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Linda Kleber, Universität Kassel, Institut für Musik, Mönchebergstr. 1, D-34109 Kassel, e-mail: [email protected] Paul is dead? Ein Nachruf auf die Beatles als konventionelle Band Das Gesamtkunstwerk Beatles und die Öffentlichkeit „Paul is a dead man… Miss him, miss him, miss him.“ The Beatles: „I´m so tired“ (reverse) „I buried Paul.“ The Beatles: „Strawberry fields forever“ ass Paul McCartney bereits im November 1966 bei einem Auto- Dunfall ums Leben gekommen sein soll, scheint – schenkt man den obigen Zitaten Glauben – nicht nur die damalige Öffentlichkeit zu beschäftigen, sondern auch die restlichen Beatles als Band musi- kalisch zu traumatisieren. Wie ist nun aber McCartneys aktuelle musikalische Tätigkeit mit diesem Wis- sen einzuschätzen? Er tourt weltweit und brachte 2007 sein letztes Studioalbum heraus. Handelt es sich dabei um ein Wun- der oder um die skrupellose Geldgier sei- nes angeblich seit 1966 aktiven Doppel- gängers? Oder hat sich das Gerücht letz- ten Endes als völlig haltlos erwiesen? „Those freaks was right, when they said you was dead.“ John Lennon: „How do you sleep“ „There´s so much evidence that it couldn´t be coincidental. I believe Paul´s dead.“ 16-jähriger college student „News Director of WKNR: McCartney, called to dispel rumors, might be dead“ San Francisco Chronicle (23.10.1969) „…increasing popularity of Paul McCartney rumor…“ New York Times (2.11.1969) um Zeitpunkt des vermeintlichen Todes von McCartney (November Z1966) lag die Veröffentlichung der popkulturell besonders innovativen Alben Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band oder dem White Album noch in der Zukunft. Es sind dies zusammen mit Abbey Road Beispiele für eine angestreb- te Ästhetik des popmusikalischen Gesamtkunst- werks: Die Einzelsongs werden zu einan- der überfließenden musikalischen Geschichten, Experimente mit Soundcol- lagen und Bandschleifen geben Rätsel auf und die kunstvoll gestalteten Cover setzen die Band in Kontexte, die einer- seits abstrakte Interpretationen nahezu „verlangen“, andererseits auch auf rein ästhetischer Ebene bis heute wirken. So hat das Abbey Road Cover mittlerweile einen Symbolstatus inne, der es erlaubt auch abstrakt reduzierte Fassungen des- selben beispielsweise zu Marketingzwe- cken eindeutig auf „die Beatles schlecht- hin“ zurückzuführen. Einher mit der Entwicklung komplexerer, „mehrdimensionaler“ Musik geht die Ent- scheidung der Beatles, sich als Band aus dem Konzertbetrieb völlig zurückzuziehen und das Tonstudio als primären Schaffens- und Identitätsraum zu definieren. Dies hat natürlich zur Folge, dass Fans und Medien die öffentlichen „Menschen“ nicht mehr in dem vorher gewohnten Maß erleben können. Im Rahmen von musikwissenschaftlicher Unter- suchung sind die obigen Fragen und deren Beantwortung irrelevant. Der Reiz liegt hier an einer gewissen Metaper- spektive: Die Beatles entwickelten sich Mitte der sechziger Jahre von der jungen, wilden Beatband mit einem Repertoire voller Lie- beslieder und Rock´n´Roll Standards zur exklusiv isolierten Verbindung, die im Tonstudio live kaum zu reprodu- zierende Konzeptalben einspielte und sich textlich mit dadaistisch anmuten- dem Unsinn sowie mit lakonischen Betrachtungen menschlicher Existenz auseinandersetzte. Als öffentliche Ant- wort auf eine solche Entwicklung gewin- nen die Dimensionen des Gerüchts eine rezeptionsästhetische Relevanz, die zugleich popmusikalische Innovationen wie Soundcollagen und künstlerische Covergestaltung berücksichtigt. Die These, dass Entstehung und Populari- tät des Gerüchts eigentlich als Antwort auf die eben paraphrasierte Entwicklung der Band zu betrachten ist, kann also mit Blick auf die Beatles in der zweiten Hälfte der Sechziger bestärkt werden: Textlich entwerfen die Beatles in ihren späteren Alben Fiktionen, die den Hörer teilweise verwirrt zurücklassen („I am the Walrus“) oder ihm literarisch-fremd anmutende Geschichten von der Vergänglichen menschlicher Existenz erzählen („A day in the Life“; „Rocky Racoon“). Bisweilen sind die Songs durchwoben von rück- wärts abgespielten Passagen, die den rät- selhaften Charakter der Texte unterstrei- chen. Beim normalen Hören der Musik sind diese Klänge mit keiner semanti- schen Bedeutung in Verbindung zu brin- gen. Der Wunsch nach „lexikalischer Decodierung“ dieser „Geräusche“ treibt die Fans zum Rückwärtsabspielen der Songs, wodurch die „Hinweise“ auf den Tod Pauls unwiderlegbar offensichtlich erscheinen. Dass die erwähnten Passa- gen von den eifrigen Anhängern des Gerüchts mehr oder weniger „zurechtge- hört“ werden, spielt im Hinblick auf den Fokus, der in diesen Ausführungen auf das Gerücht gelegt wird, nur eine margi- nale Rolle. Denn die Frage, „ob das tat- sächlich alles so war“ oder ob die Fans letztlich keinen Blick mehr für die Tatsa- chen hatten, ist in musikwissenschaftli- cher Hinsicht irrelevant. Die Phantasie und die Kreativität der Rezipienten im Umgang mit dem einmal gestreuten Gerücht, die Suche nach immer mehr Hin- weisen im Werk der Beatles – letztlich der Wunsch nach Verständnis der Musik sei- ner inzwischen real nicht mehr greifbaren Lieblingsband (der auch in der Auslegung der Cover gipfelte) sind für die Gültigkeit der These ausschlaggebend. Mehr als ein Albumcover. Die Abbey Road als Allegorie auf eine Friedhofsgesellschaft, die den barfüßigen Paul gerade symbolisch zu Grabe getragen hat. Dass eine solch kreative Deutung bei aller Abwe- gigkeit faszinierend und kohärent wirkt, liegt am ästhetisch-ambitionierten Gesamtkunstwerk Beatles, welches sogar jeglichen textlichen Ver- weis auf den Bandnamen entfallen lässt. DIE BAND DIE ÖFFENTLICHKEIT Sgt. Pepper neu dimensioniert: Wird die Inschrift der Bassdrum gespiegelt, so scheint über abstrakte Umwege die Botschaft: November 9 = He Die zu entstehen. „Perhaps the rumor started because I haven´t been much in the press lately“ Paul McCartney, Life Magazin 7.11.1969 Eine fehlende „authentische“ Präsenz der Beatles, wie sie etwa durch Interviews und Pressekonferenzen während potentieller Konzertreisen gegeben wäre, kann als ein möglicher Grund gelten, weshalb die absur- de Verschwörungstheorie – wenigstens kurzzeitig – auf fruchtbaren, medialen Boden fiel. Dadurch gerät die Band in den medialen Fokus – und muss sich letztend- lich persönlich zu öffentlichen Kommenta- ren hinreißen lassen. Die geographische Distanz zum Heimatland der Beatles (Groß- britannien) spielt bezüglich dieser Entwick- lung sicher auch eine Rolle. Dass „seriöse“, überregionale Zeitungen den „Fall McCartney“ schnell wieder ver- gessen haben und die kreativen Ausmaße von Pauls „Tod“ durch junge Fans sowie Collegestudenten kreiert werden, ist im Hin- blick auf die zugrunde liegende Annahme dieser Darstellungen nur folgerichtig: Das Gerücht lebt bzw. bereichert sich durch die exzessive Rezeption der Musik; durch die Interpretation der Texte oder Cover, durch den Versuch, Songs rückwärts zu spielen und dadurch eventuell derjenige zu sein, der seinen Freunden den entscheidenden Clue präsentiert. Insofern gewinnt das Gerücht auch eine soziale Relevanz, was diesbezügliche Veröffentlichungen von interessierten Fans bis heute beweisen. „Everybody was so concerned with pro- ving that Paul was dead, that nobody, including me, stopped to say, wow, well I hope, he´s not dead. I hope he´s alive.“ Beatlesfan it dem Entschluss der Beatles, sich als Live-Band aus der Öffent- Mlichkeit zurückzuziehen, verloren Print- und Filmmedien mögliche Gelegen- heiten, die Band scheinbar „privat“ zu inszenieren. „Die vier Liverpooler Jungs“ wurden zu einer abstrakten Größe, die sich öffentlich „nur“ noch durch die Veröffentli- chung vielschichtiger, experimentell anmu- tender Alben präsentierte. Als eine amerikanische Collegezeitung das Gerücht schließlich publiziert, ist der Kreis der Rezipienten noch überschaubar. Unter den jungen Collegestudenten gewinnt das Gerücht jedoch schnell eine Eigendynamik, die schließlich sogar etablierte Zeitungen wie die New York Times wenigstens kurz aufhorchen lässt, bevor der Themenkom- plex wieder verschwindet. Nichtsdesto- trotz sehen sich die Beatles persönlich zu halbherzig-genervten Dementi genötigt, die überzeugte Anhänger des Gerüchts wie- derum als indirekte Bestätigung auffassen. ibliographie B Bird, Donald A.: Walrus is Greek for Corpse: Rumor and the Death of Paul McCartney, In: Journal of Popular Culture, 1976, S. 110-121. Huwer, Christian: Is Paul really dead?: Gedanken über den Sinn oder Unsinn einer Verschwörungstheorie, Books on Demand, 2010. Inglis, Ian: „Nothing You Can See That Isn´t Shown“: the album covers of the Beatles, In: Popular Music, Cambridge University Press, UK, 2001, S. 83-97. Reeve, Andru J.: Turn Me On, Dead Man. The Beatles And The „Paul-Is-Dead“ Hoax, Bloomington: Authorhouse, 2002. Rosnow, Ralph L.: Rumor and Gossip. The Social Psychology of Hearsay, New York, Oxford, Amsterdam: Elsevier, 1976. Suczek, Barbara: The Curious Case Of The „Death“ Of Paul McCartney, In: Urban Life And Culture, 1972, S. 61- 76. Intertextuelles Spiel: Das Cover von McCartneys Live-LP(1993), das mit Titel und Cover eine mediale Reaktion darstellt, die ganz bewusst auf konkrete Abbey Road Clues anspielt.

Das Gesamtkunstwerk Beatles und die Öffentlichkeithemming.uni-kassel.de/images/Kleber_2012.pdf · Linda Kleber, Universität Kassel, Institut für Musik, Mönchebergstr. 1, D-34109

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Linda Kleber, Universität Kassel, Institut für Musik, Mönchebergstr. 1, D-34109 Kassel, e-mail: [email protected]

Paul is dead? Ein Nachruf auf die Beatles als konventionelle Band

Das Gesamtkunstwerk Beatles und die Öffentlichkeit

„Paul is a dead man… Miss him, miss

him, miss him.“The Beatles: „I´m so tired“ (reverse)

„I buried Paul.“

The Beatles: „Strawberry fields forever“

ass Paul McCartney bereits im November 1966 bei einem Auto-Dunfall ums Leben gekommen sein

soll, scheint – schenkt man den obigen Zitaten Glauben – nicht nur die damalige Öffentlichkeit zu beschäftigen, sondern auch die restlichen Beatles als Band musi-kalisch zu traumatisieren. Wie ist nun aber McCartneys aktuelle musikalische Tätigkeit mit diesem Wis-sen einzuschätzen? Er tourt weltweit und brachte 2007 sein letztes Studioalbum heraus. Handelt es sich dabei um ein Wun-der oder um die skrupellose Geldgier sei-nes angeblich seit 1966 aktiven Doppel-gängers? Oder hat sich das Gerücht letz-ten Endes als völlig haltlos erwiesen?

„Those frea

ks was

right, when

they said you was

dead.“

John Lennon: „H

ow do you sleep“

„There´s so much evidence that it

couldn´t be coincidental. I believe

Paul´s dead.“

16-jähriger college student

„News Director of WKNR: McCartney,

called to dispel rumors, might be dead“

San Francisco Chronicle (23.10.1969)

„…increasing popularity of Paul

McCartney rumor…“ New York Times (2.11.1969)

um Zeitpunkt des vermeintlichen Todes von McCartney (November Z1966) lag die Veröffentlichung der

popkulturell besonders innovativen Alben Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band oder dem White Album noch in der Zukunft. Es sind dies zusammen mit Abbey Road Beispiele für eine angestreb-te Ästhetik des popmusikalischen Gesamtkunst-werks: Die Einzelsongs werden zu einan-der überfließenden musikalischen Geschichten, Experimente mit Soundcol-lagen und Bandschleifen geben Rätsel auf und die kunstvoll gestalteten Cover setzen die Band in Kontexte, die einer-seits abstrakte Interpretationen nahezu „verlangen“, andererseits auch auf rein ästhetischer Ebene bis heute wirken. So hat das Abbey Road Cover mittlerweile einen Symbolstatus inne, der es erlaubt auch abstrakt reduzierte Fassungen des-selben beispielsweise zu Marketingzwe-cken eindeutig auf „die Beatles schlecht-hin“ zurückzuführen.Einher mit der Entwicklung komplexerer, „mehrdimensionaler“ Musik geht die Ent-scheidung der Beatles, sich als Band aus dem Konzertbetrieb völlig zurückzuziehen und das Tonstudio als primären Schaffens- undIdentitätsraum zu definieren. Dies hat natürlich zur Folge, dass Fans und Medien die öffentlichen „Menschen“ nicht mehr in dem vorher gewohnten Maß erleben können.

Im Rahmen von musikwissenschaftlicher Unter-suchung sind die obigen Fragen und deren Beantwortung irrelevant. Der Reiz liegt hier an einer gewissen Metaper-spektive: Die Beatles entwickelten sich Mitte der sechziger Jahre von der jungen, wilden Beatband mit einem Repertoire voller Lie-beslieder und Rock´n´Roll Standards zur exklusiv isolierten Verbindung, die im Tonstudio live kaum zu reprodu-zierende Konzeptalben einspielte und sich textlich mit dadaistisch anmuten-dem Unsinn sowie mit lakonischen Betrachtungen menschlicher Existenz auseinandersetzte. Als öffentliche Ant-wort auf eine solche Entwicklung gewin-nen die Dimensionen des Gerüchts eine rezeptionsästhetische Relevanz, die zugleich popmusikalische Innovationen wie Soundcollagen und künstlerische Covergestaltung berücksichtigt.

Die These, dass Entstehung und Populari-tät des Gerüchts eigentlich als Antwort auf die eben paraphrasierte Entwicklung der Band zu betrachten ist, kann also mit Blick auf die Beatles in der zweiten Hälfte der Sechziger bestärkt werden: Textlich entwerfen die Beatles in ihren späteren Alben Fiktionen, die den Hörer teilweise verwirrt zurücklassen („I am the Walrus“) oder ihm literarisch-fremd anmutende Geschichten von der Vergänglichen menschlicher Existenz erzählen („A day in the Life“; „Rocky Racoon“). Bisweilen sind die Songs durchwoben von rück-wärts abgespielten Passagen, die den rät-selhaften Charakter der Texte unterstrei-chen. Beim normalen Hören der Musik sind diese Klänge mit keiner semanti-schen Bedeutung in Verbindung zu brin-gen. Der Wunsch nach „lexikalischer Decodierung“ dieser „Geräusche“ treibt die Fans zum Rückwärtsabspielen der Songs, wodurch die „Hinweise“ auf den Tod Pauls unwiderlegbar offensichtlich erscheinen. Dass die erwähnten Passa-gen von den eifrigen Anhängern des Gerüchts mehr oder weniger „zurechtge-hört“ werden, spielt im Hinblick auf den Fokus, der in diesen Ausführungen auf das Gerücht gelegt wird, nur eine margi-nale Rolle. Denn die Frage, „ob das tat-sächlich alles so war“ oder ob die Fans letztlich keinen Blick mehr für die Tatsa-chen hatten, ist in musikwissenschaftli-cher Hinsicht irrelevant. Die Phantasie und die Kreativität der Rezipienten im Umgang mit dem einmal gestreuten Gerücht, die Suche nach immer mehr Hin-weisen im Werk der Beatles – letztlich der Wunsch nach Verständnis der Musik sei-ner inzwischen real nicht mehr greifbaren Lieblingsband (der auch in der Auslegung der Cover gipfelte) sind für die Gültigkeit der These ausschlaggebend.

Mehr als ein Albumcover. Die Abbey Road als Allegorie auf eine Friedhofsgesellschaft, die den barfüßigen Paul gerade symbolisch zu Grabe getragen hat.Dass eine solch kreative Deutung bei aller Abwe-gigkeit faszinierend und kohärent wirkt, liegt am ästhetisch-ambitionierten Gesamtkunstwerk Beatles, welches sogar jeglichen textlichen Ver-weis auf den Bandnamen entfallen lässt.

DIE BAND DIE ÖFFENTLICHKEIT

Sgt. Pepper neu dimensioniert: Wird die Inschrift der Bassdrum gespiegelt, so scheint über abstrakte Umwege die Botschaft: November 9 = He Die zu entstehen.

„Perhaps the rumor started because I haven´t been much in the press lately“

Paul McCartney, Life Magazin 7.11.1969

Eine fehlende „authentische“ Präsenz der Beatles, wie sie etwa durch Interviews und Pressekonferenzen während potentieller Konzertreisen gegeben wäre, kann als ein möglicher Grund gelten, weshalb die absur-de Verschwörungstheorie – wenigstens kurzzeitig – auf fruchtbaren, medialen Boden fiel. Dadurch gerät die Band in den medialen Fokus – und muss sich letztend-lich persönlich zu öffentlichen Kommenta-ren hinreißen lassen. Die geographische Distanz zum Heimatland der Beatles (Groß-britannien) spielt bezüglich dieser Entwick-lung sicher auch eine Rolle. Dass „seriöse“, überregionale Zeitungen den „Fall McCartney“ schnell wieder ver-gessen haben und die kreativen Ausmaße von Pauls „Tod“ durch junge Fans sowie Collegestudenten kreiert werden, ist im Hin-blick auf die zugrunde liegende Annahme dieser Darstellungen nur folgerichtig: Das Gerücht lebt bzw. bereichert sich durch die exzessive Rezeption der Musik; durch die Interpretation der Texte oder Cover, durch den Versuch, Songs rückwärts zu spielen und dadurch eventuell derjenige zu sein, der seinen Freunden den entscheidenden Clue präsentiert. Insofern gewinnt das Gerücht auch eine soziale Relevanz, was diesbezügliche Veröffentlichungen von interessierten Fans bis heute beweisen.

„Everybody was so concerned with pro-ving that Paul was dead, that nobody,

including me, stopped to say, wow, well I hope, he´s not dead. I hope he´s alive.“

Beatlesfan

it dem Entschluss der Beatles, sich als Live-Band aus der Öffent-Mlichkeit zurückzuziehen, verloren

Print- und Filmmedien mögliche Gelegen-heiten, die Band scheinbar „privat“ zu inszenieren. „Die vier Liverpooler Jungs“ wurden zu einer abstrakten Größe, die sich öffentlich „nur“ noch durch die Veröffentli-chung vielschichtiger, experimentell anmu-tender Alben präsentierte.

Als eine amerikanische Collegezeitung das Gerücht schließlich publiziert, ist der Kreis der Rezipienten noch überschaubar. Unter den jungen Collegestudenten gewinnt das Gerücht jedoch schnell eine Eigendynamik, die schließlich sogar etablierte Zeitungen wie die New York Times wenigstens kurz aufhorchen lässt, bevor der Themenkom-plex wieder verschwindet. Nichtsdesto-trotz sehen sich die Beatles persönlich zu halbherzig-genervten Dementi genötigt, die überzeugte Anhänger des Gerüchts wie-derum als indirekte Bestätigung auffassen.

ibliographieBBird, Donald A.: Walrus is Greek for Corpse: Rumor and the Death of Paul McCartney, In: Journal of Popular Culture, 1976, S. 110-121.Huwer, Christian: Is Paul really dead?: Gedanken über den Sinn oder Unsinn einer Verschwörungstheorie, Books on Demand, 2010.Inglis, Ian: „Nothing You Can See That Isn´t Shown“: the album covers of the Beatles, In: Popular Music, Cambridge University Press, UK, 2001, S. 83-97.Reeve, Andru J.: Turn Me On, Dead Man. The Beatles And The „Paul-Is-Dead“ Hoax, Bloomington: Authorhouse, 2002.Rosnow, Ralph L.: Rumor and Gossip. The Social Psychology of Hearsay, New York, Oxford, Amsterdam: Elsevier, 1976. Suczek, Barbara: The Curious Case Of The „Death“ Of Paul McCartney, In: Urban Life And Culture, 1972, S. 61-76.

Intertextuelles Spiel: Das Cover von McCartneys Live-LP(1993), das mit Titel und Cover eine mediale Reaktion darstellt, die ganz bewusst auf konkrete Abbey Road Clues anspielt.