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JAHRESBERICHT 2002 EUROPÄISCHE ZENTRALBANK DE ECB EZB EKT BCE EKP JAHRESBERICHT 2002 EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

DE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK OPÄISCHE ZENTRALBANK · 2003-12-11 · 8 Industrieproduktion im Euroraum 51 9 Entwicklungen am Arbeitsmarkt im Euroraum 52 10 Öffentliche Finanzen im

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© Europäische Zentralbank, 2003

Anschrift Kaiserstraße 29

D-60311 Frankfurt am Main

Postanschrift Postfach 16 03 19

D-60066 Frankfurt am Main

Telefon +49 69 1344 0

Internet http://www.ecb.int

Fax +49 69 1344 6000

Telex 411 144 ecb d

Übersetzt von der Oesterreichischen Nationalbank und der Deutschen Bundesbank im Auftrag der Europäischen Zentralbank.

In Zweifelsfällen gilt der englische Originaltext.

Alle Rechte vorbehalten.

Die Anfertigung von Photokopien für Ausbildungszwecke und nichtkommerzielle Zwecke ist mit Quellenangabe gestattet.

Redaktionsschluss für den Bericht war am 28. Februar 2003.

ISSN 1561-4565 (gedruckt)

ISSN 1725-2849 (online)

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Inhalt

Vorwort 5

Kapitel I

Wirtschaftsentwicklung und Geldpolitik

1 Überblick: Geldpolitische Beschlüsse im Jahr 2002 8

2 Monetäre und finanzielle Entwicklung 142.1 Monetäre Entwicklung 142.2 Finanzmärkte 20

3 Preisentwicklung 39

4 Produktions-, Nachfrage- und Arbeitsmarktentwicklung 48

5 Entwicklung der öffentlichen Finanzen 56

6 Internationales gesamtwirtschaftliches Umfeld, Wechselkurseund Zahlungsbilanz 60

Kapitel II

Zentralbankoperationen

1 Durchführung der Geldpolitik 761.1 Überblick 761.2 Liquiditätsmanagement 771.3 Offenmarktgeschäfte 791.4 Ständige Fazilitäten 801.5 Das Mindestreservesystem 811.6 Refinanzierungsfähige Sicherheiten 811.7 Entwicklungen am Geldmarkt 83

2 Devisengeschäfte und die Verwaltung der Währungsreservenund Eigenmittel der EZB 852.1 Devisengeschäfte 852.2 Verwaltung der Währungsreserven 852.3 Eigenmittelverwaltung 862.4 Organisationsstruktur für die Währungsreserven- und

Eigenmittelverwaltung der EZB 86

Kapitel III

Risikokontrolle

1 Überblick 90

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2 Geldpolitische Geschäfte 90

3 Risikosteuerung bei geldpolitischen Geschäften 91

4 Anlagegeschäfte 93

5 Risikosteuerung bei Anlagegeschäften 93

Kapitel IV

Wirtschaftsentwicklung in den übrigen Staaten der Europäischen Union 98

Kapitel V

Europäische und internationale Zusammenarbeit

1 Europäische Themen 1101.1 Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts 1111.2 Vorschläge zur Stärkung der Koordinierung der Wirtschaftspolitik und

Straffung politischer Koordinierungsprozesse 1131.3 Der Konvent zur Zukunft Europas 1141.4 Die Reform der Finanzmärkte 115

2 Internationale Zusammenarbeit 1162.1 Multilaterale und bilaterale Überwachung der makroökonomischen Politik 1162.2 Beobachtung der Entwicklungen an den internationalen

Finanzmärkten 1182.3 Beziehungen zum IWF und anderen Foren 1192.4 Zusammenarbeit mit EU-Nachbarregionen 1202.5 Regionale Zusammenarbeit mit dem asiatisch-pazifischen Raum

und Lateinamerika 122

Kapitel VI

Erweiterung der Europäischen Union

1 Einleitung 126

2 Wirtschaftspolitische, rechtliche und institutionelle Kernthemen 1272.1 Reale Konvergenz 1272.2 Rechtliche und institutionelle Konvergenz 1292.3 Nominale Konvergenz 1302.4 Geld- und wechselkurspolitische Strategien 1312.5 Entwicklungen im Finanzsektor 1322.6 Schlussbemerkungen 133

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3 Beitrittsvorbereitungen 1343.1 Vorbereitungen der Beschlussorgane und ESZB-Ausschüsse 1343.2 Das gezeichnete Kapital der EZB und die Obergrenze für die Währungsreserven 1343.3 Masterplan für die Erweiterung 1353.4 Beurteilung der Zahlungssysteme sowie der Wertpapierabrechnungs-

und -abwicklungssysteme in den Beitrittsländern 1363.5 Geheimhaltungsvereinbarung mit den Zentralbanken

der Beitrittsländer 1363.6 Zusammenarbeit im Bereich der Falschgeldüberwachung 1373.7 Zusammenarbeit zwischen den Zentralbanken 137

Kapitel VII

Herstellung und Ausgabe von Banknoten

1 Die Euro-Bargeldeinführung und die Entwicklung des Bargeldumlaufs 1401.1 Vorverteilung von Euro-Banknoten und -Münzen im Jahr 2001 1401.2 Umstellung auf die Euro-Banknoten und -Münzen während der

Parallelumlaufphase im Jahr 2002 1401.3 Die weitere Entwicklung des Euro-Bargeldumlaufs im Jahr 2002 1411.4 Rücklauf der Altwährungen 141

2 Produktion von Euro-Banknoten und -Münzen 1422.1 Produktion von Euro-Banknoten 1422.2 Bestandsmanagement und Aufbau einer strategischen Reserve

für das Eurosystem 1432.3 Unterstützung bei der Produktion der Euro-Münzen 143

3 Gemeinsame Eurosystem-Richtlinien zur Bargeldbearbeitung 1433.1 Gebührenpolitik des Eurosystems und gemeinsame Strategie für

Schalteröffnungszeiten und Wertstellungsregeln im Kassendienst der NZBen 1443.2 Rahmenvereinbarung für den Betrieb von kombinierten Ein- und

Auszahlungsautomaten im Euro-Währungsgebiet 144

4 Schutz der Euro-Banknoten vor Fälschungen 145

Kapitel VIII

Zahlungsverkehr- und Wertpapierabwicklungssysteme

1 Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssysteme des Eurosystems 1511.1 Das TARGET-System 1511.2 Das Korrespondenzzentralbankmodell 153

2 Allgemeine Fragen der Zahlungssystemaufsicht 154

3 Großbetragszahlungssysteme 1553.1 Entwicklungen in anderen Euro-Großbetragszahlungssystemen 1553.2 Continuous Linked Settlement 155

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002VI

4 Massenzahlungssysteme 156

5 Wertpapierabrechnungs- und -abwicklungssysteme 1585.1 Beurteilung von Wertpapierabwicklungssystemen 1585.2 Konsolidierung der europäischen Wertpapierinfrastruktur 1595.3 Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der europäischen Wertpapier-

regulierungsbehörden 159

6 Sonstige Aktivitäten 159

Kapitel IX

Finanzmarktstabilität und Finanzmarktaufsicht

1 Entwicklungen im Bankensektor: Struktur, Ertragslage und Risiken 162

2 Der institutionelle Rahmen für Finanzmarktstabilität undFinanzmarktaufsicht 165

3 Aufsichtsrechtliche Regelungen für Banken und Finanzmärkte 168

Kapitel X

Statistische Infrastruktur

1 Einleitung 174

2 Geld- und Bankenstatistik, Finanzmarktstatistik 174

3 Zahlungsbilanz, Währungsreserven, Auslandsvermögensstatusund effektive Wechselkurse 176

4 Finanzierungs- und Geldvermögensrechnung 177

5 Statistik zur Finanzlage der öffentlichen Haushalte 177

6 Allgemeine Wirtschaftsstatistiken 177

7 Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission undinternationalen Institutionen 178

Kapitel XI

Sonstige Aufgaben und Aktivitäten

1 Beratende Funktionen 182

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VIIEZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

2 Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung unddes bevorrechtigten Zugangs 184

3 Verwaltung der Anleihe- und Darlehensgeschäfte der Gemeinschaft 185

Kapitel XII

Öffentlichkeitsarbeit und Rechenschaftsbericht

1 Die Kommunikationspolitik der EZB 1881.1 Kommunikationsaktivitäten 1881.2 Thematische Schwerpunkte im Jahr 2002 189

2 Informations- und Meinungsaustausch mit dem Europäischen Parlament 1902.1 Überblick über die Kontakte zwischen der EZB und dem

Europäischen Parlament 1902.2 Standpunkt der EZB zu Themen, die bei Sitzungen im

Europäischen Parlament erörtert wurden 191

Kapitel XIII

Der institutionelle Rahmen des Eurosystems und des Europäischen Systemsder Zentralbanken

1 Das Eurosystem und das Europäische System der Zentralbanken 197

2 Die Beschlussorgane der EZB 1982.1 Der EZB-Rat 1982.2 Das Direktorium 2012.3 Der Erweiterte Rat 202

3 Die Organisation der EZB 2043.1 Unternehmenskontrolle 2043.2 Personalmanagement 2053.3 Organisationsplan der EZB 2073.4 Die Gebäude der EZB 208

4 Sozialer Dialog im ESZB 208

5 ESZB-Ausschüsse 208

Kapitel XIV

Jahresabschluss der EZB und konsolidierte Bilanz des Eurosystems 2002

1 Bilanz zum 31. Dezember 2002 212

2 Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2002 214

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002VIII

3 Rechnungslegungsgrundsätze 215

4 Erläuterungen zur Bilanz 219

5 Erläuterungen zur Gewinn- und Verlustrechnung 224

6 Prüfbericht 226

7 Erläuterung zur Gewinnverwendung 227

8 Konsolidierte Bilanz des Eurosystems zum 31. Dezember 2002 228

Von der EZB im Jahr 2002 verabschiedete Rechtsinstrumente 231

Publikationen der Europäischen Zentralbank 233

Anhang

Chronik der geldpolitischen Maßnahmen 248Glossar 250

Verzeichnis der Kästen, Tabellen und Abbildungen

Kästen

1 Die Erfahrungen mit den Auswirkungen auf die Geldmarktvolatilität im Gefolge desEZB-Ratsbeschlusses, zu monatlichen geldpolitischen Einschätzungen überzugehen 13Abbildung: Strukturkurve der Zinsvolatilität 13

2 Deutliche Zunahme der Aktienkursvolatilität im Euroraum im Jahr 2002 29Abbildung A: Durchschnittliches jährliches Ausmaß der absoluten täglichen

Veränderung des Dow-Jones-Euro-STOXX-Index von 1992 bis 2002 29Abbildung B: Dow-Jones-Euro-STOXX-Index und inverse implizite

Aktienkursvolatilität von 1998 bis 2002 303 Die Bestimmungsfaktoren der Bankkreditzinsen im Euroraum 37

Abbildung: Zinssätze der Banken für Unternehmenskredite und Renditeabständevon Anleihen im Euroraum 38

4 Die Auswirkungen der Euro-Bargeldeinführung auf die Verbraucherpreise 44Abbildung A: Preise in Restaurants und Cafés 45Abbildung B: Preise für Friseurleistungen 45Abbildung C: Subjektive Inflationswahrnehmung, Inflationserwartung und

HVPI-Inflation 465 Mäßige Fortschritte bei den Strukturreformen an den Arbeits- und Gütermärkten

im Euroraum 546 Öffentliche Finanzen und Stabilisierung der Konjunktur 597 Entwicklung der Ungleichgewichte in den Vereinigten Staaten 62

Abbildung A: Leistungsbilanz und Nettoauslandsvermögensstatusder Vereinigten Staaten 62

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IXEZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Abbildung B: Kreditvergabe an die privaten Haushalte 62Abbildung C: Verschuldung der privaten Haushalte 63

8 Entwicklung der internationalen Fusions- und Übernahmeaktivitäten im Zeitraumvon 1990 bis 2002 70Abbildung A: Gesamtwert der Fusions- und Übernahmetransaktionen 70Abbildung B: Geografische Verteilung der Fusions- und Übernahmetransaktionen

von Unternehmen im Euroraum und in den Vereinigten Staaten 70Abbildung C: Bilaterale Fusions- und Übernahmetransaktionen zwischen dem

Euroraum und den Vereinigten Staaten 71Abbildung D: Investitionen in Fusionen und Übernahmen (M&A) nach Sektoren

(1997–2002) 72Abbildung E: Bilaterale Fusions- und Übernahmetransaktionen zwischen dem

Euroraum und den Vereinigten Staaten im Hochtechnologiebereich 729 Öffentliches Konsultationsverfahren über Maßnahmen zur Verbesserung der

Effizienz des geldpolitischen Handlungsrahmens 7810 Konsultationsverfahren 2002 182

(a) Konsultationen durch Mitgliedstaaten 182(b) Konsultationen durch europäische Institutionen 184

11 Die Euro-2002-Informationskampagne 189

Tabellen

1 Komponenten der Geldmenge M3 162 Gegenposten zu M3 183 Sektorale Aufschlüsselung des Umlaufs an auf Euro lautenden Schuldverschreibungen

von Ansässigen im Euroraum 224 Fremdfinanzierung der nichtfinanziellen Sektoren im Euroraum 235 MFI-Kredite an private Haushalte und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften 246 Preis- und Kostenentwicklung im Euroraum 407 Zusammensetzung des realen BIP-Wachstums im Euroraum 488 Industrieproduktion im Euroraum 519 Entwicklungen am Arbeitsmarkt im Euroraum 5210 Öffentliche Finanzen im Euroraum 5711 Makroökonomische Indikatoren für Dänemark 9812 Makroökonomische Indikatoren für Schweden 10213 Makroökonomische Indikatoren für das Vereinigte Königreich 10414 Durchschnittliche Jahreswachstumsraten des realen BIP 12715 Eckdaten zu den Beitrittsländern 12816 HVPI-Inflation 13017 Geld- und wechselkurspolitische Strategien der Beitrittsländer 13118 Produktionsquoten bei der Herstellung von Euro-Banknoten im Jahr 2002 14319 TARGET-Zahlungen 15120 Umsatzstärkste Tage in TARGET im Jahr 2002 152

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002X

Abbildungen

1 EZB-Zinssätze und Geldmarktsätze 82 M3-Wachstum und der Referenzwert 153 Nominale und reale Geldlücke 164 Entwicklung der Geldmenge M3 und ihrer Gegenposten 185 Umlauf von auf Euro lautenden Schuldverschreibungen von Ansässigen im

Euroraum 216 Fremdfinanzierung der nichtfinanziellen Sektoren im Euroraum 227 Schuldenquote der nichtfinanziellen Sektoren im Euroraum 248 a Aktienkursindizes im Euroraum, den Vereinigten Staaten und Japan 268 b Implizite Aktienkursvolatilität im Euroraum, den Vereinigten Staaten und Japan 269 Kurzfristzinsen im Euroraum und Verlauf der Zinsstrukturkurve am Geldmarkt 2810 Zinssätze für Dreimonats-EURIBOR-Terminkontrakte und implizite Volatilität

aus Optionen auf Dreimonats-EURIBOR-Terminkontrakte 3111 a Renditen langfristiger Staatsanleihen im Euroraum, den Vereinigten Staaten

und Japan 3311 b Zinsabstand zwischen den Vereinigten Staaten und dem Euroraum bei langfristigen

Staatsanleihen 3312 Realzins im Euroraum und Breakeven-Inflationsrate, berechnet für den HVPI des

Euroraums 3413 Kurzfristzinsen im Kundengeschäft der Banken und vergleichbarer Geldmarktsatz 3514 Langfristzinsen im Kundengeschäft der Banken und vergleichbarer Kapitalmarktsatz 3615 Beitrag der HVPI-Teilkomponenten zur Teuerungsrate im Euroraum 3916 Teuerungsrate im Euroraum nach dem HVPI und seinen Komponenten 4117 Industrielle Erzeugerpreise im Euroraum 4218 Lohnstückkosten, Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer und Arbeitsproduktivität

im Euroraum 4319 Wachstumsbeiträge zum realen BIP im Euroraum (Quartalsvergleich) 4920 Vertrauensindikatoren im Euroraum 5021 Warenexporte und Industrieproduktion des Euroraums 5122 Arbeitslosigkeit im Euroraum 5323 Nominale und reale effektive Wechselkurse des Euro 6624 Leistungsbilanz und Außenhandel des Euroraums 6725 Volumen des Handels mit Ländern außerhalb des Euroraums 6826 Durchschnittswerte des Handels mit Ländern außerhalb des Euroraums 6827 Nettodirektinvestitions- und -wertpapierströme des Euroraums 6928 Liquiditätsfaktoren und Inanspruchnahme der ständigen Fazilitäten im Euroraum

im Jahr 2002 7729 Zur Besicherung von Eurosystem-Kreditgeschäften zugelassene

Kategorie-1-Sicherheiten 8230 Art der Besicherung von Eurosystem-Kreditgeschäften 8431 Wirtschafts- und Finanzmarktindikatoren für die EU-Länder außerhalb des

Euroraums und den Euroraum 9932 Bilateraler Wechselkurs der Währungen von EU-Ländern außerhalb des

Euroraums gegenüber dem Euro 10033 Euro-Banknotenumlauf im Jahr 2002 14134 Banknotenumlauf von 2000 bis 2002 14235 Grenzüberschreitende Sicherheiten in % der insgesamt vom Eurosystem

hereingenommenen Sicherheiten 154

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XIEZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Abkürzungen

Länder

BE BelgienDK DänemarkDE DeutschlandGR GriechenlandES SpanienFR FrankreichIE IrlandIT ItalienLU LuxemburgNL NiederlandeAT ÖsterreichPT PortugalFI FinnlandSE SchwedenUK Vereinigtes KönigreichJP JapanUS Vereinigte Staaten

Sonstige

BIP BruttoinlandsproduktBIZ Bank für Internationalen ZahlungsausgleichCCBM Korrespondenzzentralbank-ModellECU Europäische WährungseinheitEPI ErzeugerpreisindexESVG 95 Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 1995ESZB Europäisches System der ZentralbankenEU Europäische UnionEUR EuroEWI Europäisches WährungsinstitutEZB Europäische ZentralbankHRG Hauptrefinanzierungsgeschäft des EurosystemsHVPI Harmonisierter VerbraucherpreisindexIAO Internationale ArbeitsorganisationIWF Internationaler WährungsfondsLRG Längerfristiges Refinanzierungsgeschäft des EurosystemsMFIs Monetäre FinanzinstituteNZBen Nationale ZentralbankenOECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und EntwicklungVPI VerbraucherpreisindexWKM II Wechselkursmechanismus IIWWU Wirtschafts- und Währungsunion

Entsprechend der in der Gemeinschaft angewendeten Praxis werden die EU-Länderim Bericht in der alphabetischen Reihenfolge der Bezeichnung der Länder in denjeweiligen Nationalsprachen aufgeführt.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002XII

Trennblätter des Jahresberichts 2002

1 Die Euro-Party anlässlich der Euro-Bargeldeinführung, 18. Januar 2002. 6

2 Pressekonferenz im Anschluss an die EZB-Ratssitzung in Maastricht 74am 7. Februar 2002 anlässlich des zehnten Jahrestags der Unterzeichnung desVertrags von Maastricht; Präsident Duisenberg kündigt für 2003 seinen Rücktritt an.Das Regierungsgebäude der Provinz Niederländisch Limburg in Maastricht, in demder EZB-Rat tagte.

3 Willem F. Duisenberg, Präsident der EZB, nimmt im Rathaus von Aachen den 88Internationalen Karlspreis zu Aachen 2002 an den Euro entgegen, 9. Mai 2002.

4 Jugendliche Besucher in der EZB, 13. Mai 2002. 96

5 Der scheidende Vizepräsident der EZB, Christian Noyer (links), und sein 108Nachfolger, Lucas Papademos.Abschiedsfeier von Vizepräsident Christian Noyer, 28. Mai 2002.

6 Lesung des niederländischen Schriftstellers Harry Mulisch aus seinem jüngsten 124Buch, Niederländische Kulturtage, September 2002.Präsentation über den spanischen Architekten Antoni Gaudí, Spanische Kulturtage,Mai 2002.

7 EZB-Fotoausstellung „The Making of the €uro“ beim Banco de España in Madrid 138und Barcelona, Sommer 2002.

8 Eröffnung der Europäischen Schule in Frankfurt am Main, 5. September 2002. 148

9 EZB-Ratssitzung im Eurotower, 26. September 2002. 160

10 Der Messestand des Eurosystems auf der Fachmesse für Finanzdienstleister 172Sibos 2002in Genf, 30. September bis 4. Oktober 2002.

11 Zweite Zentralbankenkonferenz der EZB in Frankfurt, 24. und 25. Oktober 2002. 180

12 Die Jury des internationalen Architekturwettbewerbs für die neuen Gebäude 186der EZB bei der Besichtigung der Großmarkthalle, des designierten Standortsin Frankfurt.Erstes Zusammentreffen der Jurymitglieder am 30. und 31. Oktober 2002.

13 EZB-Fotoausstellung „The Making of the €uro“ in der Hauptanstalt des Narodowy 194Bank Polski in Warschau, 2. Dezember 2002 bis 15. Januar 2003.Eugenio Domingo Solans, EZB-Direktoriumsmitglied, und Leszek Balcerowicz,Präsident des Narodowy Bank Polski, eröffnen die Ausstellung.

14 „Zeitgenössische Kunst aus Portugal“ in der EZB, 4. Dezember 2002. 210Vítor Constâncio, Gouverneur des Banco de Portugal, und Lucas Papademos,Vizepräsident der EZB, eröffnen die Ausstellung.

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Vorwort

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 20022

Das Jahr 2002 war in vielerlei Hinsicht einweiteres historisches Jahr für die europäi-sche Integration. Am 1. Januar wurde mit dererfolgreichen Einführung der Euro-Banknotenund -Münzen die letzte Stufe der Wirtschafts-und Währungsunion (WWU) vollendet. Zumreibungslosen und raschen Ablauf dieseskomplexen, ehrgeizigen und beispiellosen Un-terfangens bedurfte es einer systematischenVorbereitung und Koordinierung aller Betei-ligten. Demgemäß mussten Banken, Wert-transportunternehmen, Handel und Automa-tenindustrie sowie EU-Organe, das Eurosys-tem und nationale Behörden schon frühzeitigeng in den Umstellungsprozess eingebundenwerden. Darüber hinaus erforderte die Bar-geldeinführung enorme organisatorische, lo-gistische, technische und wirtschaftliche An-strengungen seitens aller mit der professio-nellen Verwendung und Bearbeitung vonBanknoten und Münzen beschäftigten Perso-nen. In erster Linie waren für den Erfolg derEuro-Bargeldeinführung jedoch die positiveEinstellung der Bürgerinnen und Bürger undihre rasche Akzeptanz des neuen Geldes aus-schlaggebend. Damit haben die 300 MillionenEinwohner des Euro-Währungsgebiets, für dieder Euro inzwischen zu einer Selbstverständ-lichkeit geworden ist, auch ihre Unterstüt-

zung für die Idee eines stärkeren Zusammen-wachsens Europas zum Ausdruck gebracht.

Das zweite bedeutsame Ereignis des Jahres2002 war der Beschluss der Staats- und Re-gierungschefs der EU-Mitgliedstaaten vomDezember, im Jahr 2004 – nach erfolgter Ra-tifizierung des Beitrittsvertrags – zehn neueLänder in die Europäische Union aufzuneh-men. Diese Erweiterung ist in dreifacher Hin-sicht von historischer Tragweite. Erstensstellt die Aufnahme der mittel- und osteuro-päischen Beitrittsländer, mit der die Tren-nung Europas nach dem Zweiten Weltkriegendgültig überwunden wird, einen Schritt vonenormer politischer Bedeutung dar. Zweitenshat noch keine Erweiterungsrunde der EU soviele Länder umfasst. Drittens haben die meis-ten der künftigen Mitglieder, die sich noch inder Übergangsphase zu voll entwickeltenMarktwirtschaften befinden, einen weitausgrößeren wirtschaftlichen Vorsprung aufzu-holen als frühere Beitrittsländer, was sowohldie derzeitigen, als auch die künftigen EU-Staaten vor erhebliche Herausforderungenstellen wird.

Wann die neuen Mitgliedstaaten nach ihremBeitritt zur EU den Euro einführen werden,hängt davon ab, wie schnell sie die Konver-genzkriterien für die Aufnahme in den Euro-raum erfüllen. Aufgrund von Unterschiedenin der Wirtschaftsentwicklung der einzelnenStaaten ist es durchaus möglich, dass nichtalle Länder den Euro gleichzeitig einführen.Dennoch besteht eine der wichtigsten Priori-täten des Eurosystems darin, pünktlich zurAufnahme der neuen Mitglieder im Jahr 2004die Anpassungen der technischen und institu-tionellen Infrastruktur für ein erweitertes Eu-ropäisches System der Zentralbanken (ESZB)abzuschließen. Im Rahmen der Vorbereitun-gen für die Erweiterung verabschiedete derEZB-Rat auch eine Empfehlung über die An-passung seiner Abstimmungsmodalitäten imEinklang mit den entsprechenden Bestimmun-gen des Vertrags von Nizza. Das Eurosystemunterhält überdies bereits enge Kontakte zuden Zentralbanken der neu beitretenden Län-der und wird den wirtschaftlichen, finanziel-len, institutionellen und rechtlichen Entwick-

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3EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

lungen in diesen Ländern zunehmend Auf-merksamkeit schenken. Aus diesem Grundist dem Erweiterungsprozess in dem vorlie-genden Jahresbericht ein eigenes Kapitel ge-widmet.

Die Durchführung der Geldpolitik war im Jahr2002 von einem hohen Grad an Unsicherheitüber die Wirtschaftsaussichten gekennzeich-net. Die Inflationsrate – gemessen am Har-monisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) –lag bei durchschnittlich 2,2 % und somit ge-ringfügig unter dem Niveau von 2001 (2,4 %),aber nach wie vor leicht über den Werten,die der Definition der EZB von Preisstabilitätentsprechen. Die durchschnittliche Jahres-wachstumsrate des weit gefassten Geldmen-genaggregats M3 erhöhte sich von rund5 ½ % im Jahr 2001 auf über 7 % und über-stieg damit deutlich den Referenzwert von4 ½ %. Diese Entwicklung war auf die hoheVolatilität an den Finanzmärkten zurückzu-führen und spiegelte die Präferenz der Inves-toren für kurzfristige liquide und wenigerrisikobehaftete Anlageformen sowie dievergleichsweise niedrigen Zinssätze im Euro-raum im Jahr 2002 wider. Durch das starkeGeldmengenwachstum war mehr Liquidität imEuroraum verfügbar, als für die Finanzierungeines dauerhaften, inflationsfreien Wachstumsauf längere Sicht erforderlich ist. Angesichtsder eher verhaltenen Wirtschaftsentwicklungund der Tatsache, dass einige der Portfolio-umschichtungen nach M3 nur temporärer Na-tur gewesen sein dürften, wurde die monetä-re Entwicklung im Jahr 2002 insgesamt nichtals Risiko für die Preisstabilität angesehen.Das relativ moderate Kreditwachstum im Be-richtsjahr bestätigte diese Einschätzung.

Enttäuschenderweise blieb das Wirtschafts-wachstum im Euroraum 2002 hinter den Er-wartungen zurück. Das reale Wachstum desBruttoinlandsprodukts (BIP) erreichte dahereinen relativ niedrigen, aber immerhin positi-ven Wert von 0,8 %, nach 1,4 % im Jahr 2001.Da eine Reihe von Faktoren – geopolitischeSpannungen und ihre Auswirkungen auf dieÖlpreise und auf das Vertrauen, ungünstigeFinanzmarktentwicklungen (die allerdings kei-ne Bedrohung für die Finanzmarktstabilität

im Euroraum darstellten) und anhaltende glo-bale Ungleichgewichte – zu einem ungewöhn-lich hohen Grad an Unsicherheit führten, bliebdie Konjunktur gedämpft. Vor diesem Hin-tergrund und infolge der allmählichen Stär-kung des Euro im Jahr 2002 und Anfang 2003ließ der Aufwärtsdruck auf die Inflation vorallem in der zweiten Hälfte des Berichtszeit-raums nach. Angesichts dieser Entwicklungsenkte der EZB-Rat die Leitzinsen im De-zember 2002 um 50 Basispunkte und im März2003 um weitere 25 Basispunkte.

Ungeachtet des gedämpften wirtschaftlichenUmfelds blieb die Inflationsrate im Euro-Währungsgebiet relativ hoch. Dabei kamenallerdings eine Reihe temporärer oder ein-maliger Faktoren zum Tragen, nämlich Basis-effekte, Erhöhungen der indirekten Steuernund ungünstige Witterungsbedingungen.Überdies stiegen die Reallöhne trotz zuneh-mender Arbeitslosigkeit weiter an, was aufden Fortbestand hartnäckiger strukturellerRigiditäten an den Arbeitsmärkten hindeutet.

Dass in einigen Euro-Ländern ein gewisserTeil der Preiserhöhungen im Jahr 2002 aufdie Euro-Bargeldeinführung zurückzuführenwar, gilt als erwiesen. Allerdings wurden dieAuswirkungen der Bargeldumstellung auf dieInflation als viel größer wahrgenommen, alssie tatsächlich waren. Dieses Phänomen rührtdaher, dass die Konsumenten in der RegelPreiserhöhungen bei Waren und Dienstleis-tungen, die sie häufig kaufen, als stärker emp-finden als geringfügige Preisanhebungen odersogar -senkungen bei seltener nachgefragtenProdukten, für die der größere Teil des Haus-haltsbudgets aufgewendet wird. Darüber hi-naus wurde ein zufällig zeitgleich auftretenderAufwärtsdruck auf die Preise, unter anderemausgelöst durch die ungünstigen Witterungs-verhältnisse im Winter 2001/02, fälschlicher-weise mit der Euro-Bargeldeinführung in Zu-sammenhang gebracht. Der insgesamt sehrgeringe Effekt der Bargeldumstellung auf dieTeuerungsrate dürfte nur vorübergehendwirksam sein. Mittelfristig ist sogar davon aus-zugehen, dass die Euro-Einführung infolge dernunmehr größeren grenzüberschreitendenPreistransparenz im Euroraum und des damit

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einhergehenden intensiveren Wettbewerbsdie Preisanhebungen niedrig halten wird.

Die mittelfristigen Aussichten für die Preis-stabilität sind zum gegenwärtigen Zeitpunktrelativ günstig, vorausgesetzt, die Lohnsteige-rungen bleiben moderat. Abgesehen davongilt auch weiterhin eine der wichtigsten Ziel-vorgaben des Jahres 2002, nämlich ein stär-keres Vorantreiben von Strukturreformen.Dies ist insofern von großer Bedeutung, alsflexiblere Arbeits- und Gütermärkte zu ra-scheren Preisanpassungen führen (was auchdie Entscheidungsfindung in der Geldpolitikerleichtert) und allgemein niedrigere Teue-rungsraten zur Folge haben.

Trotz der für die Gestaltung der Geldpolitikschwierigen Bedingungen deuten die niedri-gen langfristigen Inflationserwartungen unddie derzeit niedrigen Risikoprämien an denAnleihemärkten offenbar darauf hin, dass dieWirtschaftsakteure Vertrauen in die Fähig-keit der EZB haben, die Preisstabilität aufmittlere Sicht zu gewährleisten. Angesichtsder Unsicherheit über den Konjunkturverlauferwies sich die geldpolitische Strategie derEZB sowohl für den EZB-Rat (für angemesse-ne geldpolitische Beschlüsse) als auch für dieFinanzmärkte und die Wirtschaftsakteure (imHinblick auf ihre Erwartungen über geldpoli-tische Entscheidungen) weiterhin als sehrnützlicher Referenzrahmen.

Durch die von Unsicherheit gekennzeichneteWirtschaftsentwicklung im Jahr 2002 wurdedeutlich, welch wichtiger Anker ein stabili-tätsorientierter wirtschaftspolitischer Rah-men für die Wirtschaftsakteure ist. Auf demGebiet der Geldpolitik sieht dieser stabili-tätsorientierte Rahmen vor, dass die EZB un-abhängig von Dritten das vorrangige Ziel derGewährleistung von Preisstabilität verfolgt. Inder Fiskalpolitik dienen der Vertrag zur Grün-dung der Europäischen Gemeinschaft und derStabilitäts- und Wachstumspakt als Eckpfeilerfür die Erwartungshaltung der Wirtschaftsak-teure. Dieser konzeptionelle Rahmen wurdeauch vom Europäischen Konvent bestätigt,der einen „Vertrag über eine Verfassung fürEuropa“ zur Vorlage auf der nächsten Regie-

rungskonferenz ausarbeitet. Die Verabschie-dung einer solchen Verfassung wäre ein wich-tiger Schritt für Europa und würde den Rah-men der WWU weiter festigen.

Die Entwicklung der öffentlichen Finanzen imEuroraum verlief 2002 insgesamt enttäu-schend. Das durchschnittliche Haushaltsdefi-zit stieg von 1,6 % des BIP im Jahr 2001 auf2,2 %. Die meisten Länder verfehlten die inihren Stabilitätsprogrammen festgelegten Haus-haltsziele. Der ECOFIN-Rat erklärte im No-vember 2002 und im Januar 2003, dass Portugalbzw. Deutschland ein übermäßiges Defizit auf-wiesen. Zudem verabschiedete er im Januar2003 eine Empfehlung zur frühzeitigen War-nung Frankreichs, um das Entstehen eines über-mäßigen Defizits zu verhindern. Das französi-sche Haushaltsdefizit lag im Jahr 2002 über demim EG-Vertrag verankerten Referenzwert fürdie Defizitquote von 3 % des BIP.

Im Gegensatz zu einer häufig geäußerten An-sicht kommt der Stabilitäts- und Wachstums-pakt keinem starren Korsett gleich, das dieteilnehmenden Länder zu einer prozyklischenHaushaltspolitik zwingt. Vielmehr bietet erausreichend Flexibilität, um ein freies Wirkender automatischen Stabilisatoren zuzulassen,vorausgesetzt, die betreffenden Mitgliedstaa-ten erreichen das mittelfristige Ziel einesnahezu ausgeglichenen oder einen Überschussaufweisenden Haushalts. Die Staaten, die nunSchwierigkeiten haben, ihren Haushalt in Ord-nung zu bringen, haben es offenbar in denvergangenen Jahren versäumt, ihr Budgetdefi-zit bei relativ günstigen Konjunkturbedingun-gen entsprechend zurückzuführen. Im Ver-gleich dazu haben jene Länder, die sich an dieVorgaben des Stabilitäts- und Wachstums-pakts hielten, heute mit weniger Haushalts-problemen zu kämpfen und profitieren vomungehinderten Wirken der automatischenStabilisatoren. Zum Ausgleich der gegenwär-tigen Haushaltsungleichgewichte sollten dieLänder mit einem Defizit von annähernd odermehr als 3 % des BIP einen wachstumsför-dernden Haushaltskonsolidierungskurs ein-schlagen und ihre Haushalte dadurch in Ein-klang mit den Anforderungen des Stabilitäts-und Wachstumspakts bringen.

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5EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Der vorliegende Jahresbericht bietet einenÜberblick über die Aktivitäten der EZB, desEurosystems und des ESZB im Jahr 2002 so-wie über monetäre, wirtschaftliche und finan-zielle Entwicklungen im Euroraum im Jahr2002 und Anfang 2003. Zum Jahresende 2002beschäftigte die EZB 1 105 Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter; im Jahr 2001 waren es imVergleich dazu 1 043. Um insbesondere dieAnforderungen im Zusammenhang mit derbevorstehenden Erweiterung des ESZB erfül-len zu können, ist für 2003 eine Aufstockungdes Personalstands auf 1 263,5 geplant. 2002unterzeichneten die EZB und die Stadt Frank-furt am Main einen Kaufvertrag über einGrundstück für den neuen Standort der EZB.Zur Gestaltung des endgültigen EZB-Sitzeswurde ein internationaler Architekturwett-bewerb ausgeschrieben. Nach Fertigstellungder neuen Gebäude werden die derzeit aufmehrere angemietete Bürohäuser verteiltenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter einemDach untergebracht sein.

Dieses ist das letzte Vorwort zu einem EZB-Jahresbericht, das meine Unterschrift trägt.Es erfüllt mich mit großem Stolz, der erstePräsident der EZB gewesen zu sein. Als sol-cher hatte ich das Privileg und die Ehre, derEZB und dem Eurosystem in den ersten Jah-ren ihres Bestehens vorzusitzen, in denen wirZeugen so historischer Ereignisse wie desBeginns der dritten Stufe der WWU und derEinführung der Euro-Banknoten und -Münzenwurden. Ich danke all meinen Kollegen imDirektorium, EZB-Rat und Erweiterten Rat

für die erfolgreiche Zusammenarbeit in denletzten fünf Jahren. Des Weiteren gilt meinDank den Mitgliedern des Europäischen Par-laments, insbesondere dem Ausschuss fürWirtschaft und Währung, dem EuropäischenRat, dem ECOFIN-Rat und der EuropäischenKommission. Vor allem danke ich aber auchallen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern derEZB und der nationalen Zentralbanken desEurosystems für ihre beständige Unterstüt-zung und ihr Engagement für das Ziel, dieEuro-Einführung und die Währungsunion zurErfolgsgeschichte zu machen. Ich bin überausstolz darauf, gemeinsam mit ihnen an diesemeinzigartigen, historischen Projekt mitgearbei-tet zu haben. Zu guter Letzt gilt mein Dankden Bürgerinnen und Bürgern Europas fürdas Vertrauen, das sie dem Euro und seinerHüterin entgegengebracht haben. Ich versi-chere Ihnen, dass die EZB heute wie auch inZukunft danach strebt, den Erwartungen derEuropäerinnen und Europäer gerecht zu wer-den und die Kaufkraft unserer Währung zumWohl aller zu wahren.

Frankfurt am Main, im März 2003

Willem F. Duisenberg

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Die Euro-Party anlässlich der Euro-Bargeldeinführung, 18. Januar 2002

Januar 2002

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Kapitel I

Wirtschaftsentwicklung und

Geldpolitik

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 20028

Abbildung 1EZB-Zinssätze und Geldmarktsätze(in % p.a., Tageswerte)

Quelle: EZB.Anmerkung: Der Hauptrefinanzierungssatz ist der Satz, der bis zum 28. Juni 2000 für Mengentender angewandt wurde. Seitherentspricht dieser Zinssatz dem bei Zinstendern angewandten Mindestbietungssatz.

SpitzenrefinanzierungssatzEinlagesatzHauptrefinanzierungs-/MindestbietungssatzTagesgeldsatz (EONIA)Marginaler Zuteilungssatz bei den Hauptrefinanzierungsgeschäften

1999 2000 2001 20021,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

6,0

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

6,0

1 Überblick: Geldpolitische Beschlüsse im Jahr 2002

Im Jahr 2002 war das geldpolitische Umfeldvon erheblicher Unsicherheit geprägt. DieSignale hinsichtlich des mittelfristigen Infla-tionsdrucks waren zeitweise widersprüchlichund Veränderungen unterworfen. Nachdemsich die Konjunkturabschwächung über dasgesamte Jahr 2001 hinweg – zusätzlich ver-schärft durch die negativen Vertrauens-schocks in Zusammenhang mit den Terroran-schlägen in den Vereinigten Staaten im Sep-tember des Jahres – fortgesetzt hatte, war zuBeginn des Jahres 2002 eine leichte Erholungdes Wachstums des realen Bruttoinlandspro-dukts (BIP) im Euroraum zu beobachten. Un-ter dem Einfluss erneuter Turbulenzen an denFinanzmärkten und geopolitischer Spannun-gen, die sich auf die Ölpreise und das Ver-trauen auswirkten, verlor diese Erholung mitfortschreitendem Jahresverlauf jedoch anSchwung. Insgesamt lag das Jahreswachstumdes realen BIP im Euro-Währungsgebiet imJahr 2002 bei schätzungsweise 0,8 %, vergli-chen mit 1,4 % im Vorjahr.

Trotz der verhaltenen Dynamik der Konjunk-turbelebung verlangsamte sich die Teuerungs-

rate nach dem Harmonisierten Verbraucher-preisindex (HVPI) nur mäßig von durch-schnittlich 2,4 % im Jahr 2001 auf 2,2 % imJahr 2002 und blieb damit knapp über derObergrenze der EZB-Definition von Preissta-bilität. Während in der ersten Jahreshälftetemporäre Faktoren – wie etwa ungünstigeWitterungsbedingungen, die sich in den Le-bensmittelpreisen niederschlugen – für diehöheren Inflationsraten mit verantwortlichwaren, gaben andere Einflüsse, wie etwa dieGeldmengen- und Lohnentwicklung, im Hin-blick auf die Wahrung von Preisstabilität imEuroraum auf mittlere Sicht Anlass zu Be-sorgnis. Im späteren Jahresverlauf führte eindeutlicher Anstieg der Ölpreise zu einem ge-wissen Aufwärtsdruck auf die Verbraucher-preise, allerdings trugen andere Faktoren, diemit der nach wie vor schwachen Wachstums-dynamik und der deutlichen Aufwertung desEuro zusammenhingen, zur Eindämmung derInflationsrisiken bei.

Angesichts dieser gegenläufigen Entwicklun-gen beließ der EZB-Rat für den überwiegen-den Teil des Jahres 2002 den Mindestbie-

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tungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäf-te bei 3,25 %. Da die Konjunkturschwächejedoch vor dem Hintergrund fortbestehen-der geopolitischer Spannungen unvermindertanhielt und sich der Euro nachhaltig verteu-erte, machte sich ein Nachlassen des Inflati-onsdrucks bemerkbar. Infolgedessen be-schloss der EZB-Rat, die Leitzinsen der EZBim Dezember 2002 um 50 und im März 2003noch einmal um 25 Basispunkte zu senken(siehe Abbildung 1).

Die 2002 und Anfang 2003 getroffenen geld-politischen Entscheidungen sollten auch imLichte der vom EZB-Rat im Jahr 2001 be-schlossenen deutlichen Verringerung der Leit-zinsen (um insgesamt 150 Basispunkte, wobeider Zinssatz für Hauptrefinanzierungsge-schäfte am 8. November 2001 auf 3,25 %reduziert wurde) gesehen werden. Im Jahr2001, insbesondere nach den Terroranschlä-gen im September, deuteten die verfügbarenInformationen darauf hin, dass die Konjunk-turflaute im Euro-Währungsgebiet wahr-scheinlich langwieriger und ausgeprägter alszuvor erwartet sein und damit zur Eindäm-mung des Inflationsdrucks beitragen würde.Gleichzeitig klangen die Einflüsse frühererPreisschocks – verursacht durch Ölpreisstei-gerungen, die Euro-Abwertung in den Jahren1999 und 2000 und die Preissteigerungen beiLebensmitteln Anfang 2001 – nach und nachab. Alles in allem deuteten diese Faktoren aufeinen mittelfristig geringeren Inflationsdruckhin, und es war zu erwarten, dass sie in Ver-bindung mit der schwächeren Konjunktur eineLohnzurückhaltung fördern würden. Mit die-ser Einschätzung stimmte auch die Analyseder monetären Daten überein. Zwar be-schleunigte sich im zweiten Halbjahr 2001,und insbesondere nach den Terroranschlä-gen, das Geldmengenwachstum, allerdings wardies überwiegend auf Portfolioumschichtun-gen privater Anleger von Aktien und sonsti-gen längerfristigen Vermögenswerten hin zuliquideren, relativ sicheren kurzfristigen, inM3 enthaltenen Anlageformen zurückzufüh-ren. Darüber hinaus ging das Wachstum derKreditvergabe an den privaten Sektor im Vor-jahrsvergleich weiter zurück.

Was zunächst die Analyse im Rahmen derersten Säule der geldpolitischen Strategie derEZB betrifft, so fiel das Wachstum der Geld-menge M3 in den ersten Monaten des Jahres2002 etwas moderater aus, nachdem es imHerbst 2001 zu umfangreichen Portfolioum-schichtungen gekommen war. Die Abschwä-chung der monetären Wachstumsdynamikvollzog sich jedoch nur sehr langsam und kamim zweiten Quartal 2002, als sich die Nach-frage nach M1 spürbar belebte, zum Stillstand.Neben der anhaltenden Unsicherheit an denAktienmärkten waren offenbar die niedrigenOpportunitätskosten der Geldhaltung dastreibende Moment für die Geldmengenexpan-sion während dieses Zeitraums. Des Weite-ren ging Anfang 2002 die Wachstumsrate derKreditvergabe an den privaten Sektor weiterzurück, obgleich sie sich im zweiten Quartalzu stabilisieren schien. Sorge bereitete zu die-sem Zeitpunkt in zunehmenden Maße, dassim Euroraum deutlich mehr Liquidität vor-handen war, als zur Finanzierung eines nach-haltigen inflationsfreien Wirtschaftswachs-tums notwendig gewesen wäre.

Was die Analyse im Rahmen der zweiten Säu-le im ersten Halbjahr 2002 betrifft, so bestä-tigten die Anfang 2002 neu verfügbaren In-formationen die früheren Erwartungen desEZB-Rats hinsichtlich der Wirtschaftsper-spektiven für das Euro-Währungsgebiet. Ausden in den ersten Monaten des Jahres vorlie-genden Daten kristallisierten sich Anzeichenheraus, wonach die konjunkturelle TalsohleEnde 2001 durchschritten worden und eineErholung im Jahresverlauf 2002 wahrschein-lich war. Die Unsicherheit mit Blick auf dieweltwirtschaftliche Lage schien etwas abzu-flauen. Im ersten Vierteljahr 2002 wurde dasWachstum des realen BIP im Euroraum imVorquartalsvergleich positiv, und in den Um-fragedaten fanden sich Hinweise, die für einemögliche konjunkturelle Festigung sprachen.Die Aussicht auf eine Konjunkturerholungwurde dadurch gestützt, dass keine größerengesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichte imEuroraum vorhanden waren, welche einenlangwierigen Anpassungsprozess erforderlichmachen würden. Vor diesem Hintergrund warmit einer Stärkung der inländischen Nachfra-

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ge durch die niedrigen Zinsen und günstigenAuswirkungen des erwarteten Teuerungs-rückgangs auf das real verfügbare Einkommenzu rechnen.

Von Experten des Eurosystems erstellte Pro-jektionen sowie Prognosen internationalerOrganisationen und privater Institutionenzeichneten im Frühjahr 2002 ein weitgehendidentisches Bild. Nach allgemeiner Erwartungsollte das reale BIP-Wachstum im Euroraumim späteren Jahresverlauf wieder dem trend-mäßigen Potenzialwachstum entsprechen undsich im Jahr 2003 auf diesem Niveau stabili-sieren. Die Erwartung einer sich relativ rei-bungslos erholenden Konjunktur stand auchim Einklang mit den Erwartungen der Finanz-märkte, was sich in den Anleiherenditen wi-derspiegelte. Ungeachtet dieser Erwartungenblieb das genaue Verlaufsmuster der konjunk-turellen Wiederbelebung im Unklaren, nichtzuletzt aufgrund der drastisch ansteigendenÖlpreise und gesamtwirtschaftlichen Un-gleichgewichte in anderen Regionen der Welt.

Was die Entwicklung der Verbraucherpreisebetrifft, so waren die jährlichen Inflationsra-ten zum Jahresbeginn 2002 – im Januar lagensie bei 2,7 % – verhältnismäßig hoch. Zudemwar die Teuerungsrate nach dem HVPI An-fang 2002 etwas volatil. Dies war überwie-gend auf kurzlebige Ausnahmefaktoren zu-rückzuführen: ungünstige Witterungsbedin-gungen, die die Preise für Lebensmittel in dieHöhe trieben, höhere indirekte Steuern so-wie von der Energiepreisentwicklung Anfang2001 herrührende negative Basiseffekte. DerGesamteinfluss der Euro-Bargeldumstellungauf die Preisentwicklung wurde trotz einesgewissen Teuerungsdrucks, insbesondere beiden Preisen für bestimmte Dienstleistungen,als gering eingestuft. Die Jahresraten des HVPIgingen nach den ersten Monaten des Jahresüberwiegend infolge von Basiseffekten allmäh-lich zurück. Dieser Rückgang vollzog sich je-doch recht langsam, was zum Teil den Anfang2002 erfolgten Ölpreissteigerungen zuzurech-nen war. Indes gab die Tatsache, dass dieTeuerung ohne die volatileren Komponentender Preise für Energie und unverarbeiteteNahrungsmittel hartnäckig auf einem hohen

Niveau verharrte, Anlass zu Besorgnis. Darinfand insbesondere die Entwicklung derDienstleistungspreise ihren Niederschlag.Auch von der Lohnentwicklung gingen keinepositiven Signale aus. Aus diesen Gründenfiel die Inflationsentwicklung insgesamt etwasweniger günstig aus als Ende 2001 vorherge-sagt.

Vor diesem Hintergrund wuchs in den erstenMonaten des Jahres 2002 im EZB-Rat die Be-sorgnis, dass die Geldmengen- und Lohnent-wicklung sowie die starken Beharrungsten-denzen des Preisauftriebs bei den Dienstleis-tungen Aufwärtsrisiken für die Preisstabilitätauf mittlere Sicht bergen könnten. Allerdingsdämpfte die im Frühjahr einsetzende Aufwer-tung des Euro die Aufwärtsrisiken für diePreisstabilität. Eine zu dieser Zeit wichtigeEinflussgröße bei der Gestaltung der Geldpo-litik war darüber hinaus die Unsicherheit, mitder die Wirtschaftsaussichten nach wie vorbehaftet waren. Angesichts der Tatsache, dasseinige Faktoren zwar auf eine Erhöhung desInflationsdrucks hinwiesen, die Unsicherheitbezüglich der fundamentalen Stärke des Wirt-schaftswachstums aber andauerte (was sichwiederum auch grundlegend auf die Aussich-ten für die Preisstabilität auswirken konnte),war der EZB-Rat der Auffassung, dass dieSignale, die von den zu diesem Zeitpunkt ver-fügbaren Informationen ausgingen, keine ein-deutigen Schlussfolgerungen hinsichtlich desGleichgewichts der Risiken für die mittelfris-tige Preisstabilität zuließen.

In der zweiten Hälfte des Jahres 2002 nah-men die Bedenken bezüglich der Konjunktur-aussichten zu, was sich in der negativen Ent-wicklung an den Finanzmärkten widerspiegel-te. Die während des Sommers an denAktienmärkten weltweit erneut zu verzeich-nenden drastischen Kurseinbrüche verschärf-ten den Abwärtstrend, der an diesen Märk-ten seit den historischen Höchstständen vonAnfang 2000 beobachtet wurde. Obwohl eineexakte Beurteilung der Überbewertung vonAktien stets schwierig ist, lässt sich doch fest-stellen, dass die Kursrückgänge an den Ak-tienmärkten teilweise eine Korrektur vergan-gener Übertreibungen war. Ursächlich dafür

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11EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

waren Faktoren wie die zunehmende Unsi-cherheit am Markt hinsichtlich der Verläss-lichkeit von Bilanzdaten, niedriger als erwar-tet ausfallende Unternehmenserträge und –unter anderem wegen der Folgen für die Öl-preise – die allmählich zunehmenden geopoli-tischen Spannungen. Die verfügbaren Infor-mationen deuten darauf hin, dass ungeachtetdes seit den späten Neunzigerjahren beträcht-lich wachsenden Aktienbestands privaterHaushalte im Euroraum die direkten Auswir-kungen der Entwicklung am Aktienmarkt aufdas Ausgabeverhalten der Verbraucher im Eu-rogebiet in der Regel geringer als in anderengroßen Volkswirtschaften sind. Dennoch stiegmit der Tatsache, dass die Aktienkurse welt-weit zurückgingen, die Wahrscheinlichkeit,dass die Wirtschaft im Euroraum aufgrundihrer internationalen Verflechtung davon nichtunberührt bleiben würde. Die Turbulenzenan den Aktienmärkten hatten für die Unter-nehmen überdies eine Verteuerung der Kapi-talbeschaffung an den Aktienmärkten zur Fol-ge. Darüber hinaus sahen sich Unternehmenim Eurogebiet neben den rückläufigen Ak-tienkursen mit höheren Spreads bei der Fi-nanzierung am Anleihemarkt konfrontiert;dies galt insbesondere für Firmen mit niedri-gerer Bonitätseinstufung. Neben der Verun-sicherung an den Finanzmärkten trugen auchdie beharrlich andauernden großen gesamt-wirtschaftlichen Ungleichgewichte außerhalbdes Eurogebiets weiter zu der von Unsicher-heit geprägten Stimmung im Euroraum undder Welt insgesamt bei.

Diese Faktoren spiegelten sich in den Vor-laufindikatoren wider. Nachdem bis Mitte2002 eine kontinuierliche Besserung der wirt-schaftlichen Lage zu beobachten war, ließenVertrauensindikatoren und Umfrageergebnis-se darauf schließen, dass eine weitere kon-junkturelle Beschleunigung im selben Jahrnicht mehr wahrscheinlich war. Darüber hi-naus verschärften sich die geopolitischen Span-nungen in der zweiten Jahreshälfte 2002 undführten zu einem steilen Anstieg der Ölprei-se. Es war also davon auszugehen, dass diekonjunkturelle Erholung im Euro-Währungs-gebiet sowie die Weltwirtschaft in der zwei-ten Jahreshälfte 2002 voraussichtlich ein lang-

sameres Tempo einschlagen würde als nochzu Beginn des Jahres erwartet. Aus diesemGrund und angesichts ähnlicher Einschätzun-gen durch öffentliche und private Institutio-nen sowie der Projektionen von Expertendes Eurosystems stufte der EZB-Rat seineErwartungen für das Wirtschaftswachstum imrestlichen Jahresverlauf und den ersten Mo-naten des Jahres 2003 langsam zurück. EinAnstieg der Wachstumsraten des realen BIPwurde dementsprechend erst im Lauf desJahres 2003 erwartet. Die in der zweiten Hälf-te des Jahres 2002 und Anfang 2003 neuverfügbaren Konjunkturdaten brachten dieBestätigung, dass das Wirtschaftswachstumtatsächlich weiterhin sehr schwach gebliebenwar.

Was die Preisentwicklung anbelangt, soschwankte die HVPI-Inflation im zweitenHalbjahr um die 2 %-Marke, die Obergrenzeder EZB-Definition von Preisstabilität.Daneben verharrte die am HVPI gemesseneTeuerung ohne die volatileren Komponentender Preise für Energie und unverarbeiteteNahrungsmittel mit Werten um 2 ½ % aufrelativ hohem Niveau. Darin schlug sichinsbesondere die starke Dynamik bei denDienstleistungspreisen nieder, welche sich ih-rerseits – zumindest partiell – auf den bisAnfang 2002 anhaltenden Aufwärtstrend beiden nominalen Lohnerhöhungen zurückfüh-ren ließ. Insgesamt deutet die weiter auf ih-rem Niveau verharrende Verbraucherpreis-inflation darauf hin, dass im Kontext desschwachen Wirtschaftswachstums die struk-turellen Rigiditäten im Euroraum eine adä-quate Anpassung von Löhnen und Preisen be-hindert haben könnten.

Mit Blick auf die Zukunft allerdings galt dieverhaltene Wirtschaftstätigkeit als ein die po-tenziellen Aufwärtsrisiken für die Preisstabili-tät letztendlich begrenzender Faktor. Ob-gleich nach wie vor lohnbezogene Risiken vor-handen waren, galt es als wenigerwahrscheinlich, dass sie zum Tragen kämen,solange sich das gesamtwirtschaftliche Um-feld nicht substanziell veränderte. Von demim zweiten Halbjahr 2002 und in den erstenMonaten des Jahres 2003 gegenüber der ers-

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ten Hälfte des Berichtsjahrs stärkeren Eurowar ebenfalls ein Beitrag zu einem weiterenAbbau des Inflationsdrucks zu erwarten.

Die Implikationen der Geldmengenentwick-lung für die Preisstabilität waren in der zwei-ten Hälfte des Jahres 2002 schwerer einzu-schätzen. Zwar blieb das Geldmengenwachs-tum nach dem Sommer stark, bei derBeurteilung der Faktoren, die der monetärenDynamik zugrunde lagen, war jedoch Vor-sicht geboten. Einerseits war die anhaltendhohe Dynamik des Geldmengenwachstumszum großen Teil durch die Turbulenzen anden Aktienmärkten bedingt, die die Aufmerk-samkeit der Anleger verstärkt auf in M3 ent-haltene geldnahe und sichere Vermögenswer-te zogen; andererseits war sie eine Folge dergeringen Opportunitätskosten der Geldhal-tung, da die niedrigen Zinsen im Euroraumdie monetäre Expansion tendenziell anheiz-ten. Dies kam besonders in einem deutlichenAnstieg des eng gefassten Geldmengenaggre-gats M1 zum Ausdruck. Langfristig gesehengab das starke Geldmengenwachstum im Eu-roraum weiterhin Anlass zur Besorgnis, damehr Liquidität vorhanden war, als zur Finan-zierung eines nachhaltigen inflationsfreienWachstums notwendig gewesen wäre. Ange-sichts des gedämpften Wirtschaftswachstumsallerdings schätzte der EZB-Rat das Risiko,dass dieser Liquiditätsüberschuss zu einemInflationsdruck führen könnte, als gering ein.Das nachlassende jährliche Wachstum derKreditvergabe an den privaten Sektor, ins-besondere an nichtfinanzielle Kapitalgesell-schaften, untermauerte diese Einschätzung.

Insgesamt deuteten die seit Herbst 2002 ver-fügbaren Informationen, in denen sich dasschwache Wirtschaftswachstum und das Er-starken des Euro widerspiegelten, allmählichauf ein Nachlassen des Inflationsdrucks hin.Obwohl die Spannungen an den Ölmärktendie Vorhersage der kurzfristigen Inflations-entwicklung erschwerten, führte die dies-bezügliche Analyse zur Annahme, dass dieTeuerungsrate im Jahresverlauf 2003 miteiner höheren Wahrscheinlichkeit auf unter

2 % fallen und anschließend auf einem derDefinition von Preisstabilität entsprechendenNiveau verbleiben würde. Daher beschlossder EZB-Rat auf seiner Sitzung am 5. Dezem-ber 2002, die EZB-Leitzinsen um 50 Basis-punkte zu verringern, und nahm am 6. März2003 eine nochmalige Senkung um 25 Basis-punkte vor. Der Mindestbietungssatz für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte fiel dadurchauf den im historischen Vergleich sehr niedri-gen Stand von 2,50 %. Durch diese Zinsent-scheidungen der EZB sollte den verschiede-nen die Konjunkturentwicklung beeinträchti-genden Faktoren entgegengewirkt werden,um so zur Wahrung der Preisstabilität aufmittlere Sicht beizutragen.

Auf seiner Sitzung am 5. Dezember überprüf-te der EZB-Rat auch den Referenzwert fürdas Geldmengenwachstum, der im Rahmender ersten Säule der geldpolitischen Strategieder EZB eine wichtige Rolle spielt. Er be-schloss, den Referenzwert unverändert beieiner Jahreswachstumsrate von 4 ½ % für dasweit gefasste Geldmengenaggregat M3 zu be-lassen. Dieser Beschluss wurde gefasst, weildie Annahmen, die der Ableitung des Refe-renzwerts seit Dezember 1998 zugrunde lie-gen – nämlich eine trendmäßige Entwicklungdes Potenzialwachstums im Eurogebiet von2 % bis 2 ½ % pro Jahr und ein trendmäßigerRückgang der Einkommensumlaufgeschwindig-keit von M3 in Höhe von ½ % bis 1 % proJahr – nach wie vor von den vorliegendenDaten gestützt werden. Im Dezember 2002betonte der EZB-Rat erneut, dass es sichbeim Referenzwert um ein mittelfristigesKonzept handelt, was bei einem Vergleichder aktuellen Entwicklung der Geldmenge M3mit dem Referenzwert zu berücksichtigen ist.Tatsächlich sprechen die Erfahrungen der bei-den vergangenen Jahre dafür, dass kurzfristi-ge Veränderungen von M3 sich nicht zwangs-läufig auf die zukünftige Preisentwicklung aus-wirken und Abweichungen von M3 vomReferenzwert zusammen mit anderen realenund finanziellen Indikatoren analysiert wer-den müssen, um deren Folgen für die Preis-stabilität zu erfassen.

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13EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Kasten 1Die Erfahrungen mit den Auswirkungen auf die Geldmarktvolatilität im Gefolge desEZB-Ratsbeschlusses, zu monatlichen geldpolitischen Einschätzungen überzugehen

Auf seiner Sitzung am 8. November 2001 beschloss der EZB-Rat, von diesem Zeitpunkt an grundsätzlich nur

jeweils auf seiner ersten Sitzung im Monat den geldpolitischen Kurs der EZB zu überdenken und Zinsent-

scheidungen zu fällen. Ziel dieses Beschlusses war es unter anderem, einen Beitrag zur Stabilisierung der

Finanzmärkte zu leisten. Obwohl die geldpolitischen Beschlüsse der EZB seit Beginn der dritten Stufe der

Wirtschafts- und Währungsunion1 in der Regel vorhersehbar waren, herrschte am Markt bisweilen Unsicher-

heit bezüglich des genauen Zeitpunkts und der Größenordnung der Entscheidungen. Die hohe Frequenz dieser

Sitzungen hat wahrscheinlich zu dieser Unsicherheit beigetragen. In diesem Zusammenhang wurde die

Überlegung angestellt, dass der Wechsel zu einer monatlichen geldpolitischen Entscheidungsfällung auch zu

einer Stabilisierung des Bietungsverhaltens der Geschäftspartner bei den regelmäßigen Refinanzierungsge-

schäften beitragen dürfte. Bei selteneren Gelegenheiten zur Fokussierung auf mögliche Zinsschritte hätte der

Markt auch weniger Anreize zu spekulativem Verhalten, weshalb mit einer geringeren Zinsvolatilität bei den

Tendergeschäften der EZB gerechnet werden könnte.

1 Pérez-Quirós und Sicilia, Is the European Central Bank (and the United States Federal Reserve) predictable? Working PaperNr. 192 der EZB, 2002. Siehe auch Gaspar, Pérez-Quirós und Sicilia, The ECB monetary policy strategy and the money market,International Journal of Finance and Economics 6, S. 325–342, 2001.

In diesem Gesamtkontext geht der vorliegende Kasten der Frage nach, ob mit der geänderten Frequenz der

geldpolitischen Sitzungen die Marktzinssätze stabiler geworden sind. Die Untersuchung konzentriert sich auf

die Geldmarktsätze bei sehr kurzen Laufzeiten, da vor allem hier eine Reaktion auf die verringerte Häufigkeit

der geldpolitischen Sitzungen zu erwarten ist. Allerdings ist eine solche Analyse nicht einfach durchzuführen,

da die übrigen Faktoren, welche die Volatilität dieser Geldmarktzinsen potenziell beeinflussen (einschließlich

Strukturkurve der Zinsvolatilität(Standardabweichung der täglichen Veränderungen der Geldmarktsätze im Euroraum im angegebenen Zeitraum; in Prozent-punkten)

Quelle: EZB.Anmerkung: Interpolation der Standardabweichung des EONIA-Zinssatzes und der zweiwöchigen sowie drei-, sechs- und zwölf-monatigen EONIA-Swapsätze.

Vom 4. Januar 1999 bis zum 8. November 2001Vom 9. November 2001 bis zum 28. Februar 2003

EONIA

Laufzeit12 Monate6 Monate3 Monate

0,00

0,02

0,04

0,06

0,08

0,10

0,12

0,14

0,16

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200214

der Häufigkeit, mit der die EZB-Leitzinsen geändert werden), in ihrer Gesamtheit nur schwer zu isolieren

sind.

Grundsätzlich steht zu erwarten, dass die verringerte Frequenz geldpolitischer Sitzungen des EZB-Rats die

Volatilität der Geldmarktsätze vor allem am kurzen Laufzeitenende reduziert. Gleichzeitig ist kaum damit zu

rechnen, dass sich das größere Intervall zwischen den geldpolitischen Sitzungen am langen Ende der Geld-

marktkurve, wo tendenziell der Grad der gesamtwirtschaftlichen Unsicherheit signalisiert wird, auswirken

wird.

Die Abbildung zeigt das Zinsvolatilitätsmuster von Tagesgeldern bis hin zu einjährigen Laufzeiten zwischen

dem 4. Januar 1999 und dem 8. November 2001 sowie ab dem 9. November 2001. Die Volatilität der

Einjahressätze nach dem Übergang zu einmal monatlich stattfindenden geldpolitischen Sitzungen ähnelt

derjenigen im vorherigen Zeitraum. Dies deutet darauf hin, dass sich die allgemeine Unsicherheit in der Zeit

nach diesem EZB-Ratsbeschluss nur wenig verändert hat. Bei den kürzerfristigen Zinssätzen ist die Volatilität

allerdings nach der Änderung der Sitzungsfrequenz deutlich geringer geworden. Obgleich es schwierig ist,

nach einem Jahr bereits endgültige Schlüsse zu ziehen, dürfte der Rückgang der Volatilität dennoch ein Indiz

dafür sein, dass die Unsicherheit hinsichtlich des Zeitpunkts der geldpolitischen Entscheidungen mit dem

Beschluss, die geldpolitischen Sitzungen weniger häufig stattfinden zu lassen, tatsächlich abgenommen hat.

2 Monetäre und finanzielle Entwicklung

2.1 Monetäre Entwicklung

Anhaltend kräftiges M3-Wachstum imJahresverlauf 2002

Die durchschnittliche jährliche Wachstums-rate des weit gefassten GeldmengenaggregatsM3 stieg im Jahr 2002 auf 7,4 %, verglichenmit 5,5 % im Jahr 2001. Nach einer erhebli-chen Zunahme im zweiten Halbjahr 2001 ver-langsamte sich das Jahreswachstum von M3 inden ersten Monaten des Berichtsjahrs gering-fügig, um sich danach bei rund 7 % zu stabili-sieren (siehe Abbildung 2). Der gleitendeDreimonatsdurchschnitt der Jahresraten vonM3 ging zwar im Jahresverlauf 2002 gleichfallsleicht zurück, über das gesamte Jahr betrach-tet lag er jedoch deutlich über dem Referenz-wert von 4 ½ %.

Das starke Geldmengenwachstum im Jahr2002 spiegelte weiterhin zu einem Großteildie Entwicklung an den Finanzmärkten wider.Wie schon in der zweiten Hälfte des Jahres2001 zeigten die Nicht-MFIs angesichts derrückläufigen Aktienkurse und der hohen Vo-latilität an den Finanzmärkten eine deutlichePräferenz für sichere und liquide Anlagefor-

men. Nachdem Ende 2001/Anfang 2002 anden Aktienmärkten weltweit eine Normali-sierung eingetreten war – wie an der leichtenErholung der Aktienkurse und dem beträcht-lichen Rückgang der impliziten Aktienkursvo-latilität abzulesen war –, ließ die kurzfristigeDynamik von M3 in den ersten Monaten desJahres 2002 etwas nach. Anschließend zeig-ten die Nicht-MFIs allerdings vor dem Hin-tergrund erneut sinkender Aktienkurse undzunehmender Aktienkursvolatilität wiedereine deutliche Präferenz für sichere und liqui-de Anlageformen. Während in den Sommer-monaten sowohl in M3-Instrumente als auchin längerfristige verzinsliche Anlageformen zuLasten von Dividendenwerten investiert wur-de, flossen später offensichtlich wieder vorallem den in M3 enthaltenen kurzfristigen An-lageformen Mittel zu, worin sich eine Abfla-chung der Zinsstrukturkurve und eine höhe-re Volatilität an den Anleihemärkten wider-spiegelten. Im Einklang mit dieser Entwicklungnahm die kürzerfristige Dynamik von M3 ge-gen Ende des Jahres erheblich zu.

Portfolioumschichtungen gaben jedoch nichtden alleinigen Ausschlag für die starke Geld-mengenausweitung im Jahr 2002. Aller Wahr-

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15EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

scheinlichkeit nach wurde das M3-Wachstumauch gefördert durch das niedrige Zinsniveauim Kurzfristbereich und die damit relativ ge-ringen Opportunitätskosten der Geldhaltung,insbesondere bei den liquidesten Komponen-ten von M3. Dies machte sich bemerkbar imallmählichen Ansteigen der Jahreswachstums-rate des eng gefassten GeldmengenaggregatsM1 auf 8,8 % im letzten Quartal 2002 gegen-über 5,5 % im entsprechenden Vorjahrsquar-tal.

Das lang anhaltende starke Geldmengen-wachstum führte dazu, dass sich im Euro-raum mehr Liquidität aufbaute, als zur Finan-zierung eines nachhaltigen inflationsfreienWirtschaftswachstums benötigt würde. Dieslässt sich an Messzahlen für die Überschuss-liquidität ablesen. Die in Abbildung 3 darge-stellte nominale Geldlücke entspricht der Dif-ferenz zwischen der tatsächlichen Höhe vonM3 und einer kalkulatorischen Größe, die un-ter der Annahme berechnet wird, dass dieGeldmenge seit Dezember 1998 (Basisperio-de) genau um den Referenzwert von 4 ½ %gewachsen ist. Daneben wird die reale Geld-lücke berechnet als Differenz zwischen der

mit dem HVPI deflationierten tatsächlichenGeldmenge M3 und dem realen GeldbestandM3, der sich bei einem dem Referenzwertvon 4 ½ % entsprechenden nominalen M3-Wachstum und einer der EZB-Definition vonPreisstabilität entsprechenden Teuerung er-geben hätte (wiederum mit Dezember 1998als Basismonat).1 Sowohl die nominale alsauch die reale Geldlücke stiegen, nach einemleichten Rückgang während der ersten Mona-te des Jahres 2002 allmählich wieder an underreichten gegen Ende 2002 ihren höchstenStand seit Beginn der dritten Stufe der Wirt-schafts- und Währungsunion (WWU).

Diese ausgeprägte monetäre Dynamik im Jahr2002 war hauptsächlich auf die Entwicklungvon M1 und der marktfähigen Finanzinstru-mente zurückzuführen (siehe Tabelle 1). Beiden M1-Komponenten kam es zu einem kräf-

1 Bei der Interpretation der nominalen und der realen Geldlückeist zu berücksichtigen, dass die Basisperiode etwas willkürlichgewählt ist. Infolgedessen ist der Informationsgehalt der Höhedieser Messzahlen geringer als derjenige der Veränderungen derMesswerte (siehe den Artikel „Gestaltungsrahmen und Instru-mentarium der monetären Analyse“ im Monatsbericht vom Mai2001).

Abbildung 2M3-Wachstum und der Referenzwert(bereinigt um Saison- und Kalendereffekte)

Quelle: EZB.

M3 (Jahreswachstumsrate)M3 (zentrierter gleitender Dreimonatsdurchschnitt der Jahreswachstumsrate)Referenzwert (4 1/2 %)M3 (auf Jahresrate hochgerechnete Sechsmonatsrate)

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 1999 2000 2001 2002

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0

10,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

9,0

10,0

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200216

Tabelle 1Komponenten der Geldmenge M3(Veränderungen gegen Vorjahr in %; Jahres- und Quartalsdurchschnitte)

Quelle: EZB.

2001 2002 2001 2002 2002 2002 2002 2003Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Jan.

Bereinigt um Saison- und Kalendereffekte

M1 3,6 7,3 5,5 6,2 6,6 7,6 8,8 9,8darunter: Bargeldumlauf -7,6 -11,8 -18,6 -28,0 -19,9 -7,7 12,9 34,6darunter: täglich fällige Einlagen 5,9 10,7 10,4 13,0 11,7 10,3 8,2 6,6

M2 - M1 (= sonstige kurzfristige Einlagen) 4,8 5,9 5,9 6,7 6,4 5,5 4,9 4,0

M2 4,2 6,5 5,7 6,5 6,5 6,5 6,7 6,7M3 - M2 (= marktfähige Finanzinstrumente) 14,2 12,3 20,6 15,9 14,0 11,6 8,4 11,0

M3 5,5 7,4 7,7 7,8 7,5 7,2 7,0 7,4

Nicht um Saison- und Kalendereffekte bereinigt

Bargeldumlauf -7,7 -11,6 -18,4 -27,9 -19,7 -7,7 12,9 35,2

Täglich fällige Einlagen 5,9 10,8 10,1 13,0 11,7 10,4 8,3 6,1

Einlagen mit vereinbarter Laufzeitvon bis zu zwei Jahren 11,9 2,3 7,3 3,6 2,9 1,4 1,3 0,6

Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfristvon bis zu drei Monaten -0,5 8,8 5,0 9,1 9,4 8,9 7,7 6,9

Repogeschäfte 18,6 3,0 19,5 4,6 2,3 2,9 2,3 11,9

Geldmarktfondsanteile 13,9 23,6 25,5 29,5 25,1 22,4 18,6 17,2

Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungenmit einer Ursprungslaufzeit von bis zu zwei Jahren 9,3 -2,2 11,5 1,6 3,9 -4,3 -9,2 -8,3

Abbildung 3Nominale und reale Geldlücke(in % des M3-Niveaus; zentrierter gleitender Dreimonatsdurchschnitt)

Quelle: EZB.1) Abweichung der tatsächlichen Geldmenge M3 von einem Geldbestand, der sich aus einem dem Referenzwert entsprechenden

monetären Wachstum ergibt. Als Basisperiode wurde Dezember 1998 gewählt.2) Nominale Geldlücke abzüglich der Abweichung der Verbraucherpreise von einem Niveau, das der Definition von Preisstabilität

entspricht. Als Basisperiode wurde Dezember 1998 gewählt.

Nominale Geldlücke 1)

Reale Geldlücke 2)

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 1999 2000 2001 2002

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

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17EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

tigen Wiederanstieg der Jahresrate des Bar-geldumlaufs. Nachdem diese im Jahr 2001 imVorfeld der Euro-Bargeldeinführung umnahezu ein Drittel zurückgegangen war, bau-ten die Wirtschaftsakteure im Jahr 2002 ihreBargeldbestände relativ rasch wieder auf. Ur-sächlich dafür war in erster Linie die Umkehrder vorangegangenen Verlagerung von Bar-geld hin zu täglich fälligen Einlagen und ande-ren in M3 enthaltenen kurzfristigen Einlagen,aber auch eine wieder anziehende Nachfragenach Euro-Banknoten durch Ansässige außer-halb des Euro-Währungsgebiets, wie die Da-ten der Zahlungsbilanz des Euroraums erken-nen lassen. Aufgrund der Umkehr der vorhe-rigen Umschichtungen weg von derBargeldhaltung ließ die Jahresrate für täglichfällige Einlagen im Jahresverlauf 2002 etwasnach, verharrte jedoch weiterhin auf einemverhältnismäßig hohen Niveau. Insgesamtspiegelten sich in der Entwicklung der Geld-menge M1, wie bereits angeführt, wohl inerster Linie die niedrigen Opportunitätskos-ten der Haltung von Bargeld und täglich fälli-gen Einlagen wider. Zudem dürften auch dieTurbulenzen an den Finanzmärkten besondersin der zweiten Jahreshälfte zu einer stärkerenNachfrage nach sehr liquiden Anlageformengeführt haben.

Im Gegensatz dazu war die Jahreswachstums-rate der kurzfristigen Einlagen (ohne täglichfällige Einlagen) im Berichtsjahr rückläufig undsank auf 4,9 % im letzten Quartal 2002, ver-glichen mit 5,9 % im entsprechenden Vor-jahrsquartal. In diesem Rückgang schlug sichvor allem die Entwicklung der kurzfristigenTermineinlagen (d. h. Einlagen mit einer ver-einbarten Laufzeit von bis zu zwei Jahren)nieder, die zum Teil durch das stärkere Jah-reswachstum der kurzfristigen Spareinlagen(d. h. Einlagen mit einer vereinbarten Kündi-gungsfrist von bis zu drei Monaten) wiederwettgemacht wurde. Offensichtlich führte derverhältnismäßig geringe Zinsabstand zwischenden beiden Arten von kurzfristigen Einlagenim Kundengeschäft dazu, dass kurzfristigeSpareinlagen verhältnismäßig attraktiv wur-den. Die Verringerung der Jahreswachstums-rate der kurzfristigen Einlagen (ohne täglichfällige Einlagen) insgesamt könnte möglicher-

weise zum Teil auch mit dem Rückfluss vonMitteln zur Bargeldhaltung nach der Euro-Bargeldumstellung in Zusammenhang gestan-den haben.

Die Jahreswachstumsrate der marktfähigen Fi-nanzinstrumente war im Jahresverlauf 2002zwar rückläufig, wies mit 8,4 % im letztenQuartal jedoch ein nach wie vor relativ ho-hes Niveau auf. Hinzu kam eine Verstärkungder kürzerfristigen Dynamik in der zweitenJahreshälfte 2002, was vor dem Hintergrundder großen Unsicherheit an den Finanzmärk-ten auf erneute Portfolioumschichtungen hinzu M3 schließen ließ. Bei den marktfähigenFinanzinstrumenten wiesen im Jahr 2002 dieGeldmarktfondsanteile ein besonders kräfti-ges Wachstum auf. Diese Instrumente wer-den in Zeiten großer Finanzmarktunsicher-heit häufig zum Parken von Geldern benutzt.

Das Geldmengenwachstum blieb auch im Ja-nuar 2003 kräftig, bedingt durch anhaltendePortfolioumschichtungen und das niedrige Ni-veau der Kurzfristzinsen. Der Dreimonats-durchschnitt der jährlichen Wachstumsratenvon M3 stieg von November 2002 bis Januar2003 auf 7,1 %, nach 6,9 % im Zeitraum vonOktober bis Dezember 2002.

Weitere Wachstumsverlangsamung bei derKreditvergabe an den privaten Sektor

Abbildung 4 zeigt, wie sich die Geldmenge M3und ihre Gegenposten in der konsolidierten Bi-lanz der MFIs im Jahr 2002 verändert haben.Insgesamt gesehen ging das starke M3-Wachs-tum mit einem rückläufigen Wachstum der ge-samten Kreditvergabe der MFIs an Nicht-MFIsim Euro-Währungsgebiet, einer beschleunigtenZunahme der längerfristigen finanziellen Ver-bindlichkeiten der MFIs (ohne Kapital und Rück-lagen) sowie höheren Nettoforderungen desMFI-Sektors im Eurogebiet an Ansässige außer-halb des Euro-Währungsgebiets einher.

Bei näherer Betrachtung dieser Entwicklun-gen zeigt sich im Hinblick auf das Kreditge-schäft, dass die durchschnittliche Jahreswachs-tumsrate der gesamten Kreditvergabe von

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200218

Tabelle 2Gegenposten zu M3(Veränderung gegen Vorjahr in %; Jahres- und Quartalsdurchschnitte; nicht um Saison- und Kalendereffekte bereinigt)

2001 2002 2001 2002 2002 2002 2002 2003Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Jan.

Längerfristige finanzielle Verbindlichkeiten(ohne Kapital und Rücklagen) 3,0 4,4 2,9 3,1 4,0 5,1 5,2 5,7

Einlagen mit vereinbarter Laufzeitvon mehr als zwei Jahren -0,2 1,4 -0,2 0,2 0,9 1,9 2,6 2,6

Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfristvon mehr als drei Monaten 3,8 -11,2 -5,7 -11,5 -13,2 -11,1 -9,0 -5,3

Schuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeitvon mehr als zwei Jahren 5,4 7,8 5,9 6,5 7,7 8,8 8,1 8,7

Kredite an Nicht-MFIs im Euroraum 5,4 4,5 5,2 5,1 4,5 4,2 4,1 4,2

Kredite an öffentliche Haushalte -4,0 1,6 -0,7 1,7 1,8 1,1 1,9 1,8

Wertpapiere ohne Aktien -6,2 3,5 -0,7 3,5 3,8 2,5 4,1 3,5

Buchkredite -1,0 -1,0 -0,8 -0,8 -0,9 -0,9 -1,2 -0,8

Kredite an sonstige Nicht-MFIs im Euroraum 8,3 5,3 6,9 6,1 5,2 5,0 4,8 4,8

Wertpapiere ohne Aktien 22,6 12,5 23,8 22,3 14,8 7,5 6,9 9,1

Aktien sowie sonstige Dividendenwerteund Beteiligungen 7,2 0,7 3,2 2,1 -3,5 1,0 3,3 0,4

Buchkredite 7,8 5,3 6,5 5,7 5,6 5,3 4,8 5,0

Quelle: EZB.

MFIs an Nicht-MFIs im Euroraum von 5,4 %im Jahr 2001 auf 4,5 % im Jahr 2002 zurück-ging. Ausschlaggebend dafür war eine deut-lich rückläufige Jahresrate der Kreditgewäh-

Abbildung 4Entwicklung der Geldmenge M3 und ihrer Gegenposten(Veränderung gegen Vorjahr; Stand am Ende des Berichtszeitraums; Mrd €; nicht um Saison- und Kalendereffekte bereinigt)

Quelle: EZB.M3 = (1)+(2)+(3)-(4)+(5)

Q4 2001Q1 2002Q2 2002Q3 2002Q4 2002

-200

-100

0

100

200

300

400

500

-200

-100

0

100

200

300

400

500

M3 Längerfristige finanzielleVerbindlichkeiten (ohne Kapital und

Rücklagen) (4)

Kredite anden privaten

Sektor (1)

Kredite anöffentlicheHaushalte

(2)

Nettoforderungengegenüber Ansässigen

außerhalb des Euroraums (3)

Sonstige Gegen-posten (einschließlich

Kapital und Rücklagen)(5)

rung an den privaten Sektor, während dieJahreswachstumsrate der Kreditvergabe andie öffentlichen Haushalte im Jahr 2002 insPositive umschlug (siehe Tabelle 2).

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19EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

In der rückläufigen Jahresrate der Kreditver-gabe an den privaten Sektor spiegelte sich dieEntwicklung bei den MFI-Buchkrediten wider,deren Jahreswachstumsrate sich im letztenQuartal 2002 auf 4,8 % verringerte, vergli-chen mit 6,5 % im entsprechenden Vorjahrs-quartal. Eine sektorale Aufgliederung zeigt,dass die Jahreswachstumsrate der MFI-Buch-kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaf-ten deutlich zurückging – hierin spiegeltensich unter anderem geringere Fusions- undÜbernahmeaktivitäten wider –, während sichdas jährliche Wachstum der Buchkredite anprivate Haushalte etwas beschleunigte. (Ein-zelheiten zur Entwicklung der Kreditvergabenach Sektoren finden sich in Abschnitt 2.2unter „Gegenläufige Entwicklungen bei derFremdfinanzierung der nichtfinanziellen Sek-toren im Euro-Währungsgebiet“.)

Insgesamt blieb die durchschnittliche Jahres-wachstumsrate der Kredite an den privatenSektor im Berichtsjahr in realer Betrachtungetwas hinter ihrem langjährigen, seit 1980verzeichneten Durchschnittswert zurück. Vordem Hintergrund des verhaltenen Wirt-schaftswachstums und der hohen wirtschaft-lichen Unsicherheit allerdings erschien dieDynamik der Kreditvergabe nicht sonderlichschwach. Daher dürften diese Angaben zumKreditwachstum nicht als Anzeichen für et-waige weit verbreitete Beschränkungen beider Kreditvergabe im Euroraum zu wertensein. Gleichzeitig ist aber nicht auszuschlie-ßen, dass in manchen Ländern die MFIs beider Kreditvergabe gegenüber einigen Wirt-schaftssektoren einen etwas vorsichtigerenAnsatz gewählt haben.

Die Wachstumsbeschleunigung bei der Kre-ditvergabe an die öffentlichen Haushalte imEuroraum schließlich spiegelte deren erhöh-ten Finanzierungsbedarf wider, der sich zumTeil auf niedrigere Steuereinnahmen ange-sichts des bescheidenen Wirtschaftswachs-tums zurückführen lässt.

Was die anderen Gegenposten zu M3 anbe-langt, so nahm die jährliche Wachstumsratelängerfristiger finanzieller Verbindlichkeitender MFIs (ohne Kapital und Rücklagen) in den

ersten drei Quartalen des Jahres 2002 erheb-lich zu. Anfangs dürfte dies auf den bis zumFrühjahr 2002 steileren Verlauf der Zinsstruk-turkurve zurückzuführen gewesen sein, spä-ter jedoch auch auf die an den Aktienmärk-ten weltweit erneut ansteigende Unsicher-heit. Im letzten Quartal 2002 blieb dasjährliche Wachstum der längerfristigen finan-ziellen Verbindlichkeiten der MFIs (ohne Ka-pital und Rücklagen) weitgehend stabil. Diesspricht dafür, dass der expansive Einfluss derAktienkursentwicklung durch die Auswirkun-gen der rückläufigen Langfristzinsen undmöglicherweise auch eine zunehmende Vola-tilität am Anleihemarkt wieder ausgeglichenwurde.

Schließlich war beim Nettoauslandsvermögendes MFI-Sektors im Euroraum im Jahresver-lauf 2002 eine weitere deutliche Verbesse-rung zu verzeichnen. Im Zwölfmonatszeit-raum bis Dezember 2002 nahmen die Netto-forderungen der MFIs im Euroraum gegenüberGebietsfremden um 164 Mrd € zu, währendim entsprechenden Vorjahrszeitraum ihrNettoauslandsvermögensstatus weitgehendunverändert geblieben war. Diese deutlicheVerbesserung des Nettoauslandsvermögens-status der MFIs im Euroraum war auf eineerheblich verbesserte Leistungsbilanz des Eu-rogebiets sowie Nettokapitalzuflüsse bei denWertpapieranlagen und Direktinvestitionenzusammengenommen zurückzuführen. Letzte-re waren unter anderem auf eine verhalteneInvestitionstätigkeit von Ansässigen im Euro-Währungsgebiet in ausländischen Dividenden-werten und Schuldverschreibungen zurück-zuführen.

Insgesamt blieb das Jahreswachstum der Geld-menge M3 im Berichtsjahr kräftig, was dazuführte, dass sich im Euroraum mehr Liquidi-tät aufbaute, als zur Finanzierung eines nach-haltigen inflationsfreien Wirtschaftswachs-tums benötigt würde. In den ersten Monatendes Jahres 2002 gab es zwar einige Anzeichenfür eine leichte Abschwächung des Geldmen-genwachstums, die mit dem allmählichenRückfluss von Mitteln aus früheren Portfolio-umschichtungen zusammenhingen, allerdingsbestätigte sich diese Entwicklung im weiteren

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Jahresverlauf doch nicht. Ganz im Gegenteilführten erneute Portfolioumschichtungen spä-ter dazu, dass die Überschussliquidität weiterzunahm. Dieser hohe Liquiditätsüberschussgalt – sofern im Laufe der Zeit keine Korrek-turen vorgenommen würden – als potenziel-les Risiko für die Preisstabilität auf mittlereSicht. Angesichts der verhaltenen Wirt-schaftsentwicklung im Jahr 2002 wurde dasRisiko, dass die überschüssige Liquidität zueinem Inflationsdruck führen könnte, jedochals gering angesehen. Diese Auffassung setztesich insbesondere in der zweiten Jahreshälfte2002 durch. Die anhaltende Verlangsamungdes Jahreswachstums der Kreditgewährung anden privaten Sektor untermauerte diese Ein-schätzung.

2.2 Finanzmärkte

Nachlassende Dynamik bei der Emissionvon Schuldverschreibungen

Der Markt für von Ansässigen im Euro-Wäh-rungsgebiet begebene Schuldverschreibungenwies 2002 zwar weiterhin positive Wachs-tumsraten auf, allerdings waren diese niedri-ger als im Jahr 2001. Der Umlauf von Schuld-verschreibungen erhöhte sich von Ende 2001bis Ende 2002 um 6,4 %, verglichen mit 7,1 %im Jahr 2001. Die Jahreswachstumsrate desUmlaufs an kurzfristigen Schuldverschreibun-gen stieg von 4,1 % am Ende des Jahres 2001auf 12,0 % am Ende des Jahres 2002. Dabeiwar sie im Lauf des Jahres bis auf 0,2 % (imApril) zurückgegangen, um dann im späterenJahresverlauf wieder anzuziehen. Die Jahres-wachstumsrate des Umlaufs an langfristigenSchuldverschreibungen indessen ging von7,4 % im Jahr 2001 auf 5,8 % im Berichtsjahrzurück.

Die Emissionstätigkeit wies im Jahr 2002 ge-genläufige Entwicklungen auf, nämlich einenRückgang im privaten Sektor und einen An-stieg bei den öffentlichen Haushalten. Darinspiegelten sich unter anderem Unterschiedeim Finanzierungsbedarf dieser Sektoren in ei-ner Zeit schwachen Wirtschaftswachstumswider.

Das jährliche Wachstum des gesamten Um-laufs an von den öffentlichen Haushalten be-gebenen Schuldverschreibungen beschleunig-te sich von 3,4 % (Ende 2001) auf 5,0 % (Ende2002), wobei sowohl die Zentralstaaten alsauch die sonstigen öffentlichen Haushalte ihreEmissionstätigkeit ausweiteten (siehe Abbil-dung 5). Der Umlauf an Schuldverschreibun-gen der sonstigen öffentlichen Haushalte (inerster Linie regionale und lokale Gebietskör-perschaften) erhöhte sich im Jahr 2002 um27,4 %, verglichen mit 24,0 % am Ende desJahres 2001. Darin spiegelten sich eine un-günstigere Haushaltsentwicklung und eindaraus resultierender höherer Kreditbedarfdieser Gebietskörperschaften wider.

Im privaten Sektor ging die Jahreswachstums-rate des gesamten Umlaufs an Schuldver-schreibungen der MFIs leicht zurück, undzwar von 5,5 % am Jahresende 2001 auf 4,6 %Ende 2002. Im rückläufigen Absatz von Schuld-verschreibungen dürfte sich ein geringerer Refi-nanzierungsbedarf der MFIs niedergeschlagenhaben, der seine Ursachen in der angesichts desschwachen Konjunkturumfelds verhaltenen Kre-ditnachfrage durch den privaten nichtfinanziel-len Sektor und in einem anhaltend starken Ein-lagenzufluss der MFIs hatte.

Beim privaten Nicht-MFI-Sektor ging die Jah-reswachstumsrate des Umlaufs an von nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften begebenenEuro-Schuldverschreibungen erheblich zurückund belief sich Ende 2002 auf 3,7 % (nach19,3 % am Jahresende 2001). Der Umlauf anvon nichtmonetären finanziellen Kapitalgesell-schaften begebenen Schuldverschreibungenstieg im Berichtsjahr um 26,8 %, verglichenmit 45,1 % Ende 2001. Der sich weiter be-schleunigende Absatz von Schuldverschrei-bungen in diesem Sektor dürfte teilweise aufeine Verlagerung von Direktemissionen dernichtfinanziellen Kapitalgesellschaften hin zuindirekten Emissionen durch zu den nichtmo-netären finanziellen Kapitalgesellschaften zäh-lende Zweckgesellschaften (SPVs) zurückzu-führen gewesen sein. Der über diesen Kanalabgewickelte höhere Absatz von Schuldver-schreibungen spiegelt offensichtlich die Tat-sache wider, dass diese Quelle strukturierter

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Abbildung 5Umlauf von auf Euro lautenden Schuldverschreibungen von Ansässigenim Euroraum(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quelle: EZB.

Monetäre FinanzinstituteNichtmonetäre finanzielle KapitalgesellschaftenNichtfinanzielle KapitalgesellschaftenÖffentliche Haushalte

1999 2000 2001 20020

10

20

30

40

50

60

70

0

10

20

30

40

50

60

70

Finanzierung in der Regel von hohen Boni-tätseinstufungen profitiert. Allerdings fand derinsgesamt schwächere Zuwachs des Umlaufsvon Schuldverschreibungen des privatenNicht-MFI-Sektors in einem Umfeld statt, dasvon einem geringeren Betriebskapitalbedarfund wachsenden Bedenken seitens der Anle-ger hinsichtlich der Kreditrisiken geprägt war.Letzteres spiegelte sich in einer Verschlech-terung der Unternehmensfinanzierungsbedin-gungen wider, da sich die Renditeabständebei den Unternehmensanleihen am unterenEnde der Bonitätsskala beträchtlich auswei-teten und im Jahresverlauf 2002 verglichenmit zurückliegenden Jahren recht hohe Wer-te erreichten. Auch bei den Herabstufungenvon Unternehmen hoher Bonität war wäh-rend des Jahres eine steigende Tendenz zubeobachten. Dies bedeutete, dass die Finan-zierungskosten an den Unternehmensanleihe-märkten für jene Firmen, die auf der Quali-tätsskala nach unten wanderten und nach demVerlust ihres erstklassigen („investmentgrade“) Ratings zu „gefallenen Engeln” wur-den, in stärkerem Maße zunahmen als dieRenditeabstände.

Die Jahreswachstumsrate des Umlaufs anEuro-Schuldverschreibungen ging zwar deut-

lich zurück, wodurch jedoch keine ernsthafteVerschlechterung der Finanzierungsbedingun-gen für die Unternehmen eintrat. Der Absatzvon Schuldverschreibungen blieb auf einemstabilen Niveau. Daneben verbesserten sichbei Investment-Grade-Schuldverschreibungeninsgesamt die Finanzierungsbedingungen, dader zunehmende Renditevorsprung zu denStaatsanleihen durch den Rückgang der Ren-diten langfristiger Staatsanleihen mehr alsausgeglichen wurde (siehe Abbildung 11 a).Alles in allem zeichnete sich der Markt fürauf Euro lautende Unternehmensanleihendurch ein erhebliches Maß an Widerstandsfä-higkeit aus.

Der schwachen Emissionstätigkeit im priva-ten Sektor lag ein merklich abflauendesWachstum des Umlaufs an kurzfristigenSchuldverschreibungen zugrunde. Angesichtsder bereits erwähnten weit verbreitetenRating-Herabstufungen im Unternehmens-sektor war es für einige Emittenten aufgrundder Marktbedingungen leichter, langfristigeSchuldverschreibungen anstelle von kurzfris-tigen abzusetzen, da einige Anleger kurzfristi-ge Titel nur ab einem bestimmten Mindest-Rating aufzunehmen bereit waren.

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Trotz der rückläufigen Wachstumsraten warder Anteil der in Umlauf befindlichen vonnichtmonetären finanziellen und nichtfinanzi-ellen Kapitalgesellschaften begebenen Schuld-verschreibungen am Gesamtumlauf der vonAnsässigen im Euroraum begebenen Schuld-verschreibungen Ende 2002 mit 12,5 % etwashöher als Ende 2001, als er bei 11,6 % lag(siehe Tabelle 3). Diese geringfügige Verän-derung spiegelte sich auch in den Anteilender MFIs und der öffentlichen Haushalte amBestand an Euro-Schuldverschreibungen wi-der, die sich mit 36,1 % bzw. 51,4 % am Jah-resende 2002 ebenfalls kaum verändert hat-ten. Sowohl hinsichtlich des Umlaufs als auchbeim Gesamtabsatz waren diese beiden Sek-toren zusammengenommen am Markt fürEuro-Schuldverschreibungen nach wie vor do-minant.

Der Anteil des Bruttoabsatzes von auf Eurolautenden Schuldverschreibungen durch An-sässige im Euro-Währungsgebiet an deren ge-samtem Bruttoabsatz in allen Währungenblieb im Jahr 2002 mit rund 93 % unverän-dert. Auch die Jahreswachstumsrate der vonAnsässigen im Euroraum begebenen nicht inEuro denominierten Schuldverschreibungenblieb mit 11,3 % im Jahr 2002 weitgehendstabil. Seit dem Beginn der dritten Stufe derWWU nahm der Absatz von in Fremdwäh-rung denominierten Schuldverschreibungen

Tabelle 3Sektorale Aufschlüsselung des Umlaufsan auf Euro lautenden Schuldverschrei-bungen von Ansässigen im Euroraum(in %; Stand am Ende des Berichtszeitraums)

1998 1999 2000 2001 2002

MFIs 35,8 37,0 37,4 36,5 36,1

Privater Nicht-MFI-Sektor 7,1 8,5 9,7 11,6 12,5

Nichtmonetäre finanzielleKapitalgesellschaften 2,3 3,3 4,0 5,3 6,3NichtfinanzielleKapitalgesellschaften 4,8 5,2 5,7 6,3 6,2

Öffentliche Haushalte 57,1 54,5 52,9 51,9 51,4

Zentralstaaten 55,4 52,9 51,2 50,0 49,1Sonstige öffentlicheHaushalte 1,7 1,6 1,7 1,9 2,3

Quelle: EZB.Anmerkung: Seit dem 1. Januar 2001 einschließlich Angaben zuGriechenland.

durch Ansässige im Euroraum systematischstärker zu als deren Absatz von Euro-Schuld-verschreibungen. Dies dürfte mit der zuneh-menden Internationalisierung der Kapital-märkte zusammenhängen, die bei den im Eu-rogebiet ansässigen Emittenten von Schuld-verschreibungen eine verstärkte Diversifizie-rung im Hinblick auf die Ausgabewährung för-derte (siehe Kasten 2 „Jüngste Verbesserun-gen bei der Statistik über Wertpapieremissi-onen“, Monatsbericht Januar 2003, S. 18 ff.).Auch für internationale Emittenten blieb derEuro eine attraktive Währung. Das jährlicheWachstum des Umlaufs an Euro-Schuldver-schreibungen, die von Gebietsfremden bege-ben wurden, belief sich im Jahr 2002 auf rund12,9 % gegenüber 17,5 % Ende 2001.

Gegenläufige Entwicklungen bei derFremdfinanzierung der nichtfinanziellenSektoren im Euro-Währungsgebiet

Analog zur Entwicklung der MFI-Kredite unddes Absatzes von Schuldverschreibungen ver-ringerte sich die Jahreswachstumsrate derFremdfinanzierung der nichtfinanziellen Sek-toren im Eurogebiet im Jahr 2002, und zwar

Abbildung 6Fremdfinanzierung der nicht-finanziellen Sektoren im Euroraum(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quelle: EZB.Anmerkung: Weitere Einzelheiten finden sich in Tabelle 4.

1999 2000 2001 2002

Private HaushalteNichtfinanzielle KapitalgesellschaftenÖffentliche Haushalte

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

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Anteil des JahreswachstumsratenBestands an (Stand am Ende des Berichtszeitraums) 3)

der (Sektor-)Fremdfinanzierung 1999 2000 2001 2002 2002 2002 2002

in % 2) Q1 Q2 Q3 Q4 4)

Insgesamt 100 6,3 7,2 5,4 5,4 5,1 4,7 4 ¼

darunter: kurzfristige Fremdfinanzierung 17,8 5,3 11,0 5,4 3,0 1,6 0,8 1 ½

darunter: langfristige Fremdfinanzierung 82,2 6,6 6,4 5,4 5,9 5,9 5,6 5

Private Haushalte 5) 27,1 10,7 7,4 5,7 5,7 5,9 6,1 6

darunter: kurzfristige Fremdfinanzierung 8,1 9,0 6,3 -0,7 -0,6 1,1 1,2 2 ¼

darunter: langfristige Fremdfinanzierung 91,9 10,8 7,5 6,3 6,3 6,4 6,6 6 ¼

Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften 33,3 8,6 14,3 8,3 6,4 5,6 4,2 3 ¾

darunter: kurzfristige Fremdfinanzierung 30,6 10,9 20,2 5,0 1,0 -2,9 -3,4 -2 ¼

darunter: langfristige Fremdfinanzierung 69,4 7,6 11,7 9,9 9,2 10,0 8,0 6 ¾

Öffentliche Haushalte 39,6 2,3 1,8 2,9 4,3 4,0 4,2 3 ½

darunter: kurzfristige Fremdfinanzierung 13,8 -4,6 -2,8 9,2 8,9 11,6 9,7 9

darunter: langfristige Fremdfinanzierung 86,2 3,4 2,5 2,0 3,6 2,8 3,3 2 ¾

Quelle: EZB.Anmerkung: Die ausgewiesenen Quartalswerte zur Finanzierung der nichtfinanziellen Sektoren im Euroraum umfassen die meistenim ESVG 95 festgelegten Kategorien von Verbindlichkeiten. Finanzderivate, Kredite von öffentlichen Haushalten (Staat) undnichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, nicht börsennotierte Aktien, sonstige Anteilsrechte sowie sonstige Verbindlichkeiten sindnoch nicht berücksichtigt. Dies gilt auch für Kredite von Banken im Ausland. Weitere Einzelheiten finden sich in den Fußnoten vonTabelle 6.1 im Statistikteil des Monatsberichts.1) Die Fremdfinanzierung umfasst Kredite, begebene Schuldverschreibungen, Pensionsrückstellungen nichtfinanzieller Kapital-

gesellschaften und Verbindlichkeiten von Zentralstaaten aus Einlagen. Die kurzfristige Fremdfinanzierung (mit einer Ursprungs-laufzeit bis zu einem Jahr) umfasst kurzfristige Kredite, begebene kurzfristige Schuldverschreibungen und Verbindlichkeiten vonZentralstaaten aus Einlagen.

2) Stand am Ende des dritten Quartals 2002. Gesamtanteil der kurzfristigen und langfristigen Fremdfinanzierung und Sektorfremd-finanzierung an der Gesamtfremdfinanzierung in %. Anteil der kurzfristigen und langfristigen Fremdfinanzierung des Sektors ander Gesamtsektorfremdfinanzierung in %. Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.

3) Die Jahreswachstumsraten errechnen sich aus dem Verhältnis zwischen dem kumulativen Fremdfinanzierungsbetrag der letztenvier Quartale und dem Anfangsbestand.

4) Die Angaben für das letzte Quartal 2002 wurden auf der Grundlage von in Geld- und Bankenstatistiken sowie Statistiken überWertpapieremissionen ausgewiesenen Transaktionen geschätzt.

5) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.

Tabelle 4Fremdfinanzierung der nichtfinanziellen Sektoren im Euroraum 1)

auf rund 4 ¼ % im vierten Quartal, nach 5,4 %im letzten Quartal 2001 (siehe Tabelle 4).Dieser leicht abwärts gerichtete Trend warauf ein sich kontinuierlich verlangsamendesJahreswachstum der Fremdfinanzierung nicht-finanzieller Kapitalgesellschaften zurückzufüh-ren. Im Gegensatz dazu stieg die Jahresrateder privaten Haushalte sowie der öffentli-chen Hand im Vergleich zum letzten Quartal2001 leicht an (siehe Abbildung 6).

Nach einem vom dritten Quartal 1999 biszum ersten Quartal 2002 anhaltenden Rück-gang zog die Jahresrate der Fremdfinanzie-rung der privaten Haushalte geringfügig anund belief sich im vierten Quartal 2002 aufrund 6 %. Vor allem die langfristige Fremdfi-

nanzierung (d. h. mit einer Ursprungslaufzeitvon mehr als einem Jahr) privater Haushalteweitete sich zusehends weiter aus, was zueinem großen Teil dem kräftigen Wachstumbei der Vergabe von Wohnungsbaukreditendurch die MFIs im Euroraum zuzuschreibenwar (siehe Tabelle 5). Dies wiederum wurdebegünstigt durch historisch niedrige Hypo-thekenzinsen sowie einen kontinuierlichenstarken Auftrieb der Preise für Wohnimmo-bilien in einer Reihe von Euro-Ländern. Infol-ge des robusten Anstiegs der Gesamtver-schuldung der privaten Haushalte wuchs dieSchuldenquote der privaten Haushalte gemes-sen am BIP im Berichtsjahr etwas an underreichte im letzten Quartal rund 51 % (sieheAbbildung 7).

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Abbildung 7Schuldenquote der nichtfinanziellenSektoren im Euroraum(in % des BIP)

Quelle: EZB.Anmerkung: Weitere Einzelheiten finden sich in Tabelle 4. DieSchuldenquote fällt auf der Grundlage der vierteljährlichenFinanzierungsrechnungen etwas niedriger aus als anhand derjährlichen Berechnungen. Dies hängt vor allem damit zusammen,dass Kredite von nichtfinanziellen Sektoren und von Bankenaußerhalb des Euro-Währungsgebiets nicht erfasst werden.

Private HaushalteNichtfinanzielle KapitalgesellschaftenÖffentliche Haushalte

40,0

45,0

50,0

55,0

60,0

65,0

70,0

75,0

80,0

85,0

40,0

45,0

50,0

55,0

60,0

65,0

70,0

75,0

80,0

85,0

1998 1999 2000 2001 2002

Die Jahreswachstumsrate der Fremdfinanzie-rung nichtfinanzieller Kapitalgesellschaftensank im vierten Quartal 2002 auf knapp 4 %,nach 8,3 % im entsprechenden Vorjahrsquar-tal. Ursächlich dafür war im ersten Halbjahr2002 vor allem ein starker Rückgang der Jah-

resrate der kurzfristigen Fremdfinanzierung(d. h. mit einer Ursprungslaufzeit von bis zueinem Jahr). Insbesondere führten die nichtfi-nanziellen Kapitalgesellschaften ihre von MFIsim Euroraum gewährten kurzfristigen Kredi-te, die rund 75 % ihrer ausstehenden kurz-fristigen Schulden ausmachen, zurück. Diejährliche Wachstumsrate der langfristigenFremdfinanzierung nichtfinanzieller Kapitalge-sellschaften blieb in diesem Zeitraum rechthoch, war aber im zweiten Halbjahr 2002ebenfalls rückläufig und erreichte im letztenQuartal 2002 rund 6 ¾ %, verglichen mit10,0 % im zweiten Quartal. Dieser Rückgangwar das Resultat vergleichbarer Entwicklun-gen bei der Vergabe langfristiger Kredite undder Emission langfristiger Schuldverschreibun-gen. Insgesamt hat sich die Schuldenquotenichtfinanzieller Kapitalgesellschaften im Jahr2002 auf einem Stand knapp über 62 % desBIP weitgehend stabilisiert (siehe Abbil-dung 7).

In der mäßigeren Zunahme der Fremdfinan-zierung nichtfinanzieller Kapitalgesellschaftenschlugen sich die angesichts der schwachengesamtwirtschaftlichen Nachfrage und niedri-ger Unternehmensgewinne deutlich geringe-ren Fusions- und Übernahmeaktivitäten so-wie die verhaltene Dynamik bei den realenInvestitionen nieder. Darüber hinaus könn-

Quelle: EZB.Anmerkung: Weitere Einzelheiten finden sich in den Fußnoten zu Tabelle 2.5 und im „Technischen Hinweis“ im Statistikteil desMonatsberichts.1) Stand am Ende des vierten Quartals 2002. Kreditvergabe an die Sektoren in % der gesamten Kreditvergabe der MFIs an den

nichtfinanziellen privaten Sektor (ausschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck); Aufgliederung nach Laufzeitenund Verwendungszweck in % der MFI-Kredite an den jeweiligen Sektor. Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.

2) Entspricht der Definition nach dem ESVG 95, d. h. ausschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.3) Die Abgrenzung der Konsumenten- und Wohnungsbaukredite ist im Euro-Währungsgebiet nicht ganz einheitlich.

Tabelle 5MFI-Kredite an private Haushalte und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften(Stand am Ende des Berichtszeitraums; nicht um Saison- und Kalendereffekte bereinigt)

Bestand Jahreswachstumsratenin % desGesamt- 1999 2000 2001 2002 2002 2002 2002werts 1) Q1 Q2 Q3 Q4

Private Haushalte 2) 52,5 10,7 7,4 5,2 5,4 5,7 5,9 5,8

Konsumentenkredite 3) 15,8 7,5 7,8 3,0 3,7 3,0 3,2 3,7

Wohnungsbaukredite 3) 66,4 12,2 8,5 6,9 7,3 7,8 7,8 7,6

Sonstige Kredite 17,8 8,8 3,6 1,7 0,4 0,9 1,7 1,5

Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften 47,5 6,9 10,9 6,2 5,0 4,4 3,5 3,5

Bis zu 1 Jahr 33,2 5,9 12,8 2,1 -1,6 -3,1 -2,6 -1,6

Mehr als 1 Jahr 66,8 7,5 9,9 8,6 8,8 8,8 6,9 6,3

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ten nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften es fürnotwendig erachtet haben, ihre Bilanzpositi-on zu verbessern und ihre Verschuldung zu-rückzuführen. Schlussendlich ist nicht auszu-schließen, dass in einigen Ländern des Euro-raums die MFIs bei der Kreditgewährung alsReaktion auf die rückläufige Unternehmens-rentabilität und die Werteinbußen bei denFinanzaktiva nichtfinanzieller Kapitalgesell-schaften einen etwas vorsichtigeren Ansatzverfolgten.

Die jährliche Wachstumsrate der Fremdfinan-zierung der öffentlichen Haushalte bewegtesich im Jahr 2002 um die 4 %-Marke, vergli-chen mit 2,9 % im letzten Quartal 2001.Dahinter verbarg sich ein angesichts der langanhaltenden Wachstumsschwäche im Euro-gebiet höherer Finanzierungsbedarf der öf-fentlichen Haushalte. Die Jahreswachstums-rate der kurzfristigen Verschuldung der öf-fentlichen Haushalte war zwar hoch, gingjedoch im zweiten Halbjahr geringfügig zu-rück, während die Jahresrate der langfristigenFremdfinanzierung nur um die 3 % schwank-te. Dies dürfte ein Hinweis sein, dass dieRegierungen das niedrige Zinsniveau im Kurz-fristbereich ausnutzten, um ihren zusätzlichenFinanzierungsbedarf zu decken.

Aktienkurse angesichts großer Unsicherheitim Jahr 2002 weiter rückläufig

Die Aktienkurse setzten ihre im März 2000begonnene Korrektur im dritten Jahr in Folgeweltweit fort und gaben im Lauf des Jahres2002 weiter nach. Zum Jahresende waren sieauf ein Niveau zurückgekehrt, das zuletzt imGefolge der Finanzkrise vom Herbst 1998 be-obachtet worden war (siehe Abbildung 8 a).Der Rückgang der Aktienkurse ging mit ei-nem (gemessen an der impliziten Aktienkurs-volatilität) ungewöhnlich hohen Niveau anUnsicherheit einher, insbesondere im Zeit-raum von Mitte Mai bis Anfang Oktober (sie-he Abbildung 8 b und Kasten 2).

Insgesamt wiesen die marktbreiten Aktien-kursindizes in den Vereinigten Staaten, Japanund im Eurogebiet im Jahr 2002 ähnliche Ver-

laufsmuster auf, obgleich bei den japanischenAktienkursen zeitweise binnenwirtschaftlicheFaktoren den Ausschlag gaben. Anfang 2002waren die Benchmark-Aktienkursindizes re-lativ stabil, und die implizite Volatilität befandsich auf einem moderaten Niveau, da dieMarktteilnehmer im Allgemeinen mit einerallmählichen und kontinuierlichen Konjunk-turerholung rechneten. Von Mitte Mai bisEnde Juli gerieten die Aktienkurse allerdingsunter erheblichen Abwärtsdruck, der zumTeil durch die sich mehrenden Befürchtungenüber die Verlässlichkeit der von den Unter-nehmen veröffentlichten Bilanzdaten ausge-löst wurde. Dies ließ auch die Volatilität aufein Niveau steigen, wie es zuletzt im An-schluss an die Terroranschläge in den Verei-nigten Staaten am 11. September 2001 regist-riert worden war. Darüber hinaus verstärk-ten schwächer als erwartet ausfallende Un-ternehmensgewinnmeldungen und ungünsti-gere Aussichten für die Weltwirtschaft denDruck auf die Aktienkurse und trugen zu ei-ner zunehmenden Volatilität bei.

Ende Juli und über weite Strecken im Augustzogen die Aktienkurse in den Vereinigten Staa-ten und im Euroraum vorübergehend wiederan. Ausschlaggebend dafür war offenbar vor al-lem eine gewisse Erleichterung unter den Markt-teilnehmern darüber, dass die Bilanzierungsun-regelmäßigkeiten letztendlich wohl doch nichtso weit verbreitet waren wie zuvor befürchtet.Im Lauf des September allerdings zogen derschwindende Optimismus über die Aussichtenfür die Weltkonjunktur sowie vermehrte Ge-winnwarnungen die Aktienkurse in Mitleiden-schaft, und sämtliche wichtigen Indizes verzeich-neten drastische Einbrüche, die Anfang Okto-ber zu Jahrestiefstständen führten. Im viertenQuartal 2002 kam es dann erneut zu einer Er-holung an den Aktienmärkten. Die Aktienkursestiegen im Oktober sehr steil und im Novem-ber etwas verhaltener an; im Dezember kehrtesich der Trend dann teilweise wieder um. Diesgeschah in einem Umfeld, das von günstiger alserwartet ausfallenden Gewinnmeldungen derUnternehmen sowie etwas verbesserten Kon-junkturerwartungen, insbesondere in den Ver-einigten Staaten, gekennzeichnet war.

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Abbildung 8

(a) Aktienkursindizes im Euroraum,den Vereinigten Staaten und Japan(1. Januar 1998 = 100; Tageswerte)

(b) Implizite Aktienkursvolatilitätim Euroraum, den Vereinigten Staatenund Japan(in % p.a.; gleitender Zehntagesdurchschnitt der Tageswerte)

Quelle: Reuters.Anmerkung: Dow-Jones-Euro-STOXX-(Aktienkurs-)Gesamt-index für den Euroraum, Standard & Poor’s 500 für die Ver-einigten Staaten und Nikkei 225 für Japan. Seit dem 1. Januar2001 einschließlich Angaben zu Griechenland.

Quelle: Bloomberg.Anmerkung: Die impliziten Volatilitätsreihen stellen die erwar-tete Standardabweichung der prozentualen Veränderungen derAktienkurse in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten dar, wiesie in den Optionspreisen von Aktienkursindizes impliziert wird.Die impliziten Volatilitäten beziehen sich auf die folgendenAktienindizes: Dow-Jones-Euro-STOXX-50-Index für den Euro-raum, Standard & Poor’s 500 für die Vereinigten Staaten undNikkei 225 für Japan. Für die Zeit vor 1999 wurde die impliziteVolatilität im Euroraum aus synthetischen Daten anhand derverfügbaren nationalen impliziten Volatilitätsreihen berechnet.

EuroraumVereinigte StaatenJapan

EuroraumVereinigte StaatenJapan

1998 1999 2000 2001 200240

60

80

100

120

140

160

180

200

220

40

60

80

100

120

140

160

180

200

220

1998 1999 2000 2001 200210

20

30

40

50

60

10

20

30

40

50

60

Die Aktienkurse im Euro-Währungsgebietbüßten, gemessen am marktbreiten Dow-Jones-Euro-STOXX-Index, im Jahr 2002insgesamt 35 % ein. In den Vereinigten Staa-ten brachen die Aktienkurse gemessen amStandard-&-Poor’s-500-Index im selben Zeit-raum um 23 % ein, während in Japan der Nik-kei 225 um 19 % zurückging. Im zweiten Halb-jahr blieb die implizite Aktienkursvolatilitätim Euroraum verglichen mit den VereinigtenStaaten und Japan verhältnismäßig hoch.

Der erhebliche Rückgang der Aktienkurse imEuroraum trug dazu bei, dass das Kurs-Ge-winn-Verhältnis (KGV) von Unternehmen imEurogebiet nahezu wieder auf historischeDurchschnittswerte sank. Die KGVs in denVereinigten Staaten hingegen behauptetensich Anfang 2003 geringfügig über ihrem his-torischen Durchschnitt.

In den Vereinigten Staaten schickten schwä-cher als erwartet ausfallende Unternehmens-erträge sowie eine nur zögerliche Erholungder Konjunktur die Aktienkurse auf Talfahrt.Zusätzlich wurden aufgrund mehrerer Fällevon Bilanzierungsunregelmäßigkeiten Beden-ken über die Zuverlässigkeit der Ertragsda-ten der Unternehmen geweckt. Insbesonderedie Ende Juni durch das Telekommunika-tionsunternehmen WorldCom bekannt gege-bene größte jemals in der US-amerikanischenUnternehmensgeschichte vorgenommene Ge-winnkorrektur löste einen drastischen Ein-bruch der Aktienkurse aus und ließ gleichzei-tig die Volatilität am Markt in die Höheschnellen. Dies führte dazu, dass die amerika-nische Börsenaufsichtsbehörde SEC die Vor-standsvorsitzenden und Finanzvorstände dergrößten US-Unternehmen dazu aufforderte,die Richtigkeit ihrer Quartals- und Jahresab-schlüsse zu beeiden (überwiegend vor dem14. August 2002), in der Absicht, hierdurch

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die Besorgnis hinsichtlich der Bilanzierungs-unregelmäßigkeiten abklingen zu lassen. Wieschon in den beiden vorangegangenen Jahrenfielen im Berichtsjahr die Kursverluste derUS-Aktien im Technologiesektor – der Nas-daq-Composite-Index büßte insgesamt 32 %ein – besonders drastisch aus.

In Japan stiegen die Aktienkurse im erstenHalbjahr 2002 an, teilweise infolge von Maß-nahmen der Regierung zur Verschärfung derVorschriften für Leerverkäufe von Aktien. Abdem dritten Quartal kamen dann jedoch glo-bale Einflüsse zum Tragen, und die große Un-sicherheit führte zu Safe-Haven-Portfolioum-schichtungen vom Aktien- zum Anleihemarkt,was fallende Aktienkurse zur Folge hatte.Während zum Jahresende hin an anderenwichtigen Aktienmärkten eine Erholung ein-setzte, dauerte in Japan der Abwärtsdruckan, denn inländische Faktoren wie eine zu-nehmende Besorgnis wegen der Fragilitätdes Finanzmarkts und einer Lösung des Pro-blems der notleidenden Bankkredite lastetenerneut auf den japanischen Aktienkursen. Am14. November fand sich der Nikkei 225 aufdem tiefsten Stand seit 19 Jahren wieder.

Die Aktienkurse im Euro-Währungsgebietstanden unter starkem Einfluss der Schwan-kungen an den US-Aktienmärkten. Allerdingsfiel die Abwärtskorrektur im Euroraum dras-tischer aus und erfolgte vor dem Hintergrundder – gemessen an der von Optionen auf denDow-Jones-Euro-STOXX-50-Index abgeleite-ten impliziten Volatilität – außergewöhnlichhohen Unsicherheit. Zwar handelte es sichbei den Hauptursachen der Turbulenzen anden Aktienmärkten im Euroraum offensicht-lich um Spillover-Effekte, die durch die Ent-hüllung der Bilanzierungsunregelmäßigkeitengroßer US-Unternehmen sowie die anhalten-de Unsicherheit hinsichtlich der Stärke unddes Zeitpunkts einer weltweiten wirtschaftli-chen Erholung ausgelöst worden waren. ImRückgang der Aktienkurse im Eurogebiet spie-gelten sich jedoch auch eine Reihe heimi-scher Einflussgrößen wider. Dazu zählen zumeinen die in Relation zur US-Wirtschaftschwächere wirtschaftliche Entwicklung unddie ungünstigeren Konjunkturaussichten im

Euroraum. Zum anderen dürfte der Aktien-markt in den Vereinigten Staaten in stärke-rem Maße davon profitiert haben, dass dieRenditen langfristiger Staatsanleihen, die beider Bestimmung des Diskontierungsfaktorsfür Aktien eine entscheidende Rolle spielen,im Lauf des Jahres 2002 in den USA stärkerzurückgingen als im Euroraum.

Eine Aufschlüsselung nach Sektoren zeigt, dasssich in dem allgemeinen Kursrückgang an denAktienmärkten im Eurogebiet in erster Linieder starke Verfall der Aktienkurse im Tech-nologie-, Telekommunikations- und Finanz-sektor niederschlug, die im Jahr 2002 52 %,36 % bzw. 36 % einbüßten. Zusammengenom-men waren diese drei Sektoren im Jahr 2002für mehr als die Hälfte des Gesamtrückgangsdes marktbreiten Index verantwortlich. Of-fensichtlich fand in den rückläufigen Aktien-kursen von technologieorientierten Unter-nehmen und Telekommunikationsfirmen un-ter anderem eine anhaltende Korrektur deshohen Niveaus der späten Neunzigerjahre ih-ren Niederschlag, denn die Marktteilnehmerrevidierten ihre Gewinnerwartungen weiternach unten. Darüber hinaus verstärkte diewachsende Besorgnis über den hohen Ver-schuldungsgrad der Telekommunikationsun-ternehmen tendenziell den Rückgang der Ak-tienkurse in diesem Sektor. Im Finanzsektorbeeinträchtigte der drastische Einbruch anden Aktienmärkten im Lauf des zweiten unddritten Quartals sowohl die Rentabilität eini-ger Banken als auch die Bilanzen von Versi-cherungsgesellschaften, die den Kursverände-rungen relativ stark ausgesetzt waren. DieVersicherungsbranche wurde darüber hinausvon Verlusten infolge von Naturkatastrophenin Mitleidenschaft gezogen.

Der starke Einbruch der Aktienkurse im Jahr2002 hat offenbar zusammen mit den in denvorangegangenen zwei Jahren erlittenen Ein-bußen eine Reihe negativer Folgen für dieWirtschaft im Euro-Währungsgebiet gezeitigt.Im Wesentlichen kann der Aktienmarkt diekonjunkturelle Entwicklung über vier Kanäledirekt beeinflussen, nämlich über die Vermö-genseffekte auf den privaten Verbrauch, überdie Kapitalkosteneffekte auf die Unterneh-

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mensinvestitionen und über die Bilanz- sowiedie Vertrauenseffekte auf Verbrauch und In-vestitionen. Zwar sind die aus den einzelnenKanälen resultierenden Effekte auf die Wirt-schaftstätigkeit nur schwer präzise zu isolie-ren (siehe auch Kasten 3 im Monatsberichtvom September 2002). Die dürftig vorhande-nen empirischen Belege legen dennoch denSchluss nahe, dass die direkten Auswirkun-gen der Entwicklungen an den Aktienmärktenauf die Konjunktur im Euroraum spürbar,wenn auch erheblich limitierter als die in derUS-Wirtschaft beobachteten Effekte sind, woder Aktienbesitz generell stärker verbreitetist als im Eurogebiet. Dennoch erhöhte sichdadurch, dass der Kursrückgang an den Ak-tienmärkten weltweit zu verzeichnen war, dieWahrscheinlichkeit, dass die Konjunktur imEuroraum aufgrund der internationalen wirt-schaftlichen Verflechtung in Mitleidenschaftgezogen wird.

In der Zeit von Ende 2002 bis zum 28. Februar2003 setzten die Aktienkurse im Euroraum (ge-messen am Dow-Jones-Euro-STOXX-Index)und in den Vereinigten Staaten (gemessen amStandard-&-Poor’s-500-Index) den Abwärts-trend der vorangegangenen drei Jahre fort undfielen um 9 % bzw. 4 %. Gleichzeitig nahm dieUnsicherheit, gemessen an der impliziten Akti-enkursvolatilität, in den ersten beiden Monatendes Jahres 2003 zu. Zwei Faktoren dürften fürdiese Entwicklung an den Aktienmärkten ver-antwortlich gewesen sein. Einerseits spiegeltesich darin offensichtlich überwiegend die anhal-tende Besorgnis über die geopolitischen Span-nungen wider. Zum anderen gingen von denveröffentlichten Wirtschaftsdaten und Angabenzu den Unternehmenserträgen recht uneinheit-liche Signale aus, was bei den MarktteilnehmernUnsicherheit bezüglich der kurzfristigen Aus-sichten für die Unternehmensgewinne auslöste.

Geldmarktsätze im Jahresverlauf 2002insgesamt rückläufig

In den ersten fünf Monaten des Jahres 2002stiegen die Geldmarktsätze und setzten da-mit den seit Ende 2001 beobachteten Trendfort. Dieser Trend kam Mitte Mai zum Still-

stand, und die Geldmarktsätze gingen daszweite Halbjahr 2002 hindurch langsam zu-rück. Darin schlugen sich die Erwartungender Marktteilnehmer hinsichtlich der künfti-gen Entwicklung der Kurzfristzinsen am Geld-markt nieder. In den ersten fünf Monaten desBerichtsjahrs gingen die Marktteilnehmer vonkünftig höheren Kurzfristzinsen aus, nahmenihre Erwartungen dann jedoch im Einklangmit den erwarteten Wachstums- und Inflati-onsaussichten allmählich wieder zurück. Imletzten Quartal 2002 schließlich rechnete mandamit, dass die kurzfristigen Geldmarktsätzekünftig zurückgehen würden, wobei im Gro-ßen und Ganzen bereits die am 5. Dezember2002 vom EZB-Rat beschlossene Senkung derEZB-Leitzinsen um 50 Basispunkte – die ein-zige Zinsänderung im Berichtsjahr – vorweg-genommen wurde. Ende 2002 war die Stei-gung der Zinsstrukturkurve am Geldmarkt(gemessen als Differenz zwischen dem Zwölf-monats- und dem Einmonats-EURIBOR) leichtnegativ.

Abbildung 9Kurzfristzinsen im Euroraum undVerlauf der Zinsstrukturkurve amGeldmarkt(in % p.a.; in Prozentpunkten; Tageswerte)

Quelle: Reuters.

Einmonats-EURIBOR (linke Skala)Dreimonats-EURIBOR (linke Skala)Zwölfmonats-EURIBOR (linke Skala)Differenz zwischen dem Zwölfmonats- und dem Einmonats-EURIBOR (rechte Skala)

20022001

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

-0,6-0,30,00,30,60,9

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Kasten 2Deutliche Zunahme der Aktienkursvolatilität im Euroraum im Jahr 2002

Die Aktienkurse im Euroraum waren im Jahresverlauf 2002 starken Schwankungen unterworfen. Sie gingen

nicht nur beträchtlich zurück, auch die Tagesschwankungen der marktbreiten Aktienkursindizes waren im

Jahr 2002 im Durchschnitt generell deutlich stärker als in den Jahren zuvor (siehe Abbildung A). Obwohl das

durchschnittliche Ausmaß der absoluten täglichen Veränderungen des marktbreiten Dow-Jones-Euro-

STOXX-Index bereits in den letzten Jahren eine steigende Tendenz aufgewiesen hatte, war es 2002 mit

jahresdurchschnittlich 1,5 % fast doppelt so hoch wie im Zeitraum von 1992 bis 2002 (rund 0,8 %). Der

vorliegende Kasten geht einigen der weltweiten und euroraumspezifischen Faktoren nach, die eine Erklärung

für die heftigen Turbulenzen an den Aktienmärkten, wie sie sich in der hohen Volatilität der Aktienkurse im

Eurogebiet im Jahr 2002 widerspiegelten, liefern könnten.

Anhaltend hohe implizite Volatilität im Jahr 2002

Das Ausmaß der Turbulenzen an den Aktienmärkten wird häufig anhand der impliziten Volatilität gemessen,

die sich aus Optionen auf Aktienkursindizes ableitet. Diese enthält (bis zu einem gewissen Grad) Informatio-

nen über die Gesamteinschätzung der Marktteilnehmer hinsichtlich der Unsicherheit, mit der die kurzfristigen

Perspektiven für die Aktienkursentwicklung behaftet sind. Sowohl im historischen euroraumspezifischen als

auch im länderübergreifenden Vergleich war die Unsicherheit am Aktienmarkt im Euroraum, gemessen an der

impliziten Volatilität der Aktienmärkte des Eurogebiets, im Jahr 2002 außerordentlich hoch; sie lag durch-

schnittlich bei 35 %, verglichen mit einem Durchschnitt von 27 % seit 1998, und übertraf damit auch das in

den Vereinigten Staaten und Japan im Berichtsjahr gemessene Volatilitätsniveau (siehe Abbildung 8 b).

Sowohl globale als auch binnenwirtschaftliche Faktoren für höhere Volatilität verantwortlich

Anfang 2002, als sich die Märkte nach den Geschehnissen vom 11. September 2001 wieder beruhigten, ließ

die Volatilität an den Aktienmärkten weltweit allmählich nach. Nach Mitte Mai führte jedoch eine Reihe von

Negativeffekten zu einer höheren Unsicherheit hinsichtlich der möglichen künftigen Entwicklung an den

Finanzmärkten und ließ die Volatilität an den meisten großen Aktienmärkten in die Höhe schnellen. Einige

der dafür verantwortlichen Faktoren, wie z. B. Besorgnis über Bilanzierungsunregelmäßigkeiten und die

Abbildung A: Durchschnittliches jährliches Ausmaß der absoluten täglichen Veränderungdes Dow-Jones-Euro-STOXX-Index von 1992 bis 2002(in %)

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002

Durchschnitt1992–2002: 0,8%

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1 Siehe z. B. F. Black, Studies of Stock Price Volatility Changes, Proceedings of the meeting of the American StatisticalAssociation, 1976.

Abbildung B: Dow-Jones-Euro-STOXX-Index und inverse implizite Aktienkursvolatilitätvon 1998 bis 2002

1998 1999 2000 2001 2002175

225

275

325

375

425

475 0

10

20

30

40

50

60

Dow Jones Euro STOXX (linke Skala)Inverse implizite Aktienkursvolatilität (rechte Skala)

Durchschnittliche implizite Volatilität(1998–2002: 27,4 %)

Verlässlichkeit der Ertragszahlen von Unternehmen, geopolitische Risiken und nach unten korrigierte Wachs-

tumsprognosen, hatten globalen Charakter.

Andere Faktoren waren eher euroraumspezifisch und könnten mit eine Erklärung bieten, weshalb die Unsi-

cherheit in dieser Region im Jahr 2002 besonders ausgeprägt war. Zuallererst ist anzumerken, dass die

Aktienkursvolatilität bei fallenden Aktienkursen häufig tendenziell größer ist als bei steigenden Kursen (siehe

Abbildung B). Dies ist gewöhnlich auf einen „Leverage-Effekt“ (Hebeleffekt) zurückzuführen, der darin

besteht, dass – unter der Annahme, dass die Höhe der Verschuldung eines Unternehmens kurzfristig nicht

veränderbar ist – ein rückläufiger Aktienkurs den Verschuldungsgrad (also das Verhältnis von Fremdkapital

zu Eigenkapital) des Unternehmens tendenziell erhöht, d. h. die Hebelwirkung nimmt zu.1 Dies führt zu einer

Verringerung des Eigenkapitalpuffers, der Ertragsschwankungen abfedert, und verstärkt somit die Unsicher-

heit hinsichtlich der zukünftigen Erträge des Unternehmens. Als Folge steigt die Volatilität des Aktienkurses.

Da im Jahr 2002 im Euroraum die Aktienkurse stärker als an anderen Märkten zurückgingen, war auch die

Volatilität der Aktienkurse im Euroraum gegenüber anderen Wirtschaftsregionen insgesamt ausgeprägter.

Hinzu kommt, dass sich der Telekommunikationssektor in den letzten Jahren vor allem durch den Erwerb von

UMTS-Lizenzen schwer verschuldet hatte, wodurch sich der Leverage-Effekt verstärkte.

Darüber hinaus nahmen viele europäische Banken und Versicherungsgesellschaften infolge der hohen Ver-

luste bei ihren Aktienbeständen im Lauf des Jahres 2002 eine Neugewichtung ihrer Portfolios vor und

reduzierten den Aktienanteil. Diese in relativ kurzer Zeit vorgenommenen umfangreichen Umschichtungen

vom Aktienmarkt hin zu anderen Kapitalmarktsegmenten (z. B. Anleihemärkten) dürften zur höheren Vola-

tilität an den Aktienmärkten des Euroraums beigesteuert haben.

Eine weitere Erklärung für die verhältnismäßig hohe Volatilität an den Aktienmärkten im Euroraum könnte

darin liegen, dass hier der Rückgang der Aktienkurse im Jahr 2002 breiter gestreut war als an anderen großen

Märkten, was auf eine höhere positive Korrelation zwischen den Sektoren hinweist. Dies könnte zu einem

höheren Volatilitätsniveau bei den Aktienkursen insgesamt geführt haben.

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Insgesamt gesehen lösten globale Faktoren offenbar durch die Aufdeckung einiger struktureller Schwachstel-

len und Anfälligkeiten in bestimmten Sektoren des Euroraums einen Volatilitätsanstieg an den Aktienmärkten

aus, und die Kurseinbrüche an den weltweiten Aktienmärkten wirkten sich im Eurogebiet verstärkt aus. Daher

sind insbesondere die im zweiten Halbjahr 2002 verzeichneten Aktienkursschwankungen im Euroraum im

jüngeren historischen Vergleich ohne Parallelen.

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dassdie Geldmarktzinsen während der letztenMonate des Jahres 2001, vor allem im An-schluss an die Geschehnisse vom 11. Septem-ber und die nachfolgende Senkung der EZB-Leitzinsen, deutlich rückläufig waren, da in-folge der verschlechterten Aussichten für dieWeltkonjunktur zunehmend mit einem Nach-lassen des Inflationsdrucks gerechnet wurde.Um die Jahreswende allerdings kehrte sichdiese Entwicklung langsam um. Dies war aufein Abklingen des Pessimismus und sich än-dernde Erwartungen am Markt zurückzufüh-ren, wo man allmählich mit einer wirtschaft-lichen Erholung und wieder zunehmendenAufwärtsrisiken für die Preisstabilität rechne-te. Dementsprechend erhöhten sich zwischenEnde 2001 und Mitte Mai 2002 die Geld-marktsätze. Am stärksten fiel dieser Anstiegbei den längeren Laufzeiten aus (siehe Abbil-dung 9). Dies führte dazu, dass die Zinsstruk-turkurve am Geldmarkt, die Anfang 2002praktisch flach war, in den ersten Monatendes Jahres deutlich steiler wurde und MitteMai rund 70 Basispunkte erreichte.

Deutlich wurden die veränderten Erwartun-gen hinsichtlich der künftigen Entwicklung derkurzfristigen Geldmarktsätze in diesem Zeit-raum auch an der Entwicklung der implizitenZinssätze für den Dreimonats-EURIBOR ausTerminkontrakten mit Fälligkeit im Jahr 2002und Anfang 2003, die zwischen Ende 2001und Mitte Mai 2002 um rund 100 Basispunktezulegten. Die Unsicherheit der Markteilneh-mer bezüglich der zukünftigen Entwicklungder Kurzfristzinsen blieb im gleichen Zeit-raum – gemessen an der aus Optionen aufDreimonats-EURIBOR-Terminkontrakte ab-geleiteten impliziten Volatilität – weitgehendunverändert auf einem verhältnismäßig nied-rigen Niveau (siehe Abbildung 10).

Abbildung 10Zinssätze für Dreimonats-EURIBOR-Terminkontrakte und impliziteVolatilität aus Optionen auf Drei-monats-EURIBOR-Terminkontrakte(in % p.a.; Basispunkte; Tageswerte)

Quellen: Bloomberg, Reuters und EZB-Berechnungen.

Dreimonats-EURIBOR-Terminkontrakte mit Fälligkeit im Dezember 2002 (linke Skala)Dreimonats-EURIBOR-Terminkontrakte mit Fälligkeit im März 2003 (linke Skala)Implizite Volatilität bei einer konstanten Restlaufzeit von sechs Monaten (rechte Skala)

2001 20022,4

2,8

3,2

3,6

4,0

4,4

4,8

50,0

60,0

70,0

80,0

90,0

100,0

110,0

Der während der ersten fünf Monate desJahres 2002 zu beobachtende Aufwärtstrendder Geldmarktsätze kehrte sich Ende Mai um.Danach gingen die Zinsen bis Ende des Jahreslangsam zurück. Zwischen Ende Mai und An-fang September flachte sich die Zinsstruktur-kurve am Geldmarkt (gemessen als Differenzzwischen dem Zwölfmonats- und dem Ein-monats-EURIBOR) praktisch vollständig ab,nachdem die Geldmarktzinsen bei den länge-ren Laufzeiten zurückgegangen waren. Gleich-zeitig war eine deutliche Erhöhung der Unsi-cherheit am Markt zu beobachten. Mitte Sep-tember wurde die Zinsstrukturkurve amGeldmarkt dann allmählich invers, was miteiner beträchtlichen Verringerung der impli-

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ziten Volatilität einherging, da am Markt zu-nehmend mit einer Senkung der EZB-Leitzin-sen gerechnet wurde.

Ende 2002 lagen der Einmonats- und derZwölfmonats-EURIBOR bei 2,90 % bzw.2,75 % und waren damit 43 bzw. 59 Basis-punkte niedriger als zum Jahresende 2001.Die implizite Volatilität hatte wieder ihr frü-heres niedriges Niveau zurückerlangt. In denbeiden ersten Monaten des Jahres 2003 gin-gen sowohl die Geldmarktsätze als auch dieZinssätze für EURIBOR-Terminkontrakteweiter zurück.

Das Niveau des Tagesgeldsatzes gemessen amEONIA spiegelte im Jahresverlauf 2002 dieEntwicklung des Mindestbietungssatzes für dieHauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosys-tems wider. Die EONIA-Volatilität war allge-mein niedrig und machte sich nur gegen Endeder jeweiligen Mindestreserve-Erfüllungsperi-ode bemerkbar, als die Banken darauf achtenmussten, ihr Mindestreserve-Soll zu erfüllen.Darüber hinaus zeigte der EONIA jeweils amletzten Handelstag im Monat eine leicht stei-gende Tendenz, worin sich das Bestreben derFinanzinstitute widerspiegelte, zu diesen Zei-ten ihre Bilanzen anzupassen. Wie in den Vor-jahren war dieses Phänomen zur Jahreswen-de am stärksten ausgeprägt. Anfang Januar2002 blieb der EONIA etwas über dem Min-destbietungssatz. Grund dafür war die relativangespannte Liquiditätslage infolge der Euro-Bargeldumstellung, denn die Nachfrage nachEuro-Banknoten war größer als zunächst an-genommen und der Rücklauf der nationalenBanknoten über die Kreditinstitute an die na-tionalen Zentralbanken verlief langsamer alserwartet. Vor diesem Hintergrund führte dasEurosystem Anfang Januar 2002 zwei Fein-steuerungsoperationen zur Versorgung derGeschäftspartner mit Liquidität durch. DieseOperationen trugen zu einer Normalisierungder Marktverhältnisse bei, und der EONIAstabilisierte sich langsam wieder auf einemNiveau, das geringfügig über dem Mindestbie-tungssatz lag. Eine weitere Feinsteuerungs-operation wurde am 18. Dezember 2002durchgeführt, um den Geschäftspartnern an-gesichts der verschärften Liquiditätssituation

nach den Unterbietungen bei dem am17. Dezember durchgeführten Hauptrefinan-zierungsgeschäft Liquidität zur Verfügung zustellen (siehe Kapitel II).

Renditen langfristiger Anleihen erreichten2002 teilweise infolge von Mittelumschich-tungen in sichere Anlageformen Tiefstände

Nach nur geringen Veränderungen im Jahr2001 gingen die Renditen langfristiger Staats-anleihen im Euro-Währungsgebiet und in denVereinigten Staaten im Jahr 2002 – vor allemzwischen Mitte Mai und Anfang Oktober –zurück. Ausschlaggebend für diese Entwick-lung am Anleihemarkt dürften vor allem dieTurbulenzen am Aktienmarkt in diesem Zeit-raum gewesen sein, infolge derer aus Sicher-heitsgründen Portfolioumschichtungen in dieAnleihemärkte vorgenommen wurden. Insge-samt gingen die Renditen zehnjähriger Staats-anleihen im Euroraum und in den VereinigtenStaaten um 90 bzw. 130 Basispunkte zurückund beliefen sich am Jahresende auf 4,3 %bzw. 3,8 % (siehe Abbildung 11 a). Durch denin den USA stärkeren Rückgang wechselteder Renditeabstand zwischen zehnjährigenUS-Staatsanleihen und vergleichbaren Anlei-hen im Eurogebiet für den überwiegendenTeil des Berichtsjahrs das Vorzeichen, nach-dem er sich im Jahr zuvor bei Null eingepen-delt hatte (siehe Abbildung 11 b).

In den Vereinigten Staaten zogen die Staats-anleiherenditen in den ersten Monaten desJahres 2002 leicht an, da sich bei den Markt-teilnehmern – nachdem der im Gefolge derGeschehnisse des 11. September 2001 vor-herrschende Pessimismus nachgelassen hatte– wieder größere Zuversicht hinsichtlich derWachstumsperspektiven einstellte. Zu dieserNeueinschätzung trugen auch die Senkungendes Zielzinssatzes für Tagesgeld bei, der An-fang 2002 bei 1,75 % lag, dem niedrigstenStand seit 1961. Später, als die Marktteilneh-mer offenbar bessere Wachstumsperspekti-ven am Konjunkturhorizont wahrnahmen,wurde die Zinsstrukturkurve steiler, wozuauch die Renditen langfristiger Staatsanleihenbeitrugen. In den ersten Monaten des Jahres

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Abbildung 11

(a) Renditen langfristiger Staatsanleihenim Euroraum, den Vereinigten Staatenund Japan(in % p.a.; Tageswerte)

(b) Zinsabstand zwischen denVereinigten Staaten und dem Euroraumbei langfristigen Staatsanleihen(in % p.a.; Tageswerte)

Quelle: Reuters.Anmerkung: Die Renditen langfristiger Staatsanleihen beziehen sich auf den Zehnjahresbereich bzw. die nächstliegende Laufzeit. Seitdem 1. Januar 2001 einschließlich Angaben zu Griechenland.

EuroraumVereinigte StaatenJapan

1998 1999 2000 2001 2002-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

1998 1999 2000 2001 20020,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

sprachen auch einige Anzeichen dafür, dasssich die langfristigen Inflationserwartungender Marktteilnehmer verbessert hatten. Diesspiegelte sich zum Beispiel in einem Anstiegder Breakeven-Inflationsrate wider, die sichaus der Renditedifferenz zwischen zehnjähri-gen nominalen US-Staatsanleihen und index-gebundenen, vom US-Schatzamt emittiertenAnleihen im Zehnjahresbereich errechnet.

Ab Mitte Mai schwand der Wachstumsopti-mismus der Marktteilnehmer allmählich, unddie Anleiherenditen gaben aufgrund von Port-folioumschichtungen aus den Aktienmärktenin die sicheren Anleihemärkte nach – ausge-löst unter anderem durch die Enthüllung ei-ner Serie von Bilanzierungsunregelmäßigkei-ten bei US-Unternehmen. Eine Verstärkungder Spannungen im Nahen Osten und schwä-cher als erwartet ausfallende Konjunkturda-ten steuerten ebenfalls zum Rückgang der An-leiherenditen bei. Darüber hinaus dürften dieHedging-Strategien von Wohnungsbaugesell-schaften in den Vereinigten Staaten den

Abwärtstrend verstärkt haben, der die Ren-diten zehnjähriger nominaler Anleihen An-fang Oktober auf den niedrigsten Stand seit1958 fallen ließ. Nach Mitte Oktober, als sichdie Lage an den Aktienmärkten wieder ent-spannte und die Anleger Mittel in Aktien zu-rückfließen ließen, zogen die Anleiherenditenerneut leicht an. Dies geschah in einem Um-feld, in dem die gesamtwirtschaftlichen Datenund Unternehmenserträge Optimismus hin-sichtlich der zukünftigen Wachstumsperspek-tiven aufkommen ließen. Der am 6. Novem-ber gefasste Beschluss des Offenmarktaus-schusses, den Zielzinssatz für Tagesgeld um50 Basispunkte auf 1,25 % zu senken, ver-stärkte diesen Optimismus.

In Japan entwickelten sich die Renditen lang-fristiger Staatsanleihen im Jahr 2002 groß-teils losgelöst vom globalen Trend. Nachdemdie Renditen zehnjähriger Staatsanleihenwährend der ersten Jahreshälfte 2002 mitrund 1,4 % recht stabil waren, gingen siedanach mehr oder weniger kontinuierlich zu-

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rück und lagen am Jahresende bei rund 0,9 %.Bedenken am Markt im Zusammenhang mitden Konjunkturaussichten und dem heimi-schen Bankensystem sowie Portfolioum-schichtungen aus den Aktienmärkten in diesicheren Anleihemärkte trugen dazu bei, dieRenditen langfristiger Anleihen im Lauf desJahres auf ein niedrigeres Niveau sinken zulassen.

Die Entwicklung am Anleihemarkt im Euro-raum ähnelte 2002 stark jener in den Verei-nigten Staaten, wobei jedoch der Rückgangder Anleiherenditen im Eurogebiet insgesamtweniger stark ausfiel. Wie in den VereinigtenStaaten nahm der Optimismus der Marktteil-nehmer bezüglich der Wachstumsaussichtenin den ersten Monaten des Jahres 2002 all-mählich zu und führte bei den langfristigenAnleihen zu einem leichten Renditeanstieg.Gleichzeitig erhöhten sich auch die langfristi-gen Inflationserwartungen der Marktteilneh-mer. Dies spiegelte sich in der Breakeven-Inflationsrate wider, die sich aus der Rendite-differenz zwischen nominalen und index-gebundenen (an den HVPI des Eurogebietsohne Tabakwaren gekoppelten) zehnjährigenAnleihen errechnet. Von Ende Dezember2001 bis Mitte Mai 2002 vergrößerte sie sichum 30 Basispunkte (siehe Abbildung 12).

Im späteren Jahresverlauf trugen die Ver-öffentlichung ungünstigerer gesamtwirtschaft-licher Daten und ein Rückgang der Aktien-kurse dazu bei, dass sich die Konjunktur-erwartungen der Marktteilnehmer ver-schlechterten. Erneut aufkommender Pessi-mismus im Hinblick auf die Wachstumspers-pektiven führte zwischen Mitte Mai und Ok-tober zu einem Abwärtsdruck auf die Rendi-ten zehnjähriger Anleihen im Euroraum unddamit zu einer Abflachung der Zinsstruktur-kurve, wobei auch die Renditen zehnjährigerindexierter Anleihen im Eurogebiet und diedavon abgeleitete Breakeven-Inflationsratezurückgingen. Weiterer Abwärtsdruck auf dieRenditen ging von den Bilanzierungsskanda-len bei US-Unternehmen aus, was die Markt-teilnehmer veranlasste, die zugrunde liegen-de Gewinnentwicklung im Eurogebiet in Fra-ge zu stellen. Dadurch erhöhten sich die von

den Anlegern für das Halten von Aktien ver-langten Risikoprämien, und es kam zu einer„Flucht in die Sicherheit” von den Aktien-märkten zu den Anleihemärkten. Gleichzeitignahm unter den Marktteilnehmern auch dieUnsicherheit hinsichtlich der künftigen Ren-diteentwicklung der Anleihen im Euro-Wäh-rungsgebiet zu, was sich in einem Anstieg derimpliziten Volatilität am Anleihemarkt wider-spiegelte. Im Gegensatz zur Entwicklung inden Vereinigten Staaten, wo sich die Anleihe-renditen nach oben bewegten, ließen die An-leiherenditen im Euroraum ab Oktober vordem Hintergrund von Wirtschaftsmeldungen,die uneinheitliche Signale aussandten, keinenklaren Trend erkennen.

An den Märkten für Unternehmensanleihen –sowohl im Euroraum als auch in den Verei-nigten Staaten – unterlagen die Renditeab-stände zwischen langfristigen Unternehmens-anleihen, die von Firmen mit BBB-Ratingemittiert wurden, und Staatsanleihen mit ver-gleichbarer Laufzeit im Berichtsjahr relativgroßen Schwankungen. Hierin spiegelte sich

Abbildung 12Realzins im Euroraum und Breakeven-Inflationsrate, berechnet für den HVPIdes Euroraums(in %; Tageswerte)

Quellen: Reuters, französisches Finanzministerium und Interna-tional Securities Markets Association (ISMA).Anmerkung: Die Renditen inflationsindexierter Anleihen im Eu-roraum werden von den Marktpreisen französischer, an denHVPI des Euroraums (ohne Tabakpreise) gebundener Staatsan-leihen mit Fälligkeit 2012 abgeleitet. Die Methoden zur Ermitt-lung der Breakeven-Inflationsrate sind im Monatsbericht vomFebruar 2002 auf Seite 18 ff. erläutert.

Breakeven-Inflationsrate im EuroraumRendite inflationsindexierter Anleihen im Euroraum

Q1 Q2 Q3 Q4 Q12002 2003

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

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35EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

die Entwicklung der impliziten Volatilität anden Aktienmärkten wider. Insbesondere ließdie Entwicklung der Renditeabstände in denersten Monaten des Jahres 2002 unter demEindruck einer zunehmenden Konjunkturzu-versicht unter den Marktteilnehmern im Eu-roraum wie auch den USA keinen klarenTrend erkennen. Als sich allerdings späterunter den Marktteilnehmern Besorgnis hin-sichtlich der Zuverlässigkeit der von den Un-ternehmen ausgewiesenen Finanzergebnisse –insbesondere in den USA, aber auch im Euro-raum – breit machte, weiteten sich dieSpreads der Unternehmensanleihen aus. Dadiese Bedenken jedoch im letzten Quartal2002 offensichtlich abflauten, fielen die Ren-diteabstände der Unternehmensanleihen inden beiden Volkswirtschaften wieder annä-hernd auf das zum Jahresbeginn verzeichneteNiveau. Dies war zum Teil das Ergebnis einergewissen Stabilisierung an den Aktienmärk-ten.

Anfang 2003 setzten die Renditen langfristi-ger Anleihen im Euroraum ihren Abwärts-trend insgesamt fort, obgleich sich in denVereinigten Staaten die Anleiherenditen kaumveränderten. Die Renditen zehnjährigerStaatsanleihen im Eurogebiet fielen von Ende

Dezember 2002 bis zum 28. Februar 2003um rund 30 Basispunkte auf 4,0 %, währenddie Renditen zehnjähriger US-Treasuries imselben Zeitraum nur geringfügig zurückgin-gen. Infolgedessen verringerte sich der Ren-diteabstand zwischen zehnjährigen Staatsan-leihen in den Vereinigten Staaten und imEuro-Währungsgebiet um 20 Basispunkte auf-20 Basispunkte am 28. Februar 2003.

Zinsen im Kundengeschäft der Banken imJahr 2002 insgesamt rückläufig

Die kurzfristigen Zinsen im Kundengeschäftder Banken gingen im Jahr 2002 bei nur ge-ringfügigen Schwankungen der Geldmarkt-sätze zurück. Im Zeitraum von Ende 2001 bisEnde 2002 verringerten sich die Geldmarkt-sätze für Dreimonatsgeld um 40 Basispunkte.Im selben Zeitraum fielen die Zinsen für täg-lich fällige Einlagen und kurzfristige Spareinla-gen (Einlagen mit einer Kündigungsfrist vonbis zu drei Monaten) um rund 10 Basispunk-te, während sich der Zinssatz für Einlagen miteiner vereinbarten Laufzeit von bis zu einemJahr – im Einklang mit dem in der Regel zö-gerlichen Durchschlagen der Geldmarktsätzeauf diese Zinssätze – um nahezu 30 Basis-

Abbildung 13Kurzfristzinsen im Kundengeschäft der Banken und vergleichbarer Geldmarktsatz(in % p.a.; Monatsdurchschnitte)

Quellen: EZB und Reuters.Anmerkung: Seit dem 1. Januar 2001 einschließlich Angaben zu Griechenland.

DreimonatsgeldUnternehmenskredite mit einer Laufzeit von bis zu einem JahrEinlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu einem JahrEinlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu drei MonatenTäglich fällige Einlagen

1998 1999 2000 2001 20020,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

8,0

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200236

punkte verringerte. Was die kurzfristigenKreditzinsen anbelangt, so gingen die Zinsenim Kundengeschäft der Banken für Unterneh-menskredite mit einer Laufzeit von bis zueinem Jahr in fast derselben Größenordnungzurück wie die Geldmarktsätze für Dreimo-natsgeld (siehe Abbildung 13).

Die langfristigen Zinsen im Kundengeschäftder Banken stiegen bis Mai 2002 kontinuier-lich an und gingen danach wieder zurück. AmJahresende waren sie in der Regel niedrigerals ein Jahr zuvor (siehe Abbildung 14). Indiesem Verlaufsmuster spiegelte sich weitge-hend die Entwicklung der Kapitalmarktzinsenwider. Die Rendite fünfjähriger Staatsanlei-hen, an die eine Reihe langfristiger Zinssätzeim Kundengeschäft der Banken sehr eng ge-koppelt sind, stieg zunächst von Ende 2001bis Mai 2002 um fast 60 Basispunkte an, umdann bis Ende 2002 um nahezu 130 Basis-punkte zu fallen. Im Vergleich dazu erhöhtensich der Zinssatz für langfristige Termineinla-gen (Einlagen mit einer Laufzeit von mehr alszwei Jahren) und der Zinssatz für Wohnungs-baukredite an private Haushalte zunächst umetwa 30 Basispunkte, um danach über einenvergleichbaren Zeitraum wieder um rund 70

Basispunkte zurückzugehen. Die geringfügi-geren Veränderungen der langfristigen Zin-sen im Kundengeschäft der Banken spiegel-ten die Verzögerung wider, mit der dieseZinssätze gewöhnlich auf die Entwicklung derKapitalmarktzinsen reagieren.

Im Anschluss an den Mai 2002 fand eine – imEinklang mit dem Rückgang der Kapitalmarkt-zinsen – eher zögerliche Anpassung einigerlangfristiger Kreditzinssätze der Banken statt,insbesondere für Unternehmenskredite. Dieshing offenbar mit zunehmenden Bedenkenhinsichtlich des Bonitätsrisikos zusammen, ineinem Umfeld, das von einer steigenden Zahlan Insolvenzen gekennzeichnet war. Wie inKasten 3 dargestellt, geht ein zunehmendesKreditrisiko, das durch eine Ausweitung derRenditeabstände von Unternehmensanleihenangezeigt wird, gewöhnlich mit größeren Vor-sprüngen der Kreditzinsen der Banken ge-genüber den Kapitalmarktzinsen einher.Insbesondere die Differenz zwischen den Ren-diten für Unternehmensanleihen mit BBB-Ra-ting und Staatsanleihen mit vergleichbarenLaufzeiten nahm von Mai bis Dezember vonetwa 190 Basispunkten auf rund 220 Basis-punkte zu, wobei sie im Oktober mit etwa

Abbildung 14Langfristzinsen im Kundengeschäft der Banken und vergleichbarerKapitalmarktsatz(in % p.a.; Monatsdurchschnitte)

Quellen: EZB und Reuters.Anmerkung: Seit dem 1. Januar 2001 einschließlich Angaben zu Griechenland.

Rendite fünfjähriger StaatsanleihenWohnungsbaukredite an private HaushalteEinlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von mehr als zwei JahrenUnternehmenskredite mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr

1998 1999 2000 2001 20023,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

6,0

6,5

7,0

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

6,0

6,5

7,0

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260 Basispunkten ihren Höchststand erreich-te.

Nach der Senkung der EZB-Leitzinsen AnfangDezember 2002 und dem anschließendenRückgang der Geldmarktsätze fielen die Zin-sen für kurzfristige Einlagen im Kundenge-

schäft der Banken im Januar 2003 geringfügig,obgleich sich die Kreditzinsen im Kurzfrist-bereich kaum veränderten. Die Langfristzin-sen im Kundengeschäft der Banken setztenihren nach Mai 2002 begonnenen Trend fortund gingen im Januar 2003 weiter zurück.

Kasten 3Die Bestimmungsfaktoren der Bankkreditzinsen im Euroraum

Für die Bestimmung der Kreditzinsen der Banken können verschiedene Faktoren maßgeblich sein, so z. B. die

mit der Umsetzung einer Änderung der Bankzinsen verbundenen Verwaltungskosten und die Kundenbezie-

hungen der Banken. Bankspezifische Eigenschaften wie das Verhältnis von Rentabilität und Refinanzierungs-

bedingungen können dabei ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.1 Der vorliegende Kasten rückt drei Bestim-

mungsfaktoren für die Kreditzinsen im Bankensektor in den Mittelpunkt. Erstens werden die Kreditzinsen der

Banken tendenziell von der Entwicklung an den Geld- und Kapitalmärkten beeinflusst, da sich die Banken an

diesen Märkten refinanzieren bzw. ihre Einlagenzinsen mehrheitlich die Trends an diesen Märkten widerspie-

geln müssen, um Mittel anzuziehen. Daraus resultiert für gewöhnlich eine enge Bindung zwischen den

Kreditzinsen der Banken und den Marktzinsen bei vergleichbaren Laufzeiten. So haben sich die Zinsen für

Wohnungsbaukredite an private Haushalte in der Vergangenheit tendenziell parallel zu den Renditen fünfjäh-

riger Staatsanleihen (siehe Abbildung 14) entwickelt. Die zweite hier untersuchte Bestimmungsgröße für die

Kreditzinsen der Banken ist die Wettbewerbsintensität in den verschiedenen Segmenten des Marktes für

Bankkredite. Die Banken müssen ihre Zinsen kompetitiv gestalten, um Kunden zu gewinnen, und inwieweit

sie die Zinsen beeinflussen können, hängt sehr stark davon ab, ob die Bankkunden über alternative Finanzie-

rungsmöglichkeiten verfügen. Der dritte Bestimmungsfaktor, auf den hier eingegangen wird, ist das (erwarte-

te) Kreditrisiko der Bank.

Kurzfristig nur zögerliche Anpassung von Bankkreditzinsen an die Marktzinsentwicklung

Zinsänderungen an den Geld- und sonstigen Finanzmärkten, die für Monetäre Finanzinstitute (MFIs) die

wichtigste marktbasierte Quelle zur Finanzierung ihrer Kundenkredite darstellen, sind eine Schlüsseldetermi-

nante für die Kreditzinsen der Banken. Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Kreditzinsen

der Banken im Euroraum tendenziell mit einer gewissen Verzögerung auf die Marktzinsentwicklung reagie-

ren.2 Eine Marktzinsänderung schlägt sich nach einem Monat oft noch zu weniger als 50 % in den Kreditzinsen

der Banken nieder. Auf lange Sicht jedoch gleichen sich die Zinsen für Bankkredite der Marktzinsentwicklung in

der Regel im Verhältnis 1:1 an. Dabei ist anzumerken, dass das Tempo, in dem sich die Kreditzinsen der Banken

im Euroraum letztlich an veränderte Marktzinsen anpassen, seit der Einführung der gemeinsamen Währung

offenbar zugenommen hat. Einzige Ausnahme sind wahrscheinlich die Konsumentenkredite, deren Zinssätze im

Bankensektor sich auch weiterhin nur sehr zögerlich an die Entwicklung am Markt angleichen.

Märkte in den letzten Jahren wettbewerbsintensiver geworden

Die Wettbewerbskräfte in den meisten Segmenten des Marktes für Bankkredite haben offenbar in den letzten

Jahren sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite zugenommen. Diese Tendenz zu intensiverem

Wettbewerb ist möglicherweise einer der Grundfaktoren für die sich seit 1999 beschleunigende Anpassung der

1 M. A. Weth, The pass-through from market interest rates to bank lending rates in Germany, Diskussionspapier 11/02, Volkswirt-schaftliches Forschungszentrum der Deutschen Bundesbank, 2002.

2 G. de Bondt, Retail bank interest rate pass-through: new evidence at the euro area level, Working Paper Nr. 136 der EZB, 2002;F. Heinemann und M. Schüler, Integration benefits on EU retail credit markets – evidence from interest rate pass-through,Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, 2002; S. Kleimeier und H. Sander, Consumer credit rates in the eurozone:evidence on the emergence of a single retail banking market, European Credit Research Institute, Research Report 2, 2002.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200238

3 EZB, Report on Financial Structures, 2002.

Kreditzinsen der Banken an Änderungen der Marktzinsen, die ein grober Näherungswert für die marginalen

Refinanzierungskosten von Bankkrediten sind. Was die Angebotsseite betrifft, hat die fortlaufende Restrukturie-

rung des Bankensektors offensichtlich zu einer höheren Effizienz an den Bankenmärkten und zu einer wettbe-

werbsorientierteren Gestaltung der Kreditkonditionen beigetragen. Darüber hinaus sind ungeachtet der stetig

geringer werdenden Anzahl der Kreditinstitute neue (ausländische) Kreditanbieter im Kundengeschäft der

Banken in Erscheinung getreten. Die Banken im Eurogebiet sehen sich zudem immer stärker dem Wettbewerb

durch andere Finanzintermediäre wie z. B. Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds ausgesetzt.3

Auch auf der Nachfrageseite gibt es Anzeichen für mehr Wettbewerb, da die Bankkunden die Kreditzinsen

verstärkt mit jenen anderer Banken und an den Finanzmärkten vergleichen. Dies mag mit der größeren

Beständigkeit der Nominalzinsen in einem von Preisstabilität gekennzeichneten Umfeld zusammenhängen,

das den Preisvergleich zwischen verschiedenen Anbietern erleichtert, und mit der zunehmenden Verfügbar-

keit alternativer Finanzierungsquellen im Nichtbankenbereich – zumindest für bestimmte Unternehmen. So

haben die Märkte für Commercial Paper und Unternehmensanleihen im Euroraum in den letzten Jahren an

Tiefe gewonnen und sind liquider geworden. Offensichtlich ist der Wettbewerb, wie bereits angedeutet, in den

verschiedenen Segmenten des Marktes für Bankkredite unterschiedlich stark ausgeprägt. Während so bei

Hypothekenkrediten an private Haushalte recht starker Wettbewerb zu herrschen scheint, ist der Markt für

unbesicherte Konsumentenkredite offenbar weniger kompetitiv.

Wachsende Besorgnis hinsichtlich des Kreditrisikos im Jahr 2002

Der Abstand zwischen Bankkreditzinsen und vergleichbaren Marktzinsen und dessen Veränderung werden

auch durch Kreditrisikoerwägungen bestimmt. Wie in der oben stehenden Abbildung dargestellt, entwickelte

sich der Abstand zwischen dem Zinssatz für langfristige Unternehmenskredite und dem Marktzinssatz bei

vergleichbarer Laufzeit seit dem Jahr 2000 weitgehend parallel zur Renditedifferenz zwischen langfristigen

Quellen: Bloomberg, EZB und Reuters.Anmerkung: Die Renditeabstände der Unternehmensanleihen werden als Differenz zwischen den Renditen sieben- bis zehnjäh-riger Unternehmensanleihen und den Renditen sieben- bis zehnjähriger Staatsanleihen berechnet.

Zinssätze der Banken für Unternehmenskredite und Renditeabstände von Anleihen imEuroraum(Basispunkte; Monatsdurchschnitte)

1999 2001 2002 20032000

Abstand zwischen dem Zinssatz für Unternehmenskredite mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr und der Rendite zweijähriger StaatsanleihenRenditeabstand von langfristigen Unternehmensanleihen mit BBB-Rating

0

50

100

150

200

250

300

0

50

100

150

200

250

300

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39EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

3 Preisentwicklung

Durchschnittliche Jahresinflation 2002etwas niedriger als 2001

Die durchschnittliche jährliche Teuerungsra-te nach dem Harmonisierten Verbraucher-preisindex (HVPI) lag im Jahr 2002 bei 2,2 %und war damit 0,2 Prozentpunkte niedrigerals 2001 (siehe Tabelle 6). Indessen nahm diedurchschnittliche Steigerungsrate des HVPIohne unverarbeitete Nahrungsmittel und En-ergie im selben Zeitraum von 2,0 % auf 2,5 %zu. Die niedrigere durchschnittliche Jahresra-te der HVPI-Inflation im Jahr 2002 lässt sichsomit auf einen geringeren jährlichen Preis-anstieg bei den volatileren Komponenten un-verarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu-rückführen. Im Januar 2003 gingen die Jahres-änderungsrate des HVPI und die des HVPIohne unverarbeitete Nahrungsmittel und En-ergie auf 2,2 % bzw. 2,0 % zurück und warendamit 0,1 bzw. 0,2 Prozentpunkte niedrigerals im Dezember 2002.

Entwicklung der Gesamtinflation spiegelteim Jahr 2002 hauptsächlich kurzfristigeVeränderungen bei den Preisen fürunverarbeitete Nahrungsmittel undEnergie wider

Die Teuerung nach dem Gesamt-HVPI imEuro-Währungsgebiet entwickelte sich imJahr 2002 recht sprunghaft, was vor allemkurzfristigen Veränderungen der volatileren

Indexkomponenten zuzuschreiben war. Nacheinem steilen Anstieg im Januar 2002 war dieHVPI-Teuerungsrate bis Juni rückläufig, um

Unternehmensanleihen mit BBB-Rating und Staatsanleihen vergleichbarer Laufzeit. Letzterer Spread kann

Hinweise auf das Ausmaß des vorherrschenden Unternehmenskreditrisikos liefern, wie es von den Teilneh-

mern am Markt für Unternehmensanleihen eingeschätzt wird. Aus der oben stehenden Abbildung lässt sich

auch schlussfolgern, dass die Besorgnis hinsichtlich der Kreditrisiken im Jahr 2002 zugenommen hat. Dies

geht aus der Ausweitung des Abstands zwischen dem Zinssatz für Unternehmenskredite mit einer Laufzeit

von mehr als einem Jahr und der Rendite zweijähriger Staatsanleihen hervor.

Die genannten Bestimmungsfaktoren für Bankkreditzinsen haben im Jahr 2002 offensichtlich alle eine gewis-

se Rolle gespielt. Während sich die Zinsen für Bankkredite im Euroraum im Berichtsjahr an die Zinsentwick-

lung am Markt angeglichen haben, ist es doch auch unstrittig, dass Geschwindigkeit und Ausmaß des

Durchschlagens der Marktzinsveränderungen durch eine zunehmende Besorgnis über das Kreditrisiko in

bestimmten Segmenten des Kreditmarkts beeinflusst waren.

Abbildung 15Beitrag der HVPI-Teilkomponenten zurTeuerungsrate im Euroraum(jährlicher Beitrag in Prozentpunkten; Monatswerte)

Quelle: Eurostat.

Q1 Q2 Q3 Q42001 2002

DienstleistungenIndustrieerzeugnisse (ohne Energie)Verarbeitete NahrungsmittelUnverarbeitete NahrungsmittelEnergieGesamtindex

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200240

dann wieder bis auf 2,3 % im Dezember anzu-wachsen (siehe Abbildung 15). Für den An-stieg der Inflation im Januar 2002 war eineReihe von Faktoren verantwortlich, zu denenhöhere Preise für unverarbeitete Nahrungs-mittel und Energie, Basiseffekte und Erhö-hungen indirekter Steuern und administrier-ter Preise zählten. So führten insbesonderedie ungünstigen Witterungsbedingungen zu ei-nem Preisauftrieb bei Obst und Gemüse. Inden darauf folgenden Monaten hingegen, alsdie witterungsbedingten Effekte nachzulassenbegannen, waren die Preise für unverarbeite-te Nahrungsmittel der Hauptfaktor für denRückgang der jährlichen Teuerungsrate.

Zudem ließ im selben Zeitraum auch der vonden Fleischpreisen herrührende Teuerungs-druck nach, da sich der Aufwärtseffekt aufdie Preise in Zusammenhang mit den aufge-tretenen Tierseuchen (Maul- und Klauenseu-che sowie BSE) weiter abschwächte.

Die Energiepreise trugen ebenfalls leicht zu die-sem Inflationsrückgang in der ersten Jahreshälf-te 2002 bei. Im zweiten Halbjahr hingegen wa-ren die Energiepreise der Hauptfaktor für denAnstieg der Gesamtinflation. Darin spiegeltensich nicht nur Basiseffekte wider, sondern ge-gen Jahresende auch ein gewisser Aufwärtsdruckauf die Ölpreise am Weltmarkt.

2000 2001 2002 2001 2001 2001 2001 2002 2002 2002 2002 2002 2003Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Dez. Jan.

HarmonisierterVerbraucherpreisindex (HVPI)und seine Komponenten

Gesamtindex 2,1 2,4 2,2 2,1 3,0 2,4 2,2 2,5 2,1 2,1 2,3 2,3 2,2

darunter:

Waren 2,5 2,3 1,6 2,1 3,2 2,2 1,6 2,1 1,4 1,3 1,8 1,9 1,6

Nahrungsmittel 1,4 4,4 3,1 3,2 4,9 5,1 4,7 4,9 2,9 2,3 2,3 2,2 1,4

Verarbeitete Nahrungsmittel 1,2 2,8 3,1 1,8 2,6 3,3 3,4 3,5 3,2 3,0 2,7 2,7 2,8

Unverarbeitete Nahrungsmittel 1,8 7,0 3,1 5,3 8,3 7,8 6,6 7,0 2,4 1,4 1,7 1,4 -0,6

Industrieerzeugnisse 3,0 1,2 0,9 1,5 2,4 0,8 0,2 0,8 0,7 0,8 1,5 1,7 1,8

Industrieerzeugnisse(ohne Energie) 0,5 0,9 1,4 0,2 1,2 0,8 1,5 1,7 1,6 1,3 1,2 1,2 0,6

Energie 13,1 2,3 -0,6 6,6 6,8 0,8 -4,3 -2,1 -2,3 -0,7 2,8 3,8 6,0

Dienstleistungen 1,5 2,7 3,1 2,2 2,6 2,7 3,0 3,1 3,1 3,3 3,1 3,0 2,8

Weitere Preis- und Kostenindikatoren

Industrielle Erzeugerpreise 1) 5,5 2,2 -0,1 4,5 3,6 1,5 -0,8 -0,8 -0,8 -0,1 1,2 1,5 .

Lohnstückkosten 2) 1,3 2,6 . 2,1 2,7 2,5 3,3 3,5 2,4 2,0 . - -

Arbeitsproduktivität 2) 1,3 0,0 . 0,4 0,0 0,1 -0,4 -0,4 0,2 0,6 . - -

Arbeitnehmerentgelt 2,6 2,7 . 2,5 2,8 2,6 2,9 3,1 2,6 2,6 . - -

je Arbeitnehmer 2)

Gesamtarbeitskosten pro Stunde 3) 3,3 3,4 . 3,4 3,0 3,7 3,4 3,9 3,5 3,6 . - -

Ölpreise (€ je Barrel) 4) 31,0 27,8 26,5 28,4 31,7 29,0 22,4 24,6 27,8 27,2 26,5 27,1 28,3

Rohstoffpreise 5) 16,7 -7,6 -1,7 -0,8 -3,0 -10,5 -15,6 -3,6 -5,5 -1,6 4,4 2,1 -2,3

Quellen: Eurostat, nationale Statistiken, Internationale Rohölbörse (IPE), Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) undEZB-Berechnungen.Anmerkung: In den Angaben zum HVPI für die Zeit vor 2001 ist Griechenland nicht enthalten. In den übrigen Preis- und Kostenindi-katoren für die Zeit vor 2001 ist Griechenland enthalten.1) Ohne Baugewerbe.2) Gesamtwirtschaft.3) Gesamtwirtschaft (ohne Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung, Erziehung und Unterricht, Gesundheitswesen sowie sonstige

Dienstleistungen).4) Brent Blend (für Terminlieferung in einem Monat). Angaben bis Dezember 1998 in ECU.5) Ohne Energie. Angaben in Euro.

Tabelle 6Preis- und Kostenentwicklung im Euroraum(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

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41EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

HVPI-Inflation ohne volatilereKomponenten 2002 auf gleich bleibendemNiveau

Trotz der relativ verhaltenen Nachfragesitu-ation im Eurogebiet hielt sich der Rückgangder Jahresänderungsrate des HVPI ohne dievolatileren Komponenten unverarbeiteteNahrungsmittel und Energie im Jahresverlauf2002 in engen Grenzen. Dies war teilweiseauf die indirekten Effekte der zurückliegen-den Preisschocks bei Öl und Nahrungsmit-

teln sowie auf die vergangene Abwertung desEuro zurückzuführen. Bei einigen Komponen-ten des disaggregierten Index (insbesondereDienstleistungen) waren darüber hinaus Preis-erhöhungen festzustellen, die sich mit der Ein-führung des Euro-Bargelds in Zusammenhangbringen ließen (siehe Kasten 4). Ungeachtetdieser Faktoren scheint sich die anhaltendhohe Jahresrate, besonders bei Dienstleis-tungspreisen, auch durch fundamentalere Ein-flussgrößen wie etwa die Entwicklung derLohnstückkosten erklären zu lassen.

Die Jahresänderungsrate der Dienstleistungs-preise lag im Jahresverlauf 2002 bei 2,9 % unddarüber (siehe Abbildung 16), wobei sie imJahresdurchschnitt 3,1 % betrug (nach 2,7 %im Jahr 2001). Die übrigen Hauptkomponen-ten des HVPI ohne die volatileren Bestand-teile, d. h. verarbeitete Nahrungsmittel undIndustrieerzeugnisse (ohne Energie), verteu-erten sich im Berichtsjahr durchschnittlichebenfalls stärker als 2001. Im Gegensatz zuden Dienstleistungspreisen jedoch waren dieJahreswachstumsraten dieser Komponentenim Berichtsjahr rückläufig. Die Beharrungs-tendenz bei der Jahresteuerungsrate nachdem HVPI ohne unverarbeitete Nahrungsmit-tel und Energie war also vor allem durch dieDienstleistungspreise zu erklären.

Inflationsgefälle zwischen den Euro-Ländern 2002 weitgehend unverändert

Bei der Inflationsentwicklung im Euroraumzeigten sich im Jahr 2002 zwischen den ein-zelnen Ländern gewisse Unterschiede, in de-nen sich unter anderem verschieden starkeAuswirkungen der Energie- und Nahrungs-mittel-Preisschocks, unterschiedliche Ent-wicklungen bei den Lohnstückkosten sowieVeränderungen administrierter Preise und in-direkter Steuern widerspiegelten. Insgesamtjedoch war das Inflationsgefälle im Berichts-jahr gegenüber 2001 weitgehend unverändert.

Abbildung 16Teuerungsrate im Euroraum nach demHVPI und seinen Komponenten(Veränderung gegen Vorjahr in %; Monatswerte)

Quelle: Eurostat.Anmerkung: In den Angaben zum HVPI für die Zeit vor 2001 istGriechenland nicht enthalten.

HVPI insgesamtVerarbeitete NahrungsmittelUnverarbeitete NahrungsmittelIndustrieerzeugnisse (ohne Energie)EnergieDienstleistungen

1997 1998 1999 2000 2001 2002-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

14

16

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

14

16

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200242

Höhere subjektive Wahrnehmung dervergangenen Inflationsentwicklung beisinkenden Inflationserwartungen derVerbraucher

Trotz eines Rückgangs der tatsächlichen Teue-rungsrate im Jahr 2002 nahm die in der Öffent-lichkeit wahrgenommene Inflationsentwicklungder Vergangenheit im Jahresverlauf zu. So folgteder Indikator der Europäischen Kommission fürdie subjektive Inflationswahrnehmung („gefühl-te Inflation“) der vergangenen zwölf Monateeinem steten Aufwärtstrend (siehe Kasten 4Abbildung C). Der Abstand zwischen der tat-sächlichen und der gefühlten Inflation erreichtedementsprechend bislang nicht da geweseneWerte. Allem Anschein nach steht das hoheNiveau der subjektiv wahrgenommenen Inflati-

on in einem gewissen Zusammenhang mit denPreissteigerungen in spezifischen Bereichen,hauptsächlich Dienstleistungen, die teilweiseeine Folge der Euro-Bargeldeinführung waren.(Kasten 4 beschäftigt sich eingehend mit denpreislichen Auswirkungen der Euro-Bargeldum-stellung.)

Die Inflationserwartungen der Verbraucher hin-gegen gingen im überwiegenden Teil des Jahres2002 zurück, was darauf hindeutet, dass dieVerbraucher die im Verlauf des Jahres stattge-fundenen Preissteigerungen größtenteils als vo-rübergehend einschätzten. Dies deckt sich mitder Auffassung, dass die jährliche Preissteige-rungsrate über das Jahr 2002 hinweg durch eineReihe von Einmaleffekten – von der Erhöhungindirekter Steuern bis hin zu Basiseffekten –beeinflusst wurde. Bemerkenswert dabei ist,dass der Indikator für die subjektive Inflations-wahrnehmung im Februar 2003 deutlich zurück-gegangen ist. Allerdings ist es noch zu früh umabzuschätzen, ob mit diesem Rückgang der imletzten Jahr verzeichnete Aufwärtstrend diesesIndikators dauerhaft gebrochen ist.

Preisdynamik in früheren Phasen derProduktionskette blieb im Jahr 2002verhalten

Der Index für industrielle Erzeugerpreise(ohne Baugewerbe) ging im Jahr 2002 umdurchschnittlich 0,1 % zurück, verglichen miteinem Anstieg von 2,2 % im Vorjahr. Aus-schlaggebend dafür war vor allem die Ent-wicklung der Energiekomponente und, zu ei-nem geringeren Teil, der Vorleistungs- undKonsumgüterkomponenten (siehe Abbil-dung 17). Die durchschnittliche jährliche Stei-gerungsrate der Erzeugerpreise ohne Energieund Baugewerbe lag im Jahr 2002 bei 0,6 %(nach 1,8 % im Jahr 2001). Die verhaltenePreisentwicklung in früheren Phasen der Pro-duktionskette spiegelte zum Teil die nur ge-ringfügigen Steigerungen der Einfuhrpreise in-folge der Euro-Aufwertung im Berichtsjahrwider. Darüber hinaus blieb die Nachfragedas gesamte Jahr über relativ schwach, waswiederum Industrieunternehmen von Preis-erhöhungen abhielt.

Abbildung 17Industrielle Erzeugerpreise imEuroraum(Veränderung gegen Vorjahr in %; Monatswerte)

Quelle: Eurostat.Anmerkung: Die Angaben (auch für die Zeit vor 2001) beziehensich auf die zwölf Euro-Länder.

Energie (linke Skala)Industrie ohne Baugewerbe(rechte Skala) Vorleistungsgüter (rechte Skala)Investitionsgüter (rechte Skala)Konsumgüter (rechte Skala)

1997 1998 1999 2000 2001 2002-12

-8

-4

0

4

8

12

16

20

24

-4

-2

0

2

4

6

8

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43EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Bei den industriellen Erzeugerpreisen ging dieEnergiekomponente im Jahr 2002 um 2,4 %zurück, verglichen mit einem Anstieg von2,8 % im Vorjahr. Obwohl die Ölpreise inUS-Dollar im Jahr 2002 gegenüber dem Vor-jahr im Durchschnitt weitgehend unverändertblieben, gingen die Ölpreise in Euro gemes-sen um etwa 5 % zurück. Das Sinken derErzeugerpreise für Energie im Jahr 2002 wardaher nahezu ausschließlich auf die Stärkungdes Euro gegenüber dem US-Dollar zurück-zuführen. Niedrigere Jahresänderungsratender Preise für Vorleistungs- und Konsumgü-ter trugen insgesamt ebenfalls zur Verringe-rung der Erzeugerpreisinflation bei. Im Rück-gang der Verbraucherpreisinflation spiegeltensich geringere Preissteigerungen sowohl beiden Gebrauchs- als auch bei den Verbrauchs-gütern wider. Die durchschnittliche Jahres-steigerungsrate der Preise für Investitionsgü-ter blieb im Jahr 2002 mit 1,0 % gegenüberdem Vorjahr unverändert.

Jahreswachstum des Arbeitnehmerentgeltsje Arbeitnehmer im Jahr 2002 trotzArbeitsmarktschwäche weitgehendunverändert

Seit 1999 wurden bei fast allen euroraum-weiten Arbeitskosten- und Lohnindikatorenallmählich ansteigende Zuwachsraten regist-riert. Dieser Aufwärtstrend setzte sich 2001und Anfang 2002 trotz nachlassender Wirt-schaftstätigkeit und zunehmender Arbeitslo-sigkeit fort.

Die Jahreswachstumsrate des Arbeitnehmer-entgelts je Arbeitnehmer betrug in den ers-ten drei Quartalen 2002 durchschnittlich2,8 % und lag damit geringfügig über dem Vor-jahrswert (siehe Abbildung 18). Darüber hi-naus war die jährliche Steigerungsrate sowohlbei den Gesamtarbeitskosten pro Stunde alsauch den monatlichen Bruttoverdiensten wäh-rend der ersten drei Quartale 2002 höher alsim Vorjahr. Die verfügbaren nationalen Da-ten deuten jedoch nicht auf eine weitere Be-schleunigung der Lohnkostendynamik gegenEnde 2002 hin. Diese Einschätzung wird durchdie Entwicklung der jährlichen Wachstums-

rate der Tarifverdienste untermauert, die imzweiten Halbjahr 2002 rückläufig war.

Verglichen mit dem Jahr zuvor hatte das Jah-reswachstum der Arbeitsproduktivität in denersten drei Quartalen 2002 im Durchschnittzwar leicht zugenommen, blieb jedoch auf ge-ringem Niveau. Im zweiten und dritten Quar-tal 2002 beschleunigte sich der Arbeitspro-duktivitätszuwachs infolge konjunkturellerEntwicklungen wieder, nachdem zwei Quar-tale lang eine negative Jahresrate zu verzeich-nen war. Infolgedessen verlangsamte sich dasLohnstückkostenwachstum für die Gesamt-wirtschaft im Euroraum im Vorjahrsvergleichvon 3,5 % im ersten Quartal auf 2,4 % imzweiten und 2,0 % im dritten Quartal. DieEntwicklung der Gewinnzuschläge, gemessenan der Lücke zwischen den jährlichen Wachs-

Abbildung 18Lohnstückkosten, Arbeitnehmer-entgelt je Arbeitnehmer und Arbeits-produktivität im Euroraum(Veränderung gegen Vorjahr in %; Quartalswerte)

Quelle: Eurostat.Anmerkung: Die Angaben (auch für die Zeit vor 2001) beziehensich auf die zwölf Euro-Länder; Gesamtwirtschaft.

LohnstückkostenArbeitnehmerentgelt je ArbeitnehmerArbeitsproduktivität

1997 1998 1999 2000 2001 2002-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200244

Kasten 4Die Auswirkungen der Euro-Bargeldeinführung auf die Verbraucherpreise

Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit am 1. Januar 2002 die Euro-Banknoten und -Münzen eingeführt und alle

Preise im Euro-Währungsgebiet auf Euro umgestellt wurden. In vielen Ländern des Euroraums ist bei den

Verbrauchern der Eindruck entstanden, mit der Einführung des Euro sei eine beträchtliche Teuerungswelle

einhergegangen. In diesem Kasten werden Auswertungen zum Preiseffekt der Euro-Bargeldumstellung zu-

sammengefasst und die möglichen Ursachen für die Wahrnehmung der Verbraucher, dass der Euro einen

Preisschub mit sich brachte, beleuchtet. Es wird darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen in erster Linie

vorübergehender Natur sein werden und die höhere grenzüberschreitende Preistransparenz auf längere Sicht

wettbewerbsfördernd und inflationshemmend wirken dürfte.

Vereinzelt kräftige Verteuerung, insgesamt jedoch moderate Auswirkung der Bargeldumstellung

Die Auswirkungen der Preisumstellung auf Euro wurden mit einer Reihe unterschiedlicher Ansätze unter-

sucht: Analysen der aggregierten Preisentwicklung, Auswertungen von Preisreihen ausgewählter Waren und

Dienstleistungen sowie Umfragen zu den Preisstrategien von Unternehmen im Umstellungsprozess. Aufgrund

der Verschiedenartigkeit dieser Ansätze sind die Ergebnisse nur begrenzt miteinander vergleichbar. Darüber

hinaus sollten die gewonnenen Erkenntnisse ausschließlich als eine allgemeine Aussage über den Gesamt-

effekt verstanden werden, da sich die Auswirkungen der Bargeldumstellung nur sehr schwer von anderen

Inflationsursachen (z. B. einem Anstieg der indirekten Steuern, administrierten Preise, Löhne oder Einfuhr-

preise) trennen lassen. Dennoch kamen die meisten Studien zum gleichen grundlegenden Ergebnis: Die

Einführung des Euro-Bargelds hatte keinen allgemeinen Preisanstieg zur Folge. Als Beispiel sei eine von

Eurostat im Juli 2002 veröffentlichte Studie angeführt, die auf HVPI-Daten des Euroraums über einen

Zeitraum von sechs Monaten basiert. Laut dieser Studie dürfte der Einfluss der Einführung der Euro-

Banknoten und -Münzen auf die Teuerung im Eurogebiet im ersten Halbjahr 2002 aller Wahrscheinlichkeit

nach 0,0 bis 0,2 Prozentpunkte ausgemacht haben. Der Aufwärtsdruck auf die Preise könnte entweder auf eine

Überwälzung der im Rahmen der Bargeldumstellung entstandenen Kosten von den Unternehmen auf die

Verbraucher zurückzuführen sein oder auf eine zeitliche Konzentration von Preisanpassungen. Außerdem

dürften Bestrebungen der Unternehmen, auf neue attraktive Euro-Preise zu runden bzw. ihre Gewinnmargen

zu steigern, eine Rolle gespielt haben.1

Die Auswirkungen der Bargeldumstellung waren offensichtlich von Land zu Land verschieden; in Frankreich

z. B. wurde der Einfluss auf den nationalen VPI auf 0,2 Prozentpunkte geschätzt, in den Niederlanden

hingegen auf 0,6 Prozentpunkte.2 Die länderspezifischen Unterschiede dürften mit der unterschiedlichen

Wettbewerbsintensität (u. a. aufgrund der unterschiedlichen Relation zwischen kleinen und großen Einzelhan-

delsunternehmen) und Nachfragesituation an den jeweiligen nationalen Märkten zusammenhängen.

Die verfügbaren Daten weisen darauf hin, dass sich die Preiseffekte vor allem auf bestimmte Bereiche des

Dienstleistungssektors konzentrierten, was auch von den Verbrauchern vielfach so wahrgenommen wurde.

Insbesondere in der Gastronomie, im Friseurgewerbe und bei der chemischen Reinigung zogen die Preise in

allen Euro-Ländern nach der Bargeldumstellung offensichtlich spürbar an. Bei einer Reihe dieser HVPI-

Komponenten fielen die Preissteigerungen im ersten Jahr nach der Umstellung auf den Euro verglichen mit

der durchschnittlichen Preisentwicklung der vergangenen Jahre außergewöhnlich hoch aus. Im Januar 2002

beispielsweise war der Preisanstieg in der Gastronomie im Euroraum gegenüber dem Vormonat mit einem

Anteil von 6,7 % am HVPI des Euroraums im Jahr 2002 mehr als dreimal so hoch wie der durchschnittliche

Anstieg im gleichen Monat im Zeitraum von 1996 bis 2001 (siehe Abbildung A). Eine ähnliche Entwicklung

1 Weitere Einzelheiten zu diesen Preiseffekten sind Kasten 3 des Jahresberichts 2001 zu entnehmen.2 Siehe Banque de France, The short-term impact on prices of the euro cash changeover, Bulletin Digest, September 2002, und

De Nederlandsche Bank, Getting used to the euro, Quarterly Bulletin, September 2002.

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45EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

wurde bei den Preisen für Friseurleistungen (1,1 % des HVPI, siehe Abbildung B) und in anderen Dienstleis-

tungsbereichen beobachtet. In den meisten Fällen fielen dabei die Preissteigerungen im Euroraum auch im

Vergleich mit Ländern außerhalb des Eurogebiets recht hoch aus. Theoretisch können die überdurchschnitt-

lich hohen Preissteigerungsraten auch auf andere Ursachen als die Euro-Bargeldumstellung zurückzuführen

sein, praktisch erweist sich eine Zurechnung zu anderen Faktoren allerdings als schwierig.

Die Konsumgüterpreise, die knapp 60 % der privaten Konsumausgaben im Euroraum ausmachen, waren

insgesamt offensichtlich weniger stark von der Bargeldumstellung beeinflusst. Allerdings dürfte die Umstel-

lung in allen Euro-Ländern bei bestimmten häufig nachgefragten Gütern des täglichen Bedarfs, wie z. B.

Backwaren und Zeitungen, zu Preissteigerungen geführt haben. Aufgrund der kleinen Beträge kann hier jede

Rundung prozentual recht stark ins Gewicht fallen. Im Gegensatz dazu scheint es bei teureren Gütern, vor

allem Gebrauchsgütern, eine Abrundungstendenz im Zusammenhang mit dem technischen Fortschritt und

dem recht starken Wettbewerb an diesen Märkten gegeben zu haben.

Während die Preise in den Bereichen, die offenbar von der Bargeldumstellung beeinflusst wurden, im Jahr

2002 über mehrere Monate hinweg stark stiegen, scheint sich die Preisdynamik in den letzten Monaten

weitgehend normalisiert zu haben bzw. sogar schwächer geworden zu sein. Dies lässt darauf schließen, dass

die Inflationseffekte lediglich vorübergehender Natur sein werden, auch wenn vereinzelt mit weiteren Teue-

rungen zu rechnen ist, da der Prozess der Bildung neuer, attraktiver Euro-Preise noch nicht abgeschlossen sein

dürfte.3 Zudem könnten sich die Inflationseffekte in Ländern, in denen nach wie vor Formen der Lohnindexie-

rung gelten, als nachhaltiger erweisen. Auf lange Sicht sollte es jedoch keine dauerhaften Auswirkungen

geben, wenn sich das Konsumverhalten einmal an die neue Preisstruktur angepasst hat. Vielmehr wird davon

ausgegangen, dass die gemeinsame Währung inflationsdämpfend wirkt, da der Euro die Preistransparenz

erhöht und den Wettbewerb im Euroraum stärkt – Vorteile, die übrigens dauerhafter Natur sein werden.

Höhere subjektive Inflationswahrnehmung

Die empirischen Erkenntnisse über die Auswirkungen der Bargeldumstellung stehen in krassem Gegensatz

zum Gesamteindruck der Verbraucher im Euro-Währungsgebiet. Laut dem Eurobarometer der Europäischen

Kommission vom November 2002 haben mehr als 80 % der Verbraucher im Euroraum den Eindruck, dass die

3 Siehe z. B. Deutsche Bundesbank, Die Verbraucherpreise beim Übergang von der D-Mark auf den Euro, Monatsbericht Juli2002.

Abbildung A: Preise fürGastronomieleistungen(Veränderung gegen Vormonat in %)

Abbildung B: Preise fürFriseurleistungen(Veränderung gegen Vormonat in %)

Dez. Jan. Febr. MärzApril Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.

2002Durchschnitt 1996–2001

2002Durchschnitt 1996–2001

Dez. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200246

Umstellung der Preise auf Euro mit beträchtlichen Preiserhöhungen einherging. Diese Wahrnehmung spiegelt

sich in einem erheblichen Anstieg des Indikators für die „gefühlte Inflation“ der Europäischen Kommission

wider, der im Januar 2002 einsetzte und das gesamte Jahr hindurch anhielt (siehe Abbildung C). Diese

Entwicklung, die in den meisten Euro-Ländern zu beobachten war, unterschied sich stark von der Entwick-

lung der tatsächlichen HVPI-Inflation, die im gleichen Zeitraum rückläufig war; daher vergrößerte sich das

Gefälle zwischen der subjektiven Inflationswahrnehmung und der tatsächlichen Inflation.

Eine Erklärung für das Gefälle zwischen der subjektiven Inflationswahrnehmung und der tatsächlichen

Inflation könnte darin liegen, dass die Verbraucher der Preisentwicklung bei bestimmten Waren und Dienst-

leistungen, die sie relativ häufig konsumieren, eine große Bedeutung beimessen, wohingegen sie der Preisent-

wicklung bei teureren und seltener nachgefragten Gütern, z. B. Gebrauchsgütern, weniger Beachtung schen-

ken. Es deutet einiges darauf hin, dass die Preisumstellung von den nationalen Vorgängerwährungen auf Euro

in manchen Fällen tatsächlich mit hohen Preissteigerungen verbunden war – was auch im Mittelpunkt des

Medien- und Verbraucherinteresses stand. Auch bei einigen Gütern des täglichen Bedarfs, wie beispielsweise

Gemüse, zogen die Preise Anfang 2002 deutlich an. Dieser Preisschub lässt sich zwar zum großen Teil auf

andere Faktoren als die Bargeldumstellung zurückführen, wie etwa ungünstige Witterungsbedingungen, aber

die Öffentlichkeit schrieb offensichtlich auch diese Preissteigerungen der Bargeldeinführung zu. Obwohl die

Jahresänderungsraten bei vielen dieser Güter im zweiten Quartal rückläufig wurden, war eine weitere Erhö-

hung des Indikators der „gefühlten Inflation“ festzustellen.

Fraglich bleibt daher, wie das nachhaltige Gefälle zwischen „gefühlter“ und tatsächlicher Inflation zu erklären

ist. Eine mögliche Ursache liegt offenbar darin, dass die Verbraucher noch nicht mit den Euro-Preisen vertraut

sind. Bei der Einschätzung der Inflationswahrnehmung in einigen Ländern gilt es außerdem zu bedenken, dass

Preise vielfach „über den Daumen“ umgerechnet werden. Darüber hinaus deutet einiges darauf hin, dass die

Preisdifferenzen bei einzelnen Produkten nach der Euro-Bargeldumstellung deutlich zugenommen haben.

Diese Entwicklung dürfte eine gewisse Verwirrung unter den Verbrauchern erzeugt haben, da diese unter

Quellen: Branchen- und Verbraucherumfragen der Europäischen Kommission und Eurostat.Anmerkung: Der Indikator der Europäischen Kommission für die Inflationswahrnehmung und die Inflationserwartung liegt inForm einer Saldenstatistik vor und lässt sich nicht direkt mit dem Niveau der tatsächlichen Inflation in Relation setzen. In denAngaben zum HVPI für die Zeit vor 2001 ist Griechenland nicht enthalten.

Abbildung C: Subjektive Inflationswahrnehmung, Inflationserwartung undHVPI-Inflation(Saldo in %; Veränderung gegen Vorjahr in %; Monatswerte)

HVPI insgesamt (rechte Skala)

Gefühlte Inflation (linke Skala)Erwartete Inflation (linke Skala)

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002-10

0

10

20

30

40

50

60

70

0

1

2

3

4

5

6

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47EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Umständen mehr Zeit benötigen, um sich an die neuen Preisbildungsmuster zu gewöhnen.4 Während insgesamt

eine Vielzahl von Faktoren zur Erklärung des anhaltend hohen Niveaus der „gefühlten“ Inflation herangezo-

gen werden können, lassen die meisten wohl darauf schließen, dass es sich dabei nur um ein vorübergehendes

Phänomen handelt, was auch am erheblichen Rückgang der Inflationserwartungen über weite Strecken des

Jahres 2002 abzulesen ist (siehe auch Abbildung C).

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Verbraucher zwar extreme Preissteigerungen im Zusammenhang mit

der Euro-Bargeldumstellung aufgezeigt haben, dass es sich dabei allerdings offenbar in erster Linie um

Ausnahmen mit sehr begrenzter Tragweite handelt. In dieser Hinsicht spielt das Kaufverhalten insofern eine

wichtige Rolle, als sich darin zeigt, dass die Verbraucher nicht bereit sind, eindeutig ungerechtfertigte

Preiserhöhungen für bestimmte Produkte hinzunehmen. Ferner machen die Waren und Dienstleistungen, auf

die sich die Bargeldumstellung ausgewirkt hat, nur einen relativ kleinen Teil der im HVPI-Index erfassten

Waren und Dienstleistungen aus. Folglich dürfte die HVPI-Inflation im Euro-Währungsgebiet nur in einem

recht begrenzten Ausmaß auf die Euro-Bargeldumstellung 2002 zurückzuführen sein. Die Auswirkungen der

Euro-Bargeldumstellung auf die Teuerung nach dem HVPI werden in erster Linie vorübergehender Natur

sein, und die größere grenzüberschreitende Transparenz der Euro-Preise dürfte auf längere Sicht den Wettbe-

werb stärken und den Preisdruck eindämmen.

tumsraten des BIP-Deflators und der Lohn-stückkosten, deutet darauf hin, dass die kon-junkturelle Abkühlung sich negativ auf dieGewinne auswirkte. Allerdings hat der im Laufdes Jahres 2002 zu beobachtende konjunk-

turbedingte Anstieg des Produktivitätszu-wachses zu einer Verlangsamung des Lohn-stückkostenwachstums und somit desAbwärtsdrucks auf die Gewinnzuschläge ge-führt.

4 Siehe z. B. Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique, The adaptation of prices to the changeover to the euro,www.nbb.be.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200248

Veränderung gegen Vorjahr 1) Veränderung gegenVorquartal 2)

2000 2001 2002 2001 2002 2002 2002 2002 2001 2002 2002 2002 2002Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Reales Bruttoinlandsprodukt 3,5 1,4 0,8 0,5 0,3 0,6 0,9 1,3 -0,2 0,4 0,3 0,4 0,2

darunter:

Inländische Verwendung 2,9 0,9 0,2 0,0 -0,2 -0,1 0,4 0,8 0,0 0,0 0,2 0,2 0,4

Private Konsumausgaben 2,5 1,8 0,6 1,6 0,5 0,4 0,6 1,0 0,0 -0,2 0,4 0,4 0,4

Konsumausgaben des Staats 2,0 2,1 2,5 1,6 2,0 2,6 2,7 2,6 0,6 0,7 0,9 0,3 0,5

Bruttoanlageinvestitionen 4,9 -0,6 -2,5 -2,5 -2,5 -3,2 -2,6 -1,8 -0,9 -0,2 -1,3 -0,2 -0,1

Vorratsveränderungen 3), 4) 0,0 -0,4 -0,1 -0,7 -0,3 -0,2 0,0 0,1 0,0 0,0 0,1 0,0 0,1

Außenbeitrag 3) 0,6 0,5 0,6 0,5 0,5 0,8 0,5 0,5 -0,2 0,4 0,1 0,2 -0,2

Exporte 5) 12,6 2,8 1,2 -2,8 -2,4 0,6 2,7 4,1 -1,2 0,2 1,7 2,1 0,0

Importe 5) 11,3 1,5 -0,3 -4,1 -3,9 -1,5 1,5 3,0 -0,8 -1,0 1,5 1,8 0,6

Reale Bruttowertschöpfung

darunter:

Industrie (ohne Baugewerbe) 4,0 1,1 0,2 -1,5 -1,8 0,1 0,7 1,7 -1,3 0,9 0,6 0,5 -0,4

Baugewerbe 2,4 -0,6 -1,5 -0,6 -0,6 -1,6 -1,8 -2,0 0,0 -0,7 -1,0 -0,1 -0,2

MarktbestimmteDienstleistungen 6) 4,8 2,6 1,3 1,7 1,3 1,2 1,2 1,5 0,1 0,3 0,5 0,3 0,4

Tabelle 7Zusammensetzung des realen BIP-Wachstums im Euroraum(soweit nicht anders angegeben, Veränderung in %; saisonbereinigt)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahrszeitraum in %.2) Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %.3) Als Beitrag zum realen BIP-Wachstum; in Prozentpunkten.4) Einschließlich Nettozugang an Wertsachen.5) Exporte und Importe umfassen Waren und Dienstleistungen sowie den grenzüberschreitenden Handel innerhalb des Euro-

Währungsgebiets. Die Angaben zu den Importen und Exporten in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sind nicht umden Handel innerhalb des Euro-Währungsgebiets bereinigt. Diese Angaben sind daher nicht vollständig mit den Zahlungsbilanz-daten vergleichbar.

6) Umfasst Handel, Verkehr, Nachrichtenübermittlung, Finanzdienstleistungen und Dienstleistungen für Unternehmen.

4 Produktions-, Nachfrage- und Arbeitsmarktentwicklung

Verhaltene Konjunktur im Jahr 2002

Trotz positiver Signale zu Jahresbeginn wardie Konjunktur im Jahr 2002 nach wie vorvon Schwäche gekennzeichnet. Die Anfang2002 einsetzende Erholung kam nicht inSchwung, und das vierteljährliche Wachstumdes realen BIP blieb das ganze Jahr über aufeinem Niveau unterhalb des Potenzialwachs-tums des Euro-Währungsgebiets. Im letztenQuartal des Berichtsjahrs zeigten sich erneutAnzeichen von Schwäche, als das vierteljähr-liche Wachstum des realen BIP auf einen nied-rigen Stand zurückging. Die durchschnittlicheJahreswachstumsrate des realen BIP fielinsgesamt von 1,4 % im Jahr 2001 auf 0,8 %im Jahr 2002, worin sich die negative Folge-wirkung des Jahres 2001 in Verbindung mit

moderaten vierteljährlichen Wachstumsratenim Jahr 2002 widerspiegelte (siehe Tabelle 7).

Angesichts des seit Ende 2000 anhaltend lang-samen Wachstums, das zu einem starkenRückgang der Kapitalbildung beitrug, bliebendie freien Kapazitäten im Jahr 2002 weiterhingering. Im Durchschnitt entsprach die Kapa-zitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbeim Berichtsjahr fast dem langfristigen Mittel,während die Arbeitslosenquote nur geringfü-gig anstieg und unter dem Stand von 2000blieb.

Das geringe Wirtschaftswachstum im Jahr2002 war auf eine Häufung negativer Schockszurückzuführen, die zu einer Zunahme derUnsicherheit und einer Eintrübung der Er-

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49EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

wartungen eines raschen Konjunkturauf-schwungs beitrugen. Geopolitische Spannun-gen und deren negative Auswirkungen auf dieÖlpreise und das Vertrauen, der Einbruchder Aktienkurse und die beharrlich anhalten-den Ungleichgewichte in der Weltwirtschafttrugen zu einer Dämpfung der Konjunktur-stärke im Jahresverlauf bei.

In einem wirtschaftlich schwachen Umfeld istes wichtig, die geplanten Strukturreformenumzusetzen, da dies das Vertrauen in daszukünftige Wirtschafts- und Beschäftigungs-wachstum stärken dürfte. In diesem Zusam-menhang werden in Kasten 5 die Fortschrittebei der Umsetzung der EU-Reformagenda be-leuchtet.

Weitere Verlangsamung des realen BIP-Wachstums im Jahr 2002 aufgrund einesgeringeren Beitrags der Inlandsnachfrage

Das im Vergleich mit 2001 im Berichtsjahrniedrigere durchschnittliche Jahreswachstumdes realen BIP war auf einen geringeren Bei-trag der Inlandsnachfrage zur Wirtschaftstä-

tigkeit zurückzuführen. Die schwache Binnen-nachfrage lag in einer deutlichen Abnahmeder Investitionstätigkeit begründet, die nurteilweise durch ein moderates Wachstumder privaten Konsumausgaben ausgeglichenwurde.

Die Bruttoanlageinvestitionen sanken im Jahr2002 durchschnittlich um 2,5 % und warendamit im zweiten Jahr in Folge rückläufig (sie-he Tabelle 7). Die Abnahme der Investitions-tätigkeit dürfte mit mehreren Faktoren zu-sammenhängen. Erstens schwanden im Laufdes Jahres die Aussichten für eine robusteKonjunkturerholung im Euro-Währungsge-biet, was die Unternehmen dazu veranlasste,ihre Investitionspläne zurückzunehmen. Zwei-tens wurde die Ertragslage im Unternehmens-sektor durch die Konjunkturabschwächung inMitleidenschaft gezogen. Auch die währendder Aufwertung des Euro auf die Wahrungder Marktanteile im Export ausgerichtetePreisgestaltung dürfte die Unternehmensge-winne gedrückt haben. Drittens zog der star-ke Kursverfall an den Aktienmärkten im Jahr2002 höhere Kosten der Eigenkapitalbeschaf-fung nach sich, was sich wiederum negativ aufdie Investitionsausgaben ausgewirkt habendürfte. Viertens dürften sich die Finanzie-rungsbedingungen aufgrund des Anstiegs derSpreads von Unternehmensanleihen und vonlangfristigen Kreditzinsen im Kundengeschäftder Banken trotz des niedrigen Zinsniveausverschärft haben (siehe Kasten 3). Schließlichwirkten sich auch das niedrigere Wachstumdes realen Haushaltseinkommens und die grö-ßere Unsicherheit negativ auf die Wohnungs-bauinvestitionen aus. Diese schrumpften imJahr 2002 Schätzungen zufolge um rund 2 %.

Im Jahr 2002 litt der private Verbrauch unterden schlechten Konjunkturbedingungen undder großen Unsicherheit. Er stieg im Berichts-jahr im Durchschnitt um 0,6 % (siehe Tabel-le 7). Im Detail betrachtet hat sich das realverfügbare Einkommen der privaten Haushal-te 2002 schätzungsweise weniger stark er-höht als im Vorjahr, was hauptsächlich aufdas geringere Beschäftigungswachstum zu-rückzuführen war. Die Auswirkung desschwächeren Beschäftigungszuwachses auf das

Abbildung 19Wachstumsbeiträge zum realen BIP imEuroraum (Quartalsvergleich)(Beiträge in Prozentpunkten auf Quartalsbasis; saisonbereinigt)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Veränderung gegen Vorquartal in %.

Inländische VerwendungAußenbeitragReales BIP 1)

2000 2001 2002-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200250

Einkommen wurde teilweise durch einenleichten Anstieg des Reallohnwachstums imJahr 2002 ausgeglichen, der im Wesentlichenvon etwas niedrigeren Inflationsraten her-rührte. Öffentliche Nettotransferleistungen,Steuern und Sozialabgaben dürften im Jahr2002 einen ähnlichen Beitrag zum Wachstumdes Haushaltseinkommens geleistet haben wieim Vorjahr.

Schätzungen zufolge erhöhte sich im Jahr 2002die Sparquote der privaten Haushalte. Dieswurde zu Jahresbeginn 2002 auf die Ereignis-se vom 11. September 2001 zurückgeführtund in geringerem Maße auf die Euro-Bar-geldumstellung, die zu einer höheren subjek-tiven Inflationswahrnehmung der Verbraucher(siehe Kasten 4) und einer geringeren Bereit-schaft der privaten Haushalte zu größerenAnschaffungen führte. Im späteren Jahresver-lauf lösten der Einbruch der Aktienkurse unddie damit verbundene Verringerung des Ver-mögens der privaten Haushalte und des Ver-trauens eine weitere Aufwärtsbewegung der

Sparquote aus (siehe Abbildung 20).Allerdings dürften die negativen Auswirkun-gen der niedrigeren Aktienkurse auf das Rein-vermögen der privaten Haushalte zum Teildurch Erhöhungen der Preise für Wohnei-gentum in einigen Teilen des Euroraums aus-geglichen worden sein. Ferner dürften auchdie starken geopolitischen Spannungen unddie allmähliche Verschlechterung der Arbeits-marktbedingungen dazu geführt haben, dassdie privaten Haushalte vorsorglich ihre Er-sparnisse aufstockten.

Kein Beitrag der Vorratsveränderungen zumrealen BIP-Wachstum, aber positiverWachstumsimpuls des Außenbeitrags imBerichtsjahr

Nach einem im Jahr 2001 deutlich negativenBeitrag der Vorratsveränderungen zum rea-len BIP-Wachstum war deren Beitrag 2002im Durchschnitt neutral. Verbesserte Ge-schäftserwartungen zu Jahresbeginn brachteneine lang anhaltende Phase des Abbaus vonLagerbeständen zu Ende. In der zweiten Jah-reshälfte sahen sich die Unternehmen ange-sichts der unbefriedigenden Konjunkturlagejedoch dazu veranlasst, das von ihnen ge-wünschte Vorratsniveau nach unten zu korri-gieren, und wirkten damit einem starkenWachstumsimpuls der Vorratsveränderungenfür das reale BIP entgegen.

Die durchschnittliche Jahreswachstumsrate so-wohl der realen Importe als auch der realenExporte von Waren und Dienstleistungen (ein-schließlich des Handels innerhalb des Euro-raums) war im Berichtsjahr weiter rückläufigund betrug -0,3 % bzw. 1,2 %. Dies war zumTeil auf den deutlichen Rückgang des Handels-volumens im zweiten Halbjahr 2001 zurückzu-führen, der erhebliche negative Folgewirkungenfür 2002 hatte. Etwa Mitte des Jahres stieg dasHandelsvolumen jedoch wieder an. Gestütztdurch eine höhere weltweite Nachfrage legtendie Exporte zu. Die Importe nahmen um dieJahresmitte ebenfalls zu. Im Schlussquartal 2002gingen sowohl die Import- als auch die Export-zahlen zurück, während der Beitrag des Außen-handels negativ wurde. Im Durchschnitt des Jah-

Abbildung 20Vertrauensindikatoren im Euroraum(Salden in %)

Quelle: Branchen- und Verbraucherumfragen der EuropäischenKommission.Anmerkung: Alle Angaben sind saisonbereinigt. Die ausgewie-senen Daten stellen die Abweichungen vom Durchschnitt ausdem Zeitraum seit Januar 1985 (Vertrauensindikator für dieVerbraucher und die Industrie) und seit April 1995 (Ver-trauensindikator für den Dienstleistungssektor) dar.

1998 1999 2000 2001 2002

Vertrauen der Verbraucher (linke Skala)Vertrauen der Industrie (linke Skala)Vertrauen des Dienstleistungssektors (rechte Skala)

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

-35

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

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51EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

res 2002 war der Wachstumsimpuls des Außen-beitrags für die Wirtschaftstätigkeit aufgrund desschrumpfenden Importvolumens beträchtlich.

Dienstleistungssektor auch 2002 treibendeKraft für Konjunktur

Den Ergebnissen der Volkswirtschaftlichen Ge-samtrechnungen zufolge nahm die Wertschöp-fung in der Industrie (ohne Baugewerbe) im Jahr2002 mit 0,2 % leicht zu. Das schwache Wachs-tum im Berichtsjahr war hauptsächlich aufdie negativen Nachwirkungen des Jahres 2001zurückzuführen, denn im ersten Halbjahr 2002wurde eine Erholung verzeichnet (siehe Tabel-le 7), die laut den Daten zur Industrieproduk-tion durch die Vorleistungsgüterindustrie aus-gelöst wurde (siehe Tabelle 8), verbunden mitder Trendwende beim Lagerzyklus und der Aus-landsnachfrage (siehe Abbildung 21). Im zweitenHalbjahr 2002 verlor die Industriekonjunkturetwas an Schwung, was auf die Verschlechte-rung der aktuellen und der erwarteten Wirt-schaftsentwicklung zurückzuführen war, obgleichbei den Jahreswachstumsraten aufgrund günsti-ger Basiseffekte, die von der schwachen Kon-junktur im zweiten Halbjahr 2001 ausgingen,weiterhin ein Anstieg zu verzeichnen war. DieProduktion im Baugewerbe ging 2002 – gemes-

Abbildung 21Warenexporte und Industrieproduktiondes Euroraums(Volumen; Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.Anmerkung: Die ausgewiesenen Daten basieren auf dem zen-trierten gleitenden Dreimonatsdurchschnitt.

1997 1998 1999 2000 2001 2002

Exporte innerhalb des EuroraumsExporte in Länder außerhalb des EuroraumsIndustrieproduktion ohne Baugewerbe

-8

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

-8

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

sen an der realen Wertschöpfung – um 1,5 %zurück. Die schwache Bautätigkeit war großen-teils auf die anhaltend negative Entwicklung in

Veränderung gegen Vorjahr 1) Veränderung gegenVorquartal 2)

2000 2001 2002 2001 2002 2002 2002 2002 2001 2002 2002 2002 2002Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Industrie insgesamtohne Baugewerbe 5,5 0,4 -0,7 -3,6 -2,7 -0,6 -0,5 0,9 -1,8 0,6 0,6 -0,1 -0,1

nach industriellen Hauptgruppen:

Industrie insgesamtohne Baugewerbe und Energie 6,0 0,2 -0,9 -4,7 -3,2 -0,9 -0,8 1,2 -2,3 0,9 0,5 0,0 -0,2

Vorleistungsgüter 5,9 -0,8 0,3 -6,0 -2,1 0,3 0,7 2,3 -2,6 2,3 0,7 0,2 -0,9

Investitionsgüter 9,4 1,3 -2,6 -4,9 -6,7 -2,7 -1,9 1,0 -2,5 -0,6 0,8 0,2 0,3

Konsumgüter 2,2 0,4 -1,0 -2,6 -1,2 -0,9 -1,9 -0,1 -2,0 0,3 0,2 -0,5 -0,1

Gebrauchsgüter 6,5 -2,5 -4,9 -7,4 -6,7 -5,8 -3,9 -3,0 -3,7 -0,5 -0,9 0,6 -2,4

Verbrauchsgüter 1,4 1,0 -0,2 -1,5 -0,1 0,1 -1,5 0,5 -1,7 0,5 0,4 -0,6 0,3

Energie 1,9 1,2 0,7 3,5 1,2 2,1 0,7 -1,0 1,9 -1,6 1,1 -0,5 0,2

Verarbeitendes Gewerbe 5,9 0,2 -1,0 -4,6 -3,4 -1,0 -0,7 1,2 -2,3 0,8 0,6 0,0 -0,2

Tabelle 8Industrieproduktion im Euroraum(Veränderung in %)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.1) Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahrszeitraum in % auf der Grundlage arbeitstäglich bereinigter Daten.2) Veränderung gegenüber dem Vorquartal in % auf der Grundlage saisonbereinigter und arbeitstäglich bereinigter Daten.

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Deutschland zurückzuführen. Die Eintrübungdes allgemeinen Wirtschaftsklimas im Euro-Währungsgebiet und die große Unsicherheitspielten ebenfalls eine maßgebliche Rolle.

Dagegen expandierte die Wertschöpfung desDienstleistungssektors 2002 weiter, wennauch etwas langsamer als im Vorjahr. DieWirtschaftstätigkeit bei den marktbestimm-ten Dienstleistungen erhöhte sich um 1,3 %(siehe Tabelle 7) und stellte daher nach wievor die Hauptantriebskraft für das gesamt-wirtschaftliche Wachstum im Jahr 2002 dar.Die vierteljährlichen Wachstumsraten derWertschöpfung in diesem Sektor blieben wäh-rend des gesamten Jahres weitgehend unver-ändert.

Geringere Streuung der Wachstumsratendes realen BIP der Euro-Länder im Jahr2002

Die Streuung der Wachstumsraten des rea-len BIP der Euro-Länder verringerte sich imJahr 2002. Das Wachstumsgefälle zwischenden beiden Euro-Ländern mit der höchsten

bzw. der niedrigsten Zuwachsrate ging im Be-richtsjahr auf 4,1 Prozentpunkte zurück, nach-dem es im Vorjahr noch 5,0 Prozentpunktebetragen hatte. Das durchschnittliche jährli-che Wachstum des realen BIP war in allenLändern des Euro-Währungsgebiets – mitAusnahme Finnlands – rückläufig. Hinter derim Jahr 2002 beobachteten Schwäche ver-barg sich ein geringes jährliches Durch-schnittswachstum des realen BIP in mehrerenLändern, wobei ein Anstieg des realen BIP ineinigen Ländern tatsächlich kaum zu erken-nen war.

Weitere Verlangsamung desBeschäftigungswachstums im Jahr 2002

Die konjunkturelle Abkühlung wirkte sich2002 schrittweise auf die Arbeitsmärkte aus,und die Wachstumsraten der Gesamtbeschäf-tigung im Vorquartalsvergleich kehrten sichim zweiten Halbjahr ins Negative. Den ver-fügbaren nationalen Statistiken zufolge beliefsich das Gesamtbeschäftigungswachstum imJahr 2002 auf schätzungsweise 0,4 % gegen-über 1,4 % im Vorjahr. Verglichen mit den

Veränderung gegen Vorjahr Veränderung gegenVorquartal

1999 2000 2001 2002 2001 2002 2002 2002 2002 2001 2002 2002 2002 2002Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Erwerbspersonen 0,9 1,0 0,9 . 0,7 0,8 0,8 0,7 . 0,3 0,2 0,2 0,1 .

Beschäftigung 1,8 2,1 1,4 . 0,9 0,7 0,5 0,3 . 0,2 0,1 0,0 -0,1 .

Landwirtschaft 1) -2,4 -1,6 -0,8 . -1,6 -2,3 -1,9 -1,9 . -0,5 -0,4 -0,2 -0,9 .

Industrie 2) 0,3 0,9 0,3 . -0,4 -1,0 -1,0 -1,2 . -0,2 -0,4 -0,2 -0,4 .

– ohne Baugewerbe -0,2 0,6 0,3 . -0,5 -1,1 -1,1 -1,2 . -0,2 -0,4 -0,2 -0,4 .

– Baugewerbe 2,0 1,7 0,3 . -0,2 -0,6 -0,7 -1,3 . -0,2 -0,3 -0,1 -0,7 .

Dienstleistungen 3) 2,7 2,9 2,0 . 1,6 1,6 1,3 1,0 . 0,4 0,3 0,1 0,2 .

Arbeitslosenquoten 4)

Insgesamt 9,4 8,5 8,0 8,3 8,0 8,1 8,2 8,3 8,5 - - - - -

Unter 25 Jahren 18,5 16,6 15,6 16,1 15,7 15,8 16,1 16,2 16,3 - - - - -

25 Jahre und älter 8,2 7,4 7,0 7,3 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 - - - - -

Tabelle 9Entwicklungen am Arbeitsmarkt im Euroraum(Veränderung gegen Vorjahr in % bzw. Stand in %)

Quellen: Angaben zu Erwerbspersonen: nationale Statistiken und EZB-Berechnungen; Angaben zu Beschäftigung und Arbeitslosig-keit: Eurostat.1) Umfasst auch Fischerei, Jagd und Forstwirtschaft.2) Umfasst verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe, Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden sowie Energie- und Wasserversor-

gung.3) Ohne exterritoriale Körperschaften und Organisationen.4) In % der Erwerbspersonen; nach Empfehlungen der IAO.

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53EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

konjunkturellen Abschwungphasen in denNeunzigerjahren blieb der Beschäftigungszu-wachs im Euroraum über weite Strecken desJahres 2002 relativ robust. Dies dürfteteilweise auf den Umstand zurückzuführensein, dass zahlreiche Unternehmen zu Beginndes Jahres 2002 davon ausgingen, dass dieAbschwungphase von kurzer Dauer sein wür-de. Da die Wirtschaftstätigkeit schwach blieb,verschlechterten sich im zweiten Halbjahrallerdings die Arbeitsmarktbedingungen (sie-he Tabelle 9).

Eine sektorale Aufschlüsselung der Entwick-lung im Jahr 2002 zeigt, dass sich der Be-schäftigungszuwachs gegenüber dem Vorjahrin der Industrie (d. h. sowohl im Baugewerbeals auch in der Industrie ohne Baugewerbe)ins Negative kehrte, während der Nettozu-wachs an Arbeitsplätzen im Dienstleistungs-sektor anhielt. Dennoch war im Dienstleis-tungssektor im Vorjahrsvergleich eine deut-liche Verlangsamung zu verzeichnen. Ins-besondere im Teilbereich „Finanzierung undUnternehmensdienstleister“, der in den ver-gangenen Jahren am stärksten zum Nettozu-wachs an Arbeitsplätzen im Dienstleistungs-bereich beigetragen hatte, fiel das Beschäfti-gungswachstum 2002 weniger als halb so starkwie im Vorjahr aus. Auch in anderen markt-bestimmten Dienstleistungsbereichen (Han-del, Verkehr und Nachrichtenübermittlung)verlangsamte sich das Beschäftigungswachs-tum spürbar, wenngleich in geringerem Aus-maß.

Allmählicher Anstieg der Arbeitslosigkeit imJahr 2002

Im Einklang mit der Verlangsamung des Be-schäftigungswachstums war über das gesamteJahr 2002 eine allmähliche Erhöhung der stan-dardisierten Arbeitslosenquote für das Euro-Währungsgebiet zu beobachten; im Jahres-durchschnitt lag die Quote bei 8,3 % unddamit 0,3 Prozentpunkte über dem Vorjahrs-wert (siehe Abbildung 22). Nachdem die Zahlder Arbeitslosen im Euroraum vier Jahre inFolge gesunken war, erhöhte sie sich im Be-richtsjahr auf durchschnittlich 11,4 Millionen.

Offenbar waren alle Altersgruppen und beideGeschlechter von dieser Entwicklung betrof-fen. Die Jugendarbeitslosigkeit stieg im Be-richtsjahr auf 16,1 % und war damit 0,5 Pro-zentpunkte höher als 2001, während sich dieArbeitslosenquote bei den über 25-Jährigenim gleichen Zeitraum von 7,0 % auf 7,3 % er-höhte. Das Gefälle zwischen den Arbeitslo-senquoten jüngerer und älterer Personen ver-änderte sich 2002 also gegenüber dem Vor-jahr kaum. Ferner war zu beobachten, dasssich die durchschnittliche Arbeitslosenquotebei Männern (7,2 % im Jahr 2002) und dieje-nige bei Frauen (9,8 % im Jahr 2002) dasBerichtsjahr hindurch weiter langsam anein-ander annäherten, obgleich sich die steigendeArbeitslosigkeit bei beiden Geschlechtergrup-pen bemerkbar machte. Dies legt den Schlussnahe, dass Personengruppen, die traditionellstärker von einer Verschlechterung der Ar-beitsmarktlage betroffen sind (nämlich Jugend-liche und Frauen), im Verhältnis offenbar nichtstärker unter diesem Konjunkturabschwunglitten, insbesondere im Vergleich mit den ver-

Abbildung 22Arbeitslosigkeit im Euroraum(Monatswerte; saisonbereinigt)

Quelle: Eurostat.Anmerkung: Die Angaben (auch für die Zeit vor 2001) beziehensich auf die zwölf Euro-Länder.1) Nicht saisonbereinigt.

1994 1996 1998 2000 2002-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

7,5

8,0

8,5

9,0

9,5

10,0

10,5

11,0

11,5

Veränderung gegen Vorjahr in Millionen(linke Skala) 1)

In % der Erwerbspersonen (rechte Skala)

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200254

gangenen Schwächephasen der Neunzigerjah-re. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit war inden meisten Ländern des Euroraums zu beo-bachten, und der Streuungsgrad über dieEuro-Länder hinweg blieb weitgehend unver-ändert.

Schätzungen zufolge ist überdies die Zahl derErwerbspersonen (also die Summe aller Er-werbstätigen und Arbeitslosen) 2002 etwaslangsamer gestiegen. Darin spiegeln sich dasanhaltend schwache Wirtschaftswachstumund der Anstieg der Arbeitslosigkeit wider –zwei Faktoren, die tendenziell die Anreizezur Beteiligung am Erwerbsleben verringer-ten.

Obgleich das Beschäftigungswachstum im Eu-roraum bis zur zweiten Jahreshälfte 2002 re-lativ robust blieb, war insgesamt eine allmäh-liche Verschlechterung der Arbeitsmarktbe-dingungen zu beobachten, worin sichüberwiegend die zeitlich verzögerten Auswir-kungen der schwächeren konjunkturellen Ent-wicklung widerspiegelten. Diese Entwicklun-gen zeigen besonders deutlich, dass weitereAnstrengungen zur Durchführung von Ar-beitsmarktreformen und Erzielung einer be-schäftigungsfördernden Lohnentwicklung von-nöten sind, um eine bessere Arbeitsmarkt-entwicklung und eine effektivere Abfederungder Auswirkungen eines Konjunkturrückgangszu erreichen (siehe Kasten 5).

Kasten 5Mäßige Fortschritte bei den Strukturreformen an den Arbeits- und Gütermärktenim Euroraum

Strukturreformen an den Arbeits- und Gütermärkten stärken das Wachstumspotenzial und unterstützen die

Anpassung an den wirtschaftlichen Wandel. Im März 2000 erkannte der Europäische Rat von Lissabon die

Bedeutung einer Modernisierung des rechtlichen Rahmens an und stellte eine Reformagenda mit dem ambiti-

onierten Ziel auf, die Europäische Union bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensba-

sierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Seitdem hat sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld deutlich

abgeschwächt. Umso wichtiger ist ein entschlossenes Handeln zur Umsetzung der Vorgaben von Lissabon

geworden, damit das Vertrauen in die Wirtschaft gestärkt und die Rahmenbedingungen für die Konjunktur

und das Beschäftigungswachstum optimiert werden. Vor diesem Hintergrund werden in diesem Kasten die

Fortschritte zusammenfassend dargestellt, die in den letzten Jahren und insbesondere im Jahr 2002 bei der

Umsetzung der EU-Reformagenda erzielt wurden. Diese Beurteilung entspricht weitgehend dem im Bericht

über die Umsetzung der „Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2002“ vertretenen Standpunkt der Europäischen

Kommission.

Die Überwachung und Evaluierung des Funktionierens der Gütermärkte ist Bestandteil des Cardiff-Prozesses,

während die Beurteilung der Arbeitsmarktreformen dem Luxemburg-Prozess unterliegt. Beide Prozesse

basieren auf der Überprüfung der in den einzelnen Ländern erzielten Reformfortschritte und liefern Informati-

onen für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik, die die übergeordneten Prioritäten für verschiedene Bereiche

der Wirtschaftspolitik festlegen. Die an die einzelnen EU-Mitgliedstaaten gerichteten Politikempfehlungen

leiten sich aus diesen Prioritäten ab (siehe Kapitel V).1

Im Hinblick auf die Arbeitsmärkte betonen die Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2002 die Notwendigkeit,

1) die Abgaben- und Leistungssysteme so anzupassen, dass Arbeit sich lohnt und dass Anreize zur Stellensu-

che bestehen, 2) die Effizienz und Effektivität der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu erhöhen, 3) geografische

Mobilitätsbarrieren innerhalb der Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten abzubauen, 4) die beruf-

liche Mobilität zu erleichtern, 5) eine flexiblere Arbeitsorganisation zu fördern und das Arbeitsvertragsrecht

zu überprüfen und 6) bestehende Hindernisse für die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu beseitigen.

1 Empfehlung des Rates vom 21. Juni 2002 zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft.

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55EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Mehrere Länder haben Maßnahmen eingeführt oder vorangetrieben, die bewirken sollen, dass Arbeit sich

lohnt bzw. die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber gesenkt werden. Ferner wurden die Anstrengun-

gen zur Optimierung der Arbeitsplatzsuche fortgesetzt, indem die Effizienz bei der Arbeitsvermittlung gestei-

gert und strengere Bedingungen bei der Arbeitsplatzsuche eingeführt wurden. Eine Reihe von Ländern setzten

ihre Bemühungen um eine flexiblere Arbeitsorganisation fort. Viele Arbeitsmarktreformen sind jedoch noch

nicht ernsthaft in Angriff genommen worden. So sind beispielsweise umfassende Reformen der Alterssiche-

rungssysteme und Vorruhestandsregelungen, welche auf eine höhere Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitneh-

mer abzielen, noch nicht ausreichend vorangetrieben worden, und Reformen des Kündigungsschutzes zur

Erhöhung der Arbeitsplatzmobilität wurde bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Insgesamt ist festzu-

stellen, dass sich das Tempo der Arbeitsmarktreformen im Jahr 2002 verglichen mit den vorangegangenen

Jahren offenbar in den meisten Ländern des Euroraums verlangsamte.

Die anstehenden Strukturreformen an den Gütermärkten erstrecken sich über eine Vielzahl von Bereichen,

von denen folgende in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik 2002 hervorgehoben wurden: 1) die vollständi-

ge Umsetzung des Binnenmarkts, 2) die Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs und 3) die Beschleu-

nigung der Reformen in den netzbezogenen Wirtschaftszweigen. Nach wie vor bestehen einige beträchtliche

Barrieren, die das Funktionieren des Binnenmarkts vor allem an den Dienstleistungsmärkten behindern. Viele

dieser Hindernisse gehen offenbar auf nationale Bestimmungen zurück, z. B. Verwaltungsverfahren für die

Gründung von Tochterunternehmen in anderen Euro-Ländern oder die Nutzung des Ermessensspielraums

durch lokale Behörden. Nach einem Jahrzehnt kontinuierlicher Verbesserung kam der Rückgang des Prozent-

satzes der EU-Rechtsvorschriften zur Schaffung des Binnenmarkts, die die Mitgliedstaaten noch nicht in

nationales Recht umgesetzt haben, im Jahr 2002 zum Stillstand. Dieses Umsetzungsdefizit weitete sich in den

Ländern des Euroraums von 2,2 % im Oktober 2001 auf 2,4 % im Oktober 2002 aus.

Was die Stärkung des Wettbewerbs angeht, so haben einige Euro-Länder Maßnahmen zur Erweiterung der

Befugnisse ihrer Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden ergriffen. Ein weiteres Instrument, das zur Verrin-

gerung von Wettbewerbsverzerrungen dienen könnte, ist die Reduzierung staatlicher Beihilfen. Auch wenn im

Allgemeinen die Tendenz besteht, staatliche Beihilfen zurückzuschrauben, spielen sie in bestimmten Bran-

chen, z. B. im Schienen- und Luftverkehr, nach wie vor eine bedeutende Rolle. In den netzbezogenen

Branchen wurden weitere ordnungspolitische Reformen umgesetzt, wenn auch je nach Land und Branche in

unterschiedlichem Ausmaß. Die Reformen in diesen bisher geschützten Wirtschaftsbereichen haben sich in

Preisnachlässen in einigen dieser Sektoren, insbesondere im Telekommunikationssektor, niedergeschlagen.

Diese Entwicklung setzte sich im Berichtsjahr fort, wenn auch nicht mehr so rasch wie bisher.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass beim Abbau struktureller Rigiditäten an den Arbeits- und

Gütermärkten im Jahr 2002 einige Fortschritte erzielt wurden. Allerdings handelt es sich bei den Maßnahmen

vieler Länder eher um Teilschritte als um eine umfassende Verstärkung der Reformbemühungen. Da es einige

Zeit dauert, bis Strukturreformen ihre volle Wirkung entfalten, wird es aufgrund der langsamen und partiellen

Vorgehensweise der meisten Mitgliedstaaten bei den Strukturreformen immer schwieriger, die in der Agenda

von Lissabon festgelegten strategischen Ziele zu erreichen. Ferner kann auch mangelnde Entschlossenheit zur

Durchführung umfassender Reformen ein Grund für das geringe Vertrauen in eine rasche Konjunkturerholung

sein. Umso wichtiger sind daher stärkere Anstrengungen im Bereich der Strukturreformen.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200256

5 Entwicklung der öffentlichen Finanzen

Verschlechterung der Haushaltssaldenim Jahr 2002 vor allem aufKonjunkturabschwung zurückzuführen

Im Jahr 2002 verschlechterten sich die Haus-haltssalden im Euro-Währungsgebiet im zwei-ten Jahr in Folge. Die letzten verfügbarenDaten von Eurostat weisen ein durchschnitt-liches Defizit von 2,2 % des BIP gegenüber1,6 % im Jahr 2001 aus (siehe Tabelle 10).Die starke Ausweitung des Defizits auf einDurchschnittsniveau, wie es zuletzt 1998 ver-zeichnet wurde, ist in erster Linie auf dieschwache Konjunktur, die durch das Wirken-lassen der automatischen Stabilisatoren einenEinfluss auf die Haushaltsergebnisse ausübte,sowie auf eine ungünstige Einnahmenentwick-lung in einigen Ländern zurückzuführen. Fer-ner wirkten sich erhebliche statistische Revi-sionen der Defizitangaben für 2001, die Über-schreitung der Ausgabenziele sowie Steuer-änderungen in einer Reihe von Ländern nach-teilig auf die Haushaltssalden für das Jahr 2002aus. Fast keinem Land gelang es, die in denEnde 2001 vorgelegten Stabilitätsprogrammenfestgesetzten Haushaltsziele zu erreichen. ImSchnitt wurden die Zielsetzungen um ganze1,3 % des BIP verfehlt.

Die Entwicklung der öffentlichen Finanzenverlief in den Ländern, die schon im Jahr 2001starke Haushaltsungleichgewichte aufgewie-sen hatten, besonders ungünstig. Deutschlandverzeichnete im Jahr 2002 ein Defizit, dasdeutlich über dem Referenzwert von 3 % desBIP lag. Frankreichs Defizit belief sich – ohneBerücksichtigung der Erlöse aus der Verstei-gerung der UMTS-Lizenzen – auf 3,2 %, unddie italienische und die portugiesische Defi-zitquote waren nur geringfügig niedriger. ImNovember 2002 stellte der ECOFIN-Rat fürPortugal ein übermäßiges Defizit für das Jahr2001 fest und im Januar 2003 für Deutsch-land für das Jahr 2002. Er forderte dieUmsetzung von Maßnahmen zur Behebungdieser Überschreitung und verabschiedete,ebenfalls im Januar 2003, eine Empfehlung füreine Frühwarnung an Frankreich. Insgesamtwurde im Jahr 2002 in neun Staaten ein Defi-

zit verzeichnet, verglichen mit sechs Ländernim Jahr davor. Lediglich Belgien, Luxemburgund Finnland erzielten einen ausgeglichenenHaushalt bzw. einen Überschuss.

Der Anteil der Staatsausgaben am BIP war imEuroraum im Jahr 2002 erstmals seit 1993nicht mehr rückläufig. Er stieg um fast0,5 Prozentpunkte, worin sich unter ande-rem die aufgrund der Konjunkturschwächehöheren durch Arbeitslosigkeit bedingtenAusgaben widerspiegelten. Obgleich in be-stimmten Kategorien, wie dem Gesundheits-wesen, gewisse Ausgabenüberschreitungen zubeobachten waren, war keine allgemeine Ver-fehlung der Ausgabenziele feststellbar. DieZinsausgaben als Prozentsatz des BIP gingenim Beobachtungszeitraum nur leicht zurück.Das langsame Wachstum der Steuereinnah-men im Jahr 2002 dürfte in erster Linie aufdie schwache Konjunktur zurückzuführensein, da keine größeren Steuerreformendurchgeführt wurden. Weitere Faktoren wa-ren die umfangreichen Steuersenkungen dervorangegangenen Jahre sowie negative Effek-te im Zusammenhang mit der Entwicklungder Gewinne und der Preise für Vermögens-werte.

Die durchschnittliche Schuldenquote desEuroraums verringerte sich im Jahr 2002 um0,1 Prozentpunkte auf 69,1 % des BIP. DieDifferenz zwischen Defizit und Schulden-standsänderung, welche sich zwar im öffentli-chen Schuldenstand, nicht aber in der Defi-zitquote niederschlägt, reduzierte die öffent-liche Verschuldung um 0,2 Prozentpunkte desBIP. In Griechenland und Finnland trug dieserFaktor beträchtlich zur langsameren Rück-führung der Schuldenquote bei. In Belgien,Griechenland und Italien lag die Bruttover-schuldung der öffentlichen Haushalte nach wievor bei über 100 % des BIP. In drei der vierLänder mit einem hohen Defizit erhöhte sichdie Schuldenquote. In Italien war die Rück-führung der Schuldenquote hauptsächlich aufden erheblichen Einmaleffekt einer Finanzope-ration zurückzuführen.

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Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates

1999 2000 2001 2002

Euroraum -1,3 -1,0 -1,6 -2,2

Belgien -0,5 0,1 0,3 0,0

Deutschland -1,5 -1,4 -2,8 -3,6

Griechenland -1,8 -1,9 -1,9 -1,2

Spanien -1,2 -0,9 -0,1 -0,1

Frankreich -1,8 -1,4 -1,6 -3,2

Irland 2,3 4,3 1,1 -0,3

Italien -1,7 -1,8 -2,6 -2,3

Luxemburg 3,5 6,1 6,4 2,6

Niederlande 0,7 1,5 0,1 -1,1

Österreich -2,3 -1,9 0,3 -0,6

Portugal -2,8 -3,2 -4,2 -2,7

Finnland 2,0 6,9 5,1 4,7

Bruttoverschuldung des Staates

1999 2000 2001 2002

Euroraum 72,7 70,2 69,2 69,1

Belgien 114,9 109,6 108,5 105,4

Deutschland 61,2 60,2 59,5 60,8

Griechenland 105,1 106,2 107,0 104,9

Spanien 63,1 60,5 56,9 54,0

Frankreich 58,5 57,2 56,8 59,1

Irland 49,3 39,3 36,8 34,0

Italien 114,9 110,6 109,5 106,7

Luxemburg 6,0 5,6 5,6 5,7

Niederlande 63,1 55,8 52,8 52,6

Österreich 67,5 66,8 67,3 67,9

Portugal 54,3 53,3 55,6 58,0

Finnland 47,0 44,5 43,8 42,7

Tabelle 10Öffentliche Finanzen im Euroraum(in % des BIP)

Quellen: Angaben zum Euroraum: Eurostat und EZB.Anmerkung: Die Daten basieren auf dem ESVG 95 und beinhalten die bis zum 17. März 2003 verfügbaren Daten. Die Haushaltssal-den sind bereinigt um die Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen.

Der fiskalpolitische Kurs im Euroraum – ge-messen an der Entwicklung des konjunktur-bereinigten Primärüberschusses (auf derGrundlage von Daten der Europäischen Kom-mission) – wurde wie schon im Jahr davorauch 2002 etwas gelockert. Eine solche Lo-ckerung war in den meisten Ländern zu be-obachten. Sie war zwar allgemein auf Einnah-menausfälle zurückzuführen, doch spielte ineinigen Ländern der starke Anstieg der Aus-gaben eine wichtige Rolle. Nur in Spanien,den Niederlanden und Portugal war eineStraffung der finanzpolitischen Zügel festzu-stellen.

Solide Haushaltspositionen müssen oberstePriorität behalten

In den Stabilitätsprogrammen, die Ende 2002und Anfang 2003 vorgelegt wurden, wird fürdas laufende Jahr ein Rückgang des Defizitsim Euroraum um 0,4 Prozentpunkte auf 1,8 %des BIP angestrebt. Lediglich Österreich hat-te Ende Februar 2003 noch kein aktualisier-tes Stabilitätsprogramm vorgelegt. Die posi-tiven Auswirkungen einer Ausgabenzurück-haltung und des anhaltenden Rückgangs derZinsausgaben werden die negativen Effektedes schwachen Wirtschaftswachstums und ei-

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niger geplanter Steuersenkungen überwiegen.In einigen Ländern rühren die besseren Haus-haltsprognosen auch von der Erwartung ei-ner starken Konjunkturerholung im Jahr 2003her. Das Defizit Deutschlands, Frankreichsund Portugals soll 2003 zwar abnehmen, dürf-te aber nahe bei 3 % des BIP bleiben. Ausge-glichene Haushalte werden für Belgien undSpanien erwartet, während im Falle Finnlandsweiterhin von einem Haushaltsüberschussausgegangen wird. Andere Mitgliedstaaten er-warten für 2003 ein geringes bis moderatesDefizit. Unterstützt durch eine anhaltendekonjunkturelle Erholung und Haushaltskon-solidierung in den Ländern mit hoher Defizit-quote, wird sich das durchschnittliche Haus-haltsdefizit des Euroraums im Jahr 2004 denErwartungen zufolge auf 1,1 % des BIP verrin-gern.

Laut den Stabilitätsprogrammen soll sich derkonjunkturbereinigte Primärsaldo im Euro-raum im laufenden Jahr um rund 0,5 % desBIP und im Jahr 2004 in ähnlicher Größen-ordnung verbessern. Für die durchschnittli-che Staatsausgabenquote im Euroraum wirdangesichts der für 2003 angekündigten mode-raten Steuersenkungen eine rückläufige Ten-denz erwartet. Ein ungünstigeres gesamtwirt-schaftliches Umfeld, Ausgabenüberschreitun-gen und weitere Steuersenkungen stellenRisiken für diese Haushaltsaussichten dar.

Am 7. Oktober 2002 einigte sich die Eurogrup-pe auf eine finanzpolitische Strategie für Ländermit noch bestehenden Haushaltsungleichgewich-ten. Sie kam zu dem Schluss, dass diese Länderden strukturellen Finanzierungssaldo (d. h. denum konjunkturelle Einflüsse und gegebenenfallsMaßnahmen mit einmaliger Wirkung bereinig-ten Saldo) kontinuierlich um jährlich mindestens0,5 % des BIP verbessern müssen. Länder miteinem übermäßigen Defizit sind dazu angehal-ten, die Konsolidierung ihrer Haushalte stärkervoranzutreiben. Alle Minister bis auf einen ka-men überein, diese Strategie schon auf die Haus-halte für das Jahr 2003 anzuwenden. Darüberhinaus bestand Einigkeit darüber, dass der An-passungspfad auf realistischen Annahmen hin-sichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung undauf klar definierten Maßnahmen beruhen soll.

Von den Ländern mit noch bestehenden Un-gleichgewichten dürften Griechenland, Frank-reich und Italien den Mindestkonsolidierungs-bedarf im Jahr 2003 nicht erfüllen. Deutsch-land und Portugal hingegen dürften ihrzyklisch bereinigtes Defizit durch eine Erhö-hung der Einnahmen und eine Eindämmungder Ausgaben um mehr als 0,5 % des BIP, wiees angesichts ihres hohen Defizitniveaus er-forderlich ist, reduzieren. Österreich wies imJahr 2002 erneut ein Haushaltsungleichge-wicht auf.

Die Länder, die bereits eine solide Haushalts-position erreicht haben, sollten der Entste-hung neuer Ungleichgewichte entgegenwir-ken. Das freie Wirkenlassen der automati-schen Stabilisatoren ist sowohl bei einemKonjunkturabschwung als auch im Falle einesAufschwungs zweckmäßig. Allerdings wieseneinige dieser Länder im Jahr 2002 erneut einnicht vernachlässigbares Defizit auf. Diesmacht deutlich, wie wichtig es ist, vor allemim Hinblick auf die Sensibilität der öffentli-chen Haushalte gegenüber einer plötzlichenVeränderung des konjunkturellen Umfelds, Si-cherheitsmargen in den Haushaltspositionenaufrechtzuerhalten.

Die Einhaltung der finanzpolitischen Regelun-gen des Stabilitäts- und Wachstumspakts för-dert die wirtschaftliche Stabilität und stelltsomit eine notwendige Ergänzung einer aufPreisstabilität ausgerichteten Geldpolitik dar.Ferner sorgt die Erzielung und Beibehaltungsolider Haushaltspositionen für einen gewis-sen Spielraum, um die erwartete Belastungder öffentlichen Haushalte durch die Alte-rung der Bevölkerung bewältigen zu können.

Keine allzu großen Fortschritte bei denstrukturellen Reformen der öffentlichenFinanzen

Die aktuelle Konjunkturlage führt erneut denBedarf an strukturellen Reformen der öffent-lichen Finanzen vor Augen. Obgleich der Nut-zen der Reformen nur mittelfristig voll ausge-schöpft werden kann, würden Reformen deröffentlichen Finanzen zum gegenwärtigen

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Zeitpunkt das Vertrauen stärken und somitauch das Wirtschaftswachstum auf kürzereSicht fördern. Dies wird vor allem dann derFall sein, wenn sie Teil einer umfassendenReformstrategie sind, bei der eine Reduzie-rung der Ausgaben mit Steuersenkungen undeiner Haushaltskonsolidierung Hand in Handgehen. Haushaltsdisziplin stärkt nicht nur dasVertrauen, indem sie die Tragfähigkeit deröffentlichen Finanzen gewährleistet, sondernermöglicht es auch, die automatischen Stabi-lisatoren ungehindert wirken zu lassen (sieheKasten 6).

Insbesondere auf der Ausgabenseite sindStrukturreformen vonnöten. Zu überprüfensind unter anderem die Bereitstellung öffent-licher Güter und Dienstleistungen, die zurErhöhung des Produktionspotenzials notwen-dig sind, sowie Maßnahmen zur Beseitigungnegativer Arbeitsanreize, die durch Einkom-mensstützungsregelungen entstehen. AuchSteuerreformen spielen eine Schlüsselrolle beider Optimierung der Funktionsweise des Ar-beitsmarkts. Angesichts der Auswirkungender Bevölkerungsalterung auf die öffentlichenHaushalte sind ausgefeilte Ausgaben- undSteuerreformen eine wesentliche Vorausset-zung, um die Effizienz zu erhöhen, das Wirt-

schaftswachstum zu fördern, die Haushalts-ungleichgewichte zu reduzieren, die Tragfä-higkeit der öffentlichen Finanzen auf längereSicht zu gewährleisten und die implizite Steu-erlast künftiger Generationen zu verringern.

Derzeit findet keine nennenswerte wachs-tumsfördernde Reduzierung bzw. Umstruk-turierung der Ausgaben statt, das Ausmaßder im Jahr 2002 durchgeführten Steuerre-formen war im Vergleich zu den Vorjahrenbegrenzt, und die Stabilitätsprogramme se-hen für die kommenden Jahre graduelle Steu-ersenkungen vor. Im Hinblick auf die Alte-rung der Bevölkerung ist die Umsetzung vonMaßnahmen, die zur Tragfähigkeit der öffent-lichen Finanzen auf längere Sicht beitragen,nicht sehr weit vorangeschritten. Reformender Alterssicherungssysteme wurden nuransatzweise durchgeführt. Die Einführung undAusweitung des Angebots an kapitalgedeck-ten Rentenversicherungen, die mit der Re-form der umlagefinanzierten Altersversor-gungssysteme einhergehen und diese ergän-zen, geht nur sehr langsam voran. Insgesamthalten sich die im Hinblick auf die wachs-tumsfördernde Rolle der öffentlichen Finan-zen erzielten Fortschritte in Grenzen.

Kasten 6Öffentliche Finanzen und Stabilisierung der Konjunktur

Die öffentlichen Finanzen können die wirtschaftliche Stabilität auf unterschiedliche Weise unterstützen.

Erstens sind tragfähige öffentliche Finanzen eine wesentliche Voraussetzung für langfristige Stabilität, da

Schulden und Defizite in nicht tragbarer Höhe das Wachstum gefährden und die betreffenden Länder

letztendlich zu umfassenden Korrekturen zwingen, die die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen.

Zweitens kann die Finanzpolitik zur kurzfristigen Stabilität beitragen, indem sie konjunkturelle Schwankun-

gen glättet. Ohne staatliche Eingriffe reagiert das Budget automatisch auf konjunkturelle Schwankungen und

trägt damit zur Stabilität bei. Durch die Einhaltung des finanzpolitischen Rahmens der EU wird sowohl die

Stabilisierungsfunktion als auch die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gewahrt.

Automatische fiskalische Stabilisierung über öffentliche Ausgaben und Einnahmen

Die automatische fiskalische Stabilisierung ergibt sich aus bestimmten Merkmalen der Besteuerung und der

Sozialtransfers, rührt jedoch auch von der Resistenz größerer Staatsausgabenposten gegenüber konjunkturel-

len Schwankungen her. Steuereinnahmen entwickeln sich mehr oder weniger proportional zur Konjunktur,

d. h., sie fallen in Aufschwungphasen höher und in Abschwungphasen niedriger aus. Mit Ausnahme der durch

Arbeitslosigkeit bedingten Ausgaben sind die Staatsausgaben zum größten Teil in den Jahresetats veran-

schlagt und bleiben von Konjunkturschwankungen weitgehend unberührt. Die gesamtwirtschaftliche Nachfra-

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ge und damit auch die Konjunktur werden in einer Abschwungphase gestützt, da ein schwächeres Wirtschafts-

wachstum niedrigere Steuern für private Haushalte und Unternehmen nach sich zieht. Die Vorteile aus dem

Wirken der automatischen Stabilisatoren können nur bei tragfähigen öffentlichen Finanzen voll zur Geltung

kommen, da die Wirtschaftsakteure sonst ihr Verhalten in Erwartung der möglichen künftigen fiskalpoliti-

schen Maßnahmen anpassen würden.

Diskretionäre finanzpolitische Maßnahmen in der Regel für die kurzfristige Nachfragesteuerung

ungeeignet

In der Vergangenheit waren Versuche, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage durch finanzpolitische Maßnah-

men zu lenken, weit verbreitet, stellten sich aber häufig als kontraproduktiv heraus. Diskretionäre Maßnahmen

greifen nicht sofort und sind schwer rückgängig zu machen, was oftmals eine prozyklische Finanzpolitik zur

Folge hat. Im Gegensatz dazu gestatten automatische Stabilisatoren zeitnahe, symmetrische und vorhersehba-

re Anpassungen, da sie unmittelbar mit der Struktur der Volkswirtschaft zusammenhängen. Diskretionäre

Maßnahmen dienen hauptsächlich der Haushaltskonsolidierung und Veränderungen der Struktur der öffentli-

chen Finanzen.

Der finanzpolitische Rahmen der EU: Tragfähigkeit und Stabilisierung

Der finanzpolitische Rahmen der EU zielt in erster Linie auf die Erreichung und Wahrung einer tragfähigen

öffentlichen Finanzlage und die stabilisierende Rolle der Finanzpolitik ab. Aufgrund des EG-Vertrags sind die

Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ein übermäßiges Haushaltsdefizit zu vermeiden (Artikel 104); der entspre-

chende Referenzwert beträgt 3 % des BIP für die Defizitquote und 60 % für die Schuldenquote, sofern keine

besonderen Bedingungen vorliegen. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sichert die Stabilisierungsfunktion

der öffentlichen Finanzen innerhalb dieses Rahmens finanzpolitischer Disziplin. Mit diesem Pakt haben sich

die Länder dazu verpflichtet, das mittelfristige Ziel eines nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuss

aufweisenden Haushalts aufrechtzuerhalten, damit die Haushaltssalden mit dem Konjunkturzyklus schwanken

können, ohne ein übermäßiges Defizit zu riskieren. Zur Vermeidung einer unangemessenen prozyklischen

Finanzpolitik dürfen im Falle einer tiefen Rezession oder bei Auftreten eines außergewöhnlichen Ereignisses,

das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht, die Referenzwerte überschritten werden, ohne

dass dies ein Verfahren bei einem übermäßigen Defizit zur Folge hat.

6 Internationales gesamtwirtschaftliches Umfeld, Wechselkurseund Zahlungsbilanz

Weiterhin verhaltene Erholung derWeltwirtschaft

Nach der Verlangsamung im Jahr 2001 be-gann sich die Weltwirtschaft Anfang 2002 all-mählich zu erholen. Schätzungen zufolge be-schleunigte sich das weltweite Wachstum desrealen BIP im Vorjahrsvergleich von 2,3 % imJahr 2001 auf 3,1 % im Jahr 2002.

Beim Wirtschaftswachstum gab es weltweitsehr große Unterschiede. Tragende Kräftefür den Aufschwung waren vor allem die ro-buste Nachfrage der privaten Haushalte in

den Vereinigten Staaten, eine überwiegendexportbedingte wirtschaftliche Erholung inden asiatischen Ländern (ohne Japan) sowieein relativ nachhaltiges Wachstum in den EU-Beitrittsländern. Im Jahresverlauf 2002 gestal-tete sich die Erholung der Weltwirtschaftjedoch weniger dynamisch als erwartet, unddie Aussichten auf eine dauerhafte Erholungwurden unsicherer. Die Perspektiven für dieWeltkonjunktur wurden insbesondere durchdie Volatilität der Finanzmärkte in Mitleiden-schaft gezogen, in der sich weitere Abwärts-korrekturen der Aktienkurse sowie verstärk-te geopolitische Spannungen widerspiegelten.

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Die Erholung in den Vereinigten Staaten fielgedämpfter aus als vorhergesehen, und dieUngleichgewichte blieben vor allem bei denprivaten Haushalten und in der Leistungsbi-lanz bestehen. In Japan schwächte sich dergerade einsetzende moderate Aufschwung imzweiten Halbjahr vor dem Hintergrund desrückläufigen Wachstums der Auslandsnach-frage wieder ab. Allerdings unterstützte inder zweiten Hälfte des Jahres 2002 die ro-buste inländische Nachfrage in den asiatischenLändern (ohne Japan) das weltweite Wachs-tum und glich damit den Einfluss der etwasweniger dynamischen US-Wirtschaft und derschleppenden Konjunktur in Japan teilweiseaus.

In den Vereinigten Staaten beschleunigte sichdas BIP-Wachstum im Jahr 2002 auf 2,4 %gegenüber lediglich 0,3 % im Jahr 2001, alsdie Wirtschaft während der ersten drei Quar-tale schrumpfte. Im Zuge der Konjunkturbe-lebung wurde im Jahr 2002 ein rascher Pro-duktivitätsanstieg im gewerblichen Bereich(ohne Landwirtschaft) verzeichnet. Die ro-buste Entwicklung der Konsumausgaben derprivaten Haushalte, die auf einer starken Aus-weitung des privaten Verbrauchs und derWohnungsbauinvestitionen beruhte, leisteteim Jahr 2002 einen entscheidenden Beitragzum BIP-Wachstum. Im Vorjahrsvergleich er-höhte sich der private Verbrauch im Gesamt-jahr 2002 deutlich um 3,1 %, wenngleich erim vierten Quartal nicht mehr so stark wuchs.Der Konsum von Gebrauchsgütern –insbesondere im Kraftfahrzeugbereich – leis-tete im Sommer einen besonders großen Bei-trag zum BIP-Wachstum, was auf günstige Fi-nanzierungsbedingungen zurückzuführen ist.Die Ausgaben der privaten Haushalte stütz-ten sich in erster Linie auf die Auswirkungender Steuersenkungen, durch die sich dasWachstum des verfügbaren Einkommens imJahr 2002 auf 5,9 % beschleunigte. Eine wei-tere tragende Kraft war der dynamischeWohnungsmarkt, an dem die Wohnungsbau-investitionen von historisch niedrigen Hypo-thekenzinsen profitierten. Dadurch wurdenbis zu einem gewissen Grad die negativenVermögenseffekte im Zusammenhang mitdem Gesamtrückgang der Aktienkurse ausge-

glichen. Trotz des robusten Konsumwachs-tums war im Jahr 2002 ein Anstieg der Spar-quote – auf 3,9 % des verfügbaren Einkom-mens gegenüber 2,3 % im Jahr 2001 – zu ver-zeichnen, worin sich möglicherweise dieerhöhte Unsicherheit infolge der Turbulen-zen an den Finanzmärkten und der allmähli-chen Verschlechterung der Beschäftigungsaus-sichten widerspiegelte.

Die Unternehmensinvestitionen hingegen wa-ren 2002 wieder rückläufig. Diese Entwick-lung stand im Zusammenhang mit den relativniedrigen Unternehmensgewinnen und einergewissen Besorgnis über Unregelmäßigkeitenbei der Unternehmensführung. Bei den öf-fentlichen Konsumausgaben und Investitionenwar im Gesamtjahr 2002 nach wie vor einstarkes Wachstum zu verzeichnen, währendder Wachstumsbeitrag der Vorratsverände-rungen leicht positiv war. Das Importvolu-men stieg über weite Strecken des Jahreserheblich stärker an als das Exportvolumen.Dementsprechend weitete sich das Leistungs-bilanzdefizit im Jahr 2002 auf nahezu 5 % desBIP aus. Vor diesem Hintergrund blieben inden Vereinigten Staaten einige Ungleichge-wichte, die in den späten Neunzigerjahrenentstanden waren, bestehen, während sichdas Ungleichgewicht gegenüber der übrigenWelt weiter verschärfte (siehe Kasten 7).

Die Entwicklung der Verbraucherpreise inden Vereinigten Staaten verlief im Jahr 2002weiterhin in ruhigen Bahnen, während dasWachstum der Erzeugerpreise über weiteStrecken negativ war. Obgleich die Ölpreisestetig anstiegen, blieb der inländische Inflati-onsdruck im Jahresverlauf 2002 aufgrund dergeringen Kapazitätsauslastung und des hohenProduktivitätswachstums im Allgemeinen ver-halten. Die Teuerung, gemessen an den Ver-braucher- und Erzeugerpreisindizes, fiel imBeobachtungszeitraum auf 1,6 % bzw. -1,3 %,verglichen mit 2,8 % bzw. 2,0 % im Jahr davor.Die Teuerungsrate der Verbraucherpreiseohne Nahrungsmittel und Energie belief sichim Jahr 2002 auf 2,3 % (nach 2,7 % im Vor-jahr), wohingegen die Steigerungsrate der Er-zeugerpreise ohne Nahrungsmittel und Ener-gie von 1,4 % im Jahr 2001 auf 0,1 % im Jahr

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200262

Quelle: Bureau of Economic Analysis.

Abbildung A: Leistungsbilanz undNettoauslandsvermögensstatus derVereinigten Staaten(in % des BIP)

Quelle: US-Regierung.

Abbildung B: Kreditvergabe an die privatenHaushalte(in % des Verbrauchs)

1985 1990 1995 2000-25

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

25

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

5

Leistungsbilanz (rechte Skala)Auslandsvermögensstatus zu Marktpreisen (linke Skala)

1992 1994 1996 1998 20003

4

5

6

7

8

9

3

4

5

6

7

8

9

Kasten 7Entwicklung der Ungleichgewichte in den Vereinigten Staaten

Die Zunahme der Ungleichgewichte bei den privaten Haushalten und in der Leistungsbilanz war ein wichtiger

begleitender Faktor der anhaltenden Wachstumsperiode in den Vereinigten Staaten in der zweiten Hälfte der

Neunzigerjahre. Die lebhafte Inlandsnachfrage – die Hauptantriebskraft des vergangenen Konjunkturzyklus in

den Vereinigten Staaten – entwickelte sich zu Lasten des Schuldenstands, der sich sowohl bei den privaten

Haushalten als auch insgesamt auf nationaler Ebene vergrößerte. Diese Ungleichgewichte wurden während

der Rezession im Jahr 2001 nicht korrigiert und dürften daher einen Aufschwung beeinträchtigen.

In den letzten zehn Jahren ging die außergewöhnlich kräftige Expansion der US-Wirtschaft mit einem Anstieg

des Leistungsbilanzdefizits von 0,8 % des BIP im Jahr 1992 auf 3,9 % im Jahr 2001 und etwa 5 % im Jahr

2002 einher. Im Gegensatz zu den Erfahrungen der Vergangenheit hat sich die US-Leistungsbilanz im

Gefolge des Konjunkturabschwungs im Jahr 2001 nicht maßgeblich verbessert. Im Jahr 2002 stieg das Defizit,

nach einer kurzfristig leichten Besserung im Jahr zuvor, sogar weiter an. Die Finanzierungsstruktur des US-

Leistungsbilanzdefizits hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert. Während sich die Kapitalzu-

flüsse in den Jahren 1999 und 2000 auf den Erwerb privater Vermögenswerte, insbesondere Aktien, konzen-

triert hatten, verlagerte sich die Präferenz der Anleger ab 2001 in zunehmendem Maße auf Staatsanleihen.

Dies wirkt sich auf die Tragfähigkeit des Leistungsbilanzdefizits aus, da die Emission von Anleihen – im

Gegensatz zu Aktien – Rückzahlungsverpflichtungen mit sich bringt. Die Nettoverbindlichkeiten beim Aus-

landsvermögensstatus beliefen sich 2001 auf rund 25 % des BIP (siehe Abbildung A).

Das anhaltende Leistungsbilanzdefizit hat die Abhängigkeit der Vereinigten Staaten von umfangreichen,

kontinuierlich zufließenden Kapitalströmen deutlich erhöht. So ist erwähnenswert, dass sich in den USA in

den vergangenen zwei Jahren eine fast vollkommene Abhängigkeit von Kapitalzuflüssen am Anleihemarkt

entwickelt hat, da die Nettokapitalzuflüsse bei ausländischen Direktinvestitionen und Anlagen in Dividenden-

werten deutlich zurückgegangen sind. Die Finanzierungsstruktur dürfte sich auch auf das Tempo einer

möglichen Korrektur des Leistungsbilanzdefizits auswirken. Während die Finanzierung über Anleihen einen

im Voraus bestimmten Rückzahlungsstrom erzeugt, ist der Transfer von Einkommen im Zusammenhang mit

ausländischen Direktinvestitionen zu einem Großteil von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig.

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63EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Quelle: US-Regierung.

Abbildung C: Verschuldung der privatenHaushalte(in % des BIP)

1985 1990 1995 20000

10

20

30

40

50

60

70

0

10

20

30

40

50

60

70

EigenheimhypothekenKonsumentenkredite

Der Anstieg der Auslandsverschuldung der USA

wurde durch die höhere inländische Verschuldung,

insbesondere bei den privaten Haushalten, verstärkt.

Zwischen 1997 und 2001 nahm die jährliche Kredit-

aufnahme durch die privaten Haushalte in den Ver-

einigten Staaten stärker zu als das nominale BIP. Sie

verdoppelte sich von rund 300 Mrd USD (3,6 % des

BIP) auf 600 Mrd USD (5,7 % des BIP) und erreich-

te damit auch in realer Rechnung einen neuen Re-

kordstand. Die Kreditvergabe an private Haushalte

spielte zwar insbesondere im Jahr 2001 eine heraus-

ragende Rolle für die Robustheit des Verbrauchs,

die Kehrseite liegt jedoch in dem drastischen An-

stieg der Verschuldung der privaten Haushalte in

den USA auf rund 70 % des BIP im Jahr 2001 (siehe

Abbildung B und C). Der Schuldenstand eines

„durchschnittlichen“ privaten Haushalts in den Ver-

einigten Staaten entspricht derzeit nahezu seinem

jährlichen verfügbaren Einkommen und besteht zu

rund 75 % aus Hypothekenkrediten und zu 25 % aus

Konsumentenkrediten.

Folglich kam es in den vergangenen Jahren trotz stark rückläufiger Zinssätze zu einer beträchtlichen Erhö-

hung der Schuldendienstlast des Privatsektors auf etwa 14 % im dritten Quartal 2002, womit sie auf ihren

ehemaligen Höchststand von Mitte der Achtzigerjahre zurückkehrte. Die Schuldendienstlast des Privatsektors

wird als Anteil des von den privaten Haushalten zu leistenden Schuldendienstes (Zins- und Tilgungszahlun-

gen) an ihrem verfügbaren Einkommen definiert. Die stärkere Kreditaufnahme und der gleichzeitige Rück-

gang der Preise finanzieller Vermögenswerte trugen ebenfalls zur Abnahme des Nettovermögens der privaten

Haushalte (einschließlich Finanz- und Immobilienvermögen) in Relation zum verfügbaren Einkommen von

einem Höchststand von über 600 % Ende 1999 auf 365 % im dritten Quartal 2002 bei.

Daraus folgt, dass die binnen- und außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte während der jüngsten US-

Konjunkturabkühlung nicht nennenswert reduziert worden sind. Insbesondere verschlechterte sich der prozen-

tuale Anteil des Leistungsbilanzdefizits am BIP im Jahr 2002 um fast 1 Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr.

Darüber hinaus ließen die in den letzten zwei Jahren verzeichnete starke Zunahme der Verschuldung der

privaten Haushalte und der Rückgang deren Nettovermögens in den Vereinigten Staaten Bedenken hinsicht-

lich der Stärke und Robustheit der wirtschaftlichen Erholung aufkommen. Das Ausmaß der in- und ausländi-

schen Verschuldung hat die Anfälligkeit der US-Wirtschaft für Schocks wie z. B. ein sinkendes Anlegerver-

trauen oder eine plötzliche Eintrübung der Wachstumsaussichten erheblich verstärkt. Die Bedenken bezüglich

der Tragfähigkeit dieser Ungleichgewichte haben sich auch durch das seit 2001 erneut verzeichnete öffentli-

che Haushaltsdefizit vermehrt.

2002 sank. Die Zinssätze behielten im Jahr2002 ein historisch niedriges Niveau bei.Nachdem der Zielzinssatz für Tagesgeld imJahr 2001 um insgesamt 425 Basispunkte ge-senkt worden war, schraubte der Offen-marktausschuss der US-Notenbank diesenZinssatz im November 2002 um 50 Basis-punkte auf 1,25 % zurück. Nach diesem

Schritt änderte der Offenmarktausschuss sei-ne geldpolitische Ausrichtung („Bias“) von ne-gativ auf neutral, d. h. er ging davon aus, dassdie Risiken nunmehr ausgewogen waren. DieFiskalpolitik in den Vereinigten Staaten warim Jahr 2002 äußerst expansiv; der Saldo desUS-Bundeshaushalts wies im Haushaltsjahr2002 ein Defizit von 1,5 % des BIP aus, vergli-

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200264

chen mit einem Überschuss von 1,3 % desBIP im Haushaltsjahr 2001. Dies war im We-sentlichen auf diskretionäre haushaltspoliti-sche Maßnahmen – vor allem die graduelleUmsetzung der Mitte 2001 beschlossenenSteuersenkungen und der im März 2002 ver-abschiedeten Konjunkturstimulierungspro-gramme – zurückzuführen, sowie in geringe-rem Maße auf die automatische Reaktion desBudgets auf die konjunkturelle Entwicklung.

Die japanische Wirtschaft erlebte im erstenHalbjahr 2002 einen leichten Wiederauf-schwung, der von der Auslandsnachfrage ge-tragen wurde. Eine starke Zunahme der Ex-porte vor allem in die aufstrebenden Volks-wirtschaften Asiens schlug sich in einemdeutlichen Anstieg der Industrieproduktionnieder. Ab Mitte 2002 verlangsamte sich dasWirtschaftswachstum allerdings, da sich dieEntwicklung der Auslandsnachfrage ab-schwächte und die geopolitische Unsicher-heit zunahm. Infolgedessen verlor das Export-wachstum an Schwung, und der Beitrag desAußenhandels zum BIP-Wachstum kehrte sichim dritten Vierteljahr ins Negative, erholtesich im vierten Quartal jedoch wieder. Dieprivaten Investitionsausgaben blieben im ge-samten Jahresverlauf relativ niedrig und spie-gelten damit zum Teil anhaltende Bilanzie-rungsprobleme und Überkapazitäten im Un-ternehmenssektor sowie die Besorgnisbezüglich der Wirtschaftsaussichten wider.Insgesamt wurde ein Wirtschaftswachstumvon 0,3 % verzeichnet.

Die Deflationstendenzen hielten während desgesamten Jahres an, und der VPI sank imDurchschnitt um 0,9 %. Vor diesem Hinter-grund erhöhte die Bank von Japan das Zielfür die von ihr gehaltenen Girokontogutha-ben der Banken um 5 Billionen JPY auf 15 bis20 Billionen JPY. Daneben steigerte sie ihreendgültigen Käufe langfristiger Staatsanleihenauf monatlich 1,2 Billionen JPY. Ferner veröf-fentlichte die Bank von Japan am 11. Oktoberden detaillierten Entwurf eines Programms,wonach sie Geschäftsbanken, deren Aktien-bestände das Kernkapital übersteigen, Aktienim Wert von 2 Billionen JPY zu Marktpreisenabkaufen will, um damit zur Lösung des Pro-

blems der notleidenden Kredite beizutragenund die Finanzmarktstabilität zu sichern. EndeOktober wurde ein neuer Regierungsplan zurBewältigung des Problems der notleidendenKredite angekündigt. Der Plan zielt darauf ab,den Anteil notleidender Kredite der wich-tigsten Banken bis zum Ende des Haushalts-jahrs 2004 zu halbieren, und sieht außerdemschärfere Kriterien für die Beurteilung vonBankaktiva vor. Darüber hinaus soll unter-sucht werden, ob ein neuer Rahmen zur Un-terstützung von Finanzinstituten durch öffent-liche Mittel notwendig ist. Der Plan sieht desWeiteren die Schaffung einer neuen Instituti-on vor, die die Sanierung überlebensfähigerKreditnehmer zur Aufgabe hat. Was die Fis-kalpolitik anbelangt, so verabschiedete das ja-panische Parlament Anfang 2003 einen Nach-tragshaushalt für das Haushaltsjahr 2002. Da-mit wurden 2,5 Billionen JPY zusätzlichbereitgestellt, um das soziale Netz für Ar-beitslose auszubauen und kleine und mittel-ständische Unternehmen zu fördern.

In den asiatischen Ländern (ohne Japan) fieldie konjunkturelle Erholung im Jahr 2002 stär-ker aus als anfänglich angenommen. Dies istauf zwei fundamentale Faktoren zurückzufüh-ren. Zum einen übertraf die Auslandsnachfra-ge die Erwartungen, und zwar auch die Nach-frage nach Produkten der Informations- undKommunikationstechnologie. Außerdem lagdas Produktionswachstum in China über denErwartungen, was zu einer zunehmenden Ab-sorption der Exporte in der Region führte.Zum anderen erholte sich die inländischeNachfrage in den Ländern dieser Region inunterschiedlichem Ausmaß. Ganz allgemeintrugen günstigere Arbeitsmarktbedingungenund der Anstieg des verfügbaren Einkommens,worin sich positive außenwirtschaftliche Im-pulse widerspiegelten, in Verbindung mit demNachholbedarf der privaten Haushalte undunterstützenden politischen Maßnahmen zueiner Steigerung der inländischen Nachfragebei.

Innerhalb dieser Region waren China und Süd-korea im Jahr 2002 die Länder, deren BIP mit8 % bzw. rund 6 % im Vorjahrsvergleich amstärksten anstieg, worin sich ein breit ange-

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65EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

legtes Wachstum widerspiegelte. Am ande-ren Ende des Spektrums wiesen die SVRHongkong sowie Singapur im Berichtsjahrtrotz der im Jahr davor erfolgten Rückkehrzu positiven Wachstumsraten weiterhin ver-haltene Zuwachsraten auf (2,3 % bzw. 2,2 %),was auf den schwachen privaten Verbrauchzurückzuführen war. Der Deflationsdruck inChina und der SVR Hongkong blieb beste-hen, was unter anderem strukturellen Fakto-ren in China und dem Druck zum Ausgleichvon Faktorpreisen in der SVR Hongkongdurch die Integration mit China zuzuschrei-ben war. Die Deflation in Singapur und Tai-wan, die auf Kapazitätsüberschüsse zurückzu-führen war, ließ gegen Jahresende 2002 of-fenbar nach.

In den EU-Beitrittsländern hielt sich derWachstumsrückgang im Jahresverlauf 2002 inGrenzen. Die Auswirkungen der weltweitenKonjunkturabschwächung auf die Auslands-nachfrage waren zwar beträchtlich, doch dieBinnennachfrage und vor allem der privateVerbrauch blieben in den meisten Ländernauf hohem Niveau. Allerdings war in einerReihe von Ländern eine allgemeine Ver-schlechterung der Haushaltslage zu beobach-ten, was nur teilweise auf die ungünstigereKonjunkturlage zurückzuführen war. Das Zu-sammenwirken von negativen Produktionslü-cken, einer vorsichtigen Geldpolitik und derAufwertung der Währungen der meisten Bei-trittsländer gegenüber dem Euro trugebenfalls zur Abnahme des Inflationsdrucksbei (siehe Kapitel VI).

Nach der tiefen Rezession und der Finanzkri-se im Jahr 2001 stellte sich in der Türkei imJahr 2002 wieder ein Produktionswachstumein. Diese Erholung war ursprünglich durchdie Außenwirtschaft bedingt, die von derdeutlichen Zunahme der Wettbewerbsfähig-keit im Zusammenhang mit der starken Ab-wertung der türkischen Lira profitierte, wäh-rend bei den privaten Konsumausgaben abdem zweiten Quartal 2002 ein leicht positi-ves Wachstum zu verbuchen war. Die Ab-schwächung der Lira war jedoch maßgeblichan dem Anstieg der externen Schuldenquoteund dem vorübergehenden Auftreten von In-

flationsdruck beteiligt, der im Lauf des Jahresnachließ. Im Vorjahrsvergleich sank die Ver-braucherpreisinflation von 73 % im Januar2002 auf 30 % im Dezember und lag damitunter dem von der Zentralbank für das Jah-resende gesteckten Inflationsziel von 35 %.

Die russische Wirtschaft wies im dritten Jahrin Folge ein recht kräftiges Wachstum auf;das Wachstum des realen BIP verringerte sichnur geringfügig von 5 % im Jahr 2001 auf 4,3 %im Jahr 2002. Die Dynamik der Konsumaus-gaben blieb hoch, und das Wachstum der vonden hohen Ölpreisen gestützten Investitions-nachfrage ging zwar zurück, blieb aber posi-tiv. Der Inflationsdruck ließ etwas nach, undzwar von 18,6 % im Jahr 2001 auf rund 15 %im Berichtsjahr. Der Leistungsbilanzüber-schuss war im Jahresverlauf 2002 weiter rück-läufig, da sich das Importwachstum wesent-lich stärker erholte als das Exportwachstum.

In Lateinamerika stand das positive Produkti-onswachstum der beiden größten Staaten(Brasilien und Mexiko) im Gegensatz zur Aus-weitung der Wirtschaftskrise in Argentinien.Insgesamt stellte sich heraus, dass es um dieKonjunktur in Argentinien weitaus schlechterbestellt war als zunächst angenommen, wes-halb sich das reale Produktionswachstum derRegion ins Negative kehrte. Das reale BIPArgentiniens wies angesichts beträchtlicherBeschränkungen der Finanzströme, die die In-landsnachfrage stark beeinträchtigten, einenzweistelligen Rückgang auf. Diese Beschrän-kungen rührten auf nationaler Seite vom Ein-frieren der Bankguthaben und auf außenwirt-schaftlicher Seite daher, dass das Land – wieEnde Dezember 2001 bekannt gegeben wur-de – nach wie vor seinen Zahlungsverpflich-tungen gegenüber privaten Anlegern nichtnachkommen konnte. Die brasilianische Wirt-schaft war erheblichen Finanzmarktturbulen-zen ausgesetzt, die vom wachsenden Schul-denstand und der Besorgnis der Marktteil-nehmer über die politische Situation desLandes ausgingen. Allerdings zeigte die Wirt-schaft eine starke Widerstandsfähigkeit ge-genüber diesen Turbulenzen. Mexikos Wirt-schaft erholte sich etwas von der drastischenKonjunkturabkühlung des Jahres 2001, ge-

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200266

Abbildung 23Nominale und reale effektive Wechsel-kurse des Euro 1)

(Monats-/Quartalswerte; Index: 1999 Q1=100)

Quelle: EZB.1) Ein Anstieg des Index bedeutet eine Aufwertung des Euro.

Die letzten Monatswerte beziehen sich auf Februar 2003.Für den auf den Lohnstückkosten im verarbeitenden Ge-werbe (LSK/VG) beruhenden realen effektiven Wechselkursbeziehen sich die letzten Angaben auf das dritte Quartal2002 und sind teilweise geschätzt.

1994 1996 1998 2000 200280

85

90

95

100

105

110

115

80

85

90

95

100

105

110

115

NominalReal, VPIReal, EPIReal, LSK/VG

stützt durch weitgehend positive Entwicklun-gen in den Vereinigten Staaten, das weiterhinhohe Niveau der Ölpreise und die Abschwä-chung des Peso. Aufgrund der wirtschaftli-chen Erholung stabilisierten sich die Arbeits-marktbedingungen; die Arbeitslosenquote be-lief sich am Jahresende auf unter 3 %.

Die Brent-Rohölpreise stiegen leicht vondurchschnittlich 24,4 USD pro Barrel im Jahr2001 auf 25,0 USD im Jahr 2002 an. VonDezember 2002 bis zum 28. Februar 2003war ein starker Zuwachs auf einen Preis von33,7 USD zu verzeichnen. Ursache für denjüngsten Anstieg waren verschiedene Fakto-ren, wie etwa die kräftigere weltweite Nach-frage, die knappen Vorratsbestände an Rohölund Mineralölerzeugnissen sowie die erhöh-ten geopolitischen Spannungen. Die Preise fürRohstoffe (außer Öl) erhöhten sich ebenfalls,was vor allem durch einen Rückgang der Nah-rungsmittelerzeugung als Reaktion auf die imVorjahr niedrigeren Preise bedingt war.

Euro gewinnt im Jahr 2002 gegenüber denwichtigen Währungen an Wert

Nachdem der Euro im ersten Quartal 2002relativ stabil gewesen war, verzeichnete dernominale effektive Wechselkurs eine kräftigeAufwertung und kam deutlich über demDurchschnittsniveau des Jahres 2001 zu lie-gen (siehe Abbildung 23). Diese Entwicklungerfolgte vor dem Hintergrund gestiegenerUnsicherheit über die Wachstumsaussichtenfür die weltweit wichtigsten Wirtschaftsräu-me sowie starker Einbrüche an den internati-onalen Aktienmärkten. Insgesamt lag der no-minale effektive Wechselkurs des Euro Ende2002 fast 6 ½ % über dem Stand vom Jahres-beginn und nahezu 9 % über seinem Durch-schnittsniveau des Jahres 2001. Am 28. Feb-ruar 2003, dem Redaktionsschluss dieses Jah-resberichts, hatte der nominale effektiveWechselkurs des Euro gegenüber demDurchschnitt des Jahres 2002 um 8,3 % auf-gewertet. Die Entwicklung der realen effekti-ven Euro-Wechselkurse, die um die Unter-schiede in der Preis- und Arbeitskostenent-wicklung zwischen dem Euroraum und seinen

wichtigsten Handelspartnern bereinigt sind,bildete den nominalen Index relativ genaunach (siehe Abbildung 23). Die geringen Un-terschiede spiegeln in erster Linie die unter-schiedlichen Preis- und Arbeitskostenentwick-lungen im Euro-Währungsgebiet und in eini-gen seiner wichtigsten Handelspartner, vorallem Japan, wider.

Nachdem der Kurs des US-Dollar Ende 2001und Anfang 2002 gegenüber dem Euro weit-gehend unverändert geblieben war, wertetedie US-Währung von April bis Ende Juli 2002gegenüber dem Euro recht stark ab. Die Ver-schlechterung der Wachstumsaussichten fürdie US-Konjunktur dürfte für die recht breitangelegte Abwertung des US-Dollar mit aus-schlaggebend gewesen sein. Die am Marktherrschenden Bedenken über die Einhaltungder Rechnungslegungsstandards in den Verei-nigten Staaten erhöhten den Druck auf denDollar weiter. Nach der darauf folgenden Pha-se relativer Stabilität auf verhältnismäßig ho-hem Niveau verlor die US-Währung gegen-über dem Euro gegen Jahresende weiter anWert. Dies hing mit mehreren Faktoren zu-

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67EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Abbildung 24Leistungsbilanz und Außenhandel desEuroraums(Mrd €; saisonbereinigt)

Quelle: EZB.Anmerkung: Die Angaben beziehen sich auf die zwölf Euro-Länder. Die Salden sind über zwölf Monate kumuliert. Die An-gaben zur Ausfuhr und Einfuhr von Waren sind Monatswerte.

Leistungsbilanzsaldo (linke Skala)Außenhandelssaldo (linke Skala)Warenausfuhr (rechte Skala)Wareneinfuhr (rechte Skala)

1999 2000 2001 2002-80-60-40-20

020406080

100120140

50

60

70

80

90

100

sammen: mit der wachsenden negativen Zins-differenz gegenüber dem Euroraum, den Be-denken der Marktteilnehmer hinsichtlich desLeistungsbilanzungleichgewichts in den Verei-nigten Staaten, dem sich abzeichnenden US-Haushaltsdefizit und der Unsicherheit überdie Aussichten für das Wirtschaftswachstumin den USA. Marktanalysten zufolge habenauch die zunehmenden geopolitischen Span-nungen die US-Währung belastet. Ende 2002notierte der Euro bei 1,05 USD und damit16 % höher als zu Jahresbeginn und gut 17 %über dem Durchschnitt des Jahres 2001. Am28. Februar 2003 lag er bei 1,08 USD, d. h.14 % über seinem Jahresdurchschnitt 2002.

Nachdem der japanische Yen in den letztenMonaten des Jahres 2001 gegenüber demEuro an Wert eingebüßt hatte, blieb er überweite Strecken des Jahres 2002 relativ stabil.Im Schlussquartal des Berichtsjahrs werteteer wieder ab, was zum Teil auf die Unsicher-heit über die Wachstumsaussichten in eini-gen der wichtigsten Exportmärkte Japans undauf die am Markt herrschende Besorgnis hin-sichtlich einer Lösung der Probleme des japa-nischen Finanzsektors zurückzuführen ist.Dies führte wiederum dazu, dass die japani-schen Behörden ihre Einschätzung der Kon-junkturaussichten für die heimische Wirt-schaft nach unten revidierten. Am 31. De-zember stand der Euro bei 124,39 JPY undlag damit 4,1 % über dem Niveau zu Jahres-beginn und 14 ½ % über dem Durchschnittdes Jahres 2001. Am 28. Februar 2003 no-tierte der Euro bei 127,32 JPY, d. h. 7,8 %fester als im Jahresdurchschnitt 2002.

Nach den Terroranschlägen vom 11. Septem-ber 2001 in den Vereinigten Staaten legte derSchweizer Franken Ende 2001 gegenüber al-len wichtigen Währungen, einschließlich desEuro, zu. In den ersten drei Quartalen desJahres 2002 blieb die Schweizer Währung ge-genüber dem Euro weitgehend stabil, verteu-erte sich jedoch deutlich gegenüber dem US-Dollar. Gegen Jahresende gewann der Schwei-zer Franken gegenüber allen wichtigenWährungen angesichts der erneuten weltwei-ten Risikoscheu weiter an Boden. Ende 2002notierte der Euro bei 1,45 CHF und damit

2,1 % niedriger als zu Jahresbeginn und 3,9 %unter dem Durchschnitt des Jahres 2001. Am28. Februar 2003 lag er bei 1,46 CHF undhatte sich somit gegenüber seinem Jahres-durchschnitt 2002 kaum verändert.

Leistungsbilanz weist im Jahr 2002 einenÜberschuss aus

Die Leistungsbilanz des Euro-Währungsge-biets wies im Jahr 2002 einen Überschussvon 62,1 Mrd € aus, verglichen mit einemDefizit von 13,8 Mrd € im Jahr davor (alleAngaben beziehen sich auf die zwölf Euro-Länder). Grund hierfür war vor allem eindeutlicher Anstieg des Warenhandelsüber-schusses von 75,8 Mrd € auf 132,7 Mrd €

(siehe Abbildung 24). Die Defizite bei denErwerbs- und Vermögenseinkommen und denlaufenden Übertragungen blieben weitgehendkonstant. Die Zunahme des Warenhandels-überschusses resultierte vornehmlich aus ei-nem starken Rückgang der Einfuhrwerte inVerbindung mit einem geringen Anstieg derAusfuhrwerte.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200268

Der wertmäßige Rückgang der Wareneinfuh-ren im Jahr 2002 gegenüber dem Vorjahr hingmit der Entwicklung des Einfuhrvolumens undder Einfuhrpreise zusammen (siehe Abbildung25 und 26). Zum einen waren die Importprei-

Abbildung 25Volumen des Handels mit Ländernaußerhalb des Euroraums 1)

(Index: 2000 = 100, saisonbereinigt, gleitender Dreimonats-durchschnitt)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen auf der Basis vonEurostat-Daten.1) Die letzten Angaben beziehen sich auf November 2002 und

sind teilweise geschätzt.

EinfuhrenAusfuhren

1999 2000 2001 200270

75

80

85

90

95

100

105

110

70

75

80

85

90

95

100

105

110

Abbildung 26Durchschnittswerte des Handels mitLändern außerhalb des Euroraums 1)

(Index: 2000 = 100, saisonbereinigt, gleitender Dreimonats-durchschnitt)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen auf der Basis vonEurostat-Daten.1) Die letzten Angaben beziehen sich auf November 2002 und

sind teilweise geschätzt.

EinfuhrenAusfuhren

1999 2000 2001 200270

75

80

85

90

95

100

105

110

70

75

80

85

90

95

100

105

110

se im Jahr 2002 – vor allem aufgrund derkräftigen Aufwertung des Euro im Jahresver-lauf – niedriger. Zum anderen stagnierte dasImportvolumen im Jahr 2002 weitgehend undblieb außerdem unterhalb des Niveaus im Jahr2001. Dies war auf die gedämpfte Nachfrageim Euroraum zurückzuführen. Dafür aus-schlaggebend dürfte in erster Linie eine Ab-nahme der Ausgaben für einige importinten-sive Güter, insbesondere Investitionsgüter,gewesen sein.

Die leichte Zunahme der Warenausfuhrwer-te zwischen 2001 und 2002 hing mit einemAnstieg der Exportvolumen infolge der Bele-bung der Auslandsnachfrage im Jahresverlauf2002 zusammen. Der volumenmäßige Anstiegschlug sich allerdings nicht vollständig in denExportwerten nieder, da die Preise für Aus-fuhren in Länder außerhalb des Euro-Wäh-rungsgebiets fielen (gemessen an den Durch-schnittswertindizes). Es ist nicht auszuschlie-ßen, dass die Exporteure aus dem Euroraumihre Gewinnmargen verringerten, um so dendurch die Aufwertung des Euro bedingtenVerlust an Wettbewerbsfähigkeit wettzuma-chen.

Im Jahr 2002 wurden bei denDirektinvestitionen und Wertpapieranlagenzusammengenommen Nettokapitalzuflüsseverzeichnet

Bei den Direktinvestitionen und Wertpapier-anlagen zusammengenommen kam es zu ei-ner Umkehr von Nettokapitalabflüssen inHöhe von 63,4 Mrd € im Jahr 2001 in Netto-kapitalzuflüsse von 29,4 Mrd € im Jahr 2002(siehe Abbildung 27). Dieser Umschwung warunter anderem auf den kräftigen Rückgangder Nettokapitalabflüsse bei den Direktinves-titionen zwischen 2001 (101,5 Mrd €) und2002 (21,0 Mrd €) zurückzuführen, worinsich vornehmlich eine deutliche Verringerungder Fusions- und Übernahmeaktivitäten wi-derspiegelte. Weitere Einzelheiten zur Ent-wicklung der Fusions- und Übernahmeaktivi-täten in den vergangenen Jahren finden sichin Kasten 8. Darüber hinaus wuchsen dieNettokapitalzuflüsse durch Wertpapieranla-

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69EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Abbildung 27Nettodirektinvestitions- und-wertpapierströme des Euroraums(Mrd €; Angaben kumuliert)

Quelle: EZB.Anmerkung: Ein positives (negatives) Vorzeichen zeigt einenNettokapitalzufluss (-abfluss) an.

20012002

-160

-140

-120

-100

-80

-60

-40

-20

0

20

40

-160

-140

-120

-100

-80

-60

-40

-20

0

20

40

Jan. März Mai Juli Sept. Nov.Febr. April Juni Aug. Okt. Dez.

gen im Eurogebiet im Berichtsjahr vor demHintergrund eines weltweit starken Rück-gangs der Aktienkurse und der damit verbun-denen deutlichen Abnahme des Engagementsder Ansässigen im Euroraum in ausländischenDividendenwerten und der Investitionen Ge-bietsfremder in Wertpapiere des Euroraumsund beliefen sich schließlich auf 50,4 Mrd €.Die Ansässigen im Euro-Währungsgebiet ver-ringerten auch ihre Investitionen in ausländi-schen Schuldverschreibungen, während dasEngagement Gebietsfremder in Schuldver-schreibungen des Euroraums stark zunahm.

Augenfällig war in der Kapitalbilanz im Jahr2002, dass die allgemeinen Veränderungen imBereich der Wertpapieranlagen zunehmend

von der Entwicklung der Schuldverschreibun-gen und nicht mehr – wie noch über weiteStrecken des Jahres 2001 und zu Beginn desJahres 2002 – überwiegend von der Entwick-lung der Anlagen in Dividendenwerten be-stimmt wurden. Bei den Schuldverschreibun-gen kam es 2002 im Euroraum zu Nettokapi-talzuflüssen bei den Anleihen (21,0 Mrd €)und geringen Nettokapitalabflüssen bei denGeldmarktpapieren (9,7 Mrd €). Die welt-weite konjunkturelle Abkühlung und der star-ke Einbruch der Aktienkurse dürften zu die-sen Entwicklungen beigetragen haben. Es istbemerkenswert, dass sich die grenzüber-schreitende Anlage in Geldmarktpapieren,vermutlich aufgrund der größeren Unsicher-heit im Unternehmenssektor weltweit, aus-weitete. Insbesondere legten Ansässige imEuro-Währungsgebiet 55,6 Mrd € in aus-ländischen Geldmarktpapieren an (verglichenmit 20,7 Mrd € im Jahr 2001); ausländischeAnleger investierten im gleichen Zeitraum45,9 Mrd € in Geldmarktpapiere des Euro-raums (gegenüber 4,5 Mrd € im Jahr 2001).

Insgesamt wies die Zahlungsbilanz des Euro-raums im Jahr 2002 einen Leistungsbilanz-überschuss und zugleich hohe Nettokapital-zuflüsse bei Direktinvestitionen und Wertpa-pieranlagen aus. Ein Gegengewicht zu diesenNettokapitalzuflüssen bildeten die kurzfristi-gen Transaktionen der MFIs im Euro-Wäh-rungsgebiet (ohne Eurosystem) mit Nettoka-pitalabflüssen in Höhe von 159,4 Mrd €.Infolgedessen war bei der Nettoauslands-position der MFIs im Euroraum (ohne Euro-system) eine Umkehr von Nettoverbindlich-keiten Ende 2001 zu Nettoforderungen amJahresende 2002 zu verzeichnen.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200270

Kasten 8Entwicklung der internationalen Fusions- und Übernahmeaktivitäten im Zeitraumvon 1990 bis 2002

In den späten Neunzigerjahren und zu Beginn dieses Jahrzehnts kam es zu einem Boom bei Fusionen und

Übernahmen (M&A), vor allem bei europäischen und US-amerikanischen Firmen. Trotz eines beträchtlichen

Rückgangs seit dem Höchststand in den Jahren 2000 und 2001 sind M&A-Transaktionen zu einem wesentli-

chen Merkmal des US-amerikanischen und des europäischen Wirtschaftsraums geworden, wobei die meisten

Fusionen und Übernahmen im Technologie- und im Telekommunikationssektor stattfanden. Der vorliegende

Kasten soll einige Hauptmerkmale der jüngsten Entwicklungen in diesem Bereich aufzeigen und insbesondere

eine Analyse der bilateralen M&A-Aktivitäten zwischen dem Euro-Währungsgebiet und den Vereinigten

Staaten bieten.

Entwicklung von Umfang und Richtung der M&A-Transaktionen

Die Fusions- und Übernahmeaktivitäten1 im Euroraum und in den Vereinigten Staaten legten von 281 Mrd € im

Jahr 1990 auf einen Höchststand von mehr als 2 900 Mrd € im Jahr 2000 zu, um danach auf 673 Mrd € im Jahr

2002 zurückzugehen. Bei den meisten M&A-Transaktionen waren US-Unternehmen involviert; allein im Jahr

2000 waren sie an Geschäften im Gesamtwert von ca. 1 800 Mrd € beteiligt (siehe Abbildung A). Auch im

1990 1992 1994 1996 1998 2000 20020

250

500

750

1 000

1 250

1 500

1 750

2 000

0

250

500

750

1 000

1 250

1 500

1 750

2 000

Vereinigtes KönigreichVereinigte StaatenEuroraum

1990 1992 1994 1996 1998 2000 20020

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Transaktionen von Gebietsansässigen in den USATransaktionen von Gebietsansässigen im EuroraumTransaktionen von Gebietsfremden in den USATransaktionen von Gebietsfremden im Euroraum

Quellen: Thomson Financial und EZB-Berechnungen.

Abbildung A: Gesamtwert derFusions- und Übernahmetransaktionen(Mrd €)

Abbildung B: Geografische Verteilungder Fusions- und Übernahmetransaktionenvon Unternehmen im Euroraum und in denVereinigten Staaten(in % des Gesamtwerts)

Quellen: Thomson Financial und EZB-Berechnungen.

Euroraum war in den Neunzigerjahren eine kräftige Zunahme der M&A-Aktivitäten zu beobachten, die jedoch

weniger ins Gewicht fiel als in den Vereinigten Staaten oder auch im Vereinigten Königreich. Zwischen 1997

und 2002, als das M&A-Geschehen am lebhaftesten war, waren im Euroraum ansässige Unternehmen in

Fusionen und Übernahmen im Wert von mehr als 3 000 Mrd € bzw. 6,9 % des BIP des Euroraums involviert. Im

1 Umfassen alle Transaktionen, bei denen Unternehmen eines bestimmten Landes entweder das übernehmende oder das übernom-mene Unternehmen sind (Bruttozählung). Die M&A-Daten stammen von Thomson Financial.

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Gegensatz dazu waren US-Unternehmen an M&A-Transaktionen in Höhe von rund 6 400 Mrd € bzw. 11 % des

US-amerikanischen BIP und britische Unternehmen an M&A-Geschäften im Wert von etwa 2 000 Mrd € bzw.

22,5 % des britischen BIP beteiligt.

Vergleicht man das volumenmäßige mit dem wertmäßigen Wachstum der M&A-Tätigkeit, so ist festzustellen,

dass sich Letzteres in den vergangenen Jahren stärker beschleunigt hat. Dies deutet darauf hin, dass sich der

durchschnittliche Umfang der M&A-Geschäfte deutlich vergrößert hat. So erhöhte sich der durchschnittliche

Wert von M&A-Transaktionen mit Beteiligung von Unternehmen des Euroraums von 20 Mio € im Zeitraum

von 1990 bis 1996 auf 90 Mio € zwischen 1997 und 2002. Wenngleich der Durchschnittswert der M&A-

Geschäfte von in den USA und im Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmen ebenfalls zunahm und

weiterhin beträchtlich größer war als jener im Euroraum, fiel das diesbezügliche prozentuale Wachstum im

Euroraum höher aus als in den Vereinigten Staaten und im Vereinigten Königreich.

Eine Analyse der Richtung des M&A-Geschehens zeigt, dass der wertmäßige Anteil ausländischer M&A-

Geschäfte an den Transaktionen insgesamt die Neunzigerjahre hindurch im Eurogebiet allgemein anstieg und

in den Vereinigten Staaten konstant war. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Vereinigten Staaten und

dem Euroraum lag darin, dass in den USA der Anteil der inländischen Geschäfte viel höher war als jener der

grenzüberschreitenden M&A-Aktivitäten. Im Gegensatz dazu waren die Unternehmen im Euroraum deutlich

stärker in M&A-Geschäfte mit ausländischen Unternehmen involviert als US-Firmen, und zwar sowohl in

absoluter als auch in relativer Betrachtung (siehe Abbildung B).

Obwohl es zwischen dem In-Kraft-Treten der dritten Stufe der WWU und der Ausweitung der M&A-

Aktivitäten innerhalb des Euroraums offenbar einen gewissen Zusammenhang gibt, ist es schwierig, eine

Trennung von anderen Faktoren wie der rechtli-

chen Harmonisierung, den Fortschritten im Bereich

der Informationstechnologie und den Deregulie-

rungs- und Liberalisierungsmaßnahmen einiger

Sektoren und Märkte vorzunehmen.

Bilaterale M&A-Transaktionen zwischen demEuroraum und den Vereinigten Staaten

Bilaterale M&A-Geschäfte zwischen dem Euroge-

biet und den Vereinigten Staaten wiesen in den

vergangenen Jahren einige deutliche Unterschiede

auf. Von Unternehmen des Euroraums in den Ver-

einigten Staaten getätigte fusions- und übernahme-

bedingte Investitionen lagen in der ersten Hälfte

der Neunzigerjahre in etwa auf demselben Niveau

wie in die andere Richtung gehende Geschäfte die-

ser Art. Ab 1996 stiegen Erstere drastisch an (bis

zum Jahr 2000 um mehr als das Fünffache), wohin-

gegen bei M&A-Geschäften von US-Unternehmen

im Euroraum lediglich ein verhaltenes Wachstum

verzeichnet wurde (siehe Abbildung C). Darin zeigt

sich eine klare Asymmetrie bei den M&A-Aktivitäten zwischen dem Euro-Währungsgebiet und den Vereinig-

ten Staaten. Das rasche Wirtschafts- und Produktivitätswachstum in den USA in der zweiten Hälfte der

Neunzigerjahre sowie die vor allem im Technologiebereich boomenden US-Aktienkurse dürften zur Attrakti-

vität von US-Firmen beigetragen haben.

1990 1992 1994 1996 1998 2000 20020

20

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0

20

40

60

80

100

120

Transaktionen von Unternehmen aus dem Euroraum in den USATransaktionen US-amerikanischer Unternehmen im Euroraum

Quellen: Thomson Financial und EZB-Berechnungen.

Abbildung C: Bilaterale Fusions- undÜbernahmetransaktionen zwischen demEuroraum und den Vereinigten Staaten(Mrd €)

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200272

Bei einer sektoralen Aufgliederung der Fusions- und Übernahmeaktivitäten entfallen 58 % der Investitionen

durch US-Unternehmen im Eurogebiet auf das verarbeitende Gewerbe und damit deutlich mehr als bei den

Investitionen durch den Euroraum in das verarbeitende Gewerbe in den USA (36 %) (siehe Abbildung D).

Demgegenüber legten Unternehmen des Euroraums einen bedeutend größeren Teil in Unternehmen des US-

Finanzsektors an (25 %) als es umgekehrt der Fall

war (10 %). Der Ende der Neunzigerjahre und im

Jahr 2000 beobachtete dramatische Anstieg der

M&A-Aktivitäten im Hochtechnologiebereich2 war

überwiegend auf den Boom in der Technologiebran-

che zurückzuführen. Zwischen 1995 und 2000 war

sowohl in den Vereinigten Staaten als auch im Euro-

raum eine exponentielle Zunahme dieser Transakti-

onen zu verzeichnen. Der Anteil der im Hochtech-

nologiesektor von Unternehmen des Euroraums ge-

tätigten M&A-Transaktionen an den gesamten

M&A-Aktivitäten des Euroraums erhöhte sich von

etwa 10 % in der ersten Hälfte der Neunzigerjahre

auf 50 % im Jahr 2000. Da die Aktienkurse im Tech-

nologiebereich seit 2000 rückläufig sind, hat sich

dieser Prozentsatz beträchtlich verringert und belief

sich in den ersten neun Monaten des Jahres 2002 auf

weniger als 10 % der Transaktionen insgesamt. Nicht

nur die M&A-Aktivität insgesamt war in den USA

ausgeprägter als im Euroraum, sondern auch der An-

teil der M&A-Transaktionen im Hochtechnologie-

sektor war in den Vereinigten Staaten die meiste

Zeit deutlich höher als im Euroraum.

Unternehmen des Euroraums tätigten umfangreiche Investitionen im US-Technologiesektor, um sich Know-

how anzueignen und Marktzugang zu verschaffen. Abbildung E zeigt, dass die fusions- und übernahmebe-

Abbildung E: Bilaterale Fusions- undÜbernahmetransaktionen zwischen demEuroraum und den Vereinigten Staatenim Hochtechnologiebereich(Mrd €)

Quellen: Thomson Financial und EZB-Berechnungen.

1990 1992 1994 1996 1998 2000 20020

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15

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35

40

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50

Transaktionen von Unternehmen aus dem Euroraum in den USATransaktionen US-amerikanischer Unternehmen im Euroraum

2 Laut der in der M&A-Datenbank von Thomson Financial enthaltenen Definition besteht der Hochtechnologiesektor in ersterLinie aus verschiedenen Teilsektoren des verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs.

Abbildung D: Investitionen in Fusionen und Übernahmen (M&A) nach Sektoren(1997–2002)

Quellen: Thomson Financial und EZB-Berechnungen.

25 %

Finanzen

29 %

Dienstleistungen

36 %VerarbeitendesGewerbe

7 %

Handel

2 % Rohstoffindustrie

0 % Sonstige

M&A-Investitionen von Unternehmen aus dem Euroraum in den USA (in %)

10 %

Finanzen

29 %Dienst-leistungen

58 %Verarbeitendes

Gewerbe

2 % Handel

1 % Rohstoffindustrie0 % Sonstige

M&A-Investitionen von US-Unternehmen im Euroraum (in %)

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dingten Investitionen des Euroraums in US-amerikanische Hochtechnologiefirmen bis zum Jahr 2000 be-

trächtlich zunahmen, während die von den Vereinigten Staaten in entsprechenden Unternehmen des Euro-

raums getätigten M&A-Investitionen nur einen moderaten Anstieg verzeichneten. Im Teilsektor Telekommu-

nikation3, der sich teilweise mit der Hightechbranche überschneidet, war Ende der Neunzigerjahre ein besonders

steiler Anstieg der M&A-Aktivitäten zu beobachten. Tatsächlich erhöhte sich der Wert der mit Beteiligung

von Unternehmen des Euroraums getätigten Geschäfte von jährlich weniger als 50 Mrd € vor 1998 auf über

300 Mrd € im Jahr 1999.4 Es gilt jedoch hervorzuheben, dass die M&A-Aktivitäten im Teilsektor Telekom-

munikation in erster Linie von Firmen des Euroraums ausgingen. Darüber hinaus weitete sich der Anteil der

Transaktionen im Telekommunikationsbereich an den gesamten M&A-Investitionen im Euroraum von weni-

ger als 10 % vor 1998 auf über 50 % im Jahr 1999 aus. Dagegen gewann der Telekommunikationssektor in

den Vereinigten Staaten viel weniger stark an Bedeutung: Dort betrug der Anteil der M&A-Aktivitäten in

diesem Bereich im Jahr 1999 lediglich ungefähr 20 %.

Insgesamt geht aus der Untersuchung der sektoralen Aufgliederung und der bilateralen Geschäfte hervor, dass

der Ende der Neunzigerjahre und in den vergangenen Jahren verzeichnete Boom der M&A-Aktivitäten in

erster Linie von Übernahmen von Technologie- und Telekommunikationsfirmen durch europäische und US-

amerikanische Unternehmen getragen wurde. Seit ihrem Höchststand im Jahr 2000 haben die M&A-Aktivitä-

ten stark abgenommen und sind auf einen Stand zurückgekehrt, der mit dem Mitte der Neunzigerjahre

verzeichneten Niveau vergleichbar ist. Dieser Rückgang war sowohl im Euroraum als auch in den Vereinigten

Staaten im Hightechsektor besonders deutlich spürbar.

3 Der Teilsektor Telekommunikation zählt gemäß Definition in der M&A-Datenbank von Thomson Financial teilweise zumHightechsektor.

4 Die Übernahme von Mannesmann durch Vodafone machte im Jahr 1999 einen großen Teil des M&A-Transaktionswerts indiesem Sektor aus. Allerdings nahmen die M&A-Aktivitäten auch ohne Berücksichtigung dieser großen Übernahme deutlich zu.

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Das Regierungsgebäude der Provinz NiederländischLimburg in Maastricht, in dem der EZB-Rat tagte

Pressekonferenz im Anschluss an die EZB-Ratssitzung in Maastricht am 7. Februar 2002 anlässlich deszehnten Jahrestags der Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht; Präsident Duisenberg kündigt für 2003seinen Rücktritt an

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Zentralbankoperationen

Kapitel II

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200276

1 Durchführung der Geldpolitik

1.1 Überblick

Das Instrumentarium für die Durchführungder gemeinsamen Geldpolitik funktionierte imJahr 2002 effizient. Die Hauptkomponenten(Offenmarktgeschäfte, ständige Fazilitäten,Mindestreservesystem) blieben unverändert,und auch an der dezentralen Umsetzung undAbwicklung der Geldpolitik durch die NZBenhat sich nichts geändert.1

Die Refinanzierung des Bankensektors läufthauptsächlich über die wöchentlichen Haupt-refinanzierungsgeschäfte (HRGs) des Eurosys-tems. Diese in der Regel auf zwei Wochenbefristeten Geschäfte spielen eine Schlüssel-rolle bei der Liquiditätssteuerung und der Sig-nalisierung des geldpolitischen Kurses. Inmonatlichem Abstand tätigt das Eurosystemaußerdem längerfristige Refinanzierungsge-schäfte (LRGs) mit einer Laufzeit von dreiMonaten, die keine Signalwirkung für dengeldpolitischen Kurs haben. Zusätzlich zu die-sen regelmäßigen Offenmarktgeschäften rea-gierte das Eurosystem im Jahr 2002 mit dreiFeinsteuerungsoperationen auf unerwarteteLiquiditätsschwankungen.

Die zwei ständigen Fazilitäten des Eurosys-tems – die Spitzenrefinanzierungsfazilität unddie Einlagefazilität – dienen der Bereitstellungbzw. Abschöpfung von Liquidität jeweils biszum nächsten Geschäftstag. Ihre Zinssätzehaben eine geldpolitische Signalfunktion undbilden die Ober- bzw. Untergrenze für denTagesgeldsatz.

Darüber hinaus schreibt das Eurosystem denKreditinstituten die Haltung von Mindestre-serven in Höhe von 2 % des Wertes bestimm-ter kurzfristiger Verbindlichkeiten vor. Diese– voll verzinslichen – Mindestreserveeinlagendienen der Stabilisierung der kurzfristigenGeldmarktzinsen und der Verstärkung desstrukturellen Liquiditätsdefizits des Banken-sektors gegenüber dem Eurosystem. Der sta-bilisierende Effekt ergibt sich dadurch, dassdas Mindestreserve-Soll lediglich im Durch-schnitt der einmonatigen Erfüllungsperioden

erreicht werden muss („Durchschnittserfül-lung“); so wird verhindert, dass kurzfristigeLiquiditätsschocks voll auf die kurzfristigenZinsen durchschlagen. Im Normalfall kann da-her das Eurosystem seine Offenmarktaktivi-täten auf die wöchentlichen Hauptrefinanzie-rungsgeschäfte und die monatlichen länger-fristigen Refinanzierungsgeschäfte beschränken.

Das geldpolitische Instrumentarium ermög-licht einem großen Kreis von Geschäftspart-nern die Teilnahme an den geldpolitischenGeschäften des Eurosystems. Im Prinzip hatjedes mindestreservepflichtige KreditinstitutZugang zu den ständigen Fazilitäten und zuden im Standardtenderverfahren abgewickel-ten Offenmarktgeschäften. Die Definitionder mindestreservepflichtigen Kreditinstitutewurde übrigens mit der E-Geld-Richtlinie,2 dievon den Mitgliedstaaten bis zum 27. April2002 umzusetzen war, auf E-Geld-Instituteausgedehnt.

Im Sinne einer effizienten Durchführung dergeldpolitischen Geschäfte müssen die Ge-schäftspartner neben den allgemeinen Zulas-sungsbedingungen auch sämtliche von denNZBen des Euroraums vertraglich oder nor-mativ festgelegten verfahrenstechnischen Kri-terien erfüllen. Ende 2002 stand die Einlage-fazilität 3 245 der 6 926 mindestreservepflich-tigen Kreditinstitute des Euroraums zurVerfügung, die Spitzenrefinanzierungsfazilität2 867 Instituten. Zu Offenmarktgeschäften imRahmen von Standardtendern waren 2 320Kreditinstitute zugelassen, von denen nur 763tatsächlich Gebote für mindestens ein HRGbzw. 400 für mindestens ein LRG abgaben.Die Teilnahme an Feinsteuerungsoperationenwar einem ausgewählten Kreis von 141 Kre-ditinstituten vorbehalten. Gegenüber demStand zum Jahresende 2001 ist die Zahl der

1 Eine umfassende Darstellung des geldpolitischen Instrumentari-ums findet sich in der EZB-Publikation „Die einheitliche Geldpoli-tik im Euro-Währungsgebiet – Allgemeine Regelungen für diegeldpolitischen Instrumente und Verfahren des Eurosystems“vom April 2002.

2 Richtlinie 2000/46/EG des Europäischen Parlaments und desRates vom 18. September 2000 über die Aufnahme, Ausübungund Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten.

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mindestreservepflichtigen Kreditinstitute in-folge des anhaltenden Konsolidierungsprozes-ses im Bankensektor um 293 zurückgegangen.

1.2 Liquiditätsmanagement

Dem Liquiditätsmanagement des Eurosystems– und dabei wiederum der Schätzung des Li-quiditätsbedarfs des Bankensektors – kommt

eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung dergemeinsamen Geldpolitik zu. In diese Schät-zung fließen die folgenden Faktoren ein: dasMindestreserve-Soll, die Überschussreserven(hier als durchschnittliche Giroguthaben wäh-rend der Mindestreserve-Erfüllungsperiodeabzüglich Mindestreserve-Soll definiert) undautonome Faktoren. Bei Letzteren handelt essich um Positionen in der Zentralbankbilanz,deren Höhe die Zentralbank nicht direkt be-

Abbildung 28Liquiditätsfaktoren und Inanspruchnahme der ständigen Fazilitäten im Euroraumim Jahr 2002(Mrd €)

Quelle: EZB.

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5

10

Guthaben auf GirokontenAutonome FaktorenMindestreserve-Soll

SpitzenrefinanzierungsfazilitätEinlagefazilität

Liquiditätsfaktoren

Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.

23. Dezember: 18,7

Ständige Fazilitäten

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200278

Kasten 9Öffentliches Konsultationsverfahren über Maßnahmen zur Verbesserung derEffizienz des geldpolitischen Handlungsrahmens

Am 7. Oktober 2002 eröffnete das Eurosystem ein öffentliches Konsultationsverfahren im Bankensektor des

Euroraums über verfahrenstechnische Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz des geldpolitischen Hand-

lungsrahmens.

Dabei wurden drei Maßnahmen zur Diskussion gestellt:

1) eine zeitliche Veränderung der Mindestreserve-Erfüllungsperiode, d. h. eine Verschiebung des Beginns der

Erfüllungsperiode auf den Abwicklungstag des ersten Hauptrefinanzierungsgeschäfts (HRG) nach der

EZB-Ratssitzung, bei der turnusgemäß der geldpolitische Kurs erörtert wird. Damit würden neue Zinssätze

für die ständigen Fazilitäten grundsätzlich ab Beginn einer neuen Mindestreserve-Erfüllungsperiode gel-

ten,

2) eine Verkürzung der Laufzeit der HRGs von zwei Wochen auf eine Woche und

3) eine Aussetzung der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (LRGs).

Für eine Verschiebung der Mindestreserve-Erfüllungsperiode sprachen zwei Dinge: Erstens würden damit die

Zinserwartungen nicht so stark auf das Bietungsverhalten der Geschäftspartner bei den HRGs durchschlagen,

und zweitens wäre damit die Wahrscheinlichkeit geringer, dass die Erfüllungsperiode an einem TARGET-

Feiertag beginnt oder endet (was für die Banken mit potenziellen Kosten für die Feinsteuerung des Liquidi-

tätsmanagements über die ständigen Fazilitäten verbunden ist).

Die Verkürzung der HRG-Laufzeit ist eine Begleitmaßnahme, mit der eine Überschneidung der HRG-

Laufzeit mit zwei Mindestreserve-Erfüllungsperioden und somit eine Beeinflussung durch Zinserwartungen

für die nächste Erfüllungsperiode verhindert werden soll.

Die Aussetzung der LRGs wurde im Sinne einer möglichst effizienten Umsetzung der Geldpolitik erwogen,

weil das rückläufige Interesse Zweifel aufkommen ließ, ob die LRGs überhaupt noch die Rolle spielen, die

ihnen ursprünglich zugedacht war.

Rückmeldungen zu diesen Vorschlägen kamen von Banken unterschiedlichster Größe und aus den verschie-

densten Teilen des Euroraums. Während die ersten zwei Anregungen auf breite Zustimmung stießen, zeigte

sich, dass die LRGs sehr wohl noch von vielen Eurosystem-Geschäftspartnern zur Liquiditätsbeschaffung

genutzt werden, weshalb der dritte Vorschlag überwiegend abgelehnt wurde.

Im Januar 2003 beschloss der EZB-Rat, ab dem ersten Quartal des Jahres 2004 die Mindestreserve-Erfül-

lungsperiode zu verschieben und die HRG-Laufzeit zu verkürzen. Eine Aussetzung der LRGs wurde dagegen

verworfen.

einflussen kann; dazu zählen z. B. der Bank-notenumlauf, die Einlagen der öffentlichenHaushalte und die Netto-Fremdwährungspo-sition.

Das Mindestreserve-Soll und die Höhe derÜberschussreserven sind im Allgemeinenziemlich genau bekannt; die – volatileren –autonomen Faktoren können die Geschäfts-

partner hingegen nicht so leicht einschätzen.Um ihnen eine Orientierungshilfe bei der Ge-botserstellung für Offenmarktgeschäfte zubieten, veröffentlicht die EZB daher wöchent-lich eine Prognose über die Durchschnittshö-he der autonomen Faktoren. Der durch-schnittliche absolute Prognosefehler lag imJahr 2002 bei 1,8 Mrd € und somit unter demVergleichswert des Vorjahres (1,9 Mrd €).

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79EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Insgesamt waren im Jahr 2002 die Guthabender öffentlichen Haushalte bei den NZBenerneut die volatilsten und am schwierigstenabzuschätzenden autonomen Faktoren.Allerdings erwies sich nach der Euro-Bargeld-umstellung im Januar 2002 auch die Einschät-zung des Banknotenumlaufs als kompliziert.Es gab nämlich eine stärkere Nachfrage nachden neuen Euro-Banknoten als vom Eurosys-tem erwartet, während der Rückfluss der al-ten nationalen Banknoten etwas hinter denErwartungen zurückblieb. Daher waren diePrognosefehler beim gesamten Banknotenum-lauf im Januar 2002 rund viermal so hoch wieim Durchschnitt. Als Reaktion auf den uner-warteten Liquiditätsbedarf, der sich aus dervorübergehend stärkeren Nachfrage nachBanknoten ergab, führte das Eurosystem zweiliquiditätszuführende Feinsteuerungsoperatio-nen durch. Zudem aktualisierte die EZB ihrePrognosen für die autonomen Faktoren inkürzeren Abständen, um die Marktteilnehmerfür die ungewöhnliche Entwicklung in der Li-quiditätsversorgung zu sensibilisieren. ImMärz 2002 hatten sich die Prognosefehlerbeim Banknotenumlauf wieder bei den Nor-malwerten eingependelt.

Ungeachtet des grundsätzlich positiven Resü-mees über die Effektivität des geldpolitischenInstrumentariums seit der Einführung desEuro im Jahr 1999 startete das Eurosystemim Oktober 2002 ein öffentliches Konsultati-onsverfahren über Maßnahmen zur Verbes-serung der Effizienz des geldpolitischen Hand-lungsrahmens (siehe Kasten 9).

1.3 Offenmarktgeschäfte

Im Jahr 2002 stellte das Eurosystem im Zugevon 53 Hauptrefinanzierungsgeschäften miteiner durchschnittlichen Zuteilungshöhe von67 Mrd € insgesamt 71 % des gesamten Refi-nanzierungsvolumens bereit. Sämtliche HRGswurden als Zinstender nach dem amerikani-schen Zuteilungsverfahren mit einem Min-destbietungssatz abgewickelt. Bei diesem Ver-fahren werden alle Gebote, die über demmarginalen Zuteilungssatz – dem niedrigstenakzeptierten Zinssatz – liegen, zum jeweili-

gen Bietungssatz zur Gänze berücksichtigt,die zum marginalen Zuteilungssatz abgegebe-nen Gebote hingegen nur anteilmäßig. Auf-grund der Dynamik des Zinstenders und desamerikanischen Verfahrens liegen die Zutei-lungssätze (d. h. der marginale Zuteilungssatzund der gewichtete Durchschnittssatz) in derRegel über dem Mindestbietungssatz. Nach-dem im Lauf des Jahres 2002 die Wahrschein-lichkeit von Zinserhöhungen als nichtbesonders hoch eingestuft wurde, blieb derdurchschnittliche Abstand zwischen dem mar-ginalen Zuteilungssatz und dem Mindestbie-tungssatz mit 4,8 Basispunkten eher gering.Wie schon im Vorjahr lagen der gewichteteDurchschnittssatz und der marginale Zutei-lungssatz im Schnitt nur 1,4 Basispunkteauseinander, was dafür spricht, dass die Ge-schäftspartner die Zuteilungsbeträge undZuteilungssätze sehr gut und mit großerSicherheit abschätzen können.

Im Jahr 2002 schrumpfte der durchschnittli-che Bieterkreis bei HRGs um 25 % auf 307Geschäftspartner, obwohl das gesamte Bie-tungsaufkommen im Durchschnitt fast dop-pelt so hoch blieb wie das Zuteilungsvolu-men. Dass sich somit weniger Banken direktbeim Eurosystem refinanzierten, erwies sichim Hinblick auf die Versorgung der einzelnenKreditinstitute mit Zentralbankgeld offen-sichtlich als unproblematisch. Sowohl bei denHauptrefinanzierungsgeschäften als auch amTagesgeldmarkt gibt es nach wie vor einenstarken Wettbewerb um Liquidität. Für dierückläufige Beteiligung bei den HRGs dürftedas Zusammenspiel mehrerer Faktoren aus-schlaggebend sein: Angesichts des Konsoli-dierungsprozesses unter den Banken des Eu-roraums, der zunehmenden Konzentrationdes Treasury-Managements innerhalb der ein-zelnen Bankenkonzerne sowie der gesteiger-ten Effizienz auf dem Geldmarkt haben an-scheinend weniger Geschäftspartner Bedarfan einer direkten Refinanzierung über dasEurosystem.

Zusätzlich zu den wöchentlichen Hauptrefinan-zierungsgeschäften führt das Eurosystem mo-natlich längerfristige liquiditätszuführende Re-finanzierungsgeschäfte durch. Der Anteil dieser

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200280

jeweils auf drei Monate befristeten Geschäfteam gesamten Refinanzierungsvolumen betrug imJahr 2002 im Jahresdurchschnitt 29 %. Im Ge-gensatz zu den HRGs haben die LRGs grund-sätzlich weder den Zweck, die Liquiditätsver-sorgung zu steuern, noch sollen damit demMarkt Signale über die geldpolitische Ausrich-tung gegeben werden. Daher werden die LRGsals reine Zinstender unter Ankündigung des Zu-teilungsvolumens ausgeschrieben und nach demamerikanischen Zuteilungsverfahren abgewi-ckelt. Das Zuteilungsvolumen war im erstenHalbjahr 2002 jeweils mit 20 Mrd € festgelegt;für die zweite Jahreshälfte wurde es per EZB-Ratsbeschluss vom 10. Juli 2002 auf 15 Mrd €herabgesetzt. Durchschnittlich beteiligten sich186 Geschäftspartner an den LRGs, was einemRückgang um 17 % gegenüber dem Jahr 2001gleichkommt. Die Gründe für den Rückgang wa-ren ähnlich gelagert wie im Fall der HRGs.

Verglichen mit den HRGs war die Streuungder Gebote bei den LRGs generell höher, vorallem, weil kein Mindestbietungssatz vorge-geben wird und die Laufzeit länger ist. ImJahresdurchschnitt 2002 lag der gewichteteDurchschnittssatz 1,9 Basispunkte über demmarginalen Zuteilungssatz (2001: 2,7 Basis-punkte). Das Verhältnis der Summe der Ge-bote zum Zuteilungsvolumen reduzierte sichtrotz des kleineren Bieterkreises nur wenigauf eine Quote von durchschnittlich 2,1.

Wie schon erwähnt führte das Eurosystemam 4. und am 10. Januar 2002 eine Feinsteue-rungsoperation durch, weil der tatsächlicheLiquiditätsbedarf nach der Euro-Bargeldum-stellung die Erwartungen überstiegen hatte.Diese bis zum nächsten Geschäftstag befris-teten Operationen wurden als Zinstender zudem gleichen Mindestbietungssatz wie daszuletzt durchgeführte HRG (3,25 %) abgewi-ckelt. Beim ersten Geschäft wurden 25 Mrd €und beim zweiten 40 Mrd € zugeteilt, wobeisich 61 bzw. 63 Banken an den Transaktionenbeteiligten. Beim ersten Schnelltender ergabsich ein marginaler Zuteilungssatz von 3,30 %und ein gewichteter Durchschnittssatz von3,32 %; beim zweiten Schnelltender lagen dieWerte mit 3,28 % bzw. 3,30 % geringfügigdarunter.

Außerdem wurde am 18. Dezember 2002 eineauf sechs Tage befristete liquiditätszuführendeFeinsteuerungsoperation durchgeführt, undzwar als Zinstender zu einem Mindestbietungs-satz von 2,75 %. Dabei gaben 50 Geschäftspart-ner Gebote ab, und 10 Mrd € wurden zu einemmarginalen Zuteilungssatz von 2,80 % und ei-nem gewichteten Durchschnittssatz von 2,82 %zugeteilt. Nachdem die Geschäftspartner beimletzten HRG der laufenden Mindestreserve-Erfüllungsperiode (zugeteilt am 17. Dezember)nicht genug geboten hatten, um ihr Mindestre-serve-Soll erfüllen zu können, wollte das Euro-system mit dieser Feinsteuerungsoperation derdaraus resultierenden Liquiditätsknappheit ge-gensteuern. Völlig ausgeglichen wurde das Li-quiditätsdefizit mit dem Zuteilungsvolumenallerdings nicht; es ging der EZB dabei auchdarum, genügend Anreize für die Geschäftspart-ner zu belassen, damit sie bei den Hauptrefinan-zierungsgeschäften ausreichend hohe Geboteabgeben.

1.4 Ständige Fazilitäten

Die ständigen Fazilitäten werden von den Ban-ken im Allgemeinen aus zwei Gründen ge-nutzt. Erstens kann es generell zu einem Li-quiditätsungleichgewicht kommen, bei demder Bankensektor in seiner Gesamtheit imVerhältnis zum gesamten Mindestreserve-Sollmit Liquidität über- oder unterversorgt ist.Kommt es zu einer solchen Über- oder Un-terversorgung, nachdem die Zuteilung im letz-ten HRG einer Mindestreserve-Erfüllungspe-riode bereits erfolgt ist, muss das Bankensys-tem die Spitzenrefinanzierungsfazilität bzw.die Einlagefazilität in Anspruch nehmen. Der-artige generelle Ungleichgewichte erklären dieAusreißer in der unteren Grafik der Abbil-dung 28. Zweitens kann es vorkommen, dasseinzelne Institute aufgrund unerwarteter Zah-lungsströme gegen Geschäftsschluss – wennder Geldmarkt nicht mehr liquide ist – dieständigen Fazilitäten nutzen müssen. Dieskann jederzeit während der Erfüllungsperio-de geschehen, wenn unerwartete Liquiditäts-ströme trotz der Möglichkeit zur Durch-schnittserfüllung aus irgendeinem Grund wei-tere Dispositionen erfordern.

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Im Jahr 2002 wurden die ständigen Fazilitätensowohl generell als auch individuell wenigerstark genutzt, wobei insgesamt die Inan-spruchnahme der Spitzenrefinanzierungsfazi-lität um 32 % und der Einlagefazilität um 64 %gegenüber 2001 zurückging. Generell wur-den die ständigen Fazilitäten vor allem des-wegen weniger stark genutzt, weil es im Jahr2002 nur einmal – in einem relativ geringenAusmaß – zu Unterbietungen kam, aber auchweil die Liquiditätsbedarfsprognosen des Eu-rosystems präziser waren. Die individuelleNutzung der ständigen Fazilitäten durch ein-zelne Institute ist seit Anfang 1999 rückläufig;im Jahr 2002 ergab sich ein Tagesdurchschnittvon 0,1 Mrd €. Die Erklärung dafür dürfte ineinem effizienteren Liquiditätsmanagementder Geschäftspartner liegen.

1.5 Das Mindestreservesystem

Im Jahr 2002 lag das Mindestreserve-Soll derKreditinstitute des Euroraums im Schnitt bei129,9 Mrd €. Dies entspricht zwar einemZuwachs von 5,9 Mrd €, insgesamt war dieTendenz im Jahresverlauf allerdings rückläu-fig. Die absoluten Werte lagen zwischen 131,7Mrd € (in der am 23. Februar 2002 abgelau-fenen Erfüllungsperiode) und 127,7 Mrd € (inder Erfüllungsperiode, die am 23. Oktoberendete). Die durchschnittliche monatlicheMindestreservebasis, auf die der Mindestre-servesatz von 2 % angewendet wird, stieggegenüber dem Jahr 2001 um 3,5 %, alsodeutlich geringer als in den Vorjahren.

Von den 6 926 Ende 2002 reservepflichtigenKreditinstituten hielten 4 432 ihre Mindest-reserven direkt bei der jeweiligen NZB desEurosystems und die übrigen Institute indi-rekt bei einem Mittler. Die Giroguthaben derBanken schwankten während des Jahres 2002zwischen 109,1 Mrd € und 161,7 Mrd €, wasdarauf hindeutet, dass stets ein solider Pufferfür unerwartete Liquiditätsabflüsse bestand(siehe Abbildung 28, obere Grafik). Haupt-sächlich dank der Durchschnittserfüllung fürdas Mindestreserve-Soll war die Volatilität desEONIA (Euro Overnight Index Average) auchim Jahr 2002 niedrig. Die Standardabweichung

der täglichen Veränderungen betrug nur 12Basispunkte, was im internationalen Vergleichund angesichts der wenigen Feinsteuerungs-operationen recht gering ist. Der Vergleichs-wert für das Jahr 2001 liegt bei 15 Basispunk-ten. Somit erfüllte das Mindestreservesystemim Jahr 2002 erfolgreich seine zwei Haupt-funktionen – die Stabilisierung der Geldmarkt-zinsen und die Verstärkung des strukturellenLiquiditätsdefizits des Bankensektors.

Im Berichtsjahr wurden pro Erfüllungsperio-de durchschnittlich 28 Verstöße gegen dieMindestreservebestimmungen gezählt, wobeider tägliche Fehlbetrag im Schnitt bei10,5 Mio € lag. In der Hälfte der Fälle ging esum kleine Beträge, mit Strafzinsen unter500 €. Gröbere Verstöße gab es jedoch auch;in 13 Fällen wurden Strafzinsen von über10 000 € verhängt. Die meisten der säumi-gen Kreditinstitute räumten ihren Irrtum ein,zehn jedoch erhoben Einspruch, was zur Fol-ge hatte, dass das Direktorium der EZB mitdieser Frage befasst werden musste.

1.6 Refinanzierungsfähige Sicherheiten

Sämtliche Kreditgeschäfte des Eurosystemsmüssen laut ESZB-Satzung ausreichend besi-chert sein. Das Besicherungsmodell des Eu-rosystems ist darauf ausgelegt, das Eurosys-tem vor Verlusten aus seinen geldpolitischenGeschäften und Zahlungsverkehrstransaktio-nen zu schützen (siehe auch Kapitel III), dieGleichbehandlung der Geschäftspartner zugewährleisten und die operative Abwicklungmöglichst effizient zu gestalten. Für die zurBesicherung von Refinanzierungsgeschäftendes Eurosystems verwendeten Instrumentegelten gemeinsame Zulassungskriterien.Gleichzeitig ist das System flexibel genug, umunterschiedlichen Zentralbankgepflogenhei-ten und strukturellen Unterschieden an denFinanzmärkten der Euro-Länder Rechnung zutragen und sicherzustellen, dass für die Refi-nanzierungsgeschäfte des Eurosystems in aus-reichendem Maß angemessene Sicherheitenzur Verfügung stehen. In Anlehnung an Arti-kel 102 EG-Vertrag – der es Finanzinstitutenverbietet, öffentlichen Stellen einen bevor-

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rechtigten Zugang einzuräumen – soll das Be-sicherungsmodell hinsichtlich des öffentlichenoder privatwirtschaftlichen Status der Emit-tenten keinen Unterschied machen.

Zur Besicherung von Refinanzierungsgeschäf-ten des Eurosystems ist angesichts der un-terschiedlichen Struktur der Finanzmärkte inden Euro-Ländern eine breite Palette von In-strumenten zugelassen, wobei zwischen Ka-tegorie-1-Sicherheiten und Kategorie-2-Si-cherheiten unterschieden wird. Diese Ab-grenzung stellt keine Abstufung derSicherheiten im Hinblick auf ihre Eignung zurBesicherung der verschiedenen Geschäftsty-pen dar, außer dass der Einsatz von Katego-rie-2-Sicherheiten bei endgültigen Käufen undVerkäufen (die derzeit nicht durchführt wer-den) eigentlich nicht vorgesehen ist. Zur Ka-tegorie 1 zählen marktfähige Schuldtitel, dieeinheitliche, von der EZB festgelegte Zulas-sungskriterien erfüllen. In die Kategorie 2 fal-len Sicherheiten, die für die nationalen Fi-nanzmärkte und Bankensysteme von beson-

derer Bedeutung sind; die Zulassungskriteri-en dafür werden von den NZBen auf Basisder geltenden Mindestkriterien ausgearbeitetund sind von der EZB zu billigen. Kategorie-2-Sicherheiten können marktfähige oder nichtmarktfähige Schuldtitel oder auch Aktien sein.

Kategorie-1-Sicherheiten (zu denen aus-schließlich Schuldtitel zählen) sind in ersterLinie Staatspapiere (Staatsanleihen bzw. vonanderen Gebietskörperschaften und Sozial-versicherungsträgern begebene Wertpapiere)und Sicherheiten vom Typ des Pfandbriefs,die von Banken emittiert wurden und entwe-der durch Wohnungsbauhypotheken oderSchuldtitel der öffentlichen Hand gedecktsind. Am stärksten vertreten sind Staatsanlei-hen sowie Pfandbriefe und vergleichbareWertpapiere (siehe Abbildung 29). Zur Kate-gorie 1 zählen ferner Wertpapiere, die voninternationalen und supranationalen Instituti-onen sowie von Emittenten des privaten Sek-tors begeben wurden (d. h. ungedeckte Bank-schuldverschreibungen, Unternehmensanlei-

Abbildung 29Zur Besicherung von Eurosystem-Kreditgeschäften zugelassene Kategorie-1-Sicherheiten(Monatsendstände; Mrd €)

Quelle: EZB.

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UnternehmenspapiereBankwerteStaatspapiere

März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. Sept. Dez.März Juni

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hen und forderungsunterlegte Wertpapieremit Ausnahme von Pfandbriefen oder ver-gleichbaren Wertpapieren). Besonders derAnteil der Unternehmenspapiere ist seit 1999erheblich gewachsen. Zur Kategorie 2 gehö-ren neben marktfähigen Sicherheiten auchnicht marktfähige Schuldtitel, wie Bankkredi-te, Handelswechsel und hypothekarisch gesi-cherte Solawechsel.

Insgesamt waren Ende 2002 zur Besicherungvon Kreditgeschäften des Eurosystems Kate-gorie-1-Sicherheiten im Wert von 6,9 Billio-nen € zugelassen (Ende 2001: 6,6 Billionen €).Der Gesamtbestand marktfähiger Kategorie-2-Sicherheiten schrumpfte von 340 Mio € imJahr 2001 auf 265 Mio € im Jahr 2002, haupt-sächlich aufgrund der Aktienmarktentwick-lungen.3 Somit stieg der Anteil der Katego-rie-1-Werte an den refinanzierungsfähigen Si-cherheiten bis Jahresende 2002 auf 96 %.

Insgesamt hatten die Geschäftspartner Ende2002 zur Besicherung ihrer Refinanzierungs-geschäfte beim Eurosystem Sicherheiten imWert von 700 Mrd € hinterlegt, gegenüber720 Mrd € Ende 2001. Dabei blieb der Anteilder Bankwerte gegenüber dem Jahresende2001 unverändert bei 52 %. Eine gleich blei-bende Tendenz war auch bei den – wenigerstark genutzten – Unternehmensanleihen zubeobachten, während der Anteil der Staats-papiere rückläufig war. Der Anteil nichtmarktfähiger Bankforderungen liegt seit vierJahren relativ stabil bei rund 4 % aller hinter-legten Sicherheiten.

Die Geschäftspartner des Eurosystems kön-nen refinanzierungsfähige Sicherheiten grenz-überschreitend nutzen; das heißt, sie könnenzur Refinanzierung bei ihrer nationalen Zen-tralbank auf Sicherheiten zurückgreifen, diesie in einem anderen Land des Eurogebietshinterlegt haben. Technisch möglich gemachtwird dies – bei allen liquiditätszuführendenGeschäften des Eurosystems – durch das Kor-respondenzzentralbank-Modell (CCBM) bzw.durch Direktverbindungen zwischen denWertpapierabwicklungssystemen, die nach-weislich den Standards des Eurosystems ent-sprechen. Das CCBM kann für alle refinanzie-

3 Die Angaben zu den Schuldtiteln sind Nominalwerte, die Anga-ben zu den Aktienbeträgen Marktwerte.

rungsfähigen Sicherheiten verwendet werden,also auch für nicht marktfähige Sicherheitensowie Kategorie-2-Sicherheiten mit einge-schränkter Liquidität und besonderen Merk-malen, die über Wertpapierabwicklungssys-teme nicht übertragen werden können (sieheKapitel VII). Ende 2002 basierten 33 % allerKreditgeschäfte des Eurosystems auf grenzü-berschreitend genutzten Sicherheiten, einebeachtliche Steigerung gegenüber den im April1999 verzeichneten 9 % (siehe Abbildung 30).Dabei wurden alle Arten von Sicherheitenintensiver grenzüberschreitend genutzt,besonders jedoch Bankwerte und Unterneh-menspapiere. Die EZB erfasst sämtliche fürKreditgeschäfte des Eurosystems zugelasse-nen Sicherheiten in einer zentralen Daten-bank und veröffentlicht ein Gesamtverzeich-nis, das auf den von den NZBen gemeldetennationalen Daten basiert. Als refinanzierungs-fähig im Rahmen von Eurosystem-Kreditge-schäften gelten Sicherheiten erst dann, wennsie in das Verzeichnis der EZB aufgenommenwurden. Seit Juni 2002 werden die auf derWebsite der EZB in der Rubrik „MFIs andEligible assets“ präsentierten Daten täglichneu erhoben und aktualisiert. Auf Anfragewerden das Gesamtverzeichnis und Aktuali-sierungen auch in elektronischer Form zurVerfügung gestellt. Durch den neuen Aktuali-sierungsmodus wurden Qualität, Effizienz undZuverlässigkeit dieser Serviceleistung für dieEurosystem-Geschäftspartner verbessert.

1.7 Entwicklungen am Geldmarkt

Mit der Einführung des Euro entstand ein denEuroraum umspannender integrierter, liqui-der Geldmarkt, wobei die Integrationsdyna-mik im unbesicherten Segment (z. B. unbesi-cherte Kreditgeschäfte und Devisenswaps)am ausgeprägtesten war. Im Jahr 2002 wuchsauch das besicherte Segment (z. B. Reposund Wertpapiere mit kurzer Laufzeit) stär-ker zusammen, also jenes Geldmarktsegment,in dem sich bisher am wenigsten veränderthatte.

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Abbildung 30Art der Besicherung von Eurosystem-Kreditgeschäften(Monatsendstände; Mrd €)

Quelle: EZB.

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Inländische Kategorie-1-SicherheitenGrenzüberschreitend genutzte Kategorie-1-SicherheitenInländische marktfähige Kategorie-2-SicherheitenInländische nicht marktfähige Kategorie-2-Sicherheiten

März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez. März Juni Sept. Dez.

Der Euro-Repomarkt ist größer gewordenund hat sich strukturell verändert, wodurcher sich zu einer echten Alternative zu unbesi-cherten Kreditgeschäften oder zur Ausgabekurzfristiger Wertpapiere entwickelt hat.Mittlerweile nutzen verschiedenste Finanz-marktteilnehmer Repos zur Refinanzierung,und zwar in erster Linie Repos auf Basis vonStaatsanleihen, aber vermehrt auch mit ande-ren Sicherheiten. Insgesamt ist die zunehmen-de Nutzung einer breiteren Palette vonStaatsanleihen für General-Collateral-Reposfestzustellen, verstärkt durch die Einführungdes EUREPO-Index im März 2002, der alsBenchmark für den Euro-General-Collateral-Repomarkt fungiert. Ungeachtet des bereitserzielten beträchtlichen Fortschritts bleibt dasZusammenwachsen der nationalen Re-pomärkte zu einem gemeinsamen Markt einlangsamer und komplexer Prozess.

Im kurzfristigen Wertpapiersegment, das imZeichen einer geringeren Entwicklung und In-tegrationsdynamik steht, startete ACI – TheFinancial Markets Association mit der Arbeits-

gruppe ACI-STEP (Short-term European Pa-per Task Force) eine Initiative zur Verbesse-rung der derzeitigen Situation. ACI-STEP hatinzwischen eine Reihe von Empfehlungen ab-gegeben. Die EZB führte für ACI ein öffentli-ches Konsultationsverfahren darüber durch,wie die Integration der europäischen Märktefür kurzfristige Wertpapiere vorangetriebenwerden könnte; die Ergebnisse werden imLauf des Jahres 2003 bekannt gegeben.

Laut dem dritten ESZB-Bericht über dieStruktur und Funktionsweise des Euro-Geld-markts,4 der auf Basis einer im Jahr 2001durchgeführten Datenerhebung im Banken-sektor erstellt wurde, ist die Geldmarktent-wicklung insgesamt dynamisch geblieben,wenn auch weniger dynamisch als in den Vor-jahren. Im unbesicherten Segment ließen dieDaten keinen klaren Umsatztrend erkennen;es bestätigte sich jedoch, dass die Geschäfts-tätigkeit im Tagesgeldmarkt und im Laufzei-

4 Siehe EZB, The Euro Money Market Study 2001, Dezember2002.

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tenbereich von bis zu einem Monat am aus-geprägtesten ist. Im besicherten Bereich wur-de auch im Jahr 2001 ein Umsatzplus ver-zeichnet. Im außerbörslichen Derivativhandel

gab es die höchsten Wachstumsraten beiZinssatzswaps und Währungsswaps. AuchZinsfutures, Optionen und kurzfristige Wert-papiere in Euro wurden stärker gehandelt.

2 Devisengeschäfte und die Verwaltung der Währungsreservenund Eigenmittel der EZB

2.1 Devisengeschäfte

Im Jahr 2002 führte die EZB am Devisen-markt keine Interventionen auf eigene Initia-tive durch. Allerdings intervenierte sie im Auf-trag des japanischen Finanzministeriums am28. Juni auf Basis der Agency-Vereinbarungmit der japanischen Zentralbank.

Im Rahmen der Vereinbarung zwischen derEZB und dem Internationalen Währungsfonds(IWF), wonach der IWF für die EZB Sonder-ziehungsrechte (SZR) von anderen SZR-Inha-bern kaufen bzw. an sie verkaufen kann, wur-de im Jahr 2002 eine Transaktion abgewi-ckelt.

2.2 Verwaltung der Währungsreserven

Durch die Verwaltung der Währungsreser-ven der EZB soll sichergestellt werden, dassdie EZB stets über genügend liquide Mittelverfügt, um gegebenenfalls auf Beschluss desEZB-Rats Devisenmarktinterventionen durch-führen zu können. Daher sind Liquidität undSicherheit die wichtigsten Anlagekriterien,gefolgt von einer möglichst gewinnbringen-den Anlage der Mittel.

Ende 2002 verfügte die EZB über Währungs-reserven in Höhe von netto 43,2 Mrd € ge-genüber 46,8 Mrd € Ende 2001. Die Diffe-renz ist in erster Linie auf die Aufwertungdes Euro im Jahr 2002 zurückzuführen. DieEZB kann auf Basis der gemeinschaftlichenSekundärgesetzgebung von den NZBen desEuroraums die Übertragung weiterer Reser-ven einfordern (Verordnung (EG) Nr. 1010/2000 des Rates vom 8. Mai 2000 über dieEinforderung weiterer Währungsreservendurch die Europäische Zentralbank).

Die Währungsreserven der EZB werden de-zentral von den NZBen des Eurogebiets ver-waltet, wobei bestimmte anlagepolitischeVorgaben, eine vom EZB-Rat beschlossenestrategische Benchmark sowie eine vom Di-rektorium festgelegte taktische Benchmark zubeachten sind. Für die Anlage ihrer Wäh-rungsreserven setzt die EZB zusätzlich zurWährungsgewichtung vier Richtgrößen fest:1) eine zweistufige (d. h. strategische undtaktische) Benchmark für jede Währung,2) die zulässige Abweichung von diesen Richt-werten gemessen am Zinsänderungsrisiko,3) ein Verzeichnis der zugelassenen Instru-mente und Geschäfte und 4) Obergrenzenfür das Kreditrisiko (siehe Kapitel III). UnterBeobachtung seitens der EZB nutzen dieNZBen den durch die Bandbreiten und Risi-kolimite abgesteckten Spielraum, um ihrePortfolios gemessen an der taktischen Bench-mark möglichst gewinnbringend zu verwal-ten. Die Anlage der Währungsreserven wirdvon den NZBen in offener Stellvertretungfür die EZB getätigt, sodass die Geschäfts-partner der EZB unterscheiden können, obdie NZBen Geschäfte im Auftrag der EZBoder zur Verwaltung ihrer eigenen Reservendurchführen.

Die Währungsreserven der EZB setzen sich– gemäß den Vorgaben des EZB-Rats – haupt-sächlich aus US-Dollarbeständen, aber auchaus Anlagen in japanischen Yen, Gold undSZR zusammen, wobei die Gewichtung aufAnalysen zur optimalen Währungsstreuungund auf voraussichtlichen operativen Anfor-derungen beruht und vom EZB-Rat geändertwerden kann, wenn dies zweckmäßig er-scheint. Die Goldbestände werden von derEZB im Sinne des Goldabkommens der Zen-tralbanken vom 26. September 1999weiterhin nicht aktiv bewirtschaftet. Durch

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dieses Abkommen sind die Vertragspartnerunter anderem verpflichtet, ihre Aktivitätenim Goldleihgeschäft und auf den Goldfutures-und Goldoptionsmärkten nicht auszuweiten.

Die NZBen sind für die Verwaltung der Wäh-rungsreserven der EZB entsprechend derenLeitlinien und Weisungen zuständig. Danebenverwalten sie eigenständig ihre eigenen Wäh-rungsreserven. Ihre Devisenmarktgeschäftemüssen ab einer bestimmten Höhe der EZBgemeldet bzw. von ihr genehmigt werden,damit die Vereinbarkeit mit der Geldpolitikder EZB gewährleistet ist.

Dieses System hat sich in der Praxis vonAnfang an bewährt; an Verbesserungen derPortfolio- und Risikomanagementtechnikenwird dennoch laufend gearbeitet. Im Rahmender ständigen Erweiterung der Anlageformenund im Hinblick auf eine effizientere Disposi-tion wurde im ersten Quartal 2002 die Ein-führung von Geldmarkt- und Anleihefuturesfür die Währungsreservenverwaltung erfolg-reich abgeschlossen.

Über die Währungsreserven der EZB und desEurosystems informiert die EZB auf ihrer Web-site mit einer monatlichen Aufstellung der Wäh-rungsreserven und Fremdwährungsliquidität aufBasis des vom IWF festgelegten Standards fürdie Datenverbreitung, wobei die Daten mit ei-ner Frist von einem Monat freigegeben werden.Diese Angaben stellen eine Zusatzinformationzum konsolidierten Wochenausweis des Euro-systems dar, der wöchentlich auf der Websiteder EZB veröffentlicht wird.

2.3 Eigenmittelverwaltung

Das Kapital der EZB dient in erster Linie alsReserve zur Abdeckung etwaiger Verluste.Langfristig sollte bei der Anlage eine Verzin-sung über dem gewichteten Durchschnitts-satz bei HRGs erreicht werden.

Ende 2002 verfügte die EZB über Eigenmittelin Höhe von 5,6 Mrd € gegenüber 4,8 Mrd €Ende 2001. Der Anstieg ergab sich u. a. ausder teilweisen Einstellung des Betriebsergeb-

nisses der EZB für das Geschäftsjahr 2001 indie Allgemeine Reserve, die zu den Eigenmit-teln zählt. Neben der Aufstockung derAllgemeinen Reserve waren Zinserträge undMarktwertänderungen für Veränderungen imEigenmittelportfolio im Lauf des Jahres 2002verantwortlich.

Die Beschlussorgane der EZB geben vier Eck-punkte für die Anlage der Eigenmittel an deneuropäischen Anleihemärkten vor, nämlich1) eine strategische Benchmark, 2) die zuläs-sige Abweichung von diesen Richtwerten ge-messen am Zinsänderungsrisiko, 3) ein Ver-zeichnis der zugelassenen Instrumente undGeschäfte und 4) Obergrenzen für das Kre-ditrisiko. Die EZB nutzt den durch die Band-breiten und Risikolimite abgesteckten Spiel-raum, um ihr Eigenmittelportfolio möglichstertragreich zu verwalten.

Angesichts des Verwendungszwecks und derzuvor genannten Eckpunkte sind die Eigen-mittel der EZB vorwiegend in Staatsanleihenvon Euro-Ländern und anderen erstklassigenbesicherten Anleihen angelegt. BestimmteAnleihefutures aus dem Euroraum und direk-te Wertpapierleihgeschäfte sind schon seit1999 zugelassen; darüber hinaus wurde imJahr 2001 ein standardisiertes Wertpapier-leihprogramm für die Eigenmittel implemen-tiert. Außerdem hat die EZB im Berichtsjahrihre Investitionen am Anleihemarkt weiter inRichtung nichtstaatlicher Emittenten mit ho-her Bonität diversifiziert, um das Ertrags-Risiko-Profil ihres Eigenmittelportfolios zuverbessern.

2.4 Organisationsstruktur fürdie Währungsreserven- undEigenmittelverwaltung der EZB

Im Dezember 2001 wurde das Portfolioma-nagement per EZB-Direktoriumsbeschlussteilweise umstrukturiert, wobei die Änderun-gen am 1. Januar 2002 in Kraft traten. DieVerwaltung der Währungsreserven und dieEigenmittelverwaltung wurden in einer einzi-gen Abteilung zusammengelegt, um die Syn-ergien zwischen diesen beiden Bereichen bes-

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ser zu nutzen und die Informationsschranken(Chinese Walls) zwischen den geldpolitischenGeschäften und der Investitionstätigkeit wei-ter zu verstärken.

Darüber hinaus wurden entsprechende Vor-kehrungen getroffen, um eine Beeinträchti-gung der Geldpolitik der EZB durch ihre In-vestitionsaktivitäten zu verhindern. Erstenswerden die Reservewährungen nicht aktiv ge-handelt, und zweitens verfolgt die EZB beider Eigenmittelverwaltung eine teils passiveAnlagestrategie, damit ihre Dispositionen –

besonders im Geldmarktbereich – nicht alsgeldpolitische Signale missverstanden werdenkönnen.

Nach der oben erwähnten Straffung der Or-ganisationsstruktur wird daran gearbeitet, dasPortfoliomanagement effizienter abzuwickeln,etwa durch die Nutzung elektronischer Han-delsplattformen. Außerdem wurde die Funk-tionalität des Portfoliomanagement-IT-Sys-tems weiter verbessert, insbesondere im Be-reich der Sicherheitenverwaltung.

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Aachen, 9. Mai 2002

Willem F. Duisenberg, Präsident der EZB, nimmt im Rathaus von Aachen den InternationalenKarlspreis zu Aachen 2002 an den Euro entgegen

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Risikokontrolle

Kapitel III

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1 Überblick

Das Risikosteuerungssystem der EZB dientder Messung, Überwachung und Meldungsämtlicher Risiken, die sich aus der Durch-führung der geldpolitischen Geschäfte undder Anlagegeschäfte für die EZB selbst bzw.für die zwölf NZBen des Eurosystems, wennsie im Namen der EZB tätig sind, ergeben. ImRahmen des Risikomanagements integriert dieEZB all jene Maßnahmen, Verfahren und Sys-teme, die in der EZB zur Steuerung dieserRisiken zur Anwendung kommen.

Für das Risikomanagementsystem der EZBgibt es zwei Hauptanwendungsgebiete, undzwar die geldpolitischen Geschäfte und dieAnlagegeschäfte. Der erste Bereich umfasstim Wesentlichen Risikofragen im Zusammen-hang mit den geldpolitischen Geschäften undden Zahlungsverkehrstransaktionen des Eu-rosystems (in erster Linie Transaktionen zurBereitstellung von Innertagesliquidität überdas TARGET-System), während der zweiteBereich hauptsächlich mit den Risiken befasst

ist, die aus der Verwaltung der Währungsre-serven und der Eigenmittel der EZB erwach-sen.

Zur Vermeidung von Interessenkonfliktenund im Einklang mit den besten Verfahrens-weisen ist der Bereich der Risikomessung,-überwachung und -berichterstattung in derEZB von der Risikoübernahme getrennt undbeinhaltet eine direkte Meldung an das Di-rektorium der EZB.

Das Risikosteuerungssystem der EZB be-währte sich auch im Jahr 2002, wie generellseit Bestehen der Währungsunion, als effizi-entes Instrument. Dieser Erfolg spiegelt dieintensiven Bemühungen der EZB beim Auf-bau und bei der Pflege einer starken, proakti-ven Risikomanagementkultur wider, die lang-fristig eine der Grundvoraussetzungen fürihre Reputation und Glaubwürdigkeit dar-stellt.

2 Geldpolitische Geschäfte

Bei der Durchführung von geldpolitischen Ge-schäften und von Kreditgeschäften im Rah-men des Zahlungsverkehrs geht das Eurosys-tem das Risiko ein, dass ein Geschäftspartnerseinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach-kommen kann. Das Eurosystem begegnet die-sem Kreditrisiko, indem es seine Geschäfts-partner verpflichtet, den beanspruchten Kre-dit mit angemessenen Sicherheiten zuunterlegen. Die Besicherung von Kreditge-schäften reduziert zwar das Risiko finanziel-ler Verluste infolge des Ausfalls von Ge-schäftspartnern auf ein Minimum, kann es je-doch nicht zur Gänze ausschalten. Mit derBesicherung von Krediten wird das Kreditri-siko in Markt- und Liquiditätsrisiken umge-wandelt, woraus sich wiederum das Risikoergibt, dass die Sicherheiten nach einer nega-tiven Marktbewegung oder einem Liquiditäts-ereignis nur mit Verlust verwertet werdenkönnen. Das eingesetzte Risikosteuerungssys-tem zielt auf die wirkungsvolle Kontrolle der

potenziellen Markt- und Liquiditätsrisiken ab,denen das Eurosystem bei der Verwertungvon Sicherheiten infolge des Ausfalls einesGeschäftspartners in einer geldpolitischenOperation ausgesetzt sein könnte.

Besonderes Augenmerk wird im Rahmen desRisikomanagements auf die Beurteilung derKreditqualität der für geldpolitische Geschäf-te zugelassenen Sicherheiten gelegt, da diesfür die Minderung des Kreditrisikos von we-sentlicher Bedeutung ist. Sämtliche für Kre-ditgeschäfte des Eurosystems zugelassenen Si-cherheiten müssen bestimmte gemeinsameKriterien erfüllen, die in den Rahmenrege-lungen des Eurosystems für Sicherheiten fest-gelegt sind. Ein wichtiges Kriterium für dieZulassung von Sicherheiten für Kreditgeschäf-te im Euroraum ist die Erfüllung hoher Boni-tätsanforderungen. Das EZB-Risikomanage-ment ist für die Beurteilung und Überwa-chung der verschiedenen Informationsquellen

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im Hinblick auf das Bonitätsrisiko verantwort-lich, die dem Eurosystem zur Bewertung derfür die Zulassung von Sicherheiten angewen-deten Bonitätsanforderungen dienen. Wennneue Arten von Sicherheiten zur Aufnahmein den Sicherheitenpool des Eurosystems vor-geschlagen werden, was von Zeit zu Zeit derFall ist, hat es zudem eine beratende Funkti-on bei der Festlegung der erforderlichen Min-destbonität für diese Sicherheiten.

Aufgrund der unterschiedlichen Finanzmarkt-strukturen der einzelnen Mitgliedstaaten undfür interne Zwecke des Eurosystems werdenzwei Kategorien von Sicherheiten unterschie-den, die für Kreditgeschäfte des Eurosystemsin Frage kommen, nämlich Kategorie-1-Si-cherheiten und Kategorie-2-Sicherheiten (sie-he Kapitel II).

3 Risikosteuerung bei geldpolitischen Geschäften

Das System zur Risikosteuerung im Zusam-menhang mit den geldpolitischen Geschäftendes Eurosystems setzt sich aus drei Haupt-komponenten zusammen: den Risikokontroll-maßnahmen für Sicherheiten, den Bewer-tungsgrundsätzen und der Bonitätsbeurteilungvon Sicherheiten.

Risikokontrollmaßnahmen für Sicherheiten

Sicherheiten der Kategorien 1 und 2 unter-liegen bestimmten Risikokontrollmaßnahmen.Damit soll das Eurosystem vor dem Risikofinanzieller Verluste für den Fall geschütztwerden, dass die für Kreditgeschäfte des Eu-rosystems hereingenommenen Sicherheitenaufgrund des Ausfalls eines Geschäftspartnersverwertet werden müssen. Durch die Ver-wertung der Sicherheiten gleicht das Euro-system den Liquiditätsverlust aus, wobei esim Zusammenhang mit den hereingenomme-nen Sicherheiten Markt- und Liquiditätsrisi-ken eingeht. Zur Steuerung dieser Risikenstanden dem Eurosystem auch im Jahr 2002Sicherheitenmargen, Bewertungsabschläge,Nachschusszahlungen, Obergrenzen für dasEngagement in Bezug auf Emittenten/Schuld-ner oder Garanten sowie zusätzliche Garan-tien zur Verfügung. Zum Einsatz kamen imBerichtsjahr die drei erstgenannten Instru-mente.

Um eine angemessene Risikokontrolle zu ge-währleisten, untersucht das Eurosystem un-ter Anwendung bewährter Praktiken laufendParameter wie die aktuelle und potenzielle

Preisentwicklung und die damit zusammen-hängende Preisvolatilität. Value-at-Risk-Kenn-zahlen (VaR) dienen zur Schätzung der Be-wertungsabschläge, die erforderlich sind, umden maximalen Marktwertverlust abzudecken,der – unter Annahme bisheriger Erfahrungs-werte – mit einem bestimmten Grad an sta-tistischer Konfidenz über einen bestimmtenZeitraum hinweg aus der jeweiligen Sicher-heit erwachsen könnte. Als zusätzliche Me-thoden zur Bemessung von Bewertungsab-schlägen werden etwa Rückvergleiche (Back-testing) und Stresstestverfahren verwendet.

Das Eurosystem setzt Bewertungsabschlägeje nach Art des Vermögenswerts, der Rest-laufzeit und der Kuponstruktur ein. Dabeiwird ein bestimmter Prozentsatz vom Markt-wert der jeweiligen Sicherheit in Abzug ge-bracht. Sicherheitenmargen werden auf dasKreditvolumen angewendet. Ein gegenseiti-ger Margenausgleich, d. h. Nachschusszahlun-gen, kommt dann zum Einsatz, wenn die hin-terlegten Sicherheiten nicht den Besicherungs-anforderungen entsprechen. Ein Margenaus-gleich kann entweder durch Bereitstellungzusätzlicher Sicherheiten oder durch Barzah-lungen erzielt werden.

Die Abschläge für Sicherheiten der Katego-rie 1 waren 2002 wieder dreifach gestaffelt,wobei zwischen festverzinslichen und varia-bel verzinslichen Instrumenten sowie inver-sen Floatern unterschieden wurde. Die Be-wertungsabschläge, die im Fall von Katego-rie-2-Sicherheiten zur Anwendung kommen,sind auf die mit diesen Vermögenswerten ver-

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bundenen spezifischen Risiken abgestimmtund mindestens ebenso streng wie die fürKategorie-1-Sicherheiten geltenden Abschlä-ge. Sicherheitenmargen und Wertausgleichewerden bei Kategorie-2-Sicherheiten auf die-selbe Weise angewandt wie bei Kategorie-1-Sicherheiten. Die Sicherheiten der Katego-rie 2 sind je nach ihren unterschiedlicheninhärenten Eigenschaften und Liquiditätsmerk-malen vierfach gestaffelt. Im Jahr 2002 arbei-tete man an der Einbeziehung von Liqui-ditätsrisiken in die Bewertungsabschläge fürKategorie-1-Sicherheiten.

Bewertungsgrundsätze

Die hereingenommenen Sicherheiten unter-liegen einer täglichen Neubewertung; diesemWert stellen die NZBen die erforderlicheHöhe der Besicherung gegenüber, die sieebenfalls täglich unter Berücksichtigung derBewertungsgrundsätze des Eurosystems neuberechnen.

Als Kursquelle für marktfähige Kategorie-1-und Kategorie-2-Sicherheiten wird ein einzi-ger Referenzmarkt ausgewählt. Damit wirdder repräsentativste Preis am Referenzmarktfestgelegt. Dieser Referenzkurs wird im Rah-men einer Mark-to-Market-Methode zur Be-wertung der Sicherheiten zu Marktpreisenherangezogen. Wird mehr als ein Preis quo-tiert, so kommt der jeweils niedrigste zurAnwendung. Bei nicht marktfähigen Katego-rie-2-Sicherheiten oder solchen marktfähigenSicherheiten, die in der Regel nicht gehandeltwerden, sodass keine Bewertung zu Markt-preisen möglich ist, stützt sich das Eurosys-tem auf Modellpreise (Mark-to-Model-Stra-tegie). Dabei wird der Barwert durch Abzin-sen der künftigen Zahlungsströme ermittelt.Die Abzinsung beruht auf einer entsprechen-den Nullkuponkurve, wobei Differenzen imKreditrisiko der einzelnen Emittenten durchAufschläge auf den Kreditzins berücksichtigtwerden. Im Jahr 2002 wurde eine Verbesse-rung der Bewertungsmethoden in Angriff ge-nommen, um für die tägliche Bewertung vonSicherheiten repräsentative Bewertungen he-ranziehen zu können. Das künftige Bewer-

tungssystem soll insbesondere verbessertetheoretische Bewertungsmethoden bietenund die Durchführung von Kontrollen unter-stützen, um bei der Verwendung von Markt-preisen repräsentative Bewertungen zu ga-rantieren.

Bonitätsbeurteilung

Vermögenswerte, die als Sicherheiten für dieKreditgeschäfte des Eurosystems verwendetwerden, müssen hohen Bonitätsanforderun-gen genügen. Zur Minderung des Bonitätsri-sikos eines Geschäftspartners, der seinen Li-quiditätsbedarf über das Eurosystem deckt,sind Sicherheiten von hoher Kreditqualitätnotwendig. Unterliegen die herangezogenenSicherheiten keinem Ausfallrisiko (wie z. B.Staatsanleihen), so ist die Besicherung eineMöglichkeit, um Kreditrisiken in Marktrisiken(die mit den oben beschriebenen Risikokon-trollmaßnahmen gesteuert werden können)umzuwandeln, da der Geschäftspartner, dereinem Ausfallrisiko unterliegt, zur Garantieseiner Position eine Sicherheit bietet, die keinAusfallrisiko aufweist. Selbst wenn die Sicher-heiten einem Ausfallrisiko unterliegen (wiez. B. Unternehmensanleihen), wird das Kre-ditrisiko deutlich reduziert, wenn die Bonitätder Anleihen ausreichend hoch ist.

Bei der Bewertung der Bonität einzelnerSchuldtitel berücksichtigt die EZB unter an-derem Ratings, die von Ratingagenturen bzw.NZB-internen Bonitätsanalysen stammen, so-wie bestimmte institutionelle Kriterien, dieeinen besonders umfassenden Schutz der An-leger gewährleisten (einschließlich Garanti-en). Schuldtitel, die vom jeweiligen Geschäfts-partner oder von einem mit diesem eng ver-bundenen Dritten begeben oder besichertwerden, akzeptiert das Eurosystem nicht alsSicherheiten. Die Bonität refinanzierungsfä-higer Sicherheiten wird fortwährend über-wacht, um sicherzustellen, dass sie den vomEurosystem festgelegten finanziellen Min-destanforderungen entspricht.

Die EZB bewertet für das Eurosystem Ra-tingagenturen, deren Sicherheiten-Ratings be-

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93EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

rücksichtigt werden können. Dabei bedientsich die EZB einer Reihe von Kriterien, dievor allem auf die Überprüfung der beidenSchlüsselelemente Unabhängigkeit und Glaub-würdigkeit abzielen. Die EZB überwacht au-ßerdem die Bonitätseinstufungen, die von denNZB-internen Bonitätsanalysesystemen undin manchen Fällen von nationalen Ratingagen-turen stammen, die nationale Kategorie-2-Sicherheiten bewerten. Die EZB setzte im

Jahr 2002 ihre Bemühungen um eine Verbes-serung der Vergleichbarkeit verschiedenerQuellen für die Bonitätsbeurteilung zur Ein-stufung von Sicherheiten sowie die Analyseneuer Informationsquellen zu Bonitätsbeur-teilungen fort, nicht zuletzt angesichts derabsehbaren Auswirkungen der Vorschläge desBasler Ausschusses für Bankenaufsicht imHinblick auf eine neue Eigenkapitalvereinba-rung.

4 Anlagegeschäfte

Die EZB verfügt über zwei Arten von Anla-gen: ein Reserveportfolio, das sich aus Wäh-rungsreserven, Gold und Sonderziehungs-rechten (SZR) zusammensetzt, und ein aufEuro lautendes Anlageportfolio (die Eigen-mittel der EZB). Bei ihren Anlagegeschäftensetzt sich die EZB einer Reihe von Risikenaus. Aus negativen Zins- und Wechselkurs-bewegungen bzw. einem Preisverfall bei an-deren Vermögenswerten, z. B. Gold, entste-hen für die EZB Marktrisiken. Darüber hi-naus geht die EZB auch Liquiditätsrisiken ein.Diese sind vor allem bei den Devisenreser-ven zu berücksichtigen, deren Hauptzweckdarin besteht, hochliquide Aktiva für mögli-che Interventionen an den Devisenmärktenzur Verfügung zu haben. Zuletzt sind die An-lagen der EZB auch einem Kreditrisiko aus-gesetzt. Die Risikokontrollmaßnahmen fürAnlagegeschäfte der EZB legen Vorgehens-weisen, Systeme und Instrumente zur Steue-rung dieser Risiken fest.

Die Währungsreserven lauten auf US-Dollarund japanische Yen und werden von denNZBen des Eurosystems im Namen der EZBaktiv verwaltet. Der Zweck dieses Portfolios

besteht in erster Linie in der Verfügbarkeitvon Liquidität für mögliche Interventionen anden Devisenmärkten. Im Sinne des Goldab-kommens der Zentralbanken vom 26. Sep-tember 1999 werden die Goldreserven nichtaktiv bewirtschaftet.

Die Eigenmittel der EZB (d. h. das auf Eurolautende Portfolio) werden bei der EZB durchein Team von Portfoliomanagern verwaltet.Diese Anlagen dienen der EZB als Reservezur Deckung möglicher Verluste und zur lang-fristigen Erwirtschaftung von Gewinnen ausMitteln, die zu einem höheren Zinssatz alsdem durchschnittlichen Bietungssatz fürHauptrefinanzierungsgeschäfte angelegt wer-den.

Die Finanzlage und Reputation der EZBhängen nicht zuletzt von der angemessenenVerwaltung des Anlageportfolios ab. DieRisikosteuerung ist organisatorisch von derRisikoübernahme getrennt. Somit ist die Un-abhängigkeit des Risikomanagements integra-ler Bestandteil der Organisationsstruktur derEZB.

5 Risikosteuerung bei Anlagegeschäften

Die Rahmenbestimmungen für die mit denAnlagegeschäften der EZB verbundenen Risi-ken umfassen drei eng miteinander verknüpf-te Komponenten: Risikokennzahlen, die Ana-lyse der Anlageerträge und den Analyserah-men zur Portfoliostrukturierung.

Risikokennzahlen und -vorschriften

Da die EZB laufend Markt-, Kredit- und Li-quiditätsrisiken ausgesetzt ist, werden dieHöhe der Risiken und die Einhaltung der Ri-sikoparameter täglich beobachtet. Diese un-

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200294

abhängige Überwachung bildet einen integra-len Bestandteil der Anlagegeschäfte der EZB.Als wichtigste Messgrößen für das Marktrisi-ko dienen die modifizierte Duration und derValue at Risk (VaR). Das Steuerungssystemfür das Kreditrisiko sieht die Einhaltung einerReihe von Limiten für die verschiedenen Kon-trahenten und Vermögensklassen vor. Allezugelassenen Geschäftspartner müssen eineMindestbonität aufweisen und bestimmteoperative Anforderungen erfüllen. Ebensowird das Liquiditätsprofil der Anlagen auf täg-licher Basis beobachtet. Alle zugelassenenAnlageformen müssen vereinbarten Liquidi-tätskriterien genügen. Verstöße gegen dieseRahmenregelung werden nach einer klar de-finierten Vorgehensweise übermittelt und ge-handhabt.

Im Jahr 2002 wurde der Aufbau einer umfas-senden IT-Plattform zur Integration aller Ri-sikokontrollanwendungen und des aktuellenTreasury-Systems fortgesetzt. Schlussendlichwurde angesichts des breiteren Anlagespek-trums der EZB und im Einklang mit den Ent-wicklungen im Bereich der Vermögensver-waltung die Festlegung und Zuordnungrelativer Value-at-Risk-Limite zu Portfolio-managern in Angriff genommen. Die prakti-sche Umsetzung dieses Konzepts wird so-wohl Risiko- als auch Portfoliomanager vorneue Herausforderungen stellen.

Analyse der Anlageperformance

Die Aufgaben der Risikosteuerung bestehenzum Großteil in der Messung und der Analy-se der Wertentwicklung der Portfolios. DieWertentwicklung wird Monat für Monat füralle Portfolios ermittelt. Ergänzend dazu wer-den detailliertere halbjährliche und jährlicheBerichte über die Anlageperformance erstelltund an den EZB-Rat weitergeleitet. Diese Be-richte enthalten auch vertiefende Analysen.

Zudem werden die für die Wertentwicklungmaßgeblichen Komponenten in Relation zuden Benchmarks der Anlagepolitik bestimmt;derartige Rückmeldungen sind für die Portfo-liomanager von großem Nutzen. Um detail-

liertere Aussagen treffen zu können, werdendie Daten über einen längeren Zeitraum hin-weg aggregiert. Daraus können sich auch fürdie Entscheidungsträger wertvolle Anhalts-punkte für etwaige Anpassungen der Anlage-politik ergeben. Des Weiteren wird die Ver-wendung verschiedener Vermögensklassenund unterschiedlicher Kreditpositionen inner-halb der Portfolios Analysen unterzogen, umdie Performance der Anlagen besser einschät-zen zu können. Eine weitere Verbesserungund Feinabstimmung des Systems zur Perfor-manceanalyse hat die EZB bereits in Angriffgenommen. Damit wird die nachträglicheAnalyse der Wertentwicklung sinnvoll er-gänzt, wodurch den Akteuren klare Trendsund Verlaufsmuster für künftige Entscheidun-gen zur Verfügung stehen.

Analyserahmen zur Portfoliostrukturierung

Der Analyserahmen zur Portfoliostrukturie-rung ist der Eckpfeiler der Anlageaktivitätender EZB. Er ist in erster Linie auf eine opti-male Währungsstreuung für die Devisenre-serven und eine optimale Portfoliostruktu-rierung für die einzelnen Währungsbeständeausgerichtet. Die strategischen Benchmarksspiegeln diese Ziele wider und sind so konzi-piert, dass sie den langfristigen Ertrags-Risi-ko-Präferenzen der EZB entsprechen. AlsHauptdeterminanten der erwirtschafteten Er-träge sind sie ausschlaggebend für die Perfor-mance der EZB.

Die Portfoliostrukturierung ist darauf ausge-legt, im Rahmen definierter Vorgaben diegrößtmöglichen Erträge zu erzielen. In dieEntwicklung der zur Portfoliostrukturierungverwendeten Methodik werden beträchtlicheRessourcen investiert. Für die im Jahr 2002erfolgte Überprüfung wurde ein maßgeschnei-dertes ökonometrisches Modell verwendet,um die erwarteten Erträge aus den einzelnenVermögensklassen abzuleiten, die in die Op-timierungsverfahren integriert werden. An-gesichts der Bedeutung der Portfoliostruk-turierungsverfahren für die EZB wird dieseMethodik regelmäßigen Überprüfungen unter-zogen und laufend verbessert.

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95EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

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Jugendliche Besucher in der EZB

13. Mai 2002

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Wirtschaftsentwicklung

in den übrigen Staaten der

Europäischen Union

Kapitel IV

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 200298

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2002 2002 2002 2002Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP 3,0 2,5 2,6 2,8 1,4 1,6 1,2 3,0 1,1 0,9

Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale inländische Verwendung einschließlichVorratsveränderungen 4,6 3,9 0,1 1,9 0,7 1,0 0,8 1,5 1,1 0,8

Außenbeitrag -1,7 -1,4 2,6 0,9 0,7 0,5 0,5 1,6 -0,0 0,1

HVPI 1,9 1,3 2,1 2,7 2,3 2,4 2,5 2,1 2,4 2,7

Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 3,2 3,3 3,6 3,5 5,0 3,4 4,5 3,4 2,8 3,1

Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) 1,8 2,5 2,4 1,7 3,4 1,1 2,3 0,5 0,9 0,8

Einfuhrpreisdeflator (Waren und Dienstleistungen) 2,2 -2,5 -2,4 9,6 2,5 -0,6 1,4 -1,7 -1,3 -0,9

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (in % des BIP) 2) 0,5 -0,9 2,4 1,5 3,1 2,9 2,7 3,3 3,8 1,8

Beschäftigung 1,3 1,6 1,2 0,9 -0,3 -0,7 -0,9 0,1 -0,8 -1,4

Arbeitslosenquote (in % der Erwerbspersonen) 5,3 4,9 4,8 4,4 4,3 4,5 4,3 4,4 4,6 4,7

Haushaltssaldo (in % des BIP) 3), 4) 0,4 1,1 3,3 2,6 2,8 1,9 . . . .

Bruttoverschuldung (in % des BIP) 3) 61,2 56,2 53,0 47,4 45,4 45,2 . . . .

Dreimonatszinssatz (in % p.a.) 5) 3,7 4,1 3,3 4,9 4,6 3,5 3,6 3,7 3,5 3,2

Rendite zehnjähriger Staatsanleihen (in % p.a.) 5) 6,3 4,9 4,9 5,6 5,1 5,1 5,2 5,4 4,9 4,7

Wechselkurs gegenüber ECUbzw. Euro 5), 6) 7,48 7,50 7,44 7,45 7,45 7,43 7,43 7,43 7,43 7,43

Tabelle 11Makroökonomische Indikatoren für Dänemark(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.1) Prozentpunkte.2) Quartalsdaten weder saisonbereinigt noch arbeitstäglich bereinigt.3) Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterien.4) Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.5) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume.6) Nationale Währungseinheiten pro ECU bis Ende 1998; danach pro Euro.

Das Eurosystem und die nationalen Zentral-banken (NZBen) der nicht an der Währungs-union teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten ar-beiten im Rahmen des Erweiterten Rats derEZB eng zusammen, um gemeinsam zur Ge-währleistung der Preisstabilität in der gesam-ten EU beizutragen. Die regelmäßige Analyseder gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingun-gen sowie der Geld- und Wechselkurspolitikstellt einen integralen Bestandteil der Koor-dinierungsbemühungen zwischen dem Euro-system und den drei derzeit nicht dem Euro-raum angehörenden NZBen dar. Obwohl die-se NZBen ihre Geldpolitik jeweils innerhalbeines eigenen institutionellen und operativenRahmens durchführen, ist auch ihr oberstesgeldpolitisches Ziel die Gewährleistung vonPreisstabilität.

Dänemark

Dänemark verzeichnete im Jahr 2002 einenmoderaten Wirtschaftsaufschwung. Das rea-le BIP legte nach 1,4 % im Vorjahr um 1,6 %zu (siehe Tabelle 11). Das Wachstum des re-alen BIP stützte sich im Berichtsjahr in ersterLinie auf die Binnennachfrage, und zwar vorallem auf die privaten Konsumausgaben, dieangesichts eines erhöhten real verfügbarenEinkommens anstiegen. Das „Pfingstpaket”von 1998 – ein Steuerreformpaket, das haupt-sächlich Anreize für eine gesteigerte privateSpartätigkeit bieten sollte – wurde im Jahr2002 vollständig umgesetzt. Während die Ent-wicklung der realen Preise für Wohnimmobi-lien sich nicht maßgeblich auf den privatenVerbrauch auswirkte, löste der Rückgang derAktienkurse einen beschränkten negativenVermögenseffekt aus. Die Anlageinvestitio-nen, insbesondere in Maschinen und Fahrzeu-ge, sowie die Konsumausgaben des Staates

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99EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Abbildung 31Wirtschafts- und Finanzmarktindikatoren für die EU-Länder außerhalb desEuroraums und den Euroraum

Quellen: EZB und Eurostat.1) Für die Länder außerhalb des Euroraums: Dreimonats-Interbankensätze; für den Euroraum: Dreimonats-EURIBOR.2) Die Renditen langfristiger Staatsanleihen beziehen sich auf den Zehnjahresbereich bzw. die nächstliegende Laufzeit.

EuroraumDänemarkSchwedenVereinigtes Königreich

Wachstum des realen BIP(Veränderung gegen Vorjahr in %)

EuroraumDänemarkSchwedenVereinigtes Königreich

HVPI-Inflation(Veränderung gegen Vorjahr in %)

DänemarkSchwedenVereinigtes Königreich

Abstand zu den kurzfristigenZinssätzen des Euroraums 1)

(in Basispunkten)

DänemarkSchwedenVereinigtes Königreich

Abstand zu den langfristigen Zinssätzen des Euroraums 2)

(in Basispunkten)

1999 2000 2001 2002-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

5,5

1999 2000 2001 2002-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

1999 2000 2001 2002-120

-80

-40

0

40

80

120

160

200

240

280

320

-120

-80

-40

0

40

80

120

160

200

240

280

320

1999 2000 2001 2002-40

-20

0

20

40

60

80

-40

-20

0

20

40

60

80

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002100

Abbildung 32Bilateraler Wechselkurs der Währungen von EU-Ländern außerhalb des Euro-raums gegenüber dem Euro

1999 2000 2001 2002 1999 2000 2001 2002

1999 2000 2001 2002

Dänische Krone

Pfund Sterling

DKK/EUR

GBP/EUR

Schwedische KroneSEK/EUR

Leitkurs gegenüber dem Euro gemäß Bekanntmachung vom 31. Dezember 1998: 7,46038.

6,33

6,78

7,22

7,67

8,12

8,56

6,33

6,78

7,22

7,67

8,12

8,56

7,66

8,20

8,74

9,28

9,82

10,36

7,66

8,20

8,74

9,28

9,82

10,36

0,55

0,57

0,59

0,62

0,64

0,67

0,69

0,71

0,74

0,55

0,57

0,59

0,62

0,64

0,67

0,69

0,71

0,74

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101EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

trugen im Jahresverlauf ebenfalls zum BIP-Wachstum bei. Obwohl der Wachstumsbei-trag des Außenhandels im Jahr 2002 rückläu-fig war, ist die anhaltende Dynamik der Ex-porte vor allem vor dem Hintergrund dergedämpften internationalen Nachfrage beach-tenswert. Die Arbeitslosenquote war mit4,5 % weiterhin niedrig.

Angesichts der angespannten Arbeitsmarktsi-tuation und gestiegener Energiepreise ver-harrte die Teuerungsrate gemessen am HVPI– abgesehen von einem Spitzenwert von 2,8 %im November – während des Großteils desBerichtsjahrs bei rund 2,4 %. Im Jahresdurch-schnitt lag die HVPI-Inflation in Dänemarküber jener im Euroraum, was hauptsächlichauf den Anstieg der Preise im Bereich Erzie-hung und Unterricht sowie für andere Dienst-leistungen zurückzuführen ist (siehe Abbil-dung 31). Eine Erhöhung des Arbeitskräfte-angebots ist weiterhin geboten, um denLohndruck zu verringern, obwohl die Lohn-stückkosten im Vergleich zum Vorjahr etwasgesunken sind, was großteils auf die wiederansteigende Arbeitsproduktivität zurückzu-führen ist. Die Entwicklung der realen effek-tiven Wechselkurse deutet darauf hin, dassdie Wettbewerbsfähigkeit Dänemarks gegen-über dem Euroraum im Berichtsjahr im Gro-ßen und Ganzen stabil geblieben ist.

Die dänischen Staatsfinanzen zeigten sich auchim Berichtsjahr solide. Die öffentlichen Haus-halte verzeichneten einen Überschuss von1,9 % des BIP. Im Vergleich zum Vorjahr be-deutet dies einen Rückgang um 1 Prozent-punkt, der in etwa zur Hälfte auf einen Bilan-zierungseffekt der Pensionsreform zurückzu-führen ist. Außerdem sanken die Einkünfteaus der Körperschaftssteuer geringfügig. DieStaatsverschuldung war auch 2002 leicht rück-läufig und verringerte sich von 45,4 % des BIPim Jahr 2001 auf 45,2 % im Berichtsjahr. Dasaktualisierte Konvergenzprogramm Däne-marks sieht für die Jahre 2003 und 2004 ei-nen Haushaltsüberschuss von 1,9 % bzw.2,4 % des BIP vor. Der Haushaltssaldo fürdas Jahr 2003 liegt 0,2 Prozentpunkte unterdem in der vorherigen Fortschreibung desProgramms vorgesehenen Wert, was in ers-

ter Linie auf Revisionen im Bereich der Sta-tistik sowie auf eine höhere Arbeitslosen-quote zurückzuführen ist. Es wird erwartet,dass die Bruttoschuldenquote im Jahr 2003auf 42,1 % und im Jahr 2004 auf 39,2 % desBIP sinkt.

Dänemark ist derzeit der einzige Mitglied-staat, der am WKM II teilnimmt. Es verfolgtweiterhin eine Politik der festen Wechsel-kursanbindung an den Euro; der Wechsel-kurs der dänischen Krone gegenüber demEuro schwankt innerhalb einer engen Band-breite von ±2,25 % um den WKM-II-Leitkursvon 7,46038 DKK/EUR. Die Entwicklung derLeitzinsen und der kurzfristigen Geldmarkt-zinsen ist vornehmlich vor dem Hintergrundder Zinsentscheidungen der EZB und der Ent-wicklung des Wechselkurses der Krone ge-genüber dem Euro zu betrachten. Die däni-sche Krone blieb im Berichtsjahr sehr naheam WKM-II-Leitkurs auf einem Niveau, dasmarginal über der zentralen Parität lag (sieheAbbildung 32). Am 29. August wurde mit7,424 DKK/EUR der höchste Kurs der Kro-ne gegenüber dem Euro im Jahr 2002 ver-zeichnet. Die Währungsreserven erreichtenim dritten Quartal 2002 ihren Höchststandund nahmen gegen Jahresende leicht ab. Mitein Grund für die Stärke der dänischen Kro-ne ist, dass dänische Pensionskassen auslän-dische Aktien verkauften, um ihr Gesamtrisi-ko angesichts des weltweiten Rückgangs derAktienkurse zu verringern.

Im Jahr 2002 senkte die Danmarks National-bank ihren Refinanzierungssatz viermal, wo-durch sich der Abstand zum Mindestbietungs-satz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte derEZB auf 20 Basispunkte verringerte. Ange-sichts des beträchtlichen Zuflusses an Kapitalaus dem Ausland reduzierte die DanmarksNationalbank den Refinanzierungssatz am1. Februar, 9. August und 30. August umjeweils 0,05 Prozentpunkte und somitinsgesamt von 3,60 % auf 3,45 %. Am 5. De-zember wurde der Refinanzierungssatz – pa-rallel zur Senkung der EZB-Leitzinsen in der-selben Größenordnung – um weitere 0,5 Pro-zentpunkte auf 2,95 % herabgesetzt. Diekurzfristigen Zinssätze in Dänemark sanken

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002102

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2002 2002 2002 2002Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP 2,4 3,6 4,6 4,4 1,1 1,9 0,8 3,1 2,4 1,3

Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale inländische Verwendung einschließlichVorratsveränderungen 1,0 3,9 3,0 3,4 0,0 0,6 -1,9 0,5 1,8 2,0

Außenbeitrag 1,4 -0,3 1,5 0,9 1,1 1,3 2,7 2,7 0,5 -0,6

HVPI 1,8 1,0 0,6 1,3 2,7 2,0 2,9 1,9 1,5 1,6

Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 4,7 2,6 1,2 7,0 5,0 3,9 5,1 3,6 3,7 3,1

Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) 0,9 0,5 -1,1 5,0 5,8 2,1 4,7 0,8 1,4 1,7

Einfuhrpreisdeflator (Waren und Dienstleistungen) 0,7 -0,5 1,1 4,5 4,7 0,4 2,0 0,4 -0,1 -0,7

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (in % des BIP) 2) . 3,6 2,6 3,8 3,8 4,2 5,5 5,3 4,1 1,8

Beschäftigung -1,1 1,5 2,2 2,2 2,0 0,1 0,2 0,1 -0,0 0,0

Arbeitslosenquote (in % der Erwerbspersonen) 9,9 8,2 6,7 5,6 4,9 4,9 4,9 4,9 4,9 5,1

Haushaltssaldo (in % des BIP) 3), 4) -1,5 1,9 1,5 3,4 4,5 1,2 . . . .

Bruttoverschuldung (in % des BIP) 3) 73,1 70,5 62,7 52,8 54,4 52,4 . . . .

Dreimonatszinssatz (in % p.a.) 5) 4,4 4,4 3,3 4,1 4,1 4,3 4,0 4,5 4,4 4,1

Rendite zehnjähriger Staatsanleihen(in % p.a.) 5) 6,6 5,0 5,0 5,4 5,1 5,3 5,4 5,6 5,2 5,0

Wechselkurs gegenüber ECUbzw. Euro 5), 6) 8,65 8,91 8,81 8,45 9,25 9,16 9,16 9,16 9,23 9,10

Tabelle 12Makroökonomische Indikatoren für Schweden(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.1) Prozentpunkte.2) Quartalsdaten weder saisonbereinigt noch arbeitstäglich bereinigt.3) Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterien.4) Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.5) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume.6) Nationale Währungseinheiten pro ECU bis Ende 1998; danach pro Euro.

im Berichtsjahr etwas stärker als im Euro-raum, wodurch sich der Abstand zwischenden kurzfristigen Geldmarktsätzen in Däne-mark und im Euroraum im Dezember auf rund10 Basispunkte reduzierte (siehe Abbil-dung 31). Die Anleiherenditen im langfristi-gen Bereich schwankten um einen Durch-schnittswert von 5,1 %, während sich der Ab-stand zum Euroraum gegen Jahresende aufknapp 20 Basispunkte vergrößerte.

Schweden

Schweden verzeichnete im Berichtsjahr trotzdes weltweiten Konjunkturrückgangs und derSchwäche der Finanzmärkte einen Anstieg desrealen BIP (siehe Abbildung 31), und zwarum 1,9 % gegenüber 1,1 % im Jahr 2001 (sie-he Tabelle 12). Vor allem im ersten Halbjahr2002 bildeten die Nettoausfuhren eine we-

sentliche Wachstumsstütze für das reale BIP.Nach einer Zunahme der Exportdynamik ge-gen Ende 2001 und zu Beginn des Jahres 2002verlangsamte sich das Exportwachstum imweiteren Jahresverlauf und spiegelte so diezögerliche weltweite Konjunkturerholung wi-der. Dennoch erhöhte sich im gesamten Jah-resverlauf aufgrund des schwächeren Import-wachstums der Wachstumsbeitrag der Netto-exporte. In der zweiten Hälfte desBerichtsjahrs kam es trotz des drastischenEinbruchs an den Aktienmärkten im Sommerzu einem deutlichen Aufwärtstrend der pri-vaten Konsumausgaben. Dies war vorwiegendauf einen Anstieg des real verfügbaren Ein-kommens aufgrund von Steuersenkungen, aufein niedriges Zinsniveau, steigende Wohn-immobilienpreise und eine niedrige Arbeits-losenquote zurückzuführen. Die Konsumaus-gaben und Investitionen des Staates legten imzweiten Halbjahr ebenfalls beachtlich zu. Im

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Gegensatz dazu blieben die private Investiti-onstätigkeit und die Industrieproduktion dasgesamte Berichtsjahr hindurch allgemein ver-halten. Der Wachstumsbeitrag der Lagerver-änderungen zum realen BIP fiel im Jahr 2002insgesamt leicht negativ aus. Der Beschäfti-gungszuwachs verlangsamte sich deutlich,wenn auch im Bausektor und im öffentlichenBereich weiterhin relativ hohe Zuwachsratenverzeichnet wurden. Bei den geleisteten Ge-samtarbeitsstunden war im Beobachtungszeit-raum ein Rückgang zu verzeichnen, der zumTeil eine rasche Zunahme von Fällen krank-heitsbedingten Nichterscheinens am Arbeits-platz widerspiegelte. Die Arbeitslosenquoteblieb im gesamten Jahresverlauf in der Näheder 5 %-Marke.

Die jährlichen Teuerungsraten – gemessen amHVPI, VPI und UNDIX1 – verlangsamten sichim Jahr 2002 weiter (siehe Abbildung 31), wo-für sowohl mit Preissteigerungen im Jahr 2001zusammenhängende Basiseffekte als auch einnachlassender Kostendruck ursächlich sind.Die durchschnittliche HVPI-Inflation betrugim Berichtsjahr 2,0 % gegenüber 2,7 % im Jahrdavor, während der VPI nach 2,6 % im Jahr2001 um 2,4 % anstieg.2 Der Anstieg derLohnstückkosten ging im Berichtsjahr auf2,1 % zurück (nach 5,8 % im Jahr 2001), washauptsächlich mit dem Wiederanstieg der Ar-beitsproduktivität zusammenhing.

Der gesamtstaatliche Haushaltsüberschussverzeichnete im Berichtsjahr einen dramati-schen Rückgang, und zwar von 4,5 % des BIPim Jahr 2001 auf 1,2 % des BIP im Jahr 2002.Steuersenkungen im Ausmaß von rund 1 %des BIP, diverse öffentliche Ausgabenerhö-hungen sowie die Auswirkungen des unterdem Trend liegenden BIP-Wachstums auf dieöffentlichen Haushalte trugen zu diesemAbwärtstrend bei. Eine weitere Ursache war,dass keine positiven Folgewirkungen aus denVorjahren verzeichnet wurden. Im Jahr 2001hatten diese das Haushaltsergebnis stark be-einflusst. Die Schuldenquote fiel von 54,4 %im Jahr 2001 auf 52,4 % im Jahr 2002. Dasaktualisierte Konvergenzprogramm Schwe-dens sieht für die Jahre 2003 und 2004 einenHaushaltsüberschuss von 1,5 % bzw. 1,6 %

des BIP vor. Da in den vergangenen Jahrenhöhere Haushaltsüberschüsse erzielt wurden,entsprechen diese Werte auch weiterhin denVorgaben der schwedischen Haushaltsregeln,denen zufolge im Konjunkturverlauf ein Haus-haltsüberschuss von rund 2 % beizubehaltenist. Die Umsetzung der letzten Stufe der Ein-kommenssteuerreform wurde allerdings ver-schoben, um einen weiteren Rückgang desHaushaltsüberschusses zu vermeiden. DenPrognosen zufolge wird die Schuldenquoteim Jahr 2003 auf 50,9 % und im Jahr 2004 auf49,3 % sinken.

Die Sveriges Riksbank verfolgt eine flexibleWechselkurspolitik und richtet ihre Geldpo-litik auf ein explizites Inflationsziel aus, dasals Anstieg der VPI-Teuerungsrate von 2 %mit einer Toleranzbandbreite von ±1 Pro-zentpunkt definiert ist. Angesichts der ver-hältnismäßig starken Ressourcenauslastungund der günstigen Aussichten für eine welt-weite Konjunkturerholung, wodurch sich dasRisiko für ein Überschreiten des Inflations-ziels von 2 % erhöhte, hob die Sveriges Riks-bank sowohl am 19. März als auch am26. April 2002 den Reposatz um 0,25 Pro-zentpunkte auf schließlich 4,25 % an. Infolgestarker Kursrückgänge an den Aktienmärk-ten wuchs im Herbst jedoch die Unsicherheithinsichtlich des weltweiten Konjunkturauf-schwungs und der gedämpften Produktions-tätigkeit. Nachdem somit das Risiko einerkünftigen Unterschreitung des Inflationszielswieder angestiegen war, senkte die schwedi-sche Notenbank den Reposatz sowohl am15. November als auch am 5. Dezember um0,25 Prozentpunkte. Der Abstand zwischenden kurzfristigen Geldmarktsätzen in Schwe-den und im Euroraum spiegelte diese Ände-

1 Der UNDIX entspricht dem VPI abzüglich der Zinsaufwendun-gen und der direkten Auswirkungen geänderter indirekter Steu-ern und Subventionen. In Schweden ist der allgemeine Verbrau-cherpreisindex (VPI) die Zielvariable für geldpolitische Entschei-dungen. Nachdem sich allerdings in den vergangenen Jahrentemporäre Faktoren auf die Prognose ausgewirkt haben, wurdengeldpolitische Entscheidungen in der Praxis mittels UNDIX-Ein-schätzung getroffen.

2 Der größere Abstand zwischen VPI und HVPI in Schweden istauf die Einführung einer Deckelungsregelung für Kindergeld ab1. Januar 2002 zurückzuführen. Das Kindergeld ist im HVPI,nicht aber im VPI enthalten, wodurch die HVPI-Inflationsrate umrund 0,4 Prozentpunkte niedriger ausfällt.

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rungen des offiziellen Leitzinssatzes wider undvergrößerte sich im ersten Halbjahr 2002kontinuierlich auf rund 100 Basispunkte, wäh-rend er in der zweiten Jahreshälfte weitge-hend konstant blieb (siehe Abbildung 31). Dielangfristigen Zinssätze entwickelten sich imJahresverlauf analog zu den internationalenAnleihemärkten; der Abstand zum Euroraumvergrößerte sich bis zum Jahresende 2002geringfügig auf etwa 50 Basispunkte. Der Kursder schwedischen Krone schwankte im Be-richtsjahr zwischen rund 9 SEK/EUR und9,5 SEK/EUR; zeitweise war der Kursverlaufvon Finanzmarktentwicklungen und Spekula-tionen über die Einführung des Euro inSchweden beeinflusst (siehe Abbildung 32).Der Wechselkurs der schwedischen Kronegegenüber dem Euro war zu Jahresende etwa1,5 % höher als zu Beginn des Jahres 2002.

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2002 2002 2002 2002Q1 Q2 Q3 Q4

Reales BIP 3,4 2,9 2,4 3,1 2,0 1,6 1,0 1,3 2,0 2,1

Wachstumsbeitrag zum realen BIP: 1)

Reale inländische Verwendung einschließlichVorratsveränderungen 4,0 5,1 3,8 4,1 2,6 2,6 2,6 1,9 2,6 3,1

Außenbeitrag -0,5 -2,2 -1,4 -1,1 -0,6 -1,0 -1,6 -0,6 -0,7 -1,0

HVPI 1,8 1,6 1,3 0,8 1,2 1,3 1,5 0,9 1,1 1,6

Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 4,3 5,3 4,0 4,7 5,2 . 2,8 3,2 . .

Lohnstückkosten (Gesamtwirtschaft) 2,8 3,5 3,1 2,9 4,0 . 2,4 2,6 . .

Einfuhrpreisdeflator (Waren und Dienstleistungen) -7,1 -6,2 -2,5 0,7 -0,1 . -3,6 -2,8 -1,3 .

Leistungsbilanz einschließlichVermögensübertragungen (in % des BIP) 2) -0,1 -0,5 -2,1 -1,8 -1,5 . -0,5 -1,9 -0,2 .

Beschäftigung 2,0 1,2 1,5 1,3 0,8 . 0,6 0,8 . .

Arbeitslosenquote (in % der Erwerbspersonen) 6,9 6,2 5,9 5,4 5,0 . 5,1 5,1 5,2 .

Haushaltssaldo (in % des BIP) 3), 4) -2,2 0,2 1,1 1,6 0,8 -1,4 . . . .

Bruttoverschuldung (in % des BIP) 3) 50,8 47,7 45,1 42,1 39,0 38,6 . . . .

Dreimonatszinssatz (in % p.a.) 5) 6,8 7,3 5,4 6,1 5,0 4,0 4,0 4,1 3,9 3,9

Rendite zehnjähriger Staatsanleihen(in % p.a.) 6) 7,1 5,6 5,0 5,3 5,0 4,9 5,1 5,3 4,7 4,5

Wechselkurs gegenüber ECUbzw. Euro 7) 0,69 0,67 0,66 0,61 0,62 0,63 0,61 0,63 0,64 0,64

Tabelle 13Makroökonomische Indikatoren für das Vereinigte Königreich(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, Europäische Kommission, nationale Statistiken und EZB-Berechnungen.1) Prozentpunkte.2) Quartalsdaten weder saisonbereinigt noch arbeitstäglich bereinigt.3) Auf das Kalenderjahr bezogene Schätzungen. Entspricht der Definition gemäß Maastricht-Kriterien.4) Auf das Kalenderjahr bezogene Schätzungen. Haushaltsüberschuss (+) oder -defizit (-) des Staates.5) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume. 3-monatige Interbankeinlagen in Pfund Sterling.6) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume. Quelle: BIZ.7) Durchschnittssätze der Berichtszeiträume. Nationale Währungseinheiten pro ECU bis Ende 1998; danach pro Euro.

Vereinigtes Königreich

Im Gefolge der ausgeprägten Verlangsamungdes Weltwirtschaftswachstums ging das realeBIP-Wachstum im Vereinigten Königreich imJahr 2002 auf 1,6 % zurück. Der Vorjahrsver-gleichswert hatte 2,0 % betragen (siehe Ta-belle 13). Das zu Beginn des Berichtsjahrseher verhaltene Wirtschaftswachstum imVereinigten Königreich entwickelte im wei-teren Jahresverlauf jedoch eine merkliche Dy-namik, wobei die privaten Konsumausgabenund die Staatsausgaben als die treibende Kraftfungierten.

Im Vorjahrsvergleich blieb das Wachstum derrealen Konsumausgaben der privaten Haus-halte mit 3,9 % im Jahr 2002 trotz eines Rück-gangs des real verfügbaren Einkommens so-wie der Aktienkurse weitgehend stabil. Das

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dynamische Wachstum des privaten Konsumswurde durch einen Preisanstieg bei denWohnimmobilien, den kontinuierlichen Be-schäftigungszuwachs sowie eine kräftigeKreditausweitung getragen. Das Produktions-wachstum wiederum stützte sich auf einenAnstieg der öffentlichen Ausgaben von 2,3 %im Jahr 2001 auf 4,2 % im Berichtsjahr, wasim Großen und Ganzen den staatlichen Aus-gabezielen entsprach. Nach einer Zunahmevon 0,8 % im Vorjahr gingen die Bruttoanla-geinvestitionen im Berichtsjahr um 4,5 % zu-rück. Das fragile Vertrauen in die Wachs-tumsaussichten der Auslandsnachfrage sowieein Anstieg der Kapitalkosten im Zusammen-hang mit dem Kursverfall an den weltweitenAktienmärkten haben den Unternehmenwahrscheinlich weniger Anreize zur Erhöhungihrer Investitionstätigkeit geboten. Der In-vestitionsrückgang im Unternehmenssektorwurde teilweise durch eine vermehrte staat-liche Investitionstätigkeit kompensiert, worinsich Pläne zur Ausweitung des Kapitalstocksdes öffentlichen Sektors niederschlugen. ImJahr 2002 war der Wachstumsbeitrag derNettoexporte zum realen BIP das siebenteJahr in Folge negativ (1,0 Prozentpunkte). DieExporte gingen nach einem Anstieg von 0,9 %im Jahr 2001 im Berichtsjahr um 1,4 % zu-rück. Die Entwicklung der einzelnen Nach-fragekomponenten stellte jedoch weiterhineine Belastung für das Importwachstum dar,das im Jahr 2002 auf 1,2 % sank.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt bliebinsgesamt weitgehend stabil, wobei die Ar-beitslosenquote im Berichtsjahr auf 5,2 %kletterte. Die Gesamtbeschäftigung nahm mitähnlicher Geschwindigkeit zu wie im Jahr2001; dabei spielte die Schaffung zahlreicherArbeitsplätze im öffentlichen Sektor eine we-sentliche Rolle. Die Konjunkturabschwächungim Jahr 2001 und zu Beginn des Jahres 2002scheint sich auf den Arbeitsmarkt in Formeines Rückgangs der geleisteten Arbeitsstun-den sowie eines verlangsamten Wachstumsdes Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmerausgewirkt zu haben.

Die Inflation gemessen am RPIX3 bliebbeinahe während des gesamten Berichtsjahrs

unter dem von der Regierung festgesetztenZielwert von 2,5 % und behielt mit einemDurchschnitt von 2,2 % im Großen und Gan-zen den Vorjahrstrend bei. Nach einem An-stieg der Benzinpreise und einer Steigerungbei den Wohnungskosten überschritt jedochdie RPIX-Inflation im November und Dezem-ber den Zielwert. Die jährliche Teuerungnach dem HVPI fiel dagegen mit durchschnitt-lich 1,3 % im Verlauf des Berichtsjahrs merk-lich geringer aus als die RPIX-Inflation. Diesliegt zum Teil daran, dass die kräftig steigen-de Komponente des RPIX für Wohnungskos-ten im HVPI nicht enthalten ist. Die Preisefür Dienstleistungen und Waren entwickel-ten sich auch im Jahr 2002 weiterauseinander. Während die Preise für Dienst-leistungen rascher anzogen, waren die Preisein den exponierteren Gütersektoren durchdie schwache Nachfrage und die starke Kon-kurrenz an den Weltmärkten weiterhin ei-nem Abwärtsdruck ausgesetzt. Gleichzeitigblieb der jährliche Anstieg der Lohnstück-kosten verglichen mit dem Vorjahr in derGesamtwirtschaft im Durchschnitt weitge-hend stabil. Insgesamt war weiterhin ein ziem-lich gedämpfter Kostendruck festzustellen.

Nachdem sich die gesamtstaatliche Haushalts-lage in den vergangenen Jahren erheblich ver-bessert hatte, sank der Haushaltsüberschussim Jahr 2001 auf 0,8 % des BIP und verkehrtesich im Berichtsjahr in ein Defizit von 1,4 %.Dieser Rückgang war auf eine deutliche Er-höhung der öffentlichen Ausgaben im Rah-men einer expansiven Fiskalpolitik sowie aufeine starke Abnahme der Einkünfte aus di-rekten Steuern zurückzuführen. Insbesonderedie Einkünfte aus der Körperschaftssteuer fie-len niedriger als erwartet aus, vor allem imFinanzdienstleistungssektor. Bei der Schul-denquote wurde eine geringfügige Abnahmevon 39 % im Jahr 2001 auf 38,6 % im Jahr2002 verzeichnet. Das aktualisierte Konver-genzprogramm sieht für 2002/03 und 2003/04ein Haushaltsdefizit von 1,8 % bzw. 2,2 % desBIP vor. Es wird ein geringfügiger Anstiegdes Bruttoverschuldungsgrads von 37,9 % des

3 Der RPIX beruht auf dem Einzelhandelspreisindex ohne Hypo-thekenzinszahlungen.

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BIP in den Jahren 2002 und 2003 auf 38,8 %in den Jahren 2003 und 2004 erwartet.

Die Bank of England verfolgt eine flexibleWechselkurspolitik und richtet ihre Geldpo-litik auf ein explizites Inflationsziel aus, dasvon der Regierung mit einer jährlichen Teue-rung des RPIX von 2,5 % festgelegt wurde.Im Jahr 2002 blieb der offizielle Reposatz un-verändert bei 4,0 %; im Februar 2003 wurdeer auf 3,75 % gesenkt. Der Abstand zu denkurzfristigen Zinsen im Euroraum bewegtesich während des gesamten Berichtsjahrsum die 60 Basispunkte und stieg im Dezem-ber geringfügig an, nachdem die EZB eineSenkung der Leitzinssätze vorgenommenhatte (siehe Abbildung 31). Die Renditen von

Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit be-wegten sich um das Niveau von 2001 undlagen gegen Jahresende über dem Niveau desEuroraums. Der Wechselkurs des Pfund Ster-ling gegenüber dem Euro gab im Jahresver-lauf leicht nach (siehe Abbildung 32). Nach-dem das Pfund Sterling im Mai und Juni ge-genüber dem Euro anfänglich abgewertethatte, was möglicherweise mit Spekulationenüber eine Einführung des Euro im Vereinig-ten Königreich sowie mit der starken Auf-wertung des Euro gegenüber dem US-Dollarin diesem Zeitraum zusammenhing, kehrtesich dieser Trend im dritten Quartal zwarteilweise um, im vierten Quartal verlor dasPfund gegenüber dem Euro jedoch wieder anWert.

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Abschiedsfeier von VizepräsidentChristian Noyer, 28. Mai 2002

Der scheidende Vizepräsident der EZB,Christian Noyer (links), und sein Nachfolger,

Lucas Papademos

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Europäische und internationale

Zusammenarbeit

Kapitel V

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1 Europäische Themen

1 Auf die Beziehungen der EZB mit dem Europäischen Parlamentwird gesondert in Kapitel XII eingegangen.

Die EZB setzte im Jahr 2002 ihre regelmäßigeZusammenarbeit mit den Institutionen undzuständigen Organen der Europäischen Ge-meinschaft weiter fort.1 Sie nahm an jenenSitzungen des ECOFIN-Rats teil, in denen Fra-gen im Zusammenhang mit den Zielen undAufgaben des ESZB erörtert wurden. Im Jahr2002 zählten dazu Fragen der Finanzmarkt-stabilität, -regulierung und -aufsicht sowie derUmsetzung des Stabilitäts- und Wachstums-pakts. Gleichzeitig machte der Vorsitzendedes ECOFIN-Rats mehrmals von seinemRecht Gebrauch, an Sitzungen des EZB-Ratsteilzunehmen. Während des zweiten Halb-jahrs 2002, als mit Dänemark ein Mitglied-staat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, dieEU-Ratspräsidentschaft innehatte, wohnte derVorsitzende der Eurogruppe in Vertretungdes Vorsitzenden des ECOFIN-Rats den EZB-Ratssitzungen bei. Des Weiteren nahm einMitglied der Europäischen Kommission an Sit-zungen des EZB-Rats teil.

Der Präsident der EZB und die Präsidentender NZBen wurden außerdem zu den beideninformellen Treffen des ECOFIN-Rats inOviedo (Spanien) im April und in Kopenha-gen (Dänemark) im September 2002 eingela-den. Bei beiden Treffen wurden Fragen derIntegration, Stabilität, Regulierung und Auf-sicht der europäischen Finanzmärkte erör-tert. Darüber hinaus bot der informelle Ratvon Oviedo den Teilnehmern Gelegenheitzum Meinungsaustausch zu Themen der Un-ternehmenskontrolle und -steuerung (Cor-porate Governance) und des internationalenFinanzwesens. Im Mittelpunkt des informel-len ECOFIN-Rats in Kopenhagen standen un-ter anderem Fragen der Erweiterung und derinternationalen Finanzarchitektur.

Wie schon in den vergangenen Jahren nahmdie EZB auch im Jahr 2002 regelmäßig an denSitzungen der Eurogruppe teil. Diese Sitzun-gen bieten der EZB die Möglichkeit eines of-fenen und informellen politischen Dialogs mitden Finanzministern der Euro-Länder unddem Kommissar für Wirtschaft und Wäh-rungsangelegenheiten. Die Eurogruppe befass-

te sich bei ihren Beratungen vor allem mitden gesamtwirtschaftlichen Aussichten fürden Euroraum sowie mit den Haushaltsent-wicklungen in einzelnen Euro-Ländern. Dielaufende Überwachung der Fortschritte beider Euro-Bargeldumstellung bildete insbeson-dere im ersten Halbjahr 2002 einen weiterenThemenschwerpunkt. Darüber hinaus be-schäftigte sich die Eurogruppe weiterhin mitdem Fortschritt, der im Hinblick auf notwen-dige Strukturreformen erzielt wurde.

Zusätzlich zu der oben erläuterten Zusam-menarbeit auf politischer Ebene nahm die EZBwie bisher an den Treffen des Wirtschafts-und Finanzausschusses (WFA) und des Aus-schusses für Wirtschaftspolitik (WPA) teil,zu denen auch die NZBen Vertreter entsand-ten. Durch die Mitwirkung in diesen beidenAusschüssen, welche den ECOFIN-Rat unddie Eurogruppe durch die Bereitstellung vonAnalysen und Empfehlungen unterstützen,konnte die EZB ihre Expertise in diverse wirt-schaftspolitische Verfahren und die multilate-rale Überwachung einbringen. So arbeitetedie EZB unter anderem bei der Vorbereitungder Grundzüge der Wirtschaftspolitik und beider Beurteilung der Stabilitäts- und Konver-genzprogramme der Mitgliedstaaten mit. Fer-ner beteiligte sie sich an einer Reihe weitererAktivitäten dieser beiden Ausschüsse, wieetwa an der Weiterentwicklung der Analyse-instrumente und -methoden sowie an denumfassenden Länderprüfungen des WPA. DaLetztere vorwiegend den Strukturreformengewidmet sind und in den Jahresbericht überStrukturreformen des WPA einfließen, ge-währt diese Mitarbeit der EZB nicht nur ei-nen wertvollen Einblick in den Ablauf vonStrukturreformen, sondern bietet auch dieMöglichkeit eines Meinungsaustauschs mit denMitgliedstaaten.

Die EZB nahm auch im Jahr 2002 an denzweimal jährlich stattfindenden Treffen zumMakroökonomischen Dialog – sowohl auf

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technischer als auch auf politischer Ebene –teil. Gemäß dem vom Europäischen Rat vonKöln erteilten Mandat erörterten Vertreterder Mitgliedstaaten, der Europäischen Kom-mission, der EZB, der Zentralbanken der Län-der außerhalb des Euroraums und der aufEU-Ebene tätigen Sozialpartner die Wirt-schaftsaussichten und die daraus resultieren-den wirtschaftspolitischen Herausforderun-gen. Der Makroökonomische Dialog bot da-mit den Teilnehmern erneut einen Rahmenfür einen vertraulichen Meinungsaustauschund vertrauensbildende Kontakte.

Von der breiten Themenpalette, mit der sichdie europäischen Institutionen und Organe inZusammenarbeit mit der EZB beschäftigen,sollen folgende Bereiche angesichts ihrerwirtschaftlichen und institutionellen Bedeu-tung näher beleuchtet werden.

1.1 Umsetzung des Stabilitäts- undWachstumspakts

Vor dem Hintergrund sich verschlechternderHaushaltsentwicklungen und -aussichten er-wies sich das Jahr 2002 als ein Prüfstein fürdie Umsetzung des Stabilitäts- und Wachs-tumspakts.

Sowohl Deutschland als auch Portugal hattenim Jahr 2001 die in ihrem jeweiligen Stabili-tätsprogramm festgelegten Ziele für den ge-samtstaatlichen Haushaltssaldo weit verfehlt.Nachdem die Kommission festgestellt hatte,dass in den beiden Ländern die Gefahr einesübermäßigen Defizits bestand, verabschiede-te sie am 30. Januar 2002 die entsprechendenEmpfehlungen für eine Empfehlung des Rateszur frühzeitigen Warnung Deutschlands undPortugals. Damit setzte die Kommission erst-mals den in Verordnung (EG) Nr. 1466/97des Rates über den Ausbau der haushaltspoli-tischen Überwachung und der Überwachungund Koordinierung der Wirtschaftspolitikenvorgesehenen Frühwarnmechanismus in Gang.Sowohl Deutschland als auch Portugal ver-pflichteten sich daraufhin nachdrücklich, dafürSorge zu tragen, dass der Referenzwert von3 % des BIP nicht überschritten und dass bis

zum Jahr 2004 eine nahezu ausgeglicheneHaushaltsposition erzielt wird. Angesichtsdieser Zusagen befand der ECOFIN-Rat beiseiner Sitzung am 12. Februar, dass die deut-sche und die portugiesische Regierung denvon der Kommission in ihren Empfehlungenzum Ausdruck gebrachten Bedenken in wirk-samer Weise Rechnung getragen hätten, undbeschloss somit, das Verfahren gegen die bei-den Länder abzuschließen.

Am 21. Juni 2002 verabschiedete der EU-Rateine Empfehlung zu den Grundzügen derWirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und derGemeinschaft. In haushaltspolitischer Hinsichtenthalten die Grundzüge der Wirtschaftspo-litik einen Aufruf an jene Mitgliedstaaten, diedas Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haus-halts oder eines Haushaltsüberschusses nochnicht erreicht hatten, dieser Anforderung bisspätestens 2004 gerecht zu werden. Entspre-chend der gängigen Praxis basierten die inden Grundzügen abgegebenen Empfehlungenauf den in der Frühjahrsprognose der Kom-mission enthaltenen Annahmen über die künf-tige Entwicklung der wichtigsten Wirtschafts-indikatoren. In den darauf folgenden Mona-ten verlief die wirtschaftliche Entwicklungjedoch bei weitem schlechter als erwartet. Inder Folge erschien für jene Mitgliedstaaten,die nach wie vor unausgeglichene Haushalts-positionen aufwiesen, angesichts des einge-schlagenen politischen Kurses sowie der ge-samtwirtschaftlichen Prognosen die Errei-chung eines nahezu ausgeglichenen Haushaltsoder eines Haushaltsüberschusses bisspätestens 2004 nicht mehr realistisch. BeimTreffen der Eurogruppe am 7. Oktober erör-terten die Finanzminister der Euro-Länder,der EZB-Präsident, der Kommissionspräsidentsowie der Kommissar für Wirtschaft undWährungsangelegenheiten die möglichen Aus-wirkungen dieser Situation. Anschließend ver-öffentlichte die Eurogruppe eine Stellungnah-me zur Haushaltsentwicklung im Euro-Wäh-rungsgebiet. Darin bekräftigten die Finanz-minister der Euro-Länder erneut ihre Bereit-schaft, die im EG-Vertrag verankerte Ver-pflichtung zur Vermeidung eines übermäßi-gen Haushaltsdefizits einzuhalten sowie dasim Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgese-

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hene Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haus-halts oder eines Haushaltüberschusses im Laufdes Konjunkturzyklus zu erreichen und bei-zubehalten. Des Weiteren pflichtete die Eu-rogruppe der Initiative der Kommission bei,der zufolge jene Mitgliedstaaten, welche die-ses Ziel noch nicht erreicht hatten, ihre struk-turelle Haushaltsposition kontinuierlich ummindestens 0,5 % des BIP pro Jahr anpassensollten. Mit Ausnahme eines Ministersherrschte Einigkeit darüber, dass dieser An-passungsprozess 2003 beginnen sollte.

Die Verschlechterung der Haushaltsaussich-ten im Sommer und Anfang Herbst rücktendie im Stabilitäts- und Wachstumspakt ent-haltenen Regelungen und deren Umsetzungins Zentrum der öffentlichen Debatte. Vordiesem Hintergrund gab der EZB-Rat am24. Oktober 2002 eine öffentliche Stellung-nahme zum Stabilitäts- und Wachstumspaktab. Darin wurde festgehalten, dass die Haus-haltsprobleme einiger Mitgliedstaaten nichtauf unflexible Regelungen des Stabilitäts- undWachstumspakts zurückzuführen seien, son-dern auf die mangelnde Bereitschaft der be-treffenden Mitgliedstaaten, ihrer Verpflichtungzur Einhaltung der Regelungen nachzukom-men, sowie auf ihr Unvermögen, frühere Pha-sen günstigeren Wachstums zu einer wesent-lichen Verbesserung ihrer öffentlichen Finan-zen zu nutzen. Darüber hinaus brachte derEZB-Rat seine Unterstützung für die Initiati-ve der Kommission zum Ausdruck, die vor-sieht, dass sich sämtliche Mitgliedstaaten, dieweiterhin unausgeglichene Haushaltspositio-nen aufweisen, zu einer eindeutig festgeleg-ten Haushaltskonsolidierungsstrategie ver-pflichten. Eine solche Strategie sollte aucheinen glaubwürdigen Pfad zur kontinuierlichenAnpassung des strukturellen Saldos der öf-fentlichen Haushalte um mindestens 0,5 %des BIP pro Jahr umfassen.

Im Lauf des Sommers stellte sich außerdemheraus, dass es um die öffentlichen FinanzenPortugals weitaus schlechter bestellt war, alsman zu dem Zeitpunkt, als im Rat eine Früh-warnung Portugals erörtert wurde, oder spä-ter während der Erstellung der Grundzügeder Wirtschaftspolitik angenommen hatte. In

der zum 1. September erfolgten Notifikationüber die Höhe des öffentlichen Defizits unddes öffentlichen Schuldenstands meldete dieportugiesische Regierung schließlich ein Defi-zit der öffentlichen Haushalte von 4,1 % desBIP für 2001, womit der Referenzwert von3 % des BIP deutlich überschritten wurde.Die Kommission eröffnete daher ein Verfah-ren bei einem übermäßigen Defizit, wie esunter Artikel 104 EG-Vertrag vorgesehen undin Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Ratesnäher erläutert ist. Gemäß den in diesem Ver-fahren vorgesehenen Schritten verabschiede-te der ECOFIN-Rat eine Entscheidung überdas Bestehen eines übermäßigen Defizits inPortugal und eine an Portugal gerichtete Emp-fehlung mit dem Ziel, das übermäßige Defizitin Portugal zu beseitigen. Letztere enthält un-ter anderem die Empfehlung des Rats an dieportugiesische Regierung, das übermäßige De-fizit so rasch wie möglich zu korrigieren. DerRat setzte den 31. Dezember 2002 als Fristfür die Umsetzung der notwendigen Maßnah-men zur Bekämpfung des übermäßigen Defi-zits durch Portugal fest. Darüber hinaus emp-fahl der Rat, dass die portugiesische Regierungdie notwendigen Haushaltsmaßnahmen zur Si-cherstellung eines weiteren Abbaus des Haus-haltsdefizits auf deutlich unter 3 % des BIP imJahr 2003 beschließen und umsetzen und dassder Schuldenstand der Regierung unter demReferenzwert von 60 % des BIP gehalten wer-den solle.

In ihrer am 13. November veröffentlichtenHerbstprognose 2002 veranschlagte die Kom-mission das Haushaltsdefizit für Deutschlandfür das Jahr 2002 mit 3,8 % des BIP und fürFrankreich mit 2,7 % des BIP, wobei im FallFrankreichs für 2003 ein Anstieg auf 2,9 % un-terstellt wurde. Vor diesem Hintergrund leitetedie Kommission mit der Veröffentlichung einesBerichts zur Haushaltslage in Deutschland am19. November das Verfahren bei einem über-mäßigen Defizit gemäß Artikel 104 EG-Ver-trag ein. Am selben Tag verabschiedete dieKommission auch eine Empfehlung für eineEmpfehlung des Rates zur frühzeitigen War-nung Frankreichs, um das Entstehen einesübermäßigen Defizits zu verhindern.

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Am 21. Januar 2003 verabschiedete derECOFIN-Rat eine Entscheidung über das Beste-hen eines übermäßigen Defizits in Deutschlandund verabschiedete eine Empfehlung mit demZiel, das übermäßige Defizit in Deutschland zubeenden. Darin sprach der Rat unter anderemdie Empfehlung an die deutsche Regierung aus,das übermäßige Defizit so rasch wie möglich zukorrigieren, indem sie die in ihrem Haushalts-plan für 2003 vorgesehenen Korrekturmaßnah-men konsequent umsetzt. Als Frist zur Umset-zung dieser Maßnahmen legte der Rat den21. Mai 2003 fest. Des Weiteren verabschie-dete der ECOFIN-Rat am 21. Januar eine Emp-fehlung zur frühzeitigen Warnung Frankreichs,um dem Entstehen eines übermäßigen Defizitsentgegenzuwirken.

1.2 Vorschläge zur Stärkung derKoordinierung der Wirtschafts-politik und Straffung politischerKoordinierungsprozesse

Bei seinem Treffen in Barcelona am 15. und16. März 2002 rief der Europäische Rat zueiner verstärkten Koordinierung der Wirt-schaftspolitik auf. Zu diesem Zweck ersuch-ten die Staats- und Regierungschefs die Kom-mission, bis zur Frühjahrstagung des Europäi-schen Rats im Jahr 2003 Vorschläge zurverstärkten wirtschaftspolitischen Koordinie-rung vorzulegen. Darüber hinaus wurde demRat und der Kommission nahe gelegt, die ent-sprechenden politischen Koordinierungsver-fahren zu straffen und den Schwerpunkt eherauf Umsetzungsmaßnahmen als auf die all-jährliche Erarbeitung von Leitlinien zu legen.

Am 3. September veröffentlichte die Kom-mission eine Mitteilung, in der sie Vorschlägezur Straffung der jährlichen Zyklen der wirt-schafts- und beschäftigungspolitischen Koor-dinierung vorlegte. In seinem am 3. Dezem-ber verabschiedeten Bericht stimmte der Ratden Vorschlägen der Kommission weitgehendzu. Die Empfehlungen der Kommission unddes Rats zur Straffung der wirtschafts- undbeschäftigungspolitischen Koordinierung um-fassen im Wesentlichen drei Punkte. Erstenssoll die politische Koordinierung stärker mit-

telfristig ausgerichtet sein, d. h., umfassendeBerichte über die Umsetzung der Grundzügeder Wirtschaftspolitik sowie der beschäfti-gungspolitischen Leitlinien und Empfehlungensollen nur alle drei Jahre statt wie bisheralljährlich erarbeitet werden. Zweitens sollgenauer auf die jährliche Überprüfung derUmsetzung von Leitlinien geachtet werden.Drittens soll ein gemeinsamer Zyklus für diepolitische Koordinierung gefunden werden,im Rahmen dessen der Europäische Rat beiseiner Frühjahrstagung die Umsetzung derGemeinschaftspolitik überprüft und allgemei-ne politische Orientierungshilfen formuliert.Auf dieser Grundlage soll ein „Leitlinienpa-ket“ erarbeitet werden, das sowohl dieGrundzüge der Wirtschaftspolitik als auch diebeschäftigungspolitischen Leitlinien und Emp-fehlungen umfasst. Darüber hinaus sollenkünftig auch die verschiedenen, von den Mit-gliedstaaten im Rahmen des Luxemburg- unddes Cardiff-Prozesses vorzulegenden Berich-te im Hinblick auf die Straffung der Bericht-erstattungspflicht der Mitgliedstaaten und aufdie Vermeidung von Überschneidungen undDoppelgleisigkeiten aufeinander abgestimmtwerden. Zu diesem Zweck sollen die Umset-zungsberichte der Mitgliedstaaten jedenHerbst als gemeinsames Paket vorgelegt wer-den. Die Stabilitäts- und Konvergenzprogram-me der Mitgliedstaaten sind jedoch aufgrundihrer Verflechtung mit den nationalen Haus-haltszyklen weiterhin separat zu handhaben.

Am 27. November kam die Kommission derAufforderung des Europäischen Rats von Bar-celona, Vorschläge zur Stärkung der wirt-schaftspolitischen Koordinierung vorzulegen,durch eine Mitteilung an den Rat und dasEuropäische Parlament zur Verstärkung derhaushaltspolitischen Koordinierung nach. Indieser Mitteilung präsentierte die Kommissi-on die folgenden fünf Vorschläge zur Verbes-serung der Interpretation des Stabilitäts- undWachstumspakts, die allesamt aus der Sichtder Kommission im Rahmen der derzeitigenrechtlichen Grundlagen umsetzbar wären:Erstens sollte bei der Festlegung der Haus-haltsziele verstärkt dem KonjunkturzyklusRechnung getragen werden. Dazu sollte dasKriterium des Stabilitäts- und Wachstums-

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pakts bezüglich eines nahezu ausgeglichenenHaushalts oder Haushaltsüberschusses stetsauf den konjunkturbereinigten Saldo bezogenwerden (laut Definition der Kommission blei-ben dabei die vorübergehenden Auswirkun-gen von Konjunkturschwankungen auf dieHaushalte unberücksichtigt). Die Einhaltungdes Referenzwerts von 3 % des BIP würdesich jedoch auch weiterhin auf den nominalenSaldo beziehen. Zweitens sollen diejenigenMitgliedstaaten, deren Haushaltspositionender Anforderung eines nahezu ausgegliche-nen Haushalts oder Haushaltsüberschussesnach wie vor nicht genügen, ihren strukturel-len Haushaltssaldo alljährlich um mindestens0,5 % des BIP verbessern. Dieser Vorschlagentspricht der Stellungnahme der Eurogrup-pe vom 7. Oktober (siehe oben). Drittens seieine prozyklische Haushaltspolitik in Zeiteneines Wirtschaftsaufschwungs zu vermeiden.Viertens könne unter bestimmten Bedingun-gen sowie unter der Voraussetzung, dass derReferenzwert von 3 % des BIP nicht gefähr-det ist, eine geringfügige Abweichung von demKriterium bezüglich eines nahezu ausgegliche-nen Haushalts oder Haushaltsüberschussestoleriert werden. Eine solche Abweichungwäre einzig zu dem Zweck zulässig, dem be-treffenden Mitgliedstaat die Finanzierung vonStrukturreformen zu ermöglichen, die das Be-schäftigungs- und Wachstumspotenzial erhö-hen und somit die strukturelle Haushaltspo-sition mittelfristig stärken würden. Fünftensschließlich sollte der Bewertung der öffentli-chen Schuldenquoten im Haushaltsüberwa-chungsprozess größere Bedeutung beigemes-sen werden. Zur effektiven Umsetzung die-ser Vorschläge legte die Kommission einVier-Punkte-Programm fest. Diesem Pro-gramm zufolge sollen erstens die Mitglied-staaten bei der nächsten Frühjahrstagung desEuropäischen Rats ihre politische Festlegungauf den Stabilitäts- und Wachstumspakt ineiner „Entschließung zur Stärkung der haus-haltspolitischen Koordinierung“ bekräftigen.Zweitens soll der ECOFIN-Rat einen „Kodexder besten Verfahren zur Meldung von Haus-haltsdaten“ verabschieden und so die Quali-tät und Aktualität der Statistik zur Finanzlageder öffentlichen Haushalte verbessern.Drittens sollen die Durchsetzungsverfahren

des Stabilitäts- und Wachstumspakts wirksa-mer gestaltet werden, und zwar insbesonderedurch eine genauere Festlegung der Umstän-de, die diese Verfahren in Gang setzen.Viertens schließlich sollte die Haushaltspoli-tik mit größerer Offenheit und Transparenzvermittelt werden.

In seiner Stellungnahme im Anschluss an dieEZB-Ratssitzung vom 5. Dezember bezeichneteder EZB-Präsident die Mitteilung der Kommis-sion zur Stärkung der haushaltspolitischen Ko-ordinierung als einen guten Ausgangspunkt, umdas Vertrauen in die haushaltspolitischen Rah-menvorgaben wieder aufzubauen. In diesem Zu-sammenhang verwies er noch einmal darauf,dass der EZB-Rat das Hauptziel der Kommis-sion, nämlich eine verbesserte Umsetzung desStabilitäts- und Wachstumspakts im Rahmen desbestehenden Regelwerks, in vollem Umfang un-terstützt.

1.3 Der Konvent zur Zukunft Europas

Bei seiner Sitzung in Laeken im Dezember2001 verabschiedete der Europäische Rat die„Erklärung zur Zukunft der Europäischen Uni-on“ (auch bekannt als „Erklärung von Lae-ken“), in der die Herausforderungen beschrie-ben werden, denen sich die Union „an einemScheideweg, an einem entscheidenden Mo-ment ihrer Geschichte“ stellen muss. Im Lich-te dieser Herausforderungen und im Hinblickauf eine „möglichst umfassende und möglichsttransparente“ Vorbereitung der nächsten Re-gierungskonferenz beschloss der EuropäischeRat, einen Konvent zur Zukunft Europas ein-zuberufen. Er beauftragte den Konvent, diewesentlichen Fragen hinsichtlich der künfti-gen Entwicklung der Union festzuhalten undmögliche Antworten zu formulieren sowie diebestehenden Verträge zu vereinfachen undneu zu ordnen, um so möglicherweise denWeg zu einer Verfassung für die europäi-schen Bürger zu bereiten.

Dem Konvent, der seine Beratungen im Feb-ruar 2002 aufnahm und seine Arbeit voraus-sichtlich bis zum Sommer 2003 abschließenwird, gehören Vertreter der nationalen Re-

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gierungen und Parlamente ebenso an wie Ver-treter des Europäischen Parlaments und derKommission. Die Beitrittsländer sind in glei-cher Weise wie die derzeitigen Mitgliedstaa-ten vertreten. Schon zu einem sehr frühenZeitpunkt ihrer Verhandlungen signalisiertendie Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Vor-schlag des Vorsitzenden Valéry Giscardd’Estaing, die Vertragsbasis für eine „Verfas-sung für Europa“ zu erarbeiten. Dieser Text,der die rechtliche und konstitutionelle Grund-lage der Europäischen Union vereinfachen,straffen und stärken soll, soll der im Jahr2003 stattfindenden Regierungskonferenz zurAnnahme vorgelegt werden.

In seiner Dankesrede anlässlich der Verlei-hung des Internationalen Karlspreises zu Aa-chen 2002 an den Euro erklärte der Präsi-dent der EZB im Mai 2002, dass der Konventim Fall seines Erfolgs einen Beitrag dazu leis-ten würde, die bestehende Wirtschaftsver-fassung durch wirksame und transparente po-litische Strukturen und Prozesse zu ergänzen.

Im Juni 2002 wurde im Rahmen des Konventsdie Arbeitsgruppe „Ordnungspolitik“ einge-richtet, die sich mit den allgemeinen Rah-menvorgaben der Ordnungspolitik, der Wäh-rungs- und Wirtschaftspolitik sowie mit insti-tutionellen Fragen befasste. Im September2002 legte der EZB-Präsident bei einer An-hörung dieser Arbeitsgruppe seine Ansichtdazu dar, auf welche Weise währungs- undwirtschaftspolitische Fragen in einem künfti-gen Verfassungsvertrag berücksichtigt werdenkönnten. Dabei verlieh er seiner Überzeu-gung Ausdruck, dass die bestehenden ord-nungspolitischen Rahmenvorgaben fundiertund geeignet sind, die zukünftigen Herausfor-derungen zu bewältigen. Darüber hinaus for-derte er den Konvent auf, diese Rahmenvor-gaben im Wesentlichen aufrechtzuerhaltenund dabei insbesondere die währungspoliti-schen Grundsätze des Vertrags, vor allem dieZentralbankunabhängigkeit und das vorrangi-ge Ziel der Wahrung der Preisstabilität, zubeachten. Diese Grundsätze sollten in einemkünftigen Verfassungsvertrag der EU als Fun-dament der Währungsverfassung eine wichti-ge Stellung einnehmen.

In ihrem im Oktober 2002 verabschiedetenSchlussbericht sprach die Arbeitsgruppe dieEmpfehlung aus, die derzeitige ordnungspoli-tische Struktur beizubehalten, und bekräftig-te somit, dass die ausschließliche Zuständig-keit für geldpolitische Fragen innerhalb desEuro-Währungsgebiets bei der EZB liegt. Au-ßerdem brachte der Bericht zum Ausdruck,dass Aufgaben, Mandat und Satzung der EZBnicht geändert sowie von etwaigen neuen Ver-tragsbestimmungen unberührt bleiben sollten.In der Diskussion des Berichts vor dem Ple-num des Konvents am 7. November 2002signalisierte eine überragende Mehrheit derKonventsmitglieder ihre Unterstützung für dieEmpfehlungen der Arbeitsgruppe.

Die EZB beobachtet die Tätigkeit des Kon-vents mit großer Aufmerksamkeit und ver-tritt die Ansicht, dass die Annahme eines„Verfassungsvertrags für Europa“ den Erfolgder Wirtschafts- und Währungsunion ausbau-en und weiter untermauern würde.

1.4 Die Reform der Finanzmärkte

Um den vollen Nutzen aus der gemeinsamenWährung ziehen zu können, wird der Beseiti-gung noch bestehender Hindernisse auf demWeg zu einem wirklich einheitlichen Binnen-markt für Finanzdienstleistungen wachsendeAufmerksamkeit gewidmet. Im Jahr 2002 wur-den auf EU-Ebene weitere bedeutende Schrit-te in diese Richtung unternommen. So wur-den neue gesetzliche Vorschriften verabschie-det und die zur Erstellung und Anwendungvon Verordnungen erforderlichen Abläufeeingehend diskutiert.

Der Europäische Rat von Barcelona bestätig-te im März 2002, dass der vollständigen Um-setzung des Aktionsplans für Finanzdienstleis-tungen (Financial Services Action Plan – FSAP)bis 2005 Priorität eingeräumt werden müsse,um die noch bestehenden Unzulänglichkeitendes europäischen Finanzmarkts zu überwin-den. Der 1999 ausgearbeitete FSAP bieteteine Orientierungshilfe im Hinblick auf die imFinanzmarktbereich erforderlichen Maßnah-men. Mit Unterstützung der Politischen Grup-

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pe für Finanzdienstleistungen, in der die EZBvertreten ist, überprüft die Europäische Kom-mission regelmäßig die im Rahmen des FSAPerzielten Fortschritte. In dem im Dezember2002 veröffentlichten „Siebenten Fortschritts-bericht über die Umsetzung des Aktionsplansfür Finanzdienstleistungen (FSAP)“ wird be-tont, dass die Kommission bis Mitte 2004Maßnahmen im Rahmen des FSAP ergreifenmuss, sollte der Aktionsplan fristgerecht bis2005 umgesetzt werden. Es wird jedoch auchauf bisherige Fortschritte verwiesen. Bis Ende2002 wurden von den 42 im ursprünglichenAktionsplan angeführten Maßnahmen 31 ver-abschiedet. Dazu zählen die Richtlinien überFinanzsicherheiten und über den Fernabsatzvon Finanzdienstleistungen sowie die Verord-nung betreffend die Anwendung internationa-ler Rechnungslegungsstandards. Die Kommis-sion hat nunmehr nur noch vier Vorschlägefür Rechtsakte vorzulegen, beispielsweise be-treffend die Revision der Eigenkapitalvor-schriften für Kreditinstitute und Wertpapier-firmen. In Anbetracht der breiteren Entwick-lung der Märkte seit der Einführung des FSAPwurden außerdem fünf weitere Maßnahmenvorbereitet, wie etwa die Mitteilung der Kom-mission betreffend Clearing und Abrechnung.

Darüber hinaus wurden im Berichtsjahr wei-tere Fortschritte dabei erzielt, die EU mitStrukturen zur Regulierungstätigkeit, Aufsichtund Stabilität im Finanzsektor auszustatten,die den Bedürfnissen des sich rasch verän-

dernden finanziellen Umfelds gerecht wer-den. Zu diesem Zweck verabschiedete derECOFIN-Rat am 3. Dezember 2002 nach ei-nem umfassenden öffentlichen Konsultations-verfahren einen Bericht mit einer Reihe kon-kreter Vorschläge. Demzufolge sollten etwadie interinstitutionellen Lamfalussy-Rahmen-vorgaben im Wertpapierbereich auf sämtli-che Finanzsektoren ausgedehnt werden. Eswurde vorgeschlagen, drei neue Regelungs-ausschüsse („Ebene 2“) für das Bankwesen,für Finanzkonglomerate und für das Versi-cherungswesen einschließlich Renten einzu-setzen sowie zwei neue Aufsichtsausschüsse(„Ebene 3“) für das Bankwesen und das Ver-sicherungswesen einschließlich Renten.Darüber hinaus wird in dem Bericht nahegelegt, dass eine neu strukturierte PolitischeGruppe für Finanzdienstleistungen unter Vor-sitz der Mitgliedstaaten in Fragen der Finanz-marktpolitik beraten sowie den Wirtschafts-und Finanzausschuss dabei unterstützen soll-te, die Gespräche des ECOFIN-Rats zu The-men der Finanzmarktstabilität vorzubereiten.Der ECOFIN-Rat empfahl der Kommission,die Ausschüsse der Ebene 2 und Ebene 3 sorasch wie möglich ins Leben zu rufen. Da mitdem Europäischen Parlament noch keine Ei-nigung über die Übertragung von Befugnissenzum Erlass von Durchführungsvorschriften aufdie Ausschüsse der Ebene 2 erfolgt ist, soll-ten Letztere anfänglich in rein beratenderFunktion eingesetzt werden (siehe auch Ka-pitel IX).

2 Internationale Zusammenarbeit

Gemeinsam mit den NZBen setzte die EZBim Berichtsjahr ihre Teilnahme an den wäh-rungs-, finanz- und wirtschaftspolitischen Ak-tivitäten internationaler Institutionen und Fo-ren fort. Die im Jahresbericht 1999 erläuter-ten praktischen Vereinbarungen über dieinternationale Vertretung und Zusammenar-beit der EZB blieben weitgehend unverän-dert. Innerhalb der EU wurde die Koordinie-rung in internationalen makroökonomischenund finanzpolitischen Fragen unter anderemim Zusammenhang mit den regelmäßigen Ak-tivitäten des Wirtschafts- und Finanzausschus-

ses sowie durch eine Verbesserung des Infor-mationsaustauschs mit denjenigen Exekutiv-direktoren des IWF, die die EU-Mitgliedstaatenvertreten, sowie mit dem EZB-Beobachter ver-stärkt.

2.1 Multilaterale und bilateraleÜberwachung dermakroökonomischen Politik

Gemeinsam mit den NZBen nahm die EZBauch weiterhin an regelmäßigen Peer-Reviews

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(multilaterale Überwachung) und Überprüfun-gen durch internationale Institutionen (bila-terale Überwachung) bezüglich monetärer,wirtschaftlicher und finanzieller Entwicklun-gen und Maßnahmen teil.

Multilaterale Überwachung

Die EZB beteiligte sich am Informations- undMeinungsaustausch mit anderen Entschei-dungsträgern multilateraler Organisationenund Foren. Bei den Gesprächen der G-7-Fi-nanzminister und der Zentralbankpräsiden-ten zu Überwachungs- und Wechselkursfra-gen war das Euro-Währungsgebiet durch denPräsidenten der EZB und den Vorsitzendender Eurogruppe vertreten. Der EZB-Präsidentnahm ferner an einer Reihe von Diskussionenüber die Weltwirtschaftslage im Rahmen an-derer informeller Foren teil, wie etwa an denTreffen der Zentralbankpräsidenten der G 10bzw. der Finanzminister und Zentralbankprä-sidenten der G 10 und der G 20. Der EZB-Beobachter beteiligte sich an der regelmäßi-gen Überprüfung globaler Wirtschafts- undMarktentwicklungen durch das IWF-Exeku-tivdirektorium sowie an den Beratungen desIWF-Exekutivdirektoriums über den Welt-wirtschaftsausblick. Schließlich waren die EZBund die NZBen auch im Wirtschaftspoliti-schen Ausschuss der Organisation für wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung(OECD) vertreten, wo sie über kurzfristigeglobale Wirtschaftsprognosen und anstehen-de wirtschaftspolitische Erfordernisse disku-tierten und somit einen Beitrag zum Wirt-schaftsbericht („Economic Outlook“) derOECD leisteten. Gemeinsam mit den NZBennahm die EZB zudem an Sitzungen von Un-terausschüssen und Arbeitsgruppen des Wirt-schaftspolitischen Ausschusses teil.

Bilaterale Überwachung

Die EZB trug zu den bilateralen geld-, finanz-und wirtschaftspolitischen Prüfungen des Eu-roraums durch den IWF und die OECD bei.Der IWF legte im Jahr 2002 als Ergänzungder nationalen Konsultationen zwei Artikel-

IV-Berichte über die Geld- und Wechselkurs-politik des Euroraums vor. Diese Berichtestützten sich unter anderem auf Gesprächezwischen der IWF-Delegation und der EZB.Der erste Bericht wurde dem IWF-Exekutiv-direktorium im April 2002 zur Informationvorgelegt. Nachdem das Exekutivdirektoriumdes IWF den zweiten Bericht erörtert hatte,wurde dieser im Oktober 2002 gemeinsammit einer Zusammenfassung der Einschätzungdes Exekutivdirektoriums im Rahmen einerÖffentlichen Informationsmitteilung und ei-ner Stellungnahme des Exekutivdirektors, derfür das Land zuständig ist, das zu diesem Zeit-punkt den EU-Ratsvorsitz innehatte, veröf-fentlicht. Letztere Stellungnahme erfolgte imNamen der zuständigen Behörden des Euro-Währungsgebiets. Das IWF-Exekutivdirekto-rium gratulierte den zuständigen Behördendes Euroraums zur erfolgreichen und rei-bungslosen Einführung des Euro-Bargelds.Gleichzeitig wies es darauf hin, dass dasWachstum im Jahr 2002 schwächer und dieTeuerung stärker als erwartet ausgefallen wa-ren. Dies sei sowohl auf unvorhersehbareSchocks als auch auf die nach wie vor hoheSensibilität gegenüber außenwirtschaftlichenEntwicklungen – trotz der Tatsache, dass dasEurogebiet als Ganzes weitaus weniger offenist, als es seine einzelnen Mitgliedstaaten vordem Beitritt zur Währungsunion waren – zu-rückzuführen. Das IWF-Exekutivdirektoriumbrachte die Erwartung zum Ausdruck, dassder wirtschaftliche Aufschwung allmählichstattfinden werde, wobei beträchtliche Ab-wärtsrisiken fortbestünden.

Die OECD veröffentlichte im Juli 2002 einen„Economic Survey of the Euro Area“, dersich unter anderem auf die Arbeit einerOECD-Delegation bei der EZB stützte. Fürden Abschluss dieses Berichts war derOECD-Prüfungsausschuss für Wirtschafts-und Entwicklungsfragen verantwortlich, indem der Vorsitzende der Eurogruppe, dieEuropäische Kommission und die EZB ge-meinsam die Europäische Union vertraten.Dem Dokument zufolge dürfte der derzeit zuverzeichnende Wirtschaftsaufschwung lang-sam an Dynamik gewinnen. Im Hinblick aufdie Geldpolitik wurden die jüngsten Preisent-

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wicklungen im Euro-Währungsgebiet unter-sucht. Dabei gelangte man zu dem Schluss,dass die Tatsache, dass die Inflationsrate seitdem Jahr 2000 im Durchschnitt bei über 2 %liegt, auf eine Reihe negativer Inflations-schocks zurückzuführen ist. Der Fortbestandeiner relativ hohen Inflationsrate in einigenEuro-Ländern wurde als Herausforderung ge-sehen, die die Notwendigkeit flexiblerer Ar-beits- und Gütermärkte sowie der weiterenIntegration der Finanzmärkte aufzeigt.

2.2 Beobachtung der Entwicklungen anden internationalen Finanzmärkten

Weltweite Finanzmarktstabilität

Das ESZB widmete der Arbeit internationa-ler Finanzinstitutionen und Foren im Bereichder globalen Finanzmärkte weiterhin beson-dere Aufmerksamkeit. So beteiligten sich dieEZB und die NZBen vor allem an der regel-mäßigen Beobachtung von Finanzmarktent-wicklungen durch das Forum für Finanzmarkt-stabilität (Financial Stability Forum – FSF), denbei der BIZ angesiedelten Ausschuss für dasweltweite Finanzsystem (Committee on theGlobal Financial System – CGFS) und denAuschuss für Finanzmärkte der OECD. EinBeobachter der EZB nahm an den Gesprä-chen des IWF-Exekutivdirektoriums zum vier-teljährlichen „Global Financial Stability Re-port“ teil, der den jährlichen „InternationalCapital Markets Report“ und die vierteljährli-chen Analysen unter dem Titel „EmergingMarket Financing“ ablöste. Im Rahmen derVorbereitungen zu einem dieser vierteljährli-chen Berichte besuchte eine Delegation desIWF die EZB, um Gespräche über die derzei-tigen Gegebenheiten an den europäischen Fi-nanzmärkten sowie die Entwicklungen in Rich-tung einer Integration der EU-Finanzmärktezu führen.

Initiativen zur Förderung derFinanzmarktstabilität

Die EZB unterstützte die Arbeit internatio-naler Institutionen und Foren zu besonderen

Aspekten der Funktionsweise der internatio-nalen Finanzmärkte. Eine Reihe von Instituti-onen und Foren, einschließlich des FSF, ana-lysierte die finanzpolitischen Auswirkungen imHinblick auf die Zahlungsunfähigkeit großerUnternehmen, die Unternehmenssteuerungund -kontrolle, Rechnungslegungs- und Rech-nungsprüfungspraktiken sowie die Dynamikder Finanzmärkte. Die internationale Gemein-schaft hat auch weiterhin Maßnahmen zur Be-kämpfung der Geldwäsche und der Finanzie-rung terroristischer Aktivitäten überprüft undumgesetzt. In diesem Zusammenhang entwi-ckelte der IWF eine Methodik zur Bewertungder Einhaltung international vereinbarterStandards in diesen Bereichen durch einzelneLänder.

Die EZB beteiligte sich an der Arbeit des FSF,das unter anderem die Übernahme interna-tionaler Standards durch Offshore-Finanz-zentren, die Fortschritte im Hinblick auf sei-ne Empfehlungen in Bezug auf Institute mithoher Risiko/Eigenkapital-Relation sowie dieVerfahren zur Transparenzsteigerung imRückversicherungswesen überprüfte. DieAusschüsse unter der Ägide der Zentralbank-präsidenten der G-10-Länder befassten sichauch mit finanztechnischen Sonderthemen.Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht setz-te seine Überprüfung der Eigenkapitalverein-barung fort (siehe Kapitel IX). Die EZB betei-ligte sich an der Analyse der Auswirkungenim Finanzbereich von Finanzierungsmusternfür IT-Innovationen, Entwicklungen von Me-chanismen zur Übertragung des Kreditrisikossowie Anreizsystemen in der institutionellenVermögensverwaltung durch den CGFS. Au-ßerdem war die EZB in die Tätigkeiten desAusschusses für Zahlungsverkehrs- und Ab-rechnungssysteme (Committee on Paymentand Settlement Systems – CPSS) eingebun-den, dessen Vorsitz ein Mitglied des EZB-Direktoriums führt (siehe Kapitel VIII).Schließlich nahm die EZB auch an den regel-mäßigen Sitzungen des Märkteausschusses(vormals Gold- und Devisenausschuss) teil.

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2.3 Beziehungen zum IWF und anderenForen

Das ESZB leistete seinen Beitrag zur laufen-den Überprüfung der Architektur des inter-nationalen Wirtschafts- und Finanzsystems.Dies erfolgte sowohl durch die Mitarbeit aufeuropäischer Ebene, wo die Koordinierung inIWF-relevanten Fragen, insbesondere im Rah-men des WFA, verstärkt wurde, als auchdurch die direkte Teilnahme an den jeweili-gen internationalen Institutionen und Foren.

Solide inländische Wirtschaftspolitik

Das ESZB schenkt der Arbeit des IWF imHinblick auf Möglichkeiten zur Förderung derStabilität des weltweiten Wirtschafts- und Fi-nanzsystems besondere Aufmerksamkeit.Dabei stand im Jahr 2002 die Überwachungdurch den IWF als Instrument zur Krisenprä-vention im Mittelpunkt des Interesses. In Zu-sammenhang mit der halbjährlich stattfinden-den Überprüfung seiner Überwachungsaktivi-täten beschloss der IWF eine Reihe vonMaßnahmen, die darauf abzielen, den Schwer-punkt und die Qualität der Überwachung zuverbessern, die Wirksamkeit seiner politi-schen Empfehlungen zu erhöhen sowie dieRolle der Überwachung in Ländern, die aneinem finanziellen Hilfsprogramm des IWFteilnehmen, zu stärken.

Der IWF setzte seine Bemühungen fort, dieStabilität der nationalen Finanzsysteme unddie Umsetzung von auf internationaler Ebenevereinbarten Standards und Kodizes zu för-dern. Insbesondere erstellte der IWF gemein-sam mit der Weltbank Bewertungen hinsicht-lich der Einhaltung von Standards und Kodi-zes und der Stabilität und Beständigkeitinländischer Finanzsysteme im Rahmen seinerdiesbezüglichen Berichte (Reports on the Ob-servance of Standards and Codes – ROSCs)und der gemeinsamen Programme zur Be-wertung des Finanzsektors (Financial SectorAssessment Programmes – FSAPs). Die EZBunterstützte diese Bemühungen durch die Be-reitstellung von Fachleuten für die jeweiligenFSAP-Aktivitäten.

Bewältigung von Finanzkrisen

Der IWF setzte sich weiterhin für die Erar-beitung von Lösungsansätzen zur geordnetenBewältigung von Finanzkrisen ein. In Diskus-sionen zu dieser Frage betonte das ESZB auchweiterhin den Bedarf einer eindeutigen Rege-lung der jeweiligen Zuständigkeiten des pri-vaten und öffentlichen Sektors bei der Kri-senbewältigung.

Der IWF führte eine Überprüfung der Zu-gangspolitik zu IWF-Mitteln durch, d. h. derRahmenbedingungen, die den Grad der finan-ziellen Unterstützung bestimmen, die einemMitgliedsland mit Zahlungsbilanzproblemenzuerkannt wird. Dabei wurden die normalenZugangsbeschränkungen, die durch die auf dieMitgliedsländer entfallenden Quoten festge-legt sind, für angemessen befunden. Darüberhinaus arbeitet das Exekutivdirektorium desIWF daran, die Voraussetzungen für die überden normalen Rahmen hinausgehende Zuer-kennung von IWF-Mitteln in Ausnahmefällenzu klären und die entsprechenden Verfahrenzu stärken. Das ESZB vertritt die Ansicht,dass die Verfolgung einer klareren Linie inder Zugangspolitik die Koordinierung zwi-schen sämtlichen Beteiligten erleichtern wür-de, da auf diese Weise die Anreize für öffent-liche Schuldner und private Gläubiger besserauf die Fähigkeit der internationalen Gemein-schaft zur Lösung von Finanzkrisen abge-stimmt werden könnten.

In diesem Zusammenhang wurde auch erör-tert, welche Verfahren für eine zügige undgeordnete Umschuldung von Staatsschuldengeeignet wären. Das ESZB vertrat dabei dieAnsicht, dass dafür drei komplementäre An-sätze weiterentwickelt werden sollten. Dererste Ansatz hat vertraglichen Charakter undumfasst die Einführung von Umschuldungs-klauseln (Collective Action Clauses) in öf-fentlichen Schuldverträgen. Diese Umschul-dungsklauseln können dazu dienen, die Koor-dinierung der Gläubiger zu erleichtern. DieEZB beteiligte sich an den unter der Ägideder Finanzminister und Zentralbankpräsiden-ten der G 10 durchgeführten Arbeiten zurEntwicklung angemessener Vertragsbestim-

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mungen, die auch mit den Vertretern desPrivatsektors erörtert wurden. Darüber hi-naus prüft die internationale GemeinschaftMaßnahmen, die einen Anreiz bieten sollen,Staatsanleihen mit derartigen Klauseln zu ver-sehen. Die EU-Mitgliedstaaten kamen über-ein, als Beispiel voranzugehen und sich zuverpflichten, die von ihren Zentralstaaten imAusland begebenen Staatsanleihen mit derar-tigen Klauseln auszustatten.

Der zweite Ansatz, der statutarischen Cha-rakter hat, sieht die Einführung eines welt-weiten rechtlichen Regelwerks zur Restruk-turierung öffentlicher Schuldtitel vor. DieserMechanismus zur Staatsschuldenrestrukturie-rung ist als „Sovereign Debt RestructuringMechanism“ (SDRM) bekannt. Die internatio-nale Gemeinschaft hat die mögliche Reich-weite und die Modalitäten eines solchenrechtlichen Rahmens mehrfach erörtert. Demvorliegenden Entwurf zufolge könnten ein öf-fentlicher Schuldner und die qualifizierteMehrheit seiner Gläubiger sich auf eine Um-schuldungsvereinbarung einigen, die für dieInhaber sämtlicher Schuldverschreibungen,die unter die erwähnten rechtlichen Rahmen-bedingungen fallen, verbindlich wäre.

Der dritte, nicht statutarische Ansatz, der ineinen Verhaltenskodex für Schuldenrestruk-turierung eingebettet sein könnte, umfasst in-formelle Mechanismen zur Förderung einergeordneten Krisenbewältigung, wie unilatera-le Zahlungsaussetzungen und die Gewährungweiterer Kredithilfe trotz aufgelaufener Zah-lungsrückstände durch den IWF. Insbeson-dere Schuldnerländer könnten beschließen,dass sie unter besonderen Umständen ihreZahlungen an im Ausland ansässige Privat-gläubiger vorübergehend aussetzen, was zurFolge hätte, dass bei diesen Gläubigern Zah-lungsrückstände auflaufen (unilaterale Zah-lungsaussetzung). Der IWF könnte Ländern,die derartige Zahlungsrückstände aufweisen,finanzielle Unterstützung gewähren, jedochnur unter der Voraussetzung, dass sie eineReihe eindeutig definierter Kriterien erfüllen(Gewährung weiterer Kredithilfe trotz aufge-laufener Zahlungsrückstände).

2.4 Zusammenarbeit mitEU-Nachbarregionen

Die EZB unterhält auch Beziehungen zu denZentralbanken in den Nachbarregionen derEU und verfolgt internationale geldpolitischeThemen, die für die EZB in diesen Regionenvon Relevanz sind. Zusätzlich zu den zwölf inKapitel VI behandelten EU-Beitrittsländernumfassen die Nachbarregionen der EU dieeuropäischen Mitgliedsländer der Gemein-schaft unabhängiger Staaten (GUS) einschließ-lich Russlands, die Türkei (ein Kandidaten-land, mit dem noch keine Verhandlungen überden EU-Beitritt aufgenommen wurden), dieLänder des Westbalkans, des Nahen Ostensund Afrikas.

Im Gegensatz zu den Beziehungen zu denZentralbanken der Beitrittsländer haben sichdie Kontakte zu den Zentralbanken andererLänder nicht einheitlich entwickelt, sondernbeschränken sich vielmehr auf länderspezifi-sche Fragestellungen von gemeinsamem Inte-resse. In diesem Zusammenhang sollte daraufhingewiesen werden, dass für die meistenLänder in diesen Regionen die institutionel-len, handelspolitischen und finanziellen Ver-flechtungen mit dem Euroraum von höchsterBedeutung sind. Praktisch alle diese Ländersind durch regionale Abkommen mit der EUassoziiert, die in erster Linie auf die Liberali-sierung des Güterverkehrs (sowie in einigenFällen des Kapital- und Dienstleistungsver-kehrs) zwischen der EU und den betreffen-den Ländern abzielen. In einigen Fällen ent-halten diese Vereinbarungen auch Sonderklau-seln im Hinblick auf den Finanzsektor.Darüber hinaus ist der Euroraum für dieMehrzahl dieser Länder der größte Handels-partner sowie die wichtigste Quelle für inter-nationale Kredite, für ausländische Direktin-vestitionen (einschließlich Investitionen in denBankensektor) und für offizielle Entwicklungs-hilfe.

Insbesondere hervorzuheben sind die bilate-ralen Beziehungen mit der türkischen Zen-tralbank, mit der die EZB einen politischenDialog auf höchster Ebene, einschließlich jähr-licher Treffen auf Direktoriumsebene, etab-

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liert hat. Des Weiteren wurde die Zusam-menarbeit mit der russischen Zentralbank,unter anderem im Hinblick auf notwendigeReformen ihrer geldpolitischen Strategie undihres geldpolitischen Instrumentariums, ver-tieft. Die EZB hat ihre Kontakte zu den Zen-tralbanken der westlichen Balkanländer, dieabgesehen von den Euro-Ländern am unmit-telbarsten von der Euro-Bargeldeinführungbetroffen waren, sowie zu den Zentralbankenverschiedener Mittelmeerländer (Ägypten, Is-rael, Marokko und Tunesien) weiterentwi-ckelt. Außerdem nahm die EZB an Veranstal-tungen teil, die in den beiden CFA2-ZonenAfrikas anlässlich des vierzigjährigen Beste-hens der Westafrikanischen Zentralbank(Banque Centrale des États de l’Afrique del’Ouest – BCEAO) und des dreißigjährigenBestehens der Bank der ZentralafrikanischenStaaten (Banque des États de l’Afrique Cen-trale – BEAC) stattfanden. Die EZB hat au-ßerdem Beziehungen mit dem West AfricanMonetary Institute (WAMI) in Accra, Ghana,aufgenommen. Das West African MonetaryInstitute wurde Anfang 2001 von den anglo-phonen Ländern Westafrikas unter der Füh-rung Ghanas und Nigerias mit dem Zielgegründet, neben der bereits bestehendenCFA-Franc-Währungsunion einen neuenWährungsraum zu schaffen. Im Jahr 2002 führ-ten die WAMI-Mitgliedsländer einen für diegesamte Region gültigen Wechselkursmecha-nismus ein. Darüber hinaus hat die EZB Kon-takte zum Golfkooperationsrat (GKR) aufge-nommen. Die sechs Mitgliedstaaten des GKR3

haben die Absicht geäußert, im Jahr 2010 eineGemeinschaftswährung einzuführen, und Ende2002 als ersten Schritt in Richtung Währungs-union die Bindung an eine gemeinsame An-kerwährung vorgenommen. Das General-sekretariat des GKR und die EZB organisier-ten im Oktober 2002 in Riad ein gemeinsamesSeminar zum Thema währungspolitische In-tegration im Eurogebiet und in der Golf-region. Schließlich setzte die EZB auch ihreregelmäßigen Treffen mit den Zentralbankenvon Island, Norwegen und der Schweiz fort.

2 Die Communauté Financière de l’Afrique in Westafrika und dieCoopération Financière Africaine in Zentralafrika.

3 Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinig-ten Arabischen Emirate.

Die Verwendung des Euro inNachbarregionen

Obwohl dem Euro in den Wechselkurssyste-men der oben genannten Länder keine großeBedeutung zukommt und die EZB die Ansichtvertritt, dass sie nicht von sich aus versuchensollte, die internationale Rolle des Euro zubeeinflussen, ist der Euro in einigen Drittlän-dern durchaus präsent. So verwenden etwasämtliche Länder des westlichen Balkans (mitAusnahme Albaniens) den Euro als Anker-währung; Bosnien und Herzegowina hat sei-ne Landeswährung sogar im Rahmen einerCurrency-Board-Vereinbarung an den Eurogebunden, während Kroatien, die ehemaligejugoslawische Republik Mazedonien und Ju-goslawien ihre Wechselkurse am Euro aus-richten. Im Mittelmeerraum spielt der Eurovor allem in Marokko und Tunesien eine wich-tige Rolle in der Wechselkurspolitik, obwohldie zuständigen Behörden bereits den Über-gang zu einem flexibleren System erörtern. Inden beiden afrikanischen CFA-Zonen hat derEuro den französischen Franc als Ankerwäh-rung abgelöst.

In verschiedenen Nachbarländern des Euro-raums verwenden die privaten Haushalte denEuro als Parallelwährung, und zwar sowohlals Bargeld als auch in Form von Euro-deno-minierten Bankeinlagen. Von den 25 Mrd €,die bis August 2002 an Zielorte außerhalbdes Euroraums geliefert wurden, ist Schät-zungen zufolge mindestens ein Fünftel auf demBalkan in Umlauf, wo Euro-Banknoten alsWertaufbewahrungsmittel und als Zahlungs-mittel für Großbetragszahlungen dienen. Inder Balkanregion ist außerdem die Substituti-on von Vermögenswerten besonders starkausgeprägt. So lauteten Ende 2001 in Jugosla-wien 80 %, in Kroatien 70 % und in Bosnienund Herzegowina 50 % der Gesamteinlagenbei Banken auf Euro. Der Substitutionsgradbei Bargeld und Vermögenswerten bleibtwährend der letzten Jahre weiterhin hoch,obwohl entscheidende Fortschritte im Be-

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reich der währungs- und finanzpolitischen Sta-bilisierung erzielt wurden. Kosovo und Mon-tenegro stellen im Hinblick auf die Verwen-dung von Euro-Bargeld einen Sonderfall dar:Sie sind offiziell „euroisierte“ Hoheitsgebie-te, d. h. politische Gebilde, die den Euro alsoffizielle Währung eingeführt haben.

2.5 Regionale Zusammenarbeit mitdem asiatisch-pazifischen Raum undLateinamerika

Die Erfahrung Europas mit der wirtschafts-,finanz- und währungspolitischen Integrationhat in den Ländern Asiens und Lateinameri-kas in den vergangenen Jahren ebenfalls gro-ßes Interesse geweckt. In diesem Zusammen-hang wurde des Öfteren die Bitte an die EZBherangetragen, im Rahmen diverser Initiativenzur Förderung der regionalen Zusammenarbeitin diesen beiden Regionen über ihre diesbezüg-lichen Erfahrungen zu berichten. Die EZBwiederum verfolgt die wirtschaftlichen Entwick-lungen in diesen Regionen sehr aufmerksam undbaut ihre bilateralen Beziehungen zu den zu-ständigen Behörden, insbesondere zu den Zen-tralbanken, weiter aus.

Regionale Zusammenarbeit in Asien und impazifischen Raum

Das Asien-Europa-Treffen (ASEM), ein füh-rendes Forum für die Zusammenarbeit zwi-schen den Mitgliedstaaten der EU und zehnostasiatischen Ländern, bietet seit 1996 eineeinzigartige Plattform für den Informations-austausch und die Förderung des politischenDialogs. Am 5. und 6. Juli 2002 nahm derVizepräsident der EZB an der Finanzminister-tagung im Rahmen des vierten ASEM-Gipfelsin Kopenhagen teil, wo er einen Vortrag überdie internationale Rolle des Euro mit beson-derem Schwerpunkt auf dessen Verwendungsowohl in Ostasien als auch in den Nachbar-regionen der EU hielt. Im Vorfeld dieses Gip-feltreffens hatte die EZB am 15. und 16. April2002 in Frankfurt ein hochrangig besetztesSeminar unter dem Titel „Regional econo-mic, financial and monetary co-operation: the

European and Asian experiences“ organisiert,das sich mit den Erfahrungen Europas undAsiens im Bereich der regionalen wirtschaft-lichen, finanziellen und monetären Zusam-menarbeit befasste. Dieses Seminar, das imRahmen des bei ASEM angesiedelten For-schungsprojekts von Kobe zur Förderung derregionenübergreifenden Forschungstätigkeitabgehalten wurde, ermöglichte einen Mei-nungsaustausch zwischen Vertretern von Fi-nanzministerien, Zentralbanken, Regierungs-behörden, internationalen Finanzorganisatio-nen und Vertretern aus dem Bereich derWissenschaft der ASEM-Länder zu drei allge-meinen, für die regionale Zusammenarbeit inAsien und Europa relevanten Fragen. Dabeiging es erstens um den Grad und den Ablaufder regionalen Wirtschaftszusammenarbeitsowie um die diesbezüglichen Grundvoraus-setzungen, mit besonderem Augenmerk aufFragen des Handels und der ausländischenDirektinvestitionen. Zweitens wurde die re-gionale Zusammenarbeit im Bereich des Fi-nanzwesens angesprochen, wobei insbeson-dere die Effizienz, Stabilität, Liberalisierungund Integration der asiatischen und europäi-schen Finanzmärkte im Vordergrund standen.In diesem Zusammenhang fand außerdem einevertiefte Diskussion über die Initiativen zurStärkung der finanziellen Zusammenarbeit inAsien in der Folge der Krise von 1997/98statt. Drittens widmete man sich der Fragenach möglichen Strategien zur Kooperationim Bereich der Geld- und Wechselkurspolitikzwischen Ländern, die sich bereits um eineregionale Zusammenarbeit bemühen. DenSchwerpunkt dieser Diskussion bildete dieFrage, welche Lehren man aus den Erfahrun-gen Europas ziehen kann.

Im Rahmen der bilateralen Beziehungen fandunter anderem eine Reihe von Arbeitsbesu-chen in asiatischen Ländern statt. So reisteetwa im Februar 2002 eine EZB-Delegation,der auch der Präsident und ein Mitglied desDirektoriums angehörten, in die Volksrepub-lik China. In weiterer Folge schloss die EZBmit der chinesischen Zentralbank (People’sBank of China) im September 2002 zur För-derung der bilateralen Zusammenarbeit derbeiden Institutionen ein Memorandum of

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Understanding ab. In diesem Zusammenhangbeschloss die chinesische Zentralbank, eineRepräsentanz in Frankfurt einzurichten, dieim Dezember offiziell eröffnet wurde.

Regionale Zusammenarbeit inLateinamerika

Im Rahmen einer gemeinsamen Initiative derEZB und des Banco de España wurde am23. und 24. Mai 2002 in Madrid erstmals einhochrangig besetztes Seminar des Eurosys-tems und der Zentralbanken Lateinamerikasabgehalten. Als Vorbereitung dazu fand vom21. bis 22. März 2002 bei der EZB in Frank-furt ein Workshop auf Expertenebene statt.Das Seminar zielte darauf ab, den politischenDialog zwischen dem Eurosystem und denlateinamerikanischen Zentralbanken zu ver-bessern und einen Meinungsaustausch überFragen von gemeinsamem Interesse zu er-möglichen. Die Diskussionen konzentriertensich dabei auf drei Kernthemen: die regionaleIntegration in Lateinamerika und Europa, dieGeld- und Wechselkurspolitik sowie Fragenaus dem Finanzsektor.

Der europäische Integrationsprozess wurdeals politisch relevant für die lateinamerikani-schen Länder angesehen, obwohl angesichtsder unterschiedlichen Ausgangsbedingungenin den beiden Regionen die Erfahrungen derEU nicht als Muster für einen weiteren Fort-schritt der regionalen Kooperation in Latein-amerika dienen können. Im Hinblick auf diemultilaterale regionale Überwachung als Mit-tel zur Förderung einer stabilitätsorientier-ten Wirtschaftspolitik sowie auf die optima-len Vorgehensweisen in anderen relevantenBereichen der Politik können sich die latein-amerikanischen Länder jedoch durchaus anEuropa orientieren. Bezüglich des zweitenThemas standen die Voraussetzungen für eineerfolgreiche stabilitätsorientierte Währungs-politik im Mittelpunkt der Diskussion. Dazuzählen eine solide Fiskal- und Strukturpolitik,die Unterstützung durch Institutionen sowiedie Notwendigkeit, Wechselkursentwicklun-gen und -erwartungen entsprechend zu be-rücksichtigen. Schließlich befassten sich dieTeilnehmer auch mit Vorgehensweisen undInstrumenten zur Erhöhung der Stabilität undBeständigkeit der nationalen Finanzsystemein Lateinamerika.

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Präsentation über den spanischenArchitekten Antoni Gaudí,Spanische Kulturtage, Mai 2002

Lesung des niederländischen SchriftstellersHarry Mulisch aus seinem jüngsten Buch,

Niederländische Kulturtage, September 2002

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Erweiterung der

Europäischen Union

Kapitel VI

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1 Einleitung

Beim Europäischen Rat von Kopenhagen am12. und 13. Dezember 2002 wurde eine his-torische Einigung über die Erweiterung derEU erzielt. Zehn Länder – die TschechischeRepublik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen,Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und dieSlowakei – wurden eingeladen, der EU am1. Mai 2004 beizutreten. Zwei weiteren Län-dern – Bulgarien und Rumänien – wurde einBeitritt Anfang 2007 in Aussicht gestellt. DerBeitrittsvertrag wird im Frühjahr 2003 unter-zeichnet und soll anschließend von allen EU-Mitgliedstaaten und den zehn Beitrittsländernratifiziert werden. Letztere werden zu dieserFrage Volksabstimmungen durchführen. Dieneuen EU-Mitglieder treten der Wirtschafts-und Währungsunion (WWU) als „Länder miteiner Ausnahmeregelung“ bei, und ihre Zen-tralbanken werden Teil des ESZB. Sobald inden neuen Mitgliedstaaten gemäß der im EG-Vertrag vorgesehenen Verfahren auf Grund-lage der Maastricht-Kriterien ein ausreichen-des Maß an dauerhafter Konvergenz festge-stellt wird, werden auch sie den Euroeinführen und ihre Zentralbanken damit demEurosystem angehören, das die EZB und dieNZBen des Euroraums umfasst.

Auch wenn das Eurosystem formell nicht beiden Beitrittsverhandlungen vertreten ist, soist es doch in seinen Zuständigkeitsbereichenin den Beitrittsprozess eingebunden. DieseMitwirkung erfolgt in Form eines laufendenDialogs sowohl auf politischer als auch auftechnischer Ebene, der die Zentralbanken derBeitrittsländer auf die Integration in das ESZBund in weiterer Folge in das Eurosystem vor-bereiten soll. Im Rahmen dieses Dialogs wer-den für Zentralbanken relevante wirtschafts-politische, rechtliche und institutionelleFragen behandelt. Ferner mündet er in Berei-chen wie etwa dem Zahlungsverkehr oder inRechts- und Statistikfragen in technischen Ko-operationsaktivitäten mit den Zentralbankender Beitrittsländer.

Das Eurosystem ist auch in den vom Europäi-schen Rat im Dezember 2000 ins Leben geru-fenen und von der Kommission koordinier-ten wirtschaftspolitischen Dialog zwischender EU und den Beitrittsländern eingebun-den, im Rahmen dessen zweimal jährlich Sit-zungen auf Ministerebene und auf Ebene desWirtschafts- und Finanzausschusses (WFA)stattfinden. Dieser Dialog zielt einerseits dar-auf ab, den Beitrittsprozess in der Heranfüh-rungsphase durch einen Meinungsaustauschüber Themen der Wirtschaftspolitik und derFinanzmarktstabilität zu fördern. Andererseitssollen die Beitrittsländer mit den EU-Verfah-ren der multilateralen Überwachung vertrautgemacht werden, die für sie nach ihrem EU-Beitritt gelten werden.

In diesem Zusammenhang verfolgt das Euro-system die wirtschaftspolitischen, rechtlichenund institutionellen Entwicklungen in den Bei-trittsländern mit großer Aufmerksamkeit. Be-sonderes Augenmerk wird dabei auf makro-ökonomische Indikatoren, geld- und wechsel-kurspolitische Strategien sowie Entwicklungenim Finanzsektor gelegt. Darüber hinaus hatdie EZB mit Vorbereitungen für eine geregel-te Erweiterung des ESZB und in weitererFolge des Eurosystems begonnen. Dazuzählen auch die Empfehlung der EZB für dieAnpassung der Abstimmungsregeln im EZB-Rat und ein Masterplan, der die EZB auf dieErweiterung vorbereiten soll. Das vorliegen-de Kapitel bietet einen Überblick über dieseThemen. Es wird darauf hingewiesen, dassdieser Beitrag nicht der Konvergenzbeurtei-lung vorgreifen soll, die die EZB gemäß Arti-kel 122 Absatz 2 EG-Vertrag nach der Erwei-terung im Hinblick auf eine mögliche Euro-Einführung in den neuen Mitgliedstaatenvorzunehmen hat.

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2 Wirtschaftspolitische, rechtliche und institutionelle Kernthemen

Die meisten Beitrittsländer haben bei ihrerTransformation zu voll entwickelten Markt-wirtschaften und bei der Festigung ihrer ge-samtwirtschaftlichen Stabilität in den letztenzehn Jahren beachtliche Fortschritte erzielt.In jüngster Zeit ist der EU-Beitrittsprozessals solcher in der gesamten Region zu einemzentralen Stabilitätsfaktor geworden. Für dasEurosystem sind in diesem Zusammenhangfolgende Themenbereiche von größter Wich-tigkeit: 1) reale Konvergenz, 2) rechtliche undinstitutionelle Konvergenz, 3) nominale Kon-vergenz, 4) geld- und wechselkurspolitischeStrategien sowie 5) Entwicklungen im Finanz-sektor. Auf jeden dieser Punkte soll in die-sem Abschnitt kurz eingegangen werden.

2.1 Reale Konvergenz

Ungeachtet einer Phase der internationalenKonjunkturabkühlung wiesen die meisten Bei-trittsländer im Jahr 2002 ein verhältnismäßigsolides reales BIP-Wachstum auf. In den bal-tischen Staaten wuchs die Wirtschaftweiterhin kräftig, was zum Teil auf das robus-te Wirtschaftswachstum in Russland zurück-zuführen war, während in einigen LändernMittel- und Osteuropas die Dynamik nicht

Bulgarien Estland Lettland Litauen Malta Polen Rumänien

1999 2,3 -0,6 2,8 -3,9 4,1 4,1 -1,2

2000 5,4 7,1 6,8 3,8 6,1 4,0 1,8

2001 4,0 5,0 7,7 5,9 -0,8 1,0 5,3

2002 4,0 4,5 5,0 5,0 1,9 0,8 4,2

1999–2002 3,9 4,0 5,6 2,7 2,8 2,4 2,5

Slowakei Slowenien Tschechische Ungarn Zypern Insgesamt 1) EuroraumRepublik

1999 1,3 5,2 0,5 4,2 4,8 2,6 2,8

2000 2,2 4,6 3,3 5,2 5,2 4,0 3,5

2001 3,3 2,9 3,3 3,7 4,1 2,7 1,4

2002 3,9 2,6 2,2 3,4 2,2 2,3 0,8

1999–2002 2,7 3,8 2,3 4,1 4,1 2,9 2,1

Quellen: Eurostat.1) Gewichtet mit dem nominalen BIP von 1999.

Tabelle 14Durchschnittliche Jahreswachstumsraten des realen BIP(in %)

zuletzt aufgrund der international schwachenWirtschaftstätigkeit nachließ. Folglich fand derstabile Wachstumspfad, der seit dem Jahr2000 in praktisch allen Beitrittsländern zubeobachten ist, 2002 mit einem durchschnitt-lichen BIP-Wachstum von schätzungsweiserund 2,3 % seine Fortsetzung (siehe Tabel-le 14). Die kräftige Inlandsnachfrage, die zumTeil auf eine Lockerung der Haushaltspolitikzurückzuführen war, und das steigende Ver-trauen in die bereits erzielte Stabilisierungder Gesamtwirtschaft stärkten die Wider-standsfähigkeit der Beitrittsländer gegenüberder sich weltweit verschlechternden Wirt-schaftslage.

Gleichzeitig waren allerdings in den Beitritts-ländern kaum Fortschritte bei der Konver-genz der Realeinkommen, d. h. bei der Annä-herung der Pro-Kopf-Einkommen an dasNiveau des Euroraums, festzustellen. Aus die-sem Grund ist der Abstand zwischen demdurchschnittlichen BIP pro Kopf in den Bei-trittsländern und jenem im Euro-Währungs-gebiet nach wie vor groß. Das Pro-Kopf-BIPin den Beitrittsländern (zu Kaufkraftparitä-ten) entspricht in etwa 44 % des Euroraum-Durchschnitts; werden die derzeit geltendenWechselkurse berücksichtigt, ist dieser Wert

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Bevölkerung Nominales Pro-Kopf- Pro-Kopf- Anteil der Anteil der Arbeits- Ausfuhren(Millionen) BIP BIP 1) BIP (in % Industrie am Landwirt- losenquote in den

(Mrd €) (in €) des Durch- BIP 2) schaft (Durch- Euroraumschnitts (in %) am BIP 2) schnittswert (in % derfür den (in %) des Berichts- Ausfuhren

Euroraum) 1) zeitraums) insgesamt)

Bulgarien 8,0 15,2 6 506 28 23,0 13,8 19,3 51,5

Estland 1,4 6,2 9 995 43 22,7 5,8 12,2 41,5

Lettland 2,4 8,5 7 719 33 18,7 4,7 12,1 30,2

Litauen 3,5 13,4 9 834 43 27,5 7,0 16,1 25,8

Malta 0,4 4,0 12 825 56 24,5 2,4 4,5 35,1

Polen 38,6 204,1 9 127 40 24,1 3,8 18,1 59,0

Rumänien 22,4 44,4 5 868 25 28,5 14,6 8,0 62,0

Slowakei 5,4 22,8 10 885 47 27,5 4,6 19,6 56,2

Slowenien 2,0 21,7 16 014 69 30,3 3,3 6,4 58,0

Tschechische Republik 10,3 63,3 13 521 59 32,8 4,2 8,1 61,7

Ungarn 10,2 57,8 11 839 51 27,1 4,3 5,6 68,6

Zypern 0,8 10,2 16 355 71 12,9 4,0 4,3 18,5

Insgesamt 3) 105,2 471,6 10 255 44 26,2 5,4 13,1 57,6

Euroraum 306,6 6 827,7 23 090 100 22,3 2,4 8,0 50,4

Tabelle 15Eckdaten zu den Beitrittsländern(2001)

Quellen: Europäische Kommission, Eurostat und IWF.1) Gemessen an der Kaufkraftparität.2) Die Angaben zu Bulgarien beziehen sich auf das Jahr 2000.3) Die Zahlen in den Spalten 3 bis 8 sind mit dem nominalen BIP von 2001 gewichtet.

sogar noch niedriger. Während also die Be-völkerungszahl der Beitrittsländer zusammen-genommen immerhin rund 35 % der Bevölke-rung des Euro-Währungsgebiets entspricht,ist ihr wirtschaftliches Gewicht (rund 7 % desBIP im Euroraum) nach wie vor relativ gering.Dieser große Unterschied und die begrenz-ten Wachstumsdifferenzen legen den Schlussnahe, dass der Prozess der realen Konver-genz voraussichtlich auch nach dem EU-Bei-tritt noch lange andauern wird.

Allerdings umfasst die für die Integration inden Binnenmarkt – und in weiterer Folge indas Euro-Währungsgebiet – unerlässliche re-ale Konvergenz mehr als nur den Aufholpro-zess hinsichtlich der Einkommensniveaus.Insbesondere wird auch beurteilt, inwieweitdie Beitrittsländer ihre wirtschaftlichen Struk-turen mit jenen des Euroraums in Einklanggebracht haben und ob ein höherer Grad anwirtschaftlicher Integration mit dem Euro-Währungsgebiet erreicht wurde. Die bisheri-gen Fortschritte der Beitrittsländer in dieserHinsicht lassen auch für die Zukunft positive

Entwicklungen erwarten. So passt sich, wasz. B. den Anteil der Landwirtschaft, der In-dustrie und des Dienstleistungsbereichs amBIP anbelangt, die ökonomische Struktur derBeitrittsländer zunehmend jener des Euro-raums an. Insbesondere der Anteil der Land-wirtschaft ist bereits auf rund 5 % des BIPzurückgegangen (der entsprechende Anteil imEuroraum beträgt in etwa 2 %), während dieIndustrie für 26 % des BIP, also etwas mehrals im Euro-Währungsgebiet, verantwortlichzeichnet (siehe Tabelle 15). Seit dem Beginndes Reformprozesses haben die Beitrittslän-der auch ihre Handelsbeziehungen mit demEuroraum ausgebaut, der inzwischen zu ih-rem wichtigsten Handelspartner gewordenist. In den meisten Beitrittsländern kann sichder Anteil des Handels mit dem Euroraumdurchaus mit jenem der derzeitigen EU-Mit-gliedstaaten messen.

Trotz dieser Entwicklungen bedarf es weite-rer Strukturreformen, um den Reformpro-zess abzuschließen und das Wirtschaftswachs-tum und die Konvergenz zu fördern. Die Bei-

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trittsländer sind insbesondere gefordert, diePreisliberalisierung voranzutreiben, die Un-ternehmenssteuerung und -kontrolle und dasInvestitionsklima zu verbessern, solide Ge-schäftspraktiken zu fördern und die Finanz-marktstabilität zu stärken. Des Weiteren deu-tet der in den letzten Jahren verzeichneteAnstieg der Arbeitslosigkeit darauf hin, dassin einigen Ländern auch Arbeitsmarktrefor-men vonnöten sind. Schließlich wird der fis-kalische Konsolidierungspfad, den einige derBeitrittsländer eingeschlagen haben, in nächs-ter Zukunft umfangreiche Haushaltsmaßnah-men erfordern.

2.2 Rechtliche und institutionelleKonvergenz

Die reale Konvergenz muss mit rechtlichenund institutionellen Reformen einhergehen,da diese die Wachstumsaussichten der Bei-trittsländer mittelfristig entscheidend beein-flussen. Dabei sind insbesondere die Ein-richtung geeigneter Institutionen sowie dieEinführung internationaler optimaler Verfah-rensweisen und Standards (z. B. für denBereich Corporate Governance und Finanz-vorschriften) unerlässlich. Es ist ermutigendzu sehen, dass die Beitrittsländer auch hiergroße Fortschritte erzielt haben. So lässt sichetwa an den Transformationsindikatoren derEuropäischen Bank für Wiederaufbau und Ent-wicklung (EBWE) ablesen, dass die Beitritts-länder im Bereich Unternehmensprivatisie-rungen und -umstrukturierungen, Märkte undHandelssysteme sowie Finanzinstitute bereitsbedeutende Reformen durchgeführt haben.

Hinsichtlich der rechtlichen und institutio-nellen Konvergenz erachtet das Eurosystemin seinen Zuständigkeitsbereichen – dazu zäh-len insbesondere die Zentralbankunabhängig-keit und andere Rechtsakte im Finanzbereich– die zeitgerechte Übernahme und Umset-zung des gemeinschaftlichen Besitzstandsdurch die Beitrittsländer als unerlässlich. Ei-nem Ersuchen der Zentralbankpräsidentender künftigen Mitgliedstaaten entsprechend

untersucht das Eurosystem in Zusammenar-beit mit den Beitrittsländern eingehend diejährlichen Fortschritte der Beitrittsländer beider Erfüllung der im EG-Vertrag festgelegtenKriterien.

Im Hinblick auf die Zentralbankunabhängig-keit wurden die Satzungen der Notenbankender zwölf Beitrittsländer auf Basis der in denEWI- und EZB-Berichten über die rechtlicheKonvergenz definierten Kriterien – instituti-onelle, personelle, funktionelle und finanziel-le Unabhängigkeit – unter Berücksichtigungder von der EZB verabschiedeten einschlägi-gen Stellungnahmen analysiert. Solche Stel-lungnahmen wurden in den Fällen abgegeben,in denen das EWI bzw. die EZB wegen Ent-würfen für in ihren Zuständigkeitsbereich fal-lende nationale Gesetze und insbesondere fürSatzungen der NZBen der EU-Mitgliedstaa-ten konsultiert wurde, und waren den Bei-trittsländern bei der Anpassung ihrer Noten-bankgesetze an die im EG-Vertrag festgeleg-ten Kriterien von Nutzen. Damit schufen diekünftigen Mitglieder die Grundlage für dieUnabhängigkeit ihrer Notenbanken.

Zentralbanken und Kreditinstitute müssen ineinem soliden rechtlichen Umfeld agieren. Dader gemeinschaftliche Besitzstand Auswirkun-gen auf den Finanzsektor und die Zentral-banktätigkeit hat, müssen die neuen Mitglied-staaten ab dem Zeitpunkt ihres EU-Beitrittsseine Bestimmungen voll erfüllen. Aus die-sem Grund hat sich das Eurosystem auch aufdie Gesetzgebung im Finanzbereich konzent-riert, und zwar auf die Bereiche freier Kapi-talverkehr, Finanzmarktregulierung, Besiche-rung, Zahlungsverkehrsysteme, Zahlungsun-fähigkeit und Banknoten.

Diese umfassende Analyse ist für die Zentral-banken der Beitrittsländer im Hinblick aufihre Rolle im Beitrittsprozess auf nationalerEbene ein wertvolles Hilfsmittel und auch fürdie Europäische Kommission von Nutzen, dasie die gründliche Untersuchung und Beurtei-lung von Fragen im Zusammenhang mit derZentralbankunabhängigkeit untermauert.

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2.3 Nominale Konvergenz

Im Lauf der letzten zehn Jahre ist es denBeitrittsländern gelungen, die Inflation deut-lich einzudämmen. Nach Hyperinflation bzw.zweistelligen Teuerungsraten verzeichnetman heute ein relativ niedriges Inflationsni-veau, das auch durch die erfolgreiche Umset-zung gesamtwirtschaftlicher Stabilisierungs-programme begünstigt wird. Der Disinflati-onsprozess schritt im Jahr 2002 weiter voran.Am Jahresende lag die durchschnittliche In-flationsrate der Beitrittsländer nur geringfü-gig über dem Niveau des Euroraums (sieheTabelle 16). Allerdings haben in einigen Bei-trittsländern spezifische Faktoren – ein ver-haltenes Wachstum der Lebensmittelpreise,unerwartete Verzögerungen bei der Preisli-beralisierung und Währungsaufwertungen –die Disinflation gefördert. Das Niedrighaltender Inflation ist nicht zuletzt auch im Hinblickauf die angestrebte Euro-Einführung und diedafür erforderliche Erfüllung der Maastricht-Kriterien eine wesentliche Voraussetzung fürdie Festigung eines wirtschaftlichen Umfelds,das von Preisstabilität gekennzeichnet ist.

Tabelle 16HVPI-Inflation(in %)

Bulgarien Estland Lettland Litauen Malta 1) Polen Rumänien

1999 2,6 3,1 2,1 0,7 2,1 7,2 45,8

2000 10,3 3,9 2,6 0,9 2,4 10,1 45,7

2001 7,4 5,6 2,5 1,3 2,9 5,3 34,5

Q1 2002 8,2 4,4 3,3 2,7 3,8 3,5 27,0

Q2 2002 7,1 4,2 2,0 0,6 2,4 1,9 24,3

Q3 2002 4,6 2,9 1,0 -0,6 1,5 1,4 21,4

Q4 2002 3,4 2,9 1,6 -0,9 1,1 1,0 18,4

Slowakei Slowenien Tschechische Ungarn Zypern Insgesamt 2) EuroraumRepublik

1999 10,4 6,1 1,8 10,0 1,1 9,8 1,1

2000 12,2 8,9 3,9 10,0 4,9 11,9 2,1

2001 7,0 8,6 4,5 9,1 2,0 8,5 2,4

Q1 2002 4,6 7,9 3,4 6,2 2,2 6,4 2,5

Q2 2002 3,0 7,6 2,0 5,4 2,2 5,0 2,1

Q3 2002 2,5 7,4 0,3 4,5 3,8 4,0 2,1

Q4 2002 3,1 6,9 0,1 4,8 2,9 3,5 2,3

Quellen: Eurostat und nationale Statistiken.1) VPI.2) Gewichtet mit dem nominalen BIP von 1999.

Da eine Reihe von Faktoren zur Entstehung vonInflationsdifferenzen zwischen den Beitrittslän-dern und dem Euroraum beitragen dürften, wirdfür die Beitrittsländer die Gewährleistung einergeringen Teuerung jedoch auch in Zukunft eineHerausforderung darstellen. Einige dieser Fak-toren, wie etwa die laufende Preisliberalisierungund Deregulierung, stehen in Zusammenhangmit dem Reformprozess. Darüber hinaus dürfteein bei den handelbaren Gütern im Vergleich zuden nicht handelbaren Gütern rascherer Pro-duktivitätszuwachs zu einem Anstieg der relati-ven Preise der nicht handelbaren Güter undsomit zu einer leicht erhöhten Inflationsrate füh-ren (dieses Phänomen wird oft als Balassa-Sa-muelson-Effekt bezeichnet). Auch wenn die Er-gebnisse der meisten empirischen Studien zudiesem Thema darauf hindeuten, dass der Balas-sa-Samuelson-Effekt bisher nur für einen be-grenzten Teil der Inflationsdifferenzen zum Eu-roraum verantwortlich ist, besteht kein Zweifeldarüber, dass sich dieser Effekt in den Beitritts-ländern niederschlägt.1 Sollte das Produktivitäts-

1 Siehe J. Benes et al., On the estimated size of the Balassa-Samuelson effect in five Central and Eastern European coun-tries, herausgegeben von M. Kovács, Magyar Nemzeti Bank,Working Paper 2002/5.

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Wechselkursstrategie 1) Währung Merkmale

Currency-Board

Bulgarien Euro-Currency-Board Lew 1997 eingeführt

Estland Euro-Currency-Board Estnische Krone 1992 eingeführt

Litauen Euro-Currency-Board Litas 1994 eingeführt, zunächst am US-Dollar undseit Februar 2002 am Euro ausgerichtet

Konventionelle feste Währungsanbindung

Lettland Anbindung an das SZR Lats Schwankungsbreite ±1 %

Malta Anbindung an einen Maltesische Lira Währungskorb (Euro, US-Dollar, PfundWährungskorb Sterling): Schwankungsbreite ±0,25 %

Einseitige Bindung an den WKM II mit einer Schwankungsbreite von ± 15 %

Ungarn Anbindung an den Euro Forint Wechselkursregime verbunden mit einem direktenmit einer Schwankungs- Inflationsziel von 2,5 % bis 4,5 % bis Ende 2003breite von ±15 %

Zypern Anbindung an den Euro Zypern-Pfundmit einer Schwankungs-breite von ±15 %

Kontrolliertes Floating 2)

Rumänien Kontrolliertes Floating Leu Währungskorb (US-Dollar, Euro)wird inoffiziell als Bezugsgröße verwendet

Slowakei Kontrolliertes Floating Slowakische Krone

Slowenien Kontrolliertes Floating Tolar Herausragende Rolle der monetären Aggregate;der Euro wird inoffiziell als Bezugsgrößeverwendet

Unabhängiges Floating 2)

Polen Frei schwankender Zloty Direktes Inflationsziel von 3 % (mitWechselkurs einer zulässigen Schwankungsbreite von

±1 Prozentpunkt) bis Ende 2003

Tschechische Frei schwankender Tschechische Krone Direktes Inflationsziel von 2 % bis 4 %Republik Wechselkurs bis Ende 2005

Tabelle 17Geld- und wechselkurspolitische Strategien der Beitrittsländer

Quellen: IWF und nationale Zentralbanken.1) Ausgehend vom Annual Report on Exchange Arrangements and Exchange Restrictions des IWF aus dem Jahr 2001.2) IWF-Klassifikation.

wachstum bei den handelbaren Güternbeispielsweise infolge des EU-Beitritts anziehen,könnte sich der Balassa-Samuelson-Effekt in dennächsten Jahren noch verstärken. Zusätzlich zudiesen Faktoren könnte ein hohes Wachstumder Nominallöhne, z. B. infolge durch Nach-holbedarf begründeter Lohnforderungen, ver-festigter Inflationserwartungen oder an histori-sche Zeitreihen gebundener Lohnindexierungen,durchaus den Inflationsdruck vergrößern.Schließlich könnten auch die in einigen Beitritts-ländern jüngst verzeichneten haushaltspoliti-schen Zielverfehlungen die hart erarbeitetenFortschritte bei der Stabilisierung und Disinfla-tion gefährden.

2.4 Geld- und wechselkurspolitischeStrategien

Die Beitrittsländer lassen sich im Allgemei-nen als kleine, offene Volkswirtschaften miteinem hohen Grad an Integration mit demEuroraum einordnen. Die Auswahl des Wech-selkurssystems ist also von entscheidenderBedeutung: Es bietet den Rahmen, in demes möglich ist, die Geldpolitik auch weiter-hin auf Preisstabilität auszurichten, währendder Prozess der realen Konvergenz voran-schreiten kann, ohne durch übermäßigeWechselkursbewegungen beeinträchtigt zuwerden.

Der Euro hat in den letzten Jahren als wich-tigste Referenzwährung in den Beitrittslän-

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dern zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sowurde etwa in Litauen im Februar 2002 dieWährung im Rahmen des Currency-Board anden Euro gebunden (statt an den US-Dollar),und Malta beschloss im August 2002, das Ge-wicht des Euro im Währungskorb auf 70 %anzuheben. Die Beitrittsländer verfolgen nachwie vor verschiedenste Wechselkursstrategi-en, vom Currency-Board bis zum unabhängi-gen Floating, und auch bei den geldpolitischenStrategien gibt es beträchtliche Unterschiede(siehe Tabelle 17). Während Länder mit fes-ten Wechselkurssystemen (Bulgarien, Estland,Lettland, Litauen und Malta) ihre Geldpolitikoffensichtlich auf ein Wechselkursziel ausrich-ten, verfolgen andere Länder voll entwickelteStrategien direkter Inflationsziele (die Tsche-chische Republik und Polen) oder haben sichfür ein System des kontrollierten Floating(Slowakei) bzw. eine einseitige Anbindung ih-rer Währung an den Euro mit einer Schwan-kungsbreite von ±15 % (Zypern und Ungarn)entschieden. Einige Länder, etwa Rumänienund Slowenien, räumen in ihrer geldpoliti-schen Strategie auch der Geldmenge eine gro-ße Rolle ein.

Die geld- und wechselkurspolitischen Strate-gien der Beitrittsländer haben insgesamt we-sentlich zur gesamtwirtschaftlichen Stabilitätund Disinflation beigetragen und damit denRahmen für ein nachhaltiges Wirtschafts-wachstum geschaffen. Allerdings standen diemeisten Länger in diesem Zusammenhangauch vor einer Reihe von Herausforderun-gen. So mussten sie etwa im Rahmen derWechselkurspolitik Risiken für ihre internati-onale Wettbewerbsfähigkeit sowie steigendeund volatile Kapitalströme bewältigen und inihren Volkswirtschaften, wo der Wechselkursweitgehend die geldpolitischen Bedingungenbestimmt, Inflationsziele festsetzen und er-reichen. Darüber hinaus umfasste die Durch-führung der Wechselkurspolitik wie in allenanderen Volkswirtschaften auch das Gewähr-leisten eines angemessenen Gleichgewichtszwischen der Geld-, Fiskal- und Strukturpoli-tik.

Angesichts der Notwendigkeit, die Vorberei-tungen für die volle Teilnahme an der WWU

voranzutreiben, stehen die Beitrittsländer biszur Einführung des Euro noch vor einer Rei-he großer Aufgaben. Einerseits besteht dieGefahr, dass übermäßige Wechselkurs-schwankungen gegenüber dem Euro die Han-dels- und Finanzbeziehungen mit dem Euro-Währungsgebiet und die Entwicklung einerstabilen Binnenwirtschaft beeinträchtigen.Andererseits können sich fixe Wechselkurseals erschwerend für Reformen herausstellen,die erforderlich sind, um die Wirtschafts-strukturen der Beitrittsländer noch bessermit jenen des Euroraums in Einklang zu brin-gen. Auf diesen Zwiespalt haben die betref-fenden Länder bisher unterschiedlich reagiert,wovon auch ihre breit gefächerte Palette vonWechselkurssystemen zeugt. Einige Beitritts-länder werden für die Teilnahme am WKM IIihre Wechselkurssysteme so anpassen müs-sen, dass sie mit dem WKM II vereinbar sind.Gemäß der Zielformulierung in der Entschlie-ßung des Europäischen Rats über den WKM IIstehen mit dem EU-Beitritt für die neuen Mit-glieder wichtige politische Entscheidungenhinsichtlich des Zeitpunkts und der Modalitä-ten einer WKM-II-Teilnahme an. Diese Ent-scheidungen sind in erster Linie von den be-troffenen Ländern in Eigenverantwortung zufällen, müssen aber im Einklang mit den Vor-gaben des EG-Vertrags stehen; dazu gehörtetwa die Verpflichtung, die Wechselkurs-politik als Angelegenheit von gemeinsamemInteresse zu behandeln. Auch wenn einemindestens zweijährige Teilnahme amWKM II eine der Voraussetzungen für die Ein-führung des Euro ist und der WKM II daherletztendlich eine Rolle bei den Konvergenz-kriterien spielt, besteht sein Hauptzweck da-rin, den teilnehmenden Ländern die Ausrich-tung ihrer Politik auf Stabilität und die Förde-rung der Konvergenz zu erleichtern.

2.5 Entwicklungen im Finanzsektor

Während die Banken – zum Teil historischbedingt – den Finanzsektor in den Beitritts-ländern dominieren, sind die anderen Berei-che nach wie vor tendenziell weniger starkentwickelt. Aus Sicht der EZB ist die Stär-kung des Finanzsektors aus zwei Gründen

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von wesentlicher Bedeutung: Erstens habendie Struktur und das Funktionieren desFinanzsektors bedeutsame Auswirkungen aufdie gesamtwirtschaftliche Entwicklung.Insbesondere begünstigt ein solider Finanz-sektor Strukturreformen in der Realwirt-schaft und kann somit zu einem höheren Po-tenzialwachstum und zu einer Annäherung derRealeinkommen an das Niveau im Euroraumbeitragen. Zweitens ist Finanzmarktstabilitätin den Beitrittsländern eine Grundvorausset-zung für die reibungslose Durchführung derGeldpolitik in einem erweiterten Euro-Wäh-rungsgebiet. Schwachpunkte im Finanzsektorwürden zweifelsohne für die Geldpolitik so-wie für die Glaubwürdigkeit der Zentralban-ken und ihr Streben nach Preisstabilitätein nicht zu unterschätzendes Problem dar-stellen.

Erfreulicherweise wurden in den letzten Jah-ren bei der Umstrukturierung und Konsoli-dierung des Finanzsektors große Fortschritteerzielt. Durch die weit reichende Privatisie-rung staatlicher Banken und die großzügigeÖffnung des Marktes für ausländische Inves-toren kam es zu einer Stärkung des Banken-sektors. Diese Entwicklung förderte dank desbeträchtlichen Engagements von Banken ausden EU-Mitgliedstaaten die Integration mitder EU und führte zu beachtlichen Effizienz-steigerungen. Der Umbau des Finanzsystemsist jedoch noch lange nicht abgeschlossen, dadie Finanzintermediation erst ziemlichschwach entwickelt ist. Davon zeugt vor al-lem das Verhältnis der Bankaktiva zum BIPbzw. jenes der inländischen Kredite zum BIP,das sich nur auf rund ein Viertel bzw. einDrittel der entsprechenden Quote im Euro-raum beläuft. Darüber hinaus ist der Banken-sektor in einigen Ländern nach wie vor miteinem hohen Anteil notleidender Kredite be-lastet und bei der Kreditvergabe durchSchwachpunkte in der Unternehmenssteue-

rung und -kontrolle sowie durch wenig effizi-ente rechtliche Rahmenbedingungen einge-schränkt.

2.6 Schlussbemerkungen

Nach den aus Sicht der gesamtwirtschaftli-chen Politik schwierigen ersten Jahren desReformprozesses sind der Aufbau der Insti-tutionen und die Politikentwürfe in denBeitrittsländern ausreichend weit fortge-schritten, um gesamtwirtschaftliche Stabilitätzu gewährleisten. Trotz der weltweiten Kon-junkturabkühlung verzeichneten die meistenBeitrittsländer 2002 eine im Großen undGanzen positive Wirtschaftsentwicklung. DieWachstumsdifferenzen zum Euroraum wur-den stabil gehalten oder sogar ausgebaut, undbei der Eindämmung der Inflation wurden be-achtliche Fortschritte erzielt. Zu diesem Er-folg hat nicht zuletzt die angemessene Aus-wahl der geld- und wechselkurspolitischenStrategien beigetragen. Nichtsdestowenigerhaben die Beitrittsländer noch einige Heraus-forderungen zu bewältigen. Das Wirtschafts-wachstum und die Reform des Rechtssystemsund der Institutionen müssen mit unvermin-dertem Tempo fortgesetzt werden, um denAufholprozess bei den Realeinkommen zu be-schleunigen. Zudem müssen der erfolgreicheKurs der Disinflation bei gleichzeitiger Ge-währleistung einer laufenden Preisliberalisie-rung gefestigt und der Finanzsektor weitergestärkt werden. Die Auswahl der geld- undwechselkurspolitischen Strategien bis zur Ein-führung des Euro birgt ebenfalls wesentlicheHerausforderungen. Während einerseits gro-ße Wechselkursschwankungen gegenüberdem Euro vermieden werden sollten, könnteandererseits ein gewisser Grad an Flexibilitätwünschenswert sein, um weitere für die volleTeilnahme an der WWU nötige Reformendurchführen zu können.

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3 Beitrittsvorbereitungen

3.1 Vorbereitungen der Beschluss-organe und ESZB-Ausschüsse

Der Erweiterte Rat

Den Zentralbankpräsidenten der Beitrittslän-der steht es laut Beschluss des ErweitertenRats vom September 2002 offen, nach derUnterzeichnung des Beitrittsvertrags als Be-obachter an den Sitzungen des ErweitertenRats teilzunehmen. Dadurch soll ihnen er-möglicht werden, sich schon vor ihrer offizi-ellen Aufnahme in den Erweiterten Rat imJahr 2004 mit den für das ESZB relevantenThemen und Arbeitsmethoden vertraut zumachen. Der EWI-Rat hatte im Übrigen 1994für die Zentralbankpräsidenten von Öster-reich, Norwegen, Finnland und Schweden die-selbe Vorgehensweise angewendet.

Die ESZB-Ausschüsse

Im Hinblick auf eine reibungslose Einbindungder Zentralbanken der Beitrittsländer in dasESZB beschloss der EZB-Rat, nach der Un-terzeichnung des Beitrittsvertrags Expertendieser Zentralbanken Beobachterstatus inden ESZB-Ausschüssen – sofern diese in derESZB-Zusammensetzung tagen – zu gewäh-ren.

Der EZB-Rat

Mit dem Beitritt der neuen Mitgliedstaatenzum Euro-Währungsgebiet wird sich der EZB-Rat, das oberste Beschlussorgan des Eurosys-tems, erheblich vergrößern. Um sicherzustel-len, dass der EZB-Rat auch nach der Erweite-rung in der Lage ist, Entscheidungen effizientund rechtzeitig zu treffen, wurde im Vertragvon Nizza eine „Ermächtigungsklausel“ ver-ankert, die in der Form eines neuen Arti-kels 10.6 über den EZB-Rat eine Anpassungder Abstimmungsregeln im EZB-Rat gemäßArtikel 10.2 ESZB-Satzung vorsieht. DieserKlausel zufolge kann Artikel 10.2 der ESZB-Satzung vom Rat der Europäischen Union in

der Zusammensetzung der Staats- und Regie-rungschefs einstimmig geändert werden, undzwar entweder auf der Grundlage einer vonder EZB einstimmig getroffenen Empfehlungnach Anhörung des Europäischen Parlamentsund der Kommission oder auf Empfehlungder Kommission nach Anhörung der EZB unddes Europäischen Parlaments. In der Folgeempfiehlt der Rat den Mitgliedstaaten, dievereinbarte Änderung anzunehmen und ge-mäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschrif-ten zu ratifizieren. In einer Erklärung zurSchlussakte der Regierungskonferenz, die denVertrag von Nizza vorbereitete, brachten dieRegierungen der Mitgliedstaaten ihre Erwar-tung zum Ausdruck, dass eine Empfehlung imSinne von Artikel 10.6 so schnell wie möglichnach dem In-Kraft-Treten des Vertrags vor-liegen solle. Im Lauf des Berichtsjahrs erör-terte der EZB-Rat ausführlich die Möglichkei-ten zur Anpassung seiner Abstimmungsmo-dalitäten und beschloss einstimmig dieüberarbeitete Fassung des Artikels 10.2 derESZB-Satzung, die dem EU-Rat im Februar2003 als Empfehlung der EZB (EZB/2003/1)vorgelegt wurde. Nähere Einzelheiten zu derempfohlenen Anpassung der Abstimmungsre-geln im EZB-Rat finden sich in Kapitel XIII.

3.2 Das gezeichnete Kapital der EZBund die Obergrenze für dieWährungsreserven

Vor dem Hintergrund der Erweiterung erör-terten der EZB-Rat und der Erweiterte Ratdie Anhebung des gezeichneten Kapitals derEZB sowie der Obergrenze für die Erstüber-tragung von Währungsreserven durch dieNZBen auf die EZB. Im Fall der Beibehaltungder geltenden Regelung wäre die EZB nachder Erweiterung des ESZB nämlich gezwun-gen gewesen, den derzeitigen ESZB-Mitglie-dern einen beträchtlichen Betrag des von ih-nen eingezahlten Kapitals zurückzuerstatten.Darüber hinaus hätte die EZB Währungsre-serven an die derzeitigen ESZB-Mitglieder zu-rückübertragen müssen, sobald die neuen Mit-gliedstaaten den Euro einführen. Derartige

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Verpflichtungen wären gerade zu diesem Zeit-punkt besonders ungünstig gewesen, da infol-ge der Erweiterung mit einer größerenArbeits- und Kostenbelastung für die EZB zurechnen ist.

Laut ESZB-Satzung zeichnet jede im ESZB ver-tretene NZB gemäß einem Schlüssel, der inRelation zu dem Anteil des jeweiligen Mit-gliedstaats an der Bevölkerung und am BIPder Gemeinschaft steht, einen Anteil am Ka-pital der EZB, das derzeit 5 Mrd € beträgt.Damit den NZBen, die künftig am ESZB teil-nehmen werden, bei ihrem Eintritt ebenfallsein Anteil gemäß dem Kapitalzeichnungs-schlüssel zugeordnet werden kann, müsstensich die Anteile der bereits teilnehmendenNZBen zwangsweise verringern. Nach denderzeitigen Bestimmungen hat jede NZB desEurosystems ihren Anteil in voller Höhe ein-zuzahlen, während die NZBen der Mitglied-staaten, die den Euro noch nicht eingeführthaben, jeweils lediglich 5 % ihres gezeichne-ten Anteils zahlen müssen. Letztendlich wür-de daher die Neuaufnahme von NZBen in dasESZB infolge einer Anpassung der Anteile ge-mäß dem Kapitalschlüssel zu einer Abnahmedes insgesamt eingezahlten Kapitals führen.

Während dieser Effekt unmittelbar nach demBeitritt neuer Mitgliedstaaten zur EU und de-ren NZBen zum ESZB zum Tragen gekommenwäre, hätten sich Verzerrungen bei der Über-tragung von Währungsreserven erst später –nämlich nach der Euro-Einführung durch dieneuen Mitgliedstaaten – ergeben. Zurzeit be-steht eine Obergrenze von 50 Mrd € für dieErstübertragung von Währungsreserven aufdie EZB, und die am Euroraum teilnehmen-den NZBen haben entsprechend ihrem je-weiligen Anteil am gezeichneten Kapital Wäh-rungsreserven auf die EZB übertragen. Umdaher nach dem derzeitigen Verfahren be-messene Übertragungen von Währungsreser-ven durch die NZBen aller künftigen Euro-Länder zu ermöglichen, hätte die EZB ange-sichts der bestehenden Obergrenze Währungs-reserven an die gegenwärtig zum Euroraumgehörenden NZBen zurückübertragen müs-sen.

Mit dem Ziel, solch ungünstige Folgen derErweiterung zu vermeiden, unterbreiteten dieEZB-Beschlussorgane der Europäischen Kom-mission den Vorschlag, die für eine entspre-chende technische Änderung der ESZB-Sat-zung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.Im Oktober 2002 verabschiedete der ECO-FIN-Rat Schlussfolgerungen, in denen dieEmpfehlung enthalten war, Artikel 49 derESZB-Satzung mittels des Beitrittsvertrags umeinen neuen Absatz zu erweitern. Diese neueBestimmung sieht vor, dass das gezeichneteKapital der EZB und die für die Erstübertra-gung von Währungsreserven durch dieNZBen geltende Obergrenze nach dem Bei-tritt neuer Mitgliedstaaten angehoben wer-den. Eine solche Erhöhung soll automatischund proportional zum jeweiligen Anteil derNZBen der neuen Mitgliedstaaten am erwei-terten Kapitalzeichnungsschlüssel erfolgen.

3.3 Masterplan für die Erweiterung

Vor der Erweiterung des ESZB gilt es, eineVielzahl der von der EZB wahrgenommenenFunktionen und ESZB-Infrastrukturen einerÜberprüfung zu unterziehen, sodass ESZB undEZB auch künftig in der Lage sind, ihre Auf-gaben zu erfüllen und ihre Ziele zu erreichen.

Die EZB hat mit der Ausarbeitung eines Mas-terplans für die Erweiterung begonnen, derin allen Zuständigkeitsbereichen eine Orien-tierungshilfe bei der Planung, Umsetzung undÜberwachung der EZB-Vorbereitungsarbeitenfür die Erweiterung des ESZB – und zu einemspäteren Zeitpunkt des Eurosystems – bietensoll. Dieser Plan lehnt sich an den EWI-Mas-terplan an, in dem der für das ESZB zur Aus-übung seiner Aufgaben nach dem Beginn derdritten Stufe der WWU erforderliche orga-nisatorische und logistische Rahmen definiertwurde.

Zahlreiche Infrastrukturprojekte mit relativlangen Vorlaufzeiten wurden schon in Angriffgenommen. Außerdem hat die EZB bereitsMaßnahmen ergriffen, um den Zentralbankender Beitrittsländer die Funktionsweise desESZB näher zu bringen und sie bei ihren Vor-

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bereitungen zur Integration in das ESZB zuunterstützen.

Die im Rahmen des Masterplans vorgesehe-nen Aktivitäten, die im Verlauf des Jahres2003 weiter intensiviert werden, sollen ge-währleisten, dass alle relevanten Themenrechtzeitig behandelt werden, um eine rei-bungslose Einbindung der Zentralbanken derneuen Mitgliedstaaten in das ESZB ohne Be-einträchtigung der Betriebsabläufe der ESZB-Systeme sicherzustellen.

3.4 Beurteilung der Zahlungssystemesowie der Wertpapierabrechnungs-und -abwicklungssysteme in denBeitrittsländern

Im Berichtsjahr beurteilte die EZB gemein-sam mit den NZBen der Euro-Länder undder Beitrittsländer die Sicherheit und Effizi-enz der Infrastruktur im Zahlungsverkehr undim Bereich der Wertpapierabrechnung und-abwicklung sowie die damit verbundenenÜberwachungsaufgaben in den zwölf Beitritts-ländern. Im Rahmen dieser Beurteilung wur-den vor Ort Gespräche mit Vertretern derZentralbanken der Beitrittsländer und ande-rer relevanter nationaler Behörden, System-betreibern und Marktteilnehmern geführt,wobei insbesondere Themen rund um die EU-Erweiterung und weniger die Voraussetzun-gen für eine Teilnahme an der dritten Stufeder WWU diskutiert wurden. Erörtert wur-den z. B. der Einsatz verschiedener Zahlungs-instrumente, die Eignung der Marktinfrastruk-tur und die bedeutendsten Überweisungssys-teme sowie Wertpapierabrechnungs- und-abwicklungssysteme, die in den Beitrittslän-dern entweder bereits in Betrieb sind oderderzeit aufgebaut werden. Besonderes Au-genmerk wurde darüber hinaus auf den Gradder Automatisierung und Standardisierung ge-richtet sowie auf den Grad der Verbriefungvon Krediten und die Angemessenheit derdafür genutzten Sicherheiten. Die Rolle derjeweiligen Zentralbank sowie ihre Kompe-tenzen, Kapazitäten und Ziele im Aufsichts-bereich waren ebenfalls ein wichtiges Thema.

Obwohl die Beurteilung in allen Beitrittslän-dern Verbesserungspotenzial aufzeigte, kamman zu dem Schluss, dass die jeweils für denZahlungsverkehr und für die Wertpapierab-rechnung und -abwicklung bestehenden Infra-strukturen so beschaffen sind, dass sie keinegrößeren Hindernisse für den EU-Beitritt dar-stellen dürften. Die EZB unterbreitete sämt-lichen Zentralbanken der Beitrittsländer all-gemeine und länderspezifische Empfehlungenfür gezielte Verbesserungen. Eine Zusammen-fassung der Ergebnisse und Empfehlungen die-ser Beurteilung wurde auch der EuropäischenKommission für deren Bericht „Auf dem Wegzur erweiterten Union – Strategiepapier undBericht der Europäischen Kommission überdie Fortschritte jedes Bewerberlandes aufdem Weg zum Beitritt“ vom Oktober 2002bereitgestellt.

3.5 Geheimhaltungsvereinbarung mitden Zentralbanken der Beitritts-länder

Im Hinblick auf die bevorstehende EU-Erwei-terung und die damit verbundene zunehmendengere Zusammenarbeit zwischen dem ESZBund den Zentralbanken der künftigen Mitglied-staaten wurde eine Rahmenvereinbarung überden Austausch vertraulicher Informationen zwi-schen dem ESZB und den Zentralbanken derBeitrittsländer erforderlich. Die zu diesemZweck zwischen dem ESZB und den zwölf Zen-tralbanken der Beitrittsländer verhandelteGeheimhaltungsvereinbarung ergänzt alle sons-tigen bereits bestehenden Übereinkünfte, diedie EZB mit einigen Zentralbanken aus diesenLändern bereits eingegangen ist. Sie zielt aufdie Einhaltung gemeinsamer Mindeststandardsim Umgang mit vertraulichen Informationendurch alle Beteiligten ab und bezieht sichnicht nur auf Dokumente, sondern generellauf den gesamten Informationsaustausch zwi-schen dem ESZB und den Zentralbanken derBeitrittsländer. Da die NZBen der zehn neuenMitgliedstaaten bereits unmittelbar nach derUnterzeichnung des Beitrittsvertrags als Beob-achter an den Sitzungen der ESZB-Ausschüsseteilnehmen können, ist dies von besondererBedeutung.

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3.6 Zusammenarbeit im Bereich derFalschgeldüberwachung

Vor der Eröffnung ihres Falschgeldanalyse-zentrums und der Inbetriebnahme ihresFalschgeldüberwachungssystems beriet sichdie EZB auch mit den Zentralbanken der Bei-trittsländer zu Fragen der Falschgeldpräventi-on und -erkennung. In diesem Zusammen-hang untersuchte die EZB, welchen Zentral-banken in den Beitrittsländern bei derUntersuchung und Analyse gefälschter Bank-noten eine klar definierte Rolle zukommt. ImZuge dieser Untersuchung wurden fünf Zen-tralbanken als mögliche erste Kooperations-partner ausgewählt, und es wurde eine Vor-lage für ein Kooperationsabkommen ausgear-beitet. Die EZB strebt letztendlich einederartige Zusammenarbeit mit allen Zentral-banken der Beitrittsländer an.

3.7 Zusammenarbeit zwischen denZentralbanken

Auch im Berichtsjahr unterstützten die EZBund die NZBen des Euroraums die Zentral-banken der Beitrittsländer bei ihren techni-schen Vorbereitungsarbeiten für eine rei-bungslose Integration in das ESZB und zueinem späteren Zeitpunkt in das Eurosystem.Insbesondere wurde den Zentralbanken derBeitrittsländer dabei Hilfestellung geleistet,sich mit dem Handlungsrahmen und den Funk-tionen des ESZB und des Eurosystems ver-traut zu machen, und in verschiedenen Kern-bereichen des Zentralbankwesens Unterstüt-

zung auf Expertenebene geboten. Die intensi-ve Zusammenarbeit zwischen den Zentral-banken des Eurosystems und der Beitrittslän-der wurde also auch 2002 fortgesetzt.

Insgesamt wurden im Berichtsjahr im Rah-men dieser Kooperation über 300 Aktivitä-ten gezählt, wodurch sich die Gesamtanzahltechnischer Kooperationsaktivitäten seit Ende1999 auf rund 1 000 erhöhte. Seit 1999 er-streckt sich die Hilfestellung auf Zahlungssys-teme, rechtliche Konvergenz und sonstigeFragen betreffend den rechtlichen Rahmendes ESZB, Wirtschaftspolitik und Analysewirtschaftlicher Entwicklungen, Statistik,Geldpolitik und geldpolitischer Handlungsrah-men, Devisen, Aufsicht, Rechnungslegungs-grundsätze, Euro-Banknoten, interne Revisi-on, Informationstechnologien und Kapitalver-kehrsliberalisierung. Neben spezifischenMaßnahmen zur technischen Unterstützungwerden Seminare und Workshops für Exper-ten, bilaterale Besuche auf Expertenebene,Konsultationen auf hoher Ebene sowie Schu-lungen und Praktika angeboten. In einigen Fäl-len haben Experten von Zentralbanken desEurosystems und der Beitrittsländer gemein-sam Studien verfasst, so z. B. zum Status derrechtlichen Vorbereitungen für die EU-Mit-gliedschaft, zu Zahlungs- und Wertpapierab-wicklungssystemen, zu Finanzsektoren und zuverschiedenen Aspekten des statistischen Be-richtsrahmens in den Beitrittsländern.

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Sommer 2002

EZB-Fotoausstellung „The Making of the €uro“ beim Banco de España in Madrid und Barcelona

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Herstellung und Ausgabe

von Banknoten

Kapitel VII

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002140

1 Die Euro-Bargeldeinführung und die Entwicklung desBargeldumlaufs

Für die Ausgabe der Euro-Banknoten sinddie EZB und die NZBen des Euroraums zu-ständig. Als die neuen Banknoten und Mün-zen am 1. Januar 2002 im Zuge der Bargeld-umstellung in den zwölf Euro-Ländern in Ver-kehr gebracht wurden, wurde der Euro fürüber 300 Millionen Menschen greifbare Reali-tät. Dank der frühzeitigen und sorgfältigenVorbereitungsarbeiten aller Beteiligten undihres großen Einsatzes insbesondere währendder Umstellungsphase im Januar und Februar2002 wurde die Euro-Bargeldeinführung er-folgreich gemeistert. Einen nicht unwesentli-chen Beitrag dazu leistete die Bevölkerung,die die neuen Banknoten und Münzen zu Jah-resbeginn rasch akzeptierte.

1.1 Vorverteilung von Euro-Banknotenund -Münzen im Jahr 2001

Die entscheidenden Weichen für die rei-bungslose Bargeldumstellung wurden mit derin den letzten vier Monaten 2001 durchge-führten Vorverteilung gestellt. Dabei wurdenin einem ersten Schritt große Mengen vonEuro-Banknoten und -Münzen vorzeitig anKreditinstitute abgegeben (Frontloading), dieeinen beträchtlichen Teil davon an den Han-del weiterverteilten (Sub-Frontloading). Mit-te Januar 2002 erfolgte bereits ein Großteilder Bargeldtransaktionen in Euro, womiteines der Hauptziele des Umstellungsszena-rios erreicht war. Insgesamt versorgten dieNZBen des Eurosystems Kreditinstitute in-nerhalb und außerhalb des Euroraums mit6,4 Milliarden Euro-Banknoten im Wert vonrund 133 Mrd €. Die wichtigsten Akteureder Bargeldumstellung waren also für den1. Januar 2002, den €-Tag, bestens gerüstet.Da gerade kleine Banknotenkategorien im täg-lichen Bargeldverkehr eine besondere Rollespielen, wurden schon im Zuge der Vorver-teilung an die Kreditinstitute etwa 80 % desVolumens der niedrigen Banknotenstückelun-gen ausgegeben. Gleichzeitig wurden vorder offiziellen Euro-Bargeldeinführung rund38 Milliarden Euro-Münzen an die Banken,

den Handel und in geringerem Umfang inForm von Startpaketen auch an die Bevölke-rung abgegeben. Das entsprach 97 % des ge-samten Münzbedarfvolumens während derUmstellungsphase.

1.2 Umstellung auf die Euro-Banknotenund -Münzen während der Parallel-umlaufphase im Jahr 2002

Zusätzlich zu den vorzeitig verteilten Euro-Banknoten und -Münzen gab das Eurosystemin der ersten Januarhälfte 2002 weitere1,7 Milliarden Banknoten im Wert von67 Mrd € aus. Am 15. Januar 2002 erreichteder Euro-Banknotenumlauf (einschließlich desKassenbestands der MFIs) mit 8,1 MilliardenStück seinen Höchststand. Bis zum 1. März2002, als der Euro im gesamten Euroraumzum alleinigen gesetzlichen Zahlungsmittelwurde, reduzierte sich der Euro-Banknoten-umlauf um 7,5 % auf 7,5 Milliarden Stück;wertmäßig hingegen wurde eine stete Zunah-me verzeichnet. Diese Entwicklung dürftedarauf zurückzuführen sein, dass sich Kredit-institute und Einzelhandelsbetriebe in den ers-ten zwei Januarwochen gerade mit den klei-nen Banknotenstückelungen (insbesondere5 € und 10 €) eindeckten, um über ausrei-chend Wechselgeld zu verfügen. Für dieseVermutung spricht die Tatsache, dass vonMitte Januar bis Ende Februar die Anzahl derin Umlauf befindlichen 5-€-Banknoten um34 % und jene der 10-€-Banknoten um 17 %sank, während die Nachfrage nach allen ande-ren Banknotenstückelungen im selben Zeit-raum weiter zunahm.

Wertmäßig erhöhte sich der Euro-Bank-notenumlauf während der zweimonatigenUmtauschphase sprunghaft um 86 % von133 Mrd € auf 247 Mrd €. Ende Februar2002 entsprach der Euro-Banknotenumlaufalso bereits 86,5 % des Werts der umlaufen-den Euro- und nationalen Banknoten zusam-mengenommen.

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141EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Da bereits vor dem €-Tag Euro-Münzen imWert von 12,4 Mrd € an den Bankensektorund andere Branchen, die gewerbsmäßig mitBargeld zu tun haben, abgegeben worden wa-ren, zog der Euro-Münzumlauf in den erstenbeiden Wochen der Umstellungsphase stück-zahlmäßig lediglich um 2,6 % an. Analog zuden Euro-Banknoten wurde auch beim Euro-Münzumlauf am 15. Januar 2002 ein Höchst-stand gemessen: 38,6 Milliarden Stück imWert von 12,6 Mrd € (NZB-Bestände ausge-nommen). Ab Mitte Januar 2002 bis zum Endedes Parallelumlaufs verringerte sich die An-zahl der in Umlauf befindlichen Euro-Münzenauf 35,8 Milliarden. Wertmäßig sank derMünzumlauf im selben Zeitraum um 8,2 % auf11,5 Mrd €.

1.3 Die weitere Entwicklung des Euro-Bargeldumlaufs im Jahr 2002

Der Euro-Banknotenumlauf blieb zunächstleicht rückläufig. Nach einem Tiefstand von7,2 Milliarden Banknoten im April 2002 wuchsder Euro-Banknotenumlauf bis zum Jahresen-de auf 8,2 Milliarden, was einem Anstieg um13,8 % entspricht; wertmäßig erhöhte er sichvon März bis Dezember 2002 um 45,3 % auf359 Mrd €. Diese Entwicklung ist in ersterLinie auf die starke Nachfrage nach ho-hen Banknotenkategorien, insbesondere500-€- und 200-€-Noten, zurückzuführen.Zum Jahresende 2002 betrug der Banknoten-umlauf insgesamt, d. h. einschließlich Restbe-

Abbildung 33Euro-Banknotenumlauf im Jahr 2002(Millionen Stück)

ständen an Vorgängerwährungen, 98 % desgesamten Umlaufs nationaler Banknoten Ende2000.

Auch bei den Euro-Münzen war die Tendenzzunächst leicht rückläufig, bis – ebenfalls imApril 2002 – ein Tiefstand von 34,7 Milliar-den Stück im Wert von 11 Mrd € verzeich-net wurde. Anschließend erhöhte sich derUmlauf an Euro-Münzen wieder etwas underreichte Ende 2002 40,0 Milliarden Stück imWert von 12,4 Mrd €.

1.4 Rücklauf der Altwährungen

Bis Mitte 2001 blieb der Umlauf nationalerBanknoten auf einem relativ stabilen Niveau;danach war unter dem Eindruck der bevor-stehenden Bargeldumstellung jedoch ein be-achtlicher Rücklauf – vor allem bei dengrößeren Stückelungen – zu beobachten, dersich mit Beginn der Vorverteilung im Sep-tember 2001 noch erheblich beschleunigte.Insgesamt verringerte sich der Umlauf natio-naler Banknoten während des Jahres 2001wertmäßig um 29 %, nämlich von 380 Mrd €auf 270 Mrd €, was stückzahlmäßig einerAbnahme von 11,7 Milliarden auf 9,6 Milliar-den entspricht. In den ersten zwei Monatendes Jahres 2002 wurden insgesamt 6,7 Milli-arden nationale Banknoten, d. h. 70 % deszum Jahresende 2001 verzeichneten Umlaufs,aus dem Verkehr gezogen. Pro Tag verrin-gerte sich dabei in diesem Zeitraum der noch

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20022002

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500 €200 €100 €

Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jan.Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002142

verbleibende Umlauf nationaler Banknotenwertmäßig um 4 % bis 6 %, in Summe umnicht weniger als 178 Mrd € im Januar und58 Mrd € im Februar 2002. Bis zum Jahres-

Abbildung 34Banknotenumlauf von 2000 bis 2002(Mrd €)

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Jan.2000 2001 2002 2000 2001 2002Juni Nov. April Sept. Febr. Juli Dez. Jan. Juni Nov. April Sept. Febr. Juli Dez.

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Nationale BanknotenEuro-Banknoten Nationale und Euro-Banknoten

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ende 2002 verlangsamte sich der Rückflussdeutlich. Der Wert der noch nicht umge-tauschten Vorgängerwährungen belief sichEnde 2002 auf 13,3 Mrd €.

2 Produktion von Euro-Banknoten und -Münzen

2.1 Produktion von Euro-Banknoten

Nach der erfolgreichen Einführung der Euro-Banknoten unterzog das Eurosystem die Stan-dards, Methoden und Verfahren zur Bankno-tenproduktion einer allgemeinen Überprüfungmit dem Ziel, sowohl die Banknotenqualitätals auch die Effizienz des gesamten Herstel-lungsprozesses zu optimieren. Im Rahmen die-ses Audits fanden Erfahrungsprotokolle derProduktionsstätten wie auch Rückmeldungenaus der Öffentlichkeit, von Banken und ande-ren Benutzern von Euro-Banknoten Berück-sichtigung. Ebenso wurden neue Technikenund Prozesse für die Herstellung und Qua-litätskontrolle evaluiert und für die nach-folgenden Produktionsprogramme imple-mentiert, wodurch die Qualitätsstandards inden Produktionsstätten angehoben wurden.Darüber hinaus wurde das Qualitätsmanage-ment im Bereich Arbeitsschutz und Umwelt-schutz im Zusammenhang mit der Herstel-lung und Benutzung von Banknoten nachBranchenstandard ausgebaut. Ergänzt wurdedies durch eine Bestandsaufnahme der für dieEuro-Banknotenproduktion eingesetzten Ma-terialien.

Dieser kontinuierliche Verbesserungsprozesswird seinen Niederschlag in allen künftigenProduktionsprogrammen sowohl für laufendeals auch für neue Banknotenserien finden. Fürdie Banknotenherstellung im Jahr 2003 wur-de eine Reihe neuer und verbesserter Quali-tätsstandards festgelegt.

Gemäß dem Beschluss des EZB-Rats vom April2001 werden Euro-Banknoten in den kommen-den Jahren dezentral nach einem Poolingprinziphergestellt. Demnach wird die gesamte Euro-Banknotenproduktion nach einem Quotensys-tem unter den NZBen des Eurosystems aufge-teilt, wobei jede NZB jeweils nur für wenigeBanknotenkategorien zuständig ist. Durch dasProduktionspooling, im Rahmen dessen sich dieAnzahl der Produktionsstätten pro Kategoriereduziert, wird eine einheitliche Banknoten-qualität sichergestellt, und das Eurosystem pro-fitiert außerdem von Kostendegressionen.

Die NZBen tauschen die druckfrischen Bank-noten untereinander jeweils ohne Gegenver-rechnung aus. Im Jahr 2002 wurden die beider Euro-Banknotenproduktion angewende-ten Verfahren zur Abnahme, Kontrolle undÜberprüfung weiter verbessert.

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143EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Für das Jahr 2002 wurde ein Produktionsbe-darf von insgesamt 4,8 Milliarden Banknotenermittelt. Diese Banknoten waren zur Abde-ckung etwaiger Erhöhungen des Banknoten-umlaufs und zum Austausch nicht mehr um-lauffähiger Banknoten bestimmt. Darüber hi-naus sollte sichergestellt werden, dass dieNZBen über ausreichende logistische Reser-ven verfügen, damit selbst bei Bedarfsspitzenkeine Versorgungsengpässe entstehen.

Die im Zuge der Erstausstattungsproduktionaufgebauten logistischen Reserven an 200-€-und 500-€-Banknoten wurden als ausrei-chend für das Berichtsjahr eingestuft. Tabelle18 bietet einen Überblick über die Produkti-onsquoten der NZBen.

2.2 Bestandsmanagement und Aufbaueiner strategischen Reserve für dasEurosystem

Es zeigte sich, dass nicht nur bei der Euro-Banknotenproduktion weiterer Koordinati-onsbedarf bestand, sondern auch im Bereichder Banknotenausgabe. Demzufolge wurdeunter anderem eine Übereinkunft über dieVerwaltung logistischer Reserven im Euro-system getroffen.

Stückelung Anzahl Wert Produziert im(Millionen (Mio €) Auftrag der Banknoten) NZBen von

5 € 1 131 5 655 FR, NL, AT,PT

10 € 1 045 10 450 DE, GR, IE

20 € 1 555 31 100 ES, FR, IT, FI

50 € 742 37 100 BE, ES, NL

100 € 307 30 700 IT, LU

Insgesamt 4 780 115 005

Tabelle 18Produktionsquoten bei der Herstellungvon Euro-Banknoten im Jahr 2002

Ferner beschloss der EZB-Rat, eine strategi-sche Reserve für das Eurosystem aufzubauen,und traf diesbezüglich Entscheidungen überdie Banknotenproduktion und die weitereVorgehensweise. Auf diese Reserve wird zu-gegriffen, wenn eine unerwartet hohe Nach-frage nach Euro-Banknoten durch die logisti-schen Reserven nicht abgedeckt werden kannoder eine plötzliche Störung bei der Versor-gung mit Euro-Banknoten eintritt. Die strate-gische Eurosystem-Reserve, die derzeit rund1,74 Milliarden Banknoten umfasst, setzt sichwie folgt zusammen: 30 % des gesamten Euro-Banknotenumlaufs werden in Form der dreihöchsten Banknotenkategorien gehalten und20 % der umlaufenden niedrigen Kategorienin Form der restlichen Denominationen.

Die Restbestände der zentralen Reserve vonEuro-Banknoten, die im Hinblick auf potenzi-elle Engpässe bei der Banknotenversorgungwährend der Bargeldumstellung eingerichtetworden war, wurden in die strategische Eu-rosystem-Reserve eingebracht. Ein weitererTeil dieser Reserve wird zusammen mit denBanknoten im Rahmen des logistischen Be-darfs der NZBen im Jahr 2003 produziert.

2.3 Unterstützung bei der Produktionder Euro-Münzen

Die Prägung der Euro-Münzen liegt im Ver-antwortungsbereich der Mitgliedstaaten. DieEZB, die als unabhängiger Prüfer die Münz-qualität bewertet, unterstützte die Einführungeines gemeinsamen Qualitätsmanagementsys-tems in den an der Euro-Münzproduktion be-teiligten Prägeanstalten. Im Jahr 2002 sankdie Anzahl der neu geprägten Münzen. In mo-natlichen Qualitätsberichten und im Rahmenvon Qualitätsaudits sowie anhand von Stich-proben wurde die Münzqualität laufend eva-luiert.

3 Gemeinsame Eurosystem-Richtlinien zur Bargeldbearbeitung

Die Einführung der Euro-Banknoten und-Münzen stellte die NZBen, die traditionellunterschiedliche Ansätze für die Bargeldlo-

gistik und -bearbeitung verfolgt haben, vorgroße Herausforderungen. Der EZB-Rat hatwiederholt die Bedeutung von Wettbewerbs-

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002144

neutralität im Bereich der Bargeldbearbeitungbetont und eine Reihe von Maßnahmen zurSchaffung fairer Wettbewerbsbedingungen indiesem Sektor ergriffen.

3.1 Gebührenpolitik des Eurosystemsund gemeinsame Strategie fürSchalteröffnungszeiten und Wert-stellungsregeln im Kassendienstder NZBen

Mit Wirkung vom 1. März 2002 wurde im Euro-system ein einheitliches Gebührenschema fürBargeldtransaktionen von Großkunden an NZB-Schaltern eingeführt, wonach Dienstleistungenwie folgt klassifiziert werden:

• Kostenfrei sind Basisleistungen, die jedeNZB im Rahmen ihres Bargeldversorgungs-auftrags erbringt.

• Gebührenpflichtig sind etwaige optionaleZusatzleistungen der NZBen – unter Be-rücksichtigung der Tatsache, dass sie auchvon Dritten kommerziell angeboten wer-den können.

Der EZB-Rat legte überdies eine gemeinsameStrategie für Schalteröffnungszeiten und ge-meinsame Wertstellungsregeln im Kassen-dienst der NZBen fest. Mit den folgendenMaßnahmen wird die Schaffung gleicher Wett-bewerbsbedingungen bezweckt:

• Die NZBen sollten zumindest an einigenStandorten für die Dauer von mindestenssechs Stunden täglich (der genaue Zeit-raum ist auf nationaler Ebene festzulegen)Bargeldeinzahlungen und -abhebungen er-möglichen.

• Innerhalb dieses Zeitfensters getätigte Bar-geldtransaktionen sollten zum Zeitpunktder tatsächlichen Abhebung/Einzahlung amNZB-Schalter in Wert gestellt werden.

• Die NZBen können diese Maßnahmen anlandesspezifische Gegebenheiten anpassen(z. B. durch die Einführung längerer Schal-teröffnungszeiten für Bargeldtransaktionenoder eine spätere Belastung/frühere Gut-schreibung, was hinsichtlich der Kosten fürDritte denselben Effekt wie längere Öff-nungszeiten hat).

3.2 Rahmenvereinbarung für denBetrieb von kombinierten Ein-und Auszahlungsautomaten imEuro-Währungsgebiet

In einem weiteren Schritt wurde ein gemein-samer Rahmen für den Betrieb von kombi-nierten Ein- und Auszahlungsautomaten imEuroraum vereinbart. Diese frei stehenden,kundenbedienten Automaten unterstützen dieEinzahlung, Bearbeitung und Ausgabe vonBanknoten. Aufgrund der vollautomatischenAbwicklung ist keine manuelle Bearbeitungder Banknoten erforderlich, wodurch sich derBargeldkreislauf beschleunigt und die Kostenfür die Bargeldbearbeitung erheblich sinken.

In einer Diskussion am runden Tisch mit deneuropäischen Bankenverbänden und den Her-stellern kombinierter Ein- und Auszahlungs-automaten wurden die organisatorischen undtechnischen Aspekte solcher Automaten be-leuchtet. In der Folge verabschiedete derEZB-Rat die Rahmenvereinbarung für den Be-trieb von kombinierten Ein- und Auszahlungs-automaten durch Kreditinstitute und andereOrganisationen im Euro-Währungsgebiet, dieim Bereich Banknotenbearbeitung und -aus-gabe tätig sind. Kriterien zur Echtheits- undQualitätsprüfung stehen im Mittelpunkt derVereinbarung. Dadurch soll verhindert wer-den, dass gefälschte oder verdächtige Bank-noten bzw. nicht mehr umlauffähige Bank-noten (z. B. beschädigte oder verschmutzteGeldscheine) erneut in Umlauf geraten.

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145EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

4 Schutz der Euro-Banknoten vor Fälschungen

Obwohl gefälschte Banknoten immer schonlediglich einen verschwindend geringen Teildes Banknotenumlaufs in den Ländern, dieheute dem Euroraum angehören, ausmach-ten, sieht es das Eurosystem als seine Aufga-be an, die Euro-Banknoten unter Anwendunghöchstmöglicher Sicherheitsstandards vor Fäl-schungen zu schützen. Aufgrund ihres De-signs und ihrer Beschaffenheit zählen dieEuro-Banknoten zu den fälschungssicherstenBanknoten der Welt. Außerdem informiertedas Eurosystem die Bevölkerung sowie pro-fessionelle Bargeldverwender im Zuge einerbreit angelegten Kampagne über die Gestal-tungs- und Sicherheitsmerkmale der Euro-Banknoten. Diese Informationskampagne stießauf ein sehr positives Echo, wie Umfrageer-gebnisse aus dem Jahr 2002 und die Anzahlder Zugriffe auf die für die Kampagne einge-richtete Website zeigen. Vom Erfolg der imVorfeld der Euro-Bargeldumstellung ergriffe-nen Maßnahmen zeugt darüber hinaus dieFalschgeldstatistik: Die Anzahl der im Be-richtsjahr aus dem Verkehr gezogenen ge-fälschten Euro-Banknoten entsprach nur rundeinem Viertel der im Jahr zuvor bei den Vor-gängerwährungen registrierten Banknotenfäl-schungen.

Im Jahr 2002 richtete das Eurosystem einFalschgeldanalysezentrum ein, dessen Aufga-be darin besteht, die EU-weit von den natio-nalen Analysezentren erfassten statistischenund technischen Daten über Euro-Bankno-tenfälschungen in einer umfassenden Daten-bank bei der EZB zusammenzuführen. Im Be-richtsjahr wurden 167 118 gefälschte Bank-noten gezählt, die sich wie folgt auf dieeinzelnen Stückelungen verteilen:

Die augenfällige Dominanz gefälschter 50-€-Banknoten in der Statistik ist wohl damit zuerklären, dass man sich bei dieser Stückelungden größtmöglichen finanziellen Gewinn undzugleich das geringste Risiko einer genauenÜberprüfung der Banknoten durch die Bevöl-kerung verspricht.

Beim Falschgeldaufkommen sind in der Regelsaisonale Schwankungen feststellbar; in Feri-enzeiten treten Fälschungen gehäuft auf. DerJahrestrend 2002 sah allerdings anders aus: Inder ersten Jahreshälfte, als die Euro-Bankno-ten aufgrund ihrer Neuheit von der Bevölke-rung noch genau überprüft wurden und ge-fälschte Banknoten deshalb wenig Chancengehabt hätten, wurden besonders wenigeFälschungen entdeckt. Im zweiten Halbjahrtauchten mehr gefälschte Banknoten auf, dochgemessen am bisherigen Falschgeldaufkommenblieb die Anzahl vergleichsweise gering.

Im Allgemeinen war die Qualität der Fälschun-gen darüber hinaus nicht besonders gut. Trotzteilweise raffinierter Techniken gab es keineneinzigen Fall, in dem eine Fälschung nicht nachdem Prinzip „Sehen-Kippen-Fühlen“ – denTests, die das Eurosystem zur Echtheitsprü-fung von Euro-Banknoten empfiehlt – zu er-kennen gewesen wäre. Dessen ungeachtetverfolgt das Eurosystem weiterhin die neues-ten Entwicklungen in der grafischen Industrieim Hinblick auf technische Möglichkeiten zurHerstellung qualitativ hochwertiger Fälschun-gen. Angesichts des jüngsten technischenFortschritts musste das Eurosystem – wieauch viele andere mit der Banknotenausgabebetraute Behörden – in der Tat kräftig in For-schung und Entwicklung investieren. DieEuro-Banknoten sind bereits mit vielfältigenSicherheitsmerkmalen ausgestattet, die alle-samt darauf abzielen, den Fälschungsschutzzu erhöhen bzw. Fälschungen leichter erkenn-bar zu machen.

Der Schwerpunkt der Forschungs- und Ent-wicklungsarbeit des Eurosystems liegt nun an-gesichts der Fälschungsgefahr eindeutig auf

5 € 10 € 20 € 50 €

Anzahl 1 039 3 108 14 845 136 133

Prozent 0,6 1,9 8,9 81,4

100 € 200 € 500 € Insgesamt

Anzahl 10 307 1 525 161 167 118

Prozent 6,2 0,9 0,1 100

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der Wahrung der Integrität der Euro-Bank-noten. So befasst sich das Eurosystem in die-sem Zusammenhang sowohl mit den techni-schen Grundlagen für das Design künftigerBanknoten als auch mit der Verbesserung derbestehenden Sicherheitsmerkmale. Diese Ar-beit ist Grundvoraussetzung dafür, künftigenAnsprüchen an die Euro-Banknoten gerechtzu werden. Das Eurosystem überwacht dieEntwicklungen bei den Euro-Banknotenfäl-schungen sehr sorgfältig und wird gegebe-nenfalls entsprechend gegensteuern.

Zudem beteiligte sich das Eurosystem im Jahr2002 weiterhin aktiv an der internationalenZusammenarbeit im Bereich der Fälschungs-prävention. Im April stellte die internationaleGemeinschaft fest, dass zusätzliche Ressour-cen erforderlich sind, um Technologien zumFälschungsschutz zu testen und umzusetzen.

Die EZB sondierte daraufhin, ob in Frankfurtein technisches Forschungszentrum eingerich-tet werden könnte, und der EZB-Rat kam imJuni überein, ein internationales Forschungs-zentrum für Fälschungsprävention (Internati-onal Counterfeit Deterrence Centre – ICDC)zu errichten, in dem EZB-Mitarbeiter undVertreter anderer mit der Banknotenausgabebetrauter Behörden tätig sein werden. DasICDC fungiert als internationale technischeKontaktstelle für Behörden, die zur Bankno-tenausgabe berechtigt sind, und sonstige imBereich der Fälschungsprävention tätige Or-ganisationen. Es führt auch Scantests durch,um die Fälschungsschutzmechanismen ausge-wählter Vervielfältigungsgeräte zu überprü-fen, und sammelt technische Referenzwerte.Im Dezember 2002 kam es zur Klärung letz-ter Einzelheiten über die Errichtung und Fi-nanzierung des ICDC.

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Eröffnung der Europäischen Schule in Frankfurt am Main

5. September 2002

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Zahlungsverkehrs- und

Wertpapierabwicklungssysteme

Kapitel VIII

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Überblick

In Wahrnehmung seiner Verantwortung fürdie Förderung des reibungslosen Funktionie-rens der Zahlungs- und Wertpapierabwick-lungssysteme bietet das Eurosystem nicht nurselbst entsprechende Systeme an, sondernüberwacht auch jene Systeme, über die derEuro-Zahlungsverkehr abgewickelt wird; au-ßerdem setzt sich das Eurosystem für Innova-tionen auf diesem Gebiet ein.

Der Betrieb von TARGET, dem Transeuro-päischen Automatisierten Echtzeit-Brutto-Ex-press-Überweisungssystem, verlief im Jahr2002 reibungslos, und der sowohl wert- alsauch volumenmäßig zweistellige Zuwachs derabgewickelten Transaktionen kann als Erfolgverbucht werden. Während des Berichtsjahrstraf der EZB-Rat strategische Entscheidungenüber die künftige Weiterentwicklung vonTARGET und die Anbindung der Beitrittslän-der an dieses System. In die Gestaltung desNachfolgesystems TARGET2 sind im Rahmeneines Konsultationsverfahrens auch die An-wender eingebunden.

Im Wertpapierbereich hat sich das ursprüng-lich vom Eurosystem als Übergangslösung fürdie grenzüberschreitende Nutzung von Si-cherheiten konzipierte Korrespondenzzen-tralbank-Modell (CCBM) erneut als die wich-tigste diesbezügliche Einrichtung bewährt undsoll daher weiter verbessert werden. Nähe-res zu den Entwicklungen bei der Nutzungvon Sicherheiten zur Beschaffung von Inner-tageskredit in TARGET und zur Durchfüh-rung geldpolitischer Kreditgeschäfte im Jahr2002 findet sich in Kapitel II Abschnitt 1.6über refinanzierungsfähige Sicherheiten.

Im Rahmen der Ausübung und Weiterent-wicklung der Zahlungssystemaufsicht werdensämtliche eurofähigen systemrelevanten Zah-lungssysteme auf Übereinstimmung mit denvon der BIZ im Januar 2001 herausgegebenen

und vom EZB-Rat im Februar 2001 als Min-deststandards verabschiedeten „Grundprinzi-pien für Zahlungsverkehrssysteme, die für dieStabilität des Finanzsystems bedeutsam sind“,überprüft. Außerdem wurden öffentlicheKonsultationsverfahren über Aufsichtsstan-dards für Euro-Massenzahlungssysteme undüber Sicherheitsziele im Zahlungsverkehrmit elektronischem Geld durchgeführt. Seitder Inbetriebnahme des Continuous LinkedSettlement (CLS)-Systems im September 2002fungiert die EZB als Stelle für den Ausgleichder Euro-Zahlungen der an das CLS-Systemangeschlossenen Banken. Zusammen mit derhauptverantwortlichen Aufsichtsinstanz, demFederal Reserve System, überwacht die EZBdarüber hinaus das CLS-System.

Im Bereich des Massenzahlungsverkehrs un-terstützte das Eurosystem in seiner Rolle alsKatalysator für Veränderungen Initiativen desBankensektors, die die Errichtung eines ein-heitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums zumZiel haben. Grenzüberschreitende Zahlungeninnerhalb des Euroraums sollen für die euro-päischen Bürger ebenso sicher, rasch und ef-fizient durchgeführt werden wie Inlandszah-lungen.

Auf dem Gebiet der Wertpapierabrechnungund -abwicklung wurde die Beurteilung vonWertpapierabwicklungssystemen, die für dieÜbertragung von Sicherheiten bei Kreditge-schäften des Eurosystems zugelassen sind,fortgesetzt; der Integrations- und Konsolidie-rungsprozess an den Wertpapiermärktenwurde ebenfalls genau beobachtet. Mit demZiel, europäische Clearing- und Abwicklungs-standards auf der Basis international verein-barter Empfehlungen festzulegen, wurde dieZusammenarbeit mit dem Ausschuss der Eu-ropäischen Wertpapierregulierungsbehördenfortgeführt.

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1 Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssysteme desEurosystems

1.1 Das TARGET-System

TARGET ist für den integrierten Euro-Geld-markt, der wiederum Voraussetzung für dieeffiziente Durchführung der einheitlichenGeldpolitik ist, von grundlegender Bedeutung.Auch seinen anderen beiden Kernaufgabenwurde das TARGET-System weiterhin ge-recht, denn es trug dazu bei, die Abwicklunggrenzüberschreitender Euro-Zahlungen effi-zienter zu gestalten, und bot einen zuverläs-sigen und sicheren Mechanismus für dieDurchführung inländischer und grenzüber-schreitender Großbetragszahlungen.

Im Jahr 2002 wurden wertmäßig beinahe85 % aller Großbetragszahlungen in Euro (ver-glichen mit knapp unter 75 % im Jahr davor)über TARGET abgewickelt. Dieser Zuwachsist unter anderem der anhaltenden Markt-konsolidierung zuzuschreiben, die z. B. in derSchließung des Hybridsystems Euro AccessFrankfurt (EAF) nach der Inbetriebnahme vonRTGSplus durch die Deutsche Bundesbank ih-ren Ausdruck fand. Außerdem deutet der ste-te Anstieg der über TARGET abgewickeltengrenzüberschreitenden Zahlungen darauf hin,dass das Korrespondenzbankgeschäft im Eu-roraum seit der Einführung des Euro an Be-deutung verloren hat. Im Jahr 2002 zählteTARGET 1 560 direkte und 2 328 indirekteTeilnehmer; die Anzahl der weltweit adres-sierbaren Banken und Zweigstellen belief sichauf rund 40 000.

Der TARGET-Betrieb

Im Jahr 2002 wurden über TARGET im Tages-durchschnitt insgesamt 253 016 grenzüber-schreitende und inländische Zahlungen mit ei-nem Gesamtwert von 1 552 Mrd € durchge-führt. Das Transaktionsvolumen stieg somitgegenüber dem Vorjahr um 20 %, während sichder Transaktionswert um 19 % erhöhte.

Der Anteil der grenzüberschreitenden Zah-lungen machte 2002 wertmäßig 31 % der

Tabelle 19TARGET-Zahlungen1)

Volumen 2001 2002 Veränderungin %

Alle TARGET-ZahlungenInsgesamt 53 663 478 64 519 000 20Tagesdurch-schnitt 211 274 253 016 20

NationaleZahlungenInsgesamt 42 164 099 50 785 315 20Tagesdurch-schnitt 166 000 199 158 20

Grenzüber-schreitendeZahlungenInsgesamt 11 499 379 13 733 685 19Tagesdurch-schnitt 45 273 53 858 19

Wert, Veränderung(Mrd €) 2001 2002 in %

Alle TARGETZahlungen-Insgesamt 329 992 395 635 20Tagesdurch-schnitt 1 299 1 552 19

NationaleZahlungenInsgesamt 201 389 271 914 35Tagesdurch-schnitt 793 1 066 34

Grenzüber-schreitendeZahlungenInsgesamt 128 603 123 721 -4Tagesdurch-schnitt 506 485 -4

1) Anzahl der Geschäftstage 2001: 254 Tage; 2002: 255 Tage.

insgesamt über TARGET abgewickelten Zah-lungen aus (gegenüber 39 % im Jahr 2001);volumenmäßig blieb er mit 21 % mehr oderweniger unverändert. Bei den grenzüber-schreitenden TARGET-Zahlungen entfielenwertmäßig 96 % bzw. stückzahlmäßig 54 % aufInterbanktransaktionen und der Rest jeweilsauf Kundenzahlungen. Der Transaktionswerteiner grenzüberschreitenden Interbankzah-lung lag im Schnitt bei 15,9 Mio € (gegenüber17,7 Mio € im Jahr 2001), der Durchschnitts-wert grenzüberschreitender Kundenzahlun-gen bei 0,8 Mio € (gegenüber 1,0 Mio € imJahr 2001). Tabelle 19 und 20 enthalten wei-tere Angaben, z. B. zu den umsatzstärkstenTagen.

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Wie schon im Vorjahr festgestellt wurde, ge-hen die Zahlungen der TARGET-Teilnehmerin der Regel morgens bzw. vormittags ein.Um 13.00 Uhr sind in TARGET wertmäßigbereits mehr als 50 % und gemessen am Vo-lumen beinahe 75 % der grenzüberschreiten-den Zahlungen abgewickelt. Als im Septem-ber 2002 das CLS-System seinen Betrieb auf-nahm, wurde dieser Trend noch verstärkt, daCLS-Zahlungen in Euro zwischen 7.00 Uhrund 12.00 Uhr durchzuführen sind. Der früh-zeitige Zahlungseingang trägt wesentlich zumreibungslosen Funktionieren von TARGETund zur Verringerung potenzieller System-blockaden im Fall einer Liquiditätsverknap-pung gegen Tagesschluss bei.

Im Jahr 2002 galt erstmals der langfristigeTARGET-Kalender, der die geschäftsfreienTARGET-Tage enthält. Bis auf Weiteres bleibtdas gesamte TARGET-System, einschließlichaller nationalen RTGS-Systeme, an TARGET-Feiertagen geschlossen. Die Einführung deslangfristigen Kalenders trug dazu bei, die Un-sicherheit an den Finanzmärkten auszuschal-ten, die in den Vorjahren aufgrund von Ka-lenderänderungen entstanden war.

Am 18. November 2002 wurde die erweiterteTARGET-Version erfolgreich in Betrieb genom-men. Die Neuerungen betrafen in erster Liniedie Softwarewartung und die Überprüfung derinternationalen Kontonummer (IBAN) bei Kun-denzahlungen. Als Voraussetzung zur durchgän-gig automatisierten Abwicklung von Kunden-zahlungen ist der Einsatz der IBAN ein weitererwichtiger Entwicklungsschritt.

Tabelle 20Umsatzstärkste Tage in TARGET imJahr 2002

Volumen

Alle TARGET-Zahlungen 371 758 28. Juni

Nationale Zahlungen 289 706 28. Juni

GrenzüberschreitendeZahlungen 82 079 29. Nov.

Wert (Mrd €)

Alle TARGET-Zahlungen 2 172 28. Juni

Nationale Zahlungen 1 489 28. Juni

GrenzüberschreitendeZahlungen 689 29. Nov.

Am 27. November 2002 billigte der EZB-Rateine neue geschäftspolitische Richtlinie fürAusgleichszahlungen an TARGET-Teilnehmerim Fall von TARGET-Störungen. Gemäß die-ser Ausgleichsregelung, der die bestehendeMarktpraxis zugrunde gelegt wurde, sollenTARGET-Teilnehmer für bestimmte Verlustenach einem Standardverfahren rasch entschä-digt werden.

Verfügbarkeit des TARGET-Systems

Im Jahr 2002 erhöhte sich die Verfügbarkeitdes TARGET-Systems weiter und erreichte99,77 %; die Anzahl der Störungen ging wei-ter zurück und verringerte sich im Vorjahrs-vergleich um 6 %. Die Notfallmaßnahmen fürTARGET wurden im Berichtsjahr im Hinblickauf ihre gesteigerte Effizienz, die Anforderun-gen für systemrelevante Zahlungssysteme so-wie für CLS-Geschäfte und die Erfahrungenmit den Ereignissen vom 11. September 2001überarbeitet. Umfangreiche Tests und ersteErkenntnisse aus dem Echtbetrieb bestätig-ten den Nutzen der verbesserten Notfallmaß-nahmen.

Dialog mit den TARGET-Anwendern

Die EZB und die NZBen setzten ihren Dialogmit TARGET-Anwendern im Berichtsjahr fort.Wie im Vorjahr kam es regelmäßig zu Zu-sammenkünften mit nationalen TARGET-Anwendergruppen. Daneben wurden aufESZB-Ebene zwei Treffen der Kontaktgruppefür strategische Fragen im Euro-Zahlungs-verkehr (Contact Group on Euro PaymentsStrategy – COGEPS) abgehalten. Des Wei-teren fanden bei der EZB zwei gemein-same Sitzungen der TARGET ManagementWorking Group (TMWG) des ESZB und derTARGET Working Group (TWG) des euro-päischen Bankensektors statt; damit sollte derDialog über Fragen zum TARGET-Betrieb aufeuropäischer Ebene vertieft werden. Der in-tensive Kontakt zu den Anwendern ermög-licht es dem Eurosystem, angemessen auf de-ren Anliegen einzugehen.

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Beitrittsprozess

Am 24. Oktober 2002 beschloss der EZB-Rat, dass für die Zentralbanken der Beitritts-länder die Möglichkeit – jedoch nicht die Ver-pflichtung – besteht, mit dem Beitritt zur Eu-ropäischen Union an TARGET teilzunehmen.Eine Reihe von Optionen für die Anbindungan TARGET, zu denen auch Szenarios gehö-ren, für die keine eigene Euro-RTGS-Platt-form erforderlich ist, wird mit den Zentral-banken der Beitrittsländer erarbeitet und dis-kutiert.

TARGET2

Am 24. Oktober 2002 fasste der EZB-Ratüberdies einen strategischen Beschluss über dieAusrichtung des Nachfolgesystems TARGET2.Im Wesentlichen will das Eurosystem sicher-stellen, dass TARGET sich zu einem Systementwickelt, das 1) durch ein weitgehend har-monisiertes Leistungsspektrum besser auf dieBedürfnisse der Kunden zugeschnitten ist,2) Wirtschaftlichkeit gewährleistet und sich3) rasch an künftige Entwicklungen einschließ-lich der Erweiterung der Europäischen Unionund des Eurosystems anpassen kann. Gleich-zeitig bleiben die NZBen weiterhin für dieGeschäftsbeziehungen mit den Kreditinstitu-ten und die Führung deren Konten zuständig.

TARGET2, das erst in der zweiten Hälftedieses Jahrzehnts in Betrieb gehen wird, istals ein Multi-Plattform-System konzipiert, dasaus Einzelkomponenten und einer gemeinsa-men Plattform besteht. Letztere soll eine IT-Plattform sein, die von jenen Zentralbankengemeinsam genutzt wird, die sich für die Auf-gabe ihrer eigenen Plattform entschieden ha-ben. Innerhalb von drei Jahren nach In-betriebnahme von TARGET2 soll überprüftwerden, ob die gemeinsame Plattform die An-forderungen aller Zentralbanken und Kredit-institute, die keine eigene Plattform unterhal-ten, erfüllt. In einer späteren Phase könntedie Errichtung zusätzlicher Gemeinschafts-plattformen beschlossen werden. Wie bereitsdas jetzige TARGET-System ist auch TARGET2in erster Linie für die Abwicklung system-

relevanter Euro-Großbetragszahlungen inZentralbankgeld bestimmt. Ebenso soll dasNachfolgesystem weiterhin Zahlungen ge-gebenenfalls in Zentralbankgeld und in Echt-zeit abwickeln. Das Leistungsspektrum vonTARGET2 soll weitaus stärker harmonisiertsein als dies zurzeit der Fall ist. Für die Basis-leistung von TARGET2, zu der jene Leistun-gen und Funktionen zählen, die von allenTARGET2-Komponenten erbracht werden,soll für inländische und grenzüberschreitendeZahlungen eine einheitliche Preisstruktur gel-ten. Diese Preisstruktur wird sich an einerBenchmark orientieren, und zwar an jenemRTGS-System, bei dem die geringsten Durch-schnittskosten pro Transaktion anfallen. Vonden NZBen zusätzlich angebotene Leistungensollen einzeln und von jeder NZB gesondertverrechnet werden. Am 16. Dezember 2002wurde ein öffentliches Konsultationsverfah-ren zu „TARGET2 – Grundsätze und Struk-tur“ eröffnet.

1.2 Das Korrespondenzzentralbank-Modell

Das Korrespondenzzentralbank-Modell (CCBM)ermöglicht Geschäftspartnern bei der Abwick-lung geldpolitischer Geschäfte und der Be-schaffung von Innertageskredit die grenzüber-schreitende Nutzung von Sicherheiten.Obwohl das CCBM 1998 ursprünglich alsÜbergangslösung eingeführt worden war,blieb es auch im Jahr 2002 das am meistengenutzte Verfahren für die grenzüberschrei-tende Übertragung von Sicherheiten an dasEurosystem. Der Wert der im Rahmen desCCBM verwahrten Sicherheiten erhöhte sichvon 157 Mrd € Ende 2001 auf 194 Mrd €

Ende 2002.

Die Alternative zum CCBM, nämlich die zurgrenzüberschreitenden Übertragung von Si-cherheiten zugelassenen Direktverbindungenzwischen Wertpapierabwicklungssystemen,wurde von Geschäftspartnern bisher nur sel-ten in Anspruch genommen. Abbildung 35veranschaulicht die Entwicklung der im CCBMund über die Direktverbindungen grenzüber-schreitend genutzten Sicherheiten in Prozent

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der gesamten vom Eurosystem hereingenom-menen Sicherheiten.

1 Jeweils dreißig Minuten für die Heimatzentralbank und dieKorrespondenzzentralbank.

2 Siehe BIZ, Grundprinzipien für Zahlungsverkehrssysteme, diefür die Stabilität des Finanzsystems bedeutsam sind, Basel,Januar 2001.

Nachdem sich die Geschäftspartner dafüraussprachen, das CCBM weiterzuführen unddessen Abwicklungs- und Betriebszeiten zuoptimieren, beschloss der EZB-Rat, dasKorrespondenzzentralbank-Modell mittelfris-tig weiter zu betreiben und zusätzliche An-passungen vorzunehmen. In der Folge wurdeauf der Ebene des Eurosystems entschieden,ab 2004 eine Benchmark von einer Stunde1

für die interne Abwicklung in den NZBeneinzuführen. Einige NZBen haben bereits wäh-rend des Berichtsjahrs im Zuge der Imple-mentierung einer neuen Generation vonSWIFT-Nachrichten mit der Automatisierunggewisser Verfahren begonnen. Ferner führtedas Eurosystem Gespräche mit am CCBM teil-nehmenden Depotbanken im Hinblick auf dieAusarbeitung eines Verhaltenskodex für jeneDepotbanken, über die CCBM-Transaktionenabgewickelt werden.

2 Allgemeine Fragen der Zahlungssystemaufsicht

Die Aktivitäten des Eurosystems in diesemBereich standen im Jahr 2002 ganz im Zei-chen der Aufsichtsstandards: Einerseits wur-de sichergestellt, dass die systemrelevantenZahlungssysteme auch weiterhin den beste-henden Standards entsprechen, undandererseits wurde die Erstellung neuer Auf-sichtsstandards für Massenzahlungssysteme inAngriff genommen. Im Berichtsjahr beganndas Eurosystem, alle systemrelevanten Zah-lungssysteme im Euroraum auf ihre Überein-stimmung mit den „Grundprinzipien für Zah-lungsverkehrssysteme, die für die Stabilitätdes Finanzsystems bedeutsam sind“2

zu über-prüfen. Dabei wurden auch die nationalenTARGET-Komponenten einzeln untersucht;das TARGET-System als Ganzes war im Jahr2001 durch den IWF bewertet worden. DieEZB wird im Lauf des Jahres 2003 einen Be-richt über diese Bewertung vorlegen.

Im Januar 2003 beschloss der EZB-Rat, dassdie NZBen und die EZB die Zuständigkeitenfür die TARGET-Aufsicht einerseits und dieoperativen TARGET-Aufgaben andererseits –mindestens auf Expertenebene – trennen.

Am 8. Juli 2002 begann ein öffentliches Kon-sultationsverfahren über den Entwurf der„Aufsichtsstandards für Euro-Massenzahlungs-systeme“. In diesem Dokument werden dieAuswirkungen der „Grundprinzipien für Zah-lungsverkehrssysteme, die für die Stabilitätdes Finanzsystems bedeutsam sind“ auf Mas-senzahlungssysteme behandelt. Systemrele-vante Zahlungssysteme müssen allen zehnGrundprinzipien entsprechen; in dem Kon-sultationsdokument wird die Auffassung ver-treten, dass sechs dieser Prinzipien von solchgrundlegender Bedeutung sind, dass sie auchauf wichtige Massenzahlungssysteme ange-wendet werden sollten. Das Echo auf dieKonsultation war im Großen und Ganzen po-sitiv, wobei der vorgestellte Ansatz im All-gemeinen breite Unterstützung fand. In denStellungnahmen wurde die Transparenz ge-würdigt, mit der das Eurosystem seine Über-legungen zur künftigen Überwachung von

Abbildung 35Grenzüberschreitende Sicherheitenin % der insgesamt vom Eurosystemhereingenommenen Sicherheiten(in %)

30

25

20

15

10

5

0

30

25

20

15

10

5

01999 2000 2001 2002

DirektverbindungenCCBM

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Massenzahlungssystemen dargelegt hatte.Gleichzeitig wurde aber auch darauf hinge-wiesen, dass sich die Anwendung der Grund-prinzipien auf Massenzahlungssysteme in denEU-Staaten auf harmonisierte Standards stüt-zen sollte. Die auf der Website der EZB ver-öffentlichten Stellungnahmen sollen hinsicht-lich möglicher Auswirkungen auf die Auf-sichtspolitik analysiert werden.

Am 19. März 2002 wurde der Bericht „Elec-tronic Money Systems Security Objectives“(EMSSO) über die Sicherheitsziele im Zah-lungsverkehr mit elektronischem Geld zur öf-fentlichen Begutachtung freigegeben. Die imEMSSO-Bericht angeführten Sicherheitszielebeziehen sich primär auf die Aspekte Zuver-lässigkeit und technische Sicherheit. Ange-strebt werden eine Stärkung des öffentlichenVertrauens in E-Geld-Systeme, die Schaffung

von Wettbewerbsneutralität und die Gewähr-leistung der Interoperabilität zwischen denverschiedenen E-Geld-Systemen. Zurzeitwerden die Stellungnahmen, aus denen imAllgemeinen eine Befürwortung des vorge-stellten Ansatzes ablesbar ist, genau ausge-wertet. Eine aktualisierte Version des EMSSO-Berichts wurde im Februar 2003 veröffent-licht.

Darüber hinaus ist das Eurosystem zusam-men mit den NZBen jener EU-Mitgliedstaa-ten, die den Euro noch nicht eingeführthaben, bemüht, den Umfang und aktuellenEntwicklungsstand des Euro-Korrespondenz-bankgeschäfts festzustellen. Damit bezwecktdas Eurosystem eine Bestandsaufnahme desEuro-Zahlungsverkehrs insgesamt und nichtnur der Entwicklungen bei den etabliertenInterbanksystemen.

3 Großbetragszahlungssysteme

3.1 Entwicklungen in anderen Euro-Großbetragszahlungssystemen

Der Betrieb der bestehenden vier Euro-Groß-betragszahlungssysteme – des Euro-Clearing-Systems der Euro Banking Association (EURO1)sowie von Paris Net Settlement (PNS) in Frank-reich, Servicio de Pagos Interbancarios (SPI) inSpanien und Pankkien On-line Pikasiirrot ja Se-kit (POPS) in Finnland – verlief auch währenddes Berichtsjahrs reibungslos.

2002 wurden über EURO1, das größte dieserSysteme, im Tagesschnitt 134 900 Transakti-onen mit einem durchschnittlichen Tagesge-samtwert von 188 Mrd € abgewickelt. Überdas zweitgrößte System, PNS, wurden täglichrund 29 700 Transaktionen mit einem durch-schnittlichen Tagesgesamtwert von 78 Mrd €

verarbeitet. Das Transaktionsvolumen allervier Systeme zusammengenommen entsprachin etwa zwei Drittel (gemessen an der Stück-zahl) bzw. einem Sechstel (gemessen amWert) des Aufkommens in TARGET.

Im Einklang mit jüngsten Trends nahm in al-len Systemen die Anzahl der Kundenzahlun-

gen weiter zu. Da es sich hierbei vorwiegendum Kleinbetragszahlungen handelt, kam esinsgesamt zu einer Verringerung der durch-schnittlichen Transaktionshöhe; der gesamteTransaktionswert aller Zahlungen sank umetwa 10 %.

3.2 Continuous Linked Settlement

Continuous Linked Settlement (CLS), ein Sys-tem zur Abwicklung und Verrechnung vonDevisentransaktionen,3 wurde am 9. Septem-ber 2002 in Betrieb genommen. Durch dieZug-um-Zug-Abwicklung von Devisengeschäf-ten in den eigenen Büchern schließt dasCLS-System das Erfüllungsrisiko bei Devisen-transaktionen weitgehend aus.4 Die EZB isteinerseits in die Überwachung des CLS-Sys-tems eingebunden und erbringt andererseitsauch Abwicklungsdienstleistungen für CLS.

3 Das System unterstützt derzeit die folgenden Währungen: US-Dollar, Euro, japanischen Yen, Pfund Sterling, Schweizer Fran-ken, kanadischen und australischen Dollar.

4 Siehe EZB, Ziel, Konzept und Auswirkungen des CLS-Systems,Monatsbericht Januar 2003.

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5 Siehe BIZ, Bericht des Ausschusses für Interbank-Netting-Syste-me der Zentralbanken der Zehnergruppe (Report of the Com-mittee on Interbank Netting Schemes of the Central Banks ofthe Group of Ten Countries), November 1990.

Die CLS-Systemaufsicht erfolgt entsprechendden im Lamfalussy-Bericht5 festgehaltenenRahmenbedingungen für die Zusammenarbeit.Das Federal Reserve System ist die hauptver-antwortliche Aufsichtsinstanz für das CLS-System. Vor der Inbetriebnahme des Systemsuntersuchten die Zentralbanken, deren Wäh-rungen bereits von CLS unterstützt werden,gemeinsam die Risiken, die aus der Teilnah-me ihrer Währungen an CLS erwachsenkönnten. Die EZB kam dabei zu dem Schluss,dass Euro-Devisentransaktionen über CLS imAllgemeinen sicher und effizient abgewickeltwerden können und dass das System keinunverhältnismäßiges Risiko für den Euro-Geldmarkt und die Euro-Zahlungssystemedarstellt. Folglich gab die EZB ihre Zustim-mung zur Aufnahme des Euro in die Liste deram CLS-System teilnehmenden Währungen.Die für die anderen teilnehmenden Währun-gen zuständigen Zentralbanken kamen zu demgleichen Schluss, und somit konnte die Fe-deral Reserve den Startschuss für die Inbe-triebnahme von CLS geben.

Zur Verstärkung der Rechtswirksamkeit derin CLS getätigten Abrechnungen unterstelltedie Bank of England im Juli 2002 das CLS-System, dessen Geschäftsordnung britischemRecht unterliegt, den britischen Rechtsvor-schriften zur Umsetzung der EU-Richtlinieüber die Wirksamkeit von Abrechnungen.

Banken, die Transaktionen über CLS abwi-ckeln, decken ihre CLS-Konten in der ent-sprechenden Währung über das jeweilige

RTGS-System. Die EZB hat für CLS ein Euro-Konto eingerichtet, und alle Zahlungen anund aus CLS werden über den EZB-Zahlungs-mechanismus und folglich über TARGET ab-gewickelt. Angesichts der Tatsache, dass CLS-Transaktionen ausgesprochen zeitkritischsind, hat das Eurosystem seine Notfallverfah-ren verbessert, um für potenzielle Ausfall-szenarios gerüstet zu sein. Im Jahr 2001 und2002 wurden die Notfallverfahren in Zusam-menarbeit mit dem Bankensektor mehrmalserfolgreich im Echtbetrieb getestet.

Mit Stand Dezember 2002 hatten die Werteder täglich über CLS abgewickelten Transak-tionen 268 Mrd USD erreicht. Das entsprichtschätzungsweise knapp über 22 % des gesam-ten Umsatzes am Devisenmarkt. Der Euro istmit einem Anteil von 26 % die nach dem US-Dollar am häufigsten verwendete Währungim CLS-System; der Anteil des US-Dollar be-läuft sich auf 47 %. Der Einfluss des CLS-Systems auf die Liquiditätslage der Euro-Märk-te war moderat, da die Einzahlungen im Ta-gesdurchschnitt lediglich 5,2 Mrd € ausmachten;die durchschnittliche Liquiditätsmenge, dievon 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr auf dem EZB-Konto von CLS blockiert war, betrug nuretwa 0,8 Mrd €. Bislang verlief der Betriebdes CLS-Systems sehr stabil. Im Sommer 2003soll das System um die Währungen Schwe-dens (SEK), Norwegens (NOK), Dänemarks(DKK) und Singapurs (SGD) und noch vorJahresende um den neuseeländischen Dollar(NZD) und den Hongkong-Dollar (HKD) er-weitert werden.

4 Massenzahlungssysteme

Nach der mit 1. Januar 2002 erfolgten Einfüh-rung des Euro-Bargelds und der Umstellungder Zahlungsverkehrsinfrastrukturen auf denEuro richtete sich das Hauptaugenmerk derÖffentlichkeit auf den weiteren Ausbau deseinheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums.Ziel des Eurosystems ist, die Wettbewerbs-fähigkeit des Euroraums im Massenzahlungs-verkehr weiter zu stärken, damit die Bürgerüber effiziente und sichere Zahlungsmittel und-instrumente verfügen. Folglich richtete das

Eurosystem seine Massenzahlungsverkehrs-politik weiterhin an diesem Ziel aus. DasHandlungsspektrum des Eurosystems isthierbei breit gefächert: Es kann Innovationenfördern, seine Aufsichtskompetenz einbrin-gen und selbst operativ tätig werden. Dabeiverfolgt es seine Ziele in enger Zusammenar-

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beit und Abstimmung mit der EuropäischenKommission und dem europäischen Banken-sektor.

Ende 2001 wurde die Verordnung (EG)Nr. 2560/2001 des Europäischen Parlamentsund des Rates über grenzüberschreitendeZahlungen in Euro verabschiedet. Demnachmüssen Banken die Gebühren für grenzüber-schreitende Zahlungen bis zu einem Betragvon 12 500 € (ab 1. Januar 2006 bis zu50 000 €) auf das Niveau für Inlandszahlun-gen derselben Höhe absenken. Seit Juli 2002gilt diese Verordnung auch für Kartenzahlun-gen und Abhebungen an Geldausgabeautoma-ten; am 1. Juli 2003 wird sie auch für grenz-überschreitende Überweisungen in Krafttreten.

In seiner Rolle als Katalysator für Verände-rungen beabsichtigt das Eurosystem, den Ban-kensektor bei der Anpassung an die neuenRahmenbedingungen zu unterstützen. Geför-dert werden soll konkret die Zusammenar-beit der Banken bei der Schaffung eines Sys-tems der Unternehmensführung, von Ge-schäftsstandards und -praktiken sowie einerInfrastruktur, die den Banken eine effizienteund sichere Durchführung von Massenzah-lungen im Euroraum ermöglicht. Im Novem-ber 2001, also noch vor der Verabschiedungder Verordnung Nr. 2560/2001, richtete dieEZB einen Bericht mit dem Titel „Towardsan integrated infrastructure for credit trans-fers in euro“ an den ECOFIN-Rat, der einenFahrplan zur Effizienzsteigerung bei grenz-überschreitenden Überweisungen enthält. DieEZB empfahl den Marktteilnehmern, ein fürdie Banken verbindliches System der Unter-nehmensführung festzulegen und eine mögli-che Infrastrukturlösung (ein automatisiertesClearinghaus für ganz Europa oder eine Ver-netzung nationaler automatisierter Clearing-häuser) zu erwägen, die zur Steigerung derAbwicklungseffizienz bei grenzüberschreiten-den Überweisungen beitragen würde.

Im Jahr 2002 trugen die entsprechenden Be-mühungen des Bankensektors in den EU-Staa-ten Früchte. So wurde ein European PaymentsCouncil (EPC) eingerichtet, auf dessen Initia-

tive die Arbeit an einem umfassenden Projektzur Schaffung eines einheitlichen Euro-Zah-lungsverkehrsraums aufgenommen wurde.Damit sollen sämtliche grenzüberschreiten-den Zahlungen innerhalb dieses einheitlichenEuro-Zahlungsverkehrsraums ebenso einfachund kostengünstig werden wie Inlandszahlun-gen. Dieses Projekt genießt die volle Unter-stützung des Eurosystems; in verschiedenenEPC-Arbeitsgruppen hat die EZB Beobach-terstatus. Des Weiteren entwickelt die EuroBanking Association (EBA) ein automatisier-tes Clearingsystem für Interbanküberweisun-gen in Euro (STEP2), das Mitte 2003 denBetrieb aufnehmen soll. Damit wird STEP2aller Voraussicht nach das erste europaweiteautomatisierte Clearinghaus im Sinne derEPC-Definition sein. Die EZB wird den Fort-schritt von Initiativen zur Schaffung eines ein-heitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums be-werten und die Öffentlichkeit über die Ent-wicklungen auf dem Laufenden halten.

Im Zuge des öffentlichen Konsultations-verfahrens der Europäischen Kommissionüber einen neuen gesetzlichen Rahmen fürKleinbetragszahlungen in der EU („Ein mög-licher Rechtsrahmen für einen einheitli-chen Zahlungsverkehrsraum im Binnenmarkt“,MARKT/208/2001 – Rev. 1) unterbreitete dieEZB ebenfalls eine Stellungnahme. Das Euro-system wird die Fortschritte in der Bankenin-dustrie beobachten und seine Strategie ent-sprechend verfeinern.

Der verstärkte Einsatz neuer Kommunika-tionstechnologien und der Bedarf an spezifi-schen Zahlungsmechanismen für den elektro-nischen Geschäftsverkehr treibt die Entwick-lung des elektronischen Zahlungsverkehrszusehends voran. Die Konferenz „E-Paymentsin Europe“ der EZB am 19. November 2002befasste sich mit den jüngsten Entwicklungenauf dem Gebiet des elektronischen Zahlungs-verkehrs aus theoretischer und praktischerSicht. Darüber hinaus veröffentlichte dieEZB – unter anderem als Diskussionsgrundla-ge für diese Konferenz – im September 2002einen Bericht mit dem Titel „E-payments inEurope – the Eurosystem’s perspective“.

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In diesem Zusammenhang entschied die EZBim Einvernehmen mit der Europäischen Kom-mission, die Verantwortung für die Beobach-tungsstelle für elektronische Zahlungssys-

teme (e-Payments Systems Observatory –ePSO) zu übernehmen, nachdem die Kom-mission dieses Projekt abgeschlossen hatte.

5 Wertpapierabrechnungs- und -abwicklungssysteme

Das ESZB hat ein grundsätzliches Interessean der angemessenen Funktionsfähigkeit vonWertpapierabrechnungs- und -abwicklungs-systemen. Störungen in diesen Systemenkönnten die reibungslose Durchführung derGeldpolitik und das einwandfreie Funktionie-ren der Zahlungssysteme beeinträchtigen.Über Lieferung-gegen-Zahlung-Mechanismen(L/Z-Mechanismen) zur Übertragung vonWertpapieren und Bargeldbeträgen könnenStörungen in Wertpapierabrechnungs- und-abwicklungssystemen automatisch auf Zah-lungssysteme übergreifen. Ebenso kann derAusfall der Clearingfunktion zentraler Kon-trahenten dazu führen, dass Wertpapiertrans-aktionen nicht mehr abgewickelt werden kön-nen.

Das Eurosystem erfüllt in diesem Bereichzwei Aufgaben. Zum einen beurteilt der EZB-Rat, ob Wertpapierabrechnungs- und -ab-wicklungssysteme den festgelegten Standardsentsprechen. Diese aus dem Jahr 1998 stam-menden Vorgaben zielen darauf ab, dass demEurosystem bei der Durchführung von Kre-ditgeschäften kein Risiko erwächst. Zum an-deren beobachtet das Eurosystem die laufen-de Integration und Konsolidierung in diesemMarktsegment.

Darüber hinaus arbeitet das ESZB mit ande-ren Behörden zusammen, die auf europäi-scher Ebene für die Regulierung und Über-wachung von Wertpapierabrechnungs- und-abwicklungssystemen zuständig sind.

Schließlich legte die EZB im Berichtsjahr imöffentlichen Konsultationsverfahren der Eu-ropäischen Kommission zum Thema Clearingund Abrechnung eine Stellungnahme vor.

5.1 Beurteilung von Wertpapier-abwicklungssystemen

Am 29. August 2002 aktualisierte der EZB-Rat seine Beurteilung der Wertpapierabwick-lungssysteme, die für die Übertragung vonSicherheiten bei Kreditgeschäften des Euro-systems zugelassen sind.

Das Eurosystem würdigte die fortgesetztenBemühungen der Betreiber von Wertpapier-abwicklungssystemen, die darauf abzielen,dass die Systeme die an sie gestellten Anfor-derungen besser erfüllen. So wurde bei denAbwicklungssystemen SCLV/AIAF (Spanien),SCL Barcelona (Spanien), BOGS (Griechen-land) und Crest (Vereinigtes Königreich) Lie-ferung gegen Zahlung in Zentralbankgeld undEchtzeit eingeführt.

Überdies wurde darauf hingewiesen, dass dieAnforderungen des Eurosystems davon ab-hängen, ob die NZBen bei der Abwicklungvon Wertpapieren im Rahmen von Kreditge-schäften ein Pfandpoolsystem oder ein Kenn-zeichnungsverfahren anwenden. Zur Vermei-dung von Erfüllungsrisiken sehen die Stan-dards grundsätzlich Systeme vor, die auf demL/Z-Prinzip basieren. In Ländern, die Pfand-poolverfahren einsetzen, werden Wertpapie-re jedoch für gewöhnlich der NZB ohne Ge-genwertverrechnung verpfändet. Hierbei gehtdie NZB kein Erfüllungsrisiko ein, da die Sicher-heiten bereits vor der Kreditgewährung ver-pfändet und erst nach der Rückzahlung des Kre-dits freigegeben werden. Auf jeden Fall bietendie meisten Wertpapierabwicklungssysteme indiesen Ländern für die Abwicklung von Markt-operationen auch L/Z-Verfahren an.

Des Weiteren wurde bei der Beurteilung vonWertpapierabwicklungssystemen besonderesAugenmerk auf Maßnahmen gelegt, die die

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Aufrechterhaltung des Systembetriebs garan-tieren. Es bestätigte sich, dass die zugelasse-nen Wertpapierabwicklungssysteme über an-gemessene Verfahren zur Wiederaufnahmedes Betriebs im Krisenfall verfügen. In diesemZusammenhang wurde damit begonnen, dieAusfallverfahren verstärkt zu testen.

5.2 Konsolidierung der europäischenWertpapierinfrastruktur

Das Eurosystem hat ein ausgeprägtes Inte-resse an der Integration der europäischenWertpapierinfrastrukturen. Im Gefolge derKonsolidierungen in Italien und Spanien undder Übernahme des Luxemburger Wertpa-pierabwicklungssystems durch den Eigentü-mer des deutschen Systems, aus der die Clear-stream Group hervorging, wuchs der Wertpa-pierabwicklungssektor in Europa im Berichtsjahrweiter zusammen. Am 19. September 2002 wur-de die Fusion zwischen dem in Frankreich, denNiederlanden und Belgien tätigen Wertpapier-abwickler Euroclear und dem britischen Sys-tembetreiber Crest wirksam. Eine gemeinsameAbwicklungsplattform wird die Euroclear-Grup-pe voraussichtlich 2005 einführen.

5.3 Zusammenarbeit mit demAusschuss der europäischenWertpapierregulierungsbehörden

Gemäß dem Beschluss des EZB-Rats und desEntscheidungsgremiums des Ausschusses der

europäischen Wertpapierregulierungsbehör-den (Committee of European Securities Re-gulators – CESR) aus dem Jahr 2001 setzteeine Arbeitsgruppe aus ESZB-Vertretern, Mit-gliedern des CESR und einem Beobachter derEuropäischen Kommission die Arbeit auf demGebiet der Wertpapierabwicklungssystemeund zentralen Kontrahenten fort. Die gemein-samen Anstrengungen zielen auf die Erstel-lung europäischer Standards für die Anbietervon Wertpapierabrechnungs- und -abwick-lungsdiensten auf Grundlage der von der BIZim November 2001 herausgegebenen Emp-fehlungen für Wertpapierabwicklungssystemeab.

Vor diesem Hintergrund gaben die Beschluss-organe der EZB und des CESR am 15. März2002 den Startschuss für ein öffentliches Kon-sultationsverfahren. Geklärt werden sollenFragen über die Art, den Umfang und dieZiele sowie den potenziellen Adressatenkreissolcher Standards, die Zugangsbedingungenzu Systemen sowie Risiken und Schwachstel-len, Abwicklungszyklen und Fragen hinsicht-lich der Marktstrukturen. Die Parteien, diesich an dem Konsultationsverfahren beteilig-ten, begrüßten im Allgemeinen die Initiativezur Erstellung gemeinsamer europäischerStandards und betonten die Notwendigkeiteiner verstärkten Koordination zu deren ein-heitlicher Umsetzung. Die Arbeitsgruppesetzte die Diskussion von Vorschlägen fortund plant, im Jahr 2003 eine weitere öffentli-che Konsultation abzuhalten.

6 Sonstige Aktivitäten

Im Juli 2002 legte die EZB den Anhang zurVeröffentlichung über die Zahlungsverkehrs-und Wertpapierabwicklungssysteme in derEuropäischen Union („Blue Book“) neu auf.Diese Publikation enthält gegenüber der Ver-sion aus dem Vorjahr aktualisierte statisti-sche Daten für 2000.

Im August 2002 erschien die zweite Ausgabeder Publikation über Zahlungsverkehrs- undWertpapierabwicklungssysteme in den Bei-

trittsländern, die auch unter der Bezeichnung„Accession Country Blue Book“ bekannt ist.In dieser Veröffentlichung wird die jeweiligeSystemlandschaft der zwölf Beitrittsländer abdem Jahr 2001 beschrieben; sie enthält Datenfür den Zeitraum von 1997 bis 2001.

Schließlich veranstaltete die EZB im August2002 ein dreitägiges Seminar für Mitarbeitervon Zentralbanken zum Thema „Zahlungs-und Abwicklungssysteme“.

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EZB-Ratssitzung im Eurotower,26. September 2002

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Finanzmarktstabilität

und Finanzmarktaufsicht

Kapitel IX

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1 Entwicklungen im Bankensektor: Struktur, Ertragslage undRisiken

1 Siehe EZB, Structural analysis of the EU banking sector,November 2002.

2 Siehe EZB, Developments in banks’ liquidity profile andmanagement, Mai 2002.

Die Beobachtung der Entwicklungen im Ban-kensektor aus der Perspektive der EU bzw.des Euroraums wurde im Lauf des Jahres 2002weiter ausgebaut. Diese Tätigkeit fand zu ei-nem großen Teil unter der Ägide des Aus-schusses für Bankenaufsicht des ESZB statt;dabei wurden zwei Hauptstoßrichtungen ver-folgt. Den ersten Schwerpunkt bildete diejährliche Analyse der strukturellen Entwick-lungen im Bankensektor. Die Ergebnisse die-ser Analyse, welche die für die Zentralban-ken und Aufsichtsbehörden relevanten Struk-turentwicklungen aufzeigt, wobei auch aufeine kürzlich zusammengestellte Palette sta-tistischer Strukturindikatoren Bezug genom-men wird, kamen 2002 zum ersten Mal zurVeröffentlichung.1 In diesem Zusammenhangbeschäftigte sich der Ausschuss für Banken-aufsicht auch wieder mit einer Reihe von Ad-hoc-Themen. Dazu gehörte etwa die Entwick-lung des Liquiditätsprofils und Liquiditätsma-nagements der Banken in dem nach derEuro-Einführung veränderten Umfeld.2 Daszweite Kernthema war die regelmäßige Ana-lyse der Systemstabilität des Bankensystems(makroprudenzielle Analyse). Dabei werdendie Bedingungen und Risiken für die Stabilitätdes Bankensystems einer systematischen Be-obachtung unterzogen, deren Ergebnisse imRahmen einer formellen Bewertung zweimaljährlich den Beschlussorganen der EZB vor-gelegt werden. Im Jahr 2002 wurde weiterdaran gearbeitet, Methoden zu entwickeln,um das Kreditrisiko der Banken nach Sekto-ren aufgeschlüsselt zu beurteilen und Stress-testanalysen durchzuführen sowie die Quali-tät und den Umfang der auf EU-Ebene verfüg-baren Information zu verbessern. Von denaufgegriffenen Themen ist vor allem das Risi-ko grenzüberschreitender Dominoeffekte fürBanken zu erwähnen. Ferner widmete mansich innerhalb des Eurosystems der Frage,wie die Analyse von Problemen der Finanz-marktstabilität aus ganzheitlicher Sicht ver-bessert werden kann.

Strukturelle Entwicklungen

Zwei zentrale Entwicklungen im EU-Banken-sektor im Jahr 2002 bedürfen besondererAufmerksamkeit: erstens die Umstrukturie-rungsmaßnahmen der Banken als Reaktion aufden erhöhten Kostendruck im Verhältnis zuden Erträgen und zweitens die rasant gestie-gene Verwendung von Instrumenten zurÜbertragung von Kreditrisiken (Kreditderi-vate und Verbriefungen).

Die Banken in der EU gerieten infolge vonEinkommensverlusten aufgrund negativer Ent-wicklungen im wirtschaftlichen Umfeld undan den Finanzmärkten in den Jahren 2001und 2002 sowie aufgrund des verschärftenWettbewerbs zunehmend unter Kostensen-kungsdruck. Viele Institute verzeichneten ineinigen der in den späten Neunzigerjahrenneu eingeführten Sparten – wie etwa PrivateBanking, Investmentbanking und Vermögens-verwaltung – einen markanten Rückgang derGeschäftstätigkeit, der 2001 eingesetzt hatteund sich 2002 noch verstärkte. Aus diesemGrund leiteten eine Reihe von Banken in derEU groß angelegte Umstrukturierungspro-gramme zur Kostensenkung (einschließlichder Personalkosten), Straffung der Organisa-tion und strategischen Neuausrichtung auf dasKerngeschäft in die Wege. Trotz verstärkterRationalisierungsanstrengungen hatte sich beiden Banken in der EU im Jahr 2001 die Auf-wand/Ertrag-Relation erhöht. Allerdings ge-lang es zumindest den Banken mit einer Bi-lanzsumme von mehr als 100 Mrd €, in derersten Hälfte des Berichtsjahrs ihre Aufwand/Ertrag-Relation zu senken. Mittelfristig soll-ten die Maßnahmen allerdings zu einer deut-licheren Effizienzsteigerung führen. DerTrend zur vermehrten Nutzung von Instru-menten zur Übertragung von Kreditrisiken,vor allem von Kreditderivaten, verstärkte sichim Jahr 2002. Kreditderivate sind der jüngste

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und dynamischste Zweig im Derivatgeschäft.Ungeachtet der höheren Zahl an Ausfällenwird davon ausgegangen, dass das Volumender Kreditderivatgeschäfte weiterhin sehrrasch anwachsen wird. Einer kürzlich durch-geführten Umfrage der International Swapsand Derivatives Association (ISDA) zufolgebetrug Ende 2001 der Nennwert aller welt-weit in Umlauf befindlichen Kreditderivate900 Mrd €, wovon 35 % auf die Banken derEU entfielen.

Ein gut ausgebauter und funktionierenderMarkt für die Übertragung von Kreditrisikenkönnte eine effizientere Umverteilung der Ri-siken sowohl unter den Banken als auch un-ter anderen Finanzinstituten (vor allem Ver-sicherungsunternehmen) fördern. Die Finanz-institute würden zudem in die Lage versetzt,die Kreditrisiken genauer zu bewerten undzu steuern. Gleichzeitig würde es allerdingsfür Marktteilnehmer und Aufsichtsbehördenauch zunehmend schwieriger, die Verteilungder Kreditrisiken auf verschiedene Finanzin-stitute nachzuvollziehen, was vermehrt Be-denken hinsichtlich der Finanzmarktstabilitätnähren könnte. Im Großen und Ganzen tre-ten nur einige wenige Banken und Versiche-rungsunternehmen als Sicherungsgeber auf.Kreditderivatgeschäfte könnten für Bankenaußerdem das Risiko vergrößern, dass negati-ve Effekte von Versicherungsunternehmen aufsie überschwappen; auch könnten sich dieBanken dadurch erheblichen Rechts- und Be-triebsrisiken aussetzen. Wie viel Risiko aller-dings tatsächlich übertragen wird, hängt ingroßem Ausmaß von der jeweiligen vertrag-lichen Gestaltung ab.

Der vermehrte Handel mit Kreditrisiken gehtHand in Hand mit Fortschritten bei den in-ternen Bonitätsbeurteilungsverfahren im Zu-sammenhang mit der neuen Basler Eigenkapi-talvereinbarung (siehe letzter Abschnitt die-ses Kapitels). Die Banken haben damit dieMöglichkeit, den Preis für Kredite besser aufdas zugrunde liegende Risiko abzustimmenund ihre interne Kapitalallokation effizienterzu gestalten. Bei der Bewertung und Steu-erung der Betriebsrisiken haben die Bankenebenfalls Fortschritte erzielt, was zumindest

teilweise darauf zurückzuführen ist, dass die-se Risiken in die neue Eigenkapitalvereinba-rung Eingang gefunden haben. Darüber hinausverbesserte sich die Liquiditätsrisikosteue-rung der Banken auch aufgrund der zuneh-menden Integration, Tiefe und Liquidität derEuro-Geldmärkte sowie durch neue Techno-logien im Zahlungsverkehr und durch Finanz-innovationen. Gleichzeitig erhöhte sich mitder steigenden Abhängigkeit der Banken vonden Wertpapiermärkten das Risiko, dass imFall von Marktturbulenzen ein Liquiditätseng-pass entsteht. Die Entwicklung verfeinerterquantitativer Methoden zur Kontrolle von Li-quiditätsrisiken (z. B. Liquidity-at-Risk-Model-le) wurde vom Bankensektor bereits in An-griff genommen, befindet sich jedoch noch ineinem relativ frühen Stadium.

Einige der im Jahresbericht 2001 aufgezeig-ten Trends setzten sich im Berichtsjahr fort.Mittel- und Osteuropa bietet für den Ban-kensektor nach wie vor beträchtliche Wachs-tumschancen und blieb daher Ziel von Ex-pansionsaktivitäten. Auch innerhalb der EUwurde infolge von Fusionen und Übernah-men bzw. der Errichtung von Zweiganstaltenund Tochterfirmen eine Ausweitung desgrenzüberschreitenden Geschäfts verzeich-net; allerdings verlangsamte sich die Expansi-on gegen Ende 2001 und im Jahr 2002 deut-lich. Angesichts der schwierigeren Marktver-hältnisse schlugen die Banken einenbedächtigeren Kurs ein: Der deutliche Rück-gang bei großen nationalen und internationa-len Bankenfusionen zeugt von einem vorsich-tigeren Umgang der Institute mit den Risi-ken, die bei Übernahmen und Fusionen zumTragen kommen. Unter den kleineren Ban-ken mit Einsparungszielen schritt der Konso-lidierungsprozess am inländischen Markt mitunverminderter Geschwindigkeit voran.

Die Integration des Bankensektors verläuftseit der Euro-Einführung ungleichmäßig undist je nach Geschäftsfeld unterschiedlich weitgediehen.3 In den Bereichen Großkundenge-schäft und kapitalmarktbezogene Geschäfte

3 Siehe EZB, Banking integration in the euro area, OccasionalPaper Nr. 6, Dezember 2002.

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sind die ehemals fragmentierten, auf den nati-onalen Währungen basierenden Märkte(z. B. auf dem Gebiet der Wertpapieremission)bereits euroraumweit zu einem weitgehendintegrierten Markt zusammengewachsen.Durch den verschärften Wettbewerb infolgedes Markteintritts internationaler Finanzin-stitute mussten inländische Intermediäre ihreFührungsposition großteils aufgeben, und dieÜbernahmeprovisionen fielen geringer aus.Die nach wie vor zersplitterte Infrastrukturfür das Clearing und die Abwicklung vongrenzüberschreitenden Wertpapiertransakti-onen stellt ein wesentliches Hindernis für dengrenzüberschreitenden Handel und damit zu-sammenhängende Vermögensverwaltungs-dienstleistungen dar. Aufgrund seines traditi-onell stark regional geprägten Charaktersgeht im Privatkundengeschäft die Integrationdeutlich langsamer vor sich. Allerdings sindauch hier vermehrt Verflechtungen über nati-onale Grenzen hinweg festzustellen. In Bezugauf die Eigentümerstrukturen sind die auslän-dischen Beteiligungen an nationalen Banken-systemen schon jetzt beträchtlich (mehr als20 % gemessen am Eigenkapital der Banken inder gesamten EU).

Ertragslage und Risiken

Nach der rückläufigen Entwicklung im Jahr2001 verschlechterte sich im ersten Halbjahr2002 die Ertragslage der Banken in der EUweiter. Zurückzuführen war dies in ersterLinie auf einen erhöhten Wertberichtigungs-bedarf und geringere Nichtzinserträge, wofürwiederum die schwierigere Wirtschafts- undFinanzmarktlage ausschlaggebend war. NachAbzug der Steuern und außerordentlichenBilanzvorgänge sank die aggregierte Eigenka-pitalrendite der Banken in der EU von 12,4 %im Jahr 2000 auf 10,1 % im Jahr 2001.Allerdings lag damit die Rentabilität nochimmer auf dem von 1995 bis 1999 verzeich-neten durchschnittlichen Niveau.4 Noch stär-ker ausgeprägt war die Veränderung bei derVerteilung der Eigenkapitalrendite: Die An-zahl und der Bilanzanteil der Banken mit ei-ner Eigenkapitalrendite von weniger als 5 %stiegen kräftig an, während die Gruppe der

hochrentablen Banken (mit einer Eigenkapi-talrendite von mehr als 20 %) deutlich kleinerwurde. Bei den großen Bankengruppen be-schleunigte sich im Jahr 2002 der Rückgangder Rentabilität.

Mit dem rascheren Anwachsen des Volumensnotleidender Kredite erhöhte sich bei dengroßen Bankengruppen, für die Quartalsda-ten verfügbar sind, der Wertberichtigungs-bedarf in der ersten Jahreshälfte (und auchim dritten Quartal) 2002 drastisch. Bei denBanken mit einer Bilanzsumme von mehr als100 Mrd € stieg im ersten Halbjahr 2002 dasVerhältnis der Rückstellungen zum Gewinn(vor Wertberichtigungen) um 25 % an, wasauf eine größere Zahl von Firmenpleiten ineiner Reihe von EU-Ländern und die Ver-schlechterung der Qualität einiger internati-onaler Vermögenswerte zurückzuführen war.Viele große Banken mussten empfindliche Er-tragseinbußen durch geringere Einkünfte ausdem Investmentbanking-Geschäft als Folgeder Flaute am Primär- und Sekundärmarktund im Bereich der Unternehmensumstruk-turierungen hinnehmen. Angesichts der Tur-bulenzen an den Finanzmärkten haben Unter-nehmen die Kapitalbeschaffung am Aktien-und Anleihemarkt sowie Umstrukturierungs-maßnahmen zurückgeschraubt. Von den spä-ten Neunzigerjahren bis ins Jahr 2000 mach-ten die Erträge aus dem Investmentbankingbei den großen Banken einen beträchtlichenTeil der Gewinne aus. Die unsichere Lage anden Finanzmärkten dämpfte aber auch dasInteresse an Wertpapier- und Investment-fondsanlagen, wodurch sich das Einkommender Banken aus der Vermögensverwaltungund dem Wertpapierhandel verringerte.

Die Finanzmarktturbulenzen wirkten sich fürdie Banken in der EU insgesamt eher in Formvon Ertragseinbußen als in Form von Kredit-und Marktrisiken aus, da sie in der Regelgeringe direkte Aktienbestände (zusammen-genommen rund 4 % der konsolidierten Bi-lanzsumme) aufweisen. Die zuletzt zu beo-bachtende Diversifizierung der Aktivitäten

4 Die hier zitierten Daten stammen vom Ausschuss für Banken-aufsicht. Sie decken gemessen an der Bilanzsumme rund 99 %des EU-Bankensektors im Finanzjahr 2001 ab.

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brachte für viele Großbanken nicht den er-wünschten Nutzen, da mehrere – darunterauch internationale – Geschäftsfelder zur glei-chen Zeit von nachlassender Dynamik ge-kennzeichnet waren. Banken, die primär aufdas Privatkundengeschäft setzten und einengroßen Anteil am heimischen Markt halten,erzielten im schwierigen Umfeld von 2001und 2002 die besten Ergebnisse.

Dank der derzeit noch weitgehend unverän-derten Eigenkapitalquoten und verbessertenRisikomanagementmethoden waren die Ban-ken in der Lage, den Schocks in ihrem opera-tiven Umfeld standzuhalten. Mit 12,0 % bliebdie aggregierte Eigenkapitalquote der Bankenin der EU deutlich über den vorgeschriebe-nen Mindestkapitalanforderungen. Die Ban-ken waren allerdings auch gezwungen, in eini-gen Bereichen, in denen der konjunkturelleAbschwung und die Verschlechterung derLage an den Finanzmärkten die bereits gerin-ge strukturelle Ertragskraft weiter gedrückthat, strukturelle Anpassungen vorzunehmen.

Die Tatsache, dass weder bei den privatenHaushalten noch im Unternehmenssektorsubstanzielle Ungleichgewichte bestanden,stärkte die Widerstandskraft der Banken. DieUnsicherheit an den Aktienmärkten schränk-te jedoch den Handlungsspielraum für eineReduktion des in Teilen des Unternehmens-sektors – insbesondere im Bereich Techno-logie-Medien-Telekommunikation – bestehen-den hohen Schuldenstands ein.

Der Bankensektor in der EU hat sich also indem von negativen Entwicklungen gekenn-zeichneten Umfeld von 2001 und 2002 nichtnur als bemerkenswert robust erwiesen, son-dern hat auch noch das Potenzial, weitereSchocks zu bewältigen. Gleichzeitig müssenjedoch die Banken und Aufsichtsbehörden an-gesichts der abnehmenden Rentabilität undgewisser Bedenken hinsichtlich der Qualitätvon Vermögenswerten insbesondere auf dieErhaltung angemessener Kapitalpolster ach-ten.

2 Der institutionelle Rahmen für Finanzmarktstabilität undFinanzmarktaufsicht

Die Diskussion über die Angemessenheit desinstitutionellen Rahmens der EU für Finanz-marktstabilität fand im Jahr 2002 ihre Fort-setzung; einen wesentlichen Beitrag dazu lie-ferte unter anderem der Wirtschafts- undFinanzausschuss (WFA), worauf auch in Ka-pitel V eingegangen wird. Die Aufsichtsaufga-ben werden in Einklang mit dem Subsidiari-tätsprinzip von den zuständigen nationalenBehörden wahrgenommen. Die Arbeit desWFA5 verdeutlichte allerdings, dass mit derwachsenden Integration der Finanzmärkte dieZusammenarbeit wesentlich intensiviert wer-den sollte. Maßnahmen und Vorgehenswei-sen zur Förderung der Integration der Fi-nanzmärkte in der EU bildeten einen weite-ren Schwerpunkt der Tätigkeit des WFA. Indem im April 2002 verabschiedeten Berichtüber die Integration der Finanzmärkte („Re-port on Financial Integration“) wurden derpotenzielle Nutzen eines vollständig integrier-ten Finanzmarkts für die Volkswirtschaften in

der EU sowie eine Reihe von in den Berei-chen Aufsicht und Regulierung zu treffendenMaßnahmen zur Erreichung dieses Ziels dar-gelegt. Eine Empfehlung zielt insbesondere aufdie Beseitigung von Verzerrungen und Hin-dernissen ab, die sich aus der uneinheitlichenUmsetzung des rechtlichen Rahmenwerks inden Mitgliedstaaten ergeben. Diese Schluss-folgerungen standen in Einklang mit einem imRahmen des Europäischen Runden Tischs fürFinanzdienstleistungen (European FinancialServices Roundtable) erstellten Branchenbe-richts.6 Darin wurden ebenfalls eine weitereHarmonisierung der Bestimmungen zum An-legerschutz, Konsistenz in den nationalen Re-

5 Dabei handelt es sich um die Ergebnisse des WFA-Berichts überdie Finanzmarktstabilität („Report on Financial Stability“), derim April 2000 veröffentlicht und im folgenden Jahr um denThemenbereich Bewältigung von Finanzkrisen ergänzt wurde.

6 Siehe F. Heinemann und M. Jopp, The Benefits of a WorkingEuropean Retail Market for Financial Services, Bericht an denEuropean Financial Services Roundtable, Europe Union Verlag,2002.

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gelwerken und Konvergenz bei den Aufsichts-praktiken gefordert.

Die Berichte des WFA bewirkten eine umfas-sende Überprüfung des EU-Regelwerks fürFinanzmarktregulierung, -aufsicht und -stabilitätmit dem Ziel, die Effektivität der Kooperati-onsstrukturen zu verbessern. Dies wurdevom ECOFIN-Rat im Dezember 2002 gebil-ligt. In diesem Zusammenhang beauftragte derECOFIN-Rat den WFA mit der Durchfüh-rung einer derartigen Überprüfung. DerWFA-Bericht über Regulierungstätigkeit, Auf-sicht und Stabilität im Finanzsektor („EU Ar-rangements for Financial Regulation, Supervi-sion and Stability“) enthält einen umfassen-den Vorschlag für eine Neugestaltung derKooperationsstrukturen. Insbesondere wirdangeregt, die Lamfalussy-Empfehlungen, diefür den Wertpapierbereich bereits verwirk-licht wurden, auf alle Bereiche des Finanzsek-tors anzuwenden. Dadurch ergäbe sich einflexiblerer Regulierungsprozess, bei dem dieAbwicklung der technischen Umsetzungsmaß-nahmen Regulierungsausschüssen (bestehendaus von den zuständigen Ministern nach derjeweiligen nationalen Vorgehensweise ernann-ten Vertretern der Mitgliedstaaten) obliegenwürde und Aufsichtsausschüsse eine unter-stützende Rolle spielen würden. Letztere wä-ren auch beauftragt, für eine konsistentereUmsetzung von EG-Richtlinien in den Mit-gliedstaaten zu sorgen und eine Konvergenzder Aufsichtspraktiken herbeizuführen. DerEntwurf für einen neuen Rahmen sieht eineOrganisation nach Sektoren vor, d. h., es gäbegesonderte Regulierungs- und Aufsichtsaus-schüsse für das Bankwesen, für den Wertpa-pierbereich einschließlich OGAW (Organis-men für gemeinsame Anlagen in Wertpapie-ren) sowie für das Versicherungsweseneinschließlich Renten. Für Finanzkonglomera-te würde ebenfalls ein eigener Regulierungs-ausschuss eingesetzt. Die Politische Gruppefür Finanzdienstleistungen soll neu struktu-riert und in Ausschuss für Finanzdienstleis-tungen umbenannt werden. Dieser Ausschusswürde den ECOFIN-Rat in Finanzmarktfra-gen beraten und unterstützen. Die ECOFIN-Beratungen zu Fragen der Finanzmarktstabili-tät würden vom WFA mit Unterstützung des

Ausschusses für Finanzdienstleistungen vor-bereitet. In dem Entwurf für eine neue Orga-nisationsstruktur ist auch dem Ausschuss fürBankenaufsicht des ESZB eine Rolle zuge-dacht. Erstens werden die innerhalb des Aus-schusses für Bankenaufsicht durchgeführtenstrukturellen Analysen und die Analysen derSystemstabilität einen wichtigen Beitrag zuden Diskussionen über die Finanzmarktstabi-lität auf EU-Ebene darstellen. Zweitens dürf-ten die Anstrengungen des Ausschusses fürBankenaufsicht um ein gemeinsames Ver-ständnis zwischen den Zentralbanken und denAufsichtsbehörden auf einigen Gebieten vonallgemeinem Interesse auch in der neuenStruktur als Maßstab für den Austausch ver-traulicher Informationen dienen.

In dem öffentlichen Konsultationsverfahren,das der Billigung einer vorläufigen Versiondes WFA-Berichts durch den ECOFIN-Ratfolgte, kristallisierten sich zwei Hauptthemenheraus: einerseits die Bedeutung eines insti-tutionellen Gleichgewichts in dem neuenRegulierungsprozess und andererseits dieNotwendigkeit vermehrter formeller undtransparenter Konsultationsverfahren überVerordnungsentwürfe unter Einbindung inte-ressierter Parteien. Aus Zentralbankperspek-tive sind drei Punkte von größter Bedeutung.Erstens stellt sich die Frage nach der Einbin-dung aller Zentralbanken, einschließlich je-ner ohne direkte Aufsichtsaufgaben, in dieKooperationsstrukturen auf dem Gebiet derBankenaufsicht. Dies ist für die Förderungder Finanzmarktstabilität unerlässlich, da dieBanken ein gewisses Potenzial für Systemrisi-ken in sich bergen und Belastungen im Ban-kensektor unmittelbare Auswirkungen aufZahlungsverkehrsinfrastrukturen und das Li-quiditätsmanagement haben. Zweitens ist dieMitarbeit technischer Experten in den Regu-lierungsausschüssen zu gewährleisten, um zuverhindern, dass der gesamte verfahrenstech-nische Arbeitsaufwand im Zusammenhang mitVerordnungsentwürfen auf die Aufsichtsaus-schüsse übertragen wird, welche demzufolgeihren wichtigen Aufgaben im Bereich der Auf-sichtspraktiken möglicherweise nicht mit ge-bührender Aufmerksamkeit nachkommenkönnten. Drittens wird die Notwendigkeit

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eines starken technischen Stützpfeilers bei derArbeit im Bereich der Finanzmarktstabilitäthervorgehoben, wobei die Bemühungen in-nerhalb des Ausschusses für Bankenaufsichtund anderer ESZB-Gremien bei der Überwa-chung der Schwachstellen des EU-Finanzsys-tems zu würdigen sind.

Unter der Ägide des Ausschusses für Ban-kenaufsicht wurden Anfang 2003 zwei bedeu-tende multilaterale Vereinbarungen getroffen.Erstens schlossen die Zentralbanken und Auf-sichtsbehörden ein Memorandum of Under-standing über die Zusammenarbeit in Krisen-situationen ab, das Grundsätze für die Ver-besserung der gegenwärtigen Verfahren fürdie Kooperation und den Informationsaus-tausch zwischen den beiden Organisationenin Krisensituationen festschreibt. Zweitensermöglichen die NZBen von sieben EU-Län-dern, die zentrale Kreditregister betreiben(Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien,Österreich, Portugal und Spanien), mit derVereinbarung eines Memorandum of Under-standing die grenzüberschreitende Öffnungihrer Evidenzzentralen.

Zur effizienteren Unterstützung der auf EU-Ebene unternommenen Anstrengungen rich-tete die EZB überdies die Direktion Finanz-stabilität und Aufsichtsfragen ein. Aufgabe derneuen Direktion ist es, in Zusammenarbeitmit den anderen EZB-Bereichen einen umfas-senden Überblick über die für den Euroraumrelevanten Themen der Finanzmarktstabilitätzu bieten und die Entwicklungen bei der Fi-nanzmarktregulierung und -aufsicht sowie aufanderen Gebieten der Finanzdienstleistungenaufmerksam zu verfolgen.

In Bezug auf den institutionellen Regulierungs-und Aufsichtsrahmen in den einzelnen Mit-gliedstaaten sind folgende Entwicklungen imJahr 2002 anzuführen: In Belgien wurde dieinstitutionelle Verflechtung zwischen derZentralbank, der Banken- und Wertpapier-kommission sowie der Versicherungsauf-sichtsbehörde auch hinsichtlich Fragen derUnternehmenssteuerung und -kontrolle ge-stärkt; Direktoriumsmitglieder der Zentral-bank haben künftig einen Sitz im Vorstand

der Aufsichtsbehörden, und ein neuer Aus-schuss für Finanzmarktstabilität wird unterdem Vorsitz des Gouverneurs der Zentral-bank für die Koordination der Finanzaufsichtverantwortlich sein. Ziel der Reform ist un-ter anderem durch ein Zusammenlegen vonRessourcen in Bereichen von gemeinsamemInteresse, wie etwa der Finanzmarktstabilität,Synergien zu nutzen. In Deutschland nahm imMai 2002 die neu gegründete Bundesanstaltfür Finanzdienstleistungsaufsicht (zuständig fürKreditwesen, Versicherungswesen und Wert-papierhandel) ihre Tätigkeit auf; die Rolle derDeutschen Bundesbank in der Aufsicht wur-de aufgewertet. In Finnland wird der Hand-lungsrahmen der Finanzmarktaufsichtsbehör-de derzeit einer Überprüfung unterzogen; Zielist es, die Funktionalität des Instrumentari-ums zu verbessern. In Frankreich wurde eineGesetzesvorlage zur Gründung einer neuenBehörde, der Finanzmarktaufsichtsbehörde,zur Regulierung und Aufsicht der Wertpa-piermärkte präsentiert. Um den institutionel-len Rahmen für die Wertpapierregulierungund -aufsicht zu straffen, wird die Finanz-marktaufsichtsbehörde die Funktion des Bör-senausschusses und des Finanzmarktratsübernehmen. In Irland war 2002 der für dieEinrichtung der Finanzdienstleistungsaufsichteingeleitete Gesetzgebungsprozess noch imGang. Die neue Behörde ist als autonomerTeil der neu strukturierten Zentralbank kon-zipiert, die die Bezeichnung Central Bank andFinancial Services Authority of Ireland tragenwird. Ihre Zuständigkeit wird die Regulierungund Aufsicht aller Finanzmarktsektoren, ein-schließlich Institutsaufsicht und Konsumen-tenschutz, umfassen. In den Niederlandenwurde die Umsetzung der institutionellen Re-form, die auf eine funktionale Trennung zwi-schen der Institutsaufsicht und der Überwa-chung der laufenden Geschäftstätigkeit abzielt,vorangetrieben. Eine eigene Behörde ist fürdie Überwachung der laufenden Geschäftstä-tigkeit zuständig, während die Institutsaufsichtvon der Zentralbank und der Versicherungs-und Pensionskassenaufsichtsbehörde wahrge-nommen wird. Die Zusammenarbeit zwischenden zwei Aufsichtsinstanzen wurde vertieft.Bei beiden Organisationen wurde der jeweilsanderen ein Sitz im Vorstand eingeräumt, und

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im Dezember 2002 wurde den zuständigenMinistern ein Vorschlag für eine vollständigeIntegration unterbreitet. In Österreich nahmdie für alle Finanzsektoren zuständige Finanz-marktaufsicht im April 2002 ihre Tätigkeitauf. Die Rolle der Zentralbank wurde ausge-baut. Die Notenbank ist de facto eng in denAufsichtsprozess eingebunden, vor allem inForm von Vor-Ort-Prüfungen hinsichtlich

Kredit- und Marktrisiken, sowie für die Ver-arbeitung sämtlicher Meldungen von Bankenverantwortlich. Alles in allem haben die obenbeschriebenen Entwicklungen eine Konsoli-dierung der Zahl der Aufsichtsbehörden so-wie eine Neugestaltung und, in den meistenFällen, Aufwertung der Rolle der Zentralban-ken in der Finanzaufsicht bewirkt.

3 Aufsichtsrechtliche Regelungen für Banken und Finanzmärkte

Die Entwicklungen im Bereich der banken-aufsichtsrechtlichen Regelungen auf internati-onaler und EU-Ebene standen im Jahr 2002ganz im Zeichen der Überarbeitung der Ei-genkapitalanforderungen für Banken. Auf in-ternationaler Ebene verstärkte der BaslerAusschuss für Bankenaufsicht seine Bemühun-gen um eine noch detailliertere Ausarbeitungder drei Säulen des Entwurfs – Mindestkapi-talanforderungen, aufsichtliches Überprü-fungsverfahren und Marktdisziplin. Im Juli2002 erlangte der Basler Ausschuss Einver-nehmen bei einer Reihe von für den Abschlussder neuen Eigenkapitalvereinbarung wichtigenThemen. Diese Einigung umfasst unter ande-rem spezielle Vorschriften für das Kreditge-schäft mit kleinen und mittleren Unterneh-men (KMUs); die Verpflichtung von Banken,die den auf bankinterne Risikoeinstufungen(Ratings) basierenden Ansatz (IRB-Ansatz)verfolgen, im Rahmen der zweiten Säule kon-servative Kreditrisiko-Krisentests durchzu-führen; die Verringerung der Differenz erfor-derlicher Eigenmittel zwischen fortgeschrit-tenem IRB-Ansatz und IRB-Basisansatz;flexiblere Mindesteigenmittelanforderungenim Rahmen der ersten Säule für Betriebsrisi-ken und die auf eine Übergangsperiode be-fristete Einführung einer gemeinsamen Un-tergrenze der Eigenmittel, basierend auf denRegelungen der derzeit gültigen Vereinbarung.Außerdem bestätigte der Basler Ausschussden geänderten Zeithorizont für die Finalisie-rung der neuen Eigenmittelvereinbarung. Dasletzte (dritte) Konsultationspapier soll dem-nach im zweiten Quartal 2003 in einem öf-fentlichen Konsultationsverfahren vorgestelltwerden, während der Abschluss der neuen

Basler Eigenkapitalvereinbarung für das vier-te Quartal 2003 und ihre Umsetzung für Ende2006 geplant ist. Im Oktober 2002 leitete derBasler Ausschuss die dritte und letzte Studieüber die quantitativen Auswirkungen (Quan-titative Impact Study – QIS 3) in die Wege.Ziel der QIS 3 ist eine umfassende Beurtei-lung der Auswirkungen des neuen Regelwerksvor der Veröffentlichung des dritten Konsul-tationspapiers. Die Ergebnisse der QIS 3 sol-len im Frühsommer 2003 vorliegen. DieAccord Implementation Group, eine für Fra-gen der Umsetzung zuständige Untergruppedes Basler Ausschusses, nahm 2002 ihre Ar-beit auf.

Zeitgleich mit der Revision der Basler Eigen-kapitalvereinbarung fuhr auf EU-Ebene die Eu-ropäische Kommission mit der Überarbeitungder Eigenkapitalvorschriften für Kreditinsti-tute und Wertpapierfirmen fort. Im Novem-ber 2002 initiierte die Kommission im Hin-blick auf das Konsultationsverfahren zu die-sem Thema den so genannten strukturiertenDialog mit Finanzdienstleistern und anderenInteressierten. Als Grundlage für diesen Dis-kurs wurde ein Arbeitsdokument über dieaktuellen Standpunkte der Kommission zuden neuen Eigenkapitalvorschriften für Kre-ditinstitute und Wertpapierfirmen veröffent-licht. Die Kommission plant die Herausgabeeines dritten Konsultationspapiers für einenformellen Konsultationsprozess auf EU-Ebe-ne im Frühsommer 2003, kurz nach der Ver-öffentlichung des dritten Konsultationspapiersdes Basler Ausschusses. Anschließend, im ers-ten Quartal 2004, dürfte die Kommission ei-nen Vorschlag für einen Richtlinienentwurf

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über die Eigenkapitalvorschriften für Kredit-institute und Wertpapierfirmen zur Änderungder derzeit gültigen EU-Bestimmungen vorle-gen. Die neuen Eigenkapitalvorschriften dürf-ten zeitgleich mit der neuen Basler Eigenkapi-talvereinbarung Ende 2006 in Kraft treten.

Die Europäische Kommission wird zudem ei-nem entsprechenden Ersuchen des Europäi-schen Rats von Barcelona im März 2002 Fol-ge leisten und eine Studie über die möglichenAuswirkungen der neuen Eigenkapitalbestim-mungen auf alle Sektoren der europäischenWirtschaft, unter besonderer Berücksichti-gung von KMUs, durchführen. Diese Studiesoll bis Herbst 2003 abgeschlossen sein.

Die EZB unterstützt die bisherige Stoßrich-tung bei der Neugestaltung der Eigenmittel-vorschriften. Sie nimmt an den Sitzungen derjeweiligen Ausschüsse durch Vertreter mitBeobachterstatus teil und leistet so ihren Bei-trag zur Entscheidungsfindung. Unter ande-rem begrüßte die EZB die Einführung vonStresstests für Banken, die den IRB-Ansatzgewählt haben, im Rahmen der zweiten Säule;dies sollte gemeinsam mit der gebilligten Ab-flachung der Risikogewichtungskurve für Un-ternehmenskredite (worauf sich der BaslerAusschuss im November 2001 geeinigt hatte)im Konjunkturverlauf zu geringeren Schwan-kungen bei den Kapitalanforderungen beitra-gen. Das neue Regelwerk wird – so seineFinalisierung wie geplant vonstatten geht –einen Schlüsselfaktor in der Stärkung der Fi-nanzmarktstabilität darstellen. HinsichtlichEU-spezifischer Themen wird der Gewähr-leistung angemessener Unterlegungsvorschrif-ten für Kreditgeschäfte mit KMUs und derfairen Behandlung von kleinen und mittlerenBanken und Wertpapierfirmen, deren Eigen-kapitalerfordernisse ihrem spezifischen Risi-koprofil entsprechen sollten, erhebliche Be-deutung beigemessen. Darüber hinaus wirdauch die Konvergenz der aufsichtsrechtlichenPraktiken als wesentlich erachtet; dies wirdauch eine Kernaufgabe des Bankenaufsichts-ausschusses der Ebene 3 bilden.

Auf dem Gebiet der Finanzmarktregulierungwurden bei der Verabschiedung der im Akti-

onsplan für Finanzdienstleistungen (FinancialServices Action Plan – FSAP) vorgesehenenGemeinschaftsmaßnahmen wesentliche Fort-schritte erzielt. Die vom Europäischen Ratvon Barcelona gesetzten vorrangigen Zielvor-gaben, wie etwa die Annahme der Richtlinienüber Finanzkonglomerate und Marktmiss-brauch sowie der Verordnung über internati-onale Rechnungslegungsgrundsätze, wurden2002 beinahe zur Gänze erfüllt. Diese Fort-schritte im Gesetzgebungsprozess gingen miteinem wachsenden Bewusstsein für den po-tenziellen Nutzen der weiteren Integrationder Finanzmärkte einher (siehe Kapitel V). ImBereich der Wertpapierregulierung wurde dieArbeit innerhalb des vom Ausschuss der Wei-sen über die Regulierung der europäischenWertpapiermärkte vorgelegten Lamfalussy-Regelwerks vorangetrieben. In der Richtlinieüber Marktmissbrauch wurde erstmals zwi-schen der Gesetzgebung der Ebene 1 undden technischen Durchführungsmaßnahmender Ebene 2 unterschieden und dem Europäi-schen Wertpapierausschuss eine Komitolo-gie-Funktion bei der Verabschiedung von Vor-schriften der Ebene 2 zugeteilt. Außerdemberuhen die Vorschläge der Kommission fürdie Richtlinien über Börsenprospekte undinsbesondere jene für die Überarbeitungder Wertpapierdienstleistungsrichtlinie weit-gehend auf der Praktikabilität der Regulie-rungsverfahren nach dem Lamfalussy-Modell.Der jüngst eingesetzte Ausschuss der euro-päischen Wertpapierregulierungsbehördenhat zudem auf Ersuchen der Kommission dieErarbeitung von Umsetzungsmaßnahmen fürdie Richtlinien über Marktmissbrauch undBörsenprospekte auf technischer Ebene inAngriff genommen. In der für die Beobach-tung der Fortschritte bei der Umsetzung desFSAP zuständigen Politischen Gruppe für Fi-nanzdienstleistungen hat die EZB Beobach-terstatus inne. Darüber hinaus wird die EZBihren satzungsmäßig festgelegten Aufgabenentsprechend zu Richtlinienvorschlägen aufdem Gebiet der Finanzmarktregulierung kon-sultiert, wie etwa in den oben erwähntenFällen.

Die Bekämpfung der Geldwäsche und derTerrorismusfinanzierung war auch im Jahr

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2002 von vorrangiger Bedeutung. Drei Ent-wicklungen erscheinen in diesem Zusammen-hang besonders erwähnenswert: Erstens wur-de in vielen Ländern intensiv an der Umset-zung der acht Sonderempfehlungen derFinancial Action Task Force (FATF) gegen dieTerrorismusfinanzierung gearbeitet. Die FATFhatte dabei besonderen Bedacht auf eine um-fassende Auslegung dieser Standards gelegt.Zweitens nahm die FATF eine Überprüfungihrer 40 Empfehlungen gegen Geldwäsche inAngriff. Die Überprüfung betrifft unter ande-rem die Kundenidentifizierung und die Sorg-falt der Finanzinstitute, den Austausch vonInformationen über verdächtige Geschäfte,Regulierung und Aufsicht, spezielle juristischeUnternehmensformen („corporate vehicles“)sowie Unternehmen und Berufsstände, diekeine Finanzinstitute sind. Drittens haben derIWF, die Weltbank und die FATF gemeinsa-me Verfahren zur Bewertung der Einhaltungder 40 FATF-Empfehlungen durch die einzel-nen Länder ausgearbeitet. Die Standards derFATF werden künftig die Standards und Ko-dizes für die Überwachungstätigkeit des IWFund der Weltbank ergänzen, zu der etwa dieErstellung der Berichte über die Einhaltungvon Standards und Kodizes (Reports on theObservance of Standards and Codes –ROSCs) und die Durchführung der Program-me zur Bewertung des Finanzsektors (Finan-cial Sector Assessment Programs – FSAPs)zählen. Die EZB hat in der FATF Beobachter-status.

Auf dem Gebiet der Rechnungslegung hatdas International Accounting StandardsBoard (IASB) die Modernisierung und Ver-besserung der derzeit gültigen internationa-len Rechnungslegungsgrundsätze (Internatio-nal Accounting Standards – IAS) sowie großangelegte Projekte, die auf eine Harmonisie-rung mit den US Generally Accepted Accoun-ting Principles (US-GAAP) abzielen, in dieWege geleitet. In diesem Zusammenhang gabdas IASB Entwürfe für IAS 32 über Angabenund Darstellung von Finanzinstrumenten undIAS 39 über den Ausweis und die Bewertungvon Finanzinstrumenten heraus. Die Ausdeh-

nung der Verwendung der Zeitwertbilan-zierung unter IAS 39 wird in Erwägung gezo-gen. Die EZB veröffentlichte im November2001 eine Stellungnahme zur Anwendungder Zeitwertbilanzierung im Bankensektor.7

Auf EU-Ebene legt die Verordnung (EG)Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlamentsund des Rates vom 19. Juli 2002 fest, dass allekapitalmarktorientierten Gesellschaften ihrekonsolidierten Abschlüsse spätestens ab demJahr 2005 nach internationalen Rechnungsle-gungsstandards8 aufstellen sollen. Zweck derVerordnung ist die Harmonisierung der Fi-nanzinformationen, um einen hohen Grad anTransparenz und Vergleichbarkeit der Ab-schlüsse sicherzustellen. Zur Unterstützungder Kommission bei der Verabschiedung vonStandards, die im Rahmen der Verordnungzur Anwendung kommen, wurde ein neuerRegelungsausschuss für die Rechnungslegung(Accounting Regulatory Committee – ARC)eingerichtet. Die EZB wurde eingeladen, denTreffen des ARC als Beobachter beizuwoh-nen.

Auf dem Gebiet der Unternehmenssteuerungund -kontrolle (Corporate Governance) be-gann die Kommission nach der Vorlage desBerichts der Hochrangigen Expertengruppeauf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts (HighLevel Group of Company Law Experts) übereinen modernen Regelungsrahmen für Cor-porate Governance in Europa mit der Ausar-beitung eines Aktionsplans für die Umsetzungder in dem Bericht enthaltenen Empfehlun-gen. Die EZB leistet ihren Beitrag zur Erstel-lung dieses Aktionsplans durch ihre Vertre-ter in den jeweiligen EU-Foren, die sich mitdieser Thematik auseinander setzen.

7 Siehe EZB, Fair value accounting in the banking sector: ECBcomments on the „Draft standard and basis for conclusions –financial instruments and similar items“, Financial InstrumentsJoint Working Group of Standard Setters, 8. November 2001.

8 Gemäß Artikel 2 der Verordnung bezeichnen „internationaleRechnungslegungsstandards“ die „International Accounting Stan-dards“ (IAS), die „International Financial Reporting Standards“(IFRS) und damit verbundene Auslegungen (SIC-IFRIC-Interpre-tationen), spätere Änderungen dieser Standards und damit ver-bundene Auslegungen sowie künftige Standards und damit ver-bundene Auslegungen, die vom International Accounting Stan-dards Board (IASB) herausgegeben oder angenommen wurden.

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Der Messestand des Eurosystems auf der Fachmesse für Finanzdienstleister Sibos 2002 in Genf

30. September bis 4. Oktober 2002

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Statistische Infrastruktur

Kapitel X

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1 Einleitung

Die Bereitstellung statistischer Daten funkti-onierte im Jahr 2002 reibungslos, und eskonnten erneut Verbesserungen hinsichtlichQualität und Verfügbarkeit erzielt werden.Weitere Fortschritte wird die Umsetzung derneuen Verordnungen über die konsolidierteBilanz des Sektors der Monetären Finanzin-stitute (MFIs), über die MFI-Zinssatzstatistikund über die vierteljährliche Finanzierungs-rechnung wie auch anderer Rechtsinstrumen-te, die derzeit in Vorbereitung sind, mit sichbringen. Die gesamte statistische Arbeit er-folgte in enger Kooperation mit den NZBen,die Daten von Berichtspflichtigen erhebenund an die EZB zur Bildung der Euroraum-Aggregate übermitteln.

Mit dem Ziel, die Verfügbarkeit und Aktuali-tät international vergleichbarer und konsis-tenter monatlicher und vierteljährlicher Da-ten zu verbessern, wurde die Koordinationauf dem Gebiet der Statistik verstärkt. Ebensowurde an der Entwicklung einer umfassendenSystematik für die Finanzierungsrechnung undfür nichtfinanzielle Konten jeweils auf viertel-jährlicher Basis gearbeitet, um die Datenkon-sistenz zwischen unterschiedlichen Statistiken

zu steigern. Im Berichtsjahr veranstaltete dieEZB ihre erste Statistikkonferenz und organi-sierte überdies Seminare für die Nutzer sta-tistischer Daten, insbesondere zu den The-men Saisonbereinigung und Finanzmarktsta-tistik.

In Erfüllung seiner Aufgaben im Statistikbe-reich ist das Eurosystem darum bemüht, zu-verlässige und umfassende Statistiken von ho-her Qualität zu erstellen, und zwar so, dassder Meldeaufwand für die betreffenden Insti-tute möglichst gering gehalten wird. Aus die-sem Grund wird so oft wie möglich auf be-stehendes Datenmaterial zurückgegriffen.Neue statistische Anforderungen werden ei-ner Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen, indie berichtspflichtige Institute eingebundensind. Die formalen Kriterien dieses Bewer-tungsverfahrens für neue Statistiken wurdenim Jahr 2002 weiterentwickelt.

Zur Unterstützung der Beitrittsländer bei derErstellung qualitativ hochwertiger Statistikenhat das Eurosystem verschiedene Initiativenergriffen und z. B. Seminare zu ausgewähltenStatistikthemen organisiert (siehe Kapitel VI).

2 Geld- und Bankenstatistik, Finanzmarktstatistik

Die regelmäßige Bereitstellung der Geld- undBankenstatistik sowie der Finanzmarktstatis-tik verlief im Berichtsjahr gemäß Plan.

Den zu Beginn der WWU festgelegten statis-tischen Anforderungen entsprechend meldendie MFIs ihre Bilanzdaten auf monatlicher undvierteljährlicher Basis. Das auf der Websiteder EZB veröffentlichte Verzeichnis der MFIswird jeden Monat aktualisiert. Bezweckt wirddamit eine einheitliche Anwendung der Defi-nition von MFIs im gesamten Euro-Währungs-gebiet wie auch EU-weit.

Im Jahr 2002 widmeten sich EZB und NZBenverstärkt der Umsetzung der VerordnungEZB/2001/13 über die konsolidierte Bilanz desSektors der monetären Finanzinstitute, die

vom EZB-Rat im November 2001 verabschie-det worden war. Kreditinstitute und derenFachverbände sind in die Umsetzung der neu-en Vorgaben entsprechend eingebunden; zudiesem Zweck wurden im November 2002auch Erläuterungen zur Verordnung EZB/2001/13 über die MFI-Bilanzstatistik veröf-fentlicht. Die ersten auf Basis dieser Verord-nung gemeldeten Daten lagen Anfang 2003vor. Die wichtigsten Verbesserungen der MFI-Bilanzstatistik betreffen detailliertere monat-liche Angaben zu den Krediten und Einlagensowie neue Statistiken über Berichtigungeninfolge von Neubewertungen im Wertpapier-und Kreditbereich. Konkret sind die MFI-Bi-lanzposten stärker untergliedert, und zwarnach der Art des Instruments, der Ursprungs-laufzeit und dem Sektor der Geschäftspart-

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ner. Dank der Erfassung von Berichtigungenlassen sich die monatlichen Stromgrößen ge-nauer ableiten. Die Berichtigungen selbst stellenauch im Rahmen der Analyse von Geldmengen-aggregaten und Bilanzgegenposten, wie z. B. Ab-schreibungen/Wertberichtigungen von Krediten,eine wertvolle Zusatzinformation dar.

Die EZB und NZBen stellten außerdem be-trächtliche Ressourcen für die Umsetzung dervom EZB-Rat im Dezember 2001 verabschie-deten neuen Verordnung über die Statistiküber die von MFIs angewandten Zinssätze(EZB/2001/18) bereit. Diese Statistik wirdumfassendes, detailliertes und harmonisier-tes Datenmaterial zu den Zinssätzen bietenund so die Analyse der geldpolitischen Trans-mission und die monetäre Analyse selbst er-heblich verbessern. Des Weiteren werdendiese Daten zur Beurteilung der Finanzmarkt-stabilität benötigt. Insgesamt werden 45 Indi-katoren in Bezug auf die Bestände und dasNeugeschäft erfasst. Die neuen MFI-Zins-satzstatistiken sind der EZB spätestens am19. Geschäftstag nach Ablauf des Referenz-monats zu übermitteln. Das Jahr 2003 giltinsgesamt als Einführungsphase. In diesem Zu-sammenhang sollte auch auf die vom Euro-system ausgearbeitete Umfrage zum Kredit-geschäft im Euroraum verwiesen werden, dieeine Ergänzung zur Zinssatzstatistik darstel-len wird.

Im November 2002 verabschiedete der EZB-Rat die Verordnung EZB/2002/8 über dieBereitstellung monatlicher Statistiken über dieInhaber von Geldmarktfondsanteilen, aufge-schlüsselt nach deren Gebietsansässigkeit. Zieldieser Änderung zur Verordnung EZB/2001/13ist die Erhöhung der langfristigen Stabilität undQualität der Daten, die über die Inhaber vonGeldmarktfondsanteilen erstellt werden undschon jetzt in die Berechnung des Geldmengen-aggregats M3 einfließen.

Angesichts des Beschlusses, auf der Basis sai-sonbereinigter Daten ermittelte Zwölfmo-natsraten für den Vergleich des M3-Wachs-tums mit dem Referenzwert heranzuziehen,war man bemüht, dem Qualitätsanspruch andiese Statistiken noch besser gerecht zu wer-

den. Die Bereinigung der Stromgrößen wur-de insofern verbessert, als Wechselkurs-änderungen (mit Auswirkungen auf Nicht-Euro-Positionen in den MFI-Bilanzen) nun ge-nauere Berücksichtigung finden; überdieserfolgt die Bereinigung vierteljährlicher Da-ten jetzt in einer stärkeren Gliederungstiefe.Dadurch lassen sich Wachstumsraten etwavon nach Sektoren aufgeschlüsselten Einlagenbei MFIs und Krediten von MFIs genau be-rechnen.

Zudem wurden neue Indikatoren zur Bewer-tung der Finanzmarktstabilität und strukturellerEntwicklungen im Bankensektor festgelegt.

Im Januar 2003 gab die EZB zum ersten MalStatistiken über nichtmonetäre Finanzinstitute(ohne Versicherungsgesellschaften und Pensi-onskassen) heraus. Diese Statistiken zeigen dieQuartalsendstände der Investmentfonds im Eu-roraum, aufgeschlüsselt nach Anlageschwer-punkten (Aktienfonds, Rentenfonds, gemischteFonds, Immobilienfonds und sonstige Fonds) undunter Angabe etwaiger Kaufbeschränkungen fürFondsanteile (Publikumsfonds und Spezialfonds).Diese Daten sind im Euroraum noch nicht gänz-lich harmonisiert, obwohl die NZBen bereitsMaßnahmen im Hinblick auf die größtmöglicheKonsistenz der nationalen Beiträge getroffen ha-ben. Auf diese Weise wird eine akzeptable Qua-lität der Euroraum-Aggregate sichergestellt.

Das Eurosystem befasste sich auch mit einerReihe von Fragen zu den Auswirkungen derEuro-Bargeldumstellung auf die Darstellungder nationalen Aufschlüsselung der MFI-Bi-lanzstatistik, die der monetären Statistikzugrunde liegt.

Die Statistik über Wertpapieremissionenwurde ebenfalls erweitert. Mittels einer neu-en Berechnungsmethode, wonach transakti-onsbedingte Veränderungen getrennt vonNeubewertungen, Umgruppierungen und an-deren, nicht transaktionsbedingten Bewegun-gen behandelt werden, lassen sich die Wachs-tumsraten genauer und einheitlicher ermit-teln. Des Weiteren veröffentlichte die EZBim Januar 2003 erstmals auf Basis von Vorar-beiten der EZB und der NZBen neue monat-

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liche Statistiken über die Bestände börsenno-tierter Aktien, aufgeschlüsselt nach Emitten-tensektor; diese Statistiken sollen nunmehrregelmäßig erscheinen.

Zudem hat die EZB die Arbeit an der Ent-wicklung gemeinsamer Methoden zur Berech-nung vergleichbarer statistischer Finanzmarkt-indikatoren für den Euroraum fortgesetzt.

3 Zahlungsbilanz, Währungsreserven, Auslandsvermögensstatusund effektive Wechselkurse

Die monatlichen und vierteljährlichen Zah-lungsbilanzstatistiken, der jährliche Auslands-vermögensstatus (AVS) sowie die Statistik zuden monatlichen Währungsreserven des Eu-rosystems wurden im Jahr 2002 auf effizienteWeise erstellt und veröffentlicht.

Auf dem Gebiet der AVS-Statistik wartetedie EZB mit einer erheblichen Verbesserungauf: Im November 2002 veröffentlichte siedie bisher nur saldiert verfügbaren AVS-Da-ten des Euroraums zu den Jahresendständenvon 1999 bis 2001 nach Aktiva und Passivagetrennt. Die Änderungen im Auslandsver-mögensstatus von einem Jahresende zum an-deren lassen sich einerseits durch die im Jah-resverlauf zu Transaktionswerten erfasstenZahlungsbilanzumsätze erklären. Andererseitsschlagen sich in den Bestandsgrößen auch Be-wertungseffekte aufgrund von Änderungender Preise für Vermögenswerte und derWechselkurse sowie sonstige, nicht in dieStromgrößen einfließende Änderungen (z. B.Abschreibungen und Umgruppierungen) nie-der. Demzufolge steigen mit der oben er-wähnten Verbesserung deutlich die Aussage-kraft und der analytische Wert der Auslands-vermögensstatistik des Euroraums.

Wie in den Vorjahren arbeitete das Eurosys-tem an der Verbesserung der Datenqualitätund -verfügbarkeit. Der Bereich der Wertpa-pieranlagen stellt hierbei eine besondere He-rausforderung dar. In einem im Juni 2002 ver-öffentlichten Bericht schlug die EZB Maßnah-men vor, die auf nationaler Ebene ergriffenwerden sollten, um die jeweiligen Erhebungs-systeme für Wertpapieranlagen zu verbes-sern. Gemeinsam mit den NZBen baut dieEZB eine zentrale Wertpapierdatenbank auf,um die Qualität der zu Wertpapieranlagenerfassten Daten anzuheben. Außerdem betei-

ligte sich die EZB mit großem Engagement anden Anstrengungen auf europäischer Ebene,Kriterien und operative Indikatoren zur Be-wertung der Qualität von Zahlungsbilanz- undverwandten Statistiken festzulegen. WeitereSchritte wurden unternommen, durch die dieDatenkonsistenz zwischen Zahlungsbilanz-und verwandten Statistiken einerseits und derGeld- und Bankenstatistik sowie dem Sektorder nicht im Eurogebiet Ansässigen („übrigeWelt“) in den Volkswirtschaftlichen Gesamt-rechnungen andererseits verbessert werdensoll.

Während des Berichtsjahrs wurden Vorschlä-ge zu Änderungen der Leitlinie EZB/2000/4,die den Rechtsrahmen für die Erhebung derStatistiken zur Zahlungsbilanz, zu den Wäh-rungsreserven und zum Auslandsvermögens-status im Euroraum festschreibt, diskutiert.Eine aktualisierte Fassung dieser Leitlinie istfür das erste Quartal 2003 geplant.

Im November 2002 erschien die aktualisierteAusgabe des jährlich veröffentlichten Metho-denhandbuchs zur Zahlungsbilanz/zum Aus-landsvermögensstatus in der EuropäischenUnion („European Union balance of pay-ments/international investment position sta-tistical methods“). Um die Erstellung der Eu-roraum-Statistiken möglichst transparent zumachen, beschreibt diese Publikation die sta-tistischen Methoden der einzelnen Mitglied-staaten, die dem Auslandsvermögensstatusund der Zahlungsbilanz jeweils zugrunde liegen.

Schon seit Oktober 1999 gibt die EZB Datenzu den nominalen und realen effektivenWechselkursen des Euro bekannt und stelltDatenmaterial zur Beurteilung der internati-onalen Rolle des Euro bereit.

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4 Finanzierungs- und Geldvermögensrechnung

Die regelmäßige vierteljährliche Meldung vonDaten zur Finanzierungs- und Geldvermö-gensrechnung nichtfinanzieller Sektoren imEuro-Währungsgebiet, die im Mai 2001erstmals erfolgte, verlief im Jahr 2002 rei-bungslos. Die Leitlinie der EZB über die sta-tistischen Berichtsanforderungen im Bereichder vierteljährlichen Finanzierungsrechnun-gen, die vom EZB-Rat im November 2002verabschiedet und im selben Monat wirksamwurde, stellt die regelmäßige Bereitstellungder vierteljährlichen Finanzierungsrechnunginnerhalb des Eurosystems weiterhin sicher.Sie berücksichtigt den gegenwärtigen Daten-

bedarf für die Erstellung der vierteljährlichenFinanzierungsrechnung der Währungsunionsowie die Berichtsanforderungen im Hinblickauf nationale Daten, insbesondere zu Versi-cherungsgesellschaften und Pensionskassen,die in Kürze erstmals zur Verfügung stehenwerden.

Die Statistiken für die Finanzierungsrechnungwurden auch hinsichtlich der Konsistenz zwi-schen den Vermögensbildungs- und Finanzie-rungskonten weiter verbessert. Zudem wur-de die statistische Erfassung nicht zurückge-gebener Banknoten behandelt.

5 Statistik zur Finanzlage der öffentlichen Haushalte

Die Veröffentlichung von Statistiken über diejährlichen Einnahmen und Ausgaben der öf-fentlichen Haushalte im Euro-Währungsgebietwurde von der EZB auch im Berichtsjahr fort-geführt. Diese Daten geben auch Aufschlussüber die öffentliche Verschuldung und die Dif-ferenz zwischen Defizit und Schuldenstands-

änderung. Die Übermittlung dieser Jahresda-ten funktionierte im Jahr 2002 problemlos.Zurzeit erarbeitet die EZB eine Leitlinie überdie statistischen Berichtsanforderungen unddie Verfahren zum Datenaustausch im Bereichder Statistiken zur Finanzlage der öffentli-chen Haushalte.

6 Allgemeine Wirtschaftsstatistiken

Die EZB stützt sich im Rahmen ihrer geldpo-litischen Strategie auf allgemeine Wirtschafts-statistiken bezüglich der Preise und Kosten,Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen undArbeitsmärkte sowie auf eine breite Paletteweiterer Wirtschaftsdaten. Die EZB und dieEuropäische Kommission – Letztere ist haupt-verantwortlich für Wirtschaftsstatistiken aufEU-Ebene – überwachten gemeinsam die Um-setzung des Aktionsplans über die statisti-schen Anforderungen der WWU, der demECOFIN-Rat im September 2000 vorgelegtworden war. Obwohl im Gefolge des WWU-Aktionsplans und anderer Initiativen die all-gemeinen Wirtschaftsstatistiken sowohl aufnationaler als auch europäischer Ebene ver-bessert werden konnten, besteht weitererHandlungsbedarf. In einer im November 2002

veröffentlichten Mitteilung führte die Euro-päische Kommission die Fortschritte bei derVerbesserung der methodischen Grundlagender Euroraum-Statistiken und -Indikatorenaus und peilte weitere Verbesserungen an.Wie bereits in der Vergangenheit arbeitetedie EZB auch 2002 an einem Fortschrittsbe-richt über den Informationsbedarf in derWWU mit, worin Errungenschaften undAnforderungen des WWU-Aktionsplans ana-lysiert werden und der inzwischen vomECOFIN-Rat verabschiedet worden ist.

Auch die Notwendigkeit einer weiteren Ver-besserung der internationalen Vergleichbar-keit von Statistiken wurde von der EZB ent-sprechend hervorgehoben.

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7 Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission undinternationalen Institutionen

Die zwischen der EZB und der EuropäischenKommission (Eurostat) vereinbarte Aufteilungder Zuständigkeiten für statistische Belangeauf europäischer Ebene bewährte sich auchim Jahr 2002. Zurzeit wird das zwischen derEZB und Eurostat getroffene Memorandumof Understanding über Wirtschafts- und Fi-nanzstatistiken überarbeitet. Die EZB koope-riert eng mit der Europäischen Kommission,unter anderem im Rahmen des Ausschussesfür Währungs-, Finanz- und Zahlungsbilanz-statistik (AWFZ). Der AWFZ ist eine Platt-form für Vertreter der nationalen statisti-schen Ämter und von Eurostat sowie der

NZBen und der EZB. Die EZB begrüßt dieneuen internen Regelungen des AWFZ fürKonsultationen im Zusammenhang mit demVerfahren bei einem übermäßigen Defizit.

Die EZB pflegt im Bereich der Statistik au-ßerdem enge Kontakte zu BIZ, IWF undOECD. In Zusammenarbeit mit Gemein-schaftsinstitutionen und internationalen Or-ganisationen leistet sie einen wichtigen Bei-trag zur Definition und Einhaltung internatio-naler Standards für die Erstellung vonStatistiken.

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Zweite Zentralbankenkonferenz der EZB in Frankfurt

24. und 25. Oktober 2002

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Sonstige Aufgaben

und Aktivitäten

Kapitel XI

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I Beratende Funktionen

Artikel 105 Absatz 4 des EG-Vertrags undArtikel 4 der ESZB-Satzung sehen vor, dassdie EZB von den entsprechenden Organender Gemeinschaft bzw. den verantwortlichennationalen Behörden1 zu allen in ihren Zu-ständigkeitsbereich fallenden Vorschlägen fürRechtsakte der Gemeinschaft oder der Mit-gliedstaaten gehört wird.

Die Grenzen und Bedingungen für die Anhö-rung der EZB zu Gesetzgebungsvorhabendurch die Behörden der Mitgliedstaaten sindin der Entscheidung des Rates 98/415/EG vom29. Juni 1998 dargelegt. In Artikel 2 Absatz 1und 2 dieser Entscheidung sind die Bereicheangeführt, zu denen die EZB angehört wer-den muss, nämlich zu allen Entwürfen fürRechtsvorschriften über:

• Währung,• Zahlungsmittel,• nationale Zentralbanken,• Erhebung, Zusammenstellung und Weiter-

gabe statistischer Daten in den BereichenWährung, Finanzen, Banken, Zahlungssys-teme und Zahlungsbilanz,

• Zahlungsverkehrs- und Abwicklungssyste-me und

• Bestimmungen zu Finanzinstituten, soweitsie die Stabilität der Finanzinstitute undFinanzmärkte wesentlich beeinflussen.

Außerdem müssen die Behörden von Mit-gliedstaaten außerhalb des Euro-Währungs-gebiets2 die EZB zu allen Entwürfen fürRechtsvorschriften über geldpolitische Instru-mente anhören.

Im Jahr 2002 wurden insgesamt 32 Konsulta-tionsverfahren eingeleitet (30 auf Initiativevon Mitgliedstaaten und 2 auf Initiative desRats der Europäischen Union). Davon be-schäftigten sich 9 mit Zahlungsmitteln, 7 mitstatistischen Daten und 11 mit Bestimmun-gen, die Auswirkungen auf die Stabilität vonFinanzinstituten und Finanzmärkten habenkönnten.

Eine Aufstellung der jeweils aktuellen Stel-lungnahmen der EZB findet sich auf der Web-site der EZB. Der folgende Kasten bietet ei-nen Überblick über die im Jahr 2002 eingelei-teten Konsultationsverfahren.

1 Gemäß dem Protokoll über einige Bestimmungen betreffend dasVereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, das demEG-Vertrag beigefügt ist, gelten Artikel 105 Absatz 4 EG-Vertragund Artikel 4 ESZB-Satzung nicht für das Vereinigte Königreich.Daher erstreckt sich die Verpflichtung zur Anhörung der EZBnicht auf die nationalen Behörden des Vereinigten Königreichs.

2 Mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs (siehe Fußnote 1).

Kasten 10Konsultationsverfahren 2002

(a) Konsultationen durch Mitgliedstaaten1

Nr.2 Ursprung Gegenstand

KON/2002/1 Finnland Änderung des Gesetzes über Kreditinstitute im Hinblick auf die Berücksichti-

gung von E-Geld.

KON/2002/2 Deutschland Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) in Bezug auf die Erhe-

bung, Zusammenstellung und Weitergabe statistischer Daten in den Bereichen

Währung, Finanzen, Banken, Zahlungssysteme und Zahlungsbilanz.

1 Im September 2002 stimmte der EZB-Rat einer Änderung der Offenlegungspraktiken im Zusammenhang mit auf Ersuchen vonnationalen Behörden verfassten EZB-Stellungnahmen zu. Künftig werden Stellungnahmen der EZB grundsätzlich sechs Monatenach ihrer Billigung auf der EZB-Website veröffentlicht. Für EZB-Stellungnahmen von politischer Relevanz wird die bisherigeVorgehensweise, d. h. die umgehende Veröffentlichung auf der EZB-Website, beibehalten. Der EZB-Rat stimmte des Weiterender Veröffentlichung von in der Vergangenheit verabschiedeten EZB- und EWI-Stellungnahmen auf der Website der EZB zu. Inbeiden Fällen werden die zuständigen nationalen Behörden entsprechend informiert.

2 Die Nummerierung der Konsultationsverfahren richtet sich nach dem Datum des jeweiligen EZB-Ratsbeschlusses.

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Nr.3 Ursprung Gegenstand

KON/2002/3 Belgien Erstellung der Zahlungsbilanzstatistik und des Auslandsvermögensstatus

Belgiens.

KON/2002/4 Dänemark Änderung des Gesetzes über Geldwäsche zur Bekämpfung der Terrorismus-

finanzierung.

KON/2002/5 Niederlande Umsetzung der internationalen Bestimmungen zur Bekämpfung des Terroris-

mus und zur Einhaltung von finanziellen Sanktionen im Sanktionsgesetz.

KON/2002/6 Frankreich Aufhebung der Gültigkeit als gesetzliches Zahlungsmittel von auf Franc

lautenden Banknoten und Münzen.

KON/2002/7 Irland Änderung des Gesetzes über die Wirtschafts- und Währungsunion zur Fest-

legung der Verpflichtung der irischen Zentralbank, Nettoeinkünfte aus der

Münzausgabe an die öffentliche Hand weiterzugeben.

KON/2002/8 Dänemark Änderung des Gesetzes über den Wertpapierhandel bezüglich Sicherheiten und

die Klärung bestimmter Zuständigkeiten auf den Gebieten Börsehandel, Daten-

schutz und Insiderhandel.

KON/2002/9 Frankreich Änderung des Dekrets über Finanzbeziehungen zum Ausland mit Auswirkun-

gen auf die Statistik zur Zahlungsbilanz und zum Auslandsvermögensstatus.

KON/2002/10 Dänemark Änderung des Gesetzes über Finanzdienstleistungen und anderer Finanzge-

setze in Bezug auf die Aufsicht über betriebliche Pensionskassen, beste Ver-

fahrensweisen für Wertpapierhändler usw.

KON/2002/12 Finnland Befugnis des finnischen Finanzministeriums zur Ausgabe von Gedenkmünzen,

die in Finnland als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.

KON/2002/13 Belgien Einführung eines umfassenden Aufsichtsrahmens für den Finanz- und Finanz-

dienstleistungssektor sowie besondere Regelungen betreffend Sekundärmärkte

für Finanzinstrumente.

KON/2002/14 Spanien Abführung des Gewinns des Banco de España an das Finanzministerium.

KON/2002/15 Finnland Rundung von mit einer Kontokarte oder anderen Zahlungskarten geleisteten

Zahlungen in Euro auf die nächsten fünf Cent.

KON/2002/16 Irland Gesetzesentwurf für das Gesetz über die Central Bank and Financial Services

Authority of Ireland 2002.

KON/2002/17 Luxemburg Verordnung über die Bestimmung der für Fragen der Geldfälschung zustän-

digen nationalen Behörden.

KON/2002/18 Belgien Klarstellung des besonderen Zusammenhangs zwischen dem institutionellen

Rahmen der Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique und den

allgemeinen Regelungen für Aktiengesellschaften.

KON/2002/19 Österreich Umsetzung der FATF-Sonderempfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäsche

und der Terrorismusfinanzierung.

KON/2002/20 Österreich Änderung des Basis- und Referenzzinssatzes.

KON/2002/21 Schweden Änderungen in Bezug auf die Erfassung von statistischen Daten für die

Zahlungsbilanz und das Liquiditätskriterium für Wertpapiere, die für geldpoli-

tische Geschäfte verwendet werden, sowie die vorgeschlagene Auslagerung

einiger Teile dieses Prozesses.

KON/2002/22 Schweden Vorschlag zur Einrichtung des dem schwedischen Parlament untergeordneten

nationalen Rechnungsprüfungsamts, einschließlich Änderungen des Gesetzes

über die Sveriges Riksbank.

3 Die Nummerierung der Konsultationsverfahren richtet sich nach dem Datum des jeweiligen EZB-Ratsbeschlusses.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002184

2 Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung und desbevorrechtigten Zugangs

Gemäß Artikel 237 d EG-Vertrag ist es Auf-gabe der EZB, die Einhaltung der Bestimmun-gen von Artikel 101 und 102 EG-Vertrag so-wie der diesbezüglichen Ratsverordnungen(EG) Nr. 3603/93 und 3604/93 durch die na-tionalen Zentralbanken der 15 EU-Staaten zuüberwachen. Wahrgenommen wird diese Auf-gabe vom Erweiterten Rat der EZB, in dessenKompetenz auch die Überwachung der Ein-haltung der genannten Bestimmungen durchdie EZB selbst fällt. Nach Artikel 101 ist esder EZB und den NZBen untersagt, Regie-

Nr.4 Ursprung Gegenstand

KON/2002/23 Finnland Änderung des Gesetzes über die Finanzmarktaufsichtsbehörde einschließlich

geänderter Verfahrensweisen und neuer Vollmachten in Bezug auf Sanktionen.

KON/2002/24 Belgien Verhinderung des Missbrauchs des Finanzsystems zum Zweck der Geld-

wäsche.

KON/2002/26 Griechenland Rechtlicher Schutz von Euro-Banknoten.

KON/2002/27 Finnland Notstandsgesetz über die finnische Finanzmarktregulierung in Notfällen.

KON/2002/28 Schweden Die Sveriges Riksbank und die Veröffentlichung der Zinsgestaltung.

KON/2002/29 Schweden Einführung eines neuen, umfragebasierten Systems für die Erfassung statisti-

scher Daten für die Zahlungsbilanz.

KON/2002/30 Italien Bestimmungen über die Konversion von Anleihen gemäß Gesetz Nr. 483/93 mit

Auswirkungen auf die Bilanz der Banca d’Italia.

KON/2002/31 Italien Bestimmungen des Haushaltsgesetzes 2003 über Banknoten und Münzen.

KON/2002/32 Frankreich Entwurf für ein Gesetz über Sicherheit im Finanzsystem.

(b) Konsultationen durch europäische Institutionen5

Fundstelle im

Nr.4 Ursprung Gegenstand Amtsblatt

KON/2002/11 EU-Rat Empfehlung des Rates zur Ernennung des Vizepräsidenten ABl. L 101,

der Europäischen Zentralbank. 14.4.2002,

S. 17

KON/2002/25 EU-Rat Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates ABl. C 253,

im Hinblick auf die Fristen für die Übermittlung der Haupt- 22.10.2002,

aggregate der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, S. 14

die Ausnahmeregelungen betreffend die Übermittlung der

Hauptaggregate der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

und die Übermittlung von in geleisteten Arbeitsstunden

ausgedrückten Beschäftigungsdaten.

4 Die Nummerierung der Konsultationsverfahren richtet sich nach dem Datum des jeweiligen EZB-Ratsbeschlusses.5 Auf der EZB-Website veröffentlicht.

rungsstellen und Organen oder Einrichtun-gen der Gemeinschaft Überziehungs- oder an-dere Kreditfazilitäten einzuräumen oder un-mittelbar von solchen Stellen Schuldtitel zuerwerben. Ebenso sind nach Artikel 102 nichtaus aufsichtsrechtlichen Gründen getroffeneMaßnahmen unzulässig, die Zentralregierun-gen und anderen öffentlich-rechtlichen Kör-perschaften, öffentlichen Unternehmen sowieOrganen oder Einrichtungen der Gemein-schaft einen bevorrechtigten Zugang zu Fi-nanzinstituten bieten. Die Einhaltung der Ver-

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pflichtungen, die den Mitgliedstaaten aus dengenannten Bestimmungen erwachsen, über-wacht neben dem Erweiterten Rat auch dieEuropäische Kommission.

Der Erweiterte Rat überwacht ferner denKauf von Schuldtiteln der öffentlichen Handdurch die Zentralbanken der EU-Mitgliedstaa-ten am Sekundärmarkt, und zwar sowohl denErwerb inländischer Staatspapiere als auchjenen von staatlichen Schuldtiteln andererMitgliedstaaten. Laut den Erwägungsgründender Verordnung (EG) Nr. 3603/93 des Ratesdarf der Erwerb von Schuldtiteln am Sekun-därmarkt nicht zur Umgehung der Ziele vonArtikel 101 EG-Vertrag verwendet werden.Solche Käufe dürfen also nicht zu einer indi-rekten monetären Finanzierung der öffentli-chen Hand führen.

Im Jahr 2002 stellte der Erweiterte Rat indrei Fällen Verstöße gegen die angeführtenBestimmungen des EG-Vertrags bzw. der ein-schlägigen Ratsverordnungen durch NZBender Mitgliedstaaten fest. In jedem dieser dreiFälle überstiegen nach der Euro-Bargeldein-führung der Münzbestand der NZBen undihre diesbezüglichen Gutschriften an die öf-fentliche Hand die laut Artikel 6 der Ratsver-ordnung (EG) Nr. 3603/93 zulässige Ober-grenze von 10 % des Münzumlaufs. Im FallGriechenlands wurde das Limit in den erstendrei Monaten 2002 nicht eingehalten, wäh-rend in Frankreich und Finnland das Problemdas ganze Jahr hindurch bestand und auchEnde 2002 noch nicht behoben war. Der EZB-Rat forderte die französische und die finni-sche Zentralbank auf, umgehend korrigieren-de Maßnahmen zu ergreifen.

3 Verwaltung der Anleihe- und Darlehensgeschäfte derGemeinschaft

Gemäß Artikel 123 Absatz 2 des EG-Ver-trags und Artikel 9 der Ratsverordnung (EG)Nr. 332/2002 vom 18. Februar 2002 (wel-cher den Artikel II der Ratsverordnung (EWG)Nr. 1969/88 vom 24. Juni 1988 ersetzt) istdie EZB weiterhin für die Verwaltung dervon der Gemeinschaft im Rahmen des Sys-

tems des mittelfristigen finanziellen Beistandseingegangenen Anleihe- und Darlehensge-schäfte zuständig. Im Jahr 2002 hatte die EZBallerdings diesbezüglich keinen Verwaltungs-aufwand, weil es zum Jahresende 2001 keineAußenstände gab und im Berichtsjahr keineneuen Geschäfte abgeschlossen wurden.

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Erstes Zusammentreffen der Jurymitglieder am 30. und 31. Oktober 2002

Die Jury des internationalen Architektur-wettbewerbs für die neuen Gebäude der EZB

bei der Besichtigung der Großmarkthalle,des designierten Standorts in Frankfurt

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Öffentlichkeitsarbeit

und Rechenschaftsbericht

Kapitel XII

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002188

I Die Kommunikationspolitik und Öffentlichkeitsarbeit der EZB

1.1 Kommunikationsaktivitäten

Wirkungsvolle und adäquate externe Kom-munikation ist für eine Zentralbank unerläss-lich. Daher ist die EZB laufend bestrebt, ihreAufgaben, ihre Strategie und ihre darauf ba-sierenden Entscheidungen für die europäischeÖffentlichkeit besser verständlich zu machen.Zu diesem Zweck nutzt sie verschiedensteKommunikationsmittel und kooperiert engmit den NZBen des Eurosystems. Auch imBerichtsjahr arbeitete die EZB daran, ihreexterne Kommunikation noch wirkungsvol-ler zu gestalten. Zugleich wird in der Kom-munikationsarbeit Kontinuität und Konsistenzgroße Bedeutung beigemessen, damit derÖffentlichkeit das geldpolitische Konzept undandere zentralbankrelevante Euroraum-The-men immer geläufiger werden.

Die ersten Monate des Jahres 2002 standenganz im Zeichen der breit angelegten Euro-2002-Informationskampagne, in deren Rah-men das Eurosystem die Bewohner des Eu-rogebiets dabei unterstützte, sich mit ihremneuen Geld vertraut zu machen (siehe Kas-ten 11). Bei der Kommunikation anderer The-men setzte die EZB auf ihre bewährte Palettevon Kommunikationsmitteln: Pressemitteilun-gen, Pressekonferenzen, periodische Publika-tionen (Jahresbericht und Monatsbericht),Reden und Interviews der Mitglieder derEZB-Beschlussorgane sowie Broschüren undsonstige Drucksachen. Dank der Vielfalt anKommunikationsmitteln kann die EZB ver-schiedenste Zielgruppen ansprechen, vonWissenschaftlern und Bankfachleuten überMedienvertreter und Studierende bis hin zurbreiten Öffentlichkeit.

Mit der Veröffentlichung von Working Pa-pers und Occasional Papers und der Veran-staltung wissenschaftlicher Konferenzen, Se-minare und Workshops trägt die EZB darüberhinaus zur Verbreitung von Forschungsergeb-nissen zu monetären und allgemeinen volks-wirtschaftlichen Fragen bei. Die Veranstal-tungshöhepunkte des Jahres 2002 waren dasSeminar im Rahmen des Asien-Europa-Tref-

fens im April, das gemeinsame Seminar derZentralbanken des Eurosystems und der la-teinamerikanischen Zentralbanken im Mai, diezweite Zentralbankenkonferenz der EZB zumThema „Der Wandel des europäischen Fi-nanzsystems“ im Oktober und das hochran-gig besetzte Seminar zum EU-Beitrittsprozessim Dezember.

Ebenfalls in den Bereich Öffentlichkeitsarbeitfällt die Besucherbetreuung. Vor allem fürStudierende sind Besuche bei der EZB eineGelegenheit, aus erster Hand Informationenüber deren Aktivitäten zu erhalten. Im Jahr2002 wurden bei der EZB mehr als 9 000,seit Gründung der EZB im Jahr 1998 bereitsmehr als 40 000 Besucher gezählt.

Eine zentrale Rolle bei vielen Kommunikati-onsaktivitäten der EZB spielt die Website,auf der alle veröffentlichten EZB-Dokumenteabrufbar sind. Die Besucherfrequenz derWebsite blieb im Jahr 2002 hoch, und auchdie E-Mail-Hotlines wurden weiter stark ge-nutzt. Die Website diente auch als Plattformfür die Aufnahme von öffentlichen Konsulta-tionsverfahren.

Öffentliche Konsultationen wurden im Jahr2002 intensiv als Kommunikationsforum ge-nutzt, wobei insgesamt sechs Verfahren vonder EZB initiiert wurden. Stellungnahmenkonnten sowohl bei der EZB als auch beiNZBen eingereicht werden, die die Konsul-tationsverfahren jeweils über ihre Websitesabwickelten. Gegenstand öffentlicher Konsul-tationen waren unter anderem Zahlungssys-temfragen und der geldpolitische Handlungs-rahmen.

Die Zusammenarbeit mit den NZBen ist vonentscheidender Bedeutung für die externeKommunikation und Voraussetzung für dieoptimale Nutzung der dafür innerhalb desESZB bereitgestellten Ressourcen. Im Ab-stimmungsprozess wird besonders darauf ge-achtet, dass über die gemeinsame Geldpolitikim Euro-Währungsgebiet „mit einer Stimme“gesprochen wird. Ebenso wichtig ist, dass das

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189EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

ESZB die verschiedenen regionalen und nati-onalen Zielgruppen in ihrer jeweiligen Spra-che und in ihrem jeweiligen Umfeld anspre-chen kann.

Die EZB ist stets bestrebt, ihre Kommunika-tionsmittel noch zweckmäßiger zu gestalten.In diesem Zusammenhang wurde im Herbst2002 eine Umfrage unter den Lesern des Mo-natsberichts durchgeführt. Zum gleichenZweck wurde ein Projekt zur Verbesserungdes Designs dieser Publikation in Angriff ge-nommen.

1.2 Thematische Schwerpunkte imJahr 2002

Eine Reihe aktueller Themen, die in den ent-sprechenden Kapiteln dieses Jahresberichtsnäher behandelt werden, sollen auch im Fol-genden kurz Erwähnung finden. Damit sollein Überblick über die wichtigsten Heraus-

forderungen vermittelt werden, denen sichdas Eurosystem im Jahr 2002 im Rahmen sei-ner Öffentlichkeitsarbeit zu stellen hatte.

Zum Teil wurde die EZB von sich aus aktiv,um die Kenntnisse der Öffentlichkeit zu be-stimmten Themen aus ihrem Zuständigkeits-bereich zu verbessern, zum Teil reagierte sieauf die Nachfrage nach Informationen von-seiten der Medien, bestimmter Gruppen oderder allgemeinen Öffentlichkeit.

Zu den thematischen Schwerpunkten derEZB-Öffentlichkeitsarbeit zählten im Jahr2002:

• der geldpolitische Kurs (siehe Kapitel I),• die Einführung der Euro-Banknoten und

-Münzen am 1. Januar 2002 (die Euro-2002-Informationskampagne wurde im zweitenQuartal 2002 erfolgreich abgeschlossen –siehe Kasten 11),

Kasten 11Die Euro-2002-Informationskampagne

Das Eurosystem startete schon Anfang 2001 eine Informationskampagne mit dem Ziel, die Öffentlichkeit mit

dem neuen Geld und den Umtauschmodalitäten vertraut zu machen. Diese Kampagne war in vielerlei Hinsicht

einzigartig. In ihrem Rahmen wurden im gesamten Euroraum in allen elf Amtssprachen der EU dasselbe

Kreativkonzept und dieselbe Informationsstruktur umgesetzt. Zudem war die Kampagne darauf ausgerichtet,

auch die Bevölkerung außerhalb des Euroraums anzusprechen. Insgesamt stand für Entwicklung und Umset-

zung ein Budget von 80 Mio € zur Verfügung. Die NZBen rundeten die Euro-2002-Informationskampagne

mit Maßnahmen auf nationaler und vereinzelt auch auf internationaler Ebene ab.

Die Strategie der Kampagne basierte auf fünf Leitprinzipien: der Zusammenarbeit mit Multiplikatoren, der

Abklärung des Informationsbedarfs durch Marktforschung, der Abstimmung zwischen europäischer und

nationaler Ebene, einem Multimediakonzept und einem multidisziplinären Ansatz (z. B. PR-Aktivitäten,

Direktmarketing, Werbung und Marketingkommunikation).

Im Rahmen der Medienkampagne wurden mit Medienpartnerschaften und Vorzugsplatzierungen in den

Werbeblöcken von Fernsehen und Radio sowie in Magazinen Akzente gesetzt. Die Zielvorgabe der Medien-

kampagne, nämlich 80 % der Bevölkerung mit jedem Fernsehspot 2,5 Mal zu erreichen, wurde damit erfüllt.

In einigen Ländern lag dieser Wert sogar bei 90 %.

Insgesamt gesehen wurden mit der Informationskampagne die gesetzten Ziele außerordentlich gut erreicht.

Ein begleitendes quantitatives Marktforschungsprojekt mit einer letzten Befragungsrunde im Februar 2002

bestätigte, dass die Menschen über das Erscheinungsbild der Euro-Banknoten und ihre Sicherheitsmerkmale

immer besser Bescheid wussten, je länger die Kampagne lief, und dass der Wissensstand zum Zeitpunkt der

Bargeldumstellung in allen Ländern ein zufrieden stellendes Niveau erreicht hatte.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002190

• die Rolle des Eurosystems bei der EU-Er-weiterung (siehe Kapitel VI),

• die geldpolitischen Geschäfte (siehe Kapi-tel II),

• die Erörterung von Aufsichtsfragen undFragen der Finanzmarktstabilität auf euro-päischer und internationaler Ebene (sieheKapitel V und IX),

• die Struktur der Finanzmärkte im Euro-raum (siehe Kapitel V und IX),

• organisatorische Angelegenheiten der EZB,insbesondere der Auftakt zu einem inter-nationalen Stadtplanungs- und Architektur-wettbewerb für die neuen Gebäude derEZB (siehe Kapitel XIII),

• der Standpunkt des EZB-Rats zum Stabili-täts- und Wachstumspakt (siehe Kapitel I).

2 Informations- und Meinungsaustausch mit dem EuropäischenParlament

2.1 Überblick über die Kontaktezwischen der EZB und demEuropäischen Parlament

Im Jahr 2002 setzte die EZB ihren regelmäßi-gen Dialog mit dem Europäischen Parlamentgemäß Artikel 113 Absatz 3 EG-Vertrag fort.Wie in den Jahren zuvor stellten die viertel-jährlichen Anhörungen des Präsidenten derEZB durch den Ausschuss für Wirtschaft undWährung das wichtigste Forum für dieseregelmäßigen Kontakte dar. Im Zuge dieserAnhörungen berichtete der Präsident überdie geldpolitischen Beschlüsse des EZB-Ratssowie Maßnahmen in anderen Zuständigkeits-bereichen der EZB und nahm anschließendzu Fragen von Ausschussmitgliedern Stellung.Ferner legte er dem Plenum des Europäi-schen Parlaments den EZB-Jahresbericht2001 vor, zu dem das Parlament eine Plenar-debatte hielt und eine Entschließung verab-schiedete.

Daneben lud der Ausschuss für Wirtschaftund Währung mehrmals Direktoriumsmitglie-der der EZB zu einem Meinungsaustausch zuverschiedenen Fragen ein. So wurde der ak-tuelle Jahresbericht dem Ausschuss wie inden Vorjahren vom Vizepräsidenten der EZBpräsentiert. Otmar Issing wurde zu einemMeinungsaustausch über das wirtschaftlicheUmfeld und den Entwurf der Grundzüge derWirtschaftspolitik eingeladen. Tommaso Pa-doa-Schioppa wurde zum Thema Finanz-marktaufsicht in der EU gehört und legtedabei die EZB-Sicht zu Strukturen für die Zu-sammenarbeit auf EU-Ebene in Fragen der

Finanzmarktregulierung, -aufsicht und -stabi-lität dar. Außerdem wurde Padoa-Schioppavom Ausschuss zu einer Anhörung über dieWeiterentwicklung der europäischen Wirt-schaftsunion und neue Perspektiven geladen.

Zusätzlich zu diesen öffentlichen Sitzungentraf eine Delegation von Mitgliedern des Aus-schusses für Wirtschaft und Währung mitDirektoriumsmitgliedern in der EZB zu in-formellen Gesprächen über eine Reihe vonFragen zusammen.

Schließlich beschloss das Europäische Parla-ment durch eine Änderung seiner Geschäfts-ordnung die Einführung eines internen Ver-fahrens, wonach alle Parlamentsmitgliederüber den Vorsitzenden des Ausschusses fürWirtschaft und Währung schriftliche Anfra-gen an die EZB richten können. Die Anfragenwerden dann zusammen mit den Antwortender EZB im Amtsblatt der Europäischen Ge-meinschaften1 veröffentlicht. Obwohl nichtdurch Bestimmungen des EG-Vertrags oderder Satzung des ESZB verpflichtet, hat sichdie EZB bereit erklärt, derartige Anfragen –wie schon in der Vergangenheit – auf freiwil-liger Basis zu beantworten, sofern sie mit derErfüllung ihres Mandats zusammenhängen. Siehat allerdings auch betont, dass dadurchkeinesfalls die Bedeutung der regelmäßigenAnhörungen geschmälert werden sollte, beidenen auch weiterhin die wichtigsten Fragen

1 Mit dem In-Kraft-Treten des Vertrags von Nizza wurde dasAmtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Amtsblatt derEuropäischen Union umbenannt.

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zu den Beschlüssen der EZB erörtert werdensollten. Stellungnahmen des EZB-Präsidentenanlässlich seiner Anhörung durch Mitgliederdes Europäischen Parlaments werden auf derEZB-Website veröffentlicht.

2.2 Standpunkt der EZB zu Themen,die bei Sitzungen im EuropäischenParlament erörtert wurden

Im Vordergrund des umfassenden Meinungs-austauschs zwischen dem Europäischen Par-lament und der EZB standen die Einschät-zung der wirtschaftlichen und geldpolitischenEntwicklung und der geldpolitische Kurs derEZB. Die Parlamentsmitglieder informiertensich aber auch über Fragen im Zusammen-hang mit den sonstigen Aufgaben, die dasEurosystem laut EG-Vertrag zu erfüllen hat.

Auf einige dieser Fragen ging das EuropäischeParlament in seiner Entschließung zum EZB-Jahresbericht 2001 ein, die in der Plenartagungvom 3. Juli verabschiedet wurde. In den folgen-den Abschnitten werden einige Eckpunkte derEntschließung sowie die von der EZB dargeleg-ten Standpunkte zusammengefasst.

Die Euro-Bargeldumstellung

Am 1. Januar 2002 wurde die gemeinsameWährung greifbare Wirklichkeit. An diesemTag wurden die Euro-Banknoten und -Mün-zen im ganzen Euroraum gesetzliches Zah-lungsmittel und somit zu einem sichtbarenSymbol für die europäische Identität. Die EZBberichtete dem Europäischen Parlament aus-führlich über Vorbereitung und Ablauf dieseshistorischen Ereignisses, und das Parlamentbeglückwünschte in seiner Entschließung zumEZB-Jahresbericht 2001 das Eurosystem zur„hervorragenden Durchführung der Einfüh-rung des Euro-Bargelds“.

Während das Europäische Parlament beton-te, dass sich der Euro durch seine wettbe-werbsfördernde Wirkung voraussichtlich po-sitiv auf die Verbraucherpreise auswirkenwird, kritisierte es missbräuchliche Aufrun-

dungspraktiken, die vereinzelt (vor allem imDienstleistungssektor) zu beobachten waren.

Die EZB und die NZBen des Eurosystemshaben mögliche, durch die Umstellung auf dasEuro-Bargeld ausgelöste Preiseffekte seit 2001genau beobachtet und analysiert. Bei seinenAuftritten im Europäischen Parlament erläu-terte der Präsident der EZB, dass im Zusam-menhang mit der Euro-Bargeldeinführung –trotz eines etwaigen gegenteiligen Eindrucksder Konsumenten – de facto kaum Inflations-effekte festzustellen waren (siehe Kapitel I).

Rechenschaftspflicht und Transparenzder EZB

Auch die Rechenschaftspflicht der EZB warGegenstand des Austauschs mit dem Euro-päischen Parlament. In seiner Entschließungzum EZB-Jahresbericht 2001 sprach sich dasEuropäische Parlament für die Veröffent-lichung von Kurzprotokollen über die bei denEZB-Ratssitzungen erörterten Punkte aus,und zwar jeweils nach dem nächstfolgendenSitzungstermin. Aus diesem Kurzprotokollsollten auch – anonymisiert – das Stimmen-verhältnis und etwaige abweichende Auffas-sungen hervorgehen.

In seiner Stellungnahme zu diesen Vorschlä-gen erklärte der Präsident, dass die EZB dieBeweggründe für die Ratsbeschlüsse sowohlim Zuge der ausführlichen Pressekonferen-zen direkt im Anschluss an die erste EZB-Ratssitzung im Monat, bei der in der Regelgeldpolitische Beschlüsse gefasst werden, alsauch im Monatsbericht detailliert darlegt. Da-mit gewährt der EZB-Rat bereits viel früherEinblick in seinen Entscheidungsprozess, alsmit einem formell zu beschließenden Proto-koll möglich wäre.

Außerdem verwies der Präsident darauf, dassdie EZB ihre an sich schon sehr strengenBerichtspflichten laut EG-Vertrag übererfülltund dass sie durch ihre breite Kommunikati-onspalette (siehe Abschnitt 1 dieses Kapi-tels) sehr hohen Transparenz- und Rechen-schaftsansprüchen gerecht wird. Hinzu

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2 Nähere Einzelheiten hierzu finden sich in den Aufsätzen „DieRechenschaftspflicht der EZB“ und „Transparenz in der Geldpo-litik der EZB“ im Monatsbericht November 2002.

kommt, dass die Entscheidung gegen eine Ver-öffentlichung detaillierter Protokolle im Ein-klang mit dem EG-Vertrag steht – der EZB-Rat kann beschließen, das Ergebnis seiner Be-ratungen zu veröffentlichen, aber dieAussprachen in den Ratssitzungen sind lautEG-Vertrag vertraulich.

Hinsichtlich der Anregung, Informationenüber das Abstimmungsverhalten und dieStandpunkte der EZB-Ratsmitglieder offen zulegen, gilt es zu bedenken, dass die EZB ihreGeldpolitik auf den Euroraum in seiner Ge-samtheit ausrichtet. Bei dieser Konstellationkönnte die Offenlegung des Stimmverhaltensund der Minderheitsmeinungen (selbst im Fallder Anonymisierung) dazu führen, dass aufEinzelne ungebührlicher Druck ausgeübt wird,die Euroraum-Perspektive zu vernachlässigen.Außerdem handelt der EZB-Rat als Kollegi-um und trägt damit auch kollektiv Verant-wortung für seine Entscheidungen. Aus denangeführten Gründen spricht sich die EZBgegen diesen Vorschlag aus und wird an ihrerPraxis festhalten, die entscheidungsrelevan-ten Argumente klar, umgehend und konsis-tent darzulegen, um die zum Nachvollziehender geldpolitischen Beschlüsse notwendigenInformationen zu liefern.

Im Übrigen decken sich die Berichtspflichtender EZB, wie im EG-Vertrag verankert, imGroßen und Ganzen mit jenen vergleichbarerZentralbanken. Auch im Hinblick auf die Artund Weise, wie die EZB bisher ihrer Rechen-schaftspflicht nachgekommen ist – vor allemdurch den aktiven Dialog mit dem Europäi-schen Parlament – schneidet sie im internati-onalen Vergleich gut ab.2

Die Rolle der von Experten des Eurosystemserstellten gesamtwirtschaftlichenProjektionen und Vorschläge zurVeröffentlichung von Länderberichten

Die Entschließung des Europäischen Parla-ments zum EZB-Jahresbericht 2001 ging auchauf die von Experten des Eurosystems er-stellten gesamtwirtschaftlichen Projektionenein. In diesem Zusammenhang wurde vorge-

schlagen, dass anstelle von Bandbreiten ge-naue Werte genannt und die Projektionenoffiziell vom EZB-Rat gebilligt werden soll-ten, wobei ein Vermerk etwaiger abweichen-der Auffassungen ohne Namensnennung mög-lich sein sollte. Außerdem wurde angeregt,dass die EZB jährlich einen Überblick überdie Wirtschaftstrends in den einzelnen Euro-Ländern veröffentlicht.

Dazu erläuterte der Präsident der EZB, dassdie gesamtwirtschaftlichen Projektionen derEurosystem-Experten eine wichtige fachlicheGrundlage für den Entscheidungsprozess desEZB-Rats darstellen, weil sie eine konsisten-te Zusammenfassung und Bewertung der In-flationseffekte verschiedenster Komponentenermöglichen. Trotzdem sind sie nicht alleinausschlaggebend für den geldpolitischen Ent-scheidungsprozess, sondern stellen einen vonmehreren Beiträgen zur Einschätzung der Ri-siken für die Preisstabilität im Rahmen derzweiten Säule dar. Die Projektionen sind einProdukt von Experten des Eurosystems undsollten aus Transparenzgründen von der Ana-lyse und der abschließenden Einschätzung desallgemeinen Inflationsrisikos durch den EZB-Rat getrennt bleiben. Die verwendeten Band-breiten spiegeln die Komplexität und die Un-wägbarkeiten der Projektionsberechnungenund im Grunde die Dynamik der Wirtschafts-entwicklung wider.

Im Hinblick auf den Vorschlag, die EZB solltejährlich Länderberichte veröffentlichen, hatdie innerhalb des Eurosystems praktizierteArbeitsteilung dafür bislang keinen Bedarf auf-gezeigt. Die gesamtwirtschaftlichen undstrukturellen Entwicklungen in den einzelnenEuro-Ländern werden vom Eurosystem na-türlich genau verfolgt, um die Wirtschaftsla-ge im Euroraum treffender einschätzen zukönnen. Zu diesem Zweck beobachten undanalysieren die NZBen des Eurosystems lau-fend die jeweilige nationale Entwicklung. DieEZB wiederum muss sich bei der geldpoliti-

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schen Analyse schon aufgrund ihres Mandatsauf die Entwicklungen im Euroraum in seinerGesamtheit konzentrieren.

Finanzpolitik und der Stabilitäts- undWachstumspakt

Die Finanzpolitik und die budgetären Entwick-lungen in den Mitgliedstaaten waren wieder-holt Gegenstand von Diskussionen zwischendem Europäischen Parlament und der EZB.Dabei nahmen Ausschussmitglieder auch zumStabilitäts- und Wachstumspakt und zu Vor-schlägen zu dessen Abänderung Stellung.

Der Präsident unterstrich im Rahmen seinerAnhörungen die Ansicht des EZB-Rats, dassder derzeitige finanzpolitische Rahmen, wieim EG-Vertrag verankert und durch den Sta-bilitäts- und Wachstumspakt weiterentwi-ckelt, eine ausgewogene Lösung zwischenHaushaltsdisziplin und -flexibilität darstellt.Durch die Vorgabe, mittelfristig nahezu aus-geglichen zu bilanzieren oder Haushaltsüber-schüsse zu erzielen, sorgt der Stabilitäts- undWachstumspakt dafür, dass die öffentlichenFinanzen tragfähig bleiben, lässt aber zugleichausreichend Spielraum für das Wirken der

automatischen Stabilisatoren. Hinzu kommt,dass ein glaubwürdiger und praktikabler in-stitutioneller Rahmen für die Gestaltung derFinanzpolitik in den Euro-Ländern eine not-wendige Ergänzung zu einer auf Preisstabilitätausgerichteten Geldpolitik darstellt (siehe Ka-pitel I und V).

Eine solide Finanzpolitik, die die gesamtwirt-schaftliche Stabilität fördert, wirkt sich posi-tiv auf den Arbeitsmarkt und das Wachstumdes realen BIP aus. Infolgedessen ist die lü-ckenlose Erfüllung der Bestimmungen des EG-Vertrags und des Stabilitäts- und Wachstums-pakts im Interesse eines jeden Mitgliedstaats.Mitgliedstaaten mit Konsolidierungsbedarfsollten sich daher zu einer klaren Konsolidie-rungsstrategie verpflichten, um die im Rah-men des Stabilitäts- und Wachstumspakts ver-einbarten Zielvorgaben so schnell wie mög-lich zu erreichen. In seiner Entschließung zumEZB-Jahresbericht 2001 betonte das Europäi-sche Parlament außerdem, dass der Stabili-täts- und Wachstumspakt ein wesentlicherFaktor für die Glaubwürdigkeit des Euro-raums ist und dass die Erreichung ausgegli-chener Haushaltspositionen Voraussetzungdafür ist, dass die automatischen Stabilisato-ren ihre volle Wirkung entfalten können.

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Eugenio Domingo Solans, EZB-Direktoriumsmitglied, und Leszek Balcerowicz,Präsident des Narodowy Bank Polski, eröffnen die Ausstellung

EZB-Fotoausstellung „The Making of the€uro“ in der Hauptanstalt des Narodowy

Bank Polski in Warschau, 2. Dezember 2002bis 15. Januar 2003

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Der institutionelle Rahmen

des Eurosystems

und des Europäischen Systems

der Zentralbanken

Kapitel XIII

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Das Europäische System der Zentralbanken(ESZB) setzt sich aus der Europäischen Zentral-bank (EZB) und den nationalen Zentralbanken(NZBen) aller 15 EU-Mitgliedstaaten zusammen,d. h., auch die NZBen der drei Mitgliedstaaten,die den Euro noch nicht eingeführt haben, sinddarin vertreten. Der EZB-Rat verständigte sichdarauf, die NZBen jener Mitgliedstaaten, dieden Euro eingeführt haben, zusammen mit derEZB als „Eurosystem“ zu bezeichnen mit demZiel, die Transparenz zu erhöhen und die kom-plexe Struktur des Zentralbankwesens im Eu-roraum anschaulich zu machen. Diese Unter-scheidung zwischen dem Eurosystem und demESZB wird notwendig sein, solange der Euronicht in allen Mitgliedstaaten eingeführt ist.

Die EZB besitzt Rechtspersönlichkeit im Sinnedes Völkerrechts. Als Herzstück des Eurosys-tems und des ESZB stellt die EZB sicher, dasssämtliche Aufgaben der beiden Systeme entwe-der von ihr selbst oder durch die NZBen erfülltwerden. Während die Entscheidungsfindung in-

1 Das Eurosystem und das Europäische System der Zentralbanken

nerhalb des Eurosystems und des ESZB zentra-lisiert ist, folgt die EZB bei der Entscheidungdarüber, auf welchem Weg die oben genanntenAufgaben durchzuführen sind, entsprechend derESZB-Satzung dem Grundsatz der Dezentrali-sierung.

Die einzelnen nationalen Zentralbanken besit-zen eigenständige Rechtspersönlichkeit gemäßdem jeweils geltenden innerstaatlichen Recht;die NZBen der Euro-Länder sind integrale Be-standteile des Eurosystems und führen als sol-che die dem Eurosystem übertragenen Aufga-ben gemäß den von den Beschlussorganen derEZB erlassenen Vorschriften aus. Die NZBengestalten die Tätigkeit des ESZB durch ihre Teil-nahme an den einzelnen ESZB-Ausschüssen (sie-he Abschnitt 5) aktiv mit. Aufgaben, die nichtmit dem Eurosystem zusammenhängen, könnenvon den NZBen in eigener Verantwortung wei-terhin wahrgenommen werden, es sei denn, derEZB-Rat stellt fest, dass diese nicht mit den Zie-len und Aufgaben des Eurosystems vereinbar sind.

EUROSYSTEM

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at Europäische Zentralbank (EZB)

DanmarksNationalbank

Sveriges Riksbank

Bank of England

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique

Deutsche Bundesbank

Bank von Griechenland

Banco de España

Banque de France

Central Bank of Ireland

Banca d’Italia

Banque centrale duLuxembourg

De Nederlandsche Bank

Oesterreichische Nationalbank

Banco de Portugal

Suomen Pankki – Finlands Bank

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2 Die Beschlussorgane der EZB

An der Spitze des Eurosystems und des ESZBstehen die Beschlussorgane der EZB: derEZB-Rat und das EZB-Direktorium. Solangees Mitgliedstaaten gibt, die den Euro nochnicht eingeführt haben, fungiert der Erwei-terte Rat als drittes Beschlussorgan. Die Zu-ständigkeit der Beschlussorgane ist im Ver-trag zur Gründung der Europäischen Gemein-schaft (EG-Vertrag), in der ESZB-Satzung undin den einschlägigen Geschäftsordnungen ge-regelt.1

2.1 Der EZB-Rat

Der EZB-Rat setzt sich aus allen Mitgliederndes Direktoriums der EZB und den Präsiden-ten der NZBen derjenigen Mitgliedstaaten,die den Euro eingeführt haben, zusammen.Die Hauptaufgaben des EZB-Rats bestehengemäß EG-Vertrag darin,

• die Leitlinien zu erlassen und die Beschlüs-se zu fassen, die notwendig sind, um dieErfüllung der dem Eurosystem übertrage-nen Aufgaben zu gewährleisten, und

• die Geldpolitik des Euro-Währungsgebietsfestzulegen – gegebenenfalls durch Be-schlüsse zur Festsetzung geldpolitischerZwischenziele und der Leitzinssätze sowiezur Bereitstellung von Zentralbankgutha-ben im Eurosystem – und die für die Um-setzung dieser Beschlüsse notwendigenLeitlinien zu erlassen.

Der EZB-Rat tritt in der Regel alle zwei Wo-chen in den Räumlichkeiten der EZB in Frank-furt am Main zusammen. Bei seiner erstenSitzung im Monat unterzieht der EZB-Rat diemonetären und wirtschaftlichen Entwicklun-gen einer eingehenden Beurteilung und fasstdie damit verbundenen Beschlüsse, währendbei der zweiten Sitzung im Monat vorwie-gend Fragen behandelt werden, die mit denübrigen Aufgaben und Verantwortungsberei-chen der EZB und des Eurosystems zusam-menhängen. Im Jahr 2002 wurde eine Sitzungim Rahmen einer Telekonferenz abgehalten;

1 Die entsprechenden Geschäftsordnungen wurden im Amtsblattder Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Siehe Geschäfts-ordnung der Europäischen Zentralbank, ABl. L 125 vom19.5.1999, S. 34 und L 314 vom 8.12.1999, S. 32; Geschäfts-ordnung des Erweiterten Rates der Europäischen Zentralbank,ABl. L 75 vom 20.3.1999, S. 36 und L 156 vom 23.6.1999,S. 52; Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 12. Okto-ber 1999 über die Geschäftsordnung des Direktoriums derEuropäischen Zentralbank (EZB/1999/7), ABl. L 314 vom8.12.1999, S. 34. Mit Ausnahme von Letzterem sind alle ange-führten Dokumente in der EZB-Reihe „Compendium: Samm-lung von Rechtsinstrumenten, Juni 1998 – Dezember 2001“vom März 2002 abgedruckt, die auch auf der Website der EZBabrufbar ist.

zwei Sitzungen fanden außerhalb von Frank-furt statt, und zwar bei der De Nederland-sche Bank in Maastricht und bei der Banquecentrale du Luxembourg in Luxemburg.

Bei der Beschlussfassung über geldpolitischeFragen und andere Aufgaben des Eurosys-tems agieren die Mitglieder des EZB-Ratsnicht als Vertreter ihres jeweiligen Landes,sondern vollkommen unabhängig in persönli-cher Funktion. Dies zeigt sich auch an demGrundsatz, dass jedes Mitglied im EZB-Ratüber eine gleichberechtigte Stimme verfügt(„ein Mitglied – eine Stimme“).

Im Dezember 2002 entschied der EZB-Rateinstimmig über den Inhalt seines Vorschlagszur künftigen Anpassung seiner Abstimmungs-modalitäten. Mit dieser Anpassung soll sicher-gestellt werden, dass der EZB-Rat in einemerweiterten Euro-Währungsgebiet weiterhinin der Lage ist, Entscheidungen effizient undrechtzeitig zu treffen. Der Vorschlag erfolgtein Übereinstimmung mit der im Vertrag vonNizza enthaltenen „Ermächtigungsklausel“ fürdie EZB (siehe Kapitel VI). Nach dem In-Kraft-Treten des Vertrags von Nizza am1. Februar 2003 hat die EZB die Empfehlungfür einen Beschluss des Rates über eine Än-derung der Abstimmungsmodalitäten im EZB-Rat formell verabschiedet.

Laut dieser Empfehlung werden weiterhinsämtliche Mitglieder des EZB-Rats an den Sit-zungen und Beratungen persönlich und inUnabhängigkeit teilnehmen. Die Anzahl derjeweils stimmberechtigten Zentralbankpräsi-denten darf jedoch 15 nicht überschreiten.

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Daher unterliegen die 15 Stimmrechte nachMaßgabe festgelegter Regeln einer Rotationunter den Zentralbankpräsidenten. Die sechsDirektoriumsmitglieder behalten dauerhafteStimmrechte. Um sicherzustellen, dass diejeweils stimmberechtigten Zentralbankprä-sidenten aus Mitgliedstaaten sind, die zu-sammen repräsentativ für die Wirtschaftdes Euroraums insgesamt sind, werden dieZentralbankpräsidenten ihr Stimmrecht mitunterschiedlicher Häufigkeit ausüben. DieseUnterscheidung zwischen den Zentralbank-präsidenten soll jedoch lediglich bei der ur-sprünglichen Festlegung, wie häufig jeder vonihnen stimmberechtigt ist, erfolgen. Für diejeweils stimmberechtigten Zentralbankpräsi-denten gilt weiterhin der Grundsatz „ein Mit-glied – eine Stimme“.

Die Zentralbankpräsidenten sollen nach Maß-gabe der Position, die sich für ihr jeweiligesLand aus der relativen Größe seiner Volks-

wirtschaft ergibt, in verschiedene Gruppeneingeteilt werden. Ab dem Zeitpunkt, zu demdie Anzahl der Euro-Länder 15 übersteigt,beginnt die Rotation mit zwei Gruppen. So-bald dem Euroraum 22 Mitgliedstaaten ange-hören, wird das Rotationssystem auf dreiGruppen erweitert. Das Rotationssystem istin dem Sinne beständig, dass die Größe derGruppen sowie die Häufigkeit, mit der dieZentralbankpräsidenten stimmberechtigt sind,parallel zur Aufnahme neuer Mitgliedstaatenin das Euro-Währungsgebiet automatischangepasst werden können. Es kann bis zu27 Mitgliedstaaten, d. h. die gegenwärtigenMitgliedstaaten der EU und die zwölf Bei-trittsländer, die in der dem Vertrag vonNizza beigefügten Erklärung über die Erwei-terung der Europäischen Union aufgezähltsind, aufnehmen. Die genauen Durchführungs-bestimmungen sind vom EZB-Rat mit einerZweidrittelmehrheit aller Mitglieder festzu-legen.

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Der EZB-Rat

Hintere Reihe (von links nach rechts): Vítor Constâncio, Jean-Claude Trichet, Nicholas Garganas, Guy Quaden, Matti Vanhala,Klaus Liebscher, Ernst Welteke, Yves Mersch, John Hurley, Jaime Caruana, Antonio Fazio, Nout Wellink

Vordere Reihe (von links nach rechts): Tommaso Padoa-Schioppa, Otmar Issing, Lucas D. Papademos, Willem F. Duisenberg,Sirkka Hämäläinen, Eugenio Domingo Solans

Willem F. Duisenberg Präsident der EZBChristian Noyer (bis 31. Mai 2002) Vizepräsident der EZBLucas D. Papademos (seit 1. Juni 2002) Vizepräsident der EZBJaime Caruana Gouverneur, Banco de EspañaVítor Constâncio Gouverneur, Banco de PortugalEugenio Domingo Solans Mitglied des Direktoriums der EZBAntonio Fazio Gouverneur, Banca d’ItaliaNicholas Garganas (seit 1. Juni 2002) Gouverneur, Bank von GriechenlandSirkka Hämäläinen Mitglied des Direktoriums der EZBJohn Hurley (seit 11. März 2002) Gouverneur, Central Bank of IrelandOtmar Issing Mitglied des Direktoriums der EZBKlaus Liebscher Gouverneur, Oesterreichische NationalbankYves Mersch Gouverneur, Banque centrale du LuxembourgMaurice O’Connell (bis 10. März 2002) Gouverneur, Central Bank of IrelandTommaso Padoa-Schioppa Mitglied des Direktoriums der EZBLucas D. Papademos (bis 31. Mai 2002) Gouverneur, Bank von GriechenlandGuy Quaden Gouverneur, Nationale Bank van België/

Banque Nationale de BelgiqueJean-Claude Trichet Gouverneur, Banque de FranceMatti Vanhala Gouverneur, Suomen Pankki – Finlands BankNout Wellink Präsident, De Nederlandsche BankErnst Welteke Präsident, Deutsche Bundesbank

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201EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

2.2 Das Direktorium

Dem Direktorium gehören der Präsident, derVizepräsident und vier weitere Mitglieder an.Ihre Ernennung erfolgt einvernehmlich durchdie Regierungen der Mitgliedstaaten, die denEuro eingeführt haben, auf der Ebene derStaats- und Regierungschefs. Das Direktori-um tritt in der Regel einmal wöchentlich zu-sammen und ist insbesondere verantwortlichfür:

• die Vorbereitung der EZB-Ratssitzungen,• die Ausführung der Geldpolitik im Euro-

raum gemäß den Leitlinien und Beschlüs-sen des EZB-Rats sowie die Erteilung dies-bezüglicher Weisungen an die nationalenZentralbanken des Euroraums,

• die Führung der laufenden Geschäfte derEZB sowie

• die Ausübung bestimmter, vom EZB-Ratübertragener Befugnisse, einschließlich ge-wisser Befugnisse normativer Art.

Hintere Reihe (von links nach rechts): Eugenio Domingo Solans, Otmar Issing, Tommaso Padoa-SchioppaVordere Reihe (von links nach rechts): Lucas D. Papademos, Willem F. Duisenberg, Sirkka Hämäläinen

Willem F. Duisenberg Präsident der EZBChristian Noyer (bis 31. Mai 2002) Vizepräsident der EZBLucas D. Papademos (seit 1. Juni 2002) Vizepräsident der EZBEugenio Domingo Solans Mitglied des Direktoriums der EZBSirkka Hämäläinen Mitglied des Direktoriums der EZBOtmar Issing Mitglied des Direktoriums der EZBTommaso Padoa-Schioppa Mitglied des Direktoriums der EZB

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2.3 Der Erweiterte Rat

Der Erweiterte Rat besteht aus dem Präsi-denten und dem Vizepräsidenten der EZB undden Zentralbankpräsidenten aller 15 EU-Mit-gliedstaaten. Er nimmt jene Aufgaben wahr,mit denen ursprünglich das Europäische Wäh-rungsinstitut betraut war und welche aufgrundder Tatsache, dass der Euro noch nicht vonallen Mitgliedstaaten eingeführt worden ist,

von der EZB weiterhin zu erfüllen sind. ImJahr 2002 trat der Erweiterte Rat fünfmalzusammen, davon einmal im Rahmen einerTelekonferenz. Auf Beschluss des Erweiter-ten Rats werden ab dem Zeitpunkt der Un-terzeichnung des Beitrittsvertrags durch diebetreffenden EU-Beitrittsländer deren Zen-tralbankpräsidenten als Beobachter zu denSitzungen des Erweiterten Rats eingeladen.

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203EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Der Erweiterte Rat

Hintere Reihe (von links nach rechts): Nicholas Garganas, Guy Quaden, Matti Vanhala, Klaus Liebscher, Ernst Welteke,Yves Mersch, Edward A. J. George, John Hurley, Jaime Caruana, Nout Wellink, Antonio Fazio

Vordere Reihe (von links nach rechts): Vítor Constâncio, Jean-Claude Trichet, Lucas D. Papademos, Willem F. Duisenberg,Bodil Nyboe Andersen, Urban Bäckström

Willem F. Duisenberg Präsident der EZBChristian Noyer (bis 31. Mai 2002) Vizepräsident der EZBLucas D. Papademos (seit 1. Juni 2002) Vizepräsident der EZBBodil Nyboe Andersen Gouverneurin, Danmarks NationalbankUrban Bäckström (bis 31. Dezember 2002) Gouverneur, Sveriges RiksbankJaime Caruana Gouverneur, Banco de EspañaVítor Constâncio Gouverneur, Banco de PortugalAntonio Fazio Gouverneur, Banca d’ItaliaNicholas Garganas (seit 1. Juni 2002) Gouverneur, Bank von GriechenlandEdward A. J. George Gouverneur, Bank of EnglandLars Heikensten (seit 1. Januar 2003) Gouverneur, Sveriges RiksbankJohn Hurley (seit 11. März 2002) Gouverneur, Central Bank of IrelandKlaus Liebscher Gouverneur, Oesterreichische NationalbankYves Mersch Gouverneur, Banque centrale du LuxembourgMaurice O’Connell (bis 10. März 2002) Gouverneur, Central Bank of IrelandLucas D. Papademos (bis 31. Mai 2002) Gouverneur, Bank von GriechenlandGuy Quaden Gouverneur, Nationale Bank van België/

Banque Nationale de BelgiqueJean-Claude Trichet Gouverneur, Banque de FranceMatti Vanhala Gouverneur, Suomen Pankki – Finlands BankNout Wellink Präsident, De Nederlandsche BankErnst Welteke Präsident, Deutsche Bundesbank

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002204

3 Die Organisation der EZB

3.1 Unternehmenskontrolle

Neben den in Abschnitt 2 beschriebenen Be-schlussorganen üben eine Reihe externer undinterner Kontrollinstanzen Aufgaben der Un-ternehmenskontrolle über die EZB aus.

Die ESZB-Satzung sieht zwei Instanzen vor:unabhängige externe Rechnungsprüfer, dieden Jahresabschluss der EZB prüfen (Arti-kel 27.1), und den Europäischen Rechnungs-hof, der die Effizienz der Verwaltung der EZBprüft (Artikel 27.2).

Außerdem führt die Direktion Interne Revisi-on im Auftrag des Direktoriums Prüfungsauf-träge durch. Die Aufgaben der Direktion In-terne Revision sind in den Richtlinien für dasRevisionswesen der EZB2 festgelegt. Darüberhinaus ist der Ausschuss der internen Revi-sion für Prüfungen im Auftrag des EZB-Ratszuständig, die dazu dienen, gemeinsame Pro-jekte und Betriebssysteme auf ESZB-Ebene imRahmen der Revision vollständig zu erfassen.

Die Struktur der EZB-internen Kontrolle ba-siert auf einem funktionellen Ansatz, demzu-folge jede Organisationseinheit (Abteilung,Direktion, Generaldirektion) für interne Kon-trolle und Effizienz im eigenen Zuständigkeits-bereich selbst verantwortlich zeichnet. ImRahmen dieser Aufgabenstellung kommen inden jeweiligen Zuständigkeitsbereichen eineReihe von Verfahren zur laufenden Überwa-chung zum Einsatz, so etwa ein System vonInformationsschranken, so genannten Chine-se Walls, in der Generaldirektion Finanz-marktsteuerung. Zusätzlich zu diesen Kon-trollmaßnahmen sind die Direktion Planungund Controlling sowie die Abteilung Risiko-management in beratender Funktion für dasDirektorium tätig und unterbreiten diesemVorschläge hinsichtlich bestimmter Themen-bereiche der Unternehmenskontrolle, die dieOrganisation in ihrer Gesamtheit betreffen.

Im Mai 2002 verabschiedete der EZB-Rat ei-nen Verhaltenskodex für die Mitglieder die-ses Gremiums.3 Dieser Kodex trägt der Ver-

antwortung der EZB-Ratsmitglieder Rech-nung, die die Integrität und das Ansehen desEurosystems zu wahren sowie die Effektivitätder Eurosystem-Operationen zu gewährleis-ten haben. Zudem hat der EZB-Rat einenBerater ernannt, der Orientierungshilfe zu ge-wissen Fragen des beruflichen Verhaltens leis-ten soll. Der Verhaltenskodex für die Mitglie-der des EZB-Rats ergänzt den Verhaltensko-dex der Europäischen Zentralbank,4 der denBeschäftigten der EZB und den Mitgliederndes Direktoriums als Richtschnur und Maß-stab für ihr berufliches Verhalten dient. Sämt-lichen Beschäftigten der EZB wird nahe ge-legt, sich in der Ausübung ihrer Tätigkeiteinem hohen Standard an Berufsethik zu ver-schreiben.

In der EZB sind detaillierte Regelungen inKraft, die verhindern sollen, dass kursbeein-flussende Finanzmarktdaten missbräuchlichverwendet werden (Regeln der EZB über In-sidergeschäfte).5 So ist es EZB-Mitarbeiternund Direktoriumsmitgliedern verboten, ent-weder selbst oder mittelbar durch Dritte,ihnen zugängliche Insiderinformationen aus-zunutzen, indem sie entweder auf eigenes Ri-siko und auf eigene Rechnung oder auf Risikound Rechnung Dritter private Finanztransak-tionen tätigen. Ein vom Direktorium ernann-ter Berater in ethischen Angelegenheitenstellt die konsistente Auslegung dieser Vor-schriften sicher.

Für Haushaltsangelegenheiten der EZB ist derEZB-Rat zuständig, der den Haushalt der EZBauf Basis der vom Direktorium eingebrachtenBudgetvorlage beschließt. Dem EZB-Rat stehtin Budgetfragen der Haushaltsausschuss be-ratend zur Seite, der gemäß Artikel 15 der

2 Siehe die „ECB Audit Charter“ auf der Website der EZB.3 Siehe den Verhaltenskodex für die Mitglieder des EZB-Rates,

ABl. C 123 vom 24.5.2002, S. 9 und die Website der EZB.4 Siehe den Verhaltenskodex der Europäischen Zentralbank ge-

mäß Artikel 11 Absatz 3 der Geschäftsordnung der Europäi-schen Zentralbank, ABl. C 76 vom 8.3.2001, S. 12 und dieWebsite der EZB.

5 Siehe Abschnitt 1 Absatz 2 der Dienstvorschriften der EZB mitden Regeln über berufliches Verhalten und Geheimhaltung,ABl. C 236 vom 22.8.2001, S. 13 und die Website der EZB.

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205EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

6 Siehe den Beschluss der Europäisschen Zentralbank vom7. Oktober 1999 über Betrugsbekämpfung (EZB/1999/5),ABl. L 291 vom 13.11.1999, S. 36. In diesem Zusammenhangwurde auch die Geschäftsordnung der Europäischen Zentral-bank mit einem neuen Artikel 9a abgeändert, siehe ABl. L 314vom 8.12.1999, S. 32.

Geschäftsordnung der Europäischen Zentral-bank eingerichtet wurde. Dieser Ausschusssetzt sich aus Vertretern der nationalen Zen-tralbanken des Eurosystems und der EZB un-ter dem Vorsitz von Liam Barron zusammen.

Zur Unterstützung der Bemühungen der Ge-meinschaftsinstitutionen und der Mitgliedstaa-ten bei der Bekämpfung von Betrug und an-deren illegalen Aktivitäten wurden die beste-henden internen Kontrollinstanzen der EZBdurch die Gründung des unabhängigen Aus-schusses für Betrugsbekämpfung auf Grundla-ge des Beschlusses der EZB über Betrugsbe-kämpfung6 erweitert. Dieser Ausschuss, derim Verlauf des Jahres 2002 zweimal tagte,wird regelmäßig von der Direktion InterneRevision über alle mit der Erfüllung seinerAufgaben zusammenhängenden Belange infor-miert. Der EZB-Rat hat beschlossen, die ur-sprünglich auf drei Jahre befristete Amtsperi-ode der derzeitigen Ausschussmitglieder zuverlängern.

3.2 Personalmanagement

Personalstand

Zum Jahresende 2002 beschäftigte die EZB1109 Mitarbeiter (1105,5 Vollzeitäquiva-lente), verglichen mit 1043 zum Jahresende2001. Insgesamt waren für das Berichtsjahr1172,5 Planstellen (auf der Basis von Vollzeit-beschäftigung) vorgesehen gewesen. Im Per-sonalhaushalt für 2003 ist eine Obergrenzevon 1263,5 Planstellen (in Vollzeitäquivalen-ten) festgesetzt, was einem Anstieg von 7,8 %gegenüber 2002 entspricht.

Im Jahr 2002 stellte die EZB 135 Studie-renden und Hochschulabsolventen vorwie-gend mit wirtschaftswissenschaftlichem Hin-tergrund Praktikantenstellen für einen Zeit-raum von durchschnittlich vier Monaten zurVerfügung. Darüber hinaus waren 44 Beschäf-tigte von Notenbanken innerhalb der EU so-wie der Beitrittsländer für durchschnittlichvier Monate vor Ort für die EZB tätig.

Im Rahmen des Programms für renommierteGastforscher, das auf Forschungsprojekte zuSpezialfragen im Bereich der Geldpolitik zu-geschnitten ist, waren im Berichtsjahr 20Gastforscher bei der EZB tätig. Ferner nah-men zwölf Doktoranden für jeweils durch-schnittlich drei Monate an Forschungsprojek-ten für Volkswirte der EZB teil.

Im Januar 2003 wurde ein Entsendungspro-gramm zur Erlangung externer Berufserfahrungins Leben gerufen. Dieses Programm soll EZB-Mitarbeitern die Möglichkeit bieten, bei Zen-tralbanken innerhalb und außerhalb des ESZBsowie bei anderen europäischen oder inter-nationalen Organisationen Berufserfahrung zusammeln; auf diese Weise sollen die Bezie-hungen zwischen der EZB und vergleichbarenInstitutionen gefördert werden.

Strategien des Personalmanagements

Die Methode zur jährlichen Anpassung derGehälter der EZB-Mitarbeiter – die so ge-nannte Allgemeine Anpassung der Gehaltstabel-le – wurde im Berichtsjahr überprüft. Am1. Juli 2002 trat ein revidiertes Verfahren inKraft, das drei Jahre lang gelten soll. SeinKernstück bildet auch weiterhin die Anpas-sung der Gehälter analog zum gewichtetenMittel der Tarifabschlüsse bei einer Gruppevergleichbarer Organisationen, zu der nun –außer den NZBen und der Bank für Internati-onalen Zahlungsausgleich – auch einige in Eu-ropa ansässige internationale und supranatio-nale Institutionen gehören.

Die EZB hat einen unabhängigen Berater insozialen Angelegenheiten ernannt, von dem sichEZB-Mitarbeiter auf vertraulicher Basis in ar-beitsrelevanten Fragen beraten lassen kön-nen und der bei zwischenmenschlichen Kon-flikten am Arbeitsplatz als Mediator fungiert.Des Weiteren hat die EZB einen unabhängi-

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002206

gen Berater in Gleichberechtigungsfragen er-nannt, der in Fragen der Gleichberechtigungim weitesten Sinne, etwa hinsichtlich Ge-schlecht, Nationalität und Alter, Orientie-rungshilfe bieten soll.

Die Kinderbetreuungsstätten der EZB unddie Europäische Schule

Die Kinderbetreuungseinrichtungen der EZBwurden um eine zweite Tagesstätte erwei-tert und bieten nunmehr Platz für die Betreu-ung von insgesamt 123 Kindern hauptsächlichim Alter von drei Monaten bis zu drei Jahren.Angesichts der auch weiterhin großen Nach-frage wurden bereits erste Schritte zum Er-werb einer dritten Betreuungsstätte unter-nommen.

Die Europäische Schule in Frankfurt nahm imSeptember 2002 erstmals den Schulbetriebauf. Geführt wurden fünf Grundschulstufenund zwei Vorschulstufen. Anfang 2003 wurdeder Schulbetrieb vom provisorischen Stand-ort der Europäischen Schule in das neueSchulgebäude verlegt. Die Europäische Schu-le in Frankfurt ist in vier Sprachabteilungen

unterteilt: Deutsch, Englisch, Französisch undItalienisch.

Personalbeziehungen

Gemäß ihren Beschäftigungsbedingungen kon-sultiert die EZB die gewählte Personalvertre-tung zu Fragen der Gestaltung ihrer Perso-nalpolitik. Darüber hinaus wird mit der haus-internen Gewerkschaft der EZB-Mitarbeiter(Union of the Staff of the ECB – USE) einDialog zu Änderungen der Beschäftigungsbe-dingungen geführt.

Der Antrag der USE und einer externen Ge-werkschaft, der Organisation der Beschäftig-ten bei europäischen und internationalen Ein-richtungen in der Bundesrepublik Deutsch-land (International and European PublicServices Organisation – IPSO), auf Anerken-nung als Tarifpartner für den Abschluss vonTarifverträgen wurde vom Gericht erster In-stanz für unzulässig befunden. In der Folgezog IPSO die diesbezüglich vor dem Europäi-schen Gerichtshof eingelegte Berufung zu-rück.

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Abteilungen: � Juristes-Linguistes � Sprachdienst � Sekretariat � Übersetzungen

Abteilungen: � Zahlungsbilanzstatistik und externe Reserven � Allgemeine Wirtschafts- und Finanzstatistik � Geld- und Bankenstatistik � Statistische Informationssysteme

Abteilungen: � Ökonometrie � Allgemeine volkswirtschaftliche Forschung

Abteilungen: � Budget und Projekte � Organisationsplanung

Abteilungen: � Fragen der Zahlungs- verkehrssysteme � Fragen der Wertpapier- abrechnungssysteme � TARGET

Abteilungen: � Finanzmarktrecht � Institutionelles Recht

Abteilungen: � Geschäftsabwicklung � Geldpolitische Operationen und Devisentransaktionen � Finanzanlagen � Operationsanalysen � Portfolio-Managementsysteme � Risikomanagement 1

Abteilungen: � EU-Institutionen und -Foren � EU-Nachbarregionen � Multilaterale Beziehungen, Beziehungen zum asiatisch- pazifischen Raum und zur westlichen Hemisphäre

Abteilungen: � EZB-Revision � ESZB-Revision

Abteilungen: � Finanzstabilität � Finanzaufsichtsfragen

Abteilungen: � Spezifische IT-Anwendungsbetreuung � IS-Sicherheit � IT-Bedarfsanalyse und Entwicklung � IT-Infrastruktur und Systembetreuung � IT-Betrieb und Kundenservice � IT-Planung und Großprojekte

Abteilung: � FiskalpolitikDirektion Wirtschaftliche EntwicklungWolfgang SchillAbteilungen: � Gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Euro-Währungsgebiet � EU-Länder � Außenwirtschaftliche Entwicklung

Direktion GeldpolitikHans-Joachim KlöckersAbteilungen: � Kapitalmärkte und Finanzstruktur � Geldpolitische Lage � Geldpolitische Strategie

Abteilungen: � Banknotenausgabe � Banknotendruck

Abteilungen: � Amtliche Veröffentlichungen und Bibliothek � Presse und Information � Protokoll und Konferenzen

Abteilungen: � Bürodienste � Bau � Sicherheit und FahrbereitschaftDirektion Rechnungs- und Berichtswesen: Ian IngramAbteilungen: � Rechnungswesen � Berichtswesen und GrundsatzfragenDirektion Personal: Berend van BaakAbteilungen: � Beschäftigungsbedingungen und Personalvertretungsangelegenheiten � Personalmarketing und Personalentwicklung

GeneraldirektionStatistik

Steven Keuning

GeneraldirektionVerwaltungGerald Grisse

GeneraldirektionSekretariat undSprachendienste

Frank Moss

DirektionPlanung und Controlling

Klaus Gressenbauer

GeneraldirektionZahlungsverkehrssysteme

Jean-Michel GodeffroyStellvertreter: Koenraad de Geest

Generaldirektion ForschungVítor Gaspar

Stellvertreter: Ignazio Angeloni

GeneraldirektionFinanzmarktsteuerung

Francesco PapadiaStellvertreter: Paul Mercier,

Werner Studener

DirektionInterne Revision 2

Michèle Caparello

GeneraldirektionInternationale und

europäische BeziehungenPierre van der Haegen

Stellvertreter:Georges Pineau

GeneraldirektionRechtsdienste

Antonio Sáinz de Vicuña

GeneraldirektionInformationssysteme

Jim EtheringtonStellvertreter:

Christian Boersch

Generaldirektion VolkswirtschaftGert Jan Hogeweg

Stellvertreter: Philippe Moutot,Wolfgang Schill

DirektionFinanzstabilität und

AufsichtsfragenMauro Grande

DirektionBanknoten

Antti Heinonen

DirektionKommunikationManfred J. Körber

Berater desDirektoriums

Koordinator: Olaf Sleijpen

Ständige Vertretungder EZB in Washington, D.C.J. Onno de Beaufort Wijnholds

Direktorium

1 Die Abteilung ist bei bestimmten Angelegenheiten unmittelbar dem Direktorium unterstellt.2 Innerhalb der Direktion Interne Revision wurde eine Arbeitseinheit für Betrugsbekämpfung gebildet, die über den Direktor Interne Revision an den Ausschuss für Betrugsbekämpfung berichtet, der gemäß dem Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB/1999/5) vom 7. Oktober 1999 errichtet wurde.

Vordere Reihe: Präsident: Willem F. Duisenberg (Mitte), Vizepräsident: Lucas Papademos (links), Sirkka HämäläinenHintere Reihe (v.l.n.r.): Eugenio Domingo Solans, Otmar Issing, Tommaso Padoa-Schioppa

Direktorium

3.3 Organisationsplan der EZB

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002208

3.4 Die Gebäude der EZB

Zwar ist die EZB derzeit noch in Mietobjek-ten untergebracht, doch ist die Errichtungneuer EZB-Gebäude geplant. Zu diesem

Zweck hat die EZB ein Baugelände von derStadt Frankfurt erworben und einen interna-tionalen Architekturwettbewerb zur Gestal-tung ihres neuen Standorts ausgeschrieben.

4 Sozialer Dialog im ESZB

Im Rahmen des sozialen Dialogs im ESZB fan-den im Jahr 2002 zwei Zusammenkünfte statt.Wie in den Jahren zuvor wurden dabei bank-notenrelevante Themen sowie Fragen in Be-zug auf Zahlungsverkehrssysteme und Ban-kenaufsicht diskutiert. Die Stellungnahmender am sozialen Dialog beteiligten europäi-schen Gewerkschaftsverbände und der 31 Ar-

beitnehmervertreter wurden dem EZB-Ratund dem Erweiterten Rat vorgelegt. Der Vor-schlag der drei europäischen Gewerkschafts-verbände, Arbeitnehmervertreter der Noten-banken aus den Beitrittsländern als Beobach-ter am sozialen Dialog teilnehmen zu lassen,wurde angenommen und wird ab Unterzeich-nung des Beitrittsvertrags in Kraft treten.

5 ESZB-Ausschüsse

Die Ausschüsse des ESZB haben auch im ab-gelaufenen Geschäftsjahr eine wichtige Rollebei der Ausführung der Aufgaben des Euro-systems bzw. des ESZB gespielt. Die ESZB-Ausschüsse wurden vom EZB-Rat und vomDirektorium in ihrem jeweiligen Zuständig-keitsbereich mit der Bearbeitung bestimmterFragen betraut und haben durch ihre Experti-

se die Entscheidungsfindung erleichtert. ImRegelfall ist die Teilnahme an den ESZB-Aus-schüssen auf Vertreter der Zentralbanken desEurosystems beschränkt. Die NZBen jenerMitgliedstaaten, die den Euro noch nicht ein-geführt haben, entsenden jedoch Vertreter indie Sitzungen der ESZB-Ausschüsse, wennThemen aus dem Zuständigkeitsbereich des

ESZB-Ausschüsse und Ausschussvorsitzende

Ausschuss der internen Revision(IAC)

Michèle Caparello

Ausschuss für Informationstechnologie(ITC)

Jim Etherington

Ausschuss für Presse, Information und Öffentlichkeitsarbeit(ECCO)

Manfred J. Körber

Banknotenausschuss(BANCO)

Antti Heinonen

Ausschuss für Bankenaufsicht(BSC)

Edgar Meister

Ausschuss für Rechnungswesen und monetäre Einkünfte(AMICO)Ian Ingram

Ausschuss für Statistik(STC)

Steven Keuning

Ausschuss für Zahlungs- und Verrechnungssysteme(PSSC)

Jean-Michel Godeffroy

Geldpolitischer Ausschuss(MPC)

Gert Jan Hogeweg

Ausschuss für Marktoperationen(MOC)

Francesco Papadia

Rechtsausschuss(LEGCO)

Antonio Sáinz de Vicuña

Ausschuss für internationale Beziehungen(IRC)

Hervé Hannoun

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209EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Erweiterten Rats erörtert werden. Gege-benenfalls können auch andere zuständigeGremien – wie im Fall des Ausschusses fürBankenaufsicht etwa Vertreter der nationa-len Aufsichtsbehörden – zur Teilnahme ein-geladen werden. Derzeit gibt es zwölf ESZB-Ausschüsse, die alle gemäß Artikel 9 der EZB-Geschäftsordnung eingerichtet wurden.

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Vítor Constâncio, Gouverneur des Banco de Portugal, und Lucas Papademos,Vizepräsidentder EZB, eröffnen die Ausstellung

„Zeitgenössische Kunst aus Portugal“ in der EZB, 4. Dezember 2002

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J ahre sabsch lu s s der EZB

u n d k o n s o l i d i e r t e B i l a n z

d e s E u r o s y s t e m s

2 0 0 2

Kapitel XIV

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002212

Bilanz zum 31. Dezember 2002

Aktiva Erläuterung 2002 2001Nr. € €

Gold und Goldforderungen 1 8 058 187 254 7 766 265 040

Forderungen in Fremdwährung an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 2

Forderungen an den IWF 164 788 323 72 074 161Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen,Auslandskredite und sonstige Auslandsaktiva 37 151 511 287 41 162 620 238

37 316 299 610 41 234 694 399

Forderungen in Fremdwährung anAnsässige im Euro-Währungsgebiet 2 3 047 976 497 3 636 568 460

Forderungen in Euro an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 3

Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagenund Kredite 183 237 923 391 170 869

Wertpapiere in Euro von Ansässigenim Euro-Währungsgebiet 4 0 0

Intra-Eurosystem-Forderungen 5Forderungen aus der Verteilung des Euro-Banknotenumlaufs innerhalb des Eurosystems 28 681 074 010 0Sonstige Intra-Eurosystem-Forderungen (netto) 5 468 478 796 9 697 303 920

34 149 552 806 9 697 303 920Sonstige Aktiva 6

Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände 112 624 758 100 585 654Sonstiges Finanzanlagevermögen 5 529 030 465 4 516 504 313Aktive Rechnungsabgrenzungsposten 1 260 718 561 620 508 777Sonstiges 609 968 394 97 569 394

7 512 342 178 5 335 168 138

Aktiva insgesamt 90 267 596 268 68 061 170 826

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213EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Passiva Erläuterung 2002 2001Nr. € €

Banknotenumlauf 7 28 681 074 010 0

Verbindlichkeiten in Euro gegenübersonstigen Ansässigen im Euro-Währungsgebiet 8 1 036 000 000 1 022 000 000

Verbindlichkeiten in Euro gegenüberAnsässigen außerhalbdes Euro-Währungsgebiets 9 227 805 777 271 375 580

Verbindlichkeiten in Fremdwährunggegenüber Ansässigenim Euro-Währungsgebiet 10 0 17 192 783

Verbindlichkeiten in Fremdwährunggegenüber Ansässigen außerhalbdes Euro-Währungsgebiets 10

Einlagen, Guthaben und sonstige Verbindlichkeiten 5 192 380 656 5 840 349 099

Intra-Eurosystem-Verbindlichkeiten 11Verbindlichkeiten aus der Übertragungvon Währungsreserven 40 497 150 000 40 497 150 000

Sonstige Passiva 12Passive Rechnungsabgrenzungsposten 1 417 939 194 1 759 319 678Sonstiges 75 191 137 94 122 190

1 493 130 331 1 853 441 868

Rückstellungen 13 2 644 780 685 2 803 216 269

Ausgleichsposten aus Neubewertung 14 4 404 834 096 9 429 002 830

Kapital und Rücklagen 15Kapital 4 097 229 250 4 097 229 250Rücklagen 772 757 209 408 393 225

4 869 986 459 4 505 622 475

Bilanzgewinn 1 220 454 254 1 821 819 922

Passiva insgesamt 90 267 596 268 68 061 170 826

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002214

Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2002

Erläuterung 2002 2001Nr. € €

Zinserträge aus Währungsreserven 990 618 897 1 707 431 459Zinserträge aus der Verteilung des Euro-Banknotenumlaufs innerhalb des Eurosystems 726 917 226 0Sonstige Zinserträge 1 965 003 344 2 271 293 068Zinserträge 3 682 539 467 3 978 724 527Zinsaufwendungen für die NZB-Forderungenaus der Übertragung von Währungsreserven (1 140 963 789) (1 509 312 118)Sonstige Zinsaufwendungen (1 547 042 623) (1 698 022 587)Zinsaufwendungen (2 688 006 412) (3 207 334 705)

Nettozinsergebnis 19 994 533 055 771 389 822

Realisierte Gewinne (Verluste)aus Finanzgeschäften 20 735 425 388 1 351 881 733Abschreibungen auf Finanzanlagenund -positionen 21 (276 955 036) (109 023 392)Zuführung zu (Auflösung von)Rückstellungen für allgemeineWährungs- und Preisrisiken 154 000 000 109 023 392

Nettoergebnis aus Finanzgeschäften,Abschreibungen und Risikovorsorgen 612 470 352 1 351 881 733

Nettoergebnis aus Gebührenund Provisionen 22 (227 158) 298 120

Sonstige Erträge 23 3 744 153 1 393 851

Nettoerträge insgesamt 1 610 520 402 2 124 963 526.

Personalaufwendungen 24 + 25 (120 003 344) (97 288 818)

Sachaufwendungen 26 (133 966 576) (185 712 394)

Abschreibungen auf Sachanlagen undimmaterielle Vermögensgegenstände (17 738 206) (20 142 392)

Aufwendungen für die Banknotenherstellung 27 (118 358 022) 0

Jahresüberschuss 1 220 454 254 1 821 819 922

Frankfurt am Main, den 11. März 2003

EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

Willem F. DuisenbergPräsident

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215EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

1 Die Details der Rechnungslegungsgrundsätze der EZB wurdenper EZB-Ratsbeschluss vom 5. Dezember 2002 festgelegt (EZB/2002/11 – ABl. L 58 vom 3.3.2003, S. 38–59). Der Beschlusstrat am 1. Januar 2003 in Kraft, wurde aber bereits für dieErstellung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung derEZB für das Geschäftsjahr 2002 angewendet. Die Änderungengegenüber der bisherigen Rechnungslegungspraxis können alsunwesentlich angesehen werden.

Rechnungslegungsgrundsätze1

Form und Darstellung des Jahres-abschlusses

Der Jahresabschluss der Europäischen Zen-tralbank (EZB) ist so konzipiert, dass er eingetreues Bild der Finanzlage der EZB und derfinanziellen Ergebnisse ihrer Tätigkeit vermit-telt. Die Grundlage für die Erstellung bildendie hier angeführten Rechnungslegungsgrund-sätze, die der EZB-Rat als für die Funktioneiner Zentralbank angemessen erachtet. Die-se Grundsätze stehen im Einklang mit denBestimmungen des Artikels 26.4 der ESZB-Satzung, der die Standardisierung der buch-mäßigen Erfassung und der Meldung der Ge-schäfte des Eurosystems vorschreibt.

Bilanzierungs- und Bewertungs-grundsätze

Die folgenden Grundsätze wurden angewen-det: Bilanzwahrheit/Bilanzklarheit, Bilanzvor-sicht, Berücksichtigung von Ereignissen nachdem Bilanzstichtag, Wesentlichkeit, Perioden-abgrenzung, Unternehmensfortführung, Ste-tigkeit und Vergleichbarkeit.

Bewertungsansatz

Die Bewertung erfolgt zu Anschaffungskos-ten. Abweichend davon werden marktfähigeWertpapiere, Gold und alle sonstigen Fremd-währungsforderungen und -verbindlichkeiten(einschließlich Positionen unter dem Bilanz-strich) zum Marktwert angesetzt. Für die Er-fassung von Geschäftsfällen ist der Erfüllungs-tag maßgeblich.

Gold, Fremdwährungsforderungen und-verbindlichkeiten

Auf Fremdwährung lautende Forderungen undVerbindlichkeiten werden zu dem am Bilanz-stichtag geltenden Wechselkurs in Euro umge-rechnet. Die Umrechnung von Erträgen undAufwendungen richtet sich nach dem zum

Transaktionszeitpunkt geltenden Wechselkurs.Die Neubewertung der Fremdwährungsbestän-de (einschließlich Positionen unter dem Bilanz-strich) erfolgt für jede Währung gesondert, ohneAufrechnung zwischen den Währungen.

Bei der Neubewertung von Fremdwährungs-forderungen und -verbindlichkeiten werdenPreis- und Wechselkursbestandteile geson-dert behandelt.

Eine derartige Differenzierung wird bei derNeubewertung der Goldposition nicht vor-genommen. Die Neubewertung basiert aufdem Preis in Euro pro Feinunze Gold, dersich aus dem Umrechnungskurs des Euro zumUS-Dollar am 31. Dezember 2002 ergab.

Wertpapiere

Die Neubewertung aller marktfähigen Schuld-titel und ähnlicher Wertpapiere erfolgt zumMittelkurs am Bilanzstichtag. Für das Ge-schäftsjahr 2002 wurden die Mittelkurse vom30. Dezember 2002 herangezogen. Nichtmarktfähige Wertpapiere wurden zu Anschaf-fungskosten bewertet.

Erfolgsermittlung

Aufwendungen und Erträge werden zu demZeitpunkt erfasst, zu dem sie wirtschaftlichverursacht wurden. Realisierte Gewinne undVerluste werden erfolgswirksam verbucht.Die Anschaffungskosten der einzelnen Positi-onen werden nach einer Durchschnittskos-tenmethode täglich neu berechnet. Zeigt dieNeubewertung einer Position am Jahresendeeinen Buchverlust an, dann werden auch die

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002216

durchschnittlichen Anschaffungskosten dieserPosition auf Basis des Wechselkurses bzw.Marktpreises am Jahresultimo herabgesetzt.

Nicht realisierte Gewinne werden nicht er-folgswirksam berücksichtigt, sondern unterAusgleichsposten aus Neubewertung direktverbucht.

Nicht realisierte Verluste werden in der Ge-winn- und Verlustrechnung erfasst, wenn siedie im betreffenden Ausgleichsposten erfass-ten Neubewertungsgewinne aus Vorperiodenübersteigen. Nicht realisierte Verluste in ei-ner Wertpapiergattung, einer Währung oderGold werden nicht gegen Buchgewinne ausanderen Wertpapieren, anderen Währungenoder Gold verrechnet.

Beim Kauf von Wertpapieren anfallende Agio-oder Disagiobeträge werden als Teil des Zins-ertrags behandelt und über die Restlaufzeitdes Wertpapiers abgeschrieben.

Rückkaufsvereinbarungen

Repogeschäfte (Pensionsgeschäfte, bei denendie EZB der Pensionsgeber ist) werden in derBilanz als besicherte Kreditaufnahme ausge-wiesen, wobei nicht nur der aufgenommeneKreditbetrag, sondern auch der Wert der alsSicherheit hinterlegten Wertpapiere erfasstwird. Im Rahmen von Repogeschäften ver-kaufte Wertpapiere bleiben in der Bilanz derEZB eingestellt und werden so behandelt, alsob sie weiterhin Teil des Wertpapierbestandswären, dem sie entnommen wurden. Handeltes sich dabei um Fremdwährungswertpapie-re, haben diese jedoch keinen Einfluss auf dieDurchschnittskosten der jeweiligen Wäh-rungsposition.

Reverse-Repogeschäfte (Pensionsgeschäfte,bei denen die EZB der Pensionsnehmer ist)werden in Höhe des gewährten Kreditbetragsauf der Aktivseite der Bilanz als besicherterKredit ausgewiesen. Im Zuge von Reverse-Repogeschäften hereingenommene Wertpa-piere unterliegen nicht der Neubewertung.

Im Rahmen eines standardisierten Wertpa-pierleihprogramms abgewickelte Pensionsge-schäfte und Wertpapierleihgeschäfte sind nurdann bilanzwirksam, wenn der Kreditnehmerdas Geschäft über die gesamte Laufzeit barbesichert. Die EZB erhielt im Jahr 2002 fürkein Geschäft dieser Art über die ganze Lauf-zeit hinweg Barsicherheiten.

Außerbilanzielle Geschäfte

Devisentermingeschäfte, die Terminseite vonDevisenswapgeschäften und andere Wäh-rungsinstrumente, bei denen ein Tausch zwi-schen zwei Währungen zu einem zukünftigenTermin vereinbart wird, werden in die Netto-fremdwährungsposition für die Berechnungvon Kursgewinnen und -verlusten einbezo-gen. Zinsinstrumente werden einzeln bewer-tet. Zinsfutures werden am Abschlusstag inNebenbüchern (außerbilanziell) erfasst. Dietäglichen Nachschussleistungen werden in derBilanz ausgewiesen. Nicht realisierte, in derGewinn- und Verlustrechnung am Jahresendeerfasste Verluste werden in den Folgejahrenerst bei Schließung oder Fälligkeit betreffenderPositionen mit Buchgewinnen verrechnet.

Ereignisse nach dem Bilanzstichtag

Bei der Bewertung von Forderungen und Ver-bindlichkeiten werden Sachverhalte berück-sichtigt, die erst zwischen dem Bilanzstichtagund der Feststellung des Jahresabschlussesdurch den EZB-Rat bekannt wurden, falls sieals wesentlich für die Darstellung der Aktivaund Passiva in der Bilanz erachtet werden.

Intra-ESZB-Salden

Intra-ESZB-Transaktionen sind grenzüber-schreitende Transaktionen zwischen denZentralbanken zweier EU-Mitgliedstaaten.Diese Geschäfte werden vorwiegend überTARGET2 abgewickelt und schlagen mit

2 TARGET = Transeuropäisches Automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Überweisungssystem (siehe auch Kapitel VIII).

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217EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

bilateralen Salden auf den Konten zu Buche,welche die über TARGET vernetzten Zen-tralbanken der EU-Mitgliedstaaten gegensei-tig führen. Diese bilateralen Salden werdentäglich durch Novation in eine Gesamtpositi-on pro NZB gegenüber der EZB aufgerech-net. Diese über die EZB verrechnete Positionentspricht somit den Nettoforderungen bzw.Nettoverbindlichkeiten jeder einzelnen NZBgegenüber dem Rest des ESZB.

Die Intra-ESZB-Salden der am Eurosystemteilnehmenden Zentralbanken gegenüber derEZB (nicht eingerechnet ihre Kapitalanteilean der EZB und ihre Forderungen aus derÜbertragung von Währungsreserven auf dieEZB) werden in der EZB-Bilanz saldiert alsIntra-Eurosystem-Forderungen bzw. Intra-Eurosystem-Verbindlichkeiten ausgewiesen.

Aus der Verteilung des Euro-Banknotenum-laufs innerhalb des Eurosystems resultieren-de Intra-ESZB-Salden werden als Gesamt-nettoforderung unter den „Forderungen ausder Verteilung des Euro-Banknotenumlaufsinnerhalb des Eurosystems“ ausgewiesen (sie-he „Banknotenumlauf“).

Die Intra-ESZB-Salden der nicht dem Euro-system angehörenden NZBen gegenüber derEZB werden als „Verbindlichkeiten in Eurogegenüber Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets“ ausgewiesen.

Sachanlagen und immaterielleVermögensgegenstände

Sachanlagen mit Ausnahme von Grundstückenwerden zu Anschaffungskosten vermindertum Abschreibungen angesetzt; Grundstückewerden zu Anschaffungskosten bewertet. DieAbschreibungen werden, beginnend mit demauf die Anschaffung folgenden Quartal, linearüber die erwartete wirtschaftliche Nutzungs-dauer vorgenommen. Dabei wird wie folgtunterschieden:

• EDV-Ausstattung und entsprechende Hard-ware/Software sowie Kraftfahrzeuge: 4 Jahre

• Betriebs- und Geschäftsausstattung sowieEinbauten: 10 Jahre

• Gebäude und aktivierter Herstellungsauf-wand: 25 Jahre

Im Fall der Gebäudekosten und des Herstel-lungsaufwands für die derzeitigen EZB-Ge-bäude gilt eine herabgesetzte Abschreibungs-dauer, damit die Kosten bis zum Jahresende2008 – wenn die EZB laut Plan an ihren end-gültigen Standort umgezogen ist – vollständigabgeschrieben sind. Die beschleunigte Ab-schreibung wird hauptsächlich ab dem Jahr2003 zu Buche schlagen.

Sachanlagen, die weniger als 10 000 € kos-ten, werden im Anschaffungsjahr abgeschrie-ben.

Die Pensionskasse der EZB

Die EZB hat für ihre Mitarbeiter eine Pensi-onskasse auf Basis eines beitragsorientiertenVorsorgeplans eingerichtet. Das angesparteKapital, das zweckgewidmet für die Deckungder Ansprüche der Mitglieder der Pensions-kasse bzw. ihrer Hinterbliebenen angelegt ist,wird unter den sonstigen Aktiva der EZB ge-sondert erfasst. Bewertungsgewinne und -ver-luste werden im Jahr ihres Entstehens als Pen-sionskassenerträge oder -aufwendungen ver-bucht. Die Arbeitgeberbeiträge werden aufdem Grundpensionskonto der Mitglieder an-gespart, wobei für die damit abzudeckendenLeistungen bestimmte Mindestgarantien gel-ten.

Banknotenumlauf

Die EZB und die zwölf NZBen der Euro-Länder, die zusammen das Eurosystem bil-den, geben seit dem 1. Januar 2002 auf Eurolautende Banknoten aus.3 Die jeweiligen An-teile am Gesamtwert des Euro-Banknoten-umlaufs werden jeden Monat am letzten Ge-

3 Beschluss der EZB vom 6. Dezember 2001 über die Ausgabevon Euro-Banknoten (EZB/2001/15 – ABl. L 337 vom20.12.2001, S. 52–54).

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002218

4 Der „Banknoten-Verteilungsschlüssel“ bezeichnet die Prozent-sätze, die sich unter Berücksichtigung des Anteils der EZB anden insgesamt ausgegebenen Euro-Banknoten und aus der An-wendung des Kapitalzeichnungsschlüssels auf den Anteil derNZBen an den insgesamt ausgegebenen Banknoten ergeben.

5 Beschluss der EZB vom 6. Dezember 2001 über die Verteilungder monetären Einkünfte der teilnehmenden Mitgliedstaaten abdem Geschäftsjahr 2002 (EZB/2001/16 – ABl. L 337 vom20.12.2001, S. 55–61).

6 Beschluss der EZB vom 21. November 2002 über die Verteilungder Einkünfte der Europäischen Zentralbank aus dem Euro-Banknotenumlauf an die Nationalen Zentralbanken der teilneh-menden Mitgliedstaaten (EZB/2002/9 – ABl. L 323 vom28.11.2002, S. 49–50).

schäftstag nach dem Banknoten-Verteilungs-schlüssel ermittelt.4

Der auf die EZB entfallende Anteil von 8 %wird auf der Passivseite der Bilanz unter derPosition „Banknotenumlauf“ ausgewiesen.Der EZB-Anteil an der gesamten Euro-Bank-notenausgabe ist durch entsprechende For-derungen an die NZBen gedeckt. Diese For-derungen sind verzinst5

und werden in derUnterposition „Intra-Eurosystem-Forderun-gen: Forderungen aus der Verteilung desEuro-Banknotenumlaufs innerhalb des Euro-systems“ bilanziert (siehe „Intra-ESZB-Sal-den“). Die Zinserträge aus diesen Forderun-gen werden in der Position „Nettozinsergeb-nis“ erfasst. Laut Beschluss des EZB-Ratswerden diese Erträge in Form von Gewinn-vorauszahlungen an die NZBen verteilt,6 undzwar in voller Höhe, es sei denn, der Netto-gewinn der EZB für das jeweilige Geschäfts-jahr liegt unter ihren Einkünften aus demEuro-Banknotenumlauf (Seigniorage) bzw. derEZB-Rat beschließt, den Betrag um anteiligeKosten der EZB für die Banknotenausgabeund -bearbeitung zu kürzen. Für das Ge-schäftsjahr 2002 erfolgte die Gewinnvoraus-zahlung am zweiten Geschäftstag des Jahres2003. Ab dem Jahr 2003 wird die EZB dieGewinnvorauszahlungen jeweils nach Quar-talsende tätigen.

Sonstiges

Nach Ansicht des Direktoriums der EZB wür-de aufgrund der Zentralbankfunktion der EZBdie Veröffentlichung einer Cash-Flow-Rech-nung den Bilanzlesern keine zusätzlichen re-levanten Informationen bieten.

Die Bestellung der PricewaterhouseCoopersGmbH zum externen Rechnungsprüfer derEZB für das Geschäftsjahr 2002 erfolgte –gemäß Artikel 27 ESZB-Satzung – auf Emp-fehlung des EZB-Rats und nach Billigung durchden Rat der Europäischen Union.

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219EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Erläuterungen zur Bilanz

1 Gold und Goldforderungen

Die EZB hielt am 31. Dezember 2002 unver-ändert 24,7 Mio Unzen Feingold, da im Be-richtsjahr keine Goldtransaktionen durchge-führt wurden. Die Änderung in der Bilanzpo-sition resultiert aus der vierteljährlichenNeubewertung (siehe „Gold, Fremdwährungs-forderungen und -verbindlichkeiten“ im Ab-schnitt Rechnungslegungsgrundsätze).

2 Forderungen in Fremdwährung anAnsässige außerhalb des Euro-Währungsgebiets sowie an Ansässi-ge im Euro-Währungsgebiet

Forderungen an den IWF

In dieser Position werden die Bestände derEZB an Sonderziehungsrechten (SZR) zum31. Dezember 2002 ausgewiesen. Die Verän-derungen im Vorjahrsvergleich ergaben sichaus Transaktionen des Internationalen Wäh-rungsfonds (IWF). Der IWF ist entsprechendeiner Vereinbarung mit der EZB autorisiert,im Namen der EZB innerhalb einer verein-barten Bandbreite SZR gegen Euro zu kaufenbzw. zu verkaufen. Das SZR ist als ein Korbder vier weltweit bedeutendsten Währungen(Euro, japanischer Yen, Pfund Sterling undUS-Dollar) definiert; sein Wert ergibt sich ausder Gewichtung der einzelnen Korbanteile aufBasis der jeweiligen Wechselkurse. Bilanztech-nisch werden SZR-Bestände wie Fremdwährun-gen behandelt (siehe „Gold, Fremdwährungs-forderungen und -verbindlichkeiten“ im Ab-schnitt Rechnungslegungsgrundsätze).

Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen,Auslandskredite und sonstige Auslandsaktiva;Forderungen in Fremdwährung an Ansässige imEuro-Währungsgebiet

In dieser Position werden Guthaben bei aus-ländischen Banken, Kredite in Fremdwährungund Wertpapiere erfasst. Dabei handelt essich um Bestände in US-Dollar und japani-schen Yen.

3 Forderungen in Euro an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungs-gebiets

Zum 31. Dezember 2002 waren in dieser Po-sition Bankeinlagen bei Geschäftspartnern er-fasst, die ihren Sitz nicht im Euroraum haben.

4 Wertpapiere in Euro von Ansässi-gen im Euro-Währungsgebiet

Sämtliche auf Euro lautende Wertpapiere vonAnsässigen des Euroraums im Bestand derEZB stellen direkte Gegenposten zum Kapitalbzw. zu den Rücklagen der EZB dar. Daherhat die EZB entschieden, sie in ein zweckge-bundenes Eigenmittelportfolio umzuschichten,das unter dem „Sonstigen Finanzanlagever-mögen“ bilanziert wird. Die Vergleichsbilanzzum 31. Dezember 2001 wurde entsprechendangepasst.

5 Intra-Eurosystem-Forderungen

Forderungen aus der Verteilung des Euro-Banknotenumlaufs innerhalb des Eurosystems

In dieser Position werden die Forderungender EZB gegenüber den NZBen des Euro-raums erfasst, die sich aus der Anwendungdes Banknoten-Verteilungsschlüssels ergeben(siehe „Banknotenumlauf“ im Abschnitt Rech-nungslegungsgrundsätze).

Sonstige Forderungen innerhalb des Eurosystems(netto)

Diese Position beinhaltet die TARGET-Ver-rechnungssalden der NZBen des Euroraumsgegenüber der EZB und die Seignorage-Ge-winnvorauszahlungen der EZB an die NZBen(siehe „Banknotenumlauf“ und „Intra-ESZB-Salden“ im Abschnitt Rechnungslegungsgrund-sätze).

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002220

2002 2001€ €

Forderungen andie NZBen desEuroraums aus demTARGET-Zahlungsverkehr 56 546 091 330 66 908 187 928

Verbindlichkeitengegenüber denNZBen desEuroraums aus demTARGET-Zahlungsverkehr (50 471 612 534) (57 210 884 008)

Verbindlichkeitengegenüber denNZBen des Euroraumsaus der Seigniorage-Gewinnvorauszahlung (606 000 000) 0

Saldo 5 468 478 796 9 697 303 920

6 Sonstige Aktiva

Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegen-stände

Diese Position gliedert sich wie folgt:

Buchwert Buchwertzum zum

31. 12. 2002 31. 12. 2001€ €

Grundstücke undGebäude 51 496 140 39 288 068

EDV-Ausstattung 33 522 388 28 703 744

Betriebs- undGeschäftsausstattung,Einbauten,Kraftfahrzeuge 2 575 083 4 492 005

In Bau befindlicheAnlagen 9 092 185 8 077 125

Sonstige Sachanlagen 15 938 962 20 024 712

Insgesamt 112 624 758 100 585 654

Der größte Anstieg entfällt auf die „Grund-stücke und Gebäude“ und ergab sich aus derAktivierung von Investitionen an den beidenStandorten der EZB, dem Eurotower unddem Eurotheum.

Sonstiges Finanzanlagevermögen

Dazu zählen folgende Hauptkomponenten:

a) Auf Euro lautende Wertpapiere von An-sässigen des Euro-Währungsgebiets, diemit 5,4 Mrd € bewertet sind (2001:4,4 Mrd € – siehe Erläuterung Nr. 4).

b) Die Kapitalanlagen der für EZB-Mitarbei-ter eingerichteten Pensionskasse, die mit61,9 Mio € bewertet sind (2001:53,9 Mio €). Dabei handelt es sich umdie Finanzmittel, in denen die angespar-ten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbei-träge zur Pensionskasse zum 31. Dezem-ber 2002 angelegt waren. Dieses Vermö-gen wird von einem externenFondsmanager verwaltet, der die laufen-den Beiträge der EZB und der Mitgliederder Pensionskasse monatlich investiert.Das Pensionskapital wird getrennt vonden anderen Finanzanlagen der EZB an-gelegt. Der Nettoertrag steht nicht derEZB zu; er wird thesauriert und bleibtzweckgewidmet. Der Wert der Kapital-anlagen wird vom externen Fondsmana-ger auf Basis der Marktpreise zum Jahres-ultimo ermittelt.

c) Die Beteiligung der EZB an der Bank fürInternationalen Zahlungsausgleich (BIZ).Die EZB hält 3 000 BIZ-Aktien, die zuden Anschaffungskosten von 38,5 Mio €ausgewiesen sind.

Aktive Rechnungsabgrenzungsposten

Diese Position umfasst abgegrenzte Zinser-träge in Höhe von 727 Mio € im Zusammen-hang mit den Forderungen der EZB aus demEuro-Banknotenumlauf (siehe „Banknotenum-lauf“ im Abschnitt Rechnungslegungsgrund-sätze). Der verbleibende Teil dieser Positionsetzt sich hauptsächlich aus abgegrenztenZinserträgen aus Wertpapieranlagen und an-deren Finanzanlagen zusammen.

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221EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Sonstiges

Der Anstieg in dieser Position im Jahr 2002ergab sich in erster Linie aus der Seigniorage-Gewinnvorauszahlung der EZB (siehe „Bank-notenumlauf“ im Abschnitt Rechnungslegungs-grundsätze und Erläuterung Nr. 5).

7 Banknotenumlauf

Der in dieser Position ausgewiesene Betragentspricht dem Anteil der EZB am Gesamt-wert des Euro-Banknotenumlaufs (siehe„Banknotenumlauf“ im Abschnitt Rechnungs-legungsgrundsätze).

8 Verbindlichkeiten in Eurogegenüber sonstigen Ansässigenim Euro-Währungsgebiet

In dieser Position werden Einlagen der Mit-glieder der Euro Banking Association (EBA)erfasst, mit denen über TARGET abgewickel-te EBA-Zahlungen besichert werden.

9 Verbindlichkeiten in Eurogegenüber Ansässigen außerhalbdes Euro-Währungsgebiets

Bei diesen Verbindlichkeiten handelt es sichhauptsächlich um Salden auf den TARGET-Konten, die die EZB für nicht am Eurosystemteilnehmende NZBen führt (siehe „Intra-ESZB-Salden“ im Abschnitt Rechnungsle-gungsgrundsätze).

10 Verbindlichkeiten in Fremdwährunggegenüber Ansässigen imEuro-Währungsgebiet sowieAnsässigen außerhalb desEuro-Währungsgebiets

In dieser Position sind Verbindlichkeiten zu-sammengefasst, die aus Pensionsgeschäften(mit Gebietsansässigen und Gebietsfremdendes Euroraums) im Rahmen der Verwaltungder Währungsreserven der EZB entstehen.

11 Intra-Eurosystem-Verbindlichkeiten

In dieser Position sind die Verbindlichkeitenausgewiesen, die die EZB im Rahmen derÜbertragung der Währungsreserven durchdie NZBen eingegangen ist. Die ursprüngli-chen Verbindlichkeiten wurden zum Einbrin-gungswert in Euro angesetzt und werden mitdem jeweils geltenden marginalen Zinssatzdes Hauptrefinanzierungsinstruments des Eu-rosystems – vermindert um einen Abschlag –verzinst. Mit dem Abschlag wird berücksich-tigt, dass die Goldbestände unverzinst sind(siehe Erläuterung Nr. 19 im Abschnitt Erläu-terungen zur Gewinn- und Verlustrechnung).

Kapitalschlüssel% €

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique 2,8658 1 432 900 000

Deutsche Bundesbank 24,4935 12 246 750 000

Bank von Griechenland 2,0564 1 028 200 000

Banco de España 8,8935 4 446 750 000

Banque de France 16,8337 8 416 850 000

Central Bank of Ireland 0,8496 424 800 000

Banca d’Italia 14,8950 7 447 500 000

Banque centrale du Luxembourg 0,1492 74 600 000

De Nederlandsche Bank 4,2780 2 139 000 000

Oesterreichische Nationalbank 2,3594 1 179 700 000

Banco de Portugal 1,9232 961 600 000

Suomen Pankki – Finlands Bank 1,3970 698 500 000

Insgesamt 80,9943 40 497 150 000

12 Sonstige Passiva

In dieser Position sind hauptsächlich Zinsan-sprüche der NZBen im Zusammenhang mitihren Forderungen aus der Übertragung vonWährungsreserven erfasst (siehe ErläuterungNr. 11). Ferner sind darunter Rentenver-pflichtungen der EZB (61,9 Mio € zum Bi-lanzstichtag gegenüber 53,9 Mio € Ende2001) und die passiven Rechnungsabgrenzun-gen ausgewiesen.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002222

2002 2001€ €

Gold 1 983 835 491 1 691 913 278

Devisen 1 682 723 875 7 428 130 700

Wertpapiere 738 274 730 308 958 852

Insgesamt 4 404 834 096 9 429 002 830

Kapitalschlüssel% €

Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique 2,8658 143 290 000

Deutsche Bundesbank 24,4935 1 224 675 000

Bank von Griechenland 2,0564 102 820 000

Banco de España 8,8935 444 675 000

Banque de France 16,8337 841 685 000

Central Bank of Ireland 0,8496 42 480 000

Banca d’Italia 14,8950 744 750 000

Banque centrale du Luxembourg 0,1492 7 460 000

De Nederlandsche Bank 4,2780 213 900 000

Oesterreichische Nationalbank 2,3594 117 970 000

Banco de Portugal 1,9232 96 160 000

Suomen Pankki – Finlands Bank 1,3970 69 850 000

Insgesamt 80,9943 4 049 715 000

Kapitalschlüssel% €

Danmarks Nationalbank 1,6709 4 177 250

Sveriges Riksbank 2,6537 6 634 250

Bank of England 14,6811 36 702 750

Insgesamt 19,0057 47 514 250

13 Rückstellungen

In Anbetracht der hohen Fremdwährungsbe-stände und des damit verbundenen Wäh-rungs- und Zinsänderungsrisikos der EZB undim Hinblick auf den derzeitigen Stand ihrerBewertungsreserve (Ausgleichsposten ausNeubewertung) wurde eine Sonderrückstel-lung gebildet. Das erforderliche Ausmaß wirdvor dem Hintergrund der voraussichtlichenRisikoentwicklung jährlich geprüft.

Daneben umfasst diese Position auch Rück-stellungen für Lieferungen und Leistungen so-wie – im Zusammenhang mit dem Umzug zumendgültigen Standort der EZB – eine Rück-stellung zur Deckung der vertraglichen Ver-pflichtung der EZB, den ursprünglichen Zu-stand der angemieteten Räumlichkeitenwiederherzustellen.

14 Ausgleichsposten ausNeubewertung

Dieser Posten entspricht einer Bewertungs-reserve, die aus nicht realisierten Gewinnenaus Forderungen und Verbindlichkeiten gebil-det wird. Der Rückgang ist in erster Linie aufden Kursrückgang des US-Dollar gegenüberdem Euro im Jahr 2002 zurückzuführen (sie-he „Gold, Fremdwährungsforderungen und-verbindlichkeiten“ im Abschnitt Rechnungs-legungsgrundsätze).

15 Kapital und Rücklagen

Kapital

Das gezeichnete Kapital der EZB beträgt5 Mrd €. Die zu 100 % eingezahlten Anteileder NZBen des Euroraums machen zusam-men 4 049 715 000 € aus:

Die NZBen jener Mitgliedstaaten, die demEuroraum nicht angehören, haben jeweils 5 %des ursprünglich gezeichneten Kapitals einge-zahlt. Ihre Anteile machen zusammen47 514 250 € aus:

Aus diesen Beiträgen soll der operative Auf-wand der EZB im Zusammenhang mit denAufgaben gedeckt werden, die sie für die nichtam Eurosystem teilnehmenden NZBen wahr-nimmt. Zuzahlungen haben diese NZBen erstdann zu leisten, wenn sie dem Eurosystembeitreten. Bis dahin haben sie weder An-spruch auf ausschüttbare EZB-Gewinne, ein-schließlich Einkünften aus der Verteilung desEuro-Banknotenumlaufs innerhalb des Euro-systems, noch müssen sie für Verluste derEZB aufkommen.

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223EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Rücklagen

In Übereinstimmung mit Artikel 33 ESZB-Sat-zung beschloss der EZB-Rat am 21. März 2002die Zuweisung von 364 Mio € aus dem Jahres-überschuss 2001 an die Allgemeine Reserve.

16 Standardisiertes Wertpapierleih-programm

Im Rahmen der Eigenmittelverwaltung hat dieEZB eine Vereinbarung über die Nutzung ei-nes standardisierten Wertpapierleihpro-gramms abgeschlossen. Dabei nimmt sie dieDienste eines Mittlers in Anspruch, der auto-risiert ist, in ihrem Auftrag Wertpapierleih-geschäfte mit Geschäftspartnern durchzufüh-ren, die die EZB für solche Geschäfte zu-gelassen hat. Diesbezüglich waren am31. Dezember 2002 Repogeschäfte und Re-verse-Repogeschäfte in Höhe von jeweils1,4 Mrd € offen (2001: 1,6 Mrd €; siehe„Rückkaufsvereinbarungen“ im AbschnittRechnungslegungsgrundsätze).

17 Zinsfutures

Im Jahr 2002 wurden im Rahmen der Verwal-tung der Währungsreserven der EZB Fremd-währungs-Zinsfutures verwendet. Zum 31. De-zember 2002 waren die folgenden Geschäfteoffen (Angaben zum Nominalwert):

Fremdwährungs- KontraktwertZinsfutures €

Käufe 1 130 775 475

Verkäufe 682 464 004

18 Zukünftige Kapitalverpflichtungen

Am 5. März 2002 unterzeichneten die EZBund die Stadt Frankfurt am Main einen Kauf-vertrag über das Baugrundstück für den end-gültigen Sitz der EZB. Bezogen auf die geplan-te Nutzfläche wurde ein Mindestkaufpreis von61,4 Mio € vereinbart. Die Kaufsumme istratenweise bis spätestens 31. Dezember2004, d. h. bis zum Übergang der Eigentums-rechte an die EZB, zu zahlen.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002224

2002 2001€ €

Zinserträge ausWährungsreserven 1 060 990 318 1 851 694 324

Zinsaufwendungen fürWährungsreserven (70 371 421) (144 262 865)

Nettozinserträge ausWährungsreserven 990 618 897 1 707 431 459

Erläuterungen zur Gewinn- und Verlustrechnung

19 Nettozinsergebnis

Zinserträge aus Währungsreserven

Diese Position beinhaltet die im Zusammen-hang mit den Fremdwährungsforderungen und-verbindlichkeiten angefallenen Zinserträgeabzüglich der Zinsaufwendungen:

Zinserträge aus der Verteilung des Euro-Bankno-tenumlaufs innerhalb des Eurosystems

In dieser Position werden die Zinserträge derEZB aus ihrem Anteil von 8 % am Gesamt-wert des Euro-Banknotenumlaufs erfasst (sie-he „Banknotenumlauf“ im Abschnitt Rech-nungslegungsgrundsätze). Die Verzinsungrichtet sich nach dem jeweils geltenden mar-ginalen Zinssatz des Hauptrefinanzierungsin-struments des Eurosystems.

Zinsaufwendungen für die NZB-Forderungen ausder Übertragung von Währungsreserven

In dieser Position wird die Verzinsung derNZB-Forderungen gegenüber der EZB ausden gemäß Artikel 30.1 ESZB-Satzung über-tragenen Währungsreserven erfasst.

Sonstige Zinserträge und Zinsaufwendungen

Die hier erfassten Zinserträge und -aufwen-dungen ergeben sich aus den Salden auf denTARGET-Konten und anderen auf Euro lau-tenden Aktiva und Passiva

Lässt man die „Zinserträge aus der Vertei-lung des Euro-Banknotenumlaufs innerhalbdes Eurosystems“ außer Acht, war das Netto-

zinsergebnis gegenüber dem Jahr 2001 rück-läufig, in erster Linie aufgrund der Senkungder US-Dollar- und Euro-Leitzinsen im Jahr2002.

20 Realisierte Gewinne (Verluste) ausFinanzgeschäften

Der für 2002 ausgewiesene realisierte Net-togewinn ergab sich im Zuge von Wertpa-pierverkäufen im laufenden Portfoliomanage-ment. Im Jahr 2002 kam es zu keinen nen-nenswerten Abflüssen von Fremdwährungen.

21 Abschreibungen auf Finanzanlagenund -positionen

Diese Aufwendungen ergaben sich fast zurGänze aus der Abschreibung der ursprüngli-chen Anschaffungskosten für Yen- und SZR-Bestände durch Umrechnung auf den Wech-selkurs am 31. Dezember 2002, um die Kurs-verluste im Lauf des Berichtsjahrs ent-sprechend zu berücksichtigen (siehe „Erfolgs-ermittlung“ im Abschnitt Rechnungslegungs-grundsätze).

22 Nettoergebnis aus Gebühren undProvisionen

Erträge und Aufwendungen schlagen in dieserPosition wie folgt zu Buche (die Erträge erge-ben sich aus Verzugszinsen, die Kreditinstitu-te bei Nichterfüllung des Mindestreserve-Sollsentrichten müssen).

2002 2001€ €

Erträge aus Gebührenund Provisionen 634 241 931 206

Aufwendungen ausGebühren und Provisionen (861 399) (633 086)

Nettoergebnis ausGebühren und Provisionen (227 158) 298 120

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225EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

23 Sonstige Erträge

Diese Position resultiert im Wesentlichen ausder Auflösung nicht in Anspruch genomme-ner Rückstellungen für Sachaufwendungen.

24 Personalaufwendungen

Unter dieser Position werden die Gehälter undZulagen (2002: 92,6 Mio €, 2001: 82,4 Mio €)sowie die Arbeitgeberbeiträge zur EZB-Pensi-onskasse und zur Kranken- und Unfallversiche-rung ausgewiesen. Die Bezüge der Direktori-umsmitglieder beliefen sich auf insgesamt2 Mio € (2001: 1,9 Mio €). Im Berichtsjahr wa-ren keine Pensionszahlungen an frühere Direk-toriumsmitglieder oder deren Hinterbliebene zuentrichten. Die Gehälter und Zulagen der EZB-Mitarbeiter einschließlich der Bezüge der Ge-schäftsführung orientieren sich im Wesentlichenam Gehaltsschema der Europäischen Gemein-schaften und sind mit diesem vergleichbar.

Ende 2002 lag der Personalstand der EZB bei1 105 Mitarbeitern, von denen 79 Führungs-positionen bekleideten. Im Durchschnitt wa-ren im Berichtsjahr 1 080 Mitarbeiter bei derEZB beschäftigt (gegenüber 997 im Jahr 2001).Im Jahr 2002 wurden 113 neue Mitarbeitereingestellt, 51 Mitarbeiter schieden aus.

25 Die Pensionskasse der EZB

Nach den Bestimmungen des Pensionsplansder EZB muss alle drei Jahre ein umfassendesversicherungsmathematisches Gutachten er-stellt werden. Das letzte Gutachten wurdezum 31. Dezember 2001 erstellt, und zwarauf Basis der Anwartschaftsbarwertmethodeund unter Berücksichtigung der Mindestan-sprüche, die die Mitglieder bei Beendigungihres Arbeitsverhältnisses hätten.

Der Pensionsaufwand der EZB im Rahmen desPensionsplans wird mit Unterstützung eines ge-prüften Aktuars ermittelt. Zum Bilanzstichtagbetrug der so errechnete Pensionsaufwand (in-klusive einer Rückstellung für Berufsunfähigkeits-renten und andere Rentenleistungen)

27,4 Mio € (2001: 14,9 Mio €). Darin einge-schlossen sind Rückstellungen für die Pensionender Direktoriumsmitglieder in Höhe von2,1 Mio € (2001: 0,7 Mio €) und etwaige Bei-tragsanpassungen bei zusätzlichen Deckungser-fordernissen. Nach der versicherungsmathema-tischen Prüfung leistete die EZB im Jahr 2002Nachschusszahlungen in Höhe von 10,5 Mio €.Der erforderliche Beitragssatz der EZB liegt bei16,5 % der pensionsfähigen Mitarbeiterbezüge.

26 Sachaufwendungen

In dieser Position sind alle sonstigen laufendenAufwendungen erfasst, nämlich Mieten, Gebäude-instandhaltung, nicht aktivierungsfähige Ausga-ben für Sachanlagen, Honorare und andere Lie-ferungen und Leistungen. Dazu kommen mitder Einstellung und Weiterbildung von Mitar-beitern verbundene Ausgaben, einschließlich derUmzugskosten bei Beginn und Beendigung desArbeitsverhältnisses.

Der Rückgang bei den Sachaufwendungen imVorjahrsvergleich resultiert hauptsächlich ausden im Jahr 2001 infolge der Euro-2002-Infor-mationskampagne höheren Beraterhonoraren.

27 Aufwendungen für die Banknoten-herstellung

Im Jahr 2001 aktivierte die EZB zunächst dieHerstellungskosten für eine Eurosystem-Bank-notenreserve im Rahmen der Bargeldumstel-lung, bis die Kosten nach dem tatsächlichenBedarf an Banknoten auf die einzelnen NZBenumgelegt werden konnten. Nach einem Be-schluss des EZB-Rats, den verbliebenen Teil alsKernausstattung für eine strategische Eurosys-tem-Reserve zu nutzen, wurden die restlichenKosten zusammen mit weiteren Kosten aus demJahr 2002 nunmehr als Aufwand verbucht. Dieübrigen Kosten für den Aufbau der strategi-schen Eurosystem-Reserve wurden direkt vonden NZBen getragen.

Laut EZB-Ratsbeschluss wurde die Seignio-rage-Gewinnvorauszahlung um diesen Auf-wand gekürzt.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002226

An den Präsidenten und den Ratder Europäischen Zentralbank

Frankfurt am Main

Wir haben den Jahresabschluss der Europäischen Zentralbank zum 31. Dezember 2002 ge-prüft. Für die Erstellung des Abschlusses ist das Direktorium der Europäischen Zentralbankverantwortlich. In unserer Verantwortung liegt es, uns auf der Grundlage unserer Prüfung einunabhängiges Urteil über diesen Abschluss zu bilden und Ihnen darüber zu berichten.

Wir haben unsere Prüfung unter Beachtung der „International Standards of Auditing“ durch-geführt. Danach hatten wir die Abschlussprüfung so zu planen und durchzuführen, dass wirmit hinreichender Sicherheit beurteilen konnten, ob der Jahresabschluss keine wesentlichenFehlaussagen enthält. Unter anderem prüften wir stichprobenartig die Belege, auf denen dieZahlen und Angaben im Abschluss basieren. Außerdem beurteilten wir die Anwendung derRechnungslegungsgrundsätze durch das Management und dessen wesentliche Einschätzungensowie die Gesamtdarstellung des Jahresabschlusses. Wir sind der Auffassung, dass unserePrüfung eine hinreichend sichere Grundlage für unsere Beurteilung bildet.

Nach unserer Einschätzung vermittelt der Jahresabschluss, der gemäß den im ersten Abschnittder Erläuterungen zum Jahresabschluss der Europäischen Zentralbank dargelegten Rechnungs-legungsgrundsätze erstellt wurde, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild derFinanzlage der Europäischen Zentralbank zum 31. Dezember 2002 und der finanziellen Ergeb-nisse ihrer Tätigkeit im Geschäftsjahr 2002.

Frankfurt am Main, den 12. März 2003

PricewaterhouseCoopers

GmbHWirtschaftsprüfungsgesellschaft

[unterzeichnet] [unterzeichnet](Wagener) (Roennberg)Wirtschaftsprüfer Wirtschaftsprüfer

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227EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Erläuterung zur Gewinnverwendung

Diese Erläuterung ist nicht Bestandteil desJahresabschlusses der EZB für das Jahr 2002.Sie wird lediglich zu Informationszwecken imJahresbericht veröffentlicht.

Gewinnverwendung

Einkünfte der EZB aus dem Banknotenumlauf

Nach einem Beschluss des EZB-Rats vom19. Dezember 2002 wurde ein Teil der Ein-künfte der EZB aus ihrem Anteil am Gesamt-wert des Euro-Banknotenumlaufs (Seignio-rage) – 606 Mio € – am 3. Januar 2003 an dieNZBen entsprechend ihren Anteilen am Ka-pital der EZB ausgezahlt.

Zuweisung an die Allgemeine Reserve

Artikel 33 der ESZB-Satzung regelt die Ge-winnverteilung wie folgt:

• Ein vom EZB-Rat zu bestimmender Betrag,der 20 % des Jahresüberschusses nichtübersteigen darf, wird der Allgemeinen Re-serve bis zu einer Obergrenze von 100 %des Kapitals zugeführt.

• Der verbleibende Jahresüberschuss wird andie Anteilseigner der EZB entsprechendihren eingezahlten Anteilen ausgeschüttet.

In Übereinstimmung mit diesem Artikel be-schloss der EZB-Rat am 20. März 2003, keineZuweisung an die Allgemeine Reserve vorzu-nehmen, sondern den verbleibenden Jahres-überschuss von 614 Mio € an die NZBen desEuroraums im Verhältnis zu ihren voll einge-zahlten Kapitalanteilen auszuzahlen.

Die NZBen, die dem Eurosystem nicht ange-hören, haben keinen Anspruch auf eine Ge-winnbeteiligung.

2002 2001€ €

Jahresüberschuss 1 220 454 254 1 821 819 922

An die NZBen verteilteEZB-Einkünfte aus demBanknotenumlauf (606 000 000) 0

Jahresüberschuss nachVerteilung der EZB-Einkünfte aus demBanknotenumlauf 614 454 254 1 821 819 922

Zuweisung an dieAllgemeine Reserve 0 (364 363 984)

Ausschüttbarer Gewinn 614 454 254 1 457 455 938

Ausschüttung an dieNZBen (614 454 254)(1 457 455 938)

Insgesamt 0 0

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002228

Konsolidierte Bilanz des Eurosystems zum 31. Dezember 2002(Mio €)

Differenzen in den Summen/Zwischensummen durch Runden der Zahlen.*) Diese Veränderung ist zum Teil auf eine Änderung der Rechnungslegungspraxis der EZB zurückzuführen (siehe Erläuterung Nr. 4 zum

Jahresabschluss der EZB).

Aktiva 31. Dezember 31. Dezember2002 2001

1 Gold und Goldforderungen 130 739 126 801

2 Forderungen in Fremdwährung an Ansässigeaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 234 486 264 9862.1 Forderungen an den IWF 31 305 32 0082.2 Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen,

Auslandskredite und sonstige Auslandsaktiva 203 181 232 978

3 Forderungen in Fremdwährung an Ansässigeim Euro-Währungsgebiet 19 823 24 804

4 Forderungen in Euro an Ansässige außerhalbdes Euro-Währungsgebiets 4 190 5 7074.1 Guthaben bei Banken, Wertpapieranlagen und Kredite 4 190 5 7074.2 Forderungen aus der Kreditfazilität im Rahmen des WKM II 0 0

5 Forderungen in Euro aus geldpolitischen Operationenan Kreditinstitute im Euro-Währungsgebiet 227 654 203 5975.1 Hauptrefinanzierungsgeschäfte 180 000 142 0005.2 Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte 45 000 60 0005.3 Feinsteuerungsoperationen in Form von befristeten

Transaktionen 0 05.4 Strukturelle Operationen in Form von befristeten

Transaktionen 0 05.5 Spitzenrefinanzierungsfazilität 2 621 1 5735.6 Forderungen aus Margenausgleich 33 24

6 Sonstige Forderungen in Euro anKreditinstitute im Euro-Währungsgebiet 147 488

7 Wertpapiere in Euro von Ansässigenim Euro-Währungsgebiet * 27 828 24 417

8 Forderungen in Euro an öffentliche Haushalte 44 486 67 722

9 Sonstige Aktiva 105 808 95 567

Aktiva insgesamt 795 161 814 089

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229EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Passiva 31. Dezember 31. Dezember 2002 2001

1 Banknotenumlauf 371 866 269 558

2 Verbindlichkeiten in Euro aus geldpolitischenOperationen gegenüber Kreditinstituten imEuro-Währungsgebiet 133 565 148 0722.1 Einlagen auf Girokonten

(einschließlich Mindestreserveguthaben) 133 495 147 5802.2 Einlagefazilität 70 4882.3 Termineinlagen 0 02.4 Feinsteuerungsoperationen in Form von befristeten

Transaktionen 0 02.5 Verbindlichkeiten aus Margenausgleich 0 4

3 Sonstige Verbindlichkeiten in Euro gegenüberKreditinstituten im Euro-Währungsgebiet 15 37 159

4 Verbindlichkeiten aus der Begebung vonSchuldverschreibungen 2 029 2 939

5 Verbindlichkeiten in Euro gegenüber sonstigenAnsässigen im Euro-Währungsgebiet 46 197 51 2775.1 Einlagen von öffentlichen Haushalten 41 123 44 9705.2 Sonstige Verbindlichkeiten 5 074 6 307

6 Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Ansässigenaußerhalb des Euro-Währungsgebiets 8 813 9 446

7 Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüberAnsässigen im Euro-Währungsgebiet 1 125 2 524

8 Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüberAnsässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets 18 588 20 2278.1 Einlagen, Guthaben und sonstige Verbindlichkeiten 18 588 20 2278.2 Verbindlichkeiten aus der Kreditfazilität im Rahmen des WKM II 0 0

9 Ausgleichsposten für vom IWF zugeteilteSonderziehungsrechte 6 340 6 967

10 Sonstige Passiva 59 702 77 181

11 Ausgleichsposten aus Neubewertung 82 615 125 397

12 Kapital und Rücklagen 64 306 63 342

Passiva insgesamt 795 161 814 089

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002230

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231EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Von der EZB im Jahr 2002verabschiedete Rechtsinstrumente

EZB/2002/1 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 27. Februar 2002

zur Änderung der Leitlinie EZB/2001/3 über ein transeuro-

päisches automatisches Echtzeit-Brutto-Express-Zahlungsverkehrs-

system (TARGET)

EZB/2002/2 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 7. März 2002 zur Änderung

der Leitlinie EZB/2000/7 über geldpolitische Instrumente und Verfahren

des Eurosystems

EZB/2002/3 Verordnung der Europäischen Zentralbank vom 18. April 2002 zur Ände-

rung der Verordnung EZB/1998/15 über die Auferlegung einer Mindest-

reservepflicht

EZB/2002/4 Verordnung der Europäischen Zentralbank vom 6. Juni 2002 zur Berich-

tigung der Verordnung EZB/2001/13 über die konsolidierte Bilanz des

Sektors der monetären Finanzinstitute

EZB/2002/5 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 30. Juli 2002 über bestimmte

statistische Berichtsanforderungen der Europäischen Zentralbank und die

von den nationalen Zentralbanken anzuwendenden Verfahren zur Mel-

dung statistischer Daten im Bereich der Geld- und Bankenstatistik

EZB/2002/6 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 26. September 2002 über die

für die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bei der

Durchführung von geldpolitischen Geschäften und Devisengeschäften

mit den Währungsreserven der EZB geltenden Mindeststandards

EZB/2002/7 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 21. November 2002 über die

statistischen Berichtsanforderungen der Europäischen Zentralbank im Be-

reich der vierteljährlichen Finanzierungsrechnungen

EZB/2002/8 Verordnung der Europäischen Zentralbank vom 21. November 2002 zur

Änderung der Verordnung EZB/2001/13 über die konsolidierte Bilanz

des Sektors der monetären Finanzinstitute

EZB/2002/9 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 21. November 2002 über

die Verteilung der Einkünfte der Europäischen Zentralbank aus dem

Euro-Banknotenumlauf an die Nationalen Zentralbanken der teilnehmen-

den Mitgliedstaaten

EZB/2002/10 Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 5. Dezember 2002 über die

Rechnungslegungsgrundsätze und das Berichtswesen im Europäischen

System der Zentralbanken

Diese Liste bietet einen Überblick über dieverbindlichen Rechtsinstrumente, die im Jahr2002 von der EZB verabschiedet wurden undim Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaf-ten1 veröffentlicht wurden. Diese (und weite-re) EZB-Rechtsinstrumente sind beim Amtfür amtliche Veröffentlichungen der Europäi-schen Gemeinschaften erhältlich. Eine Auf-

1 Gemäß Artikel 2 Nummer 38 des Vertrags von Nizza zurAbänderung von Artikel 254 EG-Vertrag wurde das Amtsblattder Europäischen Gemeinschaften in Amtsblatt der Europäi-schen Union umbenannt. Die Änderung ist seit dem In-Kraft-Treten des Vertrags von Nizza gültig.

stellung aller von der EZB seit Juni 1998 ver-abschiedeten Rechtsinstrumente findet sichauf der EZB-Website.

Nummer Titel Fundstelle

im Amtsblatt

ABl. L 67,

9.3.2002,

S. 74–76

ABl. L 185,

15.7.2002,

S. 1–78

ABl. L 106,

23.4.2002,

S. 9–10

ABl. L 151,

11.6.2002,

S. 11

ABl. L 220,

15.8.2002,

S. 67–71

ABl. L 270,

8.10.2002,

S. 14–16

ABl. L 334,

11.12.2002,

S. 24–44

ABl. L 330,

6.12.2002,

S. 29–32

ABl. L 323,

28.11.2002,

S. 49–50

ABl. L 58,

3.3.2003,

S. 1–37

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002232

EZB/2002/11 Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 5. Dezember 2002 über

den Jahresabschluss der Europäischen Zentralbank

EZB/2002/12 Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom 19. Dezember 2002

über die Genehmigung des Umfangs der Ausgabe von Münzen im Jahr

2003

EZB/2002/13 Empfehlung der Europäischen Zentralbank vom 19. Dezember 2002 an

den Rat der Europäischen Union im Hinblick auf die externen Rech-

nungsprüfer der Europäischen Zentralbank und der Suomen Pankki

Nummer Titel Fundstelleim Amtsblatt

ABl. L 58,

3.3.2003,

S. 38–59

ABl. L 358,

31.12.2002,

S. 144–145

ABl. C 331,

31.12.2002,

S. 56

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233EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Publikationen derEuropäischen Zentralbank

Dieses Verzeichnis soll den Leser über ausgewählte Publikationen der Europäischen Zentralbankinformieren. Die Publikationen werden von der Presse- und Informationsabteilung kostenlos anInteressenten abgegeben. Anfragen sind schriftlich an die im Impressum angegebene Postanschriftzu richten.

Eine vollständige Liste der Publikationen des Europäischen Währungsinstituts kann auf derWebsite der EZB (http://www.ecb.int) abgerufen werden.

Jahresbericht

„Jahresbericht 1998“, April 1999.

„Jahresbericht 1999“, April 2000.

„Jahresbericht 2000“, Mai 2001.

„Jahresbericht 2001“, April 2002.

Konvergenzbericht

„Konvergenzbericht 2000“, Mai 2000.

„Konvergenzbericht 2002“, Mai 2002.

Monatsbericht

Ab Januar 1999 veröffentlichte Artikel:

„Das Euro-Währungsgebiet zu Beginn der dritten Stufe“, Januar 1999.„Die stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie des Eurosystems“, Januar 1999.„Monetäre Aggregate im Euro-Währungsgebiet und ihre Rolle in der geldpolitischen Strategiedes Eurosystems“, Februar 1999.

„Die Rolle kurzfristiger Konjunkturindikatoren bei der Analyse der Preisentwicklungim Euro-Währungsgebiet“, April 1999.

„Der Bankensektor im Euroraum: strukturelle Merkmale und Entwicklungen“, April 1999.„Der Handlungsrahmen des Eurosystems: Beschreibung und erste Beurteilung“, Mai 1999.„Die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts“, Mai 1999.„Längerfristige Entwicklungen und konjunkturelle Schwankungen der wichtigenvolkswirtschaftlichen Indikatoren der Länder des Euro-Währungsgebiets“, Juli 1999.

„Der institutionelle Rahmen des Europäischen Systems der Zentralbanken“, Juli 1999.„Die internationale Rolle des Euro“, August 1999.„Die Bilanzen der Monetären Finanzinstitute des Euro-Währungsgebiets zu Beginndes Jahres 1999“, August 1999.

„Inflationsunterschiede in einer Währungsunion“, Oktober 1999.„Die Jahr-2000-Vorbereitungen des ESZB“, Oktober 1999.„Auf Preisstabilität ausgerichtete Politik und die Entwicklung der langfristigen Realzinsen in denneunziger Jahren“, November 1999.

„TARGET und der Euro-Zahlungsverkehr“, November 1999.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002234

„Die Rechtsinstrumente der Europäischen Zentralbank“, November 1999.„Das Euro-Währungsgebiet ein Jahr nach Einführung des Euro: Wesentliche Merkmale undVeränderungen in der Finanzstruktur“, Januar 2000.

„Währungsreserven und Devisengeschäfte des Eurosystems“, Januar 2000.„Das Eurosystem und die EU-Erweiterung“, Februar 2000.„Konsolidierung im Bereich der Wertpapierabwicklung“, Februar 2000.„Der nominale und reale effektive Wechselkurs des Euro“, April 2000.„WWU und Bankenaufsicht“, April 2000.„Der Informationsgehalt von Zinssätzen und ihren Derivaten für die Geld- und Währungspolitik“,Mai 2000.

„Entwicklung und Struktur der Arbeitsmärkte im Euro-Währungsgebiet“, Mai 2000.„Die Umstellung auf Zinstender bei den Hauptrefinanzierungsgeschäften“, Juli 2000.„Geldpolitische Transmission im Euro-Währungsgebiet“, Juli 2000.„Die Finanzpolitik im Euro-Währungsgebiet unter den Bedingungen einer alterndenBevölkerung“, Juli 2000.

„Preis- und Kostenindikatoren für das Euro-Währungsgebiet: ein Überblick“, August 2000.„Der Außenhandel des Euro-Währungsgebiets: Strukturen und Tendenzen“, August 2000.„Potenzialwachstum und Produktionslücke: Begriffsabgrenzung, Anwendungsbereiche undSchätzergebnisse“, Oktober 2000.

„Die Beziehungen der EZB zu den Organen und Einrichtungen der Europäischen Union“,Oktober 2000.

„Die zwei Säulen der geldpolitischen Strategie der EZB“, November 2000.„Fragen rund um den Einsatz von elektronischem Geld“, November 2000.„Das Euro-Währungsgebiet nach dem Beitritt Griechenlands“, Januar 2001.„Geldpolitik bei Unsicherheit“, Januar 2001.„Die Beziehungen der EZB zu internationalen Organisationen und Foren“, Januar 2001.„Charakteristika der Unternehmensfinanzierung im Euro-Währungsgebiet“, Februar 2001.„Auf dem Weg zu einem einheitlichen Leistungsniveau für Massenzahlungen imEuro-Währungsgebiet“, Februar 2001.

„Die externe Kommunikation der Europäischen Zentralbank“, Februar 2001.„Beurteilung der allgemeinen Wirtschaftsstatistik für den Euroraum“, April 2001.„Die Rahmenregelungen für Sicherheiten des Eurosystems“, April 2001.„Die Einführung der Euro-Banknoten und -Münzen“, April 2001.„Gestaltungsrahmen und Instrumentarium der monetären Analyse“, Mai 2001.„Die neue Basler Eigenkapitalvereinbarung aus Sicht der EZB“, Mai 2001.„Finanzierung und Geldvermögen(sbildung) der nichtfinanziellen Sektoren im Euro-Währungsgebiet“, Mai 2001.

„Neue Technologien und Produktivität im Euro-Währungsgebiet“, Juli 2001.„Indizes zur Messung der Kerninflation im Euro-Währungsgebiet“, Juli 2001.„Finanzpolitik und Wirtschaftswachstum“, August 2001.„Gütermarktreformen im Euro-Währungsgebiet“, August 2001.„Die Rolle zentraler Kontrahenten bei der Konsolidierung der Wertpapierabwicklungim Euro-Währungsgebiet“, August 2001.

„Fragen im Zusammenhang mit geldpolitischen Regeln“, Oktober 2001.„Bietungsverhalten der Geschäftspartner bei Offenmarktgeschäften des Eurosystems“,Oktober 2001.

„Die Euro-Bargeldumstellung außerhalb des Euro-Währungsgebiets“, Oktober 2001.„Der Informationsgehalt von Gesamtindikatoren des Konjunkturzyklus imEuro-Währungsgebiet“, November 2001.

„Der wirtschaftspolitische Rahmen der WWU“, November 2001.„Wirtschaftliche Fundamentalfaktoren und der Wechselkurs des Euro“, Januar 2002.

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235EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

„Die Euro-Banknoten: die Bargeldumstellung und Maßnahmen im Anschluss daran“,Januar 2002.

„Aktienmarkt und Geldpolitik“, Februar 2002.„Jüngste Entwicklungen in der internationalen Zusammenarbeit“, Februar 2002.„Die Wirkungsweise automatischer fiskalischer Stabilisatoren im Euro-Währungsgebiet“,April 2002.

„Die Rolle des Eurosystems bei Zahlungs- und Verrechnungssystemen“, April 2002.„Neuerungen im Bereich der MFI-Bilanzstatistik sowie der MFI-Zinsstatistik“, April 2002.„Die Liquiditätssteuerung der EZB“, Mai 2002.„Internationale Zusammenarbeit im Bereich der Finanzmarktaufsicht“, Mai 2002.„Auswirkungen der Euro-Bargeldumstellung auf den Bargeldumlauf“, Mai 2002.„Merkmale des Konjunkturzyklus im Euro-Währungsgebiet in den Neunzigerjahren“,Juli 2002.

„Dialog des Eurosystems mit EU-Beitrittsländern“, Juli 2002.„Entwicklung der Direktinvestitions- und Wertpapierströme zwischen dem Euro-Währungsgebietund Drittländern“, Juli 2002.

„Preisniveaukonvergenz und Wettbewerb im Euro-Währungsgebiet“, August 2002.„Jüngste Entwicklungen und Risiken im Bankensektor des Euro-Währungsgebiets“, August 2002.„Ersparnis, Finanzierung und Investitionen im Euro-Währungsgebiet“, August 2002.„Jüngste Erkenntnisse über die geldpolitische Transmission im Euro-Währungsgebiet“,Oktober 2002.

„Hauptmerkmale des Repomarkts im Euro-Währungsgebiet“, Oktober 2002.„Die Rechenschaftspflicht der EZB“, November 2002.„Transparenz in der Geldpolitik der EZB“, November 2002.„Zusammensetzung des Beschäftigungswachstums im Euro-Währungsgebiet in den letzten Jahren“,November 2002.

„Die Bargeldnachfrage im Euro-Währungsgebiet im Zeichen der Euro-Bargeldumstellung“,Januar 2003.

„Ziel, Konzept und Auswirkungen des CLS-Systems“, Januar 2003.„Der Zusammenhang zwischen Geld- und Finanzpolitik im Euro-Währungsgebiet“, Februar 2003.„Wechselkurssysteme in Schwellenländern“, Februar 2003.

Occasional Papers

1. „The impact of the euro on money and bond markets“ von J. Santillán, M. Bayle undC. Thygesen, Juli 2000.

2. „The effective exchange rates of the euro“ von L. Buldorini, S. Makrydakis undC. Thimann, Februar 2002.

3. „Estimating the trend of M3 income velocity underlying the reference value for monetarygrowth“ von C. Brand, D. Gerdesmeier und B. Roffia, Mai 2002.

4. „Labour force developments in the euro area since the 1980s“ von V. Genre undR. Gómez-Salvador, Juli 2002.

5. „The evolution of clearing and central counterparty services for exchange-tradedderivatives in the United States and Europe: a comparison“ von D. Russo,T. L. Hart und A. Schönenberger, September 2002.

6. „Banking integration in the euro area“ von I. Cabral, F. Dierick und J. Vesala,Dezember 2002.

7. „Economic relations with regions neighbouring the euro area in the ,Euro Time Zone‘“von F. Mazzaferro, A. Mehl, M. Sturm, C. Thimann und A. Winkler, Dezember 2002.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002236

Working Papers

1. „A global hazard index for the world foreign exchange markets“ von V. Brousseau undF. Scacciavillani, Mai 1999.

2. „What does the single monetary policy do? A SVAR benchmark for the European CentralBank“ von C. Monticelli und O. Tristani, Mai 1999.

3. „Fiscal policy effectiveness and neutrality results in a non-Ricardian world“ von C. Detken,Mai 1999.

4. „From the ERM to the euro: new evidence on economic and policy convergence amongEU countries“ von I. Angeloni und L. Dedola, Mai 1999.

5. „Core inflation: a review of some conceptual issues“ von M. Wynne, Mai 1999.6. „The demand for M3 in the euro area“ von G. Coenen und J.-L. Vega, September 1999.7. „A cross-country comparison of market structures in European banking“ von O. De Bandt und

E. P. Davis, September 1999.8. „Inflation zone targeting“ von A. Orphanides und V. Wieland, Oktober 1999.9. „Asymptotic confidence bands for the estimated autocovariance and autocorrelation functions

of vector autoregressive models“ von G. Coenen, Januar 2000.10. „On the effectiveness of sterilized foreign exchange intervention“ von R. Fatum, Februar 2000.11. „Is the yield curve a useful information variable for the Eurosystem?“ von J. M. Berk und

P. van Bergeijk, Februar 2000.12. „Indicator variables for optimal policy“ von L. E. O. Svensson und M. Woodford,

Februar 2000.13. „Monetary policy with uncertain parameters“ von U. Söderström, Februar 2000.14. „Assessing nominal income rules for monetary policy with model and data uncertainty“

von G. D. Rudebusch, Februar 2000.15. „The quest for prosperity without inflation“ von A. Orphanides, März 2000.16. „Estimating the implied distribution of the future short-term interest rate using

the Longstaff-Schwartz model“ von P. Hördahl, März 2000.17. „Alternative measures of the NAIRU in the euro area: estimates and assessment“

von S. Fabiani und R. Mestre, März 2000.18. „House prices and the macroeconomy in Europe: results from a structural VAR analysis“

von M. Iacoviello, April 2000.19. „The euro and international capital markets“ von C. Detken und P. Hartmann,

April 2000.20. „Convergence of fiscal policies in the euro area“ von O. De Bandt und F. P. Mongelli,

Mai 2000.21. „Firm size and monetary policy transmission: evidence from German business survey data“

von M. Ehrmann, Mai 2000.22. „Regulating access to international large-value payment systems“ von C. Holthausen und

T. Rønde, Juni 2000.23. „Escaping Nash inflation“ von In-Koo Cho und T. J. Sargent, Juni 2000.24. „What horizon for price stability“ von F. Smets, Juli 2000.25. „Caution and conservatism in the making of monetary policy“ von P. Schellekens,

Juli 2000.26. „Which kind of transparency? On the need for clarity in monetary policy-making“

von B. Winkler, August 2000.27. „This is what the US leading indicators lead“ von M. Camacho und G. Pérez-Quirós,

August 2000.28. „Learning, uncertainty and central bank activism in an economy with strategic

interactions“ von M. Ellison und N. Valla, August 2000.

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31. „The disappearing tax base: Is foreign direct investment eroding corporate income taxes?“von R. Gropp und K. Kostial, September 2000.

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34. „Capital market development, corporate governance and the credibility of exchangerate pegs“ von O. Castrén und T. Takalo, Oktober 2000.

35. „Systemic Risk: A survey“ von O. De Bandt und P. Hartmann, November 2000.36. „Measuring core inflation in the euro area“ von C. Morana, November 2000.37. „Business fixed investment: evidence of a financial accelerator in Europe“

von P. Vermeulen, November 2000.38. „The optimal inflation tax when taxes are costly to collect“ von F. De Fiore,

November 2000.39. „A money demand system for euro area M3“ von C. Brand und N. Cassola,

November 2000.40. „Financial structure and the interest rate channel of ECB monetary policy“ von B. Mojon,

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von M. Fratzscher, März 2001.49. „Business cycle and monetary policy analysis in a structural sticky-price model of the euro

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von G. Peersman und F. Smets, März 2001.53. „An evaluation of some measures of core inflation for the euro area“ von J.-L. Vega und

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56. „Stabilization policy in a two country model and the role of financial frictions“von E. Faia, April 2001.

57. „Model-based indicators of labour market rigidity“ von S. Fabiani und D. Rodriguez Palenzuela,April 2001.

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63. „Does money lead inflation in the euro area?” von S. Nicoletti Altimari, Mai 2001.64. „Exchange rate volatility and euro area imports“ von R. Anderton und F. Skudelny, Mai 2001.65. „A system approach for measuring the euro area NAIRU“ von S. Fabiani und R. Mestre,

Mai 2001.66. „Can short-term foreign exchange volatility be predicted by the Global Hazard Index?“

von V. Brousseau und F. Scacciavillani, Juni 2001.67. „The daily market for funds in Europe: has something changed with the EMU?“

von G. Pérez-Quirós und H. Rodríguez Mendizábal, Juni 2001.68. „The performance of forecast-based monetary policy rules under model uncertainty“

von A. Levin, V. Wieland und J. C. Williams, Juli 2001.69. „The ECB monetary policy strategy and the money market“ von V. Gaspar, G. Pérez-Quirós

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Juli 2001.72. „Bank concentration and retail interest rates“ von S. Corvoisier und R. Gropp, Juli 2001.73. „Interbank lending and monetary policy transmission – evidence for Germany“

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C. Holthausen, August 2001.75. „Value at risk models in finance“ von S. Manganelli und R. F. Engle, August 2001.76. „Rating agency actions and the pricing of debt and equity of European banks: what can we infer

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November 2001.90. „Public pensions and growth“ von S. Lambrecht, P. Michel und J.-P. Vidal,

November 2001.91. „The monetary transmission mechanism in the euro area: more evidence from VAR analysis“

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structural macroeconomic models“ von P. McAdam und J. Morgan, Dezember 2001.94. „Monetary policy transmission in the euro area: what do aggregate and national

structural models tell us?“ von P. van Els, A. Locarno, J. Morgan und J.-P. Villetelle,Dezember 2001.

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101. „Monetary policy and bank lending in France: are there asymmetries?“ von C. Loupias,F. Savignac und P. Sevestre, Dezember 2001.

102. „The bank lending channel of monetary policy: identification and estimation using Portuguesemicro bank data“ von L. Farinha und C. Robalo Marques, Dezember 2001.

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104. „Is there a bank lending channel of monetary policy in Greece? Evidence from bank level data“von S. N. Brissimis, N. C. Kamberoglou und G. T. Simigiannis, Dezember 2001.

105. „Financial systems and the role of banks in monetary policy transmission in the euro area“von M. Ehrmann, L. Gambacorta, J. Martínez-Pagés, P. Sevestre und A. Worms,Dezember 2001.

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108. „Credit channel and investment behaviour in Austria: a microeconometric approach“von M. Valderrama, Dezember 2001.

109. „Monetary transmission in Germany: new perspectives on financial constraints and investmentspending“ von U. von Kalckreuth, Dezember 2001.

110. „Does monetary policy have asymmetric effects? A look at the investment decisions of Italianfirms“ von E. Gaiotti und A. Generale, Dezember 2001.

111. „Monetary transmission: empirical evidence from Luxembourg firm level data“von P. Lünnemann und T. Mathä, Dezember 2001.

112. „Firm investment and monetary transmission in the euro area“ von J.-B. Chatelain,A. Generale, I. Hernando, U. von Kalckreuth und P. Vermeulen, Dezember 2001.

113. „Financial frictions and the monetary transmission mechanism: theory, evidence and policyimplications“ von C. Bean, J. Larsen und K. Nikolov, Januar 2002.

114. „Monetary transmission in the euro area: where do we stand?“ von I. Angeloni,A. Kashyap, B. Mojon und D. Terlizzese, Januar 2002.

115. „Monetary policy rules, macroeconomic stability and inflation: a view from the trenches“von A. Orphanides, Dezember 2001.

116. „Rent indices for housing in West Germany 1985 to 1998“ von J. Hoffmann undC. Kurz, Januar 2002.

117. „Hedonic house prices without characteristics: the case of new multiunit housing“von O. Bover und P. Velilla, Januar 2002.

118. „Durable goods, price indexes and quality change: an application to automobile prices in Italy,1988-98“ von G. M. Tomat, Januar 2002.

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120. „Learning stability in economics with heterogeneous agents“ von S. Honkapohja undK. Mitra, Januar 2002.

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R. Albers, Februar 2002.123. „Analysing and combining multiple credit assessments of financial institutions“

von E. Tabakis und A. Vinci, Februar 2002.124. „Monetary policy, expectations and commitment“ von G. W. Evans und S. Honkapohja,

Februar 2002.125. „Duration, volume and volatility impact of trades“ von S. Manganelli, Februar 2002.126. „Optimal contracts in a dynamic costly state verification model“ von C. Monnet und

E. Quintin, Februar 2002.127. „Performance of monetary policy with internal central bank forecasting“

von S. Honkapohja und K. Mitra, Februar 2002.128. „Openness, imperfect exchange rate pass-through and monetary policy“ von F. Smets und

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von A. al-Nowaihi und L. Stracca, März 2002.130. „Harmonized indexes of consumer prices; their conceptual foundations“

von E. Diewert, März 2002.131. „Measurement bias in the HICP: what do we know, and what do we need to know?“

von M. A. Wynne und D. Rodríguez-Palenzuela, März 2002.132. „Inflation dynamics and dual inflation in accession countries: a ‘new Keynesian’ perspective“

von O. Arratibel, D. Rodríguez-Palenzuela und C. Thimann, März 2002.

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133. „Can confidence indicators be useful to predict short-term real GDP growth?“von A. Mourougane und M. Roma, März 2002.

134. „The cost of private transportation in the Netherlands, 1992-99“ von B. Bodeund J. Van Dalen, März 2002.

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138. „‘New‘ views on the optimum currency area theory: what is EMU telling us?“von F. P. Mongelli, April 2002.

139. „On currency crises and contagion“ von M. Fratzscher, April 2002.140. „Price setting and the steady-state effects of inflation“ von M. Casares, Mai 2002.141. „Asset prices and fiscal balances“ von F. Eschenbach und L. Schuknecht, Mai 2002.142. „Modelling the daily banknotes in circulation in the context of the liquidity management of the

European Central Bank“ von A. Cabrero, G. Camba-Mendez, A. Hirsch undF. Nieto, Mai 2002.

143. „A non-parametric method for valuing new goods“ von L. Blow und I. Crawford,Mai 2002.

144. „A failure in the measurement of inflation: results from a hedonic and matched experimentusing scanner data“ von M. Silver und S. Heravi, Mai 2002.

145. „Towards a new early warning system of financial crises“ von M. Bussiere undM. Fratzscher, Mai 2002.

146. „Competition and stability – what’s special about banking?“ von E. Carletti undP. Hartmann, Mai 2002.

147. „Time-to-build approach in a sticky price, sticky wage optimising monetary model“von M. Casares, Mai 2002.

148. „The functional form of yield curves“ von V. Brousseau, Mai 2002.149. „The Spanish block of the ESCB multi-country model“ von A. Willman und A. Estrada,

Mai 2002.150. „Equity and bond market signals as leading indicators of bank fragility“ von R. Gropp,

J. Vesala und G. Vulpes, Juni 2002.151. „G7 inflation forecasts“ von F. Canova, Juni 2002.152. „Short-term monitoring of fiscal policy discipline“ von G. Camba-Mendez und A. Lamo,

Juni 2002.153. „Euro area production function and potential output: a supply side system approach“

von A. Willman, Juni 2002.154. „The euro bloc, the dollar bloc and the yen bloc: how much monetary policy independence

can exchange rate flexibility buy in an interdependent world?“ von M. Fratzscher, Juni 2002.155. „Youth unemployment in the OECD: demographic shifts, labour market institutions, and

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Juli 2002.159. „Optimal public money“ von C. Monnet, Juli 2002.160. „Model uncertainty and the equilibrium value of the real effective euro exchange rate“

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von S. Krogstrup, August 2002.163. „The rationality of consumers’ inflation expectations: survey-based evidence for the euro

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August 2002.165. „The industry effects of monetary policy in the euro area“ von G. Peersman und

F. Smets, August 2002.166. „Monetary and fiscal policy interactions in a micro-founded model of a monetary union“

von R. M. W. J. Beetsma und H. Jensen, August 2002.167. „Identifying the effects of monetary policy shocks on exchange rates using high frequency

data“ von J. Faust, J. H. Rogers, E. Swanson und J. H. Wright, August 2002.168. „Estimating the effects of fiscal policy in OECD countries“ von R. Perotti, August 2002.169. „Modelling model uncertainty“ von A. Onatski und N. Williams, August 2002.170. „What measure of inflation should a central bank target?“ von G. Mankiw und R. Reis,

August 2002.171. „An estimated stochastic dynamic general equilibrium model of the euro area“

von F. Smets und R. Wouters, August 2002.172. „Constructing quality-adjusted price indices: a comparison of hedonic and discrete choice

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Z. Liu, September 2002.174. „International monetary policy co-ordination and financial market integration“

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J. O. Hairault und H. Kempf, September 2002.176. „Macroeconomics of international price discrimination“ von G. Corsetti und L. Dedola,

September 2002.177. „A theory of the currency denomination of international trade“ von P. Bacchetta und

E. van Wincoop, September 2002.178. „Inflation persistence and optimal monetary policy in the euro area“ von P. Benigno und

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A. L. Wolman, September 2002.181. „Inflation dynamics and international linkages: a model of the United States, the euro area and

Japan“ von G. Coenen und V. Wieland, September 2002.182. „The information content of real-time output gap estimates: an application to the euro area“

von G. Rünstler, September 2002.183. „Monetary policy in a world with different financial systems“ von E. Faia, Oktober 2002.184. „Efficient pricing of large-value interbank payment systems“ von C. Holthausen und

J.-C. Rochet, Oktober 2002.185. „European integration: what lessons for other regions? The case of Latin America“

von E. Dorrucci, S. Firpo, M. Fratzscher und F. P. Mongelli, Oktober 2002.186. „Using money market rates to assess the alternatives of fixed versus variable rate tenders:

the lesson from 1989-98 data for Germany“ von M. Manna, Oktober 2002.187. „A fiscal theory of sovereign risk“ von M. Uribe, Oktober 2002.188. „Should central banks really be flexible?“ von H. P. Grüner, Oktober 2002.

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190. „Monetary policy and the zero bound to interest rates: a review“ von T. Yates,Oktober 2002.

191. „The fiscal costs of financial instability revisited“ von L. Schuknecht und F. Eschenbach,November 2002.

192. „Is the European Central Bank (and the United States Federal Reserve) predictable?“von G. Pérez-Quirós und J. Sicilia, November 2002.

193. „Sustainability of public finances and automatic stabilisation under a rule of budgetarydiscipline“ von J. Marín, November 2002.

194. „Sensitivity analysis of volatility: a new tool for risk management“ von S. Manganelli,V. Ceci und W. Vecchiato, November 2002.

195. „In-sample or out-of-sample tests of predictability: which one should we use?“von A. Inoue und L. Kilian, November 2002.

196. „Bootstrapping autoregressions with conditional heteroskedasticity of unknown form“von S. Gonçalves und L. Kilian, November 2002.

197. „A model of the Eurosystem’s operational framework for monetary policy implementation“von C. Ewerhart, November 2002.

198. „Extracting risk-neutral probability densities by fitting implied volatility smiles:some methodological points and an application to the 3M EURIBOR futures option prices“von A. B. Andersen und T. Wagener, Dezember 2002.

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200. „Interdependence between the euro area and the United States: what role for EMU?“von M. Ehrmann und M. Fratzscher, Dezember 2002.

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Januar 2003203. „Myopic loss aversion, disappointment aversion and the equitiy premium puzzle“

von D. Fielding und L. Stracca, Januar 2003.204. „Asymmetric dynamics in the correlations of global equity and bond returns“

von L. Cappiello, R. F. Engle und K. Sheppard, Januar 2003.205. „Real exchange rate in an inter-temporal n-country-model with incomplete markets“

von B. Mercereau, Januar 2003.206. „Empirical estimates of reaction functions for the euro area“ von D. Gerdesmeier und

B. Roffia, Januar 2003.207. „A comprehensive model on the euro overnight rate“ von F. R. Würtz, Januar 2003.208. „Do demographic changes affect risk premiums? Evidence from international data“ von A. Ang

und A. Maddaloni, Januar 2003.209. „A framework for collateral risk control determination“ von D. Cossin, Z. Huang,

D. Aunon-Nerin und F. González, Januar 2003.210. „Anticipated Ramsey reforms and the uniform taxation principle: the role of international

financial markets“ von S. Schmitt-Grohé und M. Uribe, Januar 2003.211. „Self-control and savings“ von P. Michel und J.-P. Vidal, Januar 2003.212. „Modelling the implied probability of stock market movements“ von E. Glatzer und

M. Scheicher, Januar 2003.213. „Aggregation and euro area Phillips curves“ von S. Fabiani und J. Morgan, Februar 2003.214. „On the selection of forecasting models“ von A. Inoue und L. Kilian, Februar 2003.215. „Budget institutions and fiscal performance in central and eastern European countries“

von H. Gleich, Februar 2003.

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216. „The admission of accession countries to an enlarged monetary union: a tentativeassessment“ von M. Ca’ Zorzi und R. A. De Santis, Februar 2003.

217. „The role of product market regulations in the process of structural change“ von J. Messina,März 2003.

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Sonstige Publikationen

„The TARGET service level“, Juli 1998.„Bericht über elektronisches Geld“, August 1998.„Assessment of EU securities settlement systems against the standards for their use in ESCB creditoperations“, September 1998.

„Money and banking statistics compilation guide“, September 1998.„Die einheitliche Geldpolitik in Stufe 3 – Allgemeine Regelungen für die geldpolitischenInstrumente und Verfahren des ESZB“, September 1998.

„Third progress report on the TARGET project“, November 1998.„Correspondent central banking model (CCBM)“, Dezember 1998.„Payment systems in the European Union: Addendum incorporating 1997 figures“, Januar 1999.„Possible effects of EMU on the EU banking systems in the medium to long term“, Februar 1999.„Euro area monetary aggregates: conceptual reconciliation exercise“, Juli 1999.„The effects of technology on the EU banking systems“, Juli 1999.„Payment systems in countries that have applied for membership of the European Union“,August 1999.

„Improving cross-border retail payment services: the Eurosystem’s view“, September 1999.„Compendium: Sammlung von Rechtsinstrumenten, Juni 1998 – Mai 1999“, Oktober 1999.„European Union balance of payments/international investment position statistical methods“,November 1999.

„Money and banking statistics compilation guide, addendum I: money market paper“,November 1999.

„Money and banking statistics sector manual“, zweite Auflage, November 1999.„Report on the legal protection of banknotes in the European Union Member States“,November 1999.

„Correspondent central banking model (CCBM)“, November 1999.„Cross-border payments in TARGET: A users’ survey“, November 1999.„Money and banking statistics: Series keys for the exchange of balance sheet items timeseries“, November 1999.

„Money and banking statistics: Handbook for the compilation of flow statistics“,Dezember 1999.

„Payment systems in the European Union: Addendum incorporating 1998 figures“,Februar 2000.

„Interlinking: Data dictionary“, Version 2.02, März 2000.„Asset prices and banking stability“, April 2000.„EU banks’ income structure“, April 2000.„Erhebung und Aufbereitung statistischer Daten durch das ESZB“, Mai 2000.„Correspondent central banking model (CCBM)“, Juli 2000.„Anforderungen im Bereich der allgemeinen Wirtschaftsstatistik“, August 2000.„Seasonal adjustment of monetary aggregates and HICP for the euro area“, August 2000.„Improving cross-border retail payment services“, September 2000.„Statistical treatment of the Eurosystem’s international reserves“, Oktober 2000.

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„European Union balance of payments/international investment position statistical methods“,November 2000.

„TARGET – Leitfaden für Kreditinstitute“, November 2000.„Die einheitliche Geldpolitik in Stufe 3: Allgemeine Regelungen für die geldpolitischen Instrumenteund Verfahren des Eurosystems“, November 2000.

„EU banks’ margins and credit standards“, Dezember 2000.„Mergers and acquisitions involving the EU banking industry: facts and implications“,Dezember 2000.

„Jahresbericht über die Tätigkeiten des Ausschusses für die Betrugsbekämpfung der EuropäischenZentralbank“, Januar 2001.

„Cross-border use of collateral: A users’ survey“, Februar 2001.„Price effects of regulatory reform in selected network industries“, März 2001.„Die Rolle der Zentralbanken in der Aufsicht über Finanzdienstleister“, März 2001.„Money and banking statistics in the accession countries: Methodological manual“, April 2001.„TARGET: Annual Report“, Mai 2001.„A guide to Eurosystem staff macroeconomic projection exercises“, Juni 2001.„Payment and securities settlement systems in the European Union“, Juni 2001.„Why price stability?“, Juni 2001.„The euro bond market“, Juli 2001.„The euro money market“, Juli 2001.„The euro equity markets“, August 2001.„Die Geldpolitik der EZB“, August 2001.„Monetary analysis: tools and applications“, August 2001.„Review of the international role of the euro“, September 2001.„The Eurosystem’s policy line with regard to consolidation in central counterparty clearing“,September 2001.

„Provisional list of MFIs of the accession countries (as at the end of December 2000)“,Oktober 2001.

„TARGET: the Trans-European Automated Real-time Gross settlement Express Transfersystem – update 2001“, November 2001.

„European Union balance of payments/international investment position statistical methods“,November 2001.

„Fair value accounting in the banking sector“, November 2001.„Towards an integrated infrastructure for credit transfers in euro“, November 2001.„Accession countries: balance of payments, international investment position statistical methods“,Februar 2002.

„List of Monetary Financial Institutions and institutions subject to minimum reserves“,Februar 2002.

„Mismatches am Arbeitsmarkt der Länder des Euro-Währungsgebiets“, März 2002.„Compendium: Sammlung von Rechtsinstrumenten, Juni 1998 – Dezember 2001“, März 2002.„Bewertung der Bargeldumstellung im Jahr 2002“, April 2002.„TARGET Annual Report 2001“, April 2002.„Die einheitliche Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet: Allgemeine Regelungen für diegeldpolitischen Instrumente und Verfahren des Eurosystems“, April 2002.

„Annual report on the activities of the Anti-Fraud Committee of the European Central Bank,covering the period from January 2001 to January 2002“, Mai 2002.

„Developments in banks’ liquidity profile and management“, Mai 2002.„The Eurosystem’s terms of reference for the use of cash-recycling machines by credit institutionsand other euro area institutions engaged in the sorting and distribution of banknotes to the publicas a professional activity“, Mai 2002.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002246

„Bond markets and long-term interest rates in European Union accession countries“,Juni 2002.

„TARGET minimum common performance features of RTGS systems within TARGETas at November 2001“, Juni 2002.

„TARGET Interlinking data dictionary as at November 2001“, Juni 2002.„TARGET Interlinking specification as at November 2001“, Juni 2002.„TARGET Interlinking user requirement as at November 2001“, Juni 2002.„Task force on portfolio investment collection systems, Final Report“, Juni 2002.„Measurement issues in European consumer price indices and the conceptual framework of theHICP“, Juli 2002.

„Payment and securities settlement systems in the European Union: Addendum incorporating2000 figures“, Juli 2002

„Financial sectors in EU accession countries“, August 2002.„Payment and securities settlement systems in accession countries“, August 2002.„TARGET Interlinking specification“, November 2002.„TARGET Interlinking data dictionary“, November 2002.„Guidance Notes Regulation ECB/2001/13 on the MFI balance sheet statistics“,November 2002.

„Structural analysis of the EU banking sector“, November 2002.„European Union balance of payments/international investment position statistical methods“,November 2002.

„Review of the international role of the euro“, Dezember 2002.„Euro money market study 2001 (MOC)“, Dezember 2002.„EU banking sector stability“, Februar 2003.„Review of the foreign exchange market structure“, März 2003.„List of Monetary Financial Institutions and institutions subject to minimum reserves“,Februar 2003.

„Structural factors in the EU housing markets“, März 2003.„List of Monetary Financial Institutions in the accession countries“, März 2003.

Informationsbroschüren

„TARGET: facts, figures, future“, September 1999.„EPM: the ECB payment mechanism“, September 2000.„The euro: integrating financial services“, August 2000 (vergriffen).„TARGET“, August 2000 (vergriffen).„Die Europäische Zentralbank“, März 2001.„TARGET – update 2001“, November 2001.„The euro and the integration of financial services“, September 2001.„Der Euro. Unser Geld“, September 2002.

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Anhang

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Chronik der geldpolitischen Maßnahmen1

1 Die Chronik der geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystemsvon 1999 bis 2001 findet sich im Jahresbericht 1999 aufS. 181–185, im Jahresbericht 2000 auf S. 225–228 bzw. imJahresbericht 2001 auf S. 237–238.

3. Januar 2002

Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-wie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und die Einlagefazilität unverän-dert bei 3,25 %, 4,25 % bzw. 2,25 % zubelassen.

Darüber hinaus setzt der EZB-Rat den Zutei-lungsbetrag für die im Jahr 2002 durchzufüh-renden längerfristigen Refinanzierungsgeschäf-te mit 20 Mrd € pro Geschäft fest. DieserBetrag berücksichtigt den erwarteten Liqui-ditätsbedarf des Bankensystems des Euro-Währungsgebiets im Jahr 2002 und denWunsch des Eurosystems, die Refinanzierungdes Finanzsektors weiterhin vorwiegend überdie Hauptrefinanzierungsgeschäfte abzuwi-ckeln. Im Fall von unerwarteten Entwicklun-gen beim Liquiditätsbedarf kann der EZB-Ratden Zuteilungsbetrag im Jahresverlauf anpas-sen.

7. Februar, 7. März, 4. April, 2. Mai,6. Juni, 4. Juli 2002

Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-wie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und die Einlagefazilität unverän-dert bei 3,25 %, 4,25 % bzw. 2,25 % zubelassen.

10. Juli 2002

Der EZB-Rat beschließt, den Zuteilungsbe-trag für die im zweiten Halbjahr 2002 durch-zuführenden längerfristigen Refinanzierungs-geschäfte von 20 Mrd € auf 15 Mrd € proGeschäft zu verringern. Dieser Betrag berück-sichtigt den erwarteten Liquiditätsbedarf desBankensystems des Euro-Währungsgebiets imzweiten Halbjahr 2002 und den Wunsch desEurosystems, die Refinanzierung des Finanz-sektors weiterhin vorwiegend über dieHauptrefinanzierungsgeschäfte abzuwickeln.

1. August, 12. September, 10. Oktober,7. November 2002

Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-wie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und die Einlagefazilität unverän-dert bei 3,25 %, 4,25 % bzw. 2,25 % zubelassen.

5. Dezember 2002

Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte –beginnend mit dem am 11. Dezember 2002abzuwickelnden Geschäft – um 0,50 Prozent-punkte auf 2,75 % herabzusetzen. Er fasst fer-ner den Beschluss, die Zinssätze für die Spit-zenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefa-zilität mit Wirkung vom 6. Dezember 2002um jeweils 0,50 Prozentpunkte auf 3,75 %bzw. 1,75 % zu senken.

Er beschließt zudem, den Referenzwert fürdie Jahreswachstumsrate des weit gefasstenGeldmengenaggregats M3 bei 4 ½ % zu be-lassen.

9. Januar 2003

Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-wie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und die Einlagefazilität unverän-dert bei 2,75 %, 3,75 % bzw. 1,75 % zubelassen.

23. Januar 2003

Der EZB-Rat beschließt die beiden folgendenMaßnahmen zur Verbesserung des geldpoliti-schen Handlungsrahmens:

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249EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Erstens wird der Zeitplan der Mindestreser-ve-Erfüllungsperiode geändert. Künftig be-ginnt diese immer am Abwicklungstag desHauptrefinanzierungsgeschäfts, das auf die Sit-zung des EZB-Rats folgt, für die die monatli-che Erörterung der Geldpolitik vorgesehenist. Darüber hinaus werden die Veränderungder Zinssätze der ständigen Fazilitäten undder Beginn der neuen Mindestreserve-Erfül-lungsperiode in der Regel zusammenfallen.

Zweitens wird die Laufzeit der Hauptrefinan-zierungsgeschäfte von zwei Wochen auf eineWoche verkürzt.

Diese Maßnahmen sollen im ersten Quartal2004 in Kraft treten.

Unter Bezugnahme auf die Pressemitteilungvom 10. Juli 2002 beschließt der EZB-Ratdarüber hinaus hinsichtlich der im Jahr 2003durchzuführenden längerfristigen Refinanzie-rungsgeschäfte, den Zuteilungsbetrag von15 Mrd € pro Geschäft beizubehalten. Die-ser Betrag berücksichtigt den erwarteten Li-quiditätsbedarf des Bankensystems des Euro-Währungsgebiets im Jahr 2003 und spiegelt

den Wunsch des Eurosystems wider, dengrößten Teil der Liquidität weiterhin über dieHauptrefinanzierungsgeschäfte zur Verfügungzu stellen.

6. Februar 2003

Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so-wie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzie-rungsfazilität und die Einlagefazilität unverän-dert bei 2,75 %, 3,75 % bzw. 1,75 % zubelassen.

6. März 2003

Der EZB-Rat beschließt, den Mindestbietungs-satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte –beginnend mit dem am 12. März 2003 abzu-wickelnden Geschäft – um 0,25 Prozentpunk-te auf 2,50 % herabzusetzen. Er beschließtferner, die Zinssätze für die Spitzenrefinan-zierungsfazilität und die Einlagefazilität mitWirkung vom 7. März 2003 um 0,25 Prozent-punkte auf 3,50 % bzw. 1,50 % zu senken.

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Glossar

AEWBR: Siehe Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden.

Aktienmarkt (equity market): Markt, an dem Eigentumsanteile eines Unternehmens bege-ben und gehandelt werden. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Aktie und Schuldtitel liegtdarin, dass Erstere vom Emittenten nicht zurückgezahlt werden muss.

Anleihemarkt (bond market): Markt, an dem längerfristige Schuldverschreibungen, d. h.Schuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeit von mehr als einem Jahr, begeben undgehandelt werden.

Auslandsvermögensstatus (Vermögensposition/Schuldnerposition gegenüber demAusland) (international investment position – i.i.p.; external asset or liability position):Bestandsstatistik, die Umfang und Zusammensetzung der finanziellen Forderungen und Ver-bindlichkeiten einer Volkswirtschaft gegenüber dem Ausland ausweist. Derzeit wird derAuslandsvermögensstatus des Euro-Währungsgebiets anhand der aggregierten nationalen Da-ten auf Nettobasis erstellt.

Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (Committee ofEuropean Securities Regulators – CESR): Der im Juni 2001 gemäß Empfehlung des Schlussbe-richts des Ausschusses der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärktegegründete Ausschuss setzt sich aus Vertretern nationaler Wertpapierregulierungsbehördenzusammen. Als ein im Rahmen von Stufe 3 des im Lamfalussy-Bericht vorgeschlagenen Vier-Stufen-Konzepts eingesetzter Ausschuss berät er die Europäische Kommission in wertpa-pieraufsichtsrechtlichen Fragen und spielt eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung des Gemein-schaftsrechts in nationales Recht.

Ausschuss für die Währungs-, Finanz- und Zahlungsbilanzstatistiken (AWFZ) (Com-mittee on Monetary, Financial and Balance of Payments Statistics – CMFB): Koordinierungs-plattform für Vertreter der nationalen statistischen Ämter und Eurostat einerseits und dennationalen Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank andererseits. Dieser Aus-schuss wurde durch den Beschluss des Rates 91/115/EWG (ABl. L 59 vom 6.3.1991,S. 19–20), abgeändert durch den Beschluss des Rates 96/174/EG (ABl. L 51 vom 1.3.1996,S. 48–49) eingesetzt.

Ausschuss für Wirtschaftspolitik (WPA) (Economic Policy Committee – EPC): Diesesberatende Gemeinschaftsgremium wirkt an der Vorbereitung der Arbeit des Rates zur Koor-dinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft mit und berät dieEuropäische Kommission und den Rat. Es arbeitet eng mit dem Wirtschafts- undFinanzausschuss zusammen, wobei seine Tätigkeit vorwiegend auf die Strukturpolitik zurFörderung des Wachstumspotenzials und der Beschäftigung in der Gemeinschaft abzielt. DerAusschuss, dessen Errichtung in Artikel 272 des EG-Vertrags vorgesehen ist, wurde im Jahr1974 mittels einer Ratsentscheidung gegründet. Er setzt sich aus jeweils bis zu vier hochrangi-gen Vertretern aus jedem Mitgliedstaat sowie der Europäischen Kommission und der Euro-päischen Zentralbank zusammen, die ausgewiesene Experten für Wirtschafts- und Struk-turpolitik sind.

AWFZ: Siehe Ausschuss für die Währungs-, Finanz- und Zahlungsbilanzstatistiken.

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251EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

Backtesting (back testing): Simulationsverfahren, das der Analyse der Wertentwicklungeiner Anlagestrategie über einen bestimmten historischen Zeitraum dient.

Bargeldumlauf (currency in circulation): Umfasst in Umlauf befindliche Banknoten undMünzen, die als allgemeines Zahlungsmittel dienen. Im Jahr 2002 beinhaltete der Bargeldum-lauf die vom Eurosystem und von anderen Monetären Finanzinstituten (in Irland undLuxemburg) ausgegebenen Banknoten sowie die von den Zentralstaaten des Euro-Wäh-rungsgebiets in Euro und Vorgängerwährungen herausgegebenen Münzen, obwohl der Euroin allen Euro-Ländern am 1. März 2002 zum alleinigen gesetzlichen Zahlungsmittel wurde. Seitdem 1. Januar 2003 werden die Banknoten der Vorgängerwährungen weder in Meldungen desEurosystems noch zu statistischen Zwecken im Bargeldumlauf ausgewiesen. Dies gilt auchausnahmslos für Münzen der Vorgängerwährungen. Der in M3 enthaltene Bargeldumlauf isteine Nettogröße, d. h., die Zahl bezieht sich nur auf die außerhalb des MFI-Sektors gehalte-nen, in Umlauf befindlichen Banknoten und Münzen (also abzüglich des MFI-Kassenbestands).Außerdem enthält der Bargeldumlauf weder den Eigenbestand der Zentralbanken an Bank-noten (da diese nicht im Umlauf sind) noch Sammlermünzen (die üblicherweise nicht alsZahlungsmittel verwendet werden).

Befristete Transaktion (reverse transaction): Geschäft, bei dem die Zentralbank Vermö-genswerte gemäß einer Rückkaufsvereinbarung kauft oder verkauft oder Kredite gegenÜberlassung von Sicherheiten gewährt.

Beitrittsländer (accession countries): Derzeit gibt es in Zentral- und Osteuropa sowie imMittelmeerraum 13 Länder, die vom Europäischen Rat als offizielle Kandidaten für denBeitritt zur Europäischen Union (EU) anerkannt wurden. Die folgenden zehn Länder wurdeneingeladen, der EU am 1. Mai 2004 nach Unterzeichnung und Ratifizierung des Beitrittsver-trags beizutreten: die Tschechische Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn,Malta, Polen, Slowenien und die Slowakei. Mit zwei weiteren Ländern, Bulgarien und Rumäni-en, wurden bereits Beitrittsverhandlungen aufgenommen; als mögliches Beitrittsdatum wurdeihnen das Jahr 2007 in Aussicht gestellt. Mit der Türkei, die ebenfalls ein offizieller Kandidatfür den Beitritt zur EU ist und am wirtschaftspolitischen Dialog teilnimmt, wurden hingegennoch keine Beitrittsverhandlungen aufgenommen. Im vorliegenden Jahresbericht bezieht sichder Begriff Beitrittsländer auf die zwölf Länder, mit denen die Beitrittsverhandlungen entwe-der bereits abgeschlossen wurden oder noch im Gange sind.

Benchmark (benchmark): In Bezug auf Investitionen ist eine Benchmark ein Vergleichsport-folio oder ein Index auf der Basis von Zielgrößen für Liquidität, Risiko und Anlagerendite, andem die Wertentwicklung des eigenen Portfolios gemessen wird. Im Zusammenhang mit derVerwaltung der Währungsreserven durch die Europäische Zentralbank ist die strategischeBenchmark ein Vergleichsportfolio, das die langfristigen Präferenzen der EZB in Bezug aufRisiko und Rendite zum Ausdruck bringt. Die Parameter dieses Referenzportfolios werdennur unter Ausnahmebedingungen angepasst. Die taktische Benchmark gibt die Risiko/Ertrags-Präferenzen der EZB vor dem Hintergrund der jeweiligen Marktgegebenheiten für einenZeithorizont von einigen Monaten vor. Sie wird jeden Monat überprüft.

Beobachtungsstelle für elektronische Zahlungssysteme (Electronic Payment SystemsObservatory – ePSO): Forum für den Informationsaustausch im Bereich der elektronischenZahlungssysteme. Ziel ist die Förderung des Meinungsaustauschs zwischen Marktteilnehmernund die Bereitstellung von Informationen. Ursprünglich auf Initiative der EuropäischenKommission gegründet, wird die Beobachtungsstelle seit Anfang 2003 von der Europäi-schen Zentralbank betreut. Die Website der Beobachtungsstelle für elektronische Zah-lungssysteme lautet www.e-pso.info.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002252

Berichte über die Anwendung von Standards und Kodizes (Reports on the Obser-vance of Standards and Codes – ROSCs): Im Rahmen dieser Berichte beurteilen der Interna-tionale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank die Einhaltung international anerkannterStandards und Kodizes durch ihre Mitgliedstaaten in zwölf Bereichen: Datenveröffentlichung,fiskalpolitische Transparenz, Transparenz der Geld- und Finanzpolitik, Bankenaufsicht, Wert-papiere, Versicherungen, Zahlungsverkehrssysteme, Unternehmenssteuerung und -kontrolle,Rechnungswesen, Rechnungsprüfung, Insolvenz- und Gläubigerrechte, Maßnahmen zur Be-kämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung terroristischer Aktivitäten. Diese Berichtewerden auf Anfrage des jeweiligen IWF-Mitgliedlands erstellt und veröffentlicht.

Bewertungsabschlag (valuation haircut): Risikokontrollmaßnahme für Sicherheiten, die beibefristeten Transaktionen verwendet werden, wobei die Zentralbank den Wert einerSicherheit als ihren Marktwert abzüglich eines bestimmten Prozentsatzes (Sicherheitsab-schlags) berechnet. Das Eurosystem wendet Bewertungsabschläge an, die den Merkmalender jeweiligen Sicherheiten entsprechen, wie z. B. der Restlaufzeit.

Bund (Zentralstaat) (central government): Zentralregierung im Sinne des ESVG 95, d. h.der Staat ohne regionale und lokale Gebietskörperschaften (siehe Staat (öffentliche Haus-halte)). Der Teilsektor Zentralstaat umfasst alle Verwaltungsbehörden des Staates und allezentralen öffentlichen Körperschaften, deren Zuständigkeit sich gewöhnlich über das gesamteWirtschaftsgebiet erstreckt, mit Ausnahme der Zentralverwaltung der Sozialversicherung.

CCBM: Siehe Korrespondenzzentralbank-Modell.

Chinese-Wall-Prinzip (Chinese wall): Informationsschranken bestehend aus einer Reihevon Regeln und Verfahren, die den Informationsfluss – etwa zwischen den für die Umsetzunggeldpolitischer Maßnahmen und den für das Portfoliomanagement zuständigen Bereichen –unterbinden sollen, um so den Missbrauch von Insiderinformationen zu verhindern undSituationen zu vermeiden, in denen selbst ein unbegründeter Verdacht eines solchen Miss-brauchs aufkommen könnte.

Defizitquote (deficit ratio): Eines der in Artikel 104 Absatz 2 EG-Vertrag festgelegtenfiskalpolitischen Konvergenzkriterien. Definiert als „Verhältnis zwischen dem geplanten odertatsächlichen öffentlichen Defizit und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen“, wobei„öffentliches Defizit“ wie in Protokoll Nr. 20 über das Verfahren bei einem übermäßigenDefizit als „Finanzierungsdefizit des Staatssektors“ definiert wird.

Devisenswap (foreign exchange swap): Gleichzeitige Durchführung eines Kassa- und einesTermingeschäfts in einer Währung gegen eine andere. Das Eurosystem kann Offenmarkt-geschäfte in Form von Devisenswapgeschäften durchführen, bei denen die nationalen Zen-tralbanken (oder die Europäische Zentralbank) Euro gegen eine Fremdwährung per Kassekaufen bzw. verkaufen und sie gleichzeitig per Termin verkaufen bzw. kaufen.

Direktverbindung zwischen Wertpapierabwicklungssystemen (link between securi-ties settlement systems): Verfahren und Regelungen zur buchmäßigen (d. h. stückelosen)Übertragung von Wertpapieren zwischen zwei Wertpapierabwicklungssystemen. DasEurosystem verwendet als Alternative zum Korrespondenzzentralbank-Modell zuge-lassene Verbindungen für die grenzüberschreitende Mobilisierung von Sicherheiten.

EBA: Siehe Euro Banking Association (EBA).

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253EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002

ECOFIN-Rat: Siehe EU-Rat.

ECU: Siehe Europäische Währungseinheit.

Effektiver (nominaler/realer) Wechselkurs (effective (nominal/real) exchange rates –EERs): Nominale effektive Wechselkurse beruhen auf dem gewichteten geometrischen Mittelausgewählter bilateraler Wechselkurse. Reale effektive Wechselkurse sind nominale effektiveWechselkurse deflationiert mit dem gewichteten Mittel von ausländischen Preisen oder Kos-ten, im Verhältnis zu den entsprechenden inländischen Preisen und Kosten. Damit sind sie einIndikator für die preisliche und kostenmäßige Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Die Euro-päische Zentralbank berechnet nominale effektive Wechselkursindizes für den Euro ge-genüber einem eng gefassten und einem weit gefassten Kreis von Handelspartnern des Euro-Währungsgebiets. Seit Januar 2001 besteht der eng gefasste Kreis aus 12 Industrieländernbzw. Ländern, die erst seit kurzem dazu gezählt werden („newly industrialized countries“),während der weit gefasste Kreis 38 Handelspartner, darunter auch Schwellen- und Reform-länder, umfasst. Die Indizes der realen effektiven Wechselkurse des Euro werden auf Basisverschiedener Preis- und Kostenindikatoren berechnet.

EG-Vertrag (Treaty): Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, der am 25. März1957 in Rom unterzeichnet wurde und am 1. Januar 1958 in Kraft trat. Mit diesem Vertrag,der oft als „Vertrag von Rom“ bezeichnet wird, wurde die Europäische Wirtschaftsgemein-schaft (EWG), heute als Europäische Gemeinschaft (EG) bezeichnet, gegründet. Der Vertragüber die Europäische Union (EU-Vertrag) wurde am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeich-net („Vertrag von Maastricht“) und trat am 1. November 1993 in Kraft. Er änderte den EG-Vertrag und begründete die Europäische Union. Der EG-Vertrag und der EU-Vertrag wurdendurch den „Vertrag von Amsterdam“, der am 2. Oktober 1997 in Amsterdam unterzeich-net wurde und am 1. Mai 1999 in Kraft trat, und zuletzt vom „Vertrag von Nizza“, der am26. Februar 2001 unterzeichnet wurde und am 1. Februar 2003 in Kraft trat, geändert.

Einlagefazilität (deposit facility): Ständige Fazilität des Eurosystems, die den Ge-schäftspartnern die Möglichkeit bietet, täglich fällige Einlagen zum dafür festgesetztenZinssatz bei der nationalen Zentralbank anzulegen (siehe Leitzinsen der EZB).

Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist (deposits redeemable at notice): Sparein-lagen, über die der Einleger erst nach Kündigung und Ablauf der vereinbarten Kündigungsfristverfügen kann. In manchen Fällen besteht die Möglichkeit, einen festgelegten Betrag innerhalbeiner bestimmten Frist abzuheben oder gegen Zahlung eines Strafzinses vorzeitige Abhebun-gen zu tätigen. Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten sind inM2 (und damit auch in M3) enthalten, während Einlagen mit einer längeren vereinbartenKündigungsfrist zu den (nichtmonetären) längerfristigen finanziellen Verbindlichkeiten desSektors der Monetären Finanzinstitute gerechnet werden.

Einlagen mit vereinbarter Laufzeit (deposits with agreed maturity): Diese Kategoriebeinhaltet vorwiegend Termineinlagen, über die je nach den nationalen Gepflogenheiten vorAblauf der Bindungsfrist nicht oder nur gegen Zahlung eines Strafzinses in Bargeld verfügtwerden kann. Sie umfasst auch einige nicht marktfähige Schuldverschreibungen, etwa nichtmarktfähige Einlagenzertifikate für den Absatz an Bankkunden. Einlagen mit einer vereinbartenLaufzeit von bis zu zwei Jahren sind in M2 (und damit auch in M3) enthalten, währendEinlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von über zwei Jahren zu den (nichtmonetären)längerfristigen finanziellen Verbindlichkeiten des MFI-Sektors im Euroraum ge-rechnet werden.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002254

Elektronisches Geld (E-Geld) (electronic money, e-money): Geldwert, der auf einemDatenträger gespeichert ist und allgemein für Zahlungen (außer an den Emittenten selbst)genutzt werden kann. Die Abwicklung kann, muss aber nicht über ein Bankkonto erfolgen;E-Geld wird wie ein vorausbezahltes Inhaberinstrument verwendet (siehe auch multifunk-tionale vorausbezahlte Karte).

Endgültiger Kauf bzw. Verkauf (outright transaction): Transaktion, bei der Vermögens-werte endgültig per Kasse oder Termin gekauft oder verkauft werden.

EONIA (Euro Overnight Index Average) (euro overnight index average – EONIA):Messgröße für den effektiven umsatzgewichteten Tagesgeldsatz für den Euro. Wird alsgewichteter Durchschnitt der Sätze für unbesicherte Euro-Übernachtkontrakte, die von einerGruppe bestimmter Institute im Euro-Währungsgebiet gemeldet werden, berechnet.

EONIA-Swapsatz (EONIA swap rate): Ein EONIA-Swap ist eine Vereinbarung zwischenzwei Parteien, eine Reihe variabler Zahlungen, die an den EONIA-Satz gebunden sind, gegeneine Reihe von Zahlungen zu einem festen Zinsatz für einen vereinbarten Zeitraum auszutau-schen. Der Zinssatz für die feste Seite dieses Swaps wird als EONIA-Swapsatz bezeichnet undgibt den erwarteten Durchschnittssatz des EONIA für die Laufzeit des Swaps wieder. EONIA-Swaps werden mit Laufzeiten von einer bis drei Wochen und von einem bis zu zwölf Monatenangeboten und außerbörslich, d. h. auf bilateraler Basis, am Geldmarkt gehandelt.

EPC: Siehe European Payments Council.

Erfüllungsrisiko (settlement risk): Oberbegriff für das Risiko, dass die Abwicklung in einemÜbertragungssystem nicht wie erwartet stattfindet. Dieses Risiko kann sowohl das Kredit- alsauch das Liquiditätsrisiko umfassen.

Erweiterter Rat (General Council): Eines der Beschlussorgane der Europäischen Zen-tralbank. Er setzt sich aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der EZB sowie denZentralbankpräsidenten der 15 EU-Mitgliedstaaten zusammen.

ESVG 95: Siehe Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen.

ESZB: Siehe Europäisches System der Zentralbanken.

EU-Rat (EU Council): Organ der Europäischen Gemeinschaft, das aus Vertretern der Regie-rungen der Mitgliedstaaten besteht, normalerweise aus den jeweils fachlich zuständigen Minis-tern (folglich oft als Ministerrat bezeichnet). Der in der Zusammensetzung der Wirtschafts-und Finanzminister tagende EU-Rat wird häufig als ECOFIN-Rat bezeichnet. Zudem kannder EU-Rat in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs tagen (siehe auchEuropäischer Rat).

EUREPO (EUREPO): Satz, zu dem ein erstklassiges Kreditinstitut einem anderen erst-klassigen Kreditinstitut Finanzmittel in Euro anbietet und von diesem im Gegenzug Sicher-heiten – ausschließlich von den Regierungen im Euro-Währungsgebiet begebene Staatsan-leihen und kurzfristige Staatspapiere – erhält. Der EUREPO wird ähnlich wie der EURIBORberechnet. Im Gegensatz zum EURIBOR, der die Konditionen an den unbesicherten Märktenwiderspiegelt, ist der EUREPO ein Richtsatz für die besicherten Märkte (Repomärkte); auchist die Gruppe meldender Banken beim EUREPO eine andere als beim EURIBOR.

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EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate) (euro interbank offered rate – EURIBOR):Durchschnittszinssatz, zu dem ein erstklassiges Kreditinstitut bereit ist, einem anderenKreditinstitut mit höchster Bonität Euro-Gelder zur Verfügung zu stellen. Der EURIBORwird täglich für Interbankeinlagen mit Laufzeiten von einer bis drei Wochen sowie von einembis zu zwölf Monaten als Durchschnitt der von repräsentativen Banken verlangten Zinssätzeermittelt und auf drei Dezimalstellen gerundet.

Euro (euro): Bezeichnung der europäischen Währung, die bei der Tagung des EuropäischenRats am 15. und 16. Dezember 1995 in Madrid beschlossen wurde.

Euro Banking Association (EBA) (Euro Banking Association – EBA): Organisation, die alsForum für die Erforschung und Erörterung sämtlicher Bankthemen im Aufgabenbereich ihrerMitglieder dient, insbesondere von Fragen, die mit der Verwendung des Euro und derAbrechnung von Euro-Transaktionen zusammenhängen. Im Rahmen der EBA wurde eineClearinggesellschaft (ABE Clearing, Société par Actions Simplifiée à capital variable) mit demZweck gegründet, ab dem 1. Januar 1999 das Euro-Verrechnungs- und Saldenausgleichssystem(EURO1) zu betreiben, das an die Stelle des ECU-Verrechnungs- und Saldenausgleichssystemsgetreten ist.

Eurogebiet: Siehe Euro-Währungsgebiet.

Eurogruppe (Eurogroup): Informelles Gremium zur Abstimmung unter den Ministern ausdem ECOFIN-Rat, welche die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vertreten. DieEurogruppe tritt regelmäßig – in der Regel im Vorfeld von ECOFIN-Ratssitzungen – zusam-men, um Fragen im Zusammenhang mit der gemeinsamen Zuständigkeit der Euro-Länder fürdie gemeinsame Währung zu erörtern. Der Europäischen Kommission, und gegebenenfallsder Europäischen Zentralbank, steht die Teilnahme an diesen Sitzungen frei.

Euro-Länder (euro area countries): Die am Euro-Währungsgebiet teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten.

Euro-Leitkurs (euro central rate): Offizieller Wechselkurs der am WKM II teilnehmendenWährungen gegenüber dem Euro. Die Schwankungsbandbreiten des WKM II werden zubeiden Seiten des Leitkurses festgelegt.

Europäische Kommission (Kommission der Europäischen Gemeinschaften) (Euro-pean Commission – Commission of the European Communities): Organ der EuropäischenGemeinschaft, das die Umsetzung der Bestimmungen des EG-Vertrags gewährleistet, diePolitik der Gemeinschaft gestaltet, Vorschläge zum Gemeinschaftsrecht unterbreitet und mitbestimmten anderen Kompetenzen ausgestattet ist. Auf wirtschaftspolitischem Gebiet sprichtdie Kommission Empfehlungen für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaftaus und berichtet dem EU-Rat über konjunkturelle und wirtschaftspolitische Entwicklungen.Sie prüft die Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der multilateralen Überwachungund legt dem Rat Berichte vor. Der Kommission gehören 20 Mitglieder an: je zwei Mitgliederaus Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich sowie je einesaus den übrigen Mitgliedstaaten.

Europäische Währungseinheit (ECU) (European Currency Unit – ECU): Die ECU warals Währungskorb definiert, der sich aus feststehenden Beträgen von 12 der 15 Währungender EU-Mitgliedstaaten zusammensetzte. Der Wert der ECU errechnete sich als gewichteterDurchschnitt der Werte ihrer Korbwährungen. Am 1. Januar 1999 wurde die ECU im Ver-hältnis 1:1 durch den Euro ersetzt.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002256

Europäische Zentralbank (EZB) (European Central Bank – ECB): Die EZB ist der Mittel-punkt des Europäischen Systems der Zentralbanken und des Eurosystems und istgemäß Gemeinschaftsrecht eine Institution mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie stellt sicher,dass die dem Eurosystem und dem ESZB übertragenen Aufgaben entweder durch ihre eigeneTätigkeit oder durch die Tätigkeit der nationalen Zentralbanken nach Maßgabe der ESZB-Satzung erfüllt werden. Die EZB wird vom EZB-Rat und dem EZB-Direktorium geleitet.Ein drittes Beschlussorgan ist der Erweiterte Rat.

Europäischer Rat (European Council): Er gibt der Europäischen Union die nötigen Impulsezu ihrer Weiterentwicklung und legt die entsprechenden allgemeinen politischen Leitlinienfest. Der Europäische Rat setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaatensowie dem Präsidenten der Europäischen Kommission zusammen (siehe auch EU-Rat).

Europäischer Währungsraum: Siehe Euro-Währungsgebiet.

Europäisches Parlament (European Parliament): Das Europäische Parlament besteht aus626 Vertretern der Bürger der EU-Mitgliedstaaten. Es ist am Gesetzgebungsprozess in unter-schiedlichem Umfang beteiligt, d. h. abhängig von dem Verfahren, nach dem EU-Recht erlassenwird. Im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion besitzt das Parlament überwie-gend beratende Befugnisse. Der EG-Vertrag sieht jedoch gewisse Verfahren vor, welche diedemokratische Verantwortung der Europäischen Zentralbank gegenüber dem Parlamentgewährleisten sollen (Vorlage des Jahresberichts, allgemeine Debatte über die Geldpolitik,Anhörungen durch die zuständigen Parlamentsausschüsse).

Europäisches System der Zentralbanken (ESZB) (European System of Central Banks –ESCB): Das ESZB besteht aus der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentral-banken aller 15 Mitgliedstaaten, d. h., es umfasst außer den Mitgliedern des Eurosystemsauch die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, die den Euro noch nicht eingeführthaben. Das ESZB wird vom EZB-Rat und dem EZB-Direktorium geleitet. Ein drittesBeschlussorgan ist der Erweiterte Rat.

Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 95) (Euro-pean System of Accounts – ESA 95): System einheitlicher statistischer Definitionen undKlassifikationen, das auf eine harmonisierte quantitative Darstellung der Volkswirtschaftender EU-Mitgliedstaaten abzielt. Das ESVG 95 ist die EU-Version des internationalen System ofNational Accounts 1993 (SNA 1993). Es ist das neue statistische System VolkswirtschaftlicherGesamtrechnungen der EU und wird seit April 1999 gemäß Verordnung (EG) Nr. 2223/96 desRates umgesetzt.

Europäisches Währungsinstitut (EWI) (European Monetary Institute – EMI): Das EWIwurde mit Beginn der zweiten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (am 1. Januar1994) für einen befristeten Zeitraum errichtet. Die zwei Hauptaufgaben des EWI waren dieVerstärkung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Zentralbanken und der Koordinie-rung der Geldpolitik der einzelnen Länder, sowie die Durchführung der Vorarbeiten, die fürdie Errichtung des Europäischen Systems der Zentralbanken, die Durchführung einereinheitlichen Geldpolitik und die Schaffung einer gemeinsamen Währung in der dritten Stufeerforderlich waren. Das EWI wurde am 1. Juni 1998 nach Errichtung der EuropäischenZentralbank aufgelöst.

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European Payments Council (EPC) (European Payments Council – EPC): Der EPC setztsich aus 52 Institutionen, darunter Geschäfts- und Genossenschaftsbanken sowie Sparkassen,zusammen, und ist nach dem Prinzip der Selbstregulierung damit betraut, die Grundlage füreine standardisierte Zahlungsverkehrsinfrastruktur im Eurogebiet zu schaffen und das euro-päische Bankwesen in Zahlungsverkehrsfragen zu vertreten. Die konstituierende Versamm-lung des EPC fand am 17. Juni 2002 statt.

Eurostat (Eurostat): Das statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften ist innerhalb derEuropäischen Kommission für die Erstellung der Statistiken der Gemeinschaft zuständig.

Euro STOXX (EURO STOXX): STOXX Limited veröffentlicht Dow-Jones-STOXX-Indizes,die Aktienkursentwicklungen in Gesamteuropa messen. Der Dow-Jones-Euro-STOXX-Index,der Teil dieser Indexfamilie ist, entspricht einem Aggregat der Kurse einer breiten Palette vonAktien aus den Euro-Ländern. Außerdem stehen drei Arten sektoraler Indizes (für Wirt-schafts- und Marktsektoren sowie für Branchen) zur Verfügung.

Eurosystem (Eurosystem): Das Eurosystem setzt sich aus der Europäischen Zentralbankund den nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, die den Euro in der dritten Stufe derWirtschafts- und Währungsunion eingeführt haben (siehe auch Euro-Währungsge-biet) zusammen. Das Eurosystem, dem derzeit zwölf nationale Zentralbanken angehören,wird vom EZB-Rat und vom EZB-Direktorium geleitet.

Euro-Währungsgebiet (Euroraum, Eurogebiet) (euro area): Gebiet, das gemäß EG-Vertrag jene Mitgliedstaaten umfasst, in denen der Euro als gemeinsame Währung einge-führt wurde und in denen unter der Verantwortung des EZB-Rats eine gemeinsame Geldpo-litik betrieben wird. Zum Euro-Währungsgebiet gehören Belgien, Deutschland, Griechenland(Beitritt am 1. Januar 2001), Spanien, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande,Österreich, Portugal und Finnland.

EWI: Siehe Europäisches Währungsinstitut.

EZB: Siehe Europäische Zentralbank.

EZB-Direktorium (Executive Board): Eines der Beschlussorgane der Europäischen Zen-tralbank. Es setzt sich aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren Mitglie-dern zusammen, die von den Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder ernannt werden.

EZB-Rat (Governing Council): Oberstes Beschlussorgan der Europäischen Zentralbank.Er setzt sich aus den Mitgliedern des EZB-Direktoriums und den Zentralbankpräsidentender Euro-Länder zusammen.

Feinsteuerungsoperation (fine-tuning operation): Unregelmäßiges, vom Eurosystemdurchgeführtes Offenmarktgeschäft, das hauptsächlich darauf abzielt, unerwartete Liquidi-tätsschwankungen am Markt auszugleichen.

Fremdfinanzierung des nichtfinanziellen Sektors im Euro-Währungsgebiet (debtfinancing of the euro area non-financial sectors): Darunter versteht man unter anderem dieFremdfinanzierung der privaten Haushalte, der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaftenund des Staates. Es gibt mehrere Arten von Fremdfinanzierung: von Monetären Finanzins-tituten des Euro-Währungsgebiets und sonstigen finanziellen Kapitalgesellschaften ge-währte Kredite, von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften und dem Staat emittierte Schuld-

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002258

verschreibungen, versicherungstechnische Rückstellungen nichtfinanzieller Kapi-talgesellschaften und Einlagen des Zentralstaats. Nicht dazugerechnet werden vom Staat,von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften oder von Banken mit Sitz außerhalb des Euroraumsgewährte Kredite, Finanzderivate, Aktien, sonstige Dividendenwerte und sonstige Verbind-lichkeiten. Auf Jahresbasis kann ein breiteres Aggregat für die Fremdfinanzierung berechnetwerden, das auch von nichtfinanziellen Sektoren und gebietsfremden Kreditinstituten gewähr-te Kredite enthält.

Geldmarkt (money market): Markt, an dem kurzfristige Mittel aufgenommen, investiert undgehandelt werden, und zwar unter Verwendung von Finanzinstrumenten, die in der Regel eineUrsprungslaufzeit von weniger als einem Jahr haben.

Geldmarktfonds (money market fund): Investmentfonds, der hauptsächlich in Geldmarktpa-piere bzw. in sonstige übertragbare Schuldtitel mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahrinvestiert bzw. der eine Rendite anstrebt, die den Geldmarktzinsen nahe kommt.

Geldmarktfondsanteile (money market fund shares and units): Von Geldmarktfondsausgegebene Anteile.

Geldpolitische Strategie (monetary policy strategy): Die geldpolitische Strategie derEuropäischen Zentralbank beruht auf einer quantitativen Definition von Preisstabilitätsowie zwei Analysekonzepten („Säulen“), auf die sich die Beurteilung der Risiken für diezukünftige Preisstabilität stützt. Die erste Säule weist der Geldmenge eine herausragendeRolle zu – die Entwicklungen der Geldmengen- und Kreditaggregate werden hinsichtlich ihresInformationsgehalts gründlich analysiert. Sie beinhaltet einen Referenzwert für das Geld-mengenwachstum sowie eine Reihe von Modellen zur Bestimmung oder Projektion vonPreisentwicklungen auf Basis der Entwicklung der Geldmengen- und Kreditaggregate. Diezweite Säule umfasst die Analyse eines breiten Spektrums weiterer wirtschaftlicher undfinanzieller Variablen. Dazu gehören verschiedene Modelle, bei denen der Kostendruck unddie Wechselwirkung zwischen Angebot und Nachfrage an den Güter-, Dienstleistungs- undArbeitsmärkten die Preisentwicklung bestimmen.

Gemeinschaftlicher Besitzstand (acquis communautaire): Umfasst das gesamte Gemein-schaftsrecht, z. B. die EU-Verträge, Verordnungen und Richtlinien. Die Umsetzung des Besitz-stands ist Voraussetzung für den EU-Beitritt.

Geschäftspartner (counterparty): Kontrahent bei einem Finanzgeschäft (z. B. bei einerTransaktion mit einer Zentralbank).

Großbetragszahlungen (large-value payments): Zahlungen, die im Allgemeinen auf sehrhohe Beträge lauten, hauptsächlich zwischen Banken oder zwischen Finanzmarktteilnehmernerfolgen und normalerweise zeitkritisch sind.

Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) (Harmonised Index of Consumer Pri-ces – HICP): Preisindikator, anhand dessen der EZB-Rat feststellt, ob Preisstabilitäterreicht und gewährleistet ist. Um die Forderung des EG-Vertrags nach einem Verbraucher-preisindex auf vergleichbarer Grundlage, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Defini-tionen auf nationaler Ebene, zu erfüllen, entwickelte die Europäische Kommission (Euro-stat) in enger Zusammenarbeit mit den nationalen statistischen Ämtern und dem Europäi-schen Währungsinstitut sowie nachfolgend der Europäischen Zentralbank den HVPI.

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Hauptrefinanzierungsgeschäft (HRG) (main refinancing operation): Regelmäßiges Offen-marktgeschäft, das vom Eurosystem in Form einer befristeten Transaktion durchge-führt wird. HRGs werden im Wege von wöchentlichen Standardtendern mit einer Laufzeitvon in der Regel zwei Wochen durchgeführt.

Hochrangige Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts (High LevelGroup of Company Law Experts): Diese Gruppe wurde im September 2001 von der Euro-päischen Kommission ins Leben gerufen, um Empfehlungen für zeitgemäße Rahmenbe-dingungen für das Gesellschaftsrecht in der Europäischen Union zu erarbeiten. Im Januar 2002stellte die Gruppe einen Bericht fertig, der Fragen in Zusammenhang mit der Übernahme-richtlinie behandelt. Das Mandat der Gruppe wurde im April 2002 um bestimmte mit derUnternehmenssteuerung und -kontrolle zusammenhängende Themenbereiche erweitert.

HRG: Siehe Hauptrefinanzierungsgeschäft.

HVPI: Siehe Harmonisierter Verbraucherpreisindex.

Implizite Volatilität an den Aktienmärkten (implied stock market volatility): Maß für dieerwartete Volatilität von Aktienkursen, das sich aus den Preisen für Optionen ableiten lässt.Ausgehend von dem am Markt beobachteten Preis einer Option, lässt sich die impliziteVolatilität mithilfe eines Standardoptionspreismodells berechnen, das unter anderem direktvon der erwarteten Volatilität des Basiswertpreises bis zum Ausübungstermin der Optionabhängt. Als Basiswerte können Aktienindizes, wie etwa der Dow-Jones-Euro-STOXX-50-Index, dienen. Bei entsprechenden Annahmen kann die implizite Volatilität als die Einschät-zung der Marktteilnehmer zur erwarteten Volatilität des Basiswertpreises während der Rest-laufzeit der Option angesehen werden.

Implizite Volatilität an den Anleihemärkten (implied bond market volatility): Maß fürdie erwartete Volatilität von Anleihepreisen (oder von Futureskontrakten auf Anleihen), dassich aus den Preisen für Optionen ableiten lässt. Ausgehend von dem am Markt beobachte-ten Preis einer Option, lässt sich die implizite Volatilität mithilfe eines Standardoptionspreis-modells berechnen, das unter anderem direkt von der erwarteten Volatilität des Basiswert-preises bis zum Ausübungstermin der Option abhängt. Als Basiswerte können Anleihen, etwazehnjährige deutsche Bundesanleihen, oder Anleihefutures dienen. Bei entsprechenden An-nahmen kann die implizite Volatilität als die Einschätzung der Marktteilnehmer zur erwartetenVolatilität des Basiswertpreises während der Restlaufzeit der Option angesehen werden.

Implizite Volatilität von Zinssätzen (implied interest rate volatility): Maß für die erwarte-te Volatilität zukünftiger kurz- und langfristiger Zinssätze, das sich aus den Preisen fürOptionen ableiten lässt. Ausgehend von dem am Markt beobachteten Preis einer Option,lässt sich die implizite Volatilität mithilfe eines Standardoptionspreismodells berechnen, dasunter anderem direkt von der erwarteten Volatilität des Basiswertpreises bis zum Ausübungs-termin der Option abhängt. Als Basiswerte können Futureskontrakte auf kurzfristige Zinssät-ze, wie etwa den Dreimonats-EURIBOR, oder auf langfristige Staatsanleihen, etwa aufzehnjährige deutsche Bundesanleihen, dienen. Bei entsprechenden Annahmen kann die implizi-te Volatilität als die Einschätzung der Marktteilnehmer zur erwarteten Volatilität des Basis-wertpreises während der Restlaufzeit der Option angesehen werden.

IAS: Siehe Internationale Rechnungslegungsgrundsätze.

IASB: Siehe International Accounting Standards Board.

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EZB • J ah re sbe r i ch t • 2002260

IFRS: Siehe International Financial Reporting Standards.

IFTS: Siehe Interbanken-Überweisungssystem.

Interbanken-Überweisungssystem (IFTS) (interbank funds transfer system – IFTS): Über-weisungssystem, an dem (fast) ausschließlich Kreditinstitute direkt teilnehmen.

Interlinking-Mechanismus (interlinking mechanism): Komponente des TARGET-Systems.Bezeichnet die Infrastrukturen und Verfahren zwischen den nationalen RTGS-Systemen, diedie Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungen in TARGET ermöglichen.

International Accounting Standards Board (IASB) (International Accounting StandardsBoard – IASB): Ein unabhängiges, privatrechtliches Gremium mit Sitz in London, das Rech-nungslegungsstandards festlegt.

International Financial Reporting Standards (IFRS) (International Financial ReportingStandards – IFRS): Siehe internationale Rechnungslegungsgrundsätze (IAS).

Internationale Rechnungslegungsgrundsätze (IAS) (International Accounting Standards– IAS): Rechnungslegungsstandards des International Accounting Standards Board. Siesind allgemein rechtswirksam und dienen der Bereitstellung transparenter und vergleichbarerInformationen in allgemeinen Bilanzen und Abschlüssen. Im April 2001 benannte das IASBseine bisher unter der Bezeichnung IAS bekannten Rechnungslegungsstandards in Internatio-nal Financial Reporting Standards um.

Kategorie-I-Sicherheit (tier one asset): Marktfähige Sicherheit, die bestimmte, im gesamtenEuro-Währungsgebiet einheitliche, von der Europäischen Zentralbank festgelegte Zu-lassungskriterien erfüllt.

Kategorie-2-Sicherheit (tier two asset): Marktfähige oder nicht marktfähige Sicherheit, fürdie die jeweilige nationale Zentralbank vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäi-sche Zentralbank die Zulassungskriterien festlegt.

Kombinierter Ein- und Auszahlungsautomat (cash recycling machine): Frei stehender,kundenbedienter Automat zur Einzahlung, Bearbeitung und Ausgabe von Banknoten.

Komitologie (comitology): Im Allgemeinen bezieht sich Komitologie (Ausschusswesen) aufdie Verfahren zur Regelung der Beziehungen zwischen der Europäischen Kommission undjenen Ausschüssen, die die Kommission bei der Ausübung der durch den EU-Rat übertrage-nen Befugnisse zur Durchführung der Rechtsvorschriften auf Gemeinschaftsebene unterstüt-zen. Die verschiedenen Verfahrensmodalitäten auf Ausschussebene sind im Beschluss desRates vom 28. Juni 1999 (1999/468/EG) zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung derder Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse festgelegt. Im engeren Sinn beziehtsich der Begriff auch auf die Verfahren für den Erlass von Durchführungsbestimmungen auf derStufe 2 des Lamfalussy-Konzepts, wie sie vom Ausschuss der Weisen über die Regulierung dereuropäischen Wertpapiermärkte unter dem Vorsitz von Alexandre Lamfalussy vorgeschlagenwurden. Nach diesem Konzept muss die Kommission einem Regelungsausschuss Vorschlägefür technische Umsetzungsmaßnahmen zu auf Stufe 1 festgelegten Regelungen unterbreiten.

Konsolidierte Bilanz der MFIs (consolidated MFI balance sheet): Wird durch Saldierungder in der aggregierten Bilanz enthaltenen Inter-MFI-Positionen (z. B. an Monetäre Finanz-

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institute vergebene Kredite, Einlagen von Geldmarktfonds bei MFIs) erstellt. So erhält manstatistische Informationen über die Forderungen und Verbindlichkeiten des MFI-Sektors ge-genüber Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet (z. B. öffentlichen Haushalten und sons-tigen Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet) und über dessen Aktiva und Passiva gegenüberAnsässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets. Die konsolidierte Bilanz der MFIs ist diewichtigste statistische Grundlage für die Berechnung der monetären Aggregate und dientals Grundlage für die regelmäßige Analyse der Gegenposten von M3.

Konvergenzprogramme: Siehe Stabilitätsprogramme.

Korrespondenzbankbeziehung (correspondent banking): Vereinbarung, in deren Rahmenein Kreditinstitut Zahlungsverkehrs- und andere Dienstleistungen für ein anderes Kreditins-titut erbringt. Zahlungen durch Korrespondenzbanken werden oft über gegenseitige Konten(Nostro- und Lorokonten) ausgeführt, die mit dauerhaften Kreditlinien verbunden sein kön-nen. Korrespondenzbankdienste werden vor allem grenzüberschreitend angeboten, es existie-ren aber auch Agenturbeziehungen auf nationaler Ebene. Ein Lorokonto ist ein von einerKorrespondenzbank im Auftrag eines ausländischen Kreditinstituts geführtes Konto; aus Sichtdes ausländischen Kreditinstituts ist dieses Konto ein Nostrokonto.

Korrespondenzzentralbank-Modell (CCBM) (correspondent central banking model –CCBM): Vom Europäischen System der Zentralbanken eingerichtetes Verfahren mitdem Ziel, den Geschäftspartnern die grenzüberschreitende Nutzung von Sicherheiten,die in einem anderen Land hinterlegt sind, für eine Kreditaufnahme bei der nationalenZentralbank in dem Land, in dem sie selbst niedergelassen sind, zu ermöglichen. Beim CCBMfungieren die nationalen Zentralbanken in Bezug auf Wertpapiere in ihren nationalen Wert-papierabwicklungssystemen füreinander als Verwahrer.

Kredite an Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet (credit to euro area residents): Einweit gefasstes Maß für die Kreditvergabe an Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet (darunteröffentliche Haushalte sowie sonstige Nicht-MFIs) durch den MFI-Sektor. Diese Angabeumfasst von MFIs vergebene Kredite und den MFI-Bestand an Wertpapieren. Letztere Positi-on enthält Aktien sowie sonstige Dividendenwerte und Schuldverschreibungen, die vonNicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet begeben wurden.

Kreditinstitut (credit institution): Ein Institut gemäß der Definition in Artikel 1 Nummer 1der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, geändert durch dieRichtlinie 2000/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000.Demnach ist ein Kreditinstitut 1) ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagenoder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigeneRechnung zu gewähren, oder 2) ein Unternehmen oder eine sonstige juristische Person, das/die kein Kreditinstitut im Sinne von 1) ist und Zahlungsmittel in Form von elektronischemGeld ausgibt. Elektronisches Geld (E-Geld) ist ein Geldwert, der eine Forderung gegenüberdem Emittenten darstellt; dieser Wert ist a) auf einem Datenträger gespeichert, b) nichtgeringer als der ausgegebene Geldwert und kann c) für Zahlungen (außer an den Emittentenselbst) genutzt werden.

Längerfristige finanzielle Verbindlichkeiten des MFI-Sektors im Euroraum (longer-term financial liabilities of the euro area MFI sector): Zu diesen nichtmonetären Verbindlich-keiten werden Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von mehr als zwei Jahren, Einlagenmit vereinbarter Kündigungsfrist von mehr als drei Monaten, Schuldverschreibungen

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mit einer Ursprungslaufzeit von mehr als zwei Jahren sowie das Kapital und die Rücklagen desSektors der Monetären Finanzinstitute im Euroraum gerechnet.

Längerfristiges Refinanzierungsgeschäft (LRG) (longer-term refinancing operation):Regelmäßiges Offenmarktgeschäft, das vom Eurosystem in Form einer befristetenTransaktion durchgeführt wird. LRGs werden im Wege von monatlichen Standardten-dern mit einer Laufzeit von drei Monaten durchgeführt.

Leitzinsen der EZB (key ECB interest rates): Zinssätze, die den geldpolitischen Kurs derEuropäischen Zentralbank widerspiegeln und vom EZB-Rat festgelegt werden. Leitzinsender EZB sind derzeit der Mindestbietungssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte, derZinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und der Zinssatz für die Einlagefazilität.

Lieferung gegen Zahlung (L/Z) (delivery versus payment – DVP): Verfahren in einemWertpapierabwicklungssystem, das sicherstellt, dass die endgültige Übertragung vonVermögenswerten (Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten) ausschließlich unterder Bedingung erfolgt, dass im Gegenzug die Zahlung geleistet wird.

LRG: Siehe längerfristiges Refinanzierungsgeschäft.

M1, M2, M3: Siehe monetäre Aggregate.

MFIs: Siehe Monetäre Finanzinstitute.

MFI-Zinssätze (MFI interest rates): Werden von gebietsansässigen Kreditinstituten undsonstigen Finanzinstituten für auf Euro lautende Einlagen und Kredite gegenüber im Euroraumansässigen privaten Haushalten und nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften angewendet. DieAnforderungen für die MFI-Zinsstatistik wurden in der am 20. Dezember 2001 verabschiede-ten Verordnung EZB/2001/18 festgelegt. Die nach einer vorläufigen Vorgehensweise erstell-ten nicht harmonisierten Statistiken greifen auf bereits bestehende nationale Statistiken überZinssätze im Kundengeschäft der Banken zurück.

Mindestbietungssatz (minimum bid rate): Niedrigster Zinssatz, zu dem Geschäftspartnerbei Hauptrefinanzierungsgeschäften nach dem Zinstenderverfahren Gebote abgeben kön-nen. Hat die Leitzinsfunktion übernommen, die zuvor der Mengentendersatz ausübte (sieheLeitzinsen der EZB).

Mindestreservebasis (reserve base): Summe derjenigen Bilanzposten (insbesondere Ver-bindlichkeiten), die die Basis für die Berechnung des Mindestreserve-Solls eines Kreditins-tituts darstellen.

Mindestreserve-Erfüllungsperiode (maintenance period): Zeitraum, für den die Einhal-tung der Mindestreservepflicht durch die Kreditinstitute berechnet wird. Die Mindestre-serve-Erfüllungsperiode des Eurosystems beträgt einen Monat, beginnend mit dem 24. einesMonats und endend am 23. des Folgemonats.

Mindestreservesatz (reserve ratio): Von der Zentralbank für jede Kategorie mindestreser-vepflichtiger Bilanzposten festgelegter Satz. Die Sätze werden zur Berechnung des Mindest-reserve-Solls verwendet.

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Mindestreserve-Soll (Mindestreservepflicht) (reserve requirement): Verpflichtung derKreditinstitute, Mindestreserven bei der Zentralbank zu unterhalten. Nach den Mindestre-servevorschriften des Eurosystems wird die Höhe der von einem Kreditinstitut zu unterhal-tenden Mindestreserven (Mindestreserve-Soll) durch Multiplikation der mindestreservepflich-tigen Bilanzpositionen (Mindestreservebasis) des Instituts mit den jeweiligen Mindestre-servesätzen berechnet. Von dem so berechneten Mindestreserve-Soll können die Instituteeinen pauschalen Freibetrag abziehen.

Ministerrat: Siehe EU-Rat.

Monetäre Aggregate (monetary aggregates): Ein monetäres Aggregat ist definiert als dieSumme des Bargeldumlaufs zuzüglich jener ausstehenden Verbindlichkeiten von Monetä-ren Finanzinstituten und dem Zentralstaat, die eine hohe Liquidität aufweisen und die vonNicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet, die nicht dem Sektor Zentralstaat angehören, gehal-ten werden. Die eng gefasste Geldmenge M1 bildet den Bargeldumlauf sowie täglich fälligeEinlagen ab. Das mittlere Geldmengenaggregat M2 umfasst M1 sowie Einlagen mit verein-barter Laufzeit von bis zu zwei Jahren und Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfristvon bis zu drei Monaten. Die weit gefasste Geldmenge M3 umfasst M2 sowie Rückkaufsver-einbarungen, Geldmarktfondsanteile und von MFIs begebene Geldmarktpapiere undSchuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeit von bis zu zwei Jahren. Im Oktober1998 gab der EZB-Rat einen Referenzwert für das Wachstum von M3 bekannt, den er inzwischenauch bekräftigt hat (siehe auch Referenzwert für das Geldmengenwachstum).

Monetäre Einkünfte (monetary income): Einkünfte, die den nationalen Zentralbanken ausder Erfüllung der währungspolitischen Aufgaben im Eurosystem zufließen. Sie ergeben sichaus Vermögenswerten, die aufgrund von Leitlinien des EZB-Rats gesondert erfasst werdenund als Gegenposten zum Banknotenumlauf und zu den Verbindlichkeiten aus Einlagen derKreditinstitute gehalten werden.

Monetäre Finanzinstitute (MFIs) (Monetary Financial Institutions – MFIs): Alle Finanzins-titute, die zum Geldschöpfungssektor des Euro-Währungsgebiets gehören. Hierzu zählendas Eurosystem, ansässige Kreditinstitute im Sinne der Gemeinschaftsgesetzgebung undalle anderen im Euroraum ansässigen Finanzinstitute, deren wirtschaftliche Tätigkeit darinbesteht, Einlagen bzw. Einlagensubstitute im engeren Sinn von anderen Wirtschaftssubjektenals MFIs entgegenzunehmen und auf eigene Rechnung (zumindest im wirtschaftlichen Sinn)Kredite zu gewähren und/oder in Wertpapiere zu investieren. Letztere Gruppe umfasst inerster Linie Geldmarktfonds. Ende 2002 gab es 8 545 MFIs im Euroraum (13 Zentralbanken,6 907 Kreditinstitute, 1 620 Geldmarktfonds und 5 sonstige Finanzinstitute).

Multifunktionale vorausbezahlte Karte (multi-purpose prepaid card): Für verschiedensteZwecke verwendbares elektronisches Zahlungsmittel, das im Prinzip national oder internatio-nal einsetzbar, aber auch auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt sein kann. Eine aufladbaremultifunktionale vorausbezahlte Karte wird auch „elektronische Geldbörse“ genannt (sieheauch elektronisches Geld).

Nachschuss (Marktwertprinzip) (variation margin, marking to market): Das Eurosystemverpflichtet Geschäftspartner zur Einhaltung einer Bandbreite, innerhalb derer der Wertder für befristete Transaktionen gestellten Sicherheiten im Zeitablauf schwanken kann,ohne dass zusätzliche Nachschusszahlungen erforderlich werden. Unterschreitet der Basis-wert laut laufender Marktbewertung die Untergrenze, so sind die Geschäftspartner zu einerNachschussleistung in Form von zusätzlichen Wertpapieren (oder in bar) verpflichtet. Umge-

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kehrt erstattet die Zentralbank den Geschäftspartnern Überschüsse in Form von Wertpapie-ren (oder in bar), wenn der Marktwert der Basiswerte bei der Bewertung die Bandbreiteübersteigt.

Netto-Abrechnungssystem (net settlement system – NSS): Ein Überweisungssystem, indem der Zahlungsausgleich auf bilateraler oder multilateraler Nettobasis erfolgt.

Nettoforderungen des MFI-Sektors gegenüber Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets (net external assets of the MFI sector): Forderungen abzüglich Verbind-lichkeiten der Monetären Finanzinstitute im Euro-Währungsgebiet gegenüber Ansässi-gen außerhalb des Euroraums. Die Forderungen der MFIs im Euroraum gegenüber Gebiets-fremden bestehen im Wesentlichen aus Gold, Beständen von nicht auf Euro lautendenBanknoten, von Ansässigen außerhalb des Eurogebiets begebenen Schuldverschreibungen undKrediten an Ansässige außerhalb des Eurogebiets (darunter Einlagen bei Banken außerhalb desEuro-Währungsgebiets). Die Verbindlichkeiten des MFI-Sektors im Euroraum gegenüber An-sässigen außerhalb des Euroraums beinhalten hauptsächlich Einlagen von Gebietsfremdensowie von Gebietsfremden gewährte Kredite. Schließlich spiegeln die Nettoforderungen desMFI-Sektors im Euroraum gegenüber Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets inerster Linie die Transaktionen von Nicht-MFIs des Euro-Währungsgebiets mit Geschäfts-partnern außerhalb des Euro-Währungsgebiets wider, die vom MFI-Sektor abgewickeltwerden.

Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften (non-financial corporations): Einer der institutio-nellen Sektoren im ESVG 95. Besteht aus institutionellen Einheiten, deren Verteilungs- undfinanzielle Transaktionen sich von jenen ihrer Eigentümer unterscheiden. Zu den nichtfinanzi-ellen Kapitalgesellschaften zählen alle institutionellen Einheiten mit eigener Rechtspersönlich-keit, die in ihrer Hauptfunktion als Marktproduzenten Waren und nichtfinanzielle Dienstleis-tungen produzieren bzw. erbringen.

Nikkei-225-Index (Nikkei 225 index): Dieser Index entspricht dem Durchschnittswert derKurse von 225 führenden Unternehmen der First Section der Tokioter Börse. Der Index istnach dem Marktwert gewichtet (d. h. der Aktienpreis wird jeweils mit der Anzahl derausgegebenen Aktien multipliziert), sodass das Indexgewicht einzelner Aktien im Index imVerhältnis zu ihrem Marktwert steht.

Offenmarktgeschäft (open market operation): Geldpolitische Operation, die auf Initiativeder Zentralbank am Finanzmarkt durchgeführt wird und eine der folgenden Transaktionenumfasst: 1) den endgültigen Kauf bzw. Verkauf von Vermögenswerten (Kassa und Ter-min), 2) den Kauf oder Verkauf von Vermögenswerten im Rahmen einer Rückkaufsverein-barung, 3) die Kreditgewährung oder Kreditaufnahme gegen Sicherheiten, 4) die Emissionvon Zentralbank-Schuldverschreibungen, 5) die Hereinnahme von Einlagen mit einer festenLaufzeit oder 6) Devisenswaps zwischen inländischer und ausländischer Währung.

Option (option): Finanzinstrument, das den Inhaber berechtigt, aber nicht verpflichtet, be-stimmte Basiswerte – etwa Anleihen oder Aktien – zu einem im Voraus festgelegten Preis,dem so genannten Ausübungs- oder Basispreis, (bis) zu einem bestimmten künftigen Zeit-punkt, dem Ausübungs- oder Fälligkeitstag, zu kaufen oder zu verkaufen. Eine Kaufoption(Call-Option) gibt dem Inhaber das Recht, die Basiswerte zum vereinbarten Ausübungspreiszu erwerben, während eine Verkaufsoption (Put-Option) den Inhaber dazu berechtigt, dieBasiswerte zum vereinbarten Ausübungspreis zu verkaufen.

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Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (undertaking forcollective investment in transferable securities – UCITS): Unternehmung, deren ausschließ-licher Zweck darin besteht, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung inWertpapieren anzulegen, und deren Anteile auf Verlangen der Inhaber zu Lasten des Vermö-gens dieser Unternehmen zurückgenommen oder ausgezahlt werden.

Öffentliche Haushalte: Siehe Staat.

Pauschaler Freibetrag (lump-sum allowance): Fester Betrag, den ein Kreditinstitut beider Berechnung seines Mindestreserve-Solls nach den Mindestreservevorschriften desEurosystems abzieht.

Pensionsgeschäft (Repogeschäft) (repurchase operation, repo): Liquiditätszuführende be-fristete Transaktion auf der Grundlage einer Rückkaufsvereinbarung.

Portfoliostrukturierung (asset allocation): Strukturierung des angelegten Vermögens nachbestimmten Anlageklassen, z. B. mit dem Ziel der optimalen Gestaltung des Gewinn/Risiko-Verhältnisses.

Preisstabilität (price stability): Die Gewährleistung der Preisstabilität ist das vorrangige Zielder Europäischen Zentralbank. Der EZB-Rat veröffentlichte im Oktober 1998 einequantitative Definition von Preisstabilität, um klare Anhaltspunkte für die Erwartungen zu-künftiger Preisentwicklungen vorzugeben und zur Transparenz beizutragen. Der EZB-Ratdefiniert Preisstabilität als Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI)für das Euro-Währungsgebiet von unter 2 % gegenüber dem Vorjahr, wobei Preisstabilitätnach dieser Definition mittelfristig gewährleistet werden soll. Die Definition legt eine Ober-grenze für die gemessene Inflation fest; gleichzeitig macht die Verwendung des Wortes„Anstieg“ in der Definition klar, dass Deflation, d. h. ein anhaltender Rückgang des HVPI-Index, nicht als mit Preisstabilität vereinbar angesehen wird.

Primärsaldo (primary balance): Finanzierungsdefizit oder -überschuss des Staates abzüglichZinsausgaben auf den bestehenden Schuldenstand des Gesamtstaats.

Private Haushalte (households): Einer der institutionellen Sektoren im ESVG 95. Er um-fasst Einzelpersonen und Gruppen von Einzelpersonen in ihrer Funktion als Konsumenten undgegebenenfalls auch in ihrer Eigenschaft als Produzenten (d. h. Einzelunternehmen und Perso-nengesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit). Organisationen ohne Erwerbszweck, dieprivaten Haushalten dienen, sind gemäß ESVG 95 ein eigener institutioneller Sektor, obwohlsie statistisch häufig zusammen mit den privaten Haushalten ausgewiesen werden.

Projektionen (projections): Ergebnisse der von Experten des Eurosystems durchgeführtenAnalysen, die mögliche zukünftige gesamtwirtschaftliche Entwicklungen im Euro-Währungs-gebiet abschätzen. Projektionen für das Euro-Währungsgebiet werden in Abstimmung mitden relevanten einzelstaatlichen Projektionen erstellt. Die zweimal jährlich veröffentlichtenProjektionen sind ein Bestandteil der zweiten Säule der geldpolitischen Strategie derEuropäischen Zentralbank und stellen eine der Informationsquellen für die vom EZB-Ratvorgenommene Beurteilung der Risiken für Preisstabilität dar.

Referenzwert für das Geldmengenwachstum (reference value for monetary growth):Der EZB-Rat weist der Geldmenge eine herausragende Rolle in der Geldpolitik zu, d. h., dassdie monetären Aggregate und deren Gegenposten sehr genau auf ihren Informationsgehalt

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über zukünftige Preisentwicklungen untersucht werden. Der EZB-Rat unterstreicht dies durchdie Bekanntgabe eines Referenzwerts für das Wachstum der Geldmenge M3. Dieser Wertwird auf der Basis von mittelfristigen Annahmen über die trendmäßige Wachstumsentwick-lung des BIP und die Umlaufgeschwindigkeit von M3 ermittelt; hierbei wird besonders daraufgeachtet, dass er im Einklang mit der Definition des EZB-Rats von Preisstabilität steht undder Erreichung dieses Ziels dient. Deutliche oder anhaltende Abweichungen des M3-Wachs-tums vom Referenzwert wären im Normalfall als Gefährdung der mittelfristigen Preisstabilitätzu interpretieren. Allerdings beinhaltet das Konzept des Referenzwerts keine Verpflichtungseitens des EZB-Rats, Abweichungen des M3-Wachstums vom Referenzwert „mechanistisch“zu korrigieren.

Referenzwert für die Finanzlage (reference value for the fiscal position): Das dem EG-Vertrag beigefügte Protokoll Nr. 20 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defi-zit gibt explizite Referenzwerte für die Defizitquote (3 % des BIP) bzw. die Schuldenquo-te (60 % des BIP) des Gesamtstaats an (siehe Stabilitäts- und Wachstumspakt).

Regelungsausschuss für die Rechnungslegung (Accounting Regulatory Committee –ARC): Dieser Ausschuss wurde gegründet, um die Europäische Kommission bei derUmsetzung der internationalen Rechnungslegungsgrundsätze zu unterstützen. Ab 2005sind Konzernabschlüsse von an europäischen Börsen notierten Unternehmen auf Basis dieserGrundsätze zu erstellen.

Repogeschäft: Siehe Pensionsgeschäft.

RTGS-System (Echtzeit-Bruttosystem) (Real-Time Gross Settlement system – RTGS):Abwicklungssystem, in dem jede Transaktion in Echtzeit (kontinuierlich) verarbeitet undausgeglichen wird (ohne Netting). Siehe auch TARGET-System.

Rückkaufsvereinbarung (repurchase agreement): Vereinbarung über den Verkauf einesVermögensgegenstands, die den Verkäufer berechtigt und verpflichtet, diesen Vermögensge-genstand zu einem bestimmten Preis zu einem späteren Zeitpunkt oder auf Anforderungzurückzukaufen. Eine solche Vereinbarung gleicht wirtschaftlich einem besicherten Kredit, mitdem Unterschied, dass rechtlich kein Eigentum an den Sicherheiten übertragen wird. Rück-kaufsvereinbarungen werden in der Geldmenge M3 berücksichtigt, wenn ein MonetäresFinanzinstitut als Verkäufer und ein im Euroraum ansässiges Nicht-MFI als Käufer auftreten.

Schnelltender (quick tender): Tenderverfahren, das im Eurosystem für Feinsteuerungs-operationen verwendet wird. Schnelltender werden innerhalb einer Stunde und nur miteiner begrenzten Zahl von Geschäftspartnern durchgeführt.

Schuldenquote (debt ratio): Eines der in Artikel 104 Absatz 2 EG-Vertrag festgelegtenfiskalpolitischen Konvergenzkriterien. Definiert als „Verhältnis zwischen dem öffentlichenSchuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen“, wobei „öffentlicher Schul-denstand“ wie in Protokoll Nr. 20 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizitdefiniert wird als „Brutto-Gesamtschuldenstand zum Nominalwert am Jahresende nach Kon-solidierung innerhalb und zwischen den einzelnen Bereichen des Staatssektors“.

Schuldverschreibungen (debt securities): Eine Schuldverschreibung ist das Versprechendes Emittenten (Schuldners), dem Inhaber (Gläubiger) Zahlung(en) zu einem oder mehrerenbestimmten Terminen zu leisten. In der Regel sind Schuldverschreibungen festverzinslich (mit

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einem Kupon ausgestattet) oder werden mit einem Abschlag vom Nennwert verkauft. Daherbestehen die Einkünfte des Inhabers der Schuldverschreibung aus Kuponzahlungen und demDifferenzbetrag zwischen dem Kaufpreis der Anleihe und deren Marktwert zum Verkaufs-termin oder am Ende der Laufzeit. Schuldverschreibungen sind marktfähige Papiere, die aufSekundärmärkten gehandelt werden können. Sie verleihen dem Inhaber jedoch keine Eigen-tumsrechte an der begebenden Stelle. Die Statistik zu den Schuldverschreibungen der Euro-päischen Zentralbank enthält Geldmarktpapiere und grundsätzlich auch Privatplatzierungen.

Sicherheiten (collateral): Vermögenswerte, die z. B. Kreditinstitute zur Besicherung vonKrediten der Zentralbank bei dieser als Pfand hinterlegen, sowie Vermögenswerte, die z. B.die Zentralbank von Kreditinstituten im Zuge von liquiditätszuführenden Pensionsgeschäf-ten ankauft.

Sonstige Verbindlichkeiten (other accounts payable): Finanzielle Verbindlichkeiten, die alsGegenposten zu einer finanziellen oder nichtfinanziellen Transaktion entstehen, wenn einezeitliche Verzögerung zwischen dieser Transaktion und dem Eingang der dazugehörigen Zah-lung auftritt.

Spitzenrefinanzierungsfazilität (marginal lending facility): Ständige Fazilität des Euro-systems, die die Geschäftspartner nutzen können, um von einer nationalen ZentralbankÜbernachtkredit gegen refinanzierungsfähige Sicherheiten zu einem im Voraus festgelegtenZinssatz zu erhalten (siehe Leitzinsen der EZB).

Staat (öffentliche Haushalte) (general government): Der Begriff umfasst den Zentralstaat(Zentralregierung), regionale und lokale Gebietskörperschaften sowie Sozialversicherungsein-richtungen im Sinne des ESVG 95.

Stabilitätsprogramme (stability programmes): Mittelfristige Regierungspläne und Progno-sen von Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets über die Entwicklung von wirtschaftli-chen Eckdaten im Hinblick auf die Erreichung des mittelfristigen Ziels eines nahezu ausgegli-chenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalts gemäß dem Stabilitäts- und Wachs-tumspakt. Hierbei wird vor allem auf die Konsolidierung des Haushalts und auf diewirtschaftlichen Rahmenbedingungen geachtet. Die Stabilitätsprogramme werden jährlich über-arbeitet und von der Europäischen Kommission und dem Wirtschafts- und Finanzaus-schuss überprüft. Die Ergebnisse dieser Prüfung dienen dem ECOFIN-Rat als Beurteilungs-grundlage, wobei insbesondere bewertet wird, ob die mittelfristigen Haushaltsziele einenangemessenen Sicherheitsspielraum zur Vermeidung eines übermäßigen Defizits vorsehen.Nicht an der Währungsunion teilnehmende Mitgliedstaaten müssen laut dem Stabilitäts- undWachstumspakt jährlich ein Konvergenzprogramm vorlegen.

Stabilitäts- und Wachstumspakt (Stability and Growth Pact): Besteht aus zwei Verord-nungen des EU-Rats über 1) den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und derÜberwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken und 2) die Beschleunigung undKlärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit sowie aus der beim Amsterda-mer Gipfel verabschiedeten Entschließung des Europäischen Rats vom 17. Juni 1997 überden Stabilitäts- und Wachstumspakt. Ziel des Pakts ist die Gewährleistung einer gesundenöffentlichen Finanzlage in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion alsMittel zur Verbesserung der Voraussetzungen für Preisstabilität und ein starkes, nachhalti-ges Wachstum, das der Schaffung von Arbeitsplätzen förderlich ist. Insbesondere wird alsmittelfristiges Ziel die Forderung nach einem nahezu ausgeglichenen oder einen Überschussaufweisenden Haushalt gestellt, damit die Mitgliedstaaten in der Lage sind, normale Konjunk-

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turschwankungen zu bewältigen und zugleich das Defizit der öffentlichen Haushalte unterhalbdes Referenzwerts für die Finanzlage von 3 % des BIP zu halten. Gemäß dem Stabilitäts- undWachstumspakt müssen die Euro-Länder Stabilitätsprogramme vorlegen – Mitgliedstaa-ten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, hingegen weiterhin Konvergenzprogramme.

Standard-&-Poor’s-500-Index (Standard & Poor’s 500 index): Standard & Poor’s veröf-fentlicht eine Reihe von Indizes, die die Entwicklung der US-Aktienmärkte abbilden. Einerdieser Indizes ist der Standard-&-Poor’s-500-Index, welcher 500 Aktienwerte umfasst, die aufder Basis von Marktgröße, Liquidität und ihres für die Branche repräsentativen Charaktersausgewählt werden. Der Index ist nach dem Marktwert gewichtet (d. h. der Aktienpreis wirdjeweils mit der Anzahl der ausgegebenen Aktien multipliziert), sodass das Indexgewichteinzelner Aktien im Index im Verhältnis zu deren Marktwert steht.

Standardtender (standard tender): Tenderverfahren, das im Eurosystem bei regelmäßigenOffenmarktgeschäften verwendet wird. Standardtender werden innerhalb von 24 Stundendurchgeführt. Alle Geschäftspartner, die die allgemeinen Zulassungskriterien erfüllen, sindberechtigt, bei Standardtendern Gebote abzugeben.

Ständige Fazilität (standing facility): Zentralbankfazilität, die von den Geschäftspartnernauf ihre eigene Initiative hin in Anspruch genommen werden kann. Das Eurosystem bietetzwei ständige Fazilitäten an, und zwar die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einla-gefazilität.

Stresstest (stress testing): Verfahren, anhand dessen die (extrem negative) Wertentwicklungeiner Anlagestrategie unter der Annahme analysiert wird, dass sich relevante Risikofaktorenverschlechtern (z. B. dass die Volatilität steigt oder dass sich die Korrelation zwischenAnlageinstrumenten verschlechtert).

Täglich fällige Einlagen (overnight deposits): Einlagen, für die eine Bindungs- oder Kündi-gungsfrist von maximal einem Tag vereinbart wurde. Diese Kategorie von Instrumentenumfasst in erster Linie Sichteinlagen, die ohne nennenswerte Verzögerung, Beschränkungoder Gebühren frei übertragbar sind (durch Scheck oder dergleichen). Sie beinhaltet aberauch nichtübertragbare Guthaben, die auf Antrag oder bis zum Geschäftsschluss des folgen-den Tages verfügbar sind.

TARGET-System (Transeuropäisches Automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Überweisungssystem) (Trans-European Automated Real-time Gross settlement ExpressTransfer system): Das Echtzeit-Brutto-Überweisungssystem (RTGS-System) für den Euro.Dezentrales Zahlungssystem, das sich aus den nationalen RTGS-Systemen der 15 EU-Mitglied-staaten und dem Zahlungsverkehrsmechanismus der Europäischen Zentralbank zusam-mensetzt. Diese sind im Rahmen eines einheitlichen Verfahrens (siehe Interlinking-Mecha-nismus) miteinander verbunden, sodass grenzüberschreitende Überweisungen zwischen ver-schiedenen Systemen in der gesamten Europäischen Union ermöglicht werden.

TARGET2 (TARGET2): Zweite Generation des TARGET-Systems, die angesichts derzunehmenden Finanzintegration im Euro-Währungsgebiet entwickelt wird. TARGET2 sollim Wesentlichen 1) durch ein weitgehend harmonisiertes Leistungsspektrum besser auf dieBedürfnisse der Kunden zugeschnitten sein, 2) Wirtschaftlichkeit gewährleisten und sich3) rasch an künftige Entwicklungen einschließlich der Erweiterung der Europäischen Unionund des Eurosystems anpassen. In TARGET2 bleiben die nationalen Zentralbanken weiterhinfür die Geschäftsbeziehungen mit den Kreditinstituten und die Führung von deren Kontenzuständig.

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Überweisungssystem (funds transfer system – FTS): Eine formelle, auf privaten Verträgenoder gesetzlicher Regelung beruhende Vereinbarung für die Übermittlung und den Ausgleichvon Geldverbindlichkeiten zwischen mehreren Mitgliedern nach gemeinsamen Regeln undstandardisierten Vorkehrungen.

UMTS: Siehe Universal Mobile Telecommunications System (UMTS).

Ungedeckte Schuldverschreibung (uncovered bond): Eine nur durch die Bonität desEmittenten, jedoch nicht durch Sicherheiten gedeckte Schuldverschreibung.

Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) (Universal Mobile Telecom-munications System – UMTS): System für die „dritte Generation“ (3 G) des Mobilfunks. AlleRegierungen der EU-Mitgliedstaaten verkaufen oder vergeben Lizenzen für Mobilfunkfrequen-zen an Telekommunikationsgesellschaften.

Value at Risk (VaR) (Value at Risk – VaR): Risikomaß für den maximalen Verlust einesPortfolios innerhalb einer bestimmten Periode mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit.

Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (excessive deficit procedure): Das in Arti-kel 104 EG-Vertrag niedergelegte und in Protokoll Nr. 20 über das Verfahren bei einemübermäßigen Defizit näher festgelegte Verfahren verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einhal-tung der Haushaltsdisziplin, legt die Bedingungen fest, unter denen die Haushaltsposition einübermäßiges Defizit aufweist, und bestimmt die weitere Vorgehensweise für den Fall, dassdiese Bedingungen hinsichtlich der Haushaltslage bzw. der Staatsschuldenquote nicht eingehal-ten werden. Abgerundet wird dies durch eine Verordnung des EU-Rats zur Klärung undBeschleunigung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, die Teil des Stabilitäts- undWachstumspakts ist.

Verfahren zur Umstrukturierung von Staatsschulden (Sovereign Debt RestructuringMechanism – SDRM): Initiative des IWF zur Einführung eines rechtlichen Regelwerks für dieUmstrukturierung von Staatsschulden gegenüber dem Ausland. Das Verfahren würde Schuld-nerstaaten und Gläubiger darin unterstützen, rasche und umfassende Lösungen zur Umschul-dung untragbarer Staatsschulden zu finden.

Versicherungstechnische Rückstellungen nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften(pension fund reserves of non-financial corporations): Rückstellungen oder ähnliche Mittel,die nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften bilden, um die Pensionsansprüche ihrer Angestelltenzu decken.

Währungsreserven des Eurosystems (Eurosystem’s international reserves): Diese Posi-tion umfasst die Währungsreserven der Europäischen Zentralbank und der nationalenZentralbanken der Euro-Länder. Währungsreserven müssen 1) der effektiven Kontrolle derzuständigen Währungsbehörde, d. h. der EZB bzw. der nationalen Zentralbank eines derEuro-Länder, unterworfen sein und sich 2) auf hochliquide, marktfähige und kreditwürdige aufFremdwährung (nicht auf Euro) lautende Forderungen gegenüber Ansässigen außerhalb desEuroraums sowie auf Gold, Sonderziehungsrechte und Reservepositionen der Zentralbankender Euro-Länder beim Internationalen Währungsfonds beziehen.

Wechselkursmechanismus II (WKM II) (exchange rate mechanism II – ERM II): Bildetden Rahmen für die wechselkurspolitische Zusammenarbeit zwischen den Euro-Ländern undden EU-Mitgliedstaaten, die nicht ab Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und Wäh-

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rungsunion dem Euroraum angehörten. Die Teilnahme ist freiwillig; allerdings wird von denMitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, erwartet, dass sie sich am Mechanismusbeteiligen. Zurzeit gehört die dänische Krone dem WKM II an; für sie gilt eine Schwankungs-bandbreite von ±2,25 % um ihren Leitkurs gegenüber dem Euro. Interventionen an denInterventionspunkten der Standard-Schwankungsbandbreiten sowie der engeren Schwankungs-bandbreiten erfolgen grundsätzlich automatisch und in unbegrenzter Höhe, wobei eine sehrkurzfristige Finanzierung zur Verfügung steht. Die Europäische Zentralbank und die teil-nehmenden, nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden nationalen Zentralbanken kön-nen automatische Interventionen jedoch aussetzen, wenn diese dem vorrangigen Ziel, Preis-stabilität zu gewährleisten, zuwiderlaufen sollten.

Wertpapierabwicklungssystem (securities settlement system – SSS): System, das dieHaltung und Übertragung von Wertpapieren und sonstigen finanziellen Vermögenswertenentweder gebührenfrei oder gegen Gebühr (Lieferung gegen Zahlung) ermöglicht.

WFA: Siehe Wirtschafts- und Finanzausschuss.

Wirtschafts- und Finanzausschuss (WFA) (Economic and Financial Committee – EFC):Beratendes Gemeinschaftsgremium, das mit Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- undWährungsunion, nach Auflösung des Währungsausschusses, eingesetzt wurde. Jeder Mit-gliedstaat sowie die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank ernen-nen jeweils höchstens zwei Ausschussmitglieder, und zwar je einen leitenden Verwaltungsbe-amten und je einen hochrangigen Vertreter der nationalen Zentralbank. In Artikel 114 Ab-satz 2 EG-Vertrag sind die Aufgabenbereiche des Wirtschafts- und Finanzausschussesangeführt, darunter auch die Beobachtung der Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaatenund der Gemeinschaft.

Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) (Economic and Monetary Union – EMU): DerEG-Vertrag beschreibt den Weg zur WWU innerhalb der Europäischen Union (EU) alsdreistufigen Prozess. Die erste Stufe der WWU, die in erster Linie vom Abbau sämtlicherBeschränkungen des freien Kapitalverkehrs innerhalb der EU gekennzeichnet war, begann imJuli 1990 und endete am 31. Dezember 1993. Die zweite Stufe der WWU begann am 1. Januar1994 und sah unter anderem die Errichtung des Europäischen Währungsinstituts, dasVerbot der monetären Finanzierung der öffentlichen Hand und ihres bevorrechtigten Zugangszu Finanzinstituten sowie die Vermeidung übermäßiger Defizite vor. Die dritte Stufe begannam 1. Januar 1999 mit der Übertragung der geldpolitischen Zuständigkeit auf die Europäi-sche Zentralbank und der Einführung des Euro. Die Bargeldumstellung am 1. Januar 2002stellte die letzte Etappe auf dem Weg zur Vollendung der WWU dar.

WKM II: Siehe Wechselkursmechanismus II (WKM II).

WPA: Siehe Ausschuss für Wirtschaftspolitik.

WWU: Siehe Wirtschafts- und Währungsunion.

Zahlungsausgleichsagent (settlement agent): Stelle, die den Saldenausgleich (z. B. die Er-mittlung der Ausgleichsbeträge und die Überwachung der Zahlungsströme) für Überweisungs-systeme und andere Systeme, die einen Saldenausgleich erfordern, steuert.

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Zeitwertbilanzierung (fair value accounting – FVA): Bewertungsprinzip, das für die Bestim-mung des Bilanzwerts von Finanzinstrumenten die Verwendung eines Marktpreises, oder –falls nicht anwendbar – die Ableitung eines aktuellen Marktpreises auf Basis des Barwerts dererwarteten künftigen Zahlungsströme vorschreibt.

Zentralstaat: Siehe Bund (Zentralstaat).

Zinssätze im Kundengeschäft der Banken: Siehe MFI-Zinssätze.

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