Zellen auf einen gleichen Ladezustand. Die CSC und die SME sind innerhalb des HochvoltBatteriesystems über einen LocalCANBus verbunden.
Abgeleitet aus den Anforderungen der Fahrpraxis wurde der Hochvoltspeicher mit einer WasserGlykolKühlung ausgestattet. Die Temperatur des Batteriesystems erhöht sich sowohl durch die Verlustleistung im Betrieb als auch
3 Die drei Hochvoltspeicher-Einheiten im ActiveE
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Tel. +49(0)2403-555549-0 - www.eccing.de - [email protected]
durch einen äußeren Wärmeeintrag infolge von hohen Außentemperaturen. Das Kühlsystem ist über einen Wärmetauscher (Chiller) mit dem Kühlmittelkreislauf des Fahrzeugs verbunden und über ein Umschaltventil mit dem Heizkreislauf. Somit ist nicht nur die Kühlung, sondern auch die Heizung des Speichers möglich, sodass auch bei winterlichen Verhältnissen die volle Leistung und Energie bereitgestellt werden kann. Die Konditionierung des Speichers (und auch des Innenraums) kann sowohl über eine Timerfunktion im Fahrzeug vorab eingestellt als auch über eine SmartphoneApplikation ferngesteuert werden.
ELEKTROMASCHINE
Für die Auswahl des Motorenkonzepts war neben dem Wirkungsgrad vor allem das Verhalten der Maschine im Feld
schwächbereich entscheidend. Da der BMW ActiveE ein eingängiges Getriebe mit fester Übersetzung hat, muss die EMaschine eine möglichst konstante Leistung über einen weiten Drehzahlbereich liefern.
Durch diese Anforderung ist weder die Verwendung einer Asynchronmaschine (ASM) noch die einer permanenterregten Synchronmaschine mit oberflächenmontierten Magneten (PSM) sinnvoll. Ein sehr gutes Verhalten im Feldschwächbereich würde eine elektrisch erregte Maschine zeigen, jedoch weist dieser Maschinentyp ein sehr hohes spezifisches Gewicht auf.
Um alle Anforderungen zu erfüllen, fiel die Wahl auf eine spezielle permanenterregte Synchronmaschine mit vergrabenen Magneten, 4. Das aus mehreren Magnetlagen aufgebaute Rotordesign bedingt einen möglichst großen Reluktanzunterschied zwischen der d und
qAchse. Für diesen Maschinentyp ist auch die Bezeichnung „HybridSynchronmaschine“ üblich. Hierdurch wird ausgedrückt, dass das Drehmoment sich sowohl aus der Wechselwirkung des Rotorfeldes mit dem Statorstrom, als auch aus dem entstehenden Reluktanzmoment zusammensetzt.
Da bei dieser Bauform die dInduktivität immer kleiner als die qInduktivität ist (Ld < Lq), führt ein negativer dStrom immer zu einem positiven Reluktanzmoment. Der notwendige Feldschwächstrom hebt daher das Drehmoment im Feldschwächbereich an. Dadurch kann ein großer Drehzahlbereich mit nur moderatem Leistungsabfall realisiert werden.
Gleichzeitig ermöglicht diese Geometrie den Einsatz einer großen Polpaarzahl (in diesem Fall sechs Polpaare), wodurch Stator und Rotorjoch schmal gehalten werden können und Gewicht gespart wird; somit wurde die Leistung von 125 kW mit nur circa 50 kg Masse erreicht. Die Drehmoment und Leistungscharakteristik, die im Zusammenspiel mit der im nächsten Abschnitt beschriebenen Antriebselektronik erreicht wird, ist in 5 schematisch dargestellt.
ANTRIEBSELEKTRONIK
Das Schlüsselelement für das optimale elektrische Energiemanagement in Fahrzeugen mit Elektroantrieb ist die Antriebselektronik. Sie dient sowohl als Inverter bei der Versorgung der EMaschine mit Strom als auch als Spannungswandler im Wechselspiel zwischen dem Hochvoltspeicher und dem 12VBordnetz. Bei allen Aufgaben muss die Antriebselektro
4 Hybrid-Synchron-maschine mit Schnittbild Rotor (prinzipiell)
5 Gemessener Wirkungsgrad und Drehmoment-/Leistungs-charakteristik (schematische Darstellung)
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nik in Kombination mit einer leistungsfähigen Software die erforderlichen Stromflüsse sowohl beim Antrieb des Fahrzeugs als auch in Schubphasen variabel, effizient und situationsgerecht regeln.
Der Inverter des BMW ActiveE wurde besonders unter dem Aspekt entwickelt, durch die Eignung für Schaltfrequenzen von mindestens 20 kHz zukünftige vielpolige EMaschinen ansteuern zu können. Eine der Herausforderungen der Antriebselektronik ist dabei die bei steigender Schaltfrequenz zunehmende Verlustleistung bei gleichzeitiger Umsetzung großer Energiemengen auf kleinem Bauraum (Gesamtvolumen circa 15 l, 6). Die hohe Energiedichte erfordert ein innovatives Kühlkonzept der Leistungshalbleiter und des Zwischenkreiskondensators. Hier muss neben der hohen Wärmeabfuhr eine über die Temperaturzyklen und die Lebensdauer absolut dichte Anbindung der mit Flüssigkeit zu kühlenden Bauteile gewährleistet werden.
Durch die Optimierung des InverterWirkungsgrads auf >95 % war es möglich, bei gleichzeitiger Erhöhung der elektrischen Reichweite des Fahrzeugs, den Kühlungsaufwand nochmals deutlich zu reduzieren. Darüber hinaus bildet ein intelligentes Degradationskonzept den Schlüssel zur optimalen Aus lastung des verwendeten IGBTModuls bei gleichzeitiger Erreichung der geforderten Lebensdauer.
Moderne EMaschinenregelungen erfordern im Inverter den Einsatz hochgenauer Phasenstromsensoren mit großer Auflösung und Genauigkeit bei gleichzei
tig weitem Messbereich von bis zu 800 A. Mit den höheren Schaltfrequenzen zur Ansteuerung der EMaschine steigt auch die Anforderung an die Rechenleistung der eingesetzten 32BitMikrocontroller (Infineon TriCore 1797). Durch den Einsatz spezialisierter integrierter Reglerbausteine und damit verbundener Entlastung der Hauptprozessoren wurde ein leistungsfähiges und auch für die Anforderungen zukünftiger EMaschinen geeignetes Rechnersystem geschaffen.
Eine weitere Herausforderung ergibt sich durch die Bauraumvorgaben in Verbindung mit den hohen Spannungen und Strömen. Hier sind geeignete BusBars innerhalb der Antriebselektronik im Einsatz, welche die Zuführung der elektrischen Energie vom und zum HVSpeicher, die dreiphasige Anbindung der EMaschine sowie die Versorgung der HVVerbraucher sicherstellen. Zudem sind durch geeignete Abstände eventuell mögliche Überschläge sicher zu vermeiden. Der notwendige Einsatz schneller und eng tolerierter Abschaltfunktionen für den Bauteilschutz des Inverters bei Überströmen und Überspannungen erhöhte die Integrations anforderun gen ins Umrichter beziehungsweise IGBTModul, um die Reaktionszeiten zu optimieren.
In die Antriebselektronik wurde ein DCDCWandler mit einer maximalen
Leistung von 2,8 kW zur Versorgung des 12VBordnetzes integriert. Wie im Inverter konnte der Wirkungsgrad signifikant optimiert werden. Erreicht wurde dieses Ziel im DCDCWandler durch den Einsatz einer resonanten Schalttopologie und einer aktiven Gleichrichtung.
ZUSAMMENFASSUNG
Die konsequente Eigenentwicklung der elektrischen Antriebskomponenten des BMW ActiveE mit dem einhergehenden tiefgreifenden Verständnis bis zur untersten Detailebene war der ausschlaggebende Erfolgsfaktor für die Zielerreichung des Gesamtsystems.
LITERATURHINWEISE[1] Schmidt, G.: Elektromobilität bei der BMW Group – Erste Erfahrungen mit der Zukunft bereits heute. 2. Deutscher Elektromobil Kongress, Bonn, 2010[2] Jung, M.; Kessler, F.; Müller, P.; Wahl, S.: Fahrzeugintegration und Fahrverhalten des BMW ActiveE. Eingeplant in: ATZ 114 (2012), Nr. 10
6 Aufbau der Antriebselektronik (inklusive integrierter Ladeeinheit für Folgeprojekte)
DOWNLOAD DES BEITRAGSwww.MTZonline.de
READ THE ENGLISH E-MAGAZINEorder your test issue now: [email protected]
DANKE
Die Industrialisierung von Li+-Hochvoltspei-
chern wurde gefördert vom Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines
Beschlusses des Deutschen Bundestags.
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