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Aus dem Englischen übersetzt von Maria Leicht-Rombouts. Mary Hollingsworth (Hrsg.)

Das Weihnachtslächeln - 9783865917195

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Weihnachten ist die Zeit des Staunens. Diese Sammlung wahrer Geschichten lässt Sie an Weihnachtswundern teilhaben, die tatsächlich passiert sind. Lesen Sie die Geschichte von der alleinerziehenden Mutter, die kein Geld für das Nötigste hat und völlig unverhofft beschenkt wird, vom gerissenen Weihnachtsdieb und von der überwältigenden Antwort auf ein mutiges Gebet. Die 36 wahren Weihnachtsgeschichten berichten von großen und kleinen Wundern.

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Aus dem Englischen übersetzt von Maria Leicht-Rombouts.

Mary Hollingsworth (Hrsg.)

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Inhalt

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1 Weihnachtsengel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Der Besuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Der Engel, der mit dem Bus fuhr . . . . . . . . . . . . . . . 18

Die beste Kundschaft aller Zeiten . . . . . . . . . . . . . . 21

Wie eine Hausaufgabe zur Genesung beitrug . . . . 26

Der Schneesturm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

„O Herr, behüte deine besonderen Kinder“ . . . . . . 31

Fröhlich soll mein Herze springen . . . . . . . . . . . . . 38

Der Einkaufsgutschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

2 Weihnachtsgeheimnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Ein Akt des Glaubens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Der Kolibri aus Kristallglas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Der gebastelte Geschenkanhänger . . . . . . . . . . . . . . 60

Wie ich Weihnachtsliebe lernte . . . . . . . . . . . . . . . . 65

Eine Zeit voller Wunder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Die Überraschung, die von Herzen kam . . . . . . . . . 76

Der Weihnachtsdieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

Das unverhoffte Wohnungswunder . . . . . . . . . . . . . 85

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3 Geschenke, Glanz und Gloria . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

„Sie sind geliebt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

Die Geburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Jeffreys Geschenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Die verschwundene Uhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Das Weihnachtslächeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

Es wird nicht dunkel bleiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Das Wunder am Heiligen Abend . . . . . . . . . . . . . . . 132

Der Schal, der neue Hoffnung brachte . . . . . . . . . . 136

4 Weihnachtsstaunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Die neue Puppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

Was bei den Menschen unmöglich ist, ist bei Gott möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

Mit dem Schrecken davongekommen . . . . . . . . . . . 152

Stern über Bethlehem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Was Liebe bewirken kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

Der Unbekannte an Tisch Nr. 5 . . . . . . . . . . . . . . . . 171

5 Friede auf Erden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Wie wir überreich beschenkt wurden . . . . . . . . . . . 177

Als die Zeit stillstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

Das uneingepackte Geschenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Wie ich an Heiligabend Gott begegnete . . . . . . . . . 194

Ein Wunder für Sarah . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Robertos Herzenswunsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Das improvisierte Weihnachtsfest . . . . . . . . . . . . . . 209

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Einleitung

Eine Reise. Ein Stall. Eine Krippe. Ein Neugeborenes. So beginnt vor etwa zweitausend Jahren das Wunder der

Weihnacht – still und leise in einem kleinen Städtchen.Ein Stern. Singende Engel. Staunende Hirten. Weise

Männer mit Geschenken. So begann die von Gott organi-sierte himmlische Geburtstagsparty.

Der Weihnachtsmann. Funkelnde Lichter. Schillernde Bäume. Glänzendes Geschenkpapier. Und die einst begon-nene Party geht immer weiter, manchmal jedoch leider in einer materialistisch-modernen Fassung.

Wie Sie in den Geschichten dieses Buches lesen werden, sind echte Weihnachtswunder dennoch bis heute leben-dig und real. Noch immer feiern die Menschen die Geburt eines Kindes. Noch immer singen sie die Lieder der Engel. Noch immer folgen Weise dem Stern, um ihn zu fi nden.

Das Staunen in den Kinderaugen ist auch heute noch gegenwärtig. Der heilige Zauber, der vor so langer Zeit den einsamen Stall erfüllte, liegt bis heute in der Weihnachts-luft. Die Menschen sind freundlicher. Freunde treffen sich und lachen miteinander. Familien sehen sich wieder, um die Freude zu teilen. Und in jedem Dezember wird die Hoffnung neu entfacht – wie die Glut eines fast ausgelösch-ten Feuers.

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Weihnachten. Ein Wort voller Zauber. Ein Wort, das Sie zum Lächeln bringt. Ein Wort, das Wärme, Frieden und Liebe ausstrahlt. Erleben Sie mit, wie Gott im Leben seiner Menschen wirkt, die die Geburt seines Sohnes und ihres Erlösers feiern.

Weihnachtswunder sind lebendig und real. Wenn Sie in diesem Buch schmökern, erinnern Sie sich vielleicht daran, wie Gott auch Sie in dieser besonderen Zeit des Jahres be-rührt hat. Halten Sie Ausschau nach ihm. Lauschen Sie sei-ner Stimme. Er ist immer da, er zündet bei der Party für seinen Sohn die Kerzen auf dem Kuchen an.

Mary Hollingsworth

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Der Besuch

Susan Farr Fahncke

Es war der 23. Dezember. Ich wohnte mit meinen Kin-dern in einem winzigen Haus. Da ich alleinerziehend

war, studierte und meine Kinder allein ernähren musste, waren unsere Aussichten auf ein nettes Weihnachtsfest sehr schlecht. Ich blickte mich um und die Sorge machte sich in mir breit – wie ein Schmerz, der langsam in mir hochkroch. Wir waren arm.

Unser winziges Haus hatte neben dem Wohnzimmer zwei kleine Zimmer, die so klein waren, dass die Wiege meiner kleinen Tochter gerade so in das eine Zimmer passte und das Bett meines Sohnes mit der Kommode mit Ach und Krach in das andere. Die Kinder konnten sich beim besten Willen kein Zimmer teilen, darum schlug ich mein Bett jeden Abend auf dem Wohnzimmerfußboden auf. Zu dritt benutzten wir den einzigen Schrank im Haus. Wir hatten es gemütlich, waren stets nur wenige Meter von-einander entfernt – Tag und Nacht. Da die Kinderzimmer keine Türen hatten, konnte ich meine Kinder die ganze Zeit sehen und hören. Das vermittelte ihnen Geborgenheit und ich fühlte mich ihnen nahe – diesen Segen hätte ich unter anderen Umständen wohl nie erlebt.

Es war spät am Abend, beinahe elf. Der Schnee fi el sanft und leise. Ich hatte mich in eine Decke gekuschelt, saß am

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Fenster und schaute zu, wie die Pulverfl ocken im Mond-schein tanzten, als die Eingangstür plötzlich unter dem Klopfen einer Faust vibrierte.

Ich fragte mich, wer an diesem verschneiten Winter-abend so spät vor meiner Tür stehen könnte. Ich öffnete und sah vor mir mehrere Unbekannte, die übers ganze Ge-sicht grinsten und die Arme voller Kisten und Tüten hatten.

Verwirrt, aber von ihrem Lachen angesteckt, lächelte ich zurück.

„Sind Sie Susan?“ Der Mann machte einen Schritt vor-wärts und schob eine Kiste in meine Richtung.

Ich nickte dümmlich, brachte kein Wort heraus und war überzeugt, dass er mich für geistesschwach halten musste.

„Die sind für Sie.“ Die Frau lud mit einem strahlenden Lächeln eine weitere Kiste ab. Das Licht der Außenbeleuch-tung legte einen Glanz auf ihr dunkles Haar, der ihr das Aussehen eines Engels verlieh.

Ich schaute hinunter auf die Kisten. Sie waren bis zum Rand mit Köstlichkeiten, einer fetten Weihnachtsgans und allen Zutaten für ein richtiges Weihnachtsfestessen gefüllt. Tränen stiegen mir in die Augen, als ich erkannte, wofür das alles gedacht war.

Als ich schließlich wieder Herr meiner Sinne wurde, fand ich auch meine Stimme wieder und bat die Besu-cher herein. Jetzt erst nahm ich die zwei Kinder wahr, die ebenfalls bepackt waren – sie konnten die schweren Pakete kaum schleppen. Als alle in meinem Wohnzimmer stan-den, erklärte der Mann, dass alle Pakete Geschenke für meine kleine Familie seien. Diese Familie, die mir absolut unbekannt war, wusste auf wundersame Weise ganz genau,

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was wir brauchten! Sie brachten eingepackte Weihnachts-geschenke für die Kinder und mich, ein üppiges Büffet an Leckereien, aus denen ich einen Weihnachtsschmaus zube-reiten konnte, und viele Spezialitäten, die wir uns niemals hätten leisten können. Vor meinem inneren Auge entstan-den Bilder eines wunderschönen, „normalen“ Weihnachts-festes. Mein geheimer Wunsch für das Weihnachtsfest wurde hier und jetzt plötzlich Realität. Die verzweifelten Gebete einer alleinerziehenden Mutter waren erhört wor-den, und in diesem Moment wusste ich, dass er seine Engel zu mir gesandt hatte.

Meine geheimnisvollen Engel überreichten mir einen weißen Umschlag, schenkten mir noch eine Runde Lä-cheln, jeder umarmte mich. Meine Besucher wünschten mir frohe Weihnachten und verschwanden wieder im Dun-kel der Nacht, genau so, wie sie gekommen waren.

Staunend und tief berührt blickte ich auf die Kisten und Geschenke, die zu meinen Füßen lagen. Ich spürte, wie der Schmerz der Depression sich plötzlich in eine kindliche Freude verwandelte. Ich begann zu weinen. Ich weinte hef-tig, es waren Tränen der tiefsten Dankbarkeit. Ein großer Friede erfüllte mich. Das Wissen, dass Gottes Liebe bis in meinen winzigen Winkel der Welt vorgedrungen war, hüllte mich ein wie eine warme Wolldecke. Mein Herz war erfüllt. Zwischen all den Päckchen ging ich auf die Knie und sagte Gott aus tiefstem Herzen Danke.

Als ich wieder aufgestanden war, kuschelte ich mich in meine Decke und setzte mich wieder, um durch das Fens-ter den sanft rieselnden Schnee zu betrachten. Plötzlich fi el mir der Umschlag ein. Wie ein Kind riss ich ihn auf und

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musste bei dem Anblick des Inhaltes nach Luft schnappen. Ein wahrer Regen an Geldscheinen fi el auf den Boden! Ich hob sie auf und fi ng an, die Fünfer-, Zehner- und Zwanzi-gerscheine zu zählen. Durch die Tränen hindurch konnte ich nur noch verschwommen sehen. Ich betrachtete den Segen in meinen Händen – und zählte dann zur Sicherheit noch mal. „Hundert Dollar!“, rief ich laut.

Obwohl meine „Engel“ mich mit Geschenken überschüt-tet hatten, war ihnen aus irgendeinem Grund klar gewesen, wie dringend ich Geld benötigte. Nirgendwoher hätten sie das wissen können, doch ich hatte gerade vom Gasanbieter eine Mitteilung bekommen, dass man uns das Gas abdre-hen würde. Ich besaß einfach nicht das nötige Geld und fürchtete, dass meine Familie zu Weihnachten ohne Hei-zung dasitzen würde. Der Inhalt des Umschlags sollte uns Wärme und einen Weihnachtsbaum schenken. Auf einen Schlag hatten wir alles, was wir brauchten, und sogar mehr.

Ich sah meine schlafenden Kinder an und lächelte durch die Tränen hindurch zum ersten Mal seit langer, langer Zeit so richtig froh und sorgenfrei. Aus meinem Lächeln wurde ein fröhliches Grinsen, als ich an den nächsten Tag dachte. Heiligabend. Ein Besuch von völlig Unbekannten hatte auf wunderbare Weise aus einem schmerzvollen Tag einen be-sonderen Tag gemacht, an den ich mich immer erinnern würde. Voller Freude.

Jetzt ist der Besuch unserer Weihnachtsengel schon ei-nige Jahre her. Inzwischen habe ich erneut geheiratet und bin reich gesegnet. Doch seit jenem Weihnachtsfest 1993 suchen wir uns jedes Jahr eine Familie, die weniger hat als wir. Wir bringen ihnen sorgfältig ausgesuchte Geschenke,

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Lebensmittel und Leckereien – und so viel Geld, wie wir entbehren können. Es ist unsere Art, den Segen weiterzu-geben, den wir geschenkt bekamen. Wir hoffen, dass der Kreis sich schließt und die Familien, mit denen wir unsere Freude teilen, den empfangenen Segen eines Tages auch weitergeben.

Wo ihr auch seid, meine Engel: Ich danke euch. Ohne es vorher gewusst zu haben, habt ihr uns tief berührt.

Gott segne euch und alle anderen Weihnachtsengel.

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Die beste Kundschaft aller Zeiten

Marilyn Callaly

Ich stand in dem Blumenladen in der Innenstadt, den ich mit meinem Mann Hugh führte, und lehnte mich an

die Wand. Alles an mir schmerzte. Eine ganze Woche lang dreizehn Stunden pro Tag zu arbeiten fordert seinen Tribut, insbesondere, wenn man fast 65 ist. Aber es musste sein. Schließlich gehörte die Woche vor Weihnachten zu unseren arbeitsreichsten.

Ich warf einen Blick in den Spiegel und lachte. Mein Weihnachtsmannhut und das Weihnachtsstern-Shirt waren mit goldenem und silbernem Glitzerpulver übersät. Ich bot einen unmöglichen Anblick.

Draußen ließen die letzten Strahlen der Dezembersonne die festliche Dekoration golden schimmern. Es war unge-fähr vier Uhr nachmittags, am Heiligabend 1993. Der An-sturm war vorüber und unsere Floristinnen hatten endlich Feierabend. Die Straßen waren wie leer gefegt. Sogar das Trio der Heilsarmee hatte seine Instrumente eingepackt und war heimgegangen. Nun mussten wir nur noch die Tür abschließen, den Laden aufräumen und noch einmal überprüfen, ob alle Feiertagsbestellungen ausgeliefert wor-den waren.

Hugh hob ein paar Blumensträuße hoch und goss das Wasser ins Waschbecken. „Und wieder gehen ein paar

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Feiertage den Bach runter“, sagte er. In den letzten 35 Jah-ren hatte er zu allen Feiertagen diesen Witz gemacht. Trotz-dem lachte ich. Es war eine Tradition.

Hugh ging zum Aufräumen ins Hinterzimmer und ich schnappte mir einen Besen. Als ich den Bindetisch umrun-det hatte und zum Tresen kam, nahm ich vor der Eingangs-tür eine Bewegung war. Unmittelbar danach wurde die Tür aufgestoßen und drei sehr große junge Männer kamen herein. Hugh und ich betrieben diesen Laden schon so lange, dass wir jeden in der Stadt kannten. Jeden Menschen und auch jeden Schutzengel dazu. Ich hatte keine Ahnung, wer diese drei Männer sein könnten. Ihrem Aussehen nach waren sie Unruhestifter; sie trugen schmutzige schwarze Lederjacken und schmuddelige Jeans. Tief über die Augen hatten sie Wollmützen gezogen. Mit einem grimmigen Blick fi xierten sie mich. Mir fi el ein, was Hugh immer gesagt hatte: „Falls wir mal überfallen werden, dis kutier nicht. Tu einfach, was sie sagen, und gib ihnen, was sie wollen.“

Weiß der Himmel, was sie wollten. „Was darf ’s sein?“, brachte ich gerade so heraus.

Sie sahen sich um und bemerkten, dass ich allein war. Sie umzingelten mich. Einer verstellte die Tür. Der größte Rowdy zeigte sein grausames Grinsen. „Hey, Alte“, sagte er spöttisch. „Gibt’s bei dir ein paar Schnäppchen?“ Die bei-den anderen prusteten los.

„Tut mir leid“, entgegnete ich. „Wir haben schon ge-schlossen. Ich räum gerade auf.“

„Was soll das heißen, ‚geschlossen‘?“, fuhr er mich an. Er kam mit seinem Gesicht ganz nah an meines heran. „Es

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ist Weihnachten“, sagte er. „Ich brauche Blumen. Und zwar sofort!“

Sein Atem stank. Ich drehte meinen Kopf weg. Aus dem Hinterzimmer sah ich Hugh kommen. Er hielt kurz inne, erfasste die Situation in Bruchteilen einer Sekunde und eilte mir zu Hilfe. „Was braucht ihr, Männer?“, fragte Hugh. „Fasst euch kurz.“

„Schaut mal her, noch einer“, sagte der Anführer. „Ihr macht noch nicht zu. Zuerst will ich mal sehen, was ihr so alles habt.“ Er sah sich um. „Ich würd gern die Sachen da oben sehen, die so schön glänzen.“ Er zeigte auf ein Regal voller Vasen ganz oben an der Wand. „Lass mal anschauen.“

Hugh streckte sich, um eine runterzuholen.„Nicht die. Die andere da drüben.“ Er zeigte ans hintere

Ende des Regals und feixte. Hugh lief hin und hatte gerade angefangen, die Vase herunterzunehmen, als der Rowdy sagte: „Mensch, Alter, kriegst du gar nix mehr hin? Ich hab die rote gemeint, da hinten.“ Dieses Mal zeigte er auf ein völlig anderes Regal.

Die beiden anderen standen dicht neben mir. Keine Chance für mich, zum Telefon zu entwischen, geschweige denn zum Ausgang. Die Sonne war nun untergegangen. Es war stockdunkel. Bitte, Gott, zeig uns, wie wir hier wieder rauskommen.

Hugh raste durch den Laden, die drei benutzten ihn als Spielball. Sie lachten immer lauter. Hugh geriet außer Atem und es schien ewig so weiterzugehen. Plötzlich hielt Hugh an und schrie: „Jetzt reicht’s aber! Ich mach nicht mehr mit!“

Nein, Hugh! Tu, was sie sagen.

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„Was soll das heißen, Alter, ‚jetzt reicht’s‘?“, schrie der Anführer. „So langsam kriegen wir Spaß an der Sache, nicht wahr?“ Plötzlich liefen alle drei auf meinen Mann zu. Ich rannte zum Telefon.

In diesem Augenblick öffnete sich die Eingangstür. Ein Stoß kalter Winterluft wehte herein. Die Rowdys blickten auf. Zwei junge Männer betraten den Laden. Beide waren gut gekleidet, mit braunem Anzug und Hut. Beide trugen eine Aktentasche. Einer ging zur beinahe leeren Ausstel-lungstheke. Der zweite ging zum Tresen. Keiner sagte ein Wort.

In der Stille spürte ich eine Präsenz. Mein Trommelfell pochte, so stark war diese Präsenz der Stärke und Güte. Ich warf einen Blick auf Hugh, den die Rowdys nicht angefasst hatten. Sie waren wie gebannt, mitten im Angriff erstarrt. Es schien, als könnten sie den Blick nicht von den zwei ge-heimnisvollen jungen Männern abwenden.

Dann sah ich, wie Hugh reagierte, als wäre eine große Kraft in ihn gefahren. Vor meinen Augen explodierte er: „Ihr wollt doch gar nichts kaufen, Jungs“, brüllte er. „Hört auf, mich herumzukommandieren, und verzieht euch!“

Die Rowdys sahen zuerst zu Hugh, dann zu den zwei Männern, die schweigend zurückstarrten. Das Blatt hatte sich gewendet. Der Drohblick der Gangster hatte sich in einen furchtsamen Blick verwandelt. In echte, nackte Angst! Sie rannten zur Tür und verschwanden im Dunkel der Nacht.

Ich versuchte, mich zu fangen, und dankte unseren zwei Rettern immer und immer wieder. Sie sahen zwar nicht ge-nau gleich aus, trotzdem kamen sie mir die ganze Zeit wie Zwillinge vor.

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„Haben Sie eine weiße Rose?“, fragte der eine. „Haben Sie eine weiße Rose?“, wiederholte der andere.

„Tut mir leid, wir haben leider keine“, antwortete ich. „Darf ich Ihnen stattdessen eine rote anbieten?“

Sie schüttelten den Kopf, bedankten sich und schickten sich an zu gehen.

Hugh begleitete sie bis zur Tür, schloss hinter ihnen ab und löschte das Oberlicht. Er streckte mir seine Arme entgegen und ich umarmte ihn ganz fest, immer noch zitternd. Nach langer Zeit durchbrach ich schließlich die Stille. „Diese jungen Männer . . .“

„Hab ich noch nie gesehen.“Zwar kannten wir jeden in der Stadt, aber anscheinend

gab es doch noch ein paar Schutzengel, die wir noch nie gesehen hatten.