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Im Interview // 17 Interview mit Sprachwissenschaftler Ivo Hajnal «Content is king» Ivo Hajnal, Sprachwissenschaftler und Mitbegründer des Lehrgangs «Corporate Publishing» an der Schweizerischen Text Akademie, ist überzeugt davon, dass in Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie nur Eines gewinnbringend ist: professionell aufbereitete Inhalte. //Interview: Mia Hofmann ist Texterin bei der Bieler Textagentur textatelier.ch IH

Content is King! Interview mit Ivo Hajnal

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Content Marketing für Unternehmen - Prof. Dr. Ivo Hajnal im Interview. Über Corporate Publishing und den Stellenwert von Print und Online.

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Im Interview // 17

Interview mit Sprachwissenschaftler Ivo Hajnal

«Content is king» Ivo Hajnal, Sprachwissenschaftler und Mitbegründer des Lehrgangs «Corporate Publishing» an der Schweizerischen

Text Akademie, ist überzeugt davon, dass in Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie nur Eines gewinnbringend ist:

professionell aufbereitete Inhalte.

//Interview: Mia Hofmann ist Texterin bei der Bieler Textagentur textatelier.ch

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Interview // 18

Herr Hajnal, wie definieren Sie Corporate Publishing? Corporate Publishing steht für journalistisch auf-bereitete und inszenierte Inhalte, die Unternehmen ihren Ansprechgruppen präsentieren: so etwa im Rahmen von klassischen Kunden oder Mitarbeiter-magazinen, aber auch von Jahresberichten, sofern diese mehr als reine Zahlen enthalten. Da diese In-halte inzwischen nicht nur über Printprodukte, son-dern ebenso über elektronische Medien verbreitet werden – etwa in Form von Corporate Radio oder TV –, hat sich zusätzlich der Begriff «Corporate Media» etabliert.

Welches sind die wichtigsten Faktoren für erfolgreiches Corporate Publishing?

Corporate Publishing muss für hervorragende Inhal-te beziehungsweise hochwertigen Content stehen. Dementsprechend haben Corporate Publishing-Er-zeugnisse besonders dann Erfolg, wenn sie einzigar-tig auftreten und emotionale Erlebnisse vermitteln. Wir leben in einer Zeit der Aufmerksamkeitsökono-mie. Das heisst: Zielgruppen beachten Botschaften von Unternehmen nur dann, wenn diese Botschaften ihnen einen Mehrwert bringen. Das Motto seitens der Zielgruppen lautet also: Tausche Aufmerksam-keit gegen Infotainment! Gut gemachtes Corporate Publishing steht exakt für diesen Mehrwert und für bestes Infotainment.

«Red Bulletin»Können Sie ein Beispiel dafür nennen?

Ein ideales Anschauungsbeispiel liefert etwa das Magazin «Red Bulletin» von Red Bull. Es besticht mit überraschenden Themen, gut gemachten Texte und starken Bilder, die nirgendwo anders zu sehen sind; darüber hinaus ist es als animiertes iPad-Ma-gazin via App erhältlich. Corporate Publishing ist inzwischen ein Versuchslabor für Medieninnovatio-nen: Denn während die klassischen Verlage sparen müssen, präsentieren Unternehmen auf ihren Medi-enkanälen aufregendes Design und eine zukunfts-weisende Vernetzung von Print und Online-Inhalten.

Und welche Bedeutung hat Corporate Publishing im Kommunikationsmix?

Corporate Publishing hat lange Zeit vornehmlich dem Kundendialog und der Kundenbindung gedient. Denn die Herstellung und vor allem der Versand ei-nes Printmagazins sind aufwändig. Folglich waren es vor allem bestehende Kunden oder andere wichtige Stakeholder, die durch ein Magazin oder einen Jah-resbericht für ihre Treue belohnt wurden. Durch die Mittel der elektronischen Distribution – etwa über Webseiten oder Tablet-Apps – lassen sich Magazine und die entsprechenden Inhalte inzwischen jedoch ohne Mehraufwand allen Interessenten zugäng-lich machen. So hat sich der Wirkungsbereich von Corporate Publishing massiv ausgedehnt: Aus Cor-porate Publishing ist in den letzten beiden Jahren Content Marketing geworden. Dementsprechend verschieben sich immer mehr Budgets von klassi-scher Werbung in Richtung Content Marketing be-ziehungsweise Corporate Publishing.

«...journalistisch aufbereitete und

inszenierte Inhalte»Welchen Stellenwert haben Print und Online beim Corporate Publishing von heute?

Printmedien haben sich zu Premiummedien ent-wickelt. Wer von einem Unternehmen mit einem gedruckten Magazin oder einem Jahresbericht be-dient wird, darf sich besonderer Wertschätzung si-cher sein. Darüber hinaus gibt es Printprodukte, die weiterhin in hoher Auflage versandt werden, weil noch nicht alle Mitglieder der Zielgruppe über On-linemedien zu erreichen sind. In der Schweiz gehö-ren hierzu die Magazine der Grossverteiler oder der Krankenkassen. Hier stellt sich die Frage, wie lange das Printformat bei diesen Magazinen überleben wird. Die Migros verzichtet im Übrigen bei ihrem Ge-schäftsbericht seit einigen Jahren bereits auf eine gedruckte Fassung.

Sie führen seit mehreren Jahren einen eigenständigen Corporate Publishing-Lehrgang durch. Weshalb?

Wir haben uns vor mehr als sechs Jahren entschie-den, den ersten Corporate Publishing-Lehrgang im deutschsprachigen Raum zu lancieren. Unser An-trieb war, einfach gesagt, die Begeisterung: für die aufregenden Stories, das zukunftsweisende Design und die crossmediale Vernetzung.

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Interview // 19

Welches sind die Hauptinhalte des Lehrgangs? Der Lehrgang befähigt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ein Corporate Publishing-Erzeugnis in jedem Bereich zu planen und umzusetzen. Seit letztem Jahr befasst er sich vermehrt mit digitalen Magazinen und intelligenter Vernetzung: so etwa im Sales-Publishing, wo Magazine heute ein we-sentlicher Umsatztreiber sind. Ebenso an Gewicht gewonnen hat das so genannte «Thought Leaders-hip»: Immer mehr Unternehmen stellen gerade im B2B-Bereich durch ein hochwertiges Magazin unter Beweis, in ihrem Gebiet eine zukunftsweise Vorden-kerrolle einzunehmen. Corporate Publishing wird so zum effizientesten Mittel, die eigene Reputation zu pflegen.

Sie haben eine Studie zu den Veränderungen im Beruf des Corporate Writer durchgeführt. Darin betonen Sie, dass der Corporate Writer immer stärker bei der Kon-zeption einer Publikation einbezogen werden sollte. Weshalb?

Beinahe zwei Jahrzehnte haben Unternehmen in der Kommunikation auf alles Mögliche geachtet – nur nicht auf ihre Sprache und ihre Textkultur! Nun müs-sen sie dieses Manko wettmachen. Unternehmens-schreiber oder Corporate Writer, wie wir sie nennen, sind daher heute gefordert, wieder ganzheitlich zu denken. Also nicht nur Texte abzuliefern, sondern zu verstehen, welchen Inhalt das Unternehmen auf dem jeweiligen Kanal in der bestimmten Situation benötigt. Hinzu kommt, dass ein und derselbe Text oft auf mehreren Kanälen – Print wie Online – ver-trieben wird. Um all den Anforderungen zu genügen, müssen Unternehmensschreiber bereits im Vorfeld einer Publikation ihr Fachwissen einbringen.

«...Kommunikation von der Stange»

Was ist besonders an der Sprache des Corporate Publishing?

Es ist die journalistische Qualität der Texte, die Cor-porate Publishing auszeichnet. Corporate Publishing steht für Manufaktur, nicht für Kommunikation von der Stange. Dementsprechend suchen sich viele Unternehmen für ihre Magazine heute bekannte Au-torinnen und Autoren, um qualitativ mit der Spitze mitzuhalten. Umgekehrt ist es für bislang journalis-tisch tätige Schreibende kein Makel mehr, im Auf-trag eines Unternehmensmediums zu schreiben.

Worauf sollte man bei der Sprachverwendung besonders achten?

Grundsätzlich – und zwar nicht nur in hochwertigen Magazinen, sondern auch in ihren Allerwelttexten – müssen Unternehmen verständlich kommunizieren. Das heisst: mehr Verben statt abstrakte Substan-tive, aktive statt passive Ausdrucksweise und eine direkte Ansprache statt Wortballast.

«Content is king»Für welche Unternehmen macht Corporate Publishing überhaupt Sinn?

Ich würde die Frage anders herum stellen: Welches Unternehmen kann heute noch auf Corporate Pu-blishing verzichten? – Meines Erachtens lautet die Antwort: Keines. Denn Corporate Publishing gehört heute sowohl im B2C wie im B2B-Bereich zu den elementaren Kommunikationsinstrumenten. Ein Blick in das aktuelle Magazin «Quarterly Digital In-telligence Briefing» von Econsultancy und Adobe genügt, um festzustellen: «Content is king» gilt für Unternehmen im digitalen Zeitalter mehr denn je.

Was raten Sie Unternehmen, die noch wenig Erfahrung mit Corporate Publishing haben?

Suchen Sie sich einen guten Dienstleister und beginnen Sie mit einem realistischen, allerdings hochwertigen Projekt. Bauen Sie in der Folge In-house-Ressourcen auf, um Ihre Content-Aktivitäten fortlaufend zu intensivieren.

Lehrgang Corporate Publishing Ivo Hajnal (53), wohnhaft in Innsbruck, ist Professor für Sprach-wissenschaft an der Universität Innsbruck und Stiftungsratspräsident der Schweizerischen Text Akademie. Neben sprachhistorischen Forschungsfra-gen befasst er sich mit dem Sprachgebrauch in Unternehmenskommunika-tion und Corporate Publishing. Er ist Begründer des Lehrgangs «Corporate Publishing». www.textakademie.ch

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