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Mission verändert Menschen und Kirchen Nr.3 | 2015 Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden © Act Alliance / Sean Hawkey

Contigo Nr. 3, 2015

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«contigo» heissen die «Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden», die von Brot für alle, HEKS, mission 21 sowie den Fachstellen OeME (Oekumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit) herausgegeben werden. In dieser Ausgabe: Mission verändert Menschen und Kirchen

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Mission verändertMenschen und Kirchen

Nr.3 | 2015Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden

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2 contigo Nr.3 | 2015

INHALT contigoMitteilungen der evangelischenWerke für die KirchgemeindenHerausgegeben von Brot für alle, HEKS, Mission 21 und den OeME-Fachstellen

Erscheint viermal jährlich im März, Juni, September und Dezember

ISSN 1660-3788

Brot für alleBürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23Tel. 031 380 65 65, Fax 031 380 65 64Mail: [email protected], Web: www.brotfueralle.chSpendenkonto: 40-984-9

HEKS – Hilfswerk der Evangelischen Kirchen SchweizSeminarstrasse 28, Postfach, 8042 ZürichTel. 044 360 88 00, Fax 044 360 88 01Mail: [email protected], Web: www.heks.chSpendenkonto: 80-1115-1

Mission 21 – Evangelisches Missionswerk BaselMissionsstrasse 21, 4009 BaselTel. 061 260 21 20, Fax 061 260 21 22Mail: [email protected], Web: www.mission-21.orgSpendenkonto: 40-726233-3

OeME-Fachstellen der KantonalkirchenWeb: www.oeme.ch

RedaktionMichael Schlickenrieder (ms), Mission 21Heinz Bichsel (hb), OeMEOlivier Schmid (os), HEKSUrs Walter (uw), Brot für alle

RedaktionsleitungUrs Walter Tel. 031 380 65 71Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23Mail: [email protected]

Adressänderungen und AbonnementsverwaltungAdministration Brot für alle Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23Mail: [email protected] Tel. 031 380 65 65Fax 031 380 65 64

Layoutgrafik.trieb, 2560 Biel

Druckrubmedia, 3084 Wabern

Titelbild: Mission bringt Welten zusammen – und verändert sie: Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú aus Guatemala im Gespräch mit Pfarrer Raúl Suárez in San Salvador.

Rückseite: Damit auch in schwierigen Zeiten Hoffnung und Freude bewahrt bleiben: Kinder aus einem Flüchtlingslager in Gaza geniessen die wilde Fahrt auf einer Bahn im Vergnügungspark.

DOSSIER S4 – 9

Mission hat nicht nur Geschichte. Mission wirkt noch heute auf die Ent-wicklung und den Aufbau der Gesellschaft ein. Das zeigt das Interview mit dem Zürcher Theologen Ralph Kunz. Frauen in Chile erkämpften sich nach der Mili-tärdiktatur mehr Rechte. Und Junge erleben den Austausch mit einer weltweiten Gemeinschaft. Das Dossier zeigt, wie Mission die Menschen verändern und Ideen für eine Kirche von morgen bringen kann. Im Bild Rene de la Cruz aus Estancia, Philippinen. uw

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S10 – Philosoph und Entwicklungsdenker: Zentralsekretär Beat Dietschy wird pensioniert S11 – Kohlegeschäft von Vitol erstmals durchleuchtetS13 – Ökumenische Kampagne 2016 zu Verantwortung und Gerechtigkeit

HEKS

S14 – Humanitäre Hilfe im Nordirak S16 – In der Republik Moldau werden mit Erfolg Rebbauern unterstütztS17 – Vorweihnächtliche Aktion «Hilfe schenken»

MISSIOn 21

S18 – In Indonesien wehren sich Menschen vieler Religionen gemeinsamS19 – Bolivien: Landwirtschaft im Innenhof verbessert ErnährungS20 – Festwoche: Richtungsweisend und solidarisch

HInWEISE UnD MEDIEntIppS

S22 – Agenda und NachrichtenS23 – Bücher- und Filmtipps

3contigo Nr.3 | 2015

Christlicher Glaube hat schon immer Menschen an

den «Rändern» der Gesellschaft bewegt. Sie haben als

ausgegrenzte den Glauben als grosse Kraft erkannt.

Der Ökumenische Rat spricht seit seiner Vollversamm-

lung in busan sogar davon, dass missionarisches Han-

deln von Menschen getragen werde, die am Rand der

Entwicklung und der Gesellschaft leben.

Mission ist eine Glaubenshaltung. Sie sucht die tiefe

des Menschseins. Sie zeigt Hoffnung auf und sie lebt

diese konsequent in begegnung, in konkreter Hilfe und

in der auseinandersetzung mit Glauben. Das belegen

die beiträge im Dossier dieser ausgabe von «contigo».

Es ist für uns auch ein bisschen Stolz dabei, wenn wir

sagen dürfen, dass gerade darum Mission in basler

tradition seit ihrem Entstehen für die gleiche Würde

und die gleichen Rechte aller Menschen einsteht.

Die Zukunft für Christliches

schien vielen klar: Hier

eine Hochzeit mit einer

romantischen Kirche als

Hintergrund, dort ein paar

«Gutmenschprogramme»…

– und sonst viele Kirchen-

austritte. Religiöse Men-

schen fänden sich allenfalls

in Entwicklungsländern, in

der modernen Gesellschaft

hingegen sei Glaube un-

bedeutend geworden. Und

damit seien Kirche und

Mission verschwindende

Erscheinungen.

nicht nur die partner von Mission 21, sondern Chris-

ten und Christinnen aus aller Welt schauen betrübt auf

Europa, wo, wie sie finden, Kirchen und Glaube immer

weniger ernst genommen werden. Was, fragen sie, sei

denn so fortschrittlich am nicht-Glauben?

EDITORIAL

Mission – eine Lebenshaltung Claudia Bandixen, Direktorin Mission 21

Die Leiterin und die Leiter der drei Werke Brot für alle, HEKS und Mission 21 sowie der OeME-Fachstellen wechseln sich beim Schreiben des Editorials ab.

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4 contigo Nr.3 | 2015

In vielen Ländern haben Frauen wenig Selbstbe-

stimmungsrechte. Das betrifft insbesondere wie sie

über ihren Körper bestimmen können, etwa in den

Bereichen Gesundheit, Sexualität und unter welchen

Bedingungen sie Kinder gebären und aufziehen.

Wo es um Rechte geht, ist es nicht nur wichtig, zu welchen Rechten Zugang gewährt werden soll, sondern auch wie es zu dieser Auswahl kommt und wie Frauen lernen können, ihre Rechte wahrzunehmen. Einen solchen Prozess habe ich in Chile während der nationalen Kampagne für mehr Frauen-rechte am Ende der Pinochet-Diktatur eindrücklich erlebt.

«Ich bin eine Frau – ich habe Rechte»1989 und 1990 führte die chilenische Frauenbewegung

eine nationale Kampagne mit dem Titel «Ich bin eine Frau – ich habe Rechte» durch. Ich gehörte dabei zum Organi-sationsteam. In Workshops in ganz Chile befragten wir

Tausende von Frauen, was für sie als Frauen ihr grösstes Problem sei. Wir achteten darauf, dass Frauen mit unter-schiedlichen sozialen und ökonomischen Hintergründen und aus verschiedenen Religionen zu Wort kamen. Wichtig war für uns auch die Frage, von wem Frauen die Lösung ihrer Probleme einfordern sollten.

Ein Ergebnis war klar und erfreulich: Die Frauen wollten ihre Probleme selbst angehen und lösen können. Sie wollten als Bürgerinnen mit Rechten auftreten. Dies bedeutete, dass wir sie zunächst über ihre bereits bestehenden Rechte auf-klären und mit ihnen daran arbeiten mussten, wie sie diese Rechte umsetzen können. Ich lernte, dass dieser Suchprozess sehr gut dazu geeignet war, bei den Frauen selbst Probleme zu thematisieren, und auch ein Bewusstsein für ihre Rech-te zu schaffen. Fast anderthalb Jahre Arbeit steckten in der Kampagne, mit den Workshops, dem Aufarbeiten der Ergeb-nisse und dem Schreiben des Berichts. Für viele Frauen war diese Arbeit eine eigentliche Entdeckungsreise zu sich selbst. Möglich wurde all dies dank der internationalen Unterstüt-zung durch Missionen und Kirchen. Organisationen, die sich eindeutig auf den Glauben bezogen, hatten eine befrei-ende Rolle im ganzen Prozess. So zum Beispiel der Evangeli-sche Entwicklungsdienst SEPADE, eine Partnerorganisation von Mission 21.

1990, als wir die Resultate aufarbeiteten, war Chile im Umbruch: Der Regierungswechsel von Pinochet zu Aylwin und damit die Neubesetzung vieler Regierungsstellen – der Wechsel zur Demokratie nach 17 Jahren Diktatur. Den Bericht, der die Resultate der Kampagne zusammenfasste, überreichten wir diesen neuen Regierungsstellen.

Viele der Frauen, die an diesem Prozess teilgenommen und gelernt hatten, für sich und ihre Rechte einzustehen, blieben aktiv und errangen wichtige Positionen. Sie führten ihrerseits Seminare und Workshops mit staatlichen Institu-tionen und Organisationen durch. So wurden diese in allen Bereichen öffentlicher Dienstleistungen, etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen, für Gender-Aspekte sensibilisiert.

DOSSIER

MISSION UND FRAUEN

Einige Schritte sind getan auf dem langen Weg Josefina Hurtado *

In offenen Bildungsaktionen wurden in Chile 1989 und 1990 die spezifischen Probleme der

Frauen und entsprechende Lösungsvorschläge gesammelt.

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5contigo Nr.3 | 2015

Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren Körper

Heute, zwei Jahrzehnte später, haben sich die Frau-en in Chile viele soziale und politische Errungenschaften erkämpft. Sie sind politisch aktiv, zahlreiche hochqualifi-zierte Berufsleute sind Frauen und das Land hat heute mit Michelle Bachelet eine Frau als Regierungschefin. Dennoch bleibt noch viel zu tun, wenn es darum geht, dass Frauen auch über den eigenen Körper bestimmen können – so wie es für Männer seit jeher schon üblich ist. Chile ist nämlich weltweit eines der wenigen Länder, welches Abtreibung in jedem Fall gesetzlich verbietet, sogar wenn das Leben der Frau gefährdet ist. Das bedeutet, dass eine Frau eine Risiko-schwangerschaft nicht abbrechen darf, selbst wenn sie zum Beispiel bereits Mutter wäre und die Kinder durch ihren Tod zu Halb- oder Vollwaisen würden. Auch etwa einem vergewaltigten 12-jährigen Mädchen ist die Abtreibung per Gesetz verboten.

Obwohl Abtreibung generell sehr kritisch beurteilt wird, engagieren sich gerade glaubensorientierte Orga-nisationen in Chile für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren Körper. Gemeinsam mit anderen regie-rungsunabhängigen Organisationen erstellen sie jeweils einen Parallelbericht zum offiziellen Regierungsbericht an den UNO-Aus-schuss «CEDAW». Dieser wacht seit 1979 darüber, dass Chile ein Über-einkommen umsetzt, welches zum Ziel hat, jede Form der Diskriminie-rung von Frauen zu beseitigen. Genau diese Art von Öffentlichkeit und das partizipative Mitwirken von Frauen halfen entscheidend mit, dass Frauen, die in ihrer Verzweiflung heimlich ab-getrieben und deswegen Komplikati-onen erlitten haben, nicht fürs Leben gezeichnet bleiben müssen: Sie dürfen heute ein öffentliches Spital aufsu-chen, ohne dass sie der Polizei gemel-det werden.

Zudem hat der gesellschaftliche Diskussionsprozess zu einem Um-denken geführt: Die Regierung will den Schwangerschaftsabbruch in Ausnahmefällen zulassen, bei Le-bensgefahr für die Mutter oder nach einer Vergewaltigung. Und sie hat hierbei die Unterstützung von 70 Pro-zent der chilenischen Bevölkerung, wie eine kürzlich durchgeführte re-präsentative Umfrage zeigt.

Aus den Erfahrungen lernenMissionen und Kirchen setzten sich von Anfang an für

die Bedürfnisse der Frauen ein. Das zeigt auch die 200-jäh-rige Geschichte der Basler Mission und heute Mission  21 deutlich. Mir ist bewusst, dass wir Chileninnen und Chile-nen noch mehr tun müssen, damit gleiche Rechte für Frau-en und Männer gelten. Wir müssen die Mechanismen im Machtgefüge finden, welche die Verletzung von Menschen-rechten zu etwas «Normalem» machen, und diese ändern. Dazu ermutigt uns der Glaube: Er gibt uns die Gewissheit, dass vor Gott alle gleich wertvoll sind, egal ob Frau oder Mann. «Ich bin als Frau ganz Mensch». Gott hat uns die Fähigkeit zu verantwortlichem Handeln gegeben. Darum müssen wir uns nicht versklaven oder sogar töten lassen, wenn wir nicht der Norm entsprechen. Auch wenn der Weg lang ist: Wir dürfen selbst über unser Leben bestimmen, und sollen ebenso unsere Schwestern dazu ermutigen.

* Josefina Hurtado ist Leiterin der Stabsstelle Frauen und Gender von Mission 21.

Frauen müssen weltweit für ihre Rechte einstehen. Suzan Mark (l.), Frauenbeauftragte der «Kirche der Geschwister

in Nigeria» (EYN), übergibt an der Internationalen Frauenkonferenz von Mission 21 an Vertreterinnen verschiedener

Organisationen eine Stellungnahme zur Situation der Frauen in Nordnigeria (siehe auch Seite 20).

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Welt. Ich sage nicht, dass ich das verändern kann. Ich sage nur, dass ich zumindest einigen Menschen, die dieses Elend miter-leben müssen, unter die Arme greifen möchte, soweit dies in meinen Händen liegt.» Madleina Walti führt viele Gespräche mit Asylsuchenden. «Ich versuche ihnen, wo immer möglich, direkt zu helfen. Sonst leite ich sie an die korrekte Stelle wei-ter.» Neben der Beratung übernimmt sie auch Betreuungsauf-gaben. So begleitet sie ihre Klienten beispielsweise ins Spital oder zu Treffen, bei denen die Personen ihre Hilfe benötigen.

Grosse SolidaritätDiese starke Solidarität mit Menschen, die viel Leid er-

fahren müssen, gepaart mit einem grossen Engagement er-lebe sie bei vielen jungen Menschen, mit denen sie zusam-menarbeite oder denen sie begegne, berichtet Barbara Moser, Studienleiterin Junge Erwachsene bei Mission 21.

So auch beim internationalen Ju-gendanlass in der Festwoche zum 200. Geburtstag der Basler Mission im Juni: Während der Fürbitten betete eine junge Nigerianerin zu Gott, dem schrecklichen Terror der Gruppierung Boko Haram ein Ende zu setzen. Der nahezu greifbare Schmerz der Men-schen in Nigeria habe die jungen Men-schen aus verschiedenen Ländern er-schüttert und berührt. Neben diesem Schmerz sei aber noch etwas anderes spürbar gewesen: ebenjene aufrichtige Betroffenheit und Solidarität der An-wesenden. Ein Gast aus Ghana meinte danach: «Ihr habt heute Abend Afrika Hoffnung gegeben!»

Echte Partizipation zulassenBei Anlässen wie diesem Jugende-

vent wirken junge Erwachsene ehren-amtlich in der Planung mit. Innerhalb der gesetzten Rahmenbedingungen

DOSSIER

Die jungen Erwachsenen in den Netzwerken von Mis-

sion 21 engagieren sich mit grosser Motivation und

Solidarität – sei dies in der Schweiz, in Afrika oder

Asien. Und sie lernen dabei viel fürs Leben.

Die Halbinsel Kowloon im Norden Hongkongs: Seit Ja-nuar 2015 ist das der Arbeitsort der 26-jährigen Madleina Walti aus Zug. Bis Ende Jahr wird sie das Team der Flücht-lingsberatungsstelle von Christian Action unterstützen. Ihr Einsatz erfolgt im Rahmen des «Professionals Exposure Pro-gram» (PEP!), einem Weiterbildungsangebot von Mission 21 für junge Berufseinsteigerinnen und -einsteiger.

Mit Mission verbindet die junge Frau das Teilen ihrer Werte, ihres Wissens und ihrer Zeit mit denjenigen, die da-von profitieren können: «Es gibt zu viel Elend in der heutigen

MISSION UND JUGEND

Mit viel Herzblut dabei Michael Schlickenrieder

Madleina Walti im Gespräch mit einem Mitarbeitenden der Flüchtlingsberatungsstelle von Christian Action

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sollen sie ihre Ideen einbringen können, sagt Barbara Moser. «Diese echte Partizipation ist das A und O, dass sie sich als Teil des Ganzen fühlen können.»

Die partizipative Arbeitsweise erzeugt eine gewisse Ver-bindlichkeit, bringt Nähe zu den Zielgruppen und baut Be-ziehungen auf. Mund-zu-Mund-Werbung ermöglicht jungen Menschen zudem einen leichteren Zugang zu Mission: «Der Begriff Mission kann auch bei Personen im jungen Alter eine gewisse Scheu er-zeugen», so Barbara Moser. Da helfe es, Vorurteile abzubauen, indem Gleichalt-rige, die bereits Erfahrungen in diesem Umfeld gesammelt haben, sie einladen und ihnen davon erzählen. Wenn Bar-bara Moser mit jungen Personen über Mission spricht, seien diese zwar kri-tisch, aber keineswegs desinteressiert.

Engagierte Jugendarbeit in Afrika

Seit 2014 ist Richard Offei Ju-gendkoordinator der Afrikanischen Kontinentalversammlung von Mis-sion 21. Er koordiniert und vernetzt die verschiedenen Jugendgruppen der Partnerkirchen von Mission 21 in Af-rika und deren Projekte. Anhand der Berichte, die er erhält, versucht er diese zusammen mit seinen Ansprechpart-nerinnen und -partnern weiterzuent-wickeln. Falls möglich, besucht er die Aktivitäten auch vor Ort.

Für die nahe Zukunft plant er in Ghana eine Jugendkon-ferenz, an die jeweils eine Vertreterin und ein Vertreter aus jedem Partnerland kommen sollen. «An diesem Meeting würden wir uns geeignete Projekte für die Zukunft anschau-en: In Tansania etwa ist die HIV/Aids-Rate sehr hoch. Da sollten die lokalen jungen Menschen beispielsweise Aufklä-rungsprojekte in diesem Bereich initiieren.» Ziel des Treffens wäre, eine Verpflichtung zu schaffen, sinnvolle Jugendpro-jekte in den einzelnen Ländern zu entwickeln, betont der umtriebige 29-Jährige.

Durch Mission lernen2013 besuchte Barbara Moser mit jungen Erwachsenen

aus der Schweiz die Presbyterianische Kirche von Ghana, der auch Richard Offei angehört. Die Gäste aus der Schweiz waren im Rahmen eines Begegnungscamps im westafrika-nischen Staat. Solche Reisen hält Richard Offei für immens wichtig: «Deine Weltanschauung ist immer abhängig vom Ort, an dem du lebst, vor allem wenn du jung bist. Wenn du aber an einen anderen Ort gehst und dort mit Gleich-

altrigen arbeitest, diskutierst und etwas unternimmst, er-lebst du enorm viel Neues.» Jugendaustausche sind für ihn deshalb Lernplattformen, Europa lerne von ihnen, sie aber auch von Europa. Internationale Austauschprogramme für junge Erwachsene aus der Schweiz und aus Übersee sind in Planung, sagt Barbara Moser. So sollen auch Gäste aus einer Partnerkirche von Mission 21 sehen, wie ihre Generation in der Schweiz lebt.

Junge Menschen können in vielfältiger Weise von Mis-sion lernen: Neben interkulturellen Kompetenzen erweitern sie ihr Wissen in Themen wie Entwicklungszusammenar-beit, Gerechtigkeit und Religion. «Unser Ziel ist es, sie für diese Themen zu sensibilisieren und sie darin zu bestärken, verantwortungsbewusst und solidarisch zu leben», bekräf-tigt Barbara Moser. Die Partizipation in einer weltweiten Gemeinschaft von Menschen könne ausserdem sehr berei-chernd und prägend sein für die junge Generation von heute. Sie erleben, dass es weltweite Beziehungen nicht nur in Wirt-schaft und Politik gibt.

Auch Madleina Walti profitiert von ihrem einjährigen Arbeitseinsatz in Hongkong enorm: «Die Arbeit öffnet mir die Augen über Realitäten, die in dieser Welt vorhanden sind, aber immer wieder vergessen gehen, wenn man in ei-nem privilegierten Umfeld lebt.».

Spürbare Gemeinschaft beim Jugendanlass in der Festwoche zum 200-Jahre-Jubiläum der Basler Mission

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sondern mehr programmatisch und pragmatisch. Quasi als strategisches Ziel, das die Absicht der Organisation aus-drückt, Erneuerungen zu bewirken, um so zu mehr Mit-gliedern zu kommen.

Aber wie sollte da Mission helfen?Wenn Mission die Lebensäusserung der Kirche ist,

hat die Kirche eine Mission und sie ist Mission. Also ha-ben diejenigen eine Sendung, die Kirche leben. Diese Sicht setzt aber einen Bewusstseinswandel voraus. Dass Mission

nämlich nicht das Produkt der Arbeit von Menschen ist, die man anstellt. Mission ist vielmehr die Sache der Gemeinde. Sie ist gesendet, nicht der Pfarrer. Die Gemeinden selbst sind die Subjekte. Und das ist für mich das Wesentliche, wenn ich sage, dass die Zukunft der Volkskirchen in der Mission liegt. Das, was die Gemein-den tun, trägt das Evangelium in die Gesellschaft hinein, macht es sichtbar.

Ein Beispiel dafür?Eine Gemeinde engagiert sich

in einem bestimmten Bereich, zum Beispiel in der Altersbetreuung: Die Gemeinde ist dann der Ort, wo An-gehörige mit ihren Demenzkranken Gehör und Unterstützung finden. Die Gemeinde ist auch der Ort, wo Flüchtlinge Anschluss finden an die Schweizer Bevölkerung. Ich denke da

beispielsweise an den mitenand-Gottesdienst in Kleinbasel. Da wird eine Begegnung von verschiedenen Kulturen ge-lebt, die sonst so nicht stattfindet. Damit verbunden ist das Projekt «Sonntagszimmer», das jeden Sonntag ein ganztä-giges Programm bietet. In Gemeinden isst, trinkt und feiert man miteinander. Die Menschen schliessen Freundschaf-ten, leben Gemeinschaft und finden zusammen das gute Leben. Das alles macht für mich Mission aus.

Die Volkskirchen erleiden einen drastischen Mitglie-

derschwund. Das zwingt sie zu langfristigen Verände-

rungsprozessen. Ralph Kunz, Professor für Praktische

Theologie an der Universität Zürich, sieht in der Missi-

on grosses Zukunftspotential für die Kirchen.

Was verstehen Sie unter Mission?Mission lässt sich natürlich verschieden definieren. Für

mich ist sie zunächst Kommunikation des Evangeliums. Menschen werden aufgerufen, sich der frohen Botschaft zu öffnen, ein-ander zuzuhören, zu beten und das Gerechte zu tun. Theologisch muss zwischen der Mission Gottes und der Mission der Menschen differenziert werden. Es gibt dazu Schlüsselstellen im Neuen Testament. Etwa im Johan-nesevangelium, wo Jesus im Gespräch mit seinen Jüngern deutlich macht, dass er sich als von Gott gesendet ver-steht und seine Sendung zur Sendung derer wird, die ihm zuhören: «Ich bin der, welcher gesendet wurde, ich sen-de euch.» Das ist der Dominoeffekt der Mission. Mission ist eine Bewe-gung von Gott her zum Menschen.

Etwa seit 2000 feiert der Begriff Mission in europäischen Kirchen ein Comeback. Weshalb diese Wende?

Hintergrund dieser Entwicklung sind unter anderem die sinkenden Mitgliederzahlen in den Volkskirchen. Bereits in den 1970er-Jahren hat eine starke Säkularisierung eingesetzt. In den 1990er-Jahren erkann-ten die Volkskirchen, dass sie etwas ändern müssen, gerade auch in Deutschland, wo sich die Menschen in den neuen Bundesländern kaum der Kirche verbunden fühlten. Die Kirchen haben deshalb das Thema Mission wieder ins Feld gebracht, aber weniger im klassisch evangelistischen Sinn,

WANDEL DER KIRCHE

Mission als Weg in die Zukunft Interview: Michael Schlickenrieder

Ralph Kunz ist Professor für Praktische Theologie

am Theologischen Seminar der Universität Zürich.

Am internationalen Symposium von Mission 21

(24.-26. September 2015) referiert Kunz zum Thema

«Mission als Zukunft der Kirche».

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Und wie wird eine Kirche missionarisch?Ich glaube schon, dass es sinnvolle Animationsstrategi-

en gibt, welche die Kontaktaufnahme erleichtern. Wichtig finde ich, dass der Gottesdienst einer Kirchgemeinde Of-fenheit signalisiert und Gastfreundschaft erlebbar wird. Ich kann reingehen, ich werde willkommen geheissen, aber nicht bedrängt. Dennoch ist so etwas wie eine Zone vor-handen, wo ich Freundschaften schliessen kann, wo Ver-bindlichkeit da ist. Es ist transparent, was gespielt wird. Und da ist noch mehr: die Würde der Tradition, die Ge-schichte der Mütter und Väter. Altehrwürdig und radikal neu: Wenn solche Mischungen zustande kommen, entste-hen Gemeinden mit Ausstrahlung.

Was bedeutet das für die Zukunft der Kirchgemeinden?Das glaubwürdigste Szenario ist meines Erachtens eine

«Mixed Economy». Damit meine ich eine kirchlich gerahm-te und theologisch orientierte Vielfalt. Unterschiedliche soziale Formen des christlichen Lebens, die verschiedenen missionarischen Grundlagen folgen, können nebeneinan-der existieren. Noch haben wir die Monotonie einer Form. Das hat keine Zukunft. Zudem wird es sicherlich mehr Gemeinschaftsformen geben. Anstatt vier oder fünf deren 20 oder 30, auch kleine Kommunitäten. In verschiedenen Städten zeigen sich schon immer mehr neue Formen.

Gemeinden werden entstehen, die sich stark von dem unterscheiden, was man heute Kirchgemeinde nennt. Die-ser Prozess läuft aber über 30, 40 Jahre. Gross ist auch der Unterschied zum Beispiel zwischen Basel-Stadt und dem Thurgau. Dort gibt es Gemeinden, in denen noch immer die Mehrheit der Dorfbevölkerung Mitglied der Kirche ist.

Kirche entwickelt sich in parallelen Welten. Die kleinräu-migen Verhältnisse machen die Situation unübersichtlich und komplex.

Wo verorten Sie die Schwächen von Mission?In der Ethik wird zwischen Verantwortungs- und Ge-

sinnungsethik unterschieden. In der Verantwortungsethik haben wir so etwas wie eine Rückversicherung im Prozess des Handelns, indem die zu erwartenden Handlungsfolgen mitbedacht werden. In der Gesinnungsethik dagegen geht es um das Prinzip, das Engagement und das innere Feuer. Mission tendiert zu einer gesinnungsethischen Straight-Forward-Strategie. Anders gesagt: Sie hat eine übermässig kritische Haltung gegenüber den institutionellen Bremsen der Kirche. Sie stellt alles, was nach Rückversicherung aus-sieht, unter Verdacht, das Wirken des Heiligen Geistes zu behindern. Sie verwechselt manchmal den eigenen Enthu-siasmus mit dem Heiligen Geist. Die Schwäche der Mission ist in diesem Sinne das Religiöse. Und das Religiöse ist nicht einfach von vornherein gut, sondern kann überhitzen, kip-pen und das Göttliche wie das Menschliche verdrängen.

Dieses Kippen kann die Kirche nur mit einem wachen Geist und mit einem hohen Mass an Selbstkritik verhindern. Es braucht aber auch eine kritische äussere Stimme: Die Theologie hat die Gabe und Aufgabe, die Geister zu prüfen. Darum hat die Kirche auch das Amt der Lehrer und nicht nur Evangelisten! Ich finde es wichtig, genau hinzuschauen, nachzufragen und notfalls zu bremsen. Aber wir haben es in der Vergangenheit vielleicht auch ein wenig übertrieben mit Nachdenken, Bremsen und mit der Kritik an Mission.

Die Kinder freuen sich über eine grosse Weihnachtsüberraschung im Rahmen des «Sonntagszimmer»-Projektes der evangelisch-reformierten Kirche Basel.

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BEAT DIETSCHY

Wandel zu einer lebensdienlichen Wirtschaft

Urs Walter

Die Welt braucht Entwicklung. Das erfuhr Beat

Dietschy von den Menschen, denen er als Zentralse-

kretär begegnete. «Vor allem braucht sie eine andere

Entwicklung». Brot für alle helfe, die «Vision einer

Entwicklung im Dienst des Lebens» zu erreichen.

Rund zehn Jahre hat Beat Dietschy Brot für alle geleitet. Jetzt wird er als Zentralsekretär der Entwicklungsorgani-sation der Evangelischen Kirchen der Schweiz pensioniert. Entwicklung und Wandel prägen diese Zeit. «Wir haben eine Strategie des Wandels gebraucht», blickt Dietschy zu-rück – und nach vorne. Nur schon der Klimawandel ver-lange einen Wandel im Entwicklungsverständnis: «Wollen wir seine Folgen in erträglichen Grenzen halten, so müssen wir das Dogma grenzenlosen Fortschritts und Wirtschafts-wachstums hinterfragen, das ihn verursacht hat.» Dietschy

bleibt zuversichtlich, dass ein Abbremsen der klimatischen Veränderungen noch möglich sei – aber auch nötig, um in den Armutsregionen den Hunger zu besiegen. «Dafür ist

nicht nur die bäuerliche Landwirtschaft im Süden zu fördern – auch unsere Konsum- und Produktionsweisen im Norden sind mit dem Haushalt der Erde in Einklang zu bringen.» Die neue Strategie von Brot für alle trägt dem Rechnung mit den beiden Kernthemen «Recht auf Nahrung» und «Ethisch Wirtschaften».

Nur wenn die westlich orientierte Konsumwelt ihr Ver-halten ändere, betreibe sie nicht weiter Raubbau und Aus-beutung: «Weniger für uns. Genug für alle» lautete darum das Motto der Ökumenischen Kampagne 2015. «Erst so wird eine andere Entwicklung möglich, welche ‹die Fülle des Le-bens für alle Kreaturen› im Blick hat, und ‹eine gute Nach-richt für jeden Teil der Schöpfung› bringt», zitiert Dietschy als Theologe aus Dokumenten der letzten Vollversammlung des Ökumenischen Rates in Busan (Südkorea). Dort mahnte auch der koreanische Theologe Park Seong-Won: «Das heu-tige Zivilisationsmodell ist nicht nachhaltig, sondern lebens-zerstörend… Wir müssen es in ein lebensförderliches ver-wandeln». Das klingt visionär und ist auch so gemeint: «Wir brauchen konkrete Utopien in der Entwicklungsarbeit», sagt Beat Dietschy dazu.

Visionär und pragmatischEs ist aber auch pragmatisch. «Wir müssen nicht al-

les neu erfinden, als wären wir die Herren und Meister der Welt.» In allen Kulturen und erst recht den religiösen

Traditionen fänden sich alternative Weltsichten. «Buen vivir» ist so ein Gegenentwurf zum Weltbild der Mo-derne, er ist Dietschy von seinen fünf Jahren Arbeit in Peru vertraut. Aber auch Ubuntu aus Afrika oder Sang-saeng aus Korea könnten Leitbilder für andere Lebensentwürfe sein. Alle rücken das gut gestaltete Zusammen-leben, die gegenseitige Unterstützung und Lebenserhaltung in den Vorder-grund, Gerechtigkeit und Friede (der biblische «Schalom») statt Konflikt und Disharmonie.

Mit seinem breiten Denken er-fasst der Theologe und Philosoph viele Modelle und misst die heutige westliche Realität daran. Dabei hilft Beat Dietschy die ausgeprägte Fähig-keit der Vernetzung. Mit Offenheit und journalistischer Neugierde geht er auf die Menschen zu. Es berührt ihn das Leben von Steve Kawita in

der demokratischen Republik Kongo. Kawita habe von seiner Hoffnung erzählt, dank jahrelanger Gratisarbeit für die Fischzucht einer Fabrik von Glencore dort eines Tages

Octavio Sáncher, Direktor von Anafae in Honduras, setzt sich für lokales Saatgut ein. Das sichert nicht nur die Ernährung,

sondern bringt auch Genuss.

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unterstützen, dankt Beat Dietschy. Und gibt Brot für alle zwei Wünsche mit: Als Sprachrohr der Zivilgesellschaft ein wesentlicher Akteur bleiben und weiterhin den Reichtum der ökumenischen Bewegung pflegen. Mit «Leidenschaft», so steht es im Leitbild, fördere Brot für alle die Bewegung hin zu einer Wirtschaft und Kultur des Lebens.

doch noch eine bezahlte Arbeit zu bekommen. Oder er er-zählt von Nancy Cardoso, die in Brasilien an der Seite der Kleinbäuerinnen und der Landlosen Grosskonzernen wie Monsanto oder Syngenta die Stirn bietet. «Das gute Leben ist die Überwindung der perversen Monokulturen», sagt die methodistische Theologin und fordert einen liebevollen Umgang mit Land.

Zivilgesellschaft stärkenIm Süden unterstützt Brot für alle solche Veränderungs-

prozesse über Partnerorganisationen, im Norden mit den ökumenischen und entwicklungspolitischen Kampagnen. Sie sind das Herzstück von Brot für alle, meint Dietschy. «Mit ihnen verändern wir ein Stück weit die Welt – und uns selber». Weltweit wird diese Transformation zum Beispiel mit den im September 2015 von der Uno festgelegten Zie-le für nachhaltige Entwicklung anvisiert. Da müsse sich die Zivilgesellschaft einbringen, ermutigt Beat Dietschy alle en-gagierten Menschen in den Kirchgemeinden und ausserhalb. «Dass diese Ziele auch verwirklicht werden, dafür braucht es Menschen, die den Wandel wollen und zu Wege bringen.»

Erstmals wurde im April 2015 mit weiteren Organisatio-nen mutig eine Volksinitiative gestartet. Mit der Konzernver-antwortungsinitiative soll insbesondere eine Sorgfaltspflicht für Schweizer Konzerne eingeführt werden. Ein Einsatz für die Menschenrechte und die Bewahrung der Schöpfung, der theologisch und ethisch gut abgestützt ist. Auch da komme es auf uns an, die wir über viele Handlungs- und Einfluss-möglichkeiten verfügen, unterstreicht Dietschy. Und er er-hofft sich, dass Brot für alle und die vielen Engagierten, die mittragen, tatsächlich zu «Transform-Akteuren» werden.

Zwei Wünsche für die ZukunftJetzt übergibt Beat Dietschy die Leitung von Brot für

alle an Bernard DuPasquier. Er und ein Team von heute 38 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen die Arbeit wei-ter. Ihnen und allen, die das Werk immer wieder engagiert

Bernard DuPasquier neu an der Spitze von Brot für alle

Seit Anfang September 2015 heisst der Geschäftsleiter von Brot für alle Bernard DuPasquier.

Der 44-jährige Theologe leitete seit 2012 den Bereich Kooperationssysteme. Davor arbeitete

DuPasquier acht Jahre beim Hilfswerk HEKS, unter anderem als Abteilungsleiter Asien-

Europa, zuvor war er fünf Jahre Zentralsekretär von Cevi Schweiz.

Neben seiner grossen Führungserfahrung bringt Bernard DuPasquier breite Kenntnisse mit

im Non Profit Management, in Fundraising und Public Relations. Der gebürtige Romand

und Vater von drei Töchtern wohnt in Bern. Nach den berühmten «100 Tagen» wird Bernard

DuPasquier in der nächsten Nummer zu Wort kommen. uw

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Beat Dietschy, Theologe, Philosoph, EntwicklungsdenkerWandel, Entwicklungen und das schillernde Wesen von Fortschritt

haben Beat Dietschy immer beschäftigt. Seine Dissertation

widmete er dem Begriff Fortschritt. Als persönlicher Mitarbeiter des

Philosophen Ernst Bloch in Tübingen arbeitete er 1976-1977 am

Ergänzungsband zur Gesamtausgabe der Werke Blochs «Tendenz-

Latenz-Utopie» mit.

Beruflich war er mit der GTZ (Deutsche Gesellschaft für

Technische Zusammenarbeit) in Peru. Er verfasste Studien zur

Religion, zur Akzeptanz neuer Technologien und zum Einsatz von

Radiokommunikation im Hochland von Peru – und war daneben

von 1982 bis 1987 Korrespondent fürs Schweizer Radio und andere

Medien. Anschliessend war er in Forschungsprojekten zur Theologie

der Befreiung und zur Globalisierung engagiert.

Zehn Jahre bis 2003 arbeitete Beat Dietschy als Beauftragter

für Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit der

Evangelisch-reformierten Kirchen St. Gallen, Thurgau und beider

Appenzell. Danach wechselte er zu Brot für alle als Leiter Information

und Bildung. 2004 übernahm er zusätzlich ad Interim die Leitung.

Seit 2007 war Dietschy Zentralsekretär der Entwicklungsorganisation

der reformierten Kirchen der Schweiz. uw

12 contigo Nr.3 | 2015

KONZERNVERANTWORTUNG

Vitol und die MenschenrechteUrs Walter

Vitol bemüht sich im Kohlegeschäft in Südafrika zu

wenig um die Wahrung der Menschenrechte und der

international anerkannten Umweltstandards. Intrans-

parent bleibt, wie der Rohstoffhändler seine Sorgfalts-

pflicht wahrnimmt. Nötig sind darum Vorschriften.

In der Region Limpopo im Norden Südafrikas wird die Mine Vele erneuert und ausgebaut. Die Kohleförderung im Tagebau bedroht ganz direkt die Lebensgrundlagen von über 5000 Bewohnerinnen und Bewohner. Exklusiver Ex-porteur der Kohle aus der Mine Vele ist Vitol. Der Rohstoff-händler Vitol aus Genf besitzt auch für das Minenprojekt in Makhado in der gleichen Region einen Abnahmevertrag. In Makhado sollen ab Ende 2018 Koks und Steinkohle abgebaut werden. Das Dorf Mudimeli würde weitgehend von Tage-baugruben und Abraumhalden eingeschlossen, was Land-wirtschaft und Wasserversorgung beeinträchtigt. Betrieben werden die Minen von Coal of Africa (CoAL).

Befürchtungen und BusseGegen die Projekte gibt es erheblichen Widerstand. Das

zeigt die Arbeit von Bench Marks Foundation, einer Partner-organisation von Brot für alle in Südafrika. Eigens geschulte Freiwillige erfassen die Auswirkungen des Bergbaus auf die

Bevölkerung und dokumentieren, wenn Menschenrechte verletzt oder die Umwelt verschmutz werden. Die Anwohne-rinnen und Anwohner befürchten insbesondere Wasserver-schmutzung. Dazu belastet der Kohlestaub, der beim Abbau und den vorausgesagten über 800 Lastwagenfahrten pro Tag durch die Dörfer entstehen wird. Der Landwirtschaft und auch dem Tourismus in der fruchtbaren Region drohen Einbussen. Mehrere tausende Arbeitsplätze dürften verloren gehen.

Befürchtungen, beim Kohleabbau werde zu wenig sorg-fältig vorgegangen, sind nicht aus der Luft gegriffen: 2010 wurde CoAL gebüsst, weil das Unternehmen die Bedingun-gen der Wasserlizenzen für die Mine Vele verletzt hatte. Aber auch Vitol als exklusiver Exporteur der Kohle aus den Minen Vele und Makhado muss Verantwortung übernehmen, um solche Verletzungen künftig zu vermeiden.

Verbindliche Regeln für alle nötigDamit diese Sorgfaltspflicht in der Schweiz gesetzlich

geregelt wird, tragen Brot für alle und Fastenopfer die Kon-zernverantwortungsinitiative mit. Sie wird die Schweizer Konzerne zwingen, ihre Geschäfte überall mit der nötigen Sorgfalt anzugehen. Freiwillige Massnahmen genügen nicht. Das belegt die Analyse zum Vorgehen Vitols in Südafrika. Vi-tol ist mit 254 Milliarden Franken der umsatzmässig grösste Schweizer Konzern. Im Kohlegeschäft gehört er zu den fünf Grössten weltweit. Das bedeutet viel Macht gegenüber den Minen, wo Vitol die Kohle einkauft. Umso wichtiger ist, dass Vitol und alle anderen global tätige Konzerne ihre Verant-wortung wahrnehmen, damit Tochterfirmen wie Lieferanten die Menschenrechte sowie Umweltstandards einhalten.

Weitere Informationen: www.brotfueralle.ch/vitol

ONLINE-SPIEL

Was für ein Chef bist du?Viele Konzerne werden von Managerinnen und Managern geführt,

die vergiftete Böden, die Ausbeutung von Menschen oder gefährli-

che Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen, um ihren Profit und den

ihrer Aktionäre zu maximieren. Im Online-Spiel ceo-for-a-day.ch

können alle Chef eines internationalen Konzerns sein. Vier Typen von

Managern (und Managerinnen) lassen sich kombinieren. Wie werden

dabei Menschenrechte, Umwelt, Aktionärsinteressen oder Steuerop-

timierung gewichtet? Das Game zeigt auf spielerische Art und Weise,

welche Möglichkeiten die Konzernverantwortlichen in den Ländern

des Südens haben: www.ceo-for-a-day.ch. uw

Im Dorf Mudimeli erhalten die Opponenten der geplanten Kohlemine keine Auskünfte.

Bench Marks Foundation hilft ihnen, sich bei Coal of Africa im fernen Johannesburg Gehör

zu verschaffen.

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13contigo Nr.3 | 2015

ÖKUMENISCHE KAMPAGNE 2016

«Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken»

Über der Ökumenischen Kampagne 2016 steht «Ver-

antwortung tragen – Gerechtigkeit stärken». Es geht

um die Sorgfaltspflicht der Konzerne. Sie müssen

ihre Verantwortung weltweit wahrnehmen, fordert

eine von Brot für alle miterarbeitete Initiative.

Kürzlich hat Brot für alle gemeinsam mit Fastenopfer die Tätigkeit des grössten Schweizer Rohstoffhändlers Vitol in Südafrika analysiert (Bericht Seite 12). Menschenrechte und international anerkannte Umweltstandards sind bedroht. Das Gleiche gilt für ein Fallbeispiel aus Burkina Faso, das im Hinblick auf die Ökumenische Kampagne 2016 erarbeitet wird. Dort steht der Goldhandel im Zentrum. Was bei uns Menschen schmückt, wird in Burkina Faso und vielen an-deren Ländern unter misslichen Umständen geschürft und verarbeitet. Beide Analysen verdeutlichen, wie wichtig die

Konzernverantwortungsinitiative ist. Freiwilligkeit genügt offenbar nicht. Gemeinsam mit rund 70 Organisationen for-dern Brot für alle und Fastenopfer darum, dass die Sorgfalts-pflicht in der Schweiz gesetzlich geregelt wird.

Würde und GerechtigkeitErstmals engagiert sich Brot für alle als Mitinitiantin ei-

ner politischen Initiative. Doch der Schutz der Menschen-rechte ist vor allem ein ethisches Gebot. Der Mensch als Ab-bild Gottes trägt das Göttliche in sich. Darum setzen sich die kirchlichen Werke besonders für die Menschenrechte ein. Menschenwürde ist unveräusserlich und steht jeder und jedem Einzelnen zu. Ebenso ist die Bewahrung der Schöp-fung ein wesentliches kirchliches Anliegen. Das Evangelium – die Botschaft und das Handeln Jesu Christi – ruft zu einem gerechten Handeln auf und gilt für die Kirche auch heute. Als Mitverantwortliche vor Gott, für die Schöpfung und vor anderen Menschen sind alle dazu verpflichtet, die Verant-wortung dieser Konzerne nicht diesen selber zu überlassen.

Besser ist, die Verantwortung mittels Kriterien wie zum Beispiel einer verbindlichen Sorgfaltspflicht oder einer Re-chenschaftsablage einzufordern. Das gilt vor allem bei Konzernen mit einer starken Machtposition. Mit der Kon-zernverantwortungsinitiative stärkt Brot für alle als Ent-wicklungsorganisation der reformierten Landeskirchen den Einsatz dafür, dass Menschen weltweit in Würde, Frieden und Freiheit leben können. Die Initiative bringt aber auch in der Wirtschaft mehr Gerechtigkeit. Bleibt gutes Verhalten freiwillig, drohen Schweizer Konzerne, die sich fair verhal-ten, gegenüber Mitbewerbern mit weniger sorgfältigem Ver-halten, den Kürzeren zu ziehen. uw

Alle aktuellen Informationen zur Kampagne auf www.sehen-und-handeln.ch

Gold durchläuft eine lange Lieferkette. Doch die Hersteller in der Schweiz nehmen kaum

Verantwortung wahr. Darunter leiden die Beschäftigten in den Minen.

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ONLINE-SPIEL

Was für ein Chef bist du?Viele Konzerne werden von Managerinnen und Managern geführt,

die vergiftete Böden, die Ausbeutung von Menschen oder gefährli-

che Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen, um ihren Profit und den

ihrer Aktionäre zu maximieren. Im Online-Spiel ceo-for-a-day.ch

können alle Chef eines internationalen Konzerns sein. Vier Typen von

Managern (und Managerinnen) lassen sich kombinieren. Wie werden

dabei Menschenrechte, Umwelt, Aktionärsinteressen oder Steuerop-

timierung gewichtet? Das Game zeigt auf spielerische Art und Weise,

welche Möglichkeiten die Konzernverantwortlichen in den Ländern

des Südens haben: www.ceo-for-a-day.ch. uw

So erreicht Brot für alle das SammelzielBrot für alle und Fastenopfer wollen bis Ostern 2016 je 10 000

Unterschriften sammeln. Helfen Sie mit! Ein paar Tipps dazu:

- Alle volljährigen (ab 18 Jahren) Schweizer Bürgerinnen und Bürger

dürfen unterschreiben – aber nur einmal

- Pro Bogen nur Unterschriften aus einer politische Gemeinde (bei

Städten genügt die Basis-PLZ für alle)

- Sammeln in Gruppen macht mehr Spass

- Mobile Sammelgruppen (bis drei Personen) brauchen bei Sammelakti-

onen im öffentlichen Raum keine Bewilligung (Ausnahme: Bahnhöfe)

- Standaktionen brauchen in der Regel eine Bewilligung (durch

Gemeinde oder Polizei, z.T. gebührenpflichtig)

- Veranstaltungen, Konzerte, Festivals und Grossanlässe eignen sich

bestens, um Unterschriften zu sammeln

- Material (Unterschriftenbogen, Flyer, und kleine Poster) gratis bei

Brot für alle

- Unterschriften-Bogen möglichst füllen: Das Beglaubigen kostet

gleichviel, ob mit einer oder zehn Unterschriften

- Ausgefüllten Unterschriftenbögen rasch Brot für alle zusenden

Informationen und Unterschriftenbogen zum Herunterladen:

www.brotfueralle.ch/konzernverantwortung

14 contigo Nr.3 | 2015

NORDIRAK

Eine ungewisse ZukunftOlivier Schmid

Seit Anfang August leistet HEKS gemeinsam mit

«Norwegian Church Aid» Soforthilfe im Nordirak.

HEKS unterstützt rund 32 000 Menschen in zwei

Flüchtlingscamps in der Provinz Dohuk mit Hygiene-

artikeln im Wert von rund 400 000 Franken.

Vor einem Jahr haben die Truppen des Islamischen Staa-tes die zweitgrösste Stadt im Irak, Mosul, in ihre Gewalt ge-bracht. Hunderttausende von Menschen, vor allem Angehö-rige religiöser Minderheiten wie Jesiden, sind seither in den Norden des Landes geflüchtet. Viele leben in Flüchtlings-camps und sind auf Hilfe angewiesen, um die wichtigsten Grundbedürfnisse zu decken: Nahrungsmittel, Unterkunft, Zugang zu Trinkwasser, Kochutensilien und Hygieneartikel.

Soforthilfe für 4600 FamilienDie HEKS-Partnerorganisation «Norwegian Church

Aid», die auf Wasserversorgung spezialisiert ist, sorgt in zwei Flüchtlingscamps in der Provinz Dohuk für Zugang zu sau-berem Wasser und für bessere Hygienebedingungen. HEKS unterstützt die Flüchtlingsfamilien mit Hygieneartikeln, vor allem mit Seifen, Windeln und Waschmitteln.

Mustafa Abdalla hat die Hygieneartikel in den ersten Augustwochen gemeinsam mit seinem 15-köpfigen Team an die rund 4600 Familien im Flüchtlingscamp verteilt. Er arbeitet für «Norwegian Church Aid» und ist für die Ver-besserung der Hygienebedingungen in den beiden Camps zuständig. Mustafa kommt aus Damaskus und ist einer der 230 000 syrischen Flüchtlinge, die zusätzlich zu den knapp zwei Millionen intern Vertriebenen im Irak Schutz suchen. «In Syrien war ich nicht länger sicher», begründet er seine Flucht, nachdem er 2011 gegen das syrische Regime protes-tiert und für zwei Wochen im Gefängnis gelandet war.

Vertrauen schaffenZwei Jahre lang lebte Mustafa in einem Flüchtlingscamp

im autonomen Kurdengebiet im Nordirak. Zunächst arbei-tete er dort als Freiwilliger; dann begann er für internatio-nale Hilfswerke und später für «Norwegian Church Aid» zu arbeiten.

Mustafa liebt seine Arbeit, auch wenn sie hart sei. «Die Menschen in den Flüchtlingscamps haben traumatische Er-lebnisse hinter sich. Viele haben Familien und Freunde, die in Gefangenschaft des Islamischen Staates geraten sind. Und sie mussten ihre Häuser und ihre Jobs aufgeben und wissen nicht, wann sie zurückkehren können. Ihre Zukunft ist un-gewiss», erklärt er.

Darum müssen Mustafa und sein Team erst einmal Ver-trauen schaffen, bevor sie die Flüchtlinge in den Camps für einen sparsamen Umgang mit Wasser und bessere Hygiene-bedingungen sensibilisieren. «Ich habe mein Team deshalb nicht nur in Bezug auf die verschiedenen Aspekte bei der Verbesserung der Hygienesituation geschult, sondern auch, wie sie auf die Flüchtlinge im Camp zugehen und mit ihnen kommunizieren müssen.»

Soforthilfe-Projekte in der Provinz Sulaymaniyah

HEKS hat bereits von Oktober 2014 bis Mai 2015 So-forthilfe im Nordirak geleistet. In Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen «Christian Aid» und «REACH» hat HEKS in der Provinz Sulaymaniyah rund 13  000 Kriegs-flüchtlinge mit Lebensmitteln, Kochutensilien, Matratzen, Decken und Kissen versorgt. Zurzeit sind Abklärungen im Gange, um von Oktober an gemeinsam mit «REACH» ein weiteres Soforthilfe-Projekt in der Provinz Sulaymaniyah umzusetzen.

Spenden: PC-Konto 80-1115-1, Vermerk «Nordirak»

Mustafa uns sein Team führen auch Befragungen durch und passen die Hilfspakete

gegebenenfalls an die Bedürfnisse der Flüchtlingsfamilien an.

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15contigo Nr.3 | 2015

Weiterbildung und Vernetzung Mittlerweile hat Nicolae seinen Sohn Ion zum Geschäfts-

führer gemacht. Ion schloss letztes Jahr sein Studium an der landwirtschaftlichen Fakultät der staatlichen Universität ab. Bereits als Student setzte er sich für eine verstärkte Zusam-menarbeit der Bauernfamilien im Bezirk Cahul ein.

Mit fünfzehn weiteren Tafeltraubenproduzenten grün-dete er den Verband der Cahuler Tafeltraubenproduzenten (APSM). APSM baute mit Unterstützung von HEKS 2013 die Farmer Field School (FFS) auf. Die Schule bildet in Feldkursen jährlich rund 280 Traubenproduzentinnen und Weinbauern weiter. Vermittelt werden agroökologische Produktionsmetho-den und geeignete Massnahmen zur Anpassung an den Kli-mawandel. Auch Ion hat sich in diesen Kursen weitergebildet.

HEKS und APSM unterstützen die Tafeltraubenprodu-zenten auch bei der Vermarktung ihrer Produkte und helfen neue Absatzkanäle zu erschliessen. Seit 2013 beliefern Ion und sein Vater die nationale Supermarktkette Linella. Dank einem Vertrag mit einem rumänischen Obstimporteur konnten sie ihre Absatzkanäle diversifizieren.

Förderung des WeinanbausHEKS half in den letzten drei Jahren insgesamt 55 Pro-

duzentinnen und Produzenten, Verträge mit dem Betreiber einer Kühlanlage und den Supermarktketten Linella und Fourchette abzuschliessen. HEKS hat darüber hinaus die Entwicklung des Weiterbildungslehrgangs «Weinanbau» unterstützt. Dieser wurde in den Lehrplan des nationalen Colleges für Weinanbau und Weinherstellung integriert. 90 Traubenproduzentinnen und -produzenten haben diesen Lehrgang bereits abgeschlossen.

REPUBLIK MOLDAU

Von Trauben lebenOlivier Schmid

Die Republik Moldau ist eines der ärmsten Länder

Europas. Um das wirtschaftliche Wachstum zu för-

dern, unterstützt HEKS Weinbauern und Tafeltrau-

benproduzenten bei der Verbesserung und Vermark-

tung ihrer Produkte.

Ein Grossteil der Bevölkerung der Republik Moldau lebt auf dem Land und arbeitet in der Landwirtschaft. Die meisten Betriebe nutzen aber ver-altete Methoden und erzielen nur ein ungenügendes Einkommen. Das Geld für Investitionen fehlt, die Qualität ihrer Produkte entspricht nicht den Marktanforderungen. Zudem fehlt ih-nen das Wissen, wie sie neue Absatz-märkte erschliessen können.

Investitionen zahlen sich ausImmer mehr Arbeitskräfte ziehen

darum in die Städte oder wandern ins Ausland aus. Zurück bleiben vernach-lässigte ältere Menschen sowie Kinder und Jugendliche ohne Perspektiven. Um diese Entwicklung zu stoppen, vermittelt HEKS kleinen und mit-telgrossen Bauernbetrieben landwirtschaftliches Wissen, fördert die Vernetzung lokaler und nationaler Produzen-tenvereinigungen und erleichtert ihnen den Zugang zu In-vestitionskrediten und Absatzmärkten.

Auch der Tafeltraubenproduzent Nicolae Bria aus dem Bezirk Cahul im Südwesten des Landes konnte früher nur schlecht vom Ertrag der sechs Hektaren grossen Anbauflä-che leben. Ein Grund dafür war, dass er die Trauben nicht lagern konnte. So musste er sie nach der Ernte ab Feld ei-nem Zwischenhändler verkaufen. Im Jahr 2010 erhielt das Familienunternehmen mit Unterstützung von HEKS einen Kredit für ein kleines Kühlhaus. Bis zu 50 Tonnen Trauben werden dort nun während einem bis drei Monaten gelagert. Dies verbessert die Qualität der Trauben. Vor allem kann die Familie die Trauben nun zu einem bedeutend höheren Preis und über einen längeren Zeitraum verkaufen.

Ion Bria hat mit Unterstützung von HEKS neue Absatzmärkte erschlossen und verkauft seine hochwertigen

Tafeltrauben nun auch ins Ausland.

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16 contigo Nr.3 | 2015

HILFE SCHENKEN

Einmal schenken, zweimal Freude bereiten

Olivier Schmid

Auch dieses Jahr startet im Oktober die beliebte

vorweihnächtliche Aktion «Hilfe schenken» von HEKS.

Schenken Sie Ihren Liebsten eine edel gestaltete

Geschenkkarte und bedürftigen Menschen Hilfe zur

Selbsthilfe.

Mit den 32 originellen Geschenken aus dem neuen Ka-talog unterstützen Sie Bedürftige in der Schweiz und im Ausland, ihre Lebensumstände selbstbestimmt zu verbes-sern – sei es mit altbewährten «Hilfe schenken»-Klassikern, etwa mit einer Ziege, Enten oder Hühnern, sei es mit ganz speziellen Geschenken, etwa mit der Erfolgsleiter, dem Dorf-laden oder dem Schutzengel. Auch dieses Jahr gibt es neue Geschenke, die doppelt Freude bereiten – eine Auswahl:

Ein Fischernetz für den grossen FangMit 160 Franken helfen Sie armen Fischerfamilien im

Südsudan am Nil, ihre Lebensgrundlagen zu verbessern. Die Familien erhalten ein Boot und ein Fischernetz und fi-schen so nicht mehr im seichten Wasser, sondern draussen im Fluss. Dadurch steigern sie ihren Fang, verkaufen Über-schüsse auf dem Markt und erzielen ein Einkommen. Mit diesem können sie Reparaturen bezahlen, die Gesundheits-kosten decken und ihre Kinder in die Schule schicken.

Ihr Geschenk hat aber auch eine langfristige Perspektive. Rund 2200 Fischerinnen und Fischer haben sich in 15 Ko-operativen zusammengeschlossen und mit Unterstützung von HEKS zwei umweltfreundliche Fischtrocknungsanla-gen gebaut. Einige Mitglieder sollen nun in Buchhaltung, Finanzplanung und Führung geschult werden, damit die Kooperativen nach Abschluss des Projektes selbstständig weiterbestehen können.

Ein Ferkel für SchulkinderMit 30 Franken helfen Sie einer Dorfgemeinschaft auf

Haiti, eine Schweinezucht aufzubauen. So viel kostet ein dreimonatiges Ferkel, das rund ein halbes Jahr später mit Gewinn weiterverkauft werden kann. Für den Start einer Schweinezucht benötigt eine Dorfgemeinschaft zwischen sechs und zehn Ferkel. Die Muttersäue bleiben und werfen erneut Junge – der Kreislauf setzt sich fort.

Der Gewinn aus der Schweinezucht soll den Schulbetrieb für die Kinder sicherstellen. Denn die Dorfgemeinschaften in den abgelegenen Gebieten von Grand‘Anse müssen selbst für die Löhne der Lehrpersonen und den Unterhalt der Schulen aufkommen. In den letzten 30 Jahren hat HEKS 29 Schulhäuser aufgebaut, in denen heute mehr als 4000 Kinder unterrichtet werden.

Velowerkzeug für die ZukunftMit 45 Franken unterstützen Sie erwerbslose Menschen

in der Schweiz bei der Integration in den Arbeitsmarkt: bei-spielsweise durch einen Arbeitseinsatz in der Velowerkstatt oder im Nähatelier von «HEKS TG job». Das Programm ver-mittelt zahlreiche weitere Einsätze: in den Bereichen Land-schaftspflege, Entsorgung, Umzug und Reinigung.

«HEKS TG job» unterstützt die Arbeitssuchenden auch mit Bewerbungscoachings und Weiterbildungskursen. Die Teilnehmenden verbessern ihre Qualifikationen und werden individuell darin unterstützt, ihr Leben selbstständig, wirt-schaftlich unabhängig und eigenverantwortlich zu gestalten.

Das gesamte «Hilfe schenken»-Sortiment mit Informationen

zu Spendenfonds sowie Bestell- und Zahlungsmodalitäten

finden Sie unter: www.hilfe-schenken.ch

Mit einem Netz und einem Boot unterstützt HEKS Fischerfamilien am Nil, damit sie ihre

Lebensgrundlagen verbessern können.

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EKS

17contigo Nr.3 | 2015

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HEKS-INLANDKAMPAGNE

Bundesrat prüft Forderung nach nationaler Datenbank

Ständerätin Anita Fetz (SP/Basel) unterstützt die dies-jährige HEKS-Kampagne «Chancengleichheit zahlt sich aus». In einem in der Sommersession eingereichten Postulat fordert sie den Bundesrat auf, den Aufbau einer nationalen Datenbank zur Interpretation und Vergleichbarkeit auslän-discher Berufsdiplome zu prüfen. Das würde Unternehmen helfen, leichter einen Eindruck über die beruflichen Qualifi-kationen und Fähigkeiten hochqualifizierter Migrantinnen und Migranten zu erhalten. Diese stellen ein bisher kaum beachtetes Potenzial an Fachkräften dar. Im Rahmen seiner Kampagne fordert HEKS, dass diese Menschen und ihre Fä-higkeiten als Massnahme gegen den Fachkräftemangel bes-ser genutzt werden. os

«HOME OF HOPE»

Frauenhaus in Rumänien ausgezeichnet

«Home of Hope», die soziale Organisation der Reformierten Kirche in Braşov, hat die begehrte Auszeichnung der rumä-nischen AVON-Stiftung gewonnen. Die Stiftung zeichnet jedes Jahr Personen und Organisationen für herausragende Leistungen sozialer und gemeinnütziger Projekte aus.

Die HEKS-Partnerorganisation «Home of Hope» engagiert sich seit 2003 für die Opfer von häuslicher Gewalt. Mittels Informationskampagnen und Seminaren sensibilisiert sie die Öffentlichkeit für das Thema und betreibt in Braşov eine Anlauf- und Beratungsstelle für Gewaltopfer, die rund um die Uhr geöffnet ist. Ende 2008 hat das Frauenhaus «Home of Esther» seine Türen geöffnet, das Frauen und ihren Kindern vorübergehenden Schutz bietet und wo ihnen Fachpersonen Perspektiven aufzeigen. Jährlich finden rund 60 Frauen mit ihren Kindern im Frauenhaus Schutz. os

«LUNCHKINOS»

«Cido – Eine Zukunft im Cerrado»Auch dieses Jahr präsentiert Ihnen HEKS im Rahmen

der «Lunchkinos» den Film zur Sammelkampagne. Der neue Kampagnenfilm «Cido – Eine Zukunft im Cerrado» zeigt die Arbeit von HEKS in Brasilien. Die preisgekrönte Regisseu-

rin Barbara Miller zeichnet ein eindrückliches Portrait des Kleinbauern Cido und seiner Gemeinschaft. Jahrelang haben sie um Land gekämpft und trotz widriger Umstände einen Weg aus der Armut gefunden. Mit Unterstützung von HEKS und seinen lokalen Partnerorganisationen gelang es, ein al-ternatives und nachhaltiges Entwicklungsmodell zu verwirk-lichen. Dieses beruht nicht auf dem Raubbau an der Natur, sondern versteht den Menschen als Teil des Ökosystems, des Cerrado, einem riesigen, von Abholzung bedrohten Savan-nengebiet in Zentralbrasilien.

«Lunchkinos» finden in verschiedenen Orten in der Deutschschweiz statt. Umfangreiches Kampagnenmaterial für Ihre Sammelanlässe in Ihrer Kirchgemeinde finden Sie ab Oktober auf der Website.

Weitere Informationen und Anmeldung: www.heks.ch/lunchkinoKampagnenmaterial: www.heks.ch/sammelkampagne

Der HEKS-Kampagnenfilm aus Brasilien zeichnet Leben und Widerstand des Kleinbauern

Cido nach.

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18 contigo Nr.3 | 2015

Spiritualität des einfachen LebensAn der letztjährigen Generalversammlung hat der PGI

diese ganze Problematik deshalb zu einem seiner Hauptthe-men bis 2018 gemacht – neben Armut, Ungerechtigkeit und religiöser Radikalisierung. «Für mich ist das Agrar- und Um-weltthema das grösste dieser Probleme», stellt Gultom klar.

Die 89 Mitgliedkirchen des PGI haben sich dazu ver-pflichtet, für eine bessere Umwelt und gegen Landraub ein-zustehen. Der PGI hat für sie daher ein ökumenisches Pilot-programm («Die Kirche als Freund der Natur») ausgearbeitet. Dieses zeigt ihnen, wie sie in ihren lokalen Gemeinschaften das Thema mit dem christlichen Glauben verbinden kön-nen. Ebenso beinhaltet das Programm Wege, wie die Kirch-gemeinden in praktischer Weise zu einer Verbesserung der Lage beitragen sollen.

«Wir sehen die Habgier als die wesentliche Ursache der Agrar- und Ökologiekrise an. Aus diesem Grund fokussiert unser Programm auf eine Spiritualität des einfachen Lebens, auf einen Weg der Mässigung», erklärt Gultom. Dieses Prin-zip beinhalte den Verzicht einiger – damit möglichst viele In-donesierinnen und Indonesier ihre Bedürfnisse stillen kön-nen, besonders ihre ökonomischen.

Voneinander lernen Henriette Lebang, die neue Präsidentin des PGI, betont

die Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften im plu-ralistischen Indonesien, wo der religiöse Frieden in Teilen des Landes bisweilen gefährdet ist: «Wir alle in Indonesien müssen über die religiösen Grenzen hinweg an einem Strang ziehen, um auf die Umwelt- und Agrarproblematik antwor-ten zu können.» Der PGI lädt deshalb regelmässig Religions-führer aus allen Regionen des Landes ein, um mit ihnen über dieses und andere herausfordernde Themen zu sprechen und um zu einer gemeinsamen öffentlichen Position zu kommen.

Innerhalb der Mitgliedskirchen nehme der PGI zudem eine aktiv vermittelnde Rolle ein, sagt Lebang. Wenn sich eine Kirche in konkreten Projekten für die Umwelt einsetzt, beispielsweise in der korrekten Entsorgung von Abfall, könn-ten andere Kirchen von deren praktischen Erfahrungen pro-fitieren. Und die Aufgabe des PGI bestehe darin, ebendiesen Austausch zwischen Kirchen zu ermöglichen. «Man muss gute Dinge, welche die Kirche tut, teilen. Das macht für mich die ökumenische Bewegung aus», unterstreicht Lebang.

* Franziska Schlegel arbeitet im Team Fundraising von Mission 21.

INDONESIEN

Gemeinsam für die Umwelt einstehen

Michael Schlickenrieder

Landraub und Umweltzerstörung nehmen im Vielvöl-

kerstaat Indonesien zu. Der Evangelische Kirchen-

bund in Indonesien, Partnerorganisation von

Mission 21, geht aktiv gegen die miteinander verwo-

benen Probleme vor.

Seit einiger Zeit entstehen in Indonesien immer mehr Konflikte um Landbesitz. Firmen erwerben Land, um Roh-stoffe zu fördern oder riesige Plantagen anzubauen. Häufig betrifft es Gegenden, wo Kleinbäuerinnen und Kleinbauern seit mehreren Generationen leben und arbeiten. «Die Regie-rung stellt sich aus wirtschaftlichen Gründen meist auf die Seite der Firmen und zwingt die Bauernfamilien wegzuzie-hen», sagt Gomar Gultom, Generalsekretär des Evangeli-schen Kirchenbundes in Indonesien (PGI). Die traditionellen Besitzrechte der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern würden einfach für wertlos erklärt. Dagegen setzen sie sich häufig zur Wehr. Besonders in Nordsumatra ist die Lage angespannt.

Diese Entwicklung bringt weitere Probleme mit sich: Der Anbau von Palmöl ist in den wenigsten Fällen nachhal-tig. Und die Bergbauindustrie setzt der Umwelt ebenso zu. Hinzu komme, so Gultom, dass die Menschen in Indonesi-en oft verschwenderisch mit nicht erneuerbaren Ressourcen umgehen, den Abfall sorglos entsorgen und übermässig viel Plastik verbrauchen.

Um Ölpalmen anzubauen, werden riesige Flächen des indonesischen Regenwalds abgeholzt.

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19contigo Nr.3 | 2015

Erfahrungsaustausch. Ein Jahr später konnte sie mit deren Hilfe ein Gewächshaus in ihrem Innenhof bauen und ist seit-her eine erfolgreiche Gemüseproduzentin. Heute, fünf Jahre danach, unterstützt sie eine Gruppe von fast 30 Familien bei der Produktion und kann nebenbei viel Zeit mit ihrer Tochter verbringen.

Umfassende AusbildungDie Frauen erhalten bei Focapaci eine umfassende Ein-

führung in die landwirtschaftliche Produktion und lernen die Grundlagen des Verkaufs und der Selbstorganisation kennen. Neben dieser Ausbildung werden sie von erfahrenen Frauen wie Juana Laura und Fachpersonen von Focapaci um-sichtig begleitet.

«Die Arbeit von Focapaci wird von den Familien in El Al-tos Armenvierteln sehr geschätzt», sagt Wilfredo Blanco, Agronom bei der Partnerorganisation von Mission 21. «Das Projekt bringt Erfolg. Die Wirkung ist schnell spürbar! Stadt-gärten sind eine Chance, Mangelernährung und extreme Ar-mut deutlich zu reduzieren.»

* Franziska Schlegel arbeitet im Team Fundraising von Mission 21.

«Landwirtschaft und Einkommensförderung» ist eines von fünf Hoffnungsprojekten der Kampagne «200 Jahre unverschämt viel Hoffnung» zum Jubiläum der Basler Mission 2015. Informationen: www.mission-21.org/hoffnungsprojekte

Projekt: «Lichtblick Stadtgarten», Nummer: 420.1018Spenden: PC 40-726233-2, IBAN Nr. CH58 0900 0000 4072 6233 2 (Vermerk: «420.1018»)Informationen: [email protected], 061 260 23 03

BOLIVIEN

Lichtblick Stadtgarten Franziska Schlegel *

In El Alto verwandeln sich Innenhöfe in kleine

Bauernhöfe. Dies ist möglich dank der Organisation

Focapaci, die Mission 21 neu unterstützt. Verbesser-

te Ernährung der ärmsten Familien und eine stärkere

soziale Stellung der Frauen sind die Ziele.

El  Alto ist eine Stadt der Zuwanderung aus ländlichen Gebieten und Bergbauzentren in Bolivien. Obwohl auf 4100 Metern gelegen, gehört El Alto zu den am schnellsten wach-senden Städten weltweit und gleichzeitig zu den ärmsten in Lateinamerika. Am Rande der Stadt gibt es riesige Armen-viertel, oft ohne fliessendes Wasser und Strom und auch ohne Spitäler. Die Hoffnungen der meisten neu Ankommenden werden bitter enttäuscht. Häufig leben sie nach kurzer Zeit in noch ärmeren Verhältnissen als zuvor. Viele können kaum lesen und schreiben und schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durch. Eine ausgewogene Ernährung können sie sich nicht leisten. Besonders die Kinder leiden an den Folgen.

Die Hoffnung in der ErdeFocapaci, das «Zentrum für Bildung und Weiterbildung

für Bürgerbeteiligung», bietet einen Ausweg aus dieser Situ-ation. Zahlreiche Grundstücke in El Alto haben einen unge-nutzten Innenhof, der Platz für ein Gewächshaus und einen kleinen Stall bietet. Focapaci ermutigt vor allem Frauen dazu, dort Nahrungsmittel zu produzieren, sich untereinander zu organisieren und überschüssige Produkte zu verkaufen. So verbessert sich nicht nur die Ernährungssituation der Famili-en. Die Frauen gewinnen auch an Selbstbewusstsein und er-fahren mehr Wertschätzung. Gesamthaft begleitet Focapaci in El Alto etwa 650 Familien.

Eine Erfolgsgeschichte «Vorher war ich in meinem Haus eingesperrt, während

ich auf meine Tochter aufpasste und ich fühlte mich schlecht, weil ich nichts machen konnte», erzählt Juana Laura. Die Al-ternative dazu war, ihre Tochter bei den Grosseltern zu lassen und mit ihrem Mann von früh bis spät in Fabriken zu arbei-ten. Als ihre Tochter in die Schule kam, brauchte sie Hilfe bei den Hausaufgaben, jemanden, der auf ihre Ernährung achtet und mehr Aufmerksamkeit als neben der Arbeit in der Fabrik möglich war. Juana Laura kündigte darum. Glücklicherweise wurde sie etwas später auf eine Produzentinnen-Organisati-on in ihrer Nachbarschaft aufmerksam. Sie begann Kurse bei Focapaci zu besuchen und traf sich mit anderen Frauen zum

Juana Laura mit einer ihrer Schülerinnen im Gewächshaus

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20 contigo Nr.3 | 2015

AKTUELL

Richtungsweisend und solidarischMichael Schlickenrieder

In der Festwoche zum 200-Jahr-Jubiläum der Bas-

ler Mission wurde nicht nur zurückgeschaut und

gefeiert. Es wurde auch an der Zukunft des Werkes

gearbeitet, damit den aktuell dringendsten Heraus-

forderungen begegnet werden kann.

Im Juni feierte Mission 21 mit Gästen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa 200 Jahre Basler Mission. Wäh-rend der Festwoche tagte auch die Internationale Synode, das oberste Entscheidungsorgan von Mission 21, mit Delegierten aus den Partnerkirchen und -organisationen. Die Synode wählte Johannes Blum-Hasler zum neuen Vorstandspräsi-denten, genehmigte die Jahresrechnung 2014 sowie das Rah-menbudget für das kommende Jahr und läutete den Prozess für ein neues Leitbild von Mission 21 ein.

«Wir schweigen. Aber nicht nur.»Besonderes Gewicht hatten Solidaritätsaktionen für die

Opfer der Terrorgruppe Boko Haram in Nordnigeria. Die Synode beschloss einstimmig eine Resolution, die den Ter-ror von Boko Haram klar verurteilt und die Verpflichtung christlicher Organisationen bekräftigt, den Menschen in Nigeria beizustehen. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass diese Unterstützung christlichen wie auch muslimischen Opfern zugute kommen soll. Die Resolution wurde im stän-digen Dialog mit verschiedenen Kirchen ausgearbeitet, ins-besondere mit der nigerianischen Partnerkirche, der «Kirche

der Geschwister in Nigeria» (EYN). Die EYN trägt als Part-ner die Hilfsprojekte für die Bevölkerung vor Ort.

Während der Festwoche fand ausserdem eine öffentliche Solidaritätsaktion für Nigeria am Bahnhof SBB in Basel statt: An vier Tagen verteilten Freiwillige bei einer Mahnwache Info-Flyer und Armbänder mit Namen von Boko-Haram-Opfern. Die Aktion stand unter dem Motto «Wir schweigen. Aber nicht nur.» und war der Kick-Off zu weltweiten Solida-ritätsaktionen, die vom 1. Juli bis 31. Dezember 2015 dauern. Die neue Website www.solidarity-nigeria.org dokumentiert diese Aktionen. Kontaktieren Sie uns, wenn auch Sie und Ihre Kirchgemeinde eine Solidaritätsaktion gestalten wollen.

Kontakt: via Formular auf der Website oder

[email protected], 061 260 23 30

Im Herbst 2015 erscheint eine Publikation zur liturgischen Advocacy (die

in Seligpreisungen umformulierte Resolution) und anderes liturgisches

Material zum Herunterladen: www.mission-21.org/liturgien-nigeria

Regionalgruppe young@mission21 Bern

Gibt es in Ihrer Kirchgemeinde junge Menschen, die sich auf der Basis des christlichen Glaubens und gemeinsam mit Gleichaltrigen für eine gerechtere Welt einsetzen wollen? Die Regionalstelle Mission 21 in Bern gründet eine Regio-nalgruppe und sucht dazu Interessierte zwischen 16 und 30 Jahren. Die Gruppe trifft sich vier bis fünf Mal jährlich in Bern. Zu ihren Hauptaufgaben gehört die Organisation des Nord-Süd-Tages für Konfirmationsklassen. Daneben bleibt Zeit für eigene Initiativen, Aktivitäten und Begegnungen mit Menschen aus Süd und Nord. ms

Weitere Informationen unter www.refbejuso.ch/mission21regio

Mission FriedenIm Herbst 2015 gibt Mission 21 neues Material zur in-

terreligiösen Friedensarbeit heraus, das Sie dabei unterstützt, das Thema in Ihrer Kirchgemeinde aufzunehmen. Es knüpft an die Kampagne «Religion in Freiheit und Würde» an. Das Materialpaket enthält einen neuen Kurzfilm zur Versöh-nungsarbeit in Nigeria und einen Kurs für die gemeindliche Erwachsenenbildung. Liturgische Bausteine zeigen neue Formen, wie Verbundenheit mit Menschen in Not im Got-tesdienst erfahren werden kann. ms

Das Materialpaket kann ab Herbst 2015 hier heruntergeladen werden: www.mission-21.org/material-friedensarbeit

Mit einer interreligiösen Mahnwache am Bahnhof SBB in Basel erinnerte Mission 21 im

Juni an die Opfer von Boko Haram in Nigeria.

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21contigo Nr.2 | 2015

Benefizessen mit -minuFreitag, 20. November, ab 19 Uhr,

Restaurant Rosengarten, Missions-

strasse 21, Basel

Öffentliches Benefizessen zugunsten von Mission 21. In Kooperation mit dem Hotel Bildungszentrum 21 und dem Basler Journalisten, Autor und Koch -minu.

Informationen und Anmeldung: www.mission-21.org/benefizessen

JANUAR 2016

Impulstagung für Kirchenbasare

Mittwoch, 20. Januar, 8.45–16 Uhr,

Kirchgemeindehaus Johannes,

Wylerstrasse 5, Bern

Die Impulstagung gibt vielfältige Impulse für die Basararbeit in den Kirchgemeinden weiter.

Informationen ab Herbst 2015: www.refbejuso.ch/mission21regio

FEBRUAR 2016

Fachtagung Interreligiöse Friedensarbeit

Fundamentalismus vorbeugen:

Was hilft gegen religiöse Radikalisierung?

Montag, 29. Februar, 9–17 Uhr

Seit religiöser Fundamentalismus ein Problem im eigenen Land ist, gewinnt die Frage nach Prävention an öffent-licher Aufmerksamkeit: Wie kann verhindert werden, dass Menschen sich religiös radikalisieren? Mit: Dr. Edit Schlaffer, Vorsitzende Frauen ohne Grenzen, Wien; Dr. Miryam Eser Davolio, ZHAW Soziale Arbeit, Zürich; Mustafa Memeti, Imam und Schweizer des Jahres 2014, Bern.

Informationen und Anmeldung: www.mission-21.org/fachtagung

Weitere Informationen unter

www.mission-21.org/agenda

Herbstbazar Donnerstag, 29. Oktober, 12–18 Uhr

Freitag, 30. Oktober, 10–18 Uhr

Der Herbstbazar von Mission 21 lädt mit bunten Verkaufsständen, Kaffee und Kuchen, Kinderprogramm und vielem mehr zum Bummeln und Verweilen ein. Mit Trouvaillenverkauf der «Kalebasse».

www.mission-21.org/bazar

NOVEMBER

young@mission21-jahreseventSamstag, 14. November

Jahresevent für junge Erwachsene unter dem Motto «200 Stimmen der Hoffnung»: politische, kritische, fröh-liche und singende Stimmen. Mit dem Musiker Andrew Bond und verschie-denen Referierenden.

Informationen und Anmeldung: www.mission-21.org/young

Vortragsserie mit Archivführung

«Missionskinder der Basler Mission»

Vorträge: Montag, 16. und Montag,

23. November, je 18.15–20 Uhr,

Universität Basel, Petersplatz 1, Basel

Archivführung im Missionshaus:

Samstag, 21. November, 14–16 Uhr

In Zusammenarbeit mit Dagmar Kon-rad und der Volkshochschule beider Basel.

Informationen und Anmeldung: www.vhsbb.ch

AGENDA

Veranstaltungsorte:

Wenn nicht anders angegeben: Bei Mission 21, Missionsstrasse 21, Basel

SEPTEMBER

Ausstellung «Mission possible?»Noch bis 4. Oktober,

Museum der Kulturen Basel,

Münsterplatz 20, Basel

Das Museum der Kulturen Basel zeigt eine umfassende Ausstellung aus der ethnographischen Sammlung der Basler Mission.

www.mkb.ch

OKTOBER

BenefizkonzerteDienstag, 13. Oktober, 19.30 Uhr

Reformierte Kirche Buchs, Postweg 3,

Buchs (AG)

Samstag, 17. und Sonntag,

18. Oktober, 17 Uhr,

Aula Campus Muristalden,

Muristrasse 8, Bern

Werke von Schubert, Mendelssohn, Schumann, Chopin, Brahms.Mit: Charlotte Pauli (Sopran) und Manuel Frautschi (Klavier). Kollekte zugunsten der Soforthilfe von Mission 21 für Flüchtlinge, Witwen und Waisen in Nigeria.

[email protected], 031 333 38 49

«Da draussen bei den Heiden»11. Oktober bis 8. November, Bern

Eine Veranstaltungsreihe zu den Themen Mission, Rassismus und Sklaverei. Mit einer Ausstellung, einem Mundarttheater, Konzerten und Geschichten. Spezialangebote für KUW-Klassen und Gruppen aus den Kirchgemeinden. Veranstaltende: Theaterensemble Johannes, Kirchge-meinde Bern-Johannes, Cooperaxion.

www.theaterensemble.ch

22 contigo Nr.3 | 2015

… und ausserdem:

Menschen auf der Flucht sind leider an vielen Orten Alltag. Bei uns prägen sie Schlag-

zeilen, doch die wirklich grossen Flüchtlingsströme finden sich andernorts. 3,9 Millionen

Menschen flohen bisher aus Syrien, 2,6 Millionen Menschen aus Afghanistan, nennt eine

Uno-Statistik. Daraus hat Martin Grandjean, Doktorand an der Universität Lausanne und

auf die Visualisierung von Informationen spezialisiert, eindrückliche Grafiken gemacht. Die

Dicke der Linien zeigt die Zahl der Flüchtlinge in den richtigen Proportionen. Viele weitere

Fakten aus der Welt wie der Schweiz hat er in Grafiken umgesetzt.

www.martingrandjean.ch

aGEnDa

NACHRICHTEN

Neuer Leiter Alliance Sud

Seit Anfang August leitet Mark Herkenrath Alliance Sud, die ent-wicklungspolitische Organisation von sechs grossen Schweizer Hilfs-werken. Sein Vorgänger Peter Niggli hat 17 Jahre lang den entwicklungs-politischen Anliegen eine markante Stimme gegeben. Künftig setzt er sich

Weitere Veranstaltungshinweise auf den Seiten der Werke 10 bis 21

sePTemBer

Hunger, Wut und Wandel Tagung Brot für alleFreitag, 11. Sept., 9.30-17 Uhr, Haus der Religionen, Europaplatz, Bern

Empörung als treibende Kraft für ge-sellschaftliche Veränderung. Podiumund Workshops.

Information/Anmeldung:

www.brotfueralle.ch/veranstaltungen

10 Milliarden – wie werden wir alle satt?Mittwoch, 16. Sept., 18-21 Uhr, Kino Riff raff, Neugasse 57-63, 8005 Zürich

Film-Vorpremiere im Rahmen des Programms «Zürich isst». Im An-schluss beantworten Valentin Thurn und Fachleute aus Wissenschaft und Praxis Fragen.

www.zuerich-isst.ch

OkTOBer

«Da draussen bei den Heiden»11. Oktober bis 8. November, Bern

Eine Veranstaltungsreihe zu den Themen Mission, Rassismus und Sklaverei. Mit einer Ausstellung, einem Mundarttheater, Konzerten und Geschichten. Spezialangebote für KUW-Klassen und Gruppen aus den Kirchgemeinden. Veranstaltende: Theaterensemble Johannes, Kirchge-meinde Bern-Johannes, Cooperaxion.

www.theaterensemble.ch

als Stiftungsrat von Fastenopfer und im Zentralvorstand von Helvetas sowie im Initiativkomitee der Konzernverantwortungsinitiative weiterhin für mehr Gerechtigkeit und die Benachteiligten im Süden ein. uw

805 Millionen hungernJeder Mensch, der regelmässig

unter Hunger und Mangelernährung leidet, ist einer zu viel. Dennoch ist die Statistik der Uno-Sonderorgani-sation für Ernährung FAO erfreulich: Seit den 1980er-Jahren hat sich die Zahl der Hungernden weltweit um rund 200 Millionen auf 805 Mil-lionen Menschen verringert. uw

www.fao.org/hunger/en

23contigo Nr.2 | 2015

… und ausserdem:

Menschen auf der Flucht sind leider an vielen Orten Alltag. Bei uns prägen sie Schlag-

zeilen, doch die wirklich grossen Flüchtlingsströme finden sich andernorts. 3,9 Millionen

Menschen flohen bisher aus Syrien, 2,6 Millionen Menschen aus Afghanistan, nennt eine

Uno-Statistik. Daraus hat Martin Grandjean, Doktorand an der Universität Lausanne und

auf die Visualisierung von Informationen spezialisiert, eindrückliche Grafiken gemacht. Die

Dicke der Linien zeigt die Zahl der Flüchtlinge in den richtigen Proportionen. Viele weitere

Fakten aus der Welt wie der Schweiz hat er in Grafiken umgesetzt.

www.martingrandjean.ch

20 Blicke auf «Mission»Ein dickes Jubiläumsbuch der

Basler Mission vereinigt zwanzig Autorinnen und Autoren aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa. Sie erinnern sich und dokumentieren das mit vielen Bildern. So entsteht ein breites und persönliches Bild der Ge-schichte der heutigen Mission 21. Das Buch reicht bis ins aktuelle Jahr 2015 – doch prägt der Blick zurück auch diese Beiträge.

Ein spannender Beitrag widmet sich den Liedern, die aus der Tradition der Gottesdienst- und Frömmigkeits-formen der Partnerkirchen entstan-den. Viele werden heute auch in Euro-pa angestimmt. uw

Christine Christ-von Wedel, Thomas K. Kuhn

(Hg.); Basler Mission. Menschen, Geschichte,

Perspektiven 1815–2015

2015. 244 Seiten, 105 Abbildungen,

ca. Fr. 28.–, ISBN 978-3-7965-3403-4

(Englisch ISBN 978-3-7965-3404-1)

FILMTIPP

Moderne Rebellinnen nutzen das Internet

Ihre Stimmen werden unterdrückt,

verboten und zensiert. Doch Yoani

Sánchez, Zeng Jinyan und Farnaz

Seifi lassen sich nicht einschüch-

tern und äussern ihre Meinung

regelmässig via Internet.

In Kuba, Iran und China brin-gen Yoani Sánchez, Farnaz Seifi und Zeng Jinyan als Pionierinnen mit ihren Blogs das staatliche Informa-tionsmonopol ins Wanken. Die drei furchtlosen Frauen repräsentieren eine neue, vernetzte Generation moderner Widerstandskämpferinnen.

Der Film begleitet die modernen Rebellinnen auf ihrer gefährlichen Rei-se und zeigt, wie die Frauen mit Hilfe sozialer Medien wie Facebook, Youtube und Twitter die Missstände in ihren Ländern anprangern. Sie bauen dabei so viel politischen Druck auf, dass sie weltweit Resonanz auslösen.

Das «Time Magazine» zählt sie zu den einflussreichsten politischen Stim-men der Welt. Basierend auf ihren be-wegenden Zeugnissen und heimlichen Aufnahmen ist der Film eine Hom-mage an ihren mutigen Kampf. 2012 wurde er mit dem WACC-SIGNIS Hu-man Rights Award ausgezeichnet. dg

Dokumentarfilm von Barbara Miller, Schweiz

2012. 92 Minuten, ab 16 Jahren

Verkauf und Verleih (DVD):

éducation21, Tel. 031 321 00 22,

[email protected]

Relimedia, Tel 044 299 33 81

HInWEISE & MEDIEntIppS

BUCHTIPP

Umwelthandbuch der oeku

Das oeku-Umwelthandbuch für

Kirchgemeinden ist in einer

neuen, erweiterten Ausgabe

unter dem Titel «Es werde grün»

erschienen.

Das Handbuch der oeku hilft allen, die sich in den Kirchgemeinden für die Umwelt einsetzen. Energie sparen, umbauen und sanieren, nachhaltig einkaufen, Ökologie im Büro, ökolo-gische Reinigung, Blumenschmuck, Abfallmanagement, Kirchenfeste um-weltfreundlich planen, umweltscho-nend mobil sein, Artenvielfalt fördern – Handeln darf nicht erst nach Um-weltkatastrophen einsetzen.

Das christliche Engagement für die Schöpfung ergibt sich ganz natür-lich aus dem Glauben. Kirchgemein-den vertreten die christliche Botschaft glaubwürdiger, wenn sie selbst mit der Schöpfung sorgsam umgehen. Das Umwelthandbuch «Es werde grün» unterstützt sie dabei. uw

Kurt Aufdereggen et al., Es werde grün.

Umwelthandbuch für Kirchgemeinden, ISBN

978-3-7252-0967-5,152 S., illustriert, 34.80 Fr.,

Bezug: www.oeku.ch/de/bestellungen

contigo Nr.3 | 2015

Wenn die Hoffnung aufwacht, legt sich die Verzweiflung schlafen.

Arabisches Sprichwort

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