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28 Test: Vollverstärker Hegel Röst Das Prinzip Vernunft Peripherie: – Quellen: MacBook Pro, Audirvana Audiodata Musikserver MS II Auralic Aries iPad Mini, TIDAL – USB-Kabel: Axmann Audio Axiom 3 USB-Kabel – Lautsprecherkabel: Silent Wire Serie 12 Mk 2 – Lautsprecher: KLANG+TON „Nada“ Musik als Ausdruck der Emotion einerseits und Philosophie als Vertreter der gedanklichen Ebene andererseits. Kann das zusammenpassen? In Norwegen sagt man ja. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, eine jener Personen, die den Deutschen einst den Ruf eines Volkes von Dichtern und Denkern verliehen. Eine prägende Figur des deutschen Idealismus, der alle philosophischen Strömungen wissenschaftlich empi- risch zu vereinen versuchte. Rationa- lität als Credo, sozusagen. Das mag zunächst trotz aller Wichtigkeit von Philosophie, Geschichte und Gesell- schaft ein wenig dröge, ja beinahe verkopft und kalt erscheinen. Das ge- naue Gegenteil also zu dem, was man für gewöhnlich mit Musik in Verbin- dung bringt. Dieser Kunstform, die Geschichten erzählen und Emotionen wecken möchte. Weg vom real Greif- baren, hin zum Abstrakten. Gesteuert durch Erfahrung und Herz, nicht durch Berechnung und Kopf. So scheint es schon ein wenig speziell, wenn sich ausgerechnet ein Hersteller von Au- dioelektronik nach ebenjenem Hegel Streamer DAC Vorverstärker Endstufe

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Test: Vollverstärker Hegel Röst

Das Prinzip

Vernunft

Peripherie:

– Quellen: MacBook Pro, AudirvanaAudiodata Musikserver MS IIAuralic AriesiPad Mini, TIDAL

– USB-Kabel: Axmann Audio Axiom 3 USB-Kabel– Lautsprecherkabel: Silent Wire Serie 12 Mk 2– Lautsprecher: KLANG+TON „Nada“

Musik als Ausdruck der Emotion einerseits

und Philosophie als Vertreter der gedanklichen

Ebene andererseits. Kann das zusammenpassen?

In Norwegen sagt man ja.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel, eine jener Personen, die den Deutschen einst den Ruf eines Volkes von Dichtern und Denkern verliehen. Eine prägende Figur des deutschen Idealismus, der alle philosophischen Strömungen wissenschaftlich empi-risch zu vereinen versuchte. Rationa-lität als Credo, sozusagen. Das mag zunächst trotz aller Wichtigkeit von Philosophie, Geschichte und Gesell-schaft ein wenig dröge, ja beinahe

verkopft und kalt erscheinen. Das ge-naue Gegenteil also zu dem, was man für gewöhnlich mit Musik in Verbin-dung bringt. Dieser Kunstform, die Geschichten erzählen und Emotionen wecken möchte. Weg vom real Greif-baren, hin zum Abstrakten. Gesteuert durch Erfahrung und Herz, nicht durch Berechnung und Kopf. So scheint es schon ein wenig speziell, wenn sich ausgerechnet ein Hersteller von Au-dioelektronik nach ebenjenem Hegel

Streamer

DAC

Vorverstärker

Endstufe

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Gehörtes:

– David Bowie Black Star (FLAC,96 kHz, 24 Bit)

– Audrey Horne Youngblood (TIDAL, 44,1 kHz, 16 Bit)

– Lizz Wright Freedom & Surrender (FLAC, 96 kHz, 24 Bit)

– Incubus Make Yourself (FLAC, 44,1 kHz, 16 Bit)

– Bobby Hutcherson Enjoy the View (FLAC, 96 kHz, 24 Bit)

– Foo Fighters One By One (FLAC, 44,1 kHz, 16 Bit)

Spielereien oder Bedienfelder verzich-tete man bewusst, während als Anzei-ge ein kontrastreiches OLED-Display alle nötigen Informationen Weiß auf Schwarz für den Nutzer breitstellt.Nötige Informationen bedeutet bei einem Verstärker natürlich in erster Linie, welcher Eingang ausgewählt ist und auf welcher Lautstärke man ge-rade hört. Beides wird mit den beiden Drehreglern links und rechts des Dis-plays eingestellt oder wahlweise mit der haptisch sehr ansprechenden Voll-metallfernbedienung. Bei der Anschlussauswahl schickt sich der Röst dann an, sich zur Schaltzen-trale der gesamten Wohnzimmerunter-haltung zu machen, denn an passenden Eingängen mangelt es dem norwe-gischen Schwergewicht nicht. Gleich drei verschiedene analoge Eingänge für CD-Player oder Tuner stehen zur Verfügung, wobei sogar einer in Form zweier XLR-Buchsen vorhanden ist. Auch für die Tonausgabe von Fernse-her, Satreceiver oder Gaming-Konso-len ist der Röst gut ausgestattet und bietet gleich drei optische und einen koaxialen S/PDIF-Anschluss, zusätz-lich zur USB-B-Buchse für moderne HiFi-Quellen oder Computer. So-mit scheint die Firmenphilosophie, so wenig hinzuzufügen wie möglich, ein wenig vergessen. Dies mag man den Norwegern aber durchaus nachsehen, denn Anschlussvielfalt ist nun wirklich kein Nachteil.Dem Credo der Simplizität folgte man hingegen an anderen Stellen. So funk-tioniert der Röst vollkommen nach dem Plug-and-Play-Prinzip, bei dem jegliches Initialisieren oder Durchar-beiten von Menüpunkten vollständig entfällt. Keine versteckten Häkchen sind zu setzen, keine Suchläufe sind zu machen und keine Daten sind ein-zugeben. Dies gilt auch für die digi-talen Anschlüsse inklusive des USB-Ports, dessen Nutzung weder bei Mac noch bei Windows die Installation eines Treibers voraussetzt. So verar-

beitet der AK4396-DAC-Chip von AKM PCM-Signale mit 24 Bit, bei bis zu 96 kHz Samplingrate. Wessen HiRes-Ambitionen damit noch nicht ausgeschöpft sind, der kann den D/A-Wandler seiner Wahl mit einem der zahlreichen Eingänge verbinden und so trotzdem in den Genuss des Verstär-kers kommen.Auch die Netzwerkeinbindung des Röst ist denkbar einfach. Ein Ether-netkabel mit dem Router auf der ei-nen und dem Netzwerkanschluss des Verstärkers auf der anderen Seite ver-binden, fertig. Ist dieser Schritt getan,

benennt. Anders als die Hersteller, die sich Opernhäuser, Komponisten oder Figuren aus Sagen und Götterkreisen zum Vorbild nehmen, bleibt man hier deutlich sachlicher und pragmatischer.Genau dies ist es, was sich die Firma Hegel, beheimatet in der norwegischen Hauptstadt Oslo, zum Ziel gesetzt hat. Dabei sollte man jedoch nicht denken, dass man dort nur mürrische Stur-köpfe vorfi ndet, denn trotz des eher nüchtern klingenden Ansatzes von Pragmatismus und Simplizität handelt es sich um eine der wenigen Firmen in der Audiobranche, bei denen man nicht alles immer ernst zu nehmen hat. Mehrere Beispiele dafür fi nden sich zum Beispiel in den Händlerinfos des Herstellers zu den eigenen Produkten, bei denen anstelle dröger Fakten auch gerne einfach mal gesagt wird, dass das Gerät eben gut aussieht, mit dem anschließenden Vermerk, dass es dazu auch gut klingt.Ebenjene Aussage bezieht sich auf den Hegel Röst, den wir zum Test bekom-men haben. Und tatsächlich, er kann sich sehen lassen, wäre da nicht ein winziges Manko: Die Farbe. Zurzeit ist der Röst nämlich einzig in einem Weiß zu haben, das irgendwo in der Mitte zwischen Schneeweiß und Off -White liegt. Für sich allein steht ihm die Farbe ausgezeichnet, doch hier er-gibt sich immer das Problem, dass bei weißen Systemen kombiniert mit wei-ßen Möbeln eines von beiden immer gelblich wirken wird. Aber schließlich ist Weiß im Trend und vielleicht wird das pragmatische Denken bei Hegel ja demnächst auch zu eher konservativen Farben führen. Aber genug davon, denn Weißton hin oder her, der Röst ist alles in allem durchaus hübsch gestaltet. Die in der Mitte stark nach außen gewölbte Frontplatte verhindert ein zu kantiges Aussehen, und die beiden Drehregler links und rechts verleihen dem Verstär-ker ein wenig klassisches HiFi-Feeling, das bei vielen modernen Systemen heu-te verloren geht. Auf weitere optische

Nicht alle Tasten der Fernbedienung erfüllen beim Röst eine Funktion, doch dank der gut strukturierten Menüs des Gerätes bleibt hier alles gut bedienbar

Mit gleich drei optischen Digitaleingängen ist der Röst prädestiniert, auch mit AV-Systemen kombiniert zu werden

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Test: Vollverstärker Hegel Röst

verwandelt sich der Röst von einem Verstärker mit DAC in ein ausgewach-senes All-in-one System, das auch das Streamen von Musik über das Netz-werk ermöglicht. Auch hier benöti-gt man keine Initialisierung oder die Eingabe von Accountinformationen. Stattdessen nutzt man eine UPnP-fä-hige App seiner Wahl auf Smartphone oder Tablet, schon kann es losgehen. Hegel selbst bietet keine spezielle App für seinen Allrounder an, sondern emp-fi ehlt Nutzern von Android-Systemen das kostenlose Bubble-UPnP, während Apple-Geräte die ebenfalls kostenfrei erhältliche Linn-Kinky-App zur Kon-trolle des Streamers nutzen können. Egal welche App man verwendet, der Röst ist schnell gefunden und sofort bereit, Musik von allen angeschlos-senen Netzwerkspeichern wiederzuge-ben. Egal ob FLAC, WAV oder AIFF, ebenso wie MP3 und OGG Dateien, wenige Momente nach der Auswahl des Songs beginnt der Streamer mit

der Arbeit. Leute, die ihre CDs mit Hilfe von iTunes gerippt haben, sollten jedoch darauf achten, dass Röst zurzeit nicht Apples verlustfreies ALAC-For-mat unterstützt. Hier müssen Dateien also zur Not kurz formatiert werden. Alternativ bietet sich jedoch die Nut-zung der AirPlay-Funktion des Ver-stärkers an, mit der Apple-Geräte ihre Signale kabellos an den Röst übertra-gen können, was sich besonders für die Nutzung von Streamingdiensten anbietet. Auch hier reicht die einfache Auswahl des Röst als Ausgabepunkt, schon spielt er los.Trotz der großen Nutzerfreundlichkeit beim Spielen von Musik bedeutet das nicht, dass Hegel hier nicht ein kom-plexes Stück Technik entwickelt hat. So lässt sich der Verstärker auch in voll vernetzte Haussteuerungssysteme inte-grieren und dann über die jeweils ge-nutzte Kontrollsoftware bedienen. Da-bei erlaubt Hegel sogar den Zugriff auf die Kontrollroutinen des Gerätes, so

dass versierte Nutzer ihre eigenen ge-codeten Routinen integrieren können. Eine gute Lösung also auch im zuneh-mend wachsenden Installerbereich.Der klassische Nutzer mit der Anlage im Wohnzimmer braucht sich mit so etwas jedoch nicht unbedingt ausein-anderzusetzen, denn schließlich wird der Röst von Hegel immer noch als typischer Vollverstärker klassifi ziert. Dementsprechend zählen hier natür-lich nicht nur Funktionen und Bedie-nung, sondern auch, wie sich der Röst im Labor und im Alltag schlägt. Im ersten Fall gibt es schon einmal nichts zu beklagen, denn am Messplatz zeigte sich der weiße Riese von seiner Scho-koladenseite. Durch die Bank weg wies der Verstärker erfreulich konstante Klirrwerte auf, die stets auf recht nied-rigem Niveau lagen. Dank der verwen-deten Class-AB-Schaltung blieben zwischenzeitliche Peaks aus. Statt-dessen entfaltete der Verstärker seine Leistung sehr geradlinig und konstant. Auch der Leistungswert an sich kann sich durchaus sehen lassen, denn mit den gemessenen 81 Watt an acht Ohm Impedanz lag unser Testmuster sogar noch über dem angegebenen Wert von 75 Watt pro Kanal. Bei nur vier Ohm Widerstand reichte die Kurve sogar bis hoch zu 120 Watt, womit der Verstär-ker nicht nur in der Lage ist, eine Viel-zahl von Lautsprechern in Bewegung zu versetzen, sondern auch ausreichend Lautstärke aus den Chassis zu kitzeln. Sogar bei nur zwei Ohm Impedanz soll der Verstärker noch laststabil bleiben.

Die Leistungsentfaltung der Endstufen ist wunderbar gleichmäßig, so dass der Klirrwert stets recht niedrig bleibt. Mit etwa 120 Watt bei 4 Ohm ist der Röst gut aufgestellt, um auch größere Boxen anzutreiben

Der natürliche Sound des Röst ist unter anderem dem AKM-DAC-Chip geschuldet

Damit die Endstufen stets im optimalen Bereich arbeiten können, sitzen sie direkt an groß dimensionierten Kühlkörpern

Durch die implemeniterung des Streamers hat Hegel aus dem Verstärker einen echten HiFi-Allrounder gemacht

Einzig im noch unhörbaren Tiefbassbereich weicht die Frequenzkurve minimal vom Idealwert ab. Im Spiel überzeugt der Röst durch die Bank mit lebendigem, Sound

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Beim Hörtest ergab sich genau das Bild, das sich bereits im Messlabor abzeichnete. Gleichmäßig gibt der Verstärker seine Leistung an die an-geschlossenen Boxen weiter, die einen wunderbar natürlichen Klang entwi-ckeln. Dies liegt unter anderem an der von Hegel eingesetzten Stromversor-gung, bei der hochfrequente Störungen nicht auf das eigentliche Tonsignal ein-wirken können, wodurch sich der Hin-tergrund deutlich dunkler gestaltet und die Musik sich so besser und plastischer im Raum abbilden kann. Genau die-se Natürlichkeit und Dynamik ist das Ziel von Hegel und Grund für die Na-mensgebung. Nichts soll hinzugefügt werden. Stattdessen soll die Musik so

ausgegeben werden, wie sie am Gerät angekommen ist. Inwieweit so etwas überhaupt möglich ist, wenn man auf-genommene Musik wiedergibt, ist des Öfteren Bestandteil von Diskussionen unter HiFi-Freunden. Und während man sich vom Röst in die Musik ein-hüllen lässt, kommt man beinahe selbst ein wenig ins Philosophieren, denn die Argumente, die Hegel mit dem Röst vorbringt, scheinen äußerst schlüssig. So fi ndet letztlich doch wieder beides zusammen: ein emotionales Musi-kerlebnis und die Wissenschaft, die es möglich macht.

Philipp Schneckenburger

Der Stromversorgung um Ringkerntrafo und Netzteil wurde besondere Aufmerksamkeit der Hegel-Ingenieure zuteil

Für die Bedienung des Streamers empfi ehlt der Hersteller die Linn-Kinsky-App, mit der Musik von angeschlossenen Netzwerkspeichern direkt über den Röst ausgegeben werden kann

Wie es sich für einen guten Verstärker gehört, bietet der Röst eine ganze Menge analoger und digitaler Anschlussmöglichkeiten

Hegel Röst

· Preis: um 2.600 Euro· Vertrieb: GP Acoustics, Essen· Telefon: 0201 170390· Internet: www.gpa-eu.com

· B x H x T: 430 x 120 x 313 mm· Eingänge: 1 x Ethernet, 1 x USB-B, 1 x S/PDIF koaxial, 3 x Toslink optisch, 2 x RCA Stereo, 1 x XLR Stereo· Unterstützte Formate: MP3, OGG, FLAC, AIFF, WAV· Unterstützte Abtastraten: PCM bis 96 kHz, 24 Bit· Ausgänge: 1 x Lautsprecher Stereo, 1 x RCA Stereo (Pre-Out), 1 x 6,3-mm-Kopfhörerausgang (vorne)· Leistung: etwa 81 Watt an 8 Ohm etwa 120 Watt an 4 Ohm

<checksum> „Ein wenig eigen mag er schon sein, doch Hegel schafft mit dem Röst einen tollen Verstärker. Egal ob als zentrales System im Wohnzimmer oder für die Nutzung mit anderen Quellen, die Flexibilität, Nutzer-freundlichkeit und der Klang können über-zeugen.“ </checksum>

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