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Bildung und Kultur Programm für lebenslanges Lernen Education and Culture Program for Lifelong Learning Comenius 2009 - 2011 Projekt - Thema: Astronomisches Jahr 2009 – Kepler und Galilei zwei bedeutende europäische Astronomen ROM – REGENSBURG ISTITUTO D´ISTRUZIONE BERUFLICHE OBERSCHULE SUPERIORE REGENSBURG VIA ASMARA 28 STAATLICHE FACHOBERSCHULE ROMA REGENSBURG

Comenius 2009-2011

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Page 1: Comenius 2009-2011

Bildung und Kultur

Programm für lebenslanges Lernen Education and Culture

Program for Lifelong Learning Comenius 2009 - 2011

Projekt - Thema:

Astronomisches Jahr 2009 – Kepler und Galilei zwei bedeutende europäische Astronomen

ROM – REGENSBURG

ISTITUTO D´ISTRUZIONE BERUFLICHE OBERSCHULE

SUPERIORE REGENSBURG VIA ASMARA 28 STAATLICHE FACHOBERSCHULE

ROMA REGENSBURG

Page 2: Comenius 2009-2011

Das Projektteam

Projektteilnehmer:

ISTITUTO D´ISTRUZIONE

SUPERIORE “VIA Asmara 8”

Roma

BERUFLICHE OBERSCHULE

REGENSBURG Landshuter Str. 61

Regensburg De Angelis Wendy

Degollar Cuyuri Angelica Maria Domenicano Jessica

Forestiere Davide Frontoni Alessandra

Hedhli Jamila Lucatelli Giulia

Pambianchi Chiara Pastacaldi Rachele

Peduto Maura Risa Noemi

Sordi Fabiana Soverino Francesca

De Noto Roberta

Bice Aaron Cebe Dilan

Dotzhauser Lisa Eger Andreas Gürbüz Ayla

Kancelista Pamela O´Shea David

Oliva Pena Bianca Pazulla Ewa Sendler Nick Venus Daniel

Yusupov Ashab Zikeli Ludwig

Verantwortliche Leiter der Schulen: Emilia Oppido, Prof. ssa, `L Dirigente Scolastico, Roma Karl- Heinz Kirchberger, OStD, Schulleiter, Regensburg

Koordinatoren und Betreuer: Rom: Anna Bandiera, Rosario Maccarone, Cristian Rosa Regensburg: Hartwig Grasse, Dr. Klaus Fischer

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Page 3: Comenius 2009-2011

Inhaltsverzeichnis

Seite

Vorwort 5

1. Das heliozentrische und geozentrische Weltbild im Vergleich 7

1.1 Das geozentrische Weltbild (Rgbg)

1.2 Das heliozentrische Weltbild (Rgbg)

1.3 Kopernikus und Giordano Bruno als Wegbereiter des heliozentrischen

Weltbildes und deren Kritiker (Rom)

1.3.1 Das Kopernikanische System (Rom)

1.3.2 Giordano Bruno der hartnäckige Ketzer (Rom)

2. Galilei als Vertreter des heliozentrischen Weltbildes 18

2.1 Das Leben des Galileis

2.1.1 Jugend (Rgbg)

2.1.2 Die Zeit in Pisa (Rgbg)

2.1.3 Professor in Padua (Rgbg)

2.1.4 Als Hofmathematiker in Florenz (Rgbg)

2.1.5 Galileos Reisen nach Rom (Rom)

2.1.6 Das Weltbild des Galilei im Gegensatz zur katholischen Kirche (Rom)

2.1.7 Galileos Dialog (Rgbg)

2.1.8 Der Inquisitionsprozess (Rom)

2.1.9 Hausarrest (Rgbg)

2.1.10 Rehabilitation des Galilei durch die Katholische Kirche (Rom/Rgbg)

3. Kepler und das heliozentrische Weltbild 48

3.1 Das Leben des Johannes Kepler (Rom)

3.2. Kepler als kaiserlicher Mathematiker im Gegensatz zum Luthertum

und zur Katholischen Kirche

3.2.1 Kepler im Gegensatz zum Luthertum (Rgbg)

3.2.2 Kepler im Gegensatz zur Katholischen Kirche (Rgbg)

3.2.3 Zusammenfassung (Rgbg)

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4. Kepler und Galilei im Dialog (Rgbg) 57

5. Das Astronomisches Jahr 2009 - eine Würdigung Galileis

und Keplers 61

5.1 Forschungsergebnisse und methodischer Ansatz des Erkenntnis-

gewinns von Galilei

5.1.1 Astronomische Forschungen und Erkenntnisse von Galilei (Rom)

5.1.2 Galilei als Förderer der Methode der modernen Wissenschaft (Rom)

5.2 Astronomische Forschungen und methodischer Ansatz des

Erkenntnisgewinns von Kepler

5.2.1 Astronomische Forschungen von Kepler (Rgbg)

5.2.2 Methodischer Ansatz des Erkenntnisgewinns durch Kepler (Rgbg)

5.2.3 Kepler´sche Gesetze (Rgbg)

5.2.4 Anwendung der Kepler`schen Gesetze in der Satellitentechnik (Rgbg)

5.3 Galilei und Kepler, die Vertreter der neuzeitlichen naturwissen-

schaftlichen Forschung (Rgbg)

6. Einfluss der Erkenntnisse beider Astronomen auf die

kulturelle, religiöse und gesellschaftliche Entwicklung 87

6.1 Stellungnahme der Regensburger Arbeitsgruppe (Rgbg)

6.2 Vortrag von StR Ulrich Betz am 16.03.2010 zum Thema „Gesell-

schaftliche Relevanz der Forschungen von Kepler und Galilei“ (Rgbg)

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Vorwort

Die Berufliche Oberschule Regensburg und das Istituto d`Istrutione Superiore Via Asmara 28

Roma sind Partnerschulen.

Beide Schulen kamen überein, ein bilaterales Comenius Projekt im Antragszeitraum

2009/2011 zu realisieren.

Im Januar 2009 wurde auf Initiative von Italien von der UNESCO das internationale Jahr der

Astronomie eröffnet.

Es bot sich geradezu an, dass beide Schulen diese Thematik als Grundlage ihrer

Partnerschaft im Rahmen des Comenius Programms der EU auswählten.

Als herausragende europäische Persönlichkeiten stehen hier Galilei und Kepler im

Mittelpunkt. Galilei wirkte unter anderem in Rom und Kepler verstarb in Regensburg.

Als Projektthema legten die Teilnehmer folgende Formulierung fest:

„Astronomisches Jahr 2009 – Kepler und Galilei zwei bedeutende europäische

Astronommen“

Genau vor 400 Jahren, im Jahre 1609, setzte Galilei sein Teleskop zur astronomischen

Beobachtung ein und Kepler veröffentlichte sein Werk „Astronomia Nova“. 1610 beobachtete

Galilei die Monde des Jupiters.

Beide leiteten einen Paradigmenwechsel ein. Das geozentrische Weltbild wurde, wenn auch

mit erheblichen Auseinandersetzungen, in der damaligen Wissenschaft und in der religiösen

Vorstellung vom heliozentrischen Weltbild abgelöst. Es entwickelten sich die neuzeitlichen

Methoden des Erkenntnisgewinns in der modernen Naturwissenschaft, die bis heute ihre

Gültigkeit haben. Die Gesetzmäßigkeiten der Bewegung der Planeten um die Sonne, die

insbesondere Kepler entwickelte, sind Grundlage der heutigen Satellitentechnik. Vergangen-

heit und Gegenwart begegnen sich.

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Das transnationale Arbeitsteam recherchierte zu dieser Thematik während zweier Jahre

nach dem Prinzip der Arbeitsteilung in der Literatur, im Internet, in Observatorien, in Stern-

warten, bei gemeinsamen Besuchen der Wirkungsstätten von Galilei in Rom, in Florenz

sowie bei Besichtigungen der Arbeitsstätten von Kepler in Prag und beim Aufenthalt in

Regensburg, dem Sterbeort Keplers.

Bei jeweils zwei Begegnungstreffen in Rom und Regensburg wurden die Ergebnisse der

Recherchen aufeinander abgestimmt. In Form von Theatervorstellungen, jeweils in Rom und

Regensburg, wurde die Projektarbeit von den Gruppenmitgliedern den Mitschülern

vorgestellt. Die Projektarbeit wurde zu einem Projekt der gesamten Schulgemeinschaften.

Die Öffentlichkeit erfuhr durch Empfänge bei den städtischen Schulbehörden mit Anteil-

nahme der Presse von dem Projekt.

Das erstellte Kompendium wird in der Homepage der Schulen vorgestellt.

Es sei drauf hingewiesen, dass das Kompendium nicht den Anspruch einer wissen-

schaftlichen Arbeit erhebt. Es handelt sich hierbei um die Zusammenstellung der

Recherchen, um eine Schülerarbeit. Die Verfasser haben sich bemüht, die Quellen ihrer

Recherchen anzugeben. Der Leser mögen verzeihen, falls einige sachliche Fehler und

Schwächen in der Darstellung vorliegen und die Quellenangaben nicht vollständig sein

sollten.

Ein wesentlicher Punkt in der Projektarbeit war die Erkenntnis, dass bereits in der Zeit der

Renaissance ein Zusammenwirken in der Wissenschaft über die Ländergrenzen hinaus in

Europa praktiziert wurde. Diese kulturelle europäische Zusammenarbeit konnte durch diese

gemeinsame Arbeit hautnah nachempfunden werden. Das transnationale Arbeitsteam wuchs

zu einem europäischen Projektteam zusammen. Es leistete einen Beitrag zur europäischen

Integration. Es wurde erkannt, dass Europa gemeinsame kulturelle Wurzeln vorweisen kann.

Kulturelle und gesellschaftliche Unterschiede konnten durch Toleranz und gemeinsam

entwickelte Lösungsansätze ausgeglichen werden.

Die Einführung in die jeweilige nationale Sprache erleichterte die Zusammenarbeit.

Mai 2011

Das Schüler-Arbeitsteam

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1. Das heliozentrische und das geozentrische Weltbild im

Vergleich

1.1 Das geozentrische Weltbild

(griechisch γεοκεντρικό, geokentrikó, „erdzentriert“; von Γη, altgriechische Aussprache Gē,

„Erde“)

Das Geozentrische Weltbild war im griechischen Altertum, im

alten China und in der islamischen Welt die astronomische

Weltanschauung. Es beschreibt den Gedanken, dass die

damals schon kugelförmige Erde als Mittelpunkt des Univer-

sums zu betrachten ist, während alle anderen Himmelskörper

(auch die Sonne) sich in geometrischen Kreisen um diese

bewegen.

Es wurde von dem Gelehrten von Nikaia oder Aristoteles im alt-griechischen Raum gelehrt.

Jedoch der wichtigste Verfechter, der die von Hipparchos entwickelte Vorstellung der

Planeten vertrat, war der Ägypter Ptolemäus, nach dem das geozentrische Weltbild benannt

wurde. Diese Vorstellung wurde mit dem Begriff der Schwerkraft begründet, in der alles

Schwere seinem natürlichem Ort, dem Mittelpunkt der Erde, zustrebt, wobei die Planeten

aus einem „fünften Element“ bestehen sollten, das sich natürlicherweise in Kreisbahnen

bewegen muss.

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Im 4 Jahrhundert v. Chr. kritisierte Aristoteles, der altgriechische Gelehrte, die Lehre der

Pythagoräer, welche besagt: die Erde dreht sich so wie Sonne und alle anderen Himmels-

körper um das Feuer(nicht entsprechend der Sonne) . Aristoteles stand dem geozentrischen

Weltbild zustimmend gegenüber.

Eine Herausforderung für das geozentrische Weltbild war die

plötzliche scheinbar rückwärtige Bewegung der äußeren

Planeten, beispielsweise des Jupiters, gegen den Sternen-

hintergrund. Sie führt insgesamt aus der Erdperspektive zu

einer scheinbaren Schleifenbewegung des Planeten. Dieses

auch als „retrograde Bewegung“ bezeichnete Phänomen

tritt gerade dann auf, wenn der Planet der Erde am nächsten

ist. Um die astronomischen Beobachtungen mit dem

geozentrischen Weltbild in Einklang zu bringen, wurde es notwendig, einen Teil der

Himmelskörper auf ihren Bahnen weitere Kreise um diese Bahn ziehen zu lassen. Ptolemäus

konstruierte zur noch genaueren Planetenbahnvorhersage ein erweitertes System in dem die

Planetenbahnen auf Epizyklen in Epizyklen verliefen; Berechnungen innerhalb dieses

Modells waren sehr kompliziert. (Im heliozentrischen Weltbild sind Epizykeln überflüssig.)

Das geozentrische Weltbild war bis in die Renaissance der Grundsatz auf dem die

Astronomie aufbaute.

1.2 Das heliozentrische Weltbild

(ἥλιος helios, „Sonne“, κέντρον kentron, „Mittelpunkt“)

In diesem Weltbild steht die Sonne im Mittelpunkt des Universums und alle anderen Plane-

ten, sowie die Erde, drehen sich um sie und ihre eigene Achse. Später wurde beigefügt,

dass sich diese auch nicht kreisförmig sondern auf Ellipsenbahnen um die Sonne bewegen.

Das Heliozentrische Weltbild, das auch als das kopernikanische Weltbild bekannt ist, kam

erstmals 600 v. Chr. im alten Indien auf, erregte jedoch erst bei Aristarch von Samos

(3. Jahrhundert v. Chr.) der als einer der ersten ein heliozentrisches Weltbild vorgeschlagen

haben soll, aufsehen doch seine Dokumente gingen verloren. Aristarchs heliozentrisches

Modell wurde von Archimedes im „Sandrechner“ analysiert. Der Zweck dieser Arbeit war

der Nachweis, dass extrem große Zahlen (wie die Anzahl Sandkörner, die zum Füllen des

Universums nötig wären) mathematisch ausgedrückt werden können und nicht vage als

„unendlich“ bezeichnet werden müssen.

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Zu diesem Zweck nahm er das größte vorhandene Modell des Universums (das von

Aristarch), um die Menge des Sandes zu errechnen, die sogar dieses Universum füllen

würde. Er unterstrich, dass es mathematisch wenig sinnvoll sei, eine Beziehung herzustellen

zwischen der Oberfläche einer Sphäre und ihrer Mitte, sofern diese keine Größe hat.

Archimedes nahm an, dass der Abstand von Fixsternen im gleichen Verhältnis zum Durch-

messer der Erdbahn steht wie diese Bahn in Beziehung zur Größe der Erde selbst. Unter

diesen Bedingungen lässt sich zeigen, dass die stellare Parallaxe über die damaligen

Beobachtungsfähigkeiten hinausging. Doch gibt es keinen Hinweis, ob Aristarch oder Archi-

medes ausdrücklich das Problem der stellaren Parallaxe ansprachen, um festzustellen, ob

die Erde sich wirklich bewegte.

Erst in der Renaissance gewann der Heliozismus durch Nicolaus Copernicus wieder an

Bedeutung. Er entwickelte als erstes ein richtiges(jedoch immer noch fehlerhaftes) Modell

des Sonnensystems, das aber erst kurz vor seinem Tod veröffentlicht wurde. Die Christli-

chen Krichen waren mit dem nun neuen Weltbild nicht einverstanden und erklärten es für

falsch.

Tycho Brahe hatte zwei Jahrhunderte später das ptolemäische und das kopernikanische

Weltbild vereint.

Er stellte die Erde in den Mittelpunkt und die Sonne kreiste um sie, jedoch ließ er die

restlichen Planeten um die Sonne kreisen.

Weltbild von Tycho Brahe

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Erde

Sonne

Planeten

Fixsterne

Grab von Tycho Brahe (Teyn Kirche zu Prag)

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Durch Auswertung der Messdaten der Marsbahn Tycho Brahes kam Kepler mathematisch

gesehen zwingend zum Schluss, dass bei der Wahl der Sonne als Bezugpunkt die Bahnen

der Planeten um die Sonne als Ellipsen gesehen werden müssen. Er kam jetzt ohne die

komplizierten Epizykloiden der Vorgänger aus., die das geozentrische System erforderte.

Galileo Galilei unterstützte das neue System und entdeckte mit Hilfe seines Teleskops bei

der Beobachtung der Jupitermonde, dass es stimme, dass nicht alle Planeten um die Erde

kreisen.

Die Theorie mit der Sonne als zentrales Gestirn und den Ellipsenbahnen der Planeten löste

das alte System ab.

Geozentrisches Weltbild Heliozentrisches Weltbild

Die Erde ist der Mittelpunkt des Universums Die Sonne ist der Mittelpunkt unseres

Sonnensystems

Alle Planeten bewegen sich ausschließlich

um die Erde

Die Planeten bewegen sich um die Sonne

Die Planeten bewegen sich auf Kreisbahnen Die Planeten umkreisen die Sonne auf

Ellipsenbahnen

Die Himmelskörper bewegen sich mit

gleichmäßiger Geschwindigkeit

Die Geschwindigkeit der Himmelskörper ist

abhängig vom Abstand zur Sonne

Die Erde bewegt sich nicht Auch die Erde kreist um die Sonne und um

ihre eigene Achse

Einzelne Gestirne besitzen Monde, die um

die jeweiligen Gestirne kreisen

Anziehungskräfte zwischen den Planeten

sorgen dafür, dass sie ihre Bahnen nicht

verlassen

Verfasser: Nick Sendler, Ashab Yusupov, Andreas Eger Quellen: Helio- und Geozentrische Weltbild

Text: http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Geozentrisches_Weltbild.html http://de.wikipedia.org/wiki/Geozentrisches_Weltbild http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Heliozentrisches_Weltbild.html http://de.wikipedia.org/wiki/Heliozentrisches_Weltbild Kopernikus und Kepler – Zwei bedeutende Europäer verbinden Deutschland, Polen und Tschechien(Staatliche Fachoberschule Regensburg)

Bilder: http://upload.wikipedia.org/wikipedia/commons/a/a6/Tychonian_system.svg http://www.goethe.lb.bw.schule.de/faecher/physik/physik/physik-11/astronomie/_geozentr_weltbild.jpg http://tiburski.de/cybernautenshop/virtuelle_schule/dfu/Astonomie/weltbild-ptolemaeus.jpg http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bc/Geoz_wb_de.jpg Eigne Fotographien in Prag(Ludwig Zikeli)

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1.3 Kopernikus und Giordano Bruno als Wegbereiter

des heliozentrischen Weltbildes und deren Kritiker

1.3.1 Das Kopernikanische System

Im Jahre 1543 wurde das Werk „De Revolutionibus Coeles-

tium“, geschrieben und von Kopernikus, veröffentlicht.

Dieses Werk beschrieb korrekt die damalige Auffassung

vom Aufbau des Sonnensystems. Kopernikus formulierte

von neuem die Theorie des heliozentrischen Weltbildes, um

die Theorie des Ptolemäus vollständig zu ersetzen. Es ist

nun die Sonne und nicht die Erde, die das Zentrum des

Sonnensystems darstellt.

http://it.wikipedia.org/wiki/File:Nikolaus _Kopernikus.jp

Die Hypothesen von Kopernikus basierten auf astronomische Berechnungen und wahr-

scheinlich auf Erkenntnisse arabischer Studenten, die die griechischen Vorstellungen wieder

aufgenommen haben.

Um die Komplexität der notwendigen Berechnungen für Voraussagen der Positionen der

Planeten zu reduzieren, stellte er letztendlich die neue Theorie auf. Auf Grund dieser astro-

nomischen Reform kam es in der damaligen geltenden physikalischen Ordnung zu Proble-

men: die Erde als Zentrum im astronomischen und metaphysischen Sinne ist nicht mehr vor-

handen. Der Mensch wird in ein unendliches Universum versetzt, ohne Zentrum und Begren-

zung (im Gegensatz zur aristotelischen festgefügten Physik) überall den physikalischen und

mathematischen Gesetzen unterworfen.

Kopernikus begann in Wahrheit im Jahre 1506 sein Werk(s.o.) zu schreiben und beendete

es 1530. Es wurde aber allerdings bis zum Jahre seines Todes nicht veröffentlicht.

Obwohl sich durch das Werk formale Probleme mit der Kirche ergaben, hat er das Werk

Papst Paul II gewidmet. Die gedruckte Version enthielt ein Vorwort von Ossaiander, das

dieser aber nicht unterzeichnete. In dem Vorwort wurde behauptet, dass das von Kopernikus

beschriebene System nur ein einfaches mathematisches Werkzeug darstellt, dass nicht die

Realität repräsentiert. Gerade Dank des Vorworts gab die Arbeit keinen Anlass zu großen

Diskussionen im Gegensatz zu den möglichen Häresien auf diesem Gebiet in den folgenden

60 Jahren.

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1.3.2 Giordano Bruno der "hartnäckige Ketzer"

Rom, am Donnerstag, den 17, Februar 1600 in der Morgen-

dämmerung. Eine Prozession verlässt durch eine schreiende

Menschenmenge das Gefängnis „Tor di Nona“ zum „Campo

de Fiori“. Giordano Bruno, 52 Jahre alt, Philosoph, Schrift-

steller und Dominikanermönch, gekleidet in einem Armen-

sünderhemd (sanbenito) wurde von Mitbrüdern begleitet, die

eine Litanei sprachen. Eine Mundsperre hinderte ihn am

Sprechen. Diese Maßnahme wurde wegen „Sagens hässli-

cher Worte“ durch die kirchlichen Autoritäten verhängt.

Zeugen sagen, dass er entblößt mit Würde und großem Mut

den Scheiterhaufen betrat. Gefesselt an einem Pfahl ver-

weigerte er die religiöse Unterstützung. Er wurde lebend ver-

brannt. Angeblich stirbt Giordane Bruno beim Schließen der

Augen unter Erscheinung eines Kreuzes unter den Flammen.

http://it.wikipedia.org/wiki/File:Giordano_

Bruno_Campo_dei_Fiori.jp

Giordano Bruno, war der Gelehrte, durch den die unbewegliche Sphäre der Fixsterne in die

Brüche ging. Selbst Kopernikus wagte dies nicht anzurühren.

Er griff damit das ptolemäische System an, dass für die Menschen des Altertums und des

Mittelalters als perfektes System galt: ein begrenztes Universum, geschlossen, komfortabel

rückführbar auf Gott.

Für den Philosophen, aus Nola stammend, befinden sich die Sterne in keinem unbewegli-

chen Himmelsgebäude mehr. Es gibt unendlich viele Sterne, verteilt in einem unendlichen

Universum, das einem Triumph der Unvollständigkeit, Unvollkommenheit, dem Chaos

gleicht. Für Bruno ist im Universum alles bewegt, alles belebt. Das ganze Universum ist für

ihn buchstäblich mit einer göttlichen Seele erfüllt, das sich selbst genügt.

Diese Gedanken standen erheblich im Widerspruch zur Inquisition.

Vor dem Inquisitionsprozess führten ihn seine Wege zunächst nach Frankreich. Dort führten

ihn seine Thesen, die im Konflikt mit Aristoles standen, zu Auseinandersetzungen mit dem

akademischen Establishment. In Deutschland stand er der Intoleranz der Calvinisten kritisch

gegenüber und er wurde von den Lutheranern exkommuniziert.

Er war ein unbequemer Denker, für uns Internetnutzer unglaublich modern. Er war ein

Prophet des Gitternetz-Universums, in dem jeder Punkt der offenen Struktur sowohl Zentrum

sein als auch an der Peripherie liegen kann.

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„Es gibt unzählige Sonnen; unzählige Erden, die ähnlich wie unsere sieben Planeten unsere

Sonne auch ihre Sonne umkreisen. Diese Welten sind von Lebewesen bewohnt."

Diese Auffassung kann als einen verbindenden roten Faden zur Gedankenwelt des Epikurs

und dessen Zeitgenossen Metrodorus betrachtet werden: „Bedenke, nichts ist so absurd wie

der Glaube, dass die Erde die einzige bewohnte Welt im unendlichen Raum ist, so absurd

wie die Annahme, dass ein einziges Korn gesät in einem Feld auf Meilen keimt.“

Die Verhaftung

Es scheint, dass Mocenigo (venezianisches Adelsgeschlecht) mit der Lehre Brunos nicht

zufrieden war, weil er nicht wollte, dass seine Erkenntnisse durch Brunos Auffassung in den

Hintergrund treten würden. Mit Beharrlichkeit versuchte er ihn zurück zu halten, als der

Philosoph ankündigte, nach Frankfurt zu gehen. Er ließ ihn mit Gewalt mit Hilfe seiner Diener

in der Nacht zum 22. Mai 1592 auf einen Dachboden einsperren.

Am nächsten Tag schrieb Movenigo eine Beschwerde mit schweren Anschuldigungen an die

heilige Inquisition in Venedig an Giovanni Gabriele di Saluzzo.

“Am Abend des 23 Mai wurde Giordano Bruno aus dem Haus von Mocenigo geführt und in

das Gefängnis von Sant`Uffizio in San Domenico di Castello gebracht. Dieses Gefängnis,

das nicht mehr existiert, stand in der heutigen Via Garibaldi. Bruno teilte seine Zelle mit

sieben anderen Gefangenen. Es war unvermeidlich, dass viele von Ihnen mit ihm sprachen

und man sich gegenseitig anvertraute. Diese Vertrautheit wird Bruno bald zur bitteren

Erfahrung werden.“

Mit Beharrlichkeit versuchte er ihn zurück zuhalten, als der Philosoph ankündigte, nach

Frankfurt zu gehen. Er ließ ihn mit Gewalt mit Hilfe seiner Diener in der Nacht zum 22. Mai

1592 auf einem Dachboden einsperren.

Am nächsten Tag schrieb Movenigo eine Beschwerde mit schweren Anschuldigungen an die

Heilige Inquisition in Venedig an Giovan Gabriele di Saluzzo [...].

Die Anklage

Nach einer zweiten Beschwerde durch Mocenigo, der eigentlich keine neuen Beschwerden

und Vorwürfe hinzugefügt wurden, kam es zu einem Verhör vor der Leitung des Rates der

Zehn. Matteo d´Avonzo, der Buchhändler Goivani Battista Ciotti und Giacomo Brictano

berichteten am 26. Mai vom Streit mit Mocenigo.

Bruno erzählt von seinem Leben und erinnerte daran wie er als Dominikaner Mönch ordiniert

wurde, er zweimal in Neapel vor Gericht war und sein Ordenskleid abgelegt hat.

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Am 29. Mai reichte Mocenigo eine dritte Beschwerde ein. Als neues Element gab er an, dass

Bruno den Frauen sehr zugetan sei, auch wenn er noch nicht die Zahl an Frauen vorweisen

könne wie Salomo und das dies vor der Kirche eine große Sünde sei, nämlich die Sünde der

Natur zu dienen.

Am 30. Mai, in der zweiten Versammlung, beendete Bruno die Erzählung über sein Leben

mit einem Bericht über den Großteil seines Lebens, den er in der Schweiz, in England und

Deutschland verbrachte, wo er kompromittierende Details verschwieg, zum Beispiel seine

Konversion zum Calvinismus.

Nach drei Anklagen und zwei Befragungen ergaben sich folgende Hauptbeschuldigungen:

1. Kontroverse Ansichten, die im Gegensatz zur katholischen Kirche stehen

2. Ketzerische Ansichten über die Trinität, die Gottheit und Menschwerdung Christi

3. Ketzerische Ansichten über Christus

4. Ketzerische Anschauungen bezogen auf die Eucharistie und Messe

5. Glaube an die Existenz mehrerer unendlicher Welten

6. Glaube an die Seelenwanderung

7. Ausübung von Wahrsagerei und Magie

8. Unglauben an die Jungfräulichkeit Marias

9. Lüsternheit

10. Lebensführung in der Art der protestantischen Ketzer

Die Verteidigung

In der dritten Sitzung vom 2. Juni, präsentiert Bruno eine schriftliche Aufstellung seiner

Werke. So wollte er sich gegen verschiedene Anklagen der Häresie mit der Abgrenzung

seiner intellektuellen Arbeiten, auf der Basis des Rechtsgebrauches zu Fragen der christ-

lichen Glaubenshaltung, verteidigen: „Der Inhalt all dieser Bücher, allgemein gesprochen, ist

philosophischer Art und, entsprechend dem Titel dieser Bücher, verschieden, wie man ihnen

entnehmen kann: in allen habe ich immer philosophisch argumentiert sowohl entsprechend

den Prinzipien als auch dem gesunden Menschenverstand, wobei ich kein besonderes

Augenmerk darauf richtete, woran man sich gemäß dem Glauben richten muss; und ich

glaube, dass in ihnen nichts gefunden werden kann, weswegen ich angeklagt werden

könnte, öffentlich lieber die Religion anzufechten als die Philosophie zu verherrlichen,

obwohl ich möglicherweise viele begründet gottlose Dinge nach meinem Persönlichen

Gefühl dargelegt habe.“

Er stritt ab, jemals direkt gegen den katholischen Glauben doziert zu haben, allenfalls

indirekt, so wie es auch Aristoteles und Platon getan hätten, die keine Christen sind. Mit

besonderer Deutlichkeit fasste er sein eigenes Weltbild zusammen, von dem seine letzten

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Bücher handelten, De minimo, De monade, De immenso et innumerabilibus und De compo-

sitione imaginum:

„Und in diesen Büchern kann man besonders meine Absicht und meine Einstellung

erkennen, die kurz und gut darin besteht, dass ich an einem unendlichen Universum

festhalte, d.h. Ergebnis der göttlichen Macht, weil ich eine Sache der göttlichen Güte und

Macht unwürdig halte, die, obwohl sie außer dieser Welt eine andere schaffen könnte und

viele weitere unendliche, eine endliche geschaffen hat. Es ist richtig, dass ich besondere

Welten als unendlich definiert habe, Welten, die der Erde ähnlich sind, die ich, wie

Pythagoras, als Gestirn bezeichne und dem Mond, anderen Planten und anderen Sternen

ähnlich sind, die unendlich sind; und alle diese Körper sind Welten ohne Zahl und sie stellen

die allumfassende Unendlichkeit dar in einem unendlichen Raum; und das bezeichnet man

als unendliches Universum, in dem sich unzählige Welten befinden. […]“ „Außerdem siedle

ich in diesem Universum eine allumfassende Vorsehung an, aufgrund derer alles lebt,

gedeiht, sich bewegt und in Perfektion existiert; diese Vorsehung verstehe ich auf zwei

Arten, einmal auf die Art und Weise wie die Seele im Körper existiert, vollständig in allem

und in jedem Teil, und das bezeichne ich als Natur, Schatten und Spur der Göttlichkeit; zum

anderen auf die unsagbare Art und Weise, wie Gott als Wesen, Gegenwärtigkeit und Macht

in allem und über allem existiert, nicht als Teil, nicht als Seele, sondern auf unerklärliche

Weise […]“ „In Bezug auf die Merkmale des Glaubens – ohne philosophisch zu sprechen -,

um auf den individuellen Charakter in den Heiligen zu sprechen zu kommen, jene Weisheit

und jenem Abkömmling des Geistes, der von den Philosophen Intellekt genannt wird und von

den Theologen „das Wort“, das nach dem Glauben Fleisch geworden ist, habe ich nicht, um

bei den philosophischen Begriffen zu bleiben, interpretiert, sondern angezweifelt und ohne

festen Glauben betrachtet. Ich kann mich nicht erinnern, davon schriftlich oder mündlich

kund getan zu haben[…] Was den Heiligen Geist als dritte Person betrifft, habe ich nie

verstehen können, auf welche Weise man daran glauben soll; aber nach Art des Pythagoras,

die auch der des Salomon entspricht, habe ich ihn verstanden als Seele des Universums,

d.h. Beistand des Universums […]“ „Ausgehend von diesem Geist, den ich als Seele des

Universums verstanden habe, beabsichtige ich mit meiner Philosophie auszudrücken, dass

das Leben und der Geist einer jeden Sache unsterblich sind, wie auch jeder Körper. Was die

Substanz angeht, ist alles unsterblich, es gibt keinen Tod als den durch Teilung.“

Nach einer Pause wurde er erneut befragt: zur Frage der Dreieinigkeit, er bekannte deutlich,

an einen Gott zu glauben, an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, aber er gibt zu,

nicht verstanden zu haben, wie es sein kann, „dass sie für diese einen Namen erfinden

könnten. Da mir nicht scheint, dass dieser Name aus der Göttlichkeit kommt, tröste ich mich

mit den Worten des Heiligen Augustinus.“

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Page 16: Comenius 2009-2011

Auch seine Zweifel an der Wiedergeburt Christi wurden durch philosophische Schluss-

folgerungen erklärt „weil zwischen der unendlichen und der göttlichen Materie wie zwischen

der endlichen und menschlichen gibt es nicht das Verhältnis wie zwischen dem Geist und

dem Körper. Entschieden verneinte er, jemals an Wundern gezweifelt, Christus, die Apostel,

den katholischen Glauben und seine Theologen verschmäht zu haben, er bezeugte seinen

Glauben an die Notwendigkeit guter Taten um Rettung zu erlangen, an die heilige Eucha-

ristie (Wandlung) und an die Güte der Beichte und der heiligen Messe, obschon er zugab,

diese seit 16 Jahren nicht mehr gefeiert zu haben, weil er religiöse Gewohnheiten abgelegt

hatte. Er gab zu, aus Leichtsinn und in gelegentlich müßigen Reden erwogen zu haben,

lässliche Fleischessünden erwogen zu haben und gestand, aus purer Neugierde die Bücher

Melanchthons, Luthers und Calvin gelesen zu haben. Er erklärte jedoch die „oben genannten

Häretiker und ihre Doktrinen“, missachtet zu haben. „Denn sie verdienen nicht Theologen

genannt zu werden. Eher schon Wortklauber.“

Auf die Frage nach der Unsterblichkeit der Seele und ihrem möglichen Übergang auf einen

anderen Körper antwortete er zurückhaltend dass „die Seele unsterblich ist und dass die

Materie weiter existiert. Das heißt, die geistige Seele, katholisch gesprochen, nicht in jeden

Körper übergeht, sondern entweder in das Paradies, in das Fegefeuer oder in die Hölle.“ […]

Einen Tag später, am 03.Juni, gestand er, das Fasten gebrochen zu haben während er sich

an ketzerischen Orten aufhielt. Nur deshalb, damit es ihm nicht übel werde, als er nur aus

reiner Neugierde ihren Predigten lauschte, aber niemals habe er mit ihnen die heilige

Eucharistie gefeiert. Weiter gestand er, Königin Elisabeth gepriesen zu haben, indem er sie

„Göttin“ nannte. Dies tat er in seinem Buc“De la causa, principio et un“, nicht aus Gründen

der Häresie sondern aus literarischer Schmeichelei. Allerdings stritt er ab, jemals Heinrich

von Navarra gekannt zu haben und ihn auch nicht gelobt zu haben, auch nicht, um von ihm

einen Gefallen zu bekommen, so wie es bei dessen Vorgänger gewesen war. Des weiteren

leugnete er, jemals magische Künste praktiziert oder auch nur Bücher solcher Art besessen

zu haben, die er verschmähte, so gab er an. Eigentlich wollte er nur Sterndeutung studieren,

doch dafür hatte er nie die Zeit. Diesbezüglich präzisierte Bruno tags darauf dass er „in

Padua das Buch Über die Siegel der Hermeneutik von Ptolemäus und anderen

abgeschrieben (habe), „und ich weiß es nicht sicher, ob darin, außer von der Wahrsagerei

noch von anderen Dingen der Verdammnis die Rede war. Und ich habe das Buch deshalb

transkribiert, damit es mir gerichtlich nützt (?); aber ich habe es noch nicht gelesen, sondern

mir nur beschafft, weil es Albertus Magnus in seinem Buch „De Mineralibus“ erwähnt und es

da lobt, wo es sich mit De imaginibus lapidum befasst.“

16

Page 17: Comenius 2009-2011

Der Prozess schien an einen toten Punkt gekommen zu sein: die Richter wussten von der

häretischen Vergangenheit Brunos und schienen von seiner Offenheit nicht überzeugt zu

sein, aber sie hatten keine konkreten Anhaltspunkte, die ausreichten, um zu einem Urteil zu

gelangen: Am 23.Juni bezeugte der Adelige Andrea Morosini, ein venezianischer

Geschichtsforscher, der regelmäßig mit dem Philosophen Nolano (?) verkehrte, dass Bruno

niemals häretische Lehren verbreitet hätte. In der siebten und letzten Sitzung, am 30.Juli

1592 verlangte man von ihm, sein Gewissen „zu reinigen“, von dem Moment an als er vor

vielen Jahren aus der Kirche austrat, weil er dem heiligen Glauben misstraut hatte (?). Bruno

antwortete, er habe „seine Fehler sofort zugegeben“ und er sei hier „in den Händen

eueres/unseres vornehmsten Herren, um mein Seelenheil zu erlangen; ich kann nicht sagen,

wie sehr ich meine Verfehlungen bereue und auch kann ich meine Gedanken nicht so

ausdrücken, wie ich es wünsche.“

Dann kniete er nieder: „Ich bitte Gott und alle hier anwesenden vornehmen Herren um

Verzeihung für alle die von mir gestandenen Verfehlungen, ich stehe bereit um größte

Nachsicht in Ihrer Entscheidung zu bitten, eine Rettung für meine Seele zu finden, und mir

mit der Barmherzigkeit des Herrgotts und der ehrenwerten Herren hier das Leben geschenkt

wird, ich gelobe, mein Leben grundlegend zu ändern und dass ich bestrebt bin, den (…)

Skandal wieder gut zumachen.“

Der Prozess, der venezianischen Inquisition, schien gut ausgegangen zu sein, aber der römi-

sche musste erst noch beginnen.

AUTORI: Rachele Pastacaldi

FONTI: http://it.wikipedia.org/wiki/Giordano_Bruno http://it.wikipedia.org/wiki/Copernico

17

Page 18: Comenius 2009-2011

2. Galilei als Vertreter des heliozentrischen Weltbildes

2.1 Das Leben des Galilei

2.1.1 Jugend

Galileo Galilei wurde am 15. Februar 1564 als Sohn einer

verarmten Florentiner Patrizierfamilie in Pisa geboren. Sein Vater

Vincenzo Galilei war Musiker und Musiktheoretiker. Galilei wurde

als Novize im Kloster erzogen und zeigte auch Interesse, später in

der Benediktinerorden einzutreten, jedoch schickte ihn sein Vater

1580 oder 1581 zum Medizin-Studium nach Pisa. Dieses brach er

aber bald ab und ging zurück in seine Heimat, Florenz, um dort

Mathematik zu studieren. Seinen Lebensunterhalt bestritt er

während seiner Studiumszeit mit Privatunterricht.

2.1.2 Die Zeit in Pisa

Im Alter von fünfundzwanzig Jahren begann er als Mathematikprofessor in Pisa zu lehren. In

Pisa untersuchte Galilei die Pendelbewegungen, entwickelte ein (noch sehr ungenau

arbeitendes) Thermometer und beschäftigte sich mit den Fallgesetzen. Es wird auch

behauptet Galilei habe Fallversuche vom Schiefen Turm aus durchgeführt, jedoch lässt sich

dies nicht historisch belegen. Die Ergebnisse seiner Untersuchen verfasste Galilei in einem

Manuskript, dem „De motu antiquiora“. In diesem Manuskript finden sich auch Angriffe auf

Aristoteles, was seine konservativen Kollegen in Pisa verärgerte. Seine Anstellung wurde

1592 nicht verlängert.

2.1.3 Professor in Padua

Deswegen folgte Galileo Galilei einem Ruf an

die Universität von Padua. In Padua, das

damals zur reichen und liberalen Republik

Venedig gehörte, blieb Galilei achtzehn Jahre

seines Lebens. Obwohl sein Gehalt hier

deutlich besser war, gab er weiter Privatunter-

richt. 1597 schrieb er Kepler einen Brief,

indem er deutlich zu erkennen gab, dass er

das heliozentrische Weltbild, dem geozentrischen vorziehe. Während seiner Zeit in Padua

entwickelte er einen Proportionszirkel, den er auch vertrieb, baute das Fernrohr des

Holländers Jan Lippershey nach und stellte dies der venezianischen Regierung vor.

18

Page 19: Comenius 2009-2011

Cosimo de Medici

Diese erhöhte daraufhin sein Gehalt und erteilte Galilei das alleinige Recht zur Herstellung

dieses Instruments. Mit dem neuen Teleskop wurde die Astronomie reformiert. Galileo Galilei

konnte nun viel genauer den Himmel beobachten. Er entdeckte, dass die Oberfläche des

Mondes rau und uneben ist sowie bergig, nicht selbst leuchtend sondern von der Sonne

angeleuchtet wird. Er stellte außerdem fest, dass die Sterne als Scheiben zu sehen sind und

entdeckte die vier größten Monde des Jupiters, die er, vor seinem bevorstehenden Wechsel

an den Medici-Hof, „Mediceische Gestirne“ nannte. Seine Beobachtungen der Milchstraße

ergaben, dass diese nicht wie zuvor angenom-

men ein nebliger Schleier ist, sondern aus

unzähligen Sternen besteht. Seine Erkenntnis-

se über die Mondoberfläche schrieb Galilei

nieder. Sein Werk „Sidereus Nuncius“ (Sternen-

bote) war nach nur wenigen Tagen vergriffen

und machten ihn von einem auf den anderen

Tag berühmt. Galileis Vorlesungen in Padua

waren stets gut besucht und später soll er die

Zeit dort als glücklichste Zeit seines Lebens

beschrieben haben.

2.1.4 Als Hofmathematiker in Florenz

1610 berief Cosimo de Medici, der Großherzog der Toskana

und Galileis ehemaliger Schüler, Galilei zu sich nach Florenz.

Der Großherzog ernannte Galilei zum Hofmathematiker, zum

Hofphilosophen und zum ersten Mathematikprofessor in Pisa.

Als dieser hatte er keinerlei Lehrverpflichtungen. Cosimo de

Medici räumte Galilei somit jegliche Freiheiten ein, um sich

seiner Forschungen zu widmen. Bei seinem Umzug nach

Florenz trennte sich Galilei von seiner Haushälterin, mit der er

drei Kinder hatte: Virginia, Livia und Vincenzio. Seine beiden

Töchter brachte er im Kloster unter, denn sie hatten als

uneheliche Kinder kaum Aussichten auf eine standesgemäße

Hochzeit. Seinen Sohn aber nahm er mit nach Florenz. Ihn legitimierte er später. In den

nächsten Jahren machte Galilei immer mehr astronomische Entdeckungen. Unter anderem

beobachtete er, dass die Venus ähnliche Phasen wie der Mond hatte. Er begründete dies

derart, dass die Venus zeitweise jenseits der Sonne steht und zeitweise zwischen Erde und

Sonne. Die kosmologische Konsequenz daraus war, dass das ptolemäische Weltbild nicht

mehr länger haltbar war.

19

Zeichnung des Mondes von Galilei und Vergleichsfoto

Page 20: Comenius 2009-2011

Zwischen 1610 und 1611 beobachtete Galileo mit seinem Teleskop erstmalig dunkle Flecken

auf der Sonne. Er ging davon aus, dass die Sonnenflecken entstehen und wieder vergehen

und veröffentlichte diese Erkenntnis in seinem Werk „Lettere solari“, dem ersten in

Umgangssprache und nicht in Latein veröffentlichten Buch.

Galileis Ansicht nach, stützten seine Entdeckungen zwar das heliozentrische Weltbild, es

fehlten aber noch überzeugende mathematische Beweise. Alle seine Beobachtungen waren

auch mit dem Planentensystem von Tycho Brahe vereinbar, bei dem Sonne und Mond um

die Erde, die restlichen Planeten jedoch um die Sonne kreisen. Da der Inquisition fehlerhafte

Informationen über Galileis Standpunkte zugespielt wurden, entschloss sich Galilei,

persönlich nach Rom zu reisen um dort seine Standpunkte zu vertreten.

Als 1616 gegen den Kleriker Foscarini nach Veröffentlichung eines Buches, das beweisen

sollte, dass das heliozentrische Weltbild nicht der heiligen Schrift widerspricht, ein Verfahren

eingeleitet wurde, in dessen Lauf das Buch verboten wurde, entschied Galilei sich mit

Aussagen über das heliozentrische Weltbild zurückzuhalten. Dies führte zu einer Ermahnung

Galileos durch die Inquisition, obwohl dieser gar nicht aktiv an dem Verfahren beteiligt war.

1618 wurde ein alter Förderer Galileis, Kardinal Maffeo Barberini, zum Papst gewählt. Er war

fortan als Urban VIII. bekannt. Galileo Galilei widmete ihm in diesem Jahr sein Buch

„Saggiatore“, eine Polemik gegen den Jesuitenpater Orazio Grassi. Im folgenden Jahr reiste

Galileo nach Rom und wurde insgesamt sechsmal von dem neuen Papst empfangen, der ihn

dazu ermunterte, Werke über das kopernikanische System zu veröffentlichen, solange er

dieses als Hypothese behandle.

Verfasser: Nick Sendler, Andreas Eger, Ashab Yusupov Quellen: Das Leben des Galilei

Text: http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei/galileo1a.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei

http://bildung.freepage.de/fbs/de_galil.htm

http://www.weltchronik.de/bio/cethegus/g/galilei.html

http://www.dieterwunderlich.de/Galileo_Galilei.htm

Bilder: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/08/Galileo_portrait_oval.png

http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei/images/A5_Padua.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/ff/CosimoIIMedici1.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2e/Galileos_Moon.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8e/Galilei-weltsysteme_1-621x854.jpg

http://www.leifiphysik.de/web_ph10_g8/geschichte/03galilei/inquisition.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/95/GallileoTomb.jpg Eigene Fotos aus Florenz (Ludwig Zikeli)

20

Page 21: Comenius 2009-2011

2.1.5 Galileos Reisen nach Rom

1.Reise nach Rom

Galileo fuhr, als er 23 Jahre alt war, das erste Mal nach Rom. Bei dieser Gelegenheit hat er

den deutschen Astronomen und Mathematiker Clavius kennen gelernt. Beide standen im

Briefwechsel und pflegten eine intensive

Freundschaft. Clavius kritisierte die theoreti-

schen Studien von Kopernikus, die aber

Galileos wissenschaftliches Fundament dar-

stellten. Nach Clavius’ Meinung waren diese

Ansichten unvereinbar mit der heiligen Schrift.

Clavius war seit 1555 Mitglied des Ordens der

Jesuiten und lehrte im römischen Kollegium

Mathematik. Man sagte, dass Galileo dieses

Kollegium oft besuchte.

Sehr häufig fanden dort Diskussionen zwischen Galileo und den gelehrten Jesuiten statt.

Einer dieser berühmten Jesuiten war Segnati. 1551 wurde von dem Begründer des Jesuiten

Ordens, Ignazio de Loyola, das römische Kollegium errichtet.

Als Grund für die Errichtung dieses Kollegiums sah Loyola zunächst in der Notwendigkeit, für

den Klerus eine Bildungsstätte zu schaffen. Außerdem war es seiner Ansicht nach not-

wendig, neue öffentliche Bildungsstätten einzurichten, die als Brücke zwischen der elemen-

taren Grundbildung und der Universität zu betrachten wären. Der Palast Collegio Romano

war ein kleines gemietetes Gebäude mit vielen Studenten. Es war zu klein und deshalb hat

Ignazio entschieden, ein neues Gebäude zu mieten, das hinter der heutigen Tribüne der

Kirche Santa Stefano del Cacco lag und später wurde es „Casa die Frangipani“ genannt, weil

die Frau Laura Frangipani dieses Gebäude gekauft hat.

Man lehrte Theologie, Philosophie und humanistische Wissenschaft, daneben die Sprachen

Latein, Griechisch und Hebräisch. Einige berühmte Persönlichkeiten, die diese neue

Bildungsstätte besucht haben, waren Edmund Augerio und Giovanni Egnazi, der erstere aus

Frankreich und der zweite aus Florenz.

Der Sitz des Kollegiums wurde oft gewechselt, da die Zahl der Studenten stetig zunahm. Im

Jahre 1550 übersiedelte das Kollegium für vier Jahre in das Haus von Batista Salvitati.

Danach wurden viele Pläne für einen Neubau entwickelt. 1584 wurde als endgültiger Sitz der

Bildungsstätte ein Gebäude errichtet, wo sich heute der Platz „Piazza Collegio Romano“

befindet. Diese Entscheidung wurde vom Papst Gregorio XIII. Boncopagni getroffen.

21

Collegio Romano

Page 22: Comenius 2009-2011

2.Reise nach Rom

1611 war Galileo wieder in Rom, zuerst als Gast des Botschafters von Toscana Giovanni

Niccolini’s und danach des Grossherzogs von Toscana Cosimo II. in der

Villa Medici.

Im April des Jahres wurde er von Monsignor Malavisia zum Essen einge-

laden. Bei dieser Gelegenheit stellte er seine neuen Instrumente den

Mitgliedern der Akademie vor, die zunächst als „Perspicillium “und später

vom Berater Giovanni Demissiani als „telescopio“ bezeichnet wurden. Er

lud die Tischgäste ein, das Teleskop gegen den Himmel zu richten, um

die Monde des Jupiters und den Saturn zu beobachten und außerdem

die in die Kirche San Giovanni in Laterano in 3 km Entfernung

gemeißelte Inschrift von Papst Sisto V „Sixtus V. Pontifex Maximus

Anno Primo“ zu beobachten. Damit konnte er beweisen, dass man mit seinen Instrumenten

Dinge sehen konnte, die mit bloßem Auge unsichtbar waren. Der bedeutendste und

wichtigste Ort, den er besuchte, war die „Accademia dell’Lincei“.

Er wurde am 25. April 1611 Mitglied dieser Akademie und war dort Gast des Naturwissen-

schaftlers Frederico Cesi, der 1603 die Akademie begründete. Der Name der Akademie

bezog sich auf den scharfsinnigen „Luchs“ (L’Accademia Lincer’). Einige berühmte Gäste

dieser Zeit waren Faber Della Porta und Galileo. In diesem Gebäude lehrte man Botanik,

Physik und Astronomie. Nach dem Tod Cesi 1630 verlor die Institution ihre Funktion, auch

wenn einige Gelehrte wie Cassiono Dal Pozzo versucht haben, die Einrichtungen und Geräte

zu bewahren. Am 13. Mai 1611 wurde Galileo vom Kardinal Farnese zu einem Banquet zu

seinen Ehren in die Villa di caprarola Farnese eingeladen, deren Räume zum Studium der

Geographie und Astronomie benutzt wurden. Einer dieser Räume hieß „La Sala Mappo-

mond“(Globussaal), der mit Fresken von Giovanni Antonio da Varese ausgestattet war, die

die vier bekannten Kontinente und 48 Sternbilder darstellten.

3.Reise nach Rom

Am 24. Februar 1616 kam er auf Forderung des „Tribunale del Sant’ Uffizio“ nach Rom. Das

heilige Uffizio war eine Einrichtung der römischen Kirche, die im Jahre 1542 durch Paolo III.

auf Grund einer päpstlichen Bulle „Licet initio“ geschaffen wurde. Ihr Ziel war, den Glauben

zu bewahren und Irrtümer zu überprüfen. Tomaso Caccini hat den Briefwechsel zwischen

Galileo und Bendetto Castelli gelesen in dem ein Satz stand („La terra secondo sé tutta si

muove, etiam di moto diurno é sole immobile- die Erde bewegt sich in einem Tag um sich

selbst und die Sonne steht still), der mit der heiligen Schrift unvereinbar war.

22

Stemma Accademia dei

Lincei

Page 23: Comenius 2009-2011

Ein weiterer Grund für die Aufforderung war die Beschuldigung, dass Galileo Beziehungen

mit deutschen Protestanten und mit Frederico Cesi hatte. Auf Befehl des Papstes Paolo V.

wurde Galileo während eines Monats befragt und danach von Kardinal Bellarmino ermahnt,

diese „Unwahrheiten“ nicht mehr zu verteidigen und zu lehren unter Androhung der Haft bei

Unterlassung. Galileo versprach gehorsam zu sein, um einer Demütigung zu entgehen,

obwohl er inoffiziell arbeiten konnte.

4.Reise nach Rom

Kardinal Barberini wurde als Papst Urban VIII. gewählt. Galileo hoffte nun, dass die neue

Wissenschaft durch die römische Kirche unterstützt werden würde einschließlich seiner

neuen Entdeckungen. Er begann sein wichtigstes Werk „Dialogo sopra i del massimi sistemi

del mondo“ im Jahre 1630 zu beenden. Aus diesem Grunde kam er wieder nach Rom. Er

konferierte insgesamt sechsmal mit dem Papst.

5.Reise nach Rom

Bei dieser Reise hoffte er, die Erlaubnis zur Veröffentlichung seiner Werke zu bekommen.

Da die Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Vatikans sehr groß waren, ließ der Papst

zu, dass gegen Galileo nach dem Willen der Jesuiten, der Prozess eingeleitet wurde.

Am 23. Februar 1633 wurde Galileo vor das Tribunal der Inquisition geladen, dessen Sitz im

Palazzo della Minerva neben dem Pantheon und der Kirche Santa Maria Minverva war.

Vorher war seit dem 7. Jahrhundert dort ein Oratorium und später im 12. Jahrhundert hat die

Bruderschaft der Dominikaner diesen Bereich vergrößert. Diese Gebäude wurden mehrmals

verändert und am Ende bildete sich der Renaissancestil heraus. Die Kirche setzt sich aus

3 Schiffen, dem Querschriff, der Kapelle und dem Chorraum

zusammen. Eine Besonderheit ist die neben dem Chorraum

stehende Statue der Auferstehung Christi, die Michelangelo

begonnen hatte und Raffaele da Monte Lupo im Jahre 1521

beendete. Im Zentrum des Platzes steht ein 5,47m hoher Obelisk

aus rotem Granit mit kleinen von Bernini geplanten und von Ercole

Ferrata geschaffene Elefanten. Durch eine Inschrift von Papst

Alessandro VII. wird erklärt: „Man benötigt einen robusten

Verstand, um eine solide Intelligenz zu stützen.“

(Ci vuole una mente robusta per sostenere una solida intelligenza)

23

Piazza della Minerva: obelisco

Page 24: Comenius 2009-2011

Der heutige Palazzo della Minerva wurde im 15. Jahrhunder nach der Entscheidung des

Dominikaners Vincenzo Giustinani gebaut und wurde von dem Tribunal der Inquisition als

Sitz der Prozesse benutzt. Der berühmteste dieser Prozesse war der gegen Galileo.

Während des Prozesses wurde Galileo verurteilt,

abzuschwören. Die Verurteilung führte zur Isolation

in der Villa Medici als sein letzter Sitz in Rom, als

Ergebnis der Verurteilung am 26. Juni in Santa

Maria Sopra Minerva.

Die Villa Medici liegt auf dem Hügel del Pincio, wo die Lucallianischen Horti liegen.

Diesen Gärten wurden nach dem Entwurf von Lucinio Lucollo in der Zeit von 66 bis 63 vor

Christi geschaffen.

Nach Verwahrlosung dieses Geländes übernahm der Kardinal Ferdinando de Medici den

Palast und Garten und restaurierte ähnlich der Paläste mit den Gärten von Pisa und Florenz

diese Anlage.

Als im Jahre 1587 der Kardinal Grossherzog von

Toscana wurde, war die Villa Medici eine der

wichtigsten Prestigeobjekte von Rom und hatte

die Funktion einer richtigen Botschaft und

beherbergte die wichtigsten Politiker von Florenz

als Gäste. Im Jahre 1887 ließ Oreste Tomassini

als Erinnerung an Galileo eine Säule in der

Strasse Viale di Trinita’ dei Monte mit der

Inschrift: „Der letzte Palast von der Familie

Medici war Galileo Galilei’s Gefängnis“. Sein

Vorgehen war, dass die Erde sich um die Sonne

bewegt hat. (Il prossimo plazzo gia de medici fu

prigione a Galileo Galilei reo di aver veduto la

terra volgersi intorno a sole“)

Säule in der Viale di Trinita (Schülerfoto)

24

Villa Medici

Page 25: Comenius 2009-2011

Verfasser: Roberta De Notto

Quellen:

www.wikipedia.it

www.liceoqvisconti.it

http://www.lincei.it/

http://www.romasegreta.it

http://villamedici.it

http://roma.repubblica.it

„Letteratura e Scienza Nuova: Galileo Galilei: . La vita e le opere“ da „Dal testo alla storia dalla storia al testo, volume C: dal

Barocco all’illuminismo“, Guido Baldi, Vilsiva Giusso, Mario Razetti, Giuseppe Zaccaria, 1999 Paravia.

Capitolo VI „Il nome del telescopia“ da „Galileo astronomo 1603-2009“, Gabriele Vanin. Edizione di Dicembre 2008, Edizioni

DBS.

www.villediroma.comvisiteinprogramma.html

www.natura.com/.../nrm0601_475a_bx4.html

www.rome-roma.net/piazza-della-minerva.html

25

Page 26: Comenius 2009-2011

2.1.6 Das Weltbild des Galilei im Gegensatz zum Weltbild der

Katholischen Kirche

Das Besondere im Lebenslauf des Galilei war neben seiner Entdeckungen in der Physik und

Astronomie die Entwicklung der Methoden der neuen, modernen Wissenschaft, die Gesetze

der Integration von Erfahrung und Begründung, von Beobachtung und Mathematik oder wie

er sagen würde ’’die gute Erfahrung und die notwendige Demonstration“.

Als Grundlage der neuen Methode wurde die Kritik an der Autorität der Kirche gesetzt wie

auch die Kritik der Gewohnheit, sich auf die Autorität der Kirche und ihrer Tradition zu

berufen. (repräsentiert durch die heiligen Lehrbücher des Aristoteles).

Diese Kritik ist eine der Säulen der Methode Galileis, weil sie den Gegensatz der zwei

unterschiedlichen Systeme darstellt.

Das Wissen, dass sich auf das Prinzip der Autorität der Kirche bezog, bedingte ein

Bewusstsein, welches Galilei als Papierwelt kritisierte, ein weitschweifiges, rhetorisches

Buchwissen, eine abstrakte und sterile Konstruktion, die im Fokus der traditionellen Exegese

steht ohne wirklichen Bezug zur Realität.

In dieser Welt wird die Erfahrung negiert, die Beobachtung verbannt, die Reflexion verkannt

und an ihrer Stelle dominieren leere Worte sowie leerer Formalismus der syllogistischen

Logik ohne Überprüfung in der Realität. Dieses traditionelle Wissen wurde von Galilei als

Essentialismus und Finalismus beurteilt und verurteilt.

Essentialismus, weil dieses Wissen nach dem Wesen oder inneren Charakter der natürlichen

Phänomene sucht. Galilei urteilt darüber, dass dies ein Unterfangen sei, dass die Möglich-

keiten der menschlichen Erkenntnis bei Weitem überschreitet. Ein Einverständnis über

gesicherte Erkenntnisse wäre notwendig.

Finalismus, weil diese Betrachtung Teile der physikalischen Natur mehr nutzorientiert

beschreibt im Hinblick zur höheren Ehre Gottes.

26

Page 27: Comenius 2009-2011

Die Galileische Methode ist vor allem durch Konzentration auf die Beobachtung der

natürlichen Phänomene charakterisiert. Die Beobachtung ist jedoch keine bloße Sammlung

von empirischen Daten, sondern wird von Anfang an vom theoretischen Interesse bewegt.

Daher ist die Beobachtung eine grundlegende Methode für Galileo, die er harten Angriffen

seitens der unwissenschaftlichen theologischen Dogmatikern ausgesetzt sieht.

Die Beobachtung muss nach Galilei durch die Vernunft geführt werden, die durch einen

quantitativen und mathematischen Charakter geprägt ist. Manchmal können in der Tat die

Sinne täuschen, das erfordert eine notwendige Demonstration, auch eine Hypothese, die auf

die Realität basiert, diese hat die Aufgabe die theoretische Lösung der physikalischen

Probleme zu erforschen. Letztere muss aber durch eine experimentellen Überprüfung

einschließlich der damit zusammenhängenden Auswirkungen verifiziert werden.

� Die Galileiische Methode besteht aus drei Teilen: der „sinnlichen Erfahrung“, der „not-

wendigen Demonstration“ und der “Überprüfung“. Die Beobachtung allein ist nicht genug,

auch wenn sie wichtig ist. Sie muss von der Hypothese und mathematischer Deduktion

beleuchtet werden. Letztendlich profitieren beide durch den Verweis auf die Beobachtung

und beide müssen durch das Experiment getestet werden, dass die Wissenschaftler

durch Einsatz von Technologie ermöglichen. Das Teleskop, das Galilei verdienstvoller

Weise gegen den Himmel richtete, ist eine Demonstration von folgendem: Die koperni-

kanische Hypothese wurde durch diesen Test einer experimentellen Verifizierung unter-

worfen. Mit großer Originalität ist es Galilei gelungen, in einem Kreislauf von Beobach-

tung, Experiment und Theorie oder allgemein physikalische Nachforschungen mit

mathematischen Hypothesen, Sensibilität und Vernunft zu verbinden.

� Die wissenschaftliche Methode Galileis setzt eine mathematische Konzession des

Universums der Natur voraus.

Diese Konzession rechtfertigt und fundiert die Möglichkeit der menschlichen Erkenntnis

in der Prozedur der Beobachtungen und Hypothesen.

In dieser Tatsache spiegelt sich in bewundernswürdiger Weise die quantitative

mathematische Struktur der physikalischen Realität wider. Der Wissenschaftler muss die

Natur von jeder qualitativen und subjektiven Betrachtung berauben, um nur die

quantitativen und mathematischen Beziehungen zu studieren (objektive Qualität).

� Die moderne Wissenschaft beschäftigt sich nicht mehr mit den Essenzen und der

Qualität des Gegenständlichen, sondern mit deren objektiven und messbaren Eigen-

schaften und deren kausalen Beziehungen.

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Page 28: Comenius 2009-2011

� Während seiner wissenschaftlichen Forschungen zwang sich Galilei sich auch in die

Texte der Heiligen Schriften zu vertiefen. Er behauptet, dass die Bibel nur einen

ethischen und religiösen und keinen wissenschaftlichen Zweck hat. Diese will den Men-

schen nicht den Menschen zeigen wie der Himmel gemacht ist, sondern wie man in den

Himmel kommt.

Dies hat die Konsequenz, dass kein Konflikt zwischen der religiösen Wahrheit und der

wissenschaftlichen Wahrheit entstehen kann, weil es sich hier um zwei unterschiedliche

Wahrheiten handelt. In der Tat hat Gott in zwei verschiedenen Arten die sich nicht

widersprachen gesprochen:

1) mittels der Heiligen Schriften

2) mittels dem Geschehen der Schöpfung

Die Zuständigkeit für die richtige Auslegung der Heiligen Schrift obliegt der Kirche, während

die Interpretation der Struktur der Natur Aufgabe der Wissenschaft ist.

Zwischen Wissenschaft und Glauben gibt es somit keinen Konflikt, sondern eine Art Gewal-

tenteilung. Sie können als zwei verschiedene Sphären mit zwei unterschiedlichen Sprachen

verstanden werden, auch wenn sich beide auf den Plan des Schöpfers zurückführen lassen.

Die Bibel enthält die Wahrheiten des Glaubens, nicht die der Wissenschaft, denn Gott wollte

nicht verraten wie die Welt ist, sondern wie die Seele zu retten ist.

Die religiöse Wahrheit ist in der Tat in eine Hülle von Wörtern und Begriffen eingewickelt, die

die heiligen Verfasser in die Bibel während einer bestimmten historischen Epoche geschrie-

ben haben, eine Epoche, die durch eine gewisse Armut in der wissenschaftlichen Erkenntnis

charakterisiert war.

� Im Jahre 1623 schrieb Galileo „Il saggiatore“, ein Werk, dass als Manifest der neuen

Wissenschaft interpretiert werden kann. Es richtete sich gegen die Irrtümer und

Unwahrheiten des Dogmatismus.

Das Ergebnis dieser Periode ist auch das reife und bedeutende Werk – Der Dialog über

die beiden hauptsächlichen Weltsysteme, dem ptolemäischen und kopernikanischen.

Dieses Werk wurde im Jahre 1633 in der Volkssprache in Dialogform geschrieben, war der

Öffentlichkeit zugänglich und hatte das Ziel, zu siegen ohne das Zulassen von Zweifeln an

der Wahrheit der kopernikanischen Wissenschaft.

Ideatori: Alessandra Frontoni & Maura Peduto 4 C formazione.

Fonti: “Domenico Massaro: La comunicazione filosofica – 2 Il pensiero moderno –” .it.wikipedia.org/wiki/Metodo_scientifico

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Page 29: Comenius 2009-2011

Aristoteles, Ptolemäus und Kopernikus diskutieren auf dem Titelblatt Galileis Dialog

2.1.7 Galileos Dialog

Galilei arbeitete bis 1630, unterbrochen von immer wieder-

kehrenden Krankheiten, an seinem Werk „Dialogo di Galileo

Galilei sopra i due Massimi Sistemi del Mondo Tolemaico e

Copernicano (Dialog über die zwei wichtigsten Weltsysteme,

das Ptolemäische und das Kopernikanische)“. Vom Papst und

der Inquisition erhielt er unter Auflagen der Zensur eine Druck-

erlaubnis. Im Februar 1632 erschienen die ersten Exemplare

des „Dialogs“. Jedoch beging Galilei bei der Veröffentlichung

zwei Fehler: Er machte sich erstens über einen Lieblings-

gedanken des Papstes lustig, und zweitens legte er die Schluss-

rede zugunsten des Ptolemäischen Systems, die er aufgrund

einer Auflage schreiben musste, dem Dummkopf Simplicio in

den Mund. Dies verärgerte den Papst so sehr, dass er mit voller

Härte reagierte.

Verfasser: Nick Sendler, Andreas Eger, Ashab Yusupov

Quellen: Das Leben des Galilei Text: http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei/galileo1a.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei

http://bildung.freepage.de/fbs/de_galil.htm

http://www.weltchronik.de/bio/cethegus/g/galilei.html

http://www.dieterwunderlich.de/Galileo_Galilei.htm Bilder: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/08/Galileo_portrait_oval.png

http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei/images/A5_Padua.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/ff/CosimoIIMedici1.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2e/Galileos_Moon.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8e/Galilei-weltsysteme_1-621x854.jpg

http://www.leifiphysik.de/web_ph10_g8/geschichte/03galilei/inquisition.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/95/GallileoTomb.jpg Eigene Fotos aus Florenz (Ludwig Zekeli)

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Page 30: Comenius 2009-2011

2.1.8 Der Inquisitionsprozess

Zwischen 1613 und 1615 steht Galileo dem schwierigen Problem gegenüber, die heliozentri-

sche Theorie und die Hl. Schriften miteinander in Einklang zu bringen. Damit beschäftigt er

sich im ersten seiner vier Briefe an Kepler, wo er die Stichhaltigkeit und Wahrhaftigkeit dieser

Hypothese beweist, die die Sonne in den Mittelpunkt unseres astronomischen Systems stellt

(Brief an Don Benedetto Castelli 21.Dez.1613). Darin legt er seinem Schüler Castelli eine

rationale Lösung des schwierigen Problems dar, das entstanden ist durch die Unvereinbar-

keit seiner Beobachtungen mit den Hl. Schriften; aber eine derartige Lösung kann von der

Kirche nicht akzeptiert werden, da sie nur die von ihr selbst vorgeschlagenen Lektürekriterien

zulässt. Darüber hinaus verbirgt Galileo nicht, dass er dazu tendiert, aus den faktischen

Gegebenheiten der Natur sicherere Erkenntnisse zu gewinnen als aus der menschlichen

Natur, die immer verschiedenen Interpretationen ausgesetzt sind je nach dem Grad der

Intelligenz, die von Mensch zu Mensch variiert. Im Wesentlichen behauptet Galileo, dass es

korrekter ist, vom methodologischen Standpunkt aus, die Natur betreffende Dinge gemäß

den Beobachtungen und Erfahrungen und nicht gemäß der Hl. Schrift zu beobachten.

Gerade dieser Brief fällt seinen Gegnern in die Hände und belastet ihn sowie stärkt die

gegen ihn vorgebrachten Anklagen.

Am 20. Dez. 1614 erklärt der Dominikanermönch Tommaso Caccini, dass die Ideen des

Kopernikus der Hl. Schrift widersprechen und entzündet somit einen Funken, der die

Aufmerksamkeit des Hl. Stuhls erweckt. Im darauffolgenden Jahr(25 Feb.) prüft der

Ausschuss des Vatikans die Briefe, die von Caccini angezeigt wurden, In der Zwischenzeit

schickt Galileo, der über die Maßnahmen des Gerichts informiert wurde, eine Kopie seines

Briefes an Castelli dem Monsignor Dini mit der Bitte, diesen dem Pater Grimberger und dem

Kardinal Bellarmino vorzulegen.

Letzterer bestätigt, dass es keine Verurteilung geben darf, wenn das heliozentrische Weltbild

mit wissenschaftlichen Beweisen belegt werden kann, Im Gegenteil, es sei gut, die

traditionelle Interpretation der Hl. Schrift zu überdenken. Der Vatikan verurteilt Galilei, die

Hauptanklagepunkte sind:

„Es wird behauptet dass Galileo die Vorschriften überschritten hat, indem er von unseren

Hypothesen abwich und behauptete, dass die Erde sich bewege und die Sonne statisch sei.

Ebenso hat er das existierende Fließen und Zurückfließen des Meeres falsch in Verbindung

gebracht mit der Unbeweglichkeit der Sonne und der Beweglichkeit der Erde, die es nicht

gibt. Dies sind die Hauptpunkte (…) was das Buch betrifft ist folgendes als weiterer

Anklagepunkt zu betrachten: kein ordnungsgemäßer Druck, ohne Einholung der

Genehmigung für die Veröffentlichung (…).

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Viele Irrtümer und Abweichungen von unserer Hypothese im Werk selber und Behauptungen

bezüglich der Beweglichkeit der Erde und Unbeweglichkeit der Sonne; Verunglimpfung der

Schriftsteller, die gegenteiliger Meinung sind und der Hl. Kirche besser dienen.“

In den folgenden Jahren gelangt Galileo zu der Überzeugung, dass die Kirche dazu gebracht

werden könnte, die Doktrinen des Ptolemäus fallen zu lassen und im Jahr 1631 gelingt es

ihm, die Erlaubnis für den Druck seines „Dialogo sopra i due massimi sistemi“ (Dialog über

die zwei größtes Systeme) zu erhalten. Dieses Mal schafft er es nicht, eine Anklage in einem

weiteren Inquisitionsprozess gegen den „Kopernikanismus“ zu vermeiden. So beginnt 1632

die Beweiserhebung im Prozess. Gerade jetzt wird Papst Urban VIII in dieser Sache wichtig.

Der Papst, verärgert wegen des Geredes über ihn, verändert allmählich seine Einstellung zu

Galileo, da er den Eindruck hat, umgangen worden zu sein in anbetracht der Tatsache, dass

seine Anweisungen, einige Korrekturen vor dem Druck und der Veröffentlichung an dem

Werk vorzunehmen, nicht befolgt wurden. Besonders zwei Faktoren stören Urban VIII:

Der erste ist persönlicher Art und beruht auf der Tatsache, dass seine Empfehlungen nicht

befolgt wurden, die darauf abzielen, die kopernikanische Theorie als reine mathematische

Theorie darzustellen. In der Tat wird in dem hitzigen Dialog zwischen den drei

Hauptpersonen – Salviati, Simplicio und Sagredo – der Leser dahin geführt, die Heliozentri-

sche Hypothese als plausibel anzuerkennen. Der Papst ist außerdem verärgert, weil die vati-

kanischen Lästerzungen unterstellt hatten, dass Galileo ihn im Dialog mit Simplicio identifi-

ziert habe, der mit linkischer Gerissenheit die Theorie von der Erde als Mittelpunkt verteidigt.

Der zweite Faktor, der dazu beigetragen hat, die Haltung von Papst Urban VIII zu versteifen,

war politischer Art und beruhte auf den Gegensätzen, die aufgetreten waren anlässlich des

Konsistoriums am 8. März 1632, in dem Kardinal Borgia den Papst öffentlich angeklagt hatte.

Urban VIII beschließt, den Fall Galileo persönlich zu untersuchen. Deshalb befiehlt er am

23. September, nachdem er einen Bericht über den Druck des Buches gelesen hat, dem

Inquisitor von Florenz zu schreiben, damit er Galileo nach Rom zitiere.

Der Inquisitor von Florenz antwortete am 2.Oktober 1632 dem Gericht, dass der Angeklagte

bereit sei, zu erscheinen und bitte, dass das Verhör in Florenz stattfinde oder dass ihm für

die Reise nach Rom Aufschub gewährt werde, sodass man einen geachteten Mann

vorgerückten Alters, der obendrein krank war, nicht zwinge, eine Reise mitten im Winter auf

sich zu nehmen und ihn damit demütigen.

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Der Aufschub des Verhörs brachte unglücklicherweise keine Vorteile, obwohl der genannte

Großherzog unterstützt wurde von Pater Castelli und Michelangelo Buonarroti. Bei der

Versammlung am 11.November hatte der Papst angeordnet, dass Galileo sich nach Rom

begeben muss und im Falle einer Weigerung mit Gewalt gezwungen wird.

Der Inquisitor von Florenz beantragt einen Aufschub von 30 Tagen, dem er eine ärztliche

Bescheinigung beilegt, die den Schweregrad seiner gesundheitlichen Beschwerden bestätigt

und der Aufschub wird genehmigt. Am 2o. Januar 1633 unternimmt Galileo seine Reise nach

Rom und erreicht die Stadt am 13. Februar. Hier logiert er im Haus des Botschafters

Niccolini, was ihm die Gefangenschaft im Kerker des Castel Sant’ Angelo erspart, wo die

Angeklagten der Inquisition vor dem Verhör und dem Prozess gewöhnlich untergebracht

wurden. Galileo wartet zwei Monate, bevor er aufgefordert wird, vor Gericht zum ersten

Verhör am 12. April unter dem Vorsitz des Paters Vincenzo Maculano zu erscheinen.

Während des Verhörs erinnerte der Wissenschaftler daran, dass er 1616 freiwillig nach Rom

gekommen war, weil er über die Diskussionen bezüglich der Theorien des Kopernikus

informiert war und erklären wollte, dass diese Meinung nicht im Widerspruch stand zu den

Lehren der Kirche. Somit gelang es ihm, sich recht gut zu verteidigen.

Der Wissenschaftler erklärte, dass sein Dialog die Theorien des Kopernikus nicht verteidigte

indem er folgendermaßen argumentierte:

„Ich habe mit diesem Buch weder an der Meinung über die Beweglichkeit der Erde und die

Unbeweglichkeit der Sonne festgehalten noch habe ich sie verteidigt, vielmehr zeige ich in

diesem Buch das Gegenteil der obengenannten Auffassung des Kopernikus und zeige auf,

dass seine Begründungen ungültig und unhaltbar sind.“

Der Prozess war aber, wie Pater Maculano sagte, am Ende angekommen, weswegen man

einen Ausweg finden musste. Er war sich der Tatsache bewusst, dass der Papst Galileo

verurteilen wollte. Maculano setzte somit bei der Vatikanischen Kongregation die Erlaubnis

durch, dass er „mit Galileo außergewöhnlich verfahren könne, um ihm seinen Irrtum bewusst

zu machen, damit er ihn nach dieser Erkenntnis zugebe.“

Deshalb übernahm der Vorsitzende des Gerichts persönlich die Aufgabe, Galileo klar zu

machen, dass er von seinen Erklärungen, die im Widerspruch zu den kirchlichen Auffassun-

gen stehen, abweichen müsse, um neue Komplikationen zu vermeiden und zu einem

Abschluss des Prozesses zu kommen, in dem er öffentlich bekennt, sich geirrt zu haben.

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Page 33: Comenius 2009-2011

Am 10. Mai wird Galileo vor den Hl. Stuhl zitiert und der Vorsitzende teilt ihm mit, dass er

eine Frist von 8 Tagen habe, um seine Verteidigung vorzubringen. Außerdem solle er seine

Absicht kundtun, ob er sich verteidigen wolle oder nicht. Daraufhin erklärt Galileo, dass er

bewiesen hat, dass von seiner Seite her keine Umgehung der Vorschriften stattgefunden hat,

um auf betrügerische Weise den Druck seines Dialogs zu erreichen.

Er glaubte, dass die einzige Möglichkeit, den Prozess zu beenden darin bestehe, sein Werk

mit einigen Korrekturen zu versehen. Aber der Papst war anderer Meinung. Nachdem er sich

über den Fortgang des Prozesses informiert hatte, ordnete er am 16.Juni an, Galileo ein

weiteres Mal zu befragen und zu einer Kerkerstrafe wegen des Verdachts der Häresie zu

verurteilen, wenn er unter Drohung keine zufriedenstellende Antwort geben und abschwören

würde.

Das letzte Verhör fand am 21 Juni 1633 statt. Der Wissenschaftler wurde aufgefordert, unter

Eid die Wahrheit zu sagen:

F (Frage):“ Was haben Sie noch zu sagen?“

A (Antwort):“ Ich habe dem, was ich schon gesagt habe, nichts mehr hinzuzufügen.“

F:“ Seit wann behaupten Sie schon, dass die Sonne der Mittelpunkt der Welt ist und dass die

Erde es nicht ist und dass diese sich in täglichem Rhythmus bewegt?“

A:“ Schon sehr lange, d.h. bevor die Hl. Kongregation diesbezüglich Entscheidungen

getroffen har und Vorschriften festgelegt wurden, war ich neutral und hatte zwei Meinungen,

d.h. die von Ptolemäus und die von Kopernikus, über die man diskutieren konnte, da in

Wirklichkeit sowohl die eine als auch die andere wahr sein konnte;

Aber nachher wich in mir, bestärkt durch die Klugheit der Oberen, jeder Zweifel und ich hielt

die Meinung Ptolemäus, d.h. die Unbeweglichkeit der Erde und die Beweglichkeit der Sonne,

für wahr und unanfechtbar, so wie ich es heute tue.“

F:“ Aus dem Buch kann man aber schließen, dass Sie der Meinung des Kopernikus auch

nach diesem Zeitpunkt anhafteten.“

A:“ Beim Schreiben des Dialogs, der schon veröffentlicht ist, habe ich nicht behauptet, die

Meinung des Kopernikus für wahr zu halten; ich wollte nur eine allgemeine Erklärung geben

und habe deshalb die Gründe bezüglich der Natur und Astronomie dargelegt, die man

sowohl für die eine Seite als auch für die andere anführen könnte. Ich wollte dabei aber auch

deutlich machen, dass auch diese weder für die eine noch die andere Meinung einen

definitiven Beweis liefern können, und dass man deshalb, um Sicherheit zu haben,

zurückgreifen müsse auf die Entscheidung der erhabensten Doktrinen. Dies ist an sehr

vielen Stellen des Dialogs ersichtlich.

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Page 34: Comenius 2009-2011

Ich sehe also in mir selber, dass ich nach der Entscheidung der Oberen die verurteilte

Meinung weder teile noch geteilt habe.“

F:“ Ich muss nachdrücklich darauf hinweisen, dass aus dem Buch und den Gründen, die

angeführt werden bezüglich der Bewegung der Erde, zu entnehmen ist, dass Sie die

Meinung des Kopernikus vertreten oder wenigstens vertreten haben. Ich fordere Sie deshalb

auf, die Wahrheit zu sagen, ansonsten werden wir gezwungen sein, falls nötig, auf die vom

Gesetz vorgesehenen Mittel, d.h. die Folterung, zurückzugreifen.“

A:“ Ich teile die Meinung des Kopernikus nicht, noch habe ich sie geteilt, nachdem mir mit

der Vorschrift nahegelegt wurde, dass ich sie aufgeben muss; ansonsten bin ich in Ihren

Händen, tun Sie, was Ihnen gut dünkt.“

F:“ Ich muss darauf bestehen, daran zu erinnern, dass wir auf die Folter zurückgreifen

müssen, wenn Sie nicht die Wahrheit sagen.“

A:“ Ich bin hier um zu gehorchen; und ich habe diese Meinung nach der Entscheidung nicht

geteilt, wie ich schon gesagt habe.“

Das Protokoll endet mit der folgenden Anmerkung:„Da man nichts anderes erreichen konnte

zur Durchführung des Dekrets, wurde er nach Unterzeichnung an seinen Platz

zurückgeschickt.“

Wie aus dem Verhör hervorgeht waren die Richter nicht zufrieden mit den Antworten des

Wissenschaftlers, der trotz Androhung der Folter zwei Mal zu seiner Verteidigung seine

These bekräftigt hat, dass er sich die Theorie des Kopernikus nie aneignete.

Am darauffolgenden Tag nahmen an der Versammlung des Vatikan zum Erlass des Urteils

nur sieben Kardinäle von zehn teil. Die Abwesenden waren: Gaspare Borgia, Francesco

Baberini, Laudavio Zacchia. Diese nahmen an der Sitzung nicht teil, weil sie ihre Gründe

hatten, die These des Kopernikus nicht als falsch, irrig und der Hl. Schrift widersprechend zu

verurteilen und zuzustimmen, dass Galileo auferlegt wurde, feierlich abzuschwören.

Erst 377 Jahre später erkannte die Kirche den im Jahr 1633 begangenen Fehler.

AUTRICI : Wendy De Angelis, Chiara Pambianchi, Francesca Soverino

FONTI: “Dal testo alla storia Dalla storia al testo “ volume C, Paravia, Guido Baldi, 2000; Wikipedia :

http://it.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei

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Page 35: Comenius 2009-2011

2.1.9 Hausarrest

Galilei blieb nach dem Prozess zunächst unter Hausarrest in Rom. Nach Umwegen über

Siena stand er in seiner Villa in Arcetri bei Florenz bis zu seinem Tod unter Hausarrest.

Während des Hausarrestes wurden seine sozialen Kontakte stark eingeschränkt. Galilei war

es jedoch gestattet, mit seinen weniger kontroversen Forschungen fortzufahren, aber

Veröffentlichungen waren ihm verboten. Er führte regen Briefwechsel mit Freunden und

Gelehrten im In- und Ausland und durfte später sogar Besucher empfangen.

Galileo Galileis letztes Werk, die „Discorsi“ wurde über Umwege 1636 im Ausland

veröffentlicht. Die „Discorsi“ beinhaltet rein physikalische Themen. Galilei behandelt darin die

Elastizitätstheorie und Kinematik.

Galilei, der schon lange Probleme mit den Augen hatte, erblindete im Jahre 1638 vollständig.

Die Frage, ob die Ursache dafür genetische Veranlagung oder das ungeschützte Beobach-

ten des Sonnenlichts war, ist ungeklärt.

Am 8. Januar 1642 stirbt Galileo Galilei einige Woche vor seinem 78. Geburtstag. Eine

feierliche Beerdigung und ein prunkvolles Grab, wie zu erst geplant, wurde unterbunden. Die

heutige Grabstätte Galileis findet man heute in Santa Croce in Florenz.

Galeis Grab in Santa Croce in Florenz

Verfasser: Nick Sendler, Andreas Eger, Ashab Yusupov Bilder: Schülerfotos in Florenz Quellen: http://de.wikipedia.0rg/wiki/Gallileo_Galilei

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Page 36: Comenius 2009-2011

2.1.10 Rehabilitation des Galilei durch die Katholische Kirche

Galilei vor dem Heiligen Offizium

Der Prozess von Galilei, ein Anhänger der Kopernikanischen Theorie bezogen auf die

Bewegung der Himmelskörper im Gegensatz stehend zur Ptolemäischen Aristotelischen

Theorie, die von der katholischen Kirche unterstützt wurde, fing am 12. April 1633 an und

endete am 12. Juni 1633 mit der Verurteilung wegen Ketzerei und mit seiner Abschwörung

von seinem astronomischen Vorstellungen.

Den Beginn der Rehhabilitation des Wissenschaftlers durch die katholische Kirche kann man

im Jahre 1822 datieren, d.h. 180 Jahre nach seinem Tod mit der Imprimatur des Werkes

„Elementi di ottica e astronomia“ von dem Kanoniker Settele, der das Kopernikanische

System festigte und es mit dem christlichen Glauben vereinbarte. Als Demonstration dieses

Vorganges wurden alle Werke über das Kopernikanische System aus der neuen Ausgabe

des Index im Jahre 1846 entfernt. Aber trotzdem entschied Papst Johannes Paul II, dass die

Theologen und Wissenschaftler diesen historischen Vorfall vertiefen sollten, um die Fehler

aufrichtig aufzulösen. Deshalb wurde am 3. Juli 1981 eine extra wissenschaftliche

Kommission eingesetzt.

Nach 11 Jahren, d.h. 359 Jahre nach der Verurteilung, am 31.Oktpober 1992, schreibt der

Kardinal Poupard, dass die Verurteilung des Jahres 1633 falsch, war weil die Theologie und

die Kosmologie jener Zeit rückständig war, die vorherige Verurteilung jedoch gerechtfertigt

wurde, weil Galilei eine Theorie radikal und revolutionär unterstützte, ohne die

wissenschaftlichen Prüfungen vorzuweisen, die die katholische Kirche dazu veranlasste,

diese These nicht anzuerkennen.

Am 12. April 1633 erschien Galileo vor dem Heiligen Offizium und am 22. Juni 1633 endete

der Prozess mit seinem Widerruf.

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Der Prozess bringt ihm im Jahre 1633 die Drohung der

Inquisition ein, nicht nur seine Schriften auf den Index zu

setzen, sondern ihn auch als Ketzer zum Tode zu verurteilen.

Daraufhin schreibt er folgenden berühmten Widerruf:

•"Ich, Galileo, Sohn des Vinzenz Galilei aus Florenz, siebzig

Jahre alt, stand persönlich vor Gericht und ich knie vor Euch

Eminenzen, die Ihr in der ganzen Christenheit die lnquisitoren

gegen die ketzerische Verworfenheit seid. Ich habe vor mir die

heiligen Evangelien, berühre sie mit der Hand und schwöre,

dass ich immer geglaubt habe, auch jetzt glaube und mit Gottes Hilfe auch in Zukunft

glauben werde, alles was die heilige katholische und apostolische Kirche für wahr hält,

predigt und lehrt. Es war mir von diesem Heiligen Offizium von Rechts wegen die Vorschrift

auferlegt worden. dass ich völlig die falsche Meinung aufgeben müsse, dass die Sonne der

Mittelpunkt der Welt ist, dass die Erde nicht der Mittelpunkt der Welt ist und dass sie sich

bewegt. Es war mir weiter befohlen worden. dass ich diese falsche Lehre nicht vertreten

dürfe, sie nicht verteidigen dürfe und dass ich sie in keiner Weise lehren dürfe weder in Wort

noch in Schrift. Es war mir auch erklärt worden, dass jene Lehre der Heiligen Schrift zuwider

sei. Trotzdem habe ich ein Buch geschrieben und zum Druck gebracht, in dem ich jene

bereits verurteilte Lehre behandele und in dem ich mit viel Geschick Gründe zugunsten

derselben beibringe, ohne jedoch zu irgendeiner Entscheidung zu gelangen. Daher bin ich

der Ketzerei in hohem Maße verdächtig befunden worden, darin bestehend, dass ich die

Meinung vertreten und geglaubt habe, dass die Sonne Mittelpunkt der Welt und unbeweglich

ist. Wenn ich aber einen Ketzer kenne, oder jemanden der Ketzerei verdächtig weiß, so

werde ich ihn diesem Heiligen Offizium anzeigen oder ihn dem Inquisitor oder der kirchlichen

Behörde meines Aufenthaltsortes angeben. Ich möchte mich nun vor Euren Eminenzen und

vor jedem gläubigen Christen von jenem schweren Verdacht, den ich gerade näher

bezeichnete, reinigen. Daher schwöre ich mit aufrichtigem Sinn und ohne Heuchelei ab

verwünsche und verfluche jene Irrtümer und Ketzereien und darüber hinaus ganz allgemein

jeden irgendwie gearteten Irrtum, .geartete Ketzerei und Sektiererei, die der Heiligen Kirche

entgegen steht. Ich schwöre, dass ich in Zukunft weder in Wort noch in Schrift etwas

verkünden werde, das mich in einen solchen Verdacht bringen könnte.

• Ich schwöre auch, dass ich alle Bußen, die mir das Heilige Offizium auferlegt hat oder noch

auferlegen wird, genauestens beachten und erfüllen werde. Sollte ich irgendeinem meiner

Versprechen und Eide, was Gott verhüten möge, zuwiderhandeln, so unterwerfe ich mich

allen Strafen und Züchtigungen, die das kanonische Recht und andere allgemeine und

besondere einschlägige Bestimmungen gegen solche Sünder festsetzen und verkünden.

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Page 38: Comenius 2009-2011

Dass Gott mir helfe und seine heiligen Evangelien, die ich mit den Händen berühre. Ich,

Galileo Galilei, habe abgeschworen, geschworen, versprochen und mich verpflichtet, wie ich

eben näher ausführte. Zum Zeugnis der Wahrheit habe ich diese Urkunde meines

Abschwörens eigenhändig unterschrieben und sie Wort für Wort verlesen, in Rom im Kloster

der Minerva am 22. Juni 1633. Ich, Galileo Galilei, habe abgeschworen und eigenhändig

unterzeichnet."

Am 31 Oktober 1992 wurde Galilei von der Katholischen Kirche rehabilitiert.

Beim Abschluss der Vollversammlung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften

präsentierte Card. Poupard das Ergebnis der zehnjährigen interdisziplinären Forschung zum

Fall Galilei. Kardinal Poupard hat dargelegt, dass das Urteil von 1633 nicht unwiderruflich ist,

weshalb Galileo Galilei ab heute als rehabilitiert gilt.

Am Ende seines Referates nannte Card Pouoard die Richter Galileis als verantwortliche für

das Unrecht, die kopernikanische Lehre verboten und Galilei Leid zugefügt zu haben

(Poupard 1992, vgl. Segre 1997). Der Kardinal appellierte an Papst Paul II. : „(..) dieses

Unrecht muss ehrlich anerkannt werden, so wie Sie es, Heiliger Vater, gefordert haben“.

Abweichend vom Text des römischen Verfassers sei hier nicht der Beitrag des Kardinals

aufgenommen sondern der offizielle Text der Ansprache von Papst Paul II zur Rehabilitation

von Galilei:

www.kepler-gesellschaft.de/Kepler-

Foerderpreis/2006/Platz1_

Faecheruebergreifend/Ansprache

Papst Johannes Paul II.html

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Page 39: Comenius 2009-2011

„ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.

AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER

PÄPSTLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

31. Oktober 1992

Meine Herren Kardinäle, Exzellenzen, meine Damen und Herren!

1. Der Abschluß der Vollversammlung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften bietet

mir die willkommene Gelegenheit, ihre ehrenwerten Mitglieder zu treffen in Anwesenheit

meiner wichtigsten Mitarbeiter und der Chefs der diplomatischen Missionen, die beim

Heiligen Stuhl akkreditiert sind. Allen gilt mein herzlicher Gruß. Meine Gedanken richten sich

in dieser Stunde an Professor Marini-Bettólo, der aus Krankheitsgründen nicht unter uns

weilen kann; ich wünsche ihm von Herzen alles Gute für baldige Genesung und versichere

ihn meines Gebetes.

Begrüßen möchte ich ferner jene Persönlichkeiten, die zum erstenmal an eurer Akademie

teilnehmen; ich danke ihnen, dass sie zugestimmt haben, zu euren Arbeiten mit ihrem

Fachwissen beizutragen.

Ferner begrüße ich gern den hier anwesenden Professor Adi Shamir, Professor am

»Weizmann- Institut der Wissenschaften« in Rehovot (Israel), dem die Akademie die

Goldmedaille Pius’ XI. verliehen hat. Ich spreche ihm zugleich meine herzlichsten

Glückwünsche aus.

Auf zwei Themen ist heute unsere Aufmerksamkeit gerichtet. Sie sind eben fachkundig

vorgestellt worden, und ich möchte Kardinal Paul Poupard und Pater George Coyne für ihre

Darlegungen danken.

2. An erster Stelle möchte ich die Päpstliche Akademie der Wissenschaften dazu

beglückwünschen, daß sie auf ihrer Vollversammlung ein ebenso wichtiges wie aktuelles

Thema behandeln wollte: nämlich die komplexen Verhältnisse auf den Gebieten der

Mathematik, Physik, Chemie und Biologie.

Das Thema der komplexen Verhältnisse bedeutet wahrscheinlich in der Geschichte der

Naturwissenschaften einen ebenso wichtigen Abschnitt wie jener, der mit dem Namen Galilei

verbunden ist. Damals glaubte man, man müsse ein eindeutiges Ordnungsmodell vorlegen.

Die komplexen Verhältnisse weisen aber gerade darauf hin, dass wer den Reichtum der

Wirklichkeit berücksichtigen möchte, notwendig eine Vielzahl von Modellen braucht.

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Page 40: Comenius 2009-2011

Diese Feststellung wirft eine Frage auf, die Naturwissenschaftler, Philosophen und

Theologen gleichermaßen anspricht: Wie soll man die Erklärung der Welt – ausgehend von

den elementaren Seinsformen und Erscheinungen — mit der Anerkennung der Tatsache

verbinden, dass »das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile«?

Will der Wissenschaftler streng und formal die Erfahrungstatsachen beschreiben, ist er

gezwungen, auf über die strenge Wissenschaft hinausreichende Begriffe zurückzugreifen,

deren Verwendung gleichsam von der Logik seines Vorgehens gefordert ist. Natürlich muss

die Natur dieser Begriffe exakt verdeutlicht werden, denn sonst gelangt man zu

unangemessenen Grenzüberschreitungen, die die streng wissenschaftlichen Entdeckungen

mit einer Weltanschauung oder ideologischen oder philosophischen Aussagen verknüpft, die

keineswegs streng dazugehören. Hier wird erneut die Wichtigkeit der Philosophie deutlich,

die sowohl die Erscheinungen als auch ihre Deutung in Betracht zieht.

3. Denken wir zum Beispiel an die Erarbeitung neuer wissenschaftlicher Theorien, die das

Leben erklären sollen. Streng methodisch darf man sie nicht unmittelbar im einheitlichen

Rahmen der Wissenschaft deuten. Zumal wenn man jenes Leben, das der Mensch ist, und

sein Gehirn betrachtet, darf man nicht sagen, diese Theorien würden für sich allein schon ein

Ja oder Nein zur Geistseele bedeuten, oder auch, sie würden einen Beweis für die Lehre von

der Schöpfung bieten oder im Gegenteil sie überflüssig machen.

Das Bemühen um weitere Deutung ist notwendig. Und eben dies ist die Aufgabe der

Philosophie: die Suche nach dem globalen Sinn der Erfahrungen und Phänomene, die die

Wissenschaften zusammengetragen und analysiert haben.

Die heutige Kultur erfordert ein ständiges Bemühen um eine Synthese der Erkenntnisse und

eine Integration des Wissens. Gewiss verdanken wir der Spezialisierung der Forschungen

sichtbare Erfolge. Doch wenn sie nicht durch ein aufmerksames Bedenken der

verschiedenen Akzente des Wissens im Gleichgewicht gehalten wird, besteht die große

Gefahr, eine »Kultur der Bruchstücke« zu erreichen, die tatsächlich einer Leugnung echter

Kultur gleichkäme. Echte Kultur ist nämlich ohne Menschlichkeit und Weisheit nicht

vorstellbar.

4. Ähnliche Anliegen hatte ich am 10. November 1979 aus Anlass der ersten Jahrhundert-

feier seit der Geburt von Albert Einstein, als ich vor dieser gleichen Akademie den Wunsch

aussprach, »dass Theologen, Gelehrte und Historiker, vom Geist ehrlicher Zusammenarbeit

beseelt, die Überprüfung des Falles Galilei vertiefen und in aufrichtiger Anerkennung

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Page 41: Comenius 2009-2011

des Unrechts, von welcher Seite es auch immer gekommen sein mag, das Misstrauen

beseitigen, das dieses Ereignis noch immer bei vielen gegen eine fruchtbare

Zusammenarbeit von Glaube und Wissenschaft, von Kirche und Welt hervorruft« (AAS

71,1979, S. 1464–1465). Am 3. Juli 1981 wurde eine entsprechende Studienkommission

eingesetzt. Nun aber, gerade im Jahr, wo der 350. Jahrestag des Todes von Galilei

wiederkehrt, legt die Kommission nach Abschluss ihrer Arbeiten eine Reihe von

Publikationen vor. Ich möchte Kardinal Poupard meine lebhafte Wertschätzung dafür

aussprechen, dass er in der Abschlussphase die Forschungsergebnisse der Kommission

koordiniert hat. Allen Fachleuten aber, die irgendwie an den Arbeiten der vier Gruppen dieser

die Fächer übergreifenden Studien teilgenommen haben, spreche ich meine tiefe

Genugtuung und meinen lebhaften Dank aus. Die in über zehn Jahren geleistete Arbeit

entspricht einer vom Zweiten Vatikanischen Konzil erlassenen Weisung und lässt die

verschiedenen wichtigen Punkte der Frage besser hervortreten. In Zukunft wird man die

Ergebnisse der Kommission berücksichtigen müssen.

Vielleicht wird man sich darüber wundern, dass ich am Ende einer Studienwoche der

Akademie zum Thema der Komplexität der verschiedenen Wissenschaften auf den Fall

Galilei zurückkomme. Ist dieser Fall denn nicht längst abgeschlossen, und sind die

begangenen Irrtümer nicht längst anerkannt?

Gewiss stimmt das. Doch die diesem Fall zugrundeliegenden Probleme betreffen sowohl die

Natur der Wissenschaft wie die der Glaubensbotschaft. Es ist daher nicht auszuschließen,

dass wir uns eines Tages vor einer analogen Situation befinden, die von beiden Teilen ein

waches Bewusstsein vom eigenen Zuständigkeitsbereich und seinen Grenzen erfordern

wird. Das Thema der Komplexität könnte dann einen Hinweis liefern.

5. Bei der Auseinandersetzung, in deren Mittelpunkt Galilei stand, ging es um eine doppelte

Frage. Die erste betrifft das Verstehen und die Hermeneutik der Bibel. Hier sind zwei Punkte

zu betonen. Vor allem unterscheidet Galilei wie der Großteil seiner Gegner nicht zwischen

dem wissenschaftlichen Zugang zu den Naturerscheinungen und der philosophischen

Reflexion über die Natur, die sie im allgemeinen erfordern. Daher lehnte er den ihm

nahegelegten Hinweis ab, das kopernikanische System bis zu seiner durch unwiderlegliche

Beweise erwiesenen Geltung als Hypothese vorzutragen. Das war im übrigen eine

Forderung seiner experimentellen Methode, die er genial eingeführt hatte. Ferner war die

geozentrische Darstellung der Welt in der Kultur der Zeit allgemein als vollkommen der Lehre

der Bibel entsprechend anerkannt, in der einige Aussagen, wenn man sie wörtlich nahm, den

Geozentrismus zu bestätigen schienen.

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Page 42: Comenius 2009-2011

Das Problem, welches sich die Theologen der Zeit stellten, war also die Übereinstimmung

des Heliozentrismus mit der Heiligen Schrift. So zwang die neue Wissenschaft mit ihren

Methoden und der Freiheit der Forschung, die sie voraussetzte, die Theologen, sich nach

ihren Kriterien für die Deutung der Bibel zu fragen. Dem Großteil gelang dies nicht.

Merkwürdigerweise zeigte sich Galilei als aufrichtig Glaubender in diesem Punkte

weitsichtiger als seine theologischen Gegner. Er schreibt an Benedetto Castelli: »Wenn

schon die Schrift nicht irren kann, so können doch einige ihrer Erklärer und Deuter in

verschiedener Form irren« (Brief vom 21. Dezember 1613, in der »Edizione nazionale delle

Opere di Galileo Galilei«, hrsg. von A. FAVARO, Neuausgabe 1968, Band V, S. 282). (Im

weiteren zitiert als: Werk. Bekannt ist ferner sein Brief an Christina von Lorena, 1615, der

einem kleinen Traktat zur Hermeneutik der Bibel gleichkommt, ebd., S. 307–348).

6. Schon hier können wir eine Schlussfolgerung ziehen. Wenn eine neue Form des Studiums

der Naturerscheinungen auftaucht, wird eine Klärung des Ganzen der Disziplinen des

Wissens nötig. Sie nötigt sie zur besseren Abgrenzung ihres eigenen Bereiches, ihrer

Zugangsweise und ihrer Methoden, wie auch der genauen Tragweite ihrer Schluß-

folgerungen. Mit anderen Worten, dieses Neue verpflichtet jede Disziplin, sich genauer ihrer

eigenen Natur bewusst zu werden.

Die vom kopernikanischen System hervorgerufene Umwälzung machte also eine Reflexion

darüber notwendig, wie die biblischen Wissenschaften zu verstehen sind, ein Bemühen, das

später überreiche Früchte für die modernen exegetischen Arbeiten bringen sollte, die ferner

in der Konzilskonstitution Dei Verbum eine Bestätigung und neuen Impuls erhalten haben.

7. Die Krise, die ich eben angedeutet habe, ist nicht der einzige Faktor, der auf die Deutung

der Bibel Auswirkungen gehabt hat. Wir berühren hier den zweiten, nämlich pastoralen

Aspekt des Problems. Kraft der ihr eigenen Sendung hat die Kirche die Pflicht, auf die

pastoralen Auswirkungen ihrer Predigt zu achten.

Vor allem muss klar sein: Diese Predigt muss der Wahrheit entsprechen. Zugleich muss man

es verstehen, eine neue wissenschaftliche Tatsache zu berücksichtigen, wenn sie der

Wahrheit des Glaubens zu widersprechen scheint.

Das pastorale Urteil angesichts der Theorie des Kopernikus war in dem Maße schwierig zu

formulieren, wie der Geozentrismus scheinbar selbst zur Lehre der Heiligen Schrift gehörte.

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Page 43: Comenius 2009-2011

Es wäre nötig gewesen, gleichzeitig Denkgewohnheiten zu überwinden und eine neue

Pädagogik zu entwickeln, die dem Volk Gottes weiterhelfen konnte. Sagen wir es allgemein:

Der Hirte muss wirklich kühn sein und sowohl eine unsichere Haltung, aber auch ein

voreiliges Urteil vermeiden, da das eine wie das andere großen Schaden hervorrufen könnte.

8. Hier können wir an eine analoge Krise zu der erinnern, von der wir sprechen. Im

vergangenen Jahrhundert und zu Beginn des unseren hat der Fortschritt der historischen

Wissenschaften neue Kenntnisse über die Bibel und ihr Umfeld möglich gemacht. Der

rationalistische Kontext aber, in dem die Ergebnisse meist dargestellt wurden, konnte sie für

den christlichen Glauben schädlich erscheinen lassen. So dachten manche, die den Glauben

verteidigen wollten, man müsse ernsthaft begründete historische Schlussfolgerungen

abweisen. Das war aber eine voreilige und unglückliche Entscheidung. Das Werk eines

Pioniers wie P. Lagrange verstand die notwendigen Unterscheidungen aufgrund sicherer

Kriterien anzubieten.

Hier wäre das zu wiederholen, was ich oben gesagt habe. Es ist eine Pflicht der Theologen,

sich regelmäßig über die wissenschaftlichen Ergebnisse zu informieren, um eventuell zu

prüfen, ob sie diese in ihrer Reflexion berücksichtigen oder ihre Lehre anders formulieren

müssen.

9. Wenn die heutige Kultur von einer Tendenz der Wissenschaftsgläubigkeit gekennzeichnet

ist, war der kulturelle Horizont der Zeit des Galilei einheitlich und von einer besonderen

philosophischen Bildung geprägt. Dieser einheitliche Charakter einer Kultur, der an sich auch

heute positiv und wünschenswert wäre, war einer der Gründe für die Verurteilung des Galilei.

Die Mehrheit der Theologen vermochte nicht formell zwischen der Heiligen Schrift und ihrer

Deutung zu unterscheiden, und das ließ sie eine Frage der wissenschaftlichen Forschung

unberechtigterweise auf die Ebene der Glaubenslehre übertragen.

Wie Kardinal Poupard dargelegt hat, war Robert Bellarmin, der die wirkliche Tragweite der

Auseinandersetzung erkannt hatte, seinerseits der Auffassung, daß man angesichts

eventueller wissenschaftlicher Beweise für das Kreisen der Erde um die Sonne »bei der

Erklärung der Schriftstellen, die gegen (eine Bewegung der Erde) zu sprechen scheinen«,

sehr vorsichtig sein und »vielmehr sagen müsse, wir möchten das, was bewiesen wird, nicht

als falsch hinstellen« (Brief an R.A. Foscarini, 12. April 1615, vgl. zit. Werk, Band XII, S.

172).

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Page 44: Comenius 2009-2011

Vor ihm hatte die gleiche Weisheit schon den heiligen Augustinus schreiben lassen: »Wenn

jemand die Autorität der Heiligen Schriften gegen einen klaren und sicheren Beweis

ausspielen würde, fehlt ihm das Verständnis, und er stellt der Wahrheit nicht den echten Sinn

der Schriften entgegen, er hat diesen vielmehr nicht gründlich genug erfasst und durch sein

eigenes Denken ersetzt, also nicht das, was er in den Schriften, sondern das, was er bei sich

selber gefunden hat, dargelegt, als ob dies in den Schriften stände« (Brief 143, Nr. 7; PL 33,

col. 588). Vor einem Jahrhundert hat Papst Leo XIII. diesen Gedanken in seiner Enzyklika

Providentissimus Deus aufgegriffen: »Da eine Wahrheit unmöglich einer anderen Wahrheit

widersprechen kann, darf man sicher sein, dass ein Irrtum in der Deutung der heiligen Worte

oder bei einem anderen Diskussionsgegenstand nur behauptet wurde« (Leonis XIII Pont.

Max., Acta, vol. XIII, 1894, S. 361).

Kardinal Poupard hat uns ebenfalls dargelegt, daß das Urteil von 1633 nicht unwiderruflich

war und die weitergehende Auseinandersetzung erst 1820, und zwar mit dem Imprimatur für

das Werk des Kanonikus Settele, geendet hat (vgl. Päpstliche Akademie der

Wissenschaften, Copernico, Galilei e la Chiesa, Fine della controversia [1820]. Die Akten

des Heiligen Offiziums wurden von W. Brandmüller und E.J. Greipl, Florenz, Olschki, 1992

herausgegeben).

10. Ausgehend vom Zeitalter der Aufklärung bis in unsere Tage, hat der Fall Galilei eine Art

Mythos gebildet, in dem das dargelegte Bild der Ereignisse von der Wirklichkeit weit entfernt

war. In dieser Perspektive war dann der Fall Galilei zum Symbol für die angebliche

Ablehnung des wissenschaftlichen Fortschritts durch die Kirche oder des dogmatischen

»Obskurantentums« gegen die freie Erforschung der Wahrheit geworden. Dieser Mythos hat

in der Kultur eine erhebliche Rolle gespielt und dazu beigetragen, zahlreiche Männer der

Wissenschaft in gutem Glauben denken zu lassen, der Geist der Wissenschaft und ihre Ethik

der Forschung auf der einen Seite sei mit dem christlichen Glauben auf der anderen Seite

unvereinbar. Ein tragisches gegenseitiges Unverständnis wurde als Folge eines

grundsätzlichen Gegensatzes von Wissen und Glauben hingestellt. Die durch die jüngeren

historischen Forschungen erbrachten Klärungen gestatten uns nun die Feststellung, dass

dieses schmerzliche Missverständnis inzwischen der Vergangenheit angehört.

11. Der Fall Galilei kann uns eine bleibend aktuelle Lehre sein für ähnliche Situationen, die

sich heute bieten und in Zukunft ergeben können. Zur Zeit des Galilei war eine Welt ohne

physisch absoluten Bezugspunkt unvorstellbar.

44

Page 45: Comenius 2009-2011

Und da der damals bekannte Kosmos sozusagen auf das Sonnensystem beschränkt war,

konnte man diesen Bezugspunkt nicht entweder auf die Erde oder auf die Sonne verlegen.

Heute hat keiner dieser beiden Bezugspunkte nach Einstein und angesichts der heutigen

Kenntnis des Kosmos mehr die Bedeutung von damals.

Diese Feststellung betrifft natürlich nicht die Stellungnahme des Galilei in der Auseinander-

setzung; sie kann uns aber darauf hinweisen, dass es jenseits zweier einseitiger und

gegensätzlicher Ansichten eine umfassendere Sicht gibt, die beide Ansichten einschließt und

überwindet.

12. Eine weitere Lehre ist die Tatsache, dass die verschiedenen Wissenschaftszweige

unterschiedlicher Methoden bedürfen.

Galilei, der praktisch die experimentelle Methode erfunden hat, hat, dank seiner genialen

Vorstellungskraft als Physiker und auf verschiedene Gründe gestützt, verstanden, dass nur

die Sonne als Zentrum der Welt, wie sie damals bekannt war, also als Planetensystem,

infrage kam.

Der Irrtum der Theologen von damals bestand dagegen am Festhalten an der Zentralstellung

der Erde in der Vorstellung, unsere Kenntnis der Strukturen der physischen Welt wäre

irgendwie vom Wortsinn der Heiligen Schrift gefordert. Doch wir müssen uns hier an das

berühmte Wort erinnern, das dem Baronius zugeschrieben wird: »Der Heilige Geist wollte

uns zeigen, wie wir in den Himmel kommen, nicht wie der Himmel im einzelnen aussieht.«

Tatsächlich beschäftigt sich die Bibel nicht mit den Einzelheiten der physischen Welt, deren

Kenntnis der Erfahrung und dem Nachdenken des Menschen anvertraut wird. Es gibt also

zwei Bereiche des Wissens. Der eine hat seine Quelle in der Offenbarung, der andere aber

kann von der Vernunft mit ihren eigenen Kräften entdeckt werden. Zum letzteren Bereich

gehören die experimentellen Wissenschaften und die Philosophie. Die Unterscheidung der

beiden Wissensbereiche darf aber nicht als Gegensatz verstanden werden. Beide Bereiche

sind vielmehr einander durchaus nicht fremd, sie besitzen vielmehr Begegnungspunkte.

Dabei gestattet die Methode eines jeden Bereiches, unterschiedliche Aspekte der

Wirklichkeit herauszustellen.

13. Eure Akademie führt ihre Arbeiten in dieser Geisteshaltung weiter. Ihre Hauptaufgabe

besteht darin, die Entwicklung des Wissens gemäß der berechtigten Autonomie der

Wissenschaft zu fördern (Gaudium et spes, 36,2), die der Apostolische Stuhl in den Statuten

eurer Institution ausdrücklich anerkennt.

45

Page 46: Comenius 2009-2011

Worauf es bei einer wissenschaftlichen oder philosophischen Theorie ankommt, ist ihre

Wahrheit, oder sie muss wenigstens solide begründet sein. Zielsetzung eurer Akademie ist

es aber gerade, beim derzeitigen Stand der Wissenschaft und auf ihrem eigenen Gebiet das

herauszustellen und zur Kenntnis zu bringen, was als gesicherte Wahrheit oder wenigstens

als derart wahrscheinlich gelten kann, dass es unklug und unvernünftig wäre, es

zurückzuweisen. So lassen sich unnütze Konflikte vermeiden.

Die Ernsthaftigkeit der wissenschaftlichen Information wird daher der beste Beitrag sein, den

die Akademie zur exakten Formulierung und Lösung der dringenden Probleme leisten kann,

die die Kirche kraft ihrer besonderen Sendung beachten muss: Probleme, die nicht nur die

Astronomie, die Physik und Mathematik betreffen, sondern ebenso die relativ neuen

Disziplinen der Biologie und der Biogenetik. Viele neuen wissenschaftlichen Entdeckungen

und ihre möglichen Anwendungen haben mehr denn je eine direkte Auswirkung auf den

Menschen selber, auf sein Denken und Handeln, so dass sie sogar die Grundlagen des

Menschlichen selber zu bedrohen scheinen.

14. Für die Menschheit gibt es eine doppelte Form der Entwicklung. Die erste umfasst die

Kultur, die wissenschaftliche Forschung und Technik oder alles das, was zum Horizont des

Menschen und der Schöpfung gehört und sich mit eindrucksvoller Schnelligkeit entwickelt.

Wenn diese Entwicklung aber dem Menschen nicht rein äußerlich bleiben soll, muss

notwendig das Bewusstsein und seine Anwendung entwickelt werden. Die zweite Weise der

Entwicklung betrifft alles Tiefere im Menschen, insofern er, die Welt und sich selbst

überschreitend, sich dem zuwendet, der der Schöpfer von allem ist.

Nur dieser Weg nach oben kann am Ende dem Sein und Tun des Menschen einen Sinn

geben, weil er ihn mit seinem Ursprung und Ziel in Verbindung bringt. Auf diesem doppelten

horizontalen und vertikalen Weg verwirklicht sich der Mensch voll als geistiges Wesen und

homo sapiens. Zu bedenken ist freilich, dass diese Entwicklung nicht einförmig und

geradlinig erfolgt und der Fortschritt nicht immer harmonisch bleibt. Dies macht die

Unordnung deutlich, die zur Situation des Menschen gehört. Der Wissenschaftler, der diese

Entwicklung zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt, trägt zur Wiederherstellung der

Harmonie bei.

Wer sich der wissenschaftlichen und technischen Forschung widmet, nimmt als

Voraussetzung seines Weges an, dass die Welt kein Chaos, sondern ein Kosmos ist, dass

es also innerhalb der Naturgesetze eine Ordnung gibt, die sich erkennen und denken lässt

und die deshalb eine gewisse Verwandtschaft zum Geist aufweist. Einstein pflegte zu sagen:

»Was es in der Welt an ewig Unverständlichem gibt, setzt voraus, dass es verständlich ist«

46

Page 47: Comenius 2009-2011

(In »The Journal of the Franklin Institute«, Band 221, Nr. 3, März 1936). Diese Verständ-

lichkeit, die von den atemberaubenden Entdeckungen der Wissenschaft und Technik

bestätigt wird, verweist am Ende auf den transzendenten und ursprünglichen Gedanken, der

allem Sein eingeprägt ist.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss dieser Begegnung spreche ich meine besten

Wünsche aus, dass Ihre Forschungen und Überlegungen dazu beitragen, unseren Zeit-

genossen nützliche Hinweise für den Aufbau einer harmonischen Gesellschaft zu geben in

einer Welt, die das Menschliche mehr achtet. Ich danke Ihnen für die Dienste, die Sie dem

Heiligen Stuhl leisten, und ich bitte Gott, er möge Sie mit seinen Gaben erfüllen.

Verfasser (bis auf die obengenannte Einschränkung): Angelica Degollar

FontiFontiFontiFonti: http://it.wikipedia.org/wiki/Processo_a_Galileo_Galilei

Original französisch in: L'Osservatore Romano, 1.11.1992;

deutsche Fassung entnommen aus: deutscher L'Osservatore Romano, 13.11.1992, S. 9-1

„ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.

AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER

PÄPSTLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

31. Oktober 1992

47

Page 48: Comenius 2009-2011

3. Kepler und das heliozentrische Weltbild 3.1 Das Leben des Johannes Keplers

Johannes Kepler wurde 1571 in der Nähe von Weil (Württemberg)

geboren. Er war ein deutscher Astronom und Philosoph. Seine Familie

zog 1575 nach Leonberg, in eine Stadt ein wenig nördlich von Weil. Die

Familie Kepler war protestantisch und stammte aus einem gut situierten

Geschlecht. Obwohl die Familie aus noblem Hause stammte, war der

Vater lediglich ein Kaufmann für Schneiderbedarf. Seine Mutter Katharina

war ein Waisenkind, wurde von ihrer Tante großgezogen und später als Hexe angeklagt.

Sein Interesse für Astronomie wurde durch seine Mutter geweckt, die ihm den Kometen im

Jahre 1577 und die Sonnenfinsternis 1580 erläuterte. Vor seinem Studium führte Johannes

Kepler mit zwölf Jahren kleinere Arbeiten im kleinen Seminar von Adelsberg aus. Seine

Arbeit und seine Intelligenz ermöglichte ihm ein Stipendium des Herzogs von Württemberg,

um sein Studium an der Universität in Tübingen 1589 fortführen zu können. Diese Universität

wurde gegründet, um die zukünftige protestantische Elite auszubilden. Dort lehrte man

Theologie, Latein, Musik, Mathematik und ergänzend Geometrie und Astronomie.

In Tübingen schulte ihn einerseits ein Philosophie Professor nach der Lehre des Platons und

Pythagoras und andererseits stellte ihm sein Mathematik und Astronomie Professor Michael

Maestlin verbotener Weise privat die Theorie des heliozentrischen Weltbildes von

Kopernikus vor. Diese Doktrin überzeugte Kepler. Leider wurde Kopernikus

verfolgt, obwohl er von dem heliozentrischen Weltbild überzeugt war. Anfangs war

Kepler für eine kirchliche Karriere vorgesehen. Jedoch 1594 fragte die protestantische

Schule in Graz bei der Universität in Tübingen nach einem Mathematiklehrer an. So wurde

Kepler Mathematikdozent in Graz. In dieser Epoche war Graz eine sehr tolerante Stadt in

welcher ohne Schwierigkeiten die protestantische Schule neben der katholischen Universität

bestehen konnte.

Später konvertierte Kepler zum Calvinismus und trennte sich von den Lutheranern. Dieser

Glaubenswandel führte später persönlich zu Schwierigkeiten mit den religiösen Autoritäten

und dies führte zu seiner Exkommunikation seitens der Lutheraner. Er veröffentlichte

regelmäßig ein Almanach und astrologische Horoskope, die sich später als wahr

herausstellten. Dieser Sachverhalt konsolidierte seine Reputation.

Im Jahre 1597 heiratete er Barbara Mühleck, mit der er zwei Kinder Hatte. Seine

Frau starb 1611.

48

Page 49: Comenius 2009-2011

Noch im gleichen Jahr publiziert er sein Werk Mysterium

Cosmographicum, in dem er eine erste Beschreibung der

Ordnung des Universums wagt. Diese ist signifikant, da sie

die erste komplette und überzeugende Fassung der

geometrischen Vorteile der kopernikanischen Theorie

darstellt. Zwei Jahre nach der Publikation des Buches im

Jahre 1599, bietet Tycho Brahe Kepler eine Stelle als

Assistent an, die er 1600 antrat und er zog in diesem Jahr

nach Prag um. Dieses Angebot kam ihm sehr entgegen, da

er im gleichen Jahr aus der Steiermark als Protestant

ausgewiesen wurde.

Keplermuseum Regensburg (Schülerfoto)

Prager Burg- Hof Rudolfs II(Schülerfoto)

Wohnhaus von Kepler in Prag (Schülerfoto)

49

Page 50: Comenius 2009-2011

Die Zeit, die Johannes Kepler mit Tycho Brahe arbeitete, war

nur von kurzer Dauer, da die Beziehung auf wissen-

schaftlichem Gebiet der beiden sehr angespannt war. Unter

anderem glaubte Brahe nicht an das heliozentrische Weltbild

von Kopernikus und Kepler lehnte das von Tycho Brahe

entwickelte hybridische System des Weltalls ab.

Denkmal von Tycho Brahe und Kepler in Prag (Schülerfoto)

Kepler erhielt die Aufgabe, die von Tycho Brahe erfassten Daten der Marsbahn auszu-

werten. Zunächst glaubte er diese Aufgabe in acht Tagen zu bewältigen, letztendlich

benötigte er dafür acht Jahre.

Als Brahe 1601 starb, wird Kepler sein Nachfolger als kaiserlicher Mathematiker und

Astronom im Dienste Rudolph II. Keplers Himmelsbeobachtung wurde durch seine Kurz-

sichtigkeit eingeschränkt, außerdem war er von schlechter Gesundheit. Nach und nach

gelang es ihm, die Parameter der Marsbahn herauszufinden. Er verkündete die ersten zwei

Gesetze der planetarischen Bewegung. Die ersten zwei Gesetze werden in seinem Werk

Astronomia nova seu de motu stellae Martins, 1609 in Prag

veröffentlicht.

Tycho bat Kepler kurz vor seinem Tod sein System, in dem

sich die Sonne um die Erde dreht und die Planeten sich um

die Sonne bewegen, zu verteidigen. Kepler hielt das Ver-

sprechen gleichzeitig wissend, dass dieses System sich nur

wenig von dem Kopernikanischen unterschied.

1612 nach dem Tod des Kaisers Rudolph II. siedelte Kepler

nach Linz um, wo er bis 1626 Mathematik lehrte.

1611 veröffentlichte er das Werk Dioptrica in dem er den

Sehvorgang und die Brechung des Lichts in der Atmosphäre

beschrieb.

http://www.planetarium-goettingen.de /Presse/Bilder/Astronomia_Nova.jpg

50

Page 51: Comenius 2009-2011

1619 publizierte er das Werk Harmonices Mundi

in welchem er unter anderem sein drittes Gesetz

erläuterte. Darüber hinaus stellte er diese

Planetenbewegungsgesetze in Beziehung zur

Harmonie der Klänge in der Musik.

Mehr oder weniger in der gleichen Zeit fasste er

während drei Jahren in Epitome Astronomiae

Copernicanae alle seine Erforschungen

zusammen, die einen erheblichen Einfluss auf

die Astronomen dieser Zeit ausübten.

Schülerfoto Keplermuseum Regensburg

1625 veröffentlichte er seine letzte Arbeit

Tabulae Rudolphinae die auf den wissen-

schaftlichen Daten von Brahe basierte.

Ein Jahr später war er, auf Grund der Verfol-

gung der Protestanten gezwungen, Österreich

zu verlassen. Er zog erst nach Ulm, dann nach

Sagan (Polen) zum Herzog von Wallenstein.

Dort langweilte er sich schon nach kurzer Zeit.

Schülerfoto Keplermuseum Regensburg

Auf der Suche nach einem interessanteren

Wohnort starb er auf seiner Reise in

Regensburg am 15. November 1630.

Sterbehaus von Kepler (Schülerfoto in Regensburg)

51

Page 52: Comenius 2009-2011

Sterbezimmer von Kepler in Regensburg

Keplermuseum in Regensburg (Schülerfoto)

Kepler Denkmal in Regensburg

an seiner Begräbnisstätte. Das

Grab wurde eingeebnet (Schülerfoto)

Keplers letztes Werk war für den Mathematiker und Wissenschaftler Isaac Newton von

Nutzen, da es die Basis für die Formulierung des allgemeinen Gravitationsgesetzes war.

Daneben leistete Kepler ein Beitrag zur Optik mit seinem Buch Dioptrice.

Letztendlich entwickelte er ein System der Infinitesimalmathematik.

Verfasser: Giulia Lucatelli, Davide Forestiere

FONTI: http://www.ips.it/scuola/concorso/keplero/KEPLERO.html http://www.lafrusta.net/pro_keplero.html http://www.ildiogene.it/EncyPages/Ency=Keplero.html http://www.vialattea.net/pagine/astro1/keplero.html http://it.wikipedia.org/wiki/Keplero

52

Page 53: Comenius 2009-2011

3.2. Kepler als kaiserlicher Mathematiker im Gegensatz zum Luthertum und zur Katholischen Kirche

3.2.1 Kepler im Gegensatz zum Luthertum

Luther hat die Lehre von der persönlichen Vereinigung der beiden Naturen von Brot und

Wein beim Abendmahl vertreten. Er kam zu dem Ergebnis, dass ein Leib auf dreierlei Weise

gegenwärtig sein kann: Gegenständlich wie Dinge, ungegenständlich wie Engel und Geister

und übernatürlich, wie allein Gott gegenwärtig ist. Auf die zweite und erst recht auf die dritte

Weise könne auch der Leib Christi im Abendmahl gegenwärtig sein. Konnte Kepler der

lutherischen Abendmahlslehre in ihrer letzten konfessionellen Zuspitzung nicht folgen und

stimmte er hier eher der calvinistischen Lehre bei, so vermochte er doch auch die

calvinistische Prädestinationslehre nicht nachzuvollziehen. Er hielt sie für unmenschlich. Ein

Gottesbild eines teils als rettenden, anderen teils verdammenden Gott konnte er nicht teilen.

Das von Kepler unterstützte und von ihm weiter entwickelte Weltbild fand bei Luther keine

Zustimmung. Martin Luther sagte einmal:„ Es ist die Rede von einem neuen Astrologen, der

beweisen möchte, dass die Erde sich anstelle des Himmels, der Sonne und des Mondes

bewegt, als ob jemand in einem fahrenden Wagen oder Schiff denken könnte, dass er

stehen bleibt, während die Erde und die Bäume sich bewegen. Aber das ist wie die Sachen

zu Hause sind: Wenn ein Mann gescheit sein möchte, muss er etwas Besonderes empfinden

und die Weise wie er etwas tut, muss die beste sein. Dieser Dummkopf möchte die gesamte

Kunst der Astronomie verdrehen. Jedoch hat das heilige Buch uns erklärt, dass Josua die

Sonne und nicht die Erde bat still zu stehen.“

53

Page 54: Comenius 2009-2011

3.2.2 Kepler im Gegensatz zur Katholischen Kirche

An der katholischen Kirche kritisierte er das Papsttum und die damit verbundene Hierarchie.

Vor allem jedoch wandte er sich gegen das kirchliche Lehramt mit seinem Anspruch, die

Schrift allein gültig auslegen zu können und allein die Gültigkeit der dogmatischen Lehren

bestimmen zu können. Nicht Papst und Lehramt waren nach Kepler entscheidend für die

wahrheitsgemäße Auslegung der Schrift, sondern jeder Christ war bei ernsthaftem Studium

dazu imstande. Zur Zeit Keplers war keine religiöse Seite bereit, nur ein wenig nachzugeben.

Gerade diese mangelnde Friedensbereitschaft lehnte Kepler aufs Schärfste ab, und gerade

hier setzte sein eigenes Bekenntnis ein. Kepler ging es in erster Linie um brüderliche Liebe

der Christen untereinander; diese werde durch Verdammungsurteile verletzt! Sein eigent-

liches Ziel war friedliche Harmonie zwischen Konfessionen, ja zwischen den Menschen

schlechthin.

Dass das Kopernikanische Weltbild 1616 von der katholischen Kirche verboten wurde,

bedeutete das gleichzeitig eine Ächtung der Erkenntnisse von Kepler, der ja auf Grund

seiner Arbeit das Kopernikanische Weltbild unterstützte.

Trotz aller Skepsis gegenüber der katholischen Kirche wollte er sich auf keine Konflikt mit

dem heiligen Stuhl einlassen und versah seine Erkenntnisse mit den Vokabeln „bis es

verbessert wird“ oder „ bis es erklärt wird“. Er betonte aber, dass die Bibel kein Lehrbuch der

Astronomie sei. Eine diesbezügliche Auslegung bezeichnete er als Missbrauch der Bibel.

Im Weiteren hatte Kepler Glück, im protestantischen Norden zu leben, der toleranter war. Im

Gegensatz hierzu hatte der streitlustige Galilei in Italien weit aus größere Schwierigkeiten mit

der katholischen Kirche, auf die oben eingegangen wurde.

54

Page 55: Comenius 2009-2011

3.2.3 Zusammenfassung

Zusammenfassend kann gesagt werden: Kepler stand als Theologe zwischen den ver-

schiedenen Fronten der einzelnen Konfessionen. Zwar fühlte er sich als Glied der lutheri-

schen Kirche, doch lehnte er das Kernstück der orthodox- lutherischen Theologie, die All-

gegenwart des Leibes Christi, ab. Das Herzstück des Calvinismus, die Prädestinatinslehre,

lehnte er ebenfalls ab. Bei der katholischen Kirche war es die Ablehnung des Papsttum und

des damit zusammenhängenden Lehramt. Er suchte die Einheit der Kirche, doch dies blieb

ein frommer Wunsch. So widmete er sich dem "Buch der Natur". Er verstand diese Arbeit als

Lobpreis Gottes. Seine Naturkunde gewinnt den Charakter einer Naturtheologie. Sehr ein-

dringlich zeigt dies das Schlussgebet aus Mysterium Cosmographicum.

"Jetzt aber, freundlicher Leser, vergiss nicht den Zweck aller dieser Dinge, das ist die

Erkenntnis, Bewunderung und Verehrung des allweisen Schöpfers. Denn es heißt nichts,

vom äußeren Augenschein zum inneren Sinn, von der sichtbaren Erscheinung zum inneren

Schauen, von der Beobachtung des Weltlaufs zu dem so tiefen Ratschluss des Schöpfers

vorzudringen, wenn du dich nicht in einem Schwung, mit der ganzen Hingabe deines

Herzens aufwärts zur Erkenntnis, Liebe und Verehrung es Schöpfers fortreißen lässt. Drum

stimme lauteren Sinnes und dankbaren Herzens mit mir in das Lob dessen, der das

vollkommendste Werk begründet hat. Gott, du Schöpfer der Welt, unser aller ewiger

Herrscher ! Laut erschallet dein Lob ringsum durch die Weite der Erde ! Groß fürwahr ist dein

Ruhm; Er rauschet mit mächtigen Schwingen durch den herrlichen Bau des ausgebreiteten

Himmels. Schon das Kind verkündet dein Lob; mit lallender Zunge. Satt der Brust seiner

Mutter stammelt es, was du ihm eingibst.’’.

War es möglich, dass der Leib Christi überall dort anwesend sein konnte, wo ein Abendmahl

gereicht wurde? Kepler hielt diese Ubiquität (Allgegenwart) für abwegig und unterschrieb

auch nicht die sogenannte Konkordienformel aus dem Jahre 1577, in der die Ubiquitätslehre

enthalten war. Er hielt sich "auf das allen Laien gegebene Gebot Christi: Tut dies zu meinem

Andenken .." nämlich die Darreichung von Wein und Brot im Abendmahl. Diese Denkweise

entspricht der des Calvinismus. „Beugt durch die Kraft seiner Rede den trotzigen Stolz

deines Feindes."

Keplers Probleme mit der theologischen Lehre jener Zeit waren also nicht wie die Galileis auf

naturwissenschaftliche Streitfragen – wie der des Weltbildes – bezogen, sondern ihm ging es

um die Christologie (= Lehre, die sich mit der Person Jesu Christi beschäftigt und diese

theologisch ausdeutet).

So schrieb er in einem Brief an den Theologieprofessor Matthias Hafenreffer, der nur zehn

Jahre älter war und der ihm in Tübingen am nächsten stand:

55

Page 56: Comenius 2009-2011

„Im Jahr 1583 fing ich an soweit einsichtig zu sein, dass, als ich in Leonberg in Württemberg

eine Predigt aus dem Römerbrief von einem jungen Diakon hörte, der überaus weitläufig die

Calvinisten widerlegte, mich tiefer Kummer über die Kirchenspaltung quälte. Immer wieder

geschah es mir, dass mich ein Prediger, der sich über den Sinn der Schriftworte mit seinen

Gegnern auseinander setzte, nicht befriedigte, und wenn ich sie im Text selbst gelesen hat-

te, mir die Auslegung der Gegner, wie ich sie aus der Wiedergabe des Predigers erfahren

hatte, eine gewisse Überzeugungskraft zu haben schien.“ Weiter schrieb er von seiner Adel-

berger Zeit und den dort predigenden Praeceptoren: „Überaus weitläufig widerlegten sie das

Zwinglianische Dogma vom Heiligen Abendmahl. [Anm.: Ulrich Zwingli: schweizerischer

Theologe, der für eine Abschaffung der Traditionen der Kirche war, die nicht biblisch begrün-

det waren, wie z.B. Heiligenbilder, Klöster, Beichte, Fastengebot, Firmung, Prozessionen

und Krankensalbung, und sich damit dem Unmut der Katholischen Kirche aussetzte.] Sie

brachten mich in große Unruhe, und nicht selten hatten ihre dringenden Ermahnungen (näm-

lich wir sollten die Verzerrungen der Calvinisten gut im Auge haben und uns davor in Acht

nehmen) die Folge, dass ich, in die Einsamkeit zurückgezogen, selbst mit mir nach einer

Entscheidung zu suchen begann, was nun eigentlich umstritten sei? Welcher Weise die Teil-

nahme am Leib Christi sei? Und wie ich meine Verstandeskraft anstrengte, brachte ich

gerade die als vernünftigste heraus, die ich später von der Kanzel als die calvinistische

abweisen hörte.“

Im Hinblick auf seine astronomischen Forschungen muss gesagt werden, dass Kepler und

auch sein Kollege Galilei sehr gläubig im christlichen Sinne waren. Kepler vertrat zwar mit

Galilei das Kopernikanische Weltbild, das besonders von der katholischen Kirche bekämpft

wurde. Keplers wissenschaftliche Erkenntnisse waren aber nicht gegen die katholische und

protestantische Kirche gerichtet, sondern er wollte damit Gott und seine Schöpfung ehren.

Kepler und Galilei als Astronomen verstanden sich als Forscher im Dienste Gottes. Sie

wollten die Kirchen anregen, ihre Weltbild auf Grund ihrer gefundenen Erkenntnisse zu

reformieren.

Im Gegensatz zu Galilei hing Kepler einem gewissen Mystizismus an. Als er im Jahr 1604

die Supernova beobachtete, sah er in diesem Ereignis die Vorsehung Gottes, die die

Wiederkunft des Herrn ausdrücken sollte. Auch beschäftigte er sich bei gleichzeitiger Kritik

bezogen auf diese Wissenschaft mit der Astrologie bis an sein Lebensende.

Dieser Mystizismus Keplers erschien dem Rationalisten Galilei sehr zwielichtig. Galilei

verurteilte Keplers Naturphilosophie, die im Zusammenhang mit esoterischen Harmonien

und fernwirkenden Kräften stand.

Verfasser: Dilan Cebe, Lisa Dotzauer

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Page 57: Comenius 2009-2011

Quellen: http://www.keplerraum.at/Ttheologie.htul-14k http://www.kepler-gesellschaft.de/kepler-foerderpreis/2009/P...-23k http://www.erft.de/schulen/gymlech/galileo/galilei.htm http://www.kepler-gesellschaft.de/Kepler-Foerderpreis/2006/Platzl http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Kepler

4. Kepler und Galilei im Dialog

Johannes Kepler und der sieben Jahre ältere Galileo Galilei

bewirkten zusammen einen Umbruch auf dem Gebiet der

Wissenschaften, dementsprechend hatten sie in ihren

wissenschaftlichen Ansichten und ihrer Art auch gewisse

Gemeinsamkeiten:

Beide vertraten das heliozentrische Weltsystem des Nikolaus

Kopernikus und waren bestrebt dieses weiterzuentwickeln

und zu beweisen.

So schrieb Galilei in einem Brief an Kepler aus dem Jahre

1597: „…unser Lehrer Kopernikus, der verlacht wurde".

Außerdem waren beide sehr gläubige Menschen, deren Wissenschaft sich nicht gegen die

Kirche beziehungsweise Gott richten sollte, sondern diesen und seine Welt ehren sollte. Sie

waren also keine „Rebellen“, sondern sahen sich viel mehr als „Forscher in Gottes Sinn“.

Ihre Absicht war es nicht, die Kirche zu widerlegen oder zu spalten, sondern vielmehr

strebten sie nach einer Reform der Weltanschauung in der Kirche . Doch beide wurden von

kirchlicher Seite missverstanden und ihre Werke nicht geachtet.

Doch trotz allem waren die beiden in ihren Eigenschaften und

ihrer Persönlichkeit recht unterschiedlich. Die Zusammenarbeit

Keplers und Galileis funktionierte daher nicht reibungslos und

auch der gemeinsame Briefwechsel wurde im Jahre 1610 von

Seite Galileis abgebrochen. Dies geschah, als er auf mindestens

sechs Briefe des Deutschen nicht mehr antwortete (bis auf eine

kurze Empfehlung im Jahre 1627). Verdeutlicht wird dieses

unharmonische Verhältnis schon zu Beginn des Kontaktes, als

Keplers Mysterium Cosmograhicum erschien:

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Page 58: Comenius 2009-2011

Kepler schickte ein Exemplar an den Kollegen aus Italien, der bisher noch keinen Namen als

Astronom hatte, sondern nur als Physiker bekannt war und war hoch erfreut über dessen

höfliche Antwort, in der sich Galilei zur Lehre des Kopernikus bekannte aber auch seine

Zweifel darlegte, öffentlich dafür einzutreten. Daraufhin antworte Kepler dem neuen, wie

Galilei schrieb, „aufrichtigen Freund“ voller Vorfreude auf einen zukünftigen regen

Gedankenaustausch:

„Seid guten Mutes, Galilei, und tretet hervor. Wenn ich recht vermute, gibt es unter den

bedeutenden Mathematikern Europas wenige, die sich von uns scheiden wollen. So groß ist

die Macht der Wahrheit. [...] Nun möchte ich noch eine Beobachtung von Euch erbitten; da

ich nämlich keine Instrumente besitze, muss ich zu anderen meine Zuflucht nehmen.“

Kepler bat Galilei um die Beobachtungen der Fixsternsphäre

bezüglich der Entfernungen. Doch zu seiner großen Enttäuschung

erhielt er nie eine Antwort auf diesen Brief. Und auch im weiteren

Verlauf der Beziehung verhielt sich Galilei Kepler gegenüber wenig

kollegial. Später erfuhr er sogar, dass Galilei einige Entdeckungen

Keplers als seine eigenen ausgegeben hat.

Doch Kepler reagierte darauf selbstlos und meinte: „Galilei halte sich mitnichten zurück,

meine Sachen für sich in Anspruch zu nehmen. Meine Zeugen sind das helle Tageslicht und

die Zeit. Wer auf diese Zeugen hört – die Gebildeten und Vernünftigen hören darauf –, der

lässt sich nie täuschen.“

Hier wird ein weiterer Unterschied in der Persönlichkeit der beiden Wissenschaftler deutlich:

Während Kepler ein bescheidener und friedlicher Mann war, der nach Anerkennung für die

Sache (also seine Entdeckungen) strebte, war Galilei sehr darauf bedacht, selbst Anerken-

nung und Ruhm zu erlangen und ließ sich gerne auf die eine oder andere Auseinander-

setzung ein. Somit sah zunächst Kepler in Galilei eher einen Gleichgesinnten mit dem er sich

hätte austauschen können, Galilei in Kepler aber eher einen

Rivalen, der seinen eigenen Ruhm schmälern könnte oder der

mit seiner Hilfe selbst zu unverdienter Anerkennung kommen

könnte.

Teilnehmerin schaut durch das Fernrohr

nach Galilei im Museum des Vatikans

58

Page 59: Comenius 2009-2011

Bezeichnend hierfür ist auch, dass Galilei sich nicht bereit erklärte, Kepler eines seiner neu

entwickelten Fernrohre zukommen zu lassen, als dieser ihn darum bat. Galilei antwortete auf

Keplers Bitte, er wolle in Zukunft neue Instrumente bauen und sie seinen Freunden schicken,

zu welchen er Kepler anscheinend nicht zählte, denn der deutsche Astronom erhielt nie ein

solches.

Diese Weigerung veranlasste Kepler, sich mit der Optik allgemein zu befassen. Mit dem

1611 erschienenen Werk Dioptrice bildete er die Basis für die Optik. Er entwickelte eines von

der Galileischen – Optik abweichende Konstruktion mit zwei Sammellinsen im Gegensatz zu

Galilei, der mit einer Sammellinse und einer Zerstreuungslinse arbeitete. Dieses von Kepler

entwickelte Fernrohr ist Grundlage für fast alle heutigen Fernrohre, die mit einigen Korrek-

turen arbeiten.

Kepler-Fernrohr

Galilei-Fernrohr

http://www.zeiss.de/de/ophtalmic/comp/home.nsf/0/aa71a34cf7b4a158c12568c0004d8bfb?OpenDocument

Strahlengang des Fernrohrs nach Galilei (http://wapedia.mobi/de/Linsenteleskop)

59

-kleines Gesichtsfeld -aufrechtes und seitenrichtiges Bild -kurze Bauweise -Lokalisierung des Objekts schwierig (B= Bild, F= Brennpunkt, G = Gegenstand, L= Linse)

Page 60: Comenius 2009-2011

Strahlengang des Fernrohres nach Kepler (http://wapedia.mobi/de/Linsenteleskop)

Die Veröffentlichung der Dioptrice war als Antwort auf Galileis Werk “ Siderus nuncius“

gedacht, das die damalige Astronomie als Beweis für das Kopernikanische Weltbild sah,

ohne dass ein wirklich mathematischer Beweis von Galilei geliefert wurde .

Zuvor hatte Kepler Galileis „Sidereus nuncius“ (Sternenbote / Sternenbotschaft) in einem

offenen Brief durchaus gelobt und stand Galilei damit zur Seite. Wobei er aber in seiner

Vorrede anmerkte, dass sich Galilei nicht sehr solidarisch zu ihm verhalten habe. Ebenso

soll niemand denken, dass die freimütige Zustimmung Kepplers zu Galilei andere beein-

flussen sollte, ebenso zu denken.

Ein Treffen der beiden großen Wissenschaftler fand jedoch nie statt.

Verfasser: Daniel Venus, David O`Shea, Aaron Bice

Quellen

http://www.youtube.com/watch?v=HQpALel5xOM

http://zeis.de/4125680F0052EC92/allBySubject/AA71A34C…

http://astronomy/2009.de/ueberblick

http://de.wikipedia.0rg/writer/Johannes_Kepler

http://wapedia.mobi/de/Linsenteleskop

http://www.zeiss.de/de/ophtalmic/comp/home.nsf/0/aa71a34cf7b4a158c12568c0004d8bfb?OpenDocument http://de.wikipedia.org/wiki/Linsenfernrohr.de

60

- lange Bauweise - größeres Gesichtfeld - umgekehrtes Bild um 180o gedreht und seitenverkehrt (1,2 Linsen; 3 Auge, 4 Gegenstand;5 Zwischenbild; 6 Bild; f = Brennweite)

Page 61: Comenius 2009-2011

5. Das Astronomische Jahr 2009 - eine Würdigung

Galileis und Keplers

5.1 Forschungsergebnisse und methodischer Ansatz des

Erkenntnisgewinns von Galilei

5.1.1 Astronomische Forschungen und Erkenntnisse von Galilei Erforschung des Mondes

Die Astronomie von Galilei befasste sich nicht nur mit der Beobachtung und den

mathematischen Konstruktionen, um nach den bisherigen Betrachtungen die richti-

gen Positionen bzw. den Gang der Sterne vorherzusagen, sondern er entwickelte

einen wesentlichen Fortschritt in Richtung der Wissenschaft über die wahre Struktur

des Universums.

Als er im Jahre im Jahre 1609 in Venedig von dem Freund Paolo Sarpi erfahren hatte, dass

ein holländischer Optiker ein optisches Instrument gebaut hatte, welches ermöglichte

Gegenstände aus der Nähe zu betrachten( eine Bestätigung bekam er durch einen Brief von

dem vornehmen Pariser Jaques Badovére), fing er an, Tag Nacht zu arbeiten. Er benutzte

sein eigenen Erkenntnisse in der Optik der Refraktion, um eine bessere Lösung der

Beobachtung mit einem Bleirohr und zwei Linsen, die jeweils an den Enden des Rohres

befestigt hatte, zu finden.

Diese Erkenntnisse setzte er 1609 bei der Beobachtung des Mondes ein.

Der Name „Luna“ kommt von den Römern. Die Griechen nannten den Himmelskörper Sene

und Artemide und in anderen Mythologien gab es viele unterschiedliche Bezeichnungen.

„La Luna“ ist natürlich seit der Vorgeschichte bekannt. Er ist der zweite „strahlende“

Gegenstand nach der Sonne. Weil der Mond sich mit einer bestimmten Monatsperiode um

die Erde dreht, wechselt der Winkel zwischen Erde, Mond und Sonne. Man beobachtet

diesen Sachverhalt an dem Verlauf der Mondphasen. Die Zeit zwischen zwei neuen Mond-

phasen ist 29,5 Tage (709 Stunden). Die Bahn des Mondes ist etwas unterschiedlich (wenn

man die Sterne berücksichtigt), da die Erdbahn in der Zwischenzeit eine größere Entfernung

zur Sonne erreicht hat. Wegen der seiner Dimension und Komposition wird der Mond

manchmal als irdischer „Planet“ zusammen mit Merkur, Venus, Erde und Mars klassifiziert:“

Zuerst reden wir über die Mondhemisphäre, die uns zugewandt ist.

Für ein bessere Deutlichkeit teile ich die Hemisphäre in zwei Teile, die eine hell und die

andere dunkle: Die hellere erscheint kreisförmig, die Hemisphäre voll ausfüllend. Die

dunklere dagegen verdunkelt die gleiche Hemisphäre, so erscheint sie mit vielen Flecken.

61

Page 62: Comenius 2009-2011

Diese Flecken sind etwas dunkel und groß genug, so dass sie für jeden sichtbar sind und zu

jeder Zeit feststellbar und deshalb nennen wir dies die großen und alten Flecken zum

Unterschied mit den anderen, die kleiner und sehr häufig sind .Die Flecken bedecken die

ganze sichtbare Mondscheibe, besonders die hellere, die die ganze Mondhemisphäre

ausfüllen, die niemand vor uns gesehen hat.“

Wenn Galilei von den großen Flecken spricht

bezieht er sich natürlicher Weise auf Meere, die

sichtbar sind und die kleinen Flecken bezieht er

auf Mondkrater, die nur mit optischen Instrumen-

ten zu sehen sind.

„Durch mehrmalige Beobachtungen wurden wir

überzeugt, dass die Mondebene nicht eben,

nicht formlos und nicht ganz kugelförmig ist, wie

viele Philosophen vom Mond und anderen

Himmelskörpern gedacht hatten, sondern das

die Mondfläche ungleich, rau mit vielen

Vertiefungen und Spitzen versehen ist, d.h. nicht anders wie die Erde, mit verschiedenen

Gebirgszügen und Tälern.

Insbesondere hat er einige Tagen nach Neumond folgendes zum

ersten Mal beobachtet: die Linie, die den Mond in die dunkele und

helle Hälfte teilt, war nicht regelmäßig sondern gezackt und die

Mondsichel zeigte kleine schwarze Stellen sowie helle beleuchtete

Spitzen, vergleichbar mit dunklen Tälern auf, sowie die beleuchteten

Bergspitzen auf der Erde bei der Morgensonne.

Ferner beschrieb er in poetischer Weise, dass die Mondfläche keine

perfekte Kugelgestalt aufweist, keiner ätherischen göttliche Form

gleicht wie vorher gedacht wurde sondern wie ein gewöhnlicher

Festkörper.

62

Page 63: Comenius 2009-2011

Das ascheförmige Licht des Mondes

Dieses Licht ist nichts anderes als die Reflexion der Sonnenstrahlen von der Erde auf den

Mond. Auch wenn die Erde kein Stern und keine eigne Lichtquelle ist, reflektiert sie doch

eine gewisse Menge des Sonnenlichtes, besonders wenn die Bewölkung unserer Erdkugel

dicht ist (natürlich nicht von unserer Beobachtungsposition aus). Dieses aschenförmige Licht

erscheint besonders, wenn der Mond genau zwischen der Sonne und unserem Planeten steht.

Diese Kombination und die vorhandenen Mondphasen müssen genau dosiert sein, damit

dieses Phänomen zu beobachten ist. Diese Erscheinung lässt uns erstaunen.

Ein paar Tage nach der Neumondphase

sieht man Mond wie eine schmale Sichel

und trotzdem bemerkt man dass sein

dunkler Bereich ein wenig mit einem

weissblauen (ascheförmig) Licht beleuch-

tet ist, das sich langsam auflöst. Galilei

behauptete, dass diese Lichterscheinung

nicht vom Sonnenlicht herrührt, da die

Sonne der Erde gegenüber steht. Auch

von den Sternen kann dieses Licht nicht

kommen, weil sonst diese Erscheinung

ständig beobachtet werden müsste. Auch

die Venus scheidet als Ursache aus, da

die oben geschilderte Position nicht

auftritt.

„Also die Erde gibt dem Mond richtiger Weise

das gleiche Licht, das sie vom Mond in der

finsteren Nacht erhält.“

Sterne und Planeten

Die Planeten sind keine eigne Lichtquelle sondern reflektieren der Sonne. In den verschie-

denen Jahreszeiten und auch während des Tages haben sie nicht die gleiche Position im

Gegensatz zu den Sternen, die immer an der gleichen Stelle ihr Licht aussenden. Die Zahl

der Planeten des Sonnensystems sind neun: Merkur und Venus stehen zwischen Erde und

Sonne und dann folgen Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto, die nach der Erde

folgen. „Zu bemerken ist der Unterschied des Aussehens der Planeten und der Fixsterne.

63

Page 64: Comenius 2009-2011

Die Planeten sind kugelförmig und erscheinen uns wie kleine beleuchtete Monde und sind

kreisförmig. Das Aussehen der Fixsterne ist nicht fest umrissen kreisförmig sondern

glänzend strahlend flimmernd.....“

Er spricht weiter über Sterne, die mit den Augen nicht sichtbar waren und von der

Milchstraße:

„Neben den Sternen der 6.Größe sieht man mit dem Fernrohr eine große unglaubliche

Anzahl von anderen Sternen: man kann nämlich mit dem Fernrohr wesentlich mehr Sterne

sehen als die gesamten bisher sichtbaren Sterne aller Größen“

Ein überraschendes neues Universum eröffnet sich und ändert die Himmelsgeographie. Die.

im Altertum bekannte Klassifizierung der Konfiguration der Sterne werden eine unförmige

Menge von „Gold- und Silberpulver“. Als Galilei versuchte, die Konstellation des Orions zu

zeichnen stieß er auf Schwierigkeiten, weil er auch die große Zahl der anderen Sterne

einordnen wollte. Es gibt nämlich neben den bekannten Sternen im Winkelfeld von 1 oder

zwei Grad mehr als 500 andere Sterne. Er konnte relativ einfach die Anhäufung der Pleaden,

von denen man bisher nur maximal sieben Sterne bei idealer Sicht beobachten konnte, 36

Sterne mit seinem Fernrohr feststellen. „ Was wir zusätzlich ermittelten ist die Essenz oder

Materie der Milchstraße, die man mit dem Fernrohr so klar sehen kann, dass zum Kummer

der Philosophen alle ihre Auffassungen für lange Zeit gegenstandslos wurden durch die

vernünftige Erfahrung und wir sind frei von unwichtigen Diskussionen. Die Galaxis ist nichts

anderes als eine Anhäufung von unzähligen Sternen, verstreut in Form von vielen

Ansammlungen, die man überall mit dem Fernohr sehen kann, von denen man viele groß

und deutlich sehen kann. Dagegen sind viele kleine Sterne noch unerforscht.“

Was oben von ihm gesagt wurde, ist nichts anderes als eine zusammenstellende Darstellung

der Erforschung unserer Galaxis. Diese Art der Zusammenfassung ist gleichsam eine

Premiere. Das Fernrohr ist noch eine Hilfe, um viele Objekte genauer erkennen zu können,

die früher her als „nebulöse“ Gruppen klassifiziert wurden . Man sieht sie als „Anhäufung“

von Sternen, wie zum Beispiel die Ansammlung der „Krippe“ in der Konstellation des Krebs

(ein typisches Bild des Winter- und Frühlingshimmels). Galilei zog aus Vorsicht noch nicht

die Konsequenz, dass nun der Mensch mit den Augen in der Lage wäre, bis in die Grenzen

des Universums vorzustoßen.. Er sprengte aber damit für immer die damalige Hülle des

Universums .

Planet Jupiter und die Venusphase

„Am 7. Januar des Jahres 1610 um ein Uhr nachts, während ich mit dem Fernrohr die Sterne

beobachtete, erschien mir Jupiter. Weil ich ein exzellentes Instrument vorbereitet hatte, sah

ich (das geschah vorher nicht, da das Vorläuferinstrument zu schwach war), dass um Jupiter

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Page 65: Comenius 2009-2011

3 kleine aber sehr beleuchtete „Sterne“ waren; und wenn ich glaubte, dass sie zu den

Fixsternen zählten, war es für mich ein wirkliches Wunder, weil sie gradlinig und parallel zur

Ekliptik und leuchtender angeordnet waren als andere Sterne gleicher Größe...“

Das „exzellente Instrument“ vergrößerte 30fach und davon zitierte er in seinem Werk

„Siderius Nuntius“ Damit beginnt Galilei in jeder hellen Nacht permanent jene kleinen

„Sterne“ zu beobachten (später entdeckte er einen vierten.)

Sie schienen sich schwingend um den Planeten

Jupiter wie kleine Monde zu bewegen.

Er verstand, dass diese „Sterne“ Planeten des

Jupiters waren (die Entdeckung wurde Cosimo II de`

Medici gewidmet) und die neuen „Sterne“ wurden

somit Medici Planeten genannt und jeder bekam

einen Namen aus der klassischen Mythologie

beginnend von innen: Io, Europa, Ganimede und

Callisto. Das Problem war, sie bei jeder

Beobachtung zu unterscheiden und damit ihre

orbitale Periode festzulegen und die

Besonderheiten ihrer Bewegungen und Position mit

Hilfe einer Berechnung vorauszusagen. Galilei

erreichte diese nach mehrjähriger Beobachtung

unter Verlust seiner Gesundheit. Die vier Galileischen Monde von oben: Io,Europa, Ganymed,Kallisto (maßstabgetreue Fotomontage)

Das konnte er nur unter Berücksichtigung des entscheidenden Einflusses der Bewegung der

Erde um die Sonne berechnen. Jupiter ist ein kleines planetarisches System. Um seine

„Scheibe“ kann man 4 größere Satelliten um den Jupiter sehen, die Galleische Satelliten

genannt werden, weil er sie im Jahre 1610 entdeckt hat. Mit Hilfe eines normalen Fernrohres

kann man die Rotation der Monde um den Jupiter sehen und damit die sich verändernde

Position Stunde um Stunde feststellen.

Nach neueren Erkenntnissen hat der Satellit Io einen Durchmesser von 3600 km( ein wenig

mehr wie unserer Mond) und eine Umlaufzeit von 42,5 Stunden mit vulkanischer Aktivität mit

flüssigem Schwefel. Die Oberfläche ist fest und gibt dem Planeten eine rot- orange- gelbe

Farbe. Warum Io noch feurig bist hat man bisher noch nicht verstanden. Eine Theorie

besagt, dass das magnetische System, von Jupiter und anderen Planeten geschaffen, das

Innere von Io schmelzen lässt.

65

Page 66: Comenius 2009-2011

Es wird behauptet, dass viel von dem ausgebrochenem Geröll des Jupiters sich auf dem

Almatea, dem ersten Satelliten des Jupiters, abgelagert hat, begründet durch die Farbe auf

diesem (dieser wurde von Galilei nicht gesehen). Almatea hat eine unregelmäßige Form mit

einem Durchmesser von 200km und deshalb kann man ihn mit amateurhaften Fernrohr nicht

sehen.

Europa, der kleinste der Galileischen Satelliten mit einem Durchmesser von 3100 km, ist mit

einer Eisschicht bedeckt, darunter liegend eine felsige Kruste.

Ganimede, der größte und glänzentste Satelliten von Galilei mit einem Durchmesser von

5200 km, ist der größte Mondsatellit des Sonnensystems noch größer als der Planet Merkur.

Callisto, mit einem Durchmesser von 4800 km, hat eine ähnliche eisige und felsige Typologie

wie Ganimede. Die Kruste scheint mit vielen Kratern bedeckt zu sein.

Jupiter hat nach heutigen Gesichtspunkten insgesamt 16 Satelliten, die im Vergleich zu den

Gallieischen sehr kein sind.

Besonders diese Satelliten und die daraus entstehenden Folgerungen überzeugten Galilei

von der Unumstößlichkeit des Kopernikanischen heliozentrischen Weltbildes. Der Beweis

wurde durch die Beobachtung der Venus gefestigt ( die s geschah im Jahre 1610 und wurde

im Buch Siderius Nuncius nicht dokumentiert sondern zu erst in einem Briefwechsel von

Galilei mit Johannes Kepler). Diese Venusphase wird so ähnlich wie die Mondphase durch

die verschiedene wechselnde Beleuchtung durch die Sonne verursacht, da auch die Venus

sich um die Sonne in einer Umlaufbahn dreht, die in Beziehung zur Erdbahn näher der

Sonne ist.

Venusphasen

66

Page 67: Comenius 2009-2011

Die kosmologische Himmelsgeographie von Tycho Brahe

Diese Feststellung konnte in jener Zeit auch mit kosmologischen System von Tycho Brahe

erklärt werden. Dieses kosmologische System ist ein Kompromiss zwischen dem geozen-

trischen und heliozentrischen System bei dem die Erde unbeweglich ist und Venus und

Merkur sich um die Sonne drehen und so konnte man auch die Variationen der Beleuchtung

durch die Sonne erklären.

Wo steht nun die Auffassung der Kirche bezogen auf diese neuen Entdeckungen?

Für ein gewisse Zeit lobte die Kirche Galilei, ein Gelehrter, der tief religiös war und die

Autoritäten der Kirche ehrten ihn. Aber als klar wurde, dass seine Arbeite nicht nur mathema-

tische Spielerei war sondern ihn animierte den Geist der Forschung zur Wahrheitsfindung

einzusetzen, bekämpfte sie ihn: der revolutionäre Anstoß seiner Ideen wurde für diejenigen,

die die Wissenschaften an grobe und bequeme Sicherheiten und sowie für diejenigen, die

die Welt an alte Prinzipien,die ihre Privilegien und Macht bestätigten, verankerten, untragbar.

Die Verurteilung durch die katholische Kirche und seine schmerzliche Abschwörung wurde

schnell im Lauf der Geschichte gelöscht.

Verfasser: Jamila Hedhli, Noemi Risa

Fonti:

Stillman Drake,Galileo Galilei pioniere della scienza,Ed. Muzzio,Roma 2009

Galileo Galilei, Dialogo dei massimi sistemi,Grandi classici Oscar Mondadori,Milano 2009

http://www.astrofilitrentini.it/tnp/luna.html

http://saint-andres.blogspot.com/2009/11/cose-la-luce-cinerea.html

http://www.funteaching.it/project/tic2003/TIC_03_SistemaSolare/pianeti_e_stelle.htm

http://www.universonline.it/_astronomia/enciclopedia/sistema_solare/giove.php

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Jupitermoon.jpg&filetimestampo-200602210213041

www.brera.inaf.it/guardacheluna/galleria.html

http://www.investireoggi.it/forum/attachments/il-caffe/8220d1236425308-i-colori-che-non-vediamo-cinerea-mag07.jpg

http://www.associazionecrocedelsud.com/vialattea.jpg

http://www.castfvg.it/sistsola/pianeti/planets_iau.jpg

67

Venus

Sonne

Merkur

Erde

Mond

Page 68: Comenius 2009-2011

5.1.2 Galilei als Förderer der Methode der modernen Wissenschaft

Galilei war nicht nur ein großer Physiker und Astronom, sondern auch ein Förderer der

Methoden der neuen Wissenschaft, bekannt auch als Galileische Methode.

Auf Grund seiner Erkenntnisse stand er im Gegensatz zu den Visionen der antiken Philoso-

phen insbesondere zu denen des Aristoteles. Das Wissen, das sich auf die Autoritäten

bezog, war nämlich ein Bild des Wissens, dass Galileo in seinem Werk „Il Saggiatore„ als

„Papierwelt“ definierte, ein weitschweifiges Wissen, überladene Buchweisheit, ohne Bezug

zur Realität, in der die Erfahrung negiert wird und die Beobachtung verbannt wird.

Er als Wissenschaftler steht im Gegensatz zum traditionellen Wissen, da dieses nur Essenz

und zweckgebunden war. Diese System schien Galilei besser für die Theologie geeignet als

für die Wissenschaft. Die Methode von Galilei als Wissenschaftler wird durch die Herraustel-

lung der Beobachtung bei der Beschreibung der Naturphänomene charakterisiert. Um dies

zu erreichen, benutzt er alle Sinne, besonders das Sehen. Er definierte diesen Sinn als „

sopra tutti gli altri eminentissimo „ .Die Beobachtung ist aber keine überflüssige Ansammlung

von empirischen Daten, da am Anfang eine von dieser inspirierte Theorie steht. Die von

Galilei durch Beobachtung der Himmelskörper gesammelten Daten, Dank des Fernrohrs,

waren nicht zufällig, sondern wurden aus einer bestimmten Theorie geboren, d.h. er wollte

die Kopernikanische Theorie bestätigen.

Die Beobachtung, auch wenn durch eine Hypothese geführt, ist ein heftiger Angriff gegen die

Doktrin, die seiner Meinung nach unwissenschaftlich und dogmatisch war, vergleichbar mit

der Dogmatik der Theologen. Die Beobachtung nimmt eine wichtige Rolle in der neuen

Methode der Wissenschaft ein. Galilei stellte die Wichtigkeit der Beobachtung für die Medizin

fest. Dank der Praxis in der Anatomie, im Gegensatz zum Studium der Pergamente der Anti-

ke, hatte er vor, die Körper der Tiere und die Kadaver zu sezieren, um mit eigenen Augen

die Struktur der Organe zu analysieren. Aber die Beobachtung ist nicht alles. Sie muss von

der Vernunft geführt werden. Er hatte die Integration von der Erfahrung und Verstand,

Beobachtung und der Mathematik vorgesehen oder wie er selber sagte „Vernunft und

Erfahrung sind notwendig für die Beweisführung.

Die erste Fase des Arbeitsprozesses, die ihn zur Methode der modernen Wissenschaft führ-

te, war die Kritik gegen das Autoritätsprinzip, gegen die Gewohnheit die Wissenschaft auf die

Autorität und Tradition der Kirche zu beziehen. Die Tradition bezieht sich auf die Heilige

Schrift und auf die Ansicht der alten Kirchengelehrten. Im Gegenteil zu diesen braucht man

nach Galilei quantitative Experimente und Auswertung, als notwendige Beweisführung.

Man benötigt zuerst eine Hypothese bezogen auf die Realität und ihre Aufgabe ist es,

theoretisch die Lösung der physikalischen Problemstellung vorauszusagen.

68

Page 69: Comenius 2009-2011

Das Trägheitsgesetz sei hier ein Beispiel: ein Körper verharrt solange im Zustand der Ruhe

oder gleichförmigen geradlinigen Bewegung solange keine Kraft auf ihn wirkt. Dieses Gesetz

konnte er zunächst nicht mathematisch belegen, dies erreichte er durch verschiedene

Hypothesen. Diese Hypothesen mussten nämlich vorausgesetzt werden, um die Bewegung

der natürlichen Körper logisch zu erklären. Neben der Beobachtung muss man also die

Hypothese und die mathematische Deduktion einsetzen. Diese Deduktion muss auch heute

einer „zerreißförmigen“ Kontrolle durch experimentelle Verifizierung im Labor unterworfen

werden.

Im Labor müssten die Bedingungen, die der realen Natur entsprechen, zur Verifizierung

geschaffen werden, die aber nicht immer reproduziert werden können; dies gilt insbeson-

dere, wenn man auf die Struktur des Universums Bezug nimmt.

Nach den oben genannten drei Arbeitsschritten, die sinnliche Erfahrung, die notwendige

Beweisführung und Verifizierung folgt die Formulierung der Theorie, die solange gültig ist, bis

sie durch die Diskussion anderer Experimente widerlegt wird. Sollte die Verifizierung die

Hypothese nicht bestätigen, muss das Experiment neu wiederholt werden und nur wenn die

Verifizierung und die Hypothese übereinstimmen, ist es möglich Gesetze zu formulieren.

Für Galilei waren die mathematischen Argumentationen sehr wichtig und notwendige

Beweisführungen, weil er überzeugt war, dass die Struktur des Kosmos mathematisch

beschreibbar wäre. Die Methode der neuen Wissenschaft setzt eine mathematische

Anschauung des Universums sowie der Natur voraus. Diese Anschauung rechtfertigt und

begründet die Möglichkeit der Erweiterung des menschlichen Wissens. Durch seine fort-

schreitende Beobachtungen und Hypothesen spiegelt sich die mathematische quantitative

Struktur physikalischen Realität wider. Davon ist Galilei klar und deutlich überzeugt. Der

Wissenschaftler muss die Natur von jedem qualitativen und subjektiven Charakter befreien,

um nur die quantitativen mathematischen Beziehungen zu analysieren.

Durch mathematische Anschauung des Universums konzipierte er die Physik wie die Mecha-

nik und nicht zufällig ist diese Disziplin als moderne Wissenschaft der heutigen Zeit definiert.

Die neue Wissenschaft, im Unterschied zu derjenigen von Aristoles, die einen qualitativen

zweckgebundenen Charakter hat, ist quantitativ orientiert und desinteressiert an Zweck-

gebundenheit.

Die moderne Wissenschaft interessierte sich nicht mehr für die Essenz und Qualitäten der

Körper sondern nur über ihre objektiven und messbaren Eigenschaften und über ihre kau-

salen Verbindungen.

69

Page 70: Comenius 2009-2011

Beobachtung

Arbeitsmethoden von Galilei

Verfasser: Jessica Domenicano

Fonti: http://www.liceogaribaldi.it

Domenico Massaro,la comunicazione filosofica,ed. Paravia 2009

http://www.wikipedia.org

http://ffz.leonardo.it/lofi/UFO-e-metodo-scientifico/D7971147.html

70

Individualisierung des Problems

Hypothese

Individualisierung des Problems

Hypothese

Hypothese überprüfen

Experiment zur Überprüfung der Voraussage

Ergebnis

Interpretation und Schlussfolgerung

Die Hypothese wird nicht bestätigt Die Hypothese wird bestätigt

Weitere Experiment als Folge des Ergebnisses Entwicklung einer Theorie

Prinzip

Page 71: Comenius 2009-2011

5.2 Astronomische Forschungen und methodischer Ansatz beim

Erkenntnisgewinn Keplers

5.2.1 Astronomische Forschungen von Kepler

Als bahnbrechendes Werk veröffentliche Kepler 1609 "Astrono-

mia Nova". Es handelt sich um eine Darstellung von Keplers

Erkenntnisprozess mit allen Irrwegen oder besser gesagt, allen

Versuchen, mögliche andere Theorien auszuschließen, die an

ein Tagebuch erinnert. Er versucht nicht, die bestimmte Bahn-

form des Planeten Mars an Brahes empirische Daten anzu-

passen. Vielmehr überprüft Kepler seine unterschiedlichen

Theorien und Ideen mit den statistisch kontrollierten Daten

Brahes und lässt bei der Suche nach den korrekten Bahnge-

setzen letztendlich alles fallen, was nicht mit den Daten in Ein-

klang zu bringen ist. Für Kozhamthadam unterscheidet sich

Kepler von vielen anderen zeitgenössischen Astronomen darin,

dass er einen gewisse innere Freiheit oder Flexibilität bezüglich

philosophischer Ideen besaß. Einführend schrieb Galilei in seinem Werk Astronomia Nova:

„Neue Astronomie ursächlich begründet oder Physik des Himmels dargestellt in Untersu-

chungen über die Bewegungen des Sternes Mars auf Grund der Beobachtungen des Edel-

mannes Tycho Brahe auf Geheiß und Kosten Rudolphs des II in mehrjährigem, beharr-

lichem Studium ausgearbeitet zu Prag von seiner Heiligen Majestät Mathematiker Johannes

Kepler im Jahre 1609 der Dionysischen Zeitrechnung“ (aus dem Lateinischen übersetzt).

Im ersten Teil verglich Kepler die drei Haupthypothesen der Darstellung Planetenbewegung

von Kopernikus, Ptolemäus und Brahe.

Im zweiten Teil fand Kepler heraus, dass die Planetenbahnen keine Kreisbahnen sind.

Im dritten Teil stellte Kepler dar, dass die Sonne das Zentralgestirn ist, um das sich die

Planeten bewegen und die bewegende Kraft im Sonnenkörper liegt. Die bezogen auf die

Planeten im größeren Abstand schwächer und im kleinen Abstand stärker ist.

Im vierten Teil verfeinerte er die Planetenbewegungen.

1619 folgte das Werk Harmonis Mundi mit Erläuterung des dritten

Gesetzes. Hier setzte er die Umlaufzeiten ins Verhältnis zu den

Abständen zur Sonne.

Harmonis Mundi 1619 (Quelle: Keplermuseum Regensburg)

71

Page 72: Comenius 2009-2011

1627 veröffentlichte Kepler die Rudolphinischen Tafeln. Diese

Berechnungen hatte er mit Tycho Brahe begonnen und nach

dessen Tod fortgesetzt.

Diese Tabulae Rudolphinae dienten als Grundlage für die

Seefahrt und hatten daher eine hohe praktische Bedeutung.

Auf diese drei Werke stützte sich Newton bei der Entwicklung

seines Gravitationsgesetzes. Rudolphinische Tafeln 1627

(Quelle Keplermuseum Regensburg)

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Kepler die Erde als Planeten wie die

anderen bereits bekannten betrachtete. Sie bewegt sich um die mit einer bestimmten Exzen-

trizität (Maß für die Abweichung einer elliptischen Umlaufbahn) positionierte Sonne. Der

Mars bewegt sich z. B. auf einer elliptischen Bahn mit einer Neigung von 1°50' zur Erdbahn.

Die Sonne sitzt in einem der zwei Brennpunkte.

Hier bricht Kepler mit dem aristotelischen Dogma der Kreisförmigkeit. Die drei Gesetze nach

Kepler entstehen.

Die „Astronomia Nova“ erscheint erst 1609 im Druck mit einer geringen Auflage und

bekommt vorerst wenig Aufmerksamkeit. Die ablehnende Haltung vieler Astronomen ist nicht

verwunderlich, da in diesem Werk nicht nur das revolutionäre kopernikanische System

Unterstützung fand, sondern zusätzlich auch noch das anerkannte Prinzip der gleichförmigen

Kreisbahnbewegung der Himmelskörper aufgegeben wurde.

Galileos Zurückhaltung gegenüber Kepler ist möglicherweise mit dessen Hang zum

Philosophieren erklärbar. Für Keplers Schaffen spielten nicht nur naturwissenschaftliche

Argumente, sondern auch Religion und Philosophie eine gewisse Rolle.

Im selben Jahr als Keplers Astronomia Nova veröffentlicht wird, wird

auch das erste Teleskop (Linsenfernrohr) von Hans Lipperhey in den

Niederlanden erfolgreich präsentiert. Kepler erklärt 1611 den

Strahlengang durch die Linsen in seiner „Dioptrik“ und entwickelte

das von Galelei benutzte und konstruierte Fernglas weiter, das als

Grundlage für fast alle heutigen Ferngläser zu betrachten ist.

Als sich mit Keplers neu berechneten Planetentafeln exaktere

Vorhersagen machen lassen, wird der Widerstand in astronomischen

Fachkreisen allmählich schwächer und die „Astronomia Nova“ wurde

immer mehr akzeptiert.

Verfasser: Ewa Pazulla

72

Hans Lipperhey

Page 73: Comenius 2009-2011

Quellen

http://www.springerlink.com/content/h34h8070v8k45212/ http://www.unet.univie.ac.at/~a9503672/astro/history/kepler.htm http://www.raumfahrer.net/astronomie/geschichte/kepler.shtml http://de.wikipedia.org/wiki/Mars_%28Planet%29#Rotation http://www.astrosurf.com/luxorion/Documents/lipperhey-hans.jpg http://derweg.org/personen/forschung/kepler.html http://www.l.shuttle.de/l/kepler-gym/kepler/kepler.htm http://www.radio.cz/de/artikel/44912 http://www.zeis.de/44125680F0052EC92/allBySubject/AAA71A34C Bildmaterial: Keplermuseum Regensburg Kopernikus und Kepler – Zwei bedeutende europäische Astronomen(Staatliche Fachoberschule Regensburg __________________________________________________________

5.2.2 Methodischer Ansatz beim Erkenntnisgewinn Keplers

Der eher theoretisch veranlagte Johannes Kepler gilt mit Galilei als Begründer der modernen

Naturwissenschaften. Als Theologe war seine Denkweise aber vor allem sehr glaubens-

orientiert. In seinem Erstlingswerk „Mysterium Cosmographicum“ von 1596 beruft sich Kepler

auf das Weltbild des Kopernikus, in welchem die Sonne im Mittelpunkt steht und von den

Planeten umkreist wird. Diese setzt er in Beziehung zunächst mit den fünf platonischen

Körpern.

Jeder der fünf harmonischen geometrischen Körper für sich,

der klassischen Auffassung entsprechend, ist als Element

darstellbar. Kepler vertrat die Ansicht, dass sich der göttliche

Geist in den harmonisch geordneten Größenverhältnissen des

Weltalls offenbart.

Im Laufe der Entwicklung seiner Gedanken kommt er durch

seine deduktive Methode zur mechanistischen Weltauffassung.

Im Gegensatz zu Kepler steht hier die induktive Methode

Galileis, die durch Beobachtung und Experiment zu mathema-

tisch formulierten Gesetzen führt.

Kepler ging wie Galilei vom Prinzip der Einfachheit als ewiges Prinzip aus. Kepler will nicht

die Ursachen der Bewegung der Planeten begründen, sondern die Gesetze. Er war generell

der Überzeugung, dass die Natur auf mathematischen Zusammenhängen beruht. Die

Mathematik erleuchtet das Dunkele.

73

Page 74: Comenius 2009-2011

Die Wissenschaft muss nach ihm von Hypothesen ausgehen. Galilei hingegen sagt::

„Beweise lernen wir nicht aus logischen sondern aus mathematischen Büchern. Über

Hypothesen als alleinige Begründung konnte Galilei gelegentlich lächeln.

Trotz dieser Gegengesetzlichkeit dieser beiden Astronomen, die auch im Briefwechsel zum

Ausdruck kommt, muss die Arbeit beider Astronomen als Ergänzung gesehen werden, als

Vereinigung von induktiver und deduktiver Methode bei der Erforschung hinsichtlich der

Bahnen der Planeten um die Sonne.

Keplers grundlegende Forschungsweise in der Astronomie war, dass er irdische, bekannte

Gesetze, auf die Himmelskörper anwandte, um universelle Gesetzmäßigkeiten zu finden,

wodurch seine bekanntesten Werke, die drei Kepler’schen Gesetze entstanden sind.

5.2.3 Kepler’sche Gesetze

1. Gesetz – Ellipsengesetz (Astromia Nova 1609)

„Die Bahn eines Planeten ist eine Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.“

- Das Gesetz ist überall im Universum gültig.

- Himmelskörper bewegen sich grundsätzlich auf

elliptischen Bahnen.

- Deren einer Brennpunkt ist der Schwerpunkt des

- Universums, bei uns die Sonne.

- Der zweite Brennpunkt der Ellipse ist leer

2. Gesetz – Flächensatz (Astronovia Nova 1609)

„Die Verbindungslinie Sonne - Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Fläche.“

Das zweite Gesetz sagt aus, dass die gerade Linie, die den Mittelpunkt des Planeten

mit dem Mittelpunkt der Sonne verbindet, in gleichen Zeiten

gleiche Flächen überstreicht. Daraus folgt, dass der

Planet sich in Sonnenferne langsamer bewegt als in

Sonnennähe. Das heißt, dass die Geschwindigkeit des

Planeten mit der Entfernung von der Sonne abnimmt.

74

A1

A2

∆t1

∆t2=∆t2

∆t1=∆t2

A1=A2

Page 75: Comenius 2009-2011

Kepler stellte das Gesetz nur im Verhältnis der Erde zur Sonne auf, aber es ist ebenfalls

allgemeingültig und gilt bei jedem sich auf einer Ellipse befindenden Himmelskörper.

Im Sommer ist die Erde langsamer, im Winter schneller, so ist der Sommer 9Tage länger als

der Winter

3. Gesetz nach Kepler (Harmonis Mundi) 1619)

„Das Verhältnis aus den 3. Potenzen der großen Halbachsen und den Quadraten der

Umlaufzeiten ist für alle Planeten konstant“

(T1/T2)2 = (a1/a2)3 a1,a2 = Ellipsenachsen

Das Gesetz verdeutlicht den Vergleich der Umlaufzeiten von Trabanten um das gleiche

Zentrum.

- Körper näher an der Sonne bewegen sich schneller

- Körper weiter entfernt bewegen sich langsamer

- Merkur: Umlaufzeit 88 Tage; Pluto: Umlaufzeit 248 Jahre

Später werden die Gesetze durch Newton präzisiert. Das Zentrum der Umlaufbahnen der

Planeten ist hierbei der gemeinsame Schwerpunkt von Zentralstern (Sonne) und Trabant

(Planet). In unserem Sonnensystem liegt aber der gemeinsame Schwerpunkt noch innerhalb

der Sonne. Ferner beeinflussen sich die Planeten entsprechend der Gravitationsgesetze

nach Newton auch noch untereinander, so dass es zu Abweichungen

v on den reinen Ellipsenbahnen kommt.

Trotz allem sind die Keplergesetze Grundlage für die heutige Satellitentechnik.

Verfasser: Ludwig Zikeli Quellen: http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Kepler http://de.wikipedia.org/wiki/Keplersche_Gesetze http://www.kepler.fr.bw.schule.de/content/tl/biographie/html/index.html http://www.kepler-museum.de/?language=deutsch http://www.muenster.de/~breitens/referate/kepler/physik/kepler.htm http://www.textlog.de/6394.html http//www.textlog.de/6240.html http:://de.wikipedia.0rg/w/index.php?.title=Datei:Kepler-solar-system-1.png&filetimestamp=200050103115414

75

Page 76: Comenius 2009-2011

5.2.4 Anwendung der Kepler`schen Gesetze in der Satellitentechnik

Satellitentypen im Überblick Bereits der deutsche Astronom Johannes Kepler stellte durch Beobachtung der Gestirne

fest, dass die Umlaufgeschwindigkeit der Planeten und damit die Zeit für einen kompletten

Umlauf um die Sonne stark von der Entfernung zur Sonne abhängt. Diese Erkenntnisse

bilden bei der Satellitentechnik die Grundlage. Man unterscheidet folgende Satellitentypen:

Wichtige Satellitenarten für die Praxis sind die geostationären und polaren Satelliten.

76

Satelliten auf

Kreisbahnen

z.B. geostationäre

Umlaufbahnen

Satelliten auf ellipti

schen Bahnen

z.B. polare

Umlaufbahnen

Medium- Earth-Orbit-

Satellit

8000-36000km

Höhe

elliptische

äquatoriale

Bahn

globale

Kommuni-

kation

(Telefon,

Mobiltelefon,

Navigation,

GPS)

Highly-

Eliptical-

Orbit-Satellit

(0,2 -15)*103

(50-400)*103

km Höhe

Weltraum-

teleskope;

Transferbahn

für Raumfahr-

zeuge

zum Mond

Geostationer

Satellit

(äquatorial)

36000km Höhe

nahezu

kreisförmige

Bahn

Kommuni-

kation,

Wetter-

satelliten,

Fernsehen,

Rundfunk,

Fern-

sprechverkehr

Sonnen-

synchroner

Satellit- polarer

Satellit 400-1000km

Elliptische

Bahnen

Erderkundung

und

Wettersatellit

Forschung-

satelliten

Low-Earth-Orbit-

Satellit

Elliptische Bahn

200-1200 km Höhe

Benannte

Raumfahrt

Spionagesatelliten

Astronomische

Satelliten

Erderkundungs-

satelliten;

militärische

Satelliten

Globale

Kommunikations-

systeme (Satelliten)

Sende-und

Empfangsanlagen)

Satelliten-Typen

Page 77: Comenius 2009-2011

Einsatz eines geostationären Satelliten (Geostationary Earth Obiter)

Quelle: www.ipn.uni-kiel.de/projekt/a7_2/umlauf.htm

Geostationäre Satelliten sind Satelliten am Himmelskörper, mit fester Position. Deshalb

können mit einer dauerhaft installierten Anlage permanent Bilder empfangen werden. Der

bekannteste Geostationäre Satellit ist METEOSAT. Dieser sendet ununterbrochen Grau-

stufen-Bilder zur Erde. Hauptsächlich werden diese Bilder von Nachrichtenstationen

meteorologisch ausgewertet. Die fotografischen Aufnahmen der Erde werden zunächst an

eine Bodenstation gesendet, wo sie durch Hinzufügen von Kontinent-Umrisslinien ver-

vollständigt und wieder an den Satelliten zurückgeschickt werden. Dieser sendet an-

schließend die retuschierten Bilder zurück an die Erde.

Da sich der METEOSAT-Satellit in 35.790 km Entfernung zur Erde befindet, sind die

empfangenen Bilder der Erde entsprechend grob in der Auflösung. Ein Pixel entspricht etwa

einer tatsächlichen Größe von 14 x 14 Km.

Satelliten, die ca. 36.000 km von der Erde entfernt sind, haben die gleiche Winkelgeschwin-

digkeit wie die Erde so dass ihre Umlaufzeit um die Erde genau einer Erdumdrehung (also

1 Tag - genau 23 Stunden, 56 Minuten und 4 Sekunden ) entspricht. Daher scheint der

Satellit fest über einem Punkt auf dem Äquator still zu stehen. Dazu gehören v.a. Rundfunk-

und Kommunikationssatelliten, aber auch z.B. Wettersatelliten. Durch drei oder vier Satelliten

auf dieser Umlaufbahn wird jeder Punkt der Erde erreicht.

77

Geostationäre Bahn -36000km

Höhe- z.B. Meteosat

Polare

Umlaufbahn

Geostationäre

Umlaufbahn

Page 78: Comenius 2009-2011

Meteosat - 2. Generation

Aufnahme vom Meteosat 9 aus der geostationären Position über dem Äquator bei Guinea

0° nördliche Breite und 0° östliche Länge - Aufnahme vom 10.10.2007-10-10

Quelle: http://members.vol.at/vorarlberg-wetter/meteosat.htm http://members.vol.at/vorarlberg-wetter/meteosat.htm

Satelliten auf geostationärer Bahn

Die internationale Fernmeldeunion teilt Frequenzen und Satellitenpositionen zur Verfügung,

damit Satelliten sich nicht gegenseitig stören. Früher betrug der Abstand 4° zum Nachbar-

satelliten, der auf der gleichen Frequenz strahlte. Wegen der großen Nachfrage nach

Satellitenpositionen wurden die Abstände auf 2°, entsprechend 1.400 Kilometer, reduziert.

Die eigentliche zugeteilte Satellitenposition ist eine Box, in der die Betreiber ihre Satelliten

auf ± 0,14° positionieren müssen, gleichbedeutend mit einer Ost-West-Drift von weniger als

100 Kilometern.

Die Radialdrift darf nicht mehr als um 75 Kilometer variieren.

78

Wettergeschehen

in Deutschland

Wettergeschehen

in Italien

Page 79: Comenius 2009-2011

Ein geostationärer Satellit bezieht seine Energie nahezu ganzjährig vollständig aus Solar-

zellen. Die Knoten der geostationären Umlaufbahn liegen zu Frühlings- und Herbstbeginn in

der Nähe der Verbindungslinie Sonne-Erde und damit im Erdschatten. Deshalb steht er von

März bis Mitte April und September bis Mitte Oktober nachts für maximal 70 Minuten im

Erdschatten. Während der Zeit dieser Eklipse beziehen die Satelliten ihre Energie aus

Akkumulatoren, die zuvor von den Solarzellen aufgeladen wurden, oder schränken ihre

Leistung ein (Beispiel: TV-SAT). Wenn Satellit, Erde und Sonne auf einer Linie liegen, steht

die Sonne an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen für wenige Minuten dicht beim Satelli-

ten. Die Mikrowellenstrahlung der Sonne überlagert die des Satelliten und es kommt für

wenige Minuten zur Unterbrechung der Satellitenverbindung.

Satellit auf geostationärer Bahn

Quelle:http://www.mpifr-

bonn.mpg.de/staff/bklein/SpaceDebrisDE/ar01s10.html

Einsatz eines Satelliten in polarer Bahn

polarer Satellit z.B. MetOp in 820 km Höhe

Quelle: www.ipn.uni-kiel.de/projrkt/a7_2/umlauf.htm

79

Polare Umlaufbahn

Geostationäre Umlaufbahn

Page 80: Comenius 2009-2011

Geostationäre Satelliten erfassen zwar die ganze Erde, aber der Empfang ist in polaren

Gegenden schwach, da die weit vom Äquator liegenden Polargebiete unter einem flachen

Winkel gemessen werden. Darunter leidet die Auflösung der Bilder.

Die erdnahen polaren MetOp - Satelliten sind eine ideale Ergänzung der geostationären

Wettersatelliten METEOSAT, da sie eine höhere Auflösung der Bilder der Polar- und

Nordatlantikregion vorweisen.

Die polare Umlaufbahn ist eine Kreisbahn auf der sich ein Satellit in geringer Höhe über die

Pole bewegt. Der Satellit überfliegt den Globus längenparallel von Norden nach Süden,

währenddessen dreht sich die Erde von Westen nach Osten. So wird jeder Punkt der Erde

erfasst, dies allerdings relativ selten. Polare Bahnen sind deshalb für Fernerkundung wie

zum Beispiel: Landvermessung, Umweltbeobachtung, Wetterbeobachtung und militärische

Aufklärung geeignet.

Der Satellit auf polarer Bahn soll möglichst immer bei Tageslicht zur selben Zeit das gleiche

Gebiet der Erde erfassen. Hier tritt aber ein Problem auf, denn im Laufe eines Erdumlaufes

um die Sonne wird die Erde auf Grund der Neigung der Erdachse zur Bahnebene in unter-

schiedlicher Weise von der Sonne beschienen (Jahreszeiten) bezogen auf die Dauer der

Sonneneinstrahlung und die Größe des Einstrahwinkels. Eine Korrektur ist erforderlich. Der

polare Satellit wird in eine sonnensynchrone Umlaufbahn geschossen. Ein Steuerungsmanö-

ver sorgt dafür, dass sich die Umlaufebene des künstlichen Satelliten unabhängig von der

Jahreszeit immer im gleichen Verhältnis zur Sonneneinstrahlung einstellt (sonnensynchron).

80

Winter

Herbst

Sommer

Frühling

Bahnebene des

Satelliten

Erde

Sonne

Page 81: Comenius 2009-2011

Einsatz von MetOp-A als Satellit auf polarer Bahn

Quelle: http://www.dlr.de/caf/desktopdefault.aspx/tabid-5519/9216_read-17725/

Ein Beispiel für die Nutzung eines Satelliten auf polarere Umlaufbahn ist der Satellit MetOp –

A. MetOp (Meteorological Operational Satellite) heißt eine Serie von drei europäischen

Wettersatelliten mit erdnaher polarer Umlaufbahn. MetOp wird vom europäischen Wetter-

satelliten-Betreiber EUMETSAT und der europäischen Weltraumagentur ESA in Zusammen-

arbeit mit dem Unternehmen EADS, der französischen Weltraumagentur CNES und der US-

Wetterbehörde NOAA für das EUMETSAT Polar System (EPS) entwickelt. Das EPS dient

der operationellen Meteorologie und der Klimabeobachtung.

Durch höhere Auflösung der Bilder, bessere Beobachtung der Polar- und Nordatlantikregion

und durch Messung der Temperatur- und Feuchtigkeitsverteilung in bislang unerreichter

Genauigkeit wird MetOp dazu beitragen, das zuverlässige Vorhersageintervall von drei auf

fünf Tage zu verlängern.

Die erdnahe polare Umlaufbahn der MetOp-Satelliten macht sie zu einer idealen Ergänzung

der geostationären Wettersatelliten der Meteosat- Reihe. Durch die geringe Höhe von nur ca.

820 km ist die Auflösung der abbildenden Sensoren wesentlich besser als bei geostationären

Satelliten. Allerdings verkleinert sich im gleichen Maßstab das Blickfeld der Instrumente.

Satelliten mit polarer Umlaufbahn können innerhalb eines Tages nahezu die gesamte

Erdoberfläche abtasten.

81

Page 82: Comenius 2009-2011

Der erste Satellit (MetOp-A) mit einer Startmasse von 4.093 kg startete am 19. Oktober 2006

Uhr MESZ in Baikonur. Als Trägerrakete diente die modifizierte Sojus-2-1a/Fregat. 69

Minuten nach dem erfolgreich verlaufenen Start wurde MetOp-A von der Fregat-Oberstufe

ausgesetzt und hat nun ab Anfang 2007 den Betrieb aufgenommen.

Der Nachfolgesatellit MetOp-B soll nach derzeitiger Planung 2012 ebenfalls mit einer Sojus-

Rakete starten. Der Start des dritten Satelliten MetOp-C ist für 2015 vorgesehen.

Der Satellit besteht aus zwei Modulen: Das Servicemodul (service module) ist für die

Energieversorgung, die Lageregelung und die Steuerung (S-Band Übertragung der Teleme-

trie und Telekommandos) zuständig und wurde von der EADS in Frankreich auf Basis der

SPOT- Erdbeobachtungssatelliten entwickelt.

Das Nutzlastmodul (payload module) enthält die Instrumente und die Datenübertragung der

Nutzlastdaten zum Boden (im Wesentlichen X-Band) und wurde von der EADS in Deut-

schland (Friedrichshafen) entwickelt.

Der Satellit beobachtet mit seinen 13 Instrumenten das Wettergeschehen. Zusätzlich liefert

MetOp Umweltdaten. Dazu vermisst er hochgenau die Temperatur- und Feuchtigkeitsvertei-

lung, ebenso Spurengase in der Atmosphäre wie Ozon, CO und CO2, Stickoxide, Schwefel-

dioxid und Methan.

Verfasser: Olivia Pena Bianca Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Geostation%C3%A4rer_Satellit http://www.wendeling.net/scanner/geostat.html htpp://members.vol.at/vorarlberg.wetter/meteosat.htm www.ipn.uni-kiel.de/projekte/a7_2/umlauf.htm http://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Fernmeldeunion Projekt Staatliche Fachoberschule Regensburg (Kopernikus und Kepler - zwei bedeutende Europäer verbinden Deutschland, Polen und Tschechien)

82

Page 83: Comenius 2009-2011

5.3 Galilei und Kepler, die Vertreter der neuzeitlichen

naturwissenschaftlichen Forschung

Beginn der neuen naturwissenschaftlichen Forschung

Die heutige Naturwissenschaft ist im 17. Jahrhundert unter dem wesentlichen Einfluss der

Zeitgenossen Kepler und Galilei entstanden. Ihr wissenschaftliches Arbeiten beruht auf dem

Zwist der Begriffe Wahrheit und Hypothese. Die Erkenntnisse dieser beider Astronomen sind

für unsere Kommunikationsgesellschaft und die Entwicklung bis ins Jahr 2009 von großer

Bedeutung.

Genau 400 Jahre zuvor richtete Galileo Galilei erstmals ein zuvor in den Niederlanden

erfundenes Fernrohr zum Nachthimmel und machte so erstaunliche Entdeckungen, die die

Menschheit, aus dem Mittelpunkt, an den Rand des Universums drängten. Diese neuen

Erfahrungen über Sterne, Berge und Krater auf dem Mond sowie die Jupitermonde

veränderten die Vorstellung der Menschheit von der Welt, grundlegend. Kepler

veröffentlichte im selben Jahr in seinem Buch „Astronomia Nova“ die grundlegenden Geset-

ze der Planetenbewegung.

Galilei und Kepler führten zu einem Paradigmenwechsel in Beziehung zu unserem

Sonnensystem.

Fernrohr nach Galilei im Vatikanischen Museum

(Foto: Ludwig Zekeli)

Galileo als Beobachter

Galilei, gilt als Begründer des experimentellen Denkens aller Naturwissenschaftler. Seine

Beobachtungen und Erkenntnisse und deren mathematische Analyse schufen die Basis für

die Entwicklung der neuen Naturwissenschaften, die das mathematisch auswertbare

Experiment einführten und noch Isaac Newton beeinflusste.

83

Page 84: Comenius 2009-2011

Den Beitrag für die Wissenschaft leistete er, indem er statt nach dem "warum" eines Vor-

gangs, nach dem "wie" fragte. So stellte er seine Fragen an das Experiment und nicht an die

Spekulation. Er war der erste, der die Gesetze der Physik in mathematische Formeln um-

setzte. Die wahre Naturwissenschaft besteht in der Verbindung des Experiments mit mathe-

matischem Denken. Eine Reihe wissenschaftlich kontrollierter Experimente ist für ihn ein

Beweis für eine Gesetzmäßigkeit.

Mit der Entdeckung der 4 Jupitermonde und der Phasen der Venus bestätigt sich endgültig

seine sympathisierende Haltung zur Kopernikanischen Lehre vom heliozentrischen Welt-

system und verhalf dieser zu weiterem Auftrieb.

Die vier großen Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Callisto werden nach ihrem Entdecker auch die Galilei-schen Monde genannt. Io ist der vulkanisch aktivste Körper im Sonnensystem, und seine Oberfläche verändert sich zum Teil innerhalb von Wochen. Die Oberfläche von Europa besteht größtenteils aus Wassereis. Ganymed ist der größte Mond im Sonnensystem und sogar größer als der Planet Merkur. Callisto schließlich ist mit zahl-losen Einschlagskratern übersät und die Oberfläche scheint von einer dicken Staubschicht bedeckt zu sein.

(http://www.google.de/imgres?imgurl=http://berlinadmin.dlr.de/HofW/nr/268/Jupitermonde.jpg&imgrefurl=http://berlinadmin.dlr.de/HofW/nr/268/&h=397&w=600&sz=55&tbnid=ml90NE0wJYyH1M:&tbnh=89&tbnw=135&prev=/images%3Fq%3DJupitermonde&hl=de&usg=__TW5euRdXoEh7LXEGmy3Sf3CTwKI=&sa=X&ei=g0ITTL3WOI-NOPHvob0M&ved=0CC8Q9QEwAw)

Zu weitreichenden Konsequenzen für das religiös-philosophische Weltbild der Zeit führte

jedoch seine Erforschung des Sonnensystems, die bereits 1514 von Nikolaus Kopernikus

entwickelt worden war. Er war sich sicher, dass das ptolemäische- geozentrische Weltbild,

das auch von der Kirche vertreten worden war, nicht stimmen kann. Damit verhalf er der

sogenannten “kopernikanischen Wende” in der Weltsicht, im menschlichen Selbstverständ-

nis und in der Wissenschaftstheorie der beginnenden Neuzeit sich durchzusetzen.

84

Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Callisto Bild: Galileo, RPIF

Page 85: Comenius 2009-2011

Er begründete damit das neue Zeitalter der Wissenschaft und versuchte so diese Wahr-

heiten von der scholastisch traditionellen Lehre der Kirche abzugrenzen. Die Scholastik

erwartete nämlich von der Wissenschaft den Beweis des religiösen Glaubens, was Galilei in

den Zwiespalt mit der Kirche trieb. Um 1757 die Lehre von Kopernikus und Galilei anzuer-

kennen und ihre Werke aus dem Index der verbotenen Bücher zu nehmen brauchte die

Kirche noch mehr als ein Jahrhundert.

Obwohl Galileos Beitrag zur Entwicklung der modernen Physik und damit auch der Astro-

physik allein schon durch die Aufstellung der Fallgesetze unermesslich wertvoll ist, begnügte

er sich in der Planetentheorie mit Kreisbahnen, welche Kepler ablehnte. Hier zeigt sich, dass

Galileo mehr Physiker als Astronom war. Ferner sorgte er durch Verwendung der italieni-

schen Sprache zur allgemeinen Verbreitung seiner Forschungen in der Öffentlichkeit. Kepler

dagegen verwendete Latein als wissenschaftliche Sprache, die die allgemeine Bevölkerung

nicht verstand und so fand die Verbreitung der Erkenntnisse von Kepler nur in wissenschaft-

lichen Kreisen und bei der Kirche statt.

Regelbares Fernrohr nach Galilei

Vatikanische Museen Rom

(Foto: Ludwig Zekeli)

Kepler als Theoretiker Kepler legte mit seinen Gesetzen für die späteren Gravitationstheorien Isaac Newtons den

Grundstein. Er veröffentlichte im Jahre 1609 seine „Astronomia nova“, eines der bahnbre-

chensten Bücher über unser Sonnensystem. Keplers Wissenschaft diente in erster Linie dem

Erkenntnisgewinn und war von religiösen Zwangsvorstellungen losgelöst. Ihm gelang als

erstem die korrekte Beschreibung der Planetenbahnen. An die Stelle des im Altertum ver-

götterten Kreises als vollkommenste geometrische Figur setzte er die Ellipse, als die allein

tatsächliche mathematisch begründbare Planetenbewegungsbahn. So wurde aus dem

kosmographischen Mysterium bei Keplers gedanklicher Entwicklung eine „Physica

coelestis“(Himmelsphysik), d.h. die neue Astronomie. Die Mathematik erhellt das Dunkele im

Verständnis des Weltalls.

85

Page 86: Comenius 2009-2011

Bei Kepler gilt zwar als Voraussetzung der Erkenntnis zunächst die Hypothese (deduktive

Methode), vermittels derer sich der Zusammenhang der Dinge in der Natur ohne Widerspruch

erklären lässt. Ergänzend hierzu ist Galilei zu sehen, der die mathematische Physik als

selbständige Wissenschaft etablierte, die allgemein zur heutigen mathematischen Natur-

wissenschaft führte. Galilei entdeckt durch das Experiment die Natur(induktive Methode).

Hierbei spiegelt sich die Natur im mathematisch Bestimmbaren wider. Das Quantitative steht

im Mittelpunkt, d.h. die Natur wird mathematisch messbar.

Kepler, der als Theoretiker die Beobachtungen von Tycho Brahe, den er im Jahre 1600 in

Prag besuchte und seine langjährigen Beobachtungen über die Stellung der Himmelskörper

rein mathematisch auswertete, entwickelte die Gesetzmäßigkeiten der Umlaufbahnen der

Planeten ohne sie durch Beobachtungen zunächst begründen zu können. Obwohl Kepler

und Galileo beide Anhänger des Heliozentrismus waren, erhielt Kepler, wie oben schon

dargelegt, trotz mehrfacher Aufforderung kein Fernrohr von Galilei, welches er gerne zur

Bestätigung seiner Theorien einsetzen wollte. Zudem benutzte Kepler, wie andere Wissen-

schaftler, Latein als Sprache der Wissenschaft. Sie wollten damit verhindern, dass das

einfache Volk von ihren Lehren etwas mitbekam und vielleicht zu fragen begann. Galilei

hingegen war bestrebt, seine Erkenntnisse möglichst zu seinem Vorteil wirtschaftlich

umzusetzen und versuchte so, die Menschen zu überzeugen und sie zum eigenen Denken

anzuregen und verwendete in seinen Werken die italienische Sprache.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Exaktheit der theoretischen Auswertungen der

Messdaten von Tycho Brahe durch Kepler zwar allgemein anerkannt und von manchen

Fachkollegen bewundert aber nicht unbedingt neuen Einsichten zugeschrieben wurde, eben

als Hypothese bewertet wurden.

Jedoch beide, Kepler und Galilei leiteten bezogen auf die naturwissenschaftliche Forschung

zur Neuzeit über. Ihre beiden unterschiedlichen methodischen Ansätze bestimmen bis in die

heutige Zeit den Erkenntnisgewinn in der Naturwissenschaft.

Verfasser: Ayla Gürbüz

Quellen:

http://philosophieblog.de/heichele/zum-internationalen-astronomiejahr-2009

http://bildung.freepage.de/fbs/de_galil.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_Jahr_der_Astronomie_2009

http;//kepler-gellschaft.de/kepler-Foederpreis/2006/Platzl....

http:://www.textlog.de/6394html

http://www.erft.de/schulen/gymlech/galileo/galilei.htm

86

Page 87: Comenius 2009-2011

6. Einfluss der Erkenntnisse beider Astronomen auf die

kulturelle, religiöse und gesellschaftliche Entwicklung

6.1 Stellungnahme der Regensburger Arbeitsgruppe

Zur damaligen Zeit, diente die Wissenschaft der religiösen Vor-

stellung. Man hatte zudem die Aufgabe mit Hilfe der Forschung,

all die Aussagen der Bibel zu beweisen. Galilei und Kepler waren

die Vertreter dieser so genannten neuzeitlichen Naturwissen-

schaft, d.h. sie waren am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit in

der Wissenschaft beteiligt. Hauptsächlich waren beide an der

Verselbständigung der Wissenschaft tätig.

Anhand eines Zitats von Goethe/Faust lässt sich sagen:

„Der Mensch wollte wissen, was die Welt im innersten zusammenhält“.

Galilei und Kepler waren beide daran gebunden, die Wissen-

schaft von der religiösen Vorstellung zu lösen. Beide haben

das heliozentrische Weltbild vertreten sowie versucht, dieses

zu beweisen. (Spätere Beweisführung durch Newton). Diese

Vorstellung führte die Erde mit den Menschen aus dem

Zentrum an den Rand des damaligen Universums. In dieser

Zeitepoche fühlte sich der Mensch sozusagen verloren, da

diese Einstellung im Widerspruch zur damaligen religiösen

Auffassung stand. Die „Kopernikanische Wende“, die durch Galilei und Kepler endgültig

eingeleitet wurde, konnten damals nur wenige Gelehrte geistig nachvollziehen.

Keplers Entdeckungen und die Formulierung der drei Gesetze, die die Planetenbewegung im

Sonnensystem erklären, brachten großen Nutzen. Dank dieser Entdeckungen kann man

heute unter anderem jede Planetenbahn messen und

mit der Erde vergleichen sowie künstliche Satelliten

einsetzen. Außerdem wurden die drei Gesetze zum

Ausgangspunkt der Formulierung relativ einfacher

Gleichungen der Planetenbewegungen. Ohne diese

Gesetze wäre es schwierig, neue Planeten in neuen

Planetensystemen zu entdecken.

Unsere Sonne mit den Planeten

87

Page 88: Comenius 2009-2011

Ganze Jahrhunderte dachte man, dass die Erde im Mittelpunkt des Universums steht. Diese

Ansicht schien logisch zu sein, denn es sieht wirklich so aus, wenn man den Himmel

beobachtet, als ob Planeten, Sterne und die Sonne, die täglich auf- und untergeht, die Erde

umkreisen würden.

Warum dachte man, dass gerade die Erde im Mittelpunkt allen Geschehens steht? Warum

sollten alle Planeten und sogar die Sonne die Erde umkreisen?

Die Antwort ist unserer Meinung nach in der Kirchenlehre zu suchen, die die Weltentstehung

wie folgt erklärt:

„Gott schuf die Welt, er trennte das Licht von der Dunkelheit und den Himmel vom Wasser.

Dann schuf er Lichter am Himmel, die den Tag und die Nacht voneinander trennen und nach

denen man die Jahreszeiten und auch die Tage und Jahre bestimmen kann. Sie sollen die

Erde erhellen. Gott schuf zwei große Lichter, die Sonne für den Tag und den Mond für die

Nacht, dazu alle Sterne. Im Mittelpunkt steht der Kirchenlehre nach die Erde.“

Schon im Altertum gab es die ersten Theorien, die besagten, dass im Mittelpunkt des

Universums die Sonne steht (Aristarchos). Diese Theorien wurden schon im Altertum von

der herrschenden Priesterkaste abgelehnt und verboten. Im 16. Jahrhundert (Renaissance)

kam es nun durch Galilei und Kepler zum Durchbruch der neuen Theorien über die

Bewegungen der Himmelskörper um die Sonne.

Diese Theorien beeinflussten bedeutend die bisherige Wissenschaft und Gesellschaft. Die

Kirche protestierte gegen diese Theorien und Gesetze und es gelang ihr, sie allmählich zu

verbieten. Trotzdem beeinflussten Kopernikus, Galilei und Kepler die Denkweise der ganzen

Gesellschaft und die Entwicklung der Wissenschaft bis in die heutige Zeit.

88

Page 89: Comenius 2009-2011

Viele Wissenschaftler gingen später von den Theorien Kopernikus sowie Keplers und

Galileos aus. Isaac Newton in seiner Gravitationstheorie bediente sich der heliozentrischen

Theorie Kopernikus, Keplers und Galileis.

Die Keplerschen Gesetze als Basis sind bis heute gültig. Wir können dank dieser Gesetze es

ermöglich, dass die Erde von künstlichen Satelliten umkreist wird.

Jeder weiß, dass unsere Sonne als Bezugspunkt unseres Planetensystems gesehen wird

und dass die Planeten die Sonne umkreisen. Dank Galileo Galilei und Newton wissen wir,

dass die Sonne und ihre Planeten durch die Gravitation in Wechselwirkung zu einander

stehen.

Die Erkenntnisse, die wir heutzutage über das Sonnensystem und die Planetenbewegungen

haben, ergeben sich aus den Gesetzen von Johannes Kepler aus dem Anfang des 17.Jh.

Diese Gesetze beeinflussen das Leben eines jeden. Man findet sie in jeder Enzyklopädie

und man lernt in der Schule in Physik oder Geografie, dass die Sonne als Bezugspunkt

unseres Sonnensystems gilt und die Planeten die Sonne in elliptischen Bahnen umkreisen.

Dieses Modell unseres Sonnensystems wird als grundlegende Erkenntnis anerkannt. In der

modernen weiteren Entwicklung dieser Erkenntnisse wurde und wird das Modell weiter

verfeinert. Man weiß heute, dass die Sonne nicht in der geometrischen Mitte der Planeten-

bahnen steht, da die Planeten, die sich um die Sonne bewegen, sich gegenseitig beein-

flussen. Heute wird als Bezugspunkt unseres Sonnensystems der gemeinsame Massen-

schwerpunkt der Sonne und Planeten (Baryzentrum) gesehen. Dieser Punkt liegt zwar noch

in der Sonne, aber abweichend vom Schwerpunkt der Sonne.

Hinzu kommt noch die Aussage des Relativitätsprinzips nach Einstein, das bezogen auf das

Universum keinen Punkt kennt, der von allen anderen ausgezeichnet ist und als absoluter

Bezugspunkt gesehen werden könnte.

Entsprechend dieser Relativitätstheorie kommt man sogar zum Schluss, dass die

mathematisch formulierten Gesetze bezogen auf das heliozentrische System nach Kepler

rein rechnerischer Natur sind und eine gewisse aber praktikable Vereinfachung in der

Handhabung z.B. auch in der Satellitentechnik darstellt.

Fred Hoyle schrieb, dass nach der Hauptlehre von Einstein alle Möglichkeiten der Wahl des

Bezugspunke völlig äquivalent sind, sofern diese Möglichkeiten miteinander über die

Koordinatenumwandlung verbunden sind.

In dieser Auffassung spiegelt sich die Relativität im philosophischen Sinne wider, die damit

aber auch wieder im Gegensatz zur religiösen Auffassung steht, die ja nach der absoluten

Wahrheit, d.h. auch nach dem absoluten Bezugspunkt fragt und einem Relativismus

skeptisch gegenüber steht.

89

Page 90: Comenius 2009-2011

Heutzutage können wir das Gefühl der Unsicherheit, welche die Menschen früher (16. -17.

Jahrhundert) im Zusammenhang mit den Theorien von Kopernikus und Kepler verspürten, so

nicht mehr teilen, da diese Vormachtstellung des Menschen im Universum aufgrund des

wissenschaftlichen Fortschritts, wodurch auch der Glaube in den Hintergrund rückte, nicht

mehr essentiell ist.

Laut Meinung unserer Gruppe war es ein reiner Zufall der Ereignisse, dass Lebensformen

auf der Erde entstanden sind. Dazu gehören unter anderem: Unser Zentralgestirn gehört

zu einer der kleineren Sonnen, verbrennt also den Wasserstoff aufgrund des nicht allzu

hohen Innendrucks langsamer, so dass die Lebensdauer ausreicht, damit sich Leben ent-

wickeln konnte.

Außerdem war es reiner Zufall, dass unser Planet in den Anfängen der Entstehung unseres

Sonnensystems mit einem anderen Planeten kollidiert ist und somit den Mond aus unserem

Planeten geschlagen hat. (Die beiden Planeten vereinigten sich aufgrund der hohen Ener-

gien zu einem Planeten, die Erde). Der Mond bremst die Erde in der Drehgeschwindigkeit,

so dass ein für Leben nötiger Tag – Nacht – Rhythmus entstanden ist.

Die Liste solcher zufälligen Gegebenheiten könnte noch viel weiter ausgedehnt werden. Der

im Mittelalter vorherrschende Gedanke von Himmel-Erde-Hölle und dass der Mensch ein

Unikat, die einzigartige Schöpfung Gottes ist, geht mit diesem Gedanken weitestgehend

verloren. Ausgelöst durch die Gedanken von Kopernikus, Kepler und Galilei entwickelte sich

die wissenschaftliche Erforschung des Universums bis in das „Unendliche“.

Ausgehend von unserer Galaxie, erforscht man die Galaxien, die sich nahezu dem

Unendlichen befinden. Es entwickeln sich Theorien, die nicht nur von einem Universum

ausgehen, sondern von vielen anderen, dem so genannten Multiversen.

Der Mensch rückt, rein naturwissenschaftlich betrachtet, an den Rand eines riesigen, unper-

sönlichen Universums. Da man keinen absoluten Bezugspunkt in naturwissenschaftlichen

Sinne bisher gefunden hat, empfindet sich der heutige Mensch von der objektiven Außenwelt

getrennt. Seine Stellung ist im Kosmos scheinbar unwiderruflich relativiert.

Nach Richard Tarnas „Wissen des Abendlandes“ ist die einzige

Wirklichkeit, zu der der Mensch unmittelbaren Zugang hat, die eigene

Erfahrung, das heißt die wahrgenommene Welt ist somit nur eine

Interpretation des Geistes von der Welt.

Der Geist kann nur Phänomene erfahren, nicht Dinge an sich; nur

Erscheinungen, keine unabhängige Wirklichkeit. Im modernen

Universum sei menschlicher Geist allein. (Der postmoderne Mensch -

Double- bind Zustand des Menschen.)

90

Page 91: Comenius 2009-2011

Historisch gesehen kann die Denkweise des Menschen ausgehend vom Mittelalter

bis heute wie folgt gesehen werden:

Die Forderung nach Selbstverantwortung sowie die Verantwortung für den Mitmenschen und

die Gesellschaft sollte heute im Mittelpunkt des heutigen Denkens und Handelns stehen.

Der Einsatz von Weltbildern, die wertvoll sind und verbessernde Konsequenzen für die

Menschheit hervorbringen, sind erforderlich.

Verfasser: Pamela Kancelista

Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kosmologie

http://de.wikipedia.org/wiki/Feinabstimmung_der_Naturkonstanten

http://www.phillex.de/wende.htm

Richard Tarnas „Wissen des Abendlandes“ http://de.wikipedia.org/writer/Heliozentrisches_Weltbild

Kopernikus und Kepler-Zwei bedeutende Europäer verbinden Deutschland, Polen und Tschechien (Staatl. FOS Regensburg)

91

Page 92: Comenius 2009-2011

6.2. Vortrag von StR Ulrich Betz am 16.03.2010 zum Thema

„Gesellschaftliche Relevanz der Forschungen von Kepler und Galilei „

Liebe Anwesende!

Man könnte Hartwig Grasses Weisheit, in seiner Eigenschaft als Projektkoordinator, bei der

Auswahl des Referenten durchaus in Zweifel ziehen: 17 Physiklehrer kann Ihm die Schule

bieten, die die 3 Kepler'schen Gesetze wesentlich besser erklären könnten als ich mit

meinen Fächern katholische Religionslehre und Mathematik.

Man könnte seine Weisheit auch bei der Themenstellung in Zweifel ziehen, denn man kann

m. E. überhaupt nicht über Kepler und Galilei sprechen. Und damit scheint mein Vortrag

aufgrund personeller wie inhaltlicher Defizite von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Da Du, lieber Hartwig, mit bezwingendem Charme und taktischem Geschick mich trotzdem

für diese Veranstaltung rekrutiert hast, begann ich Nachforschungen anzustellen und fand

heraus, dass einer meiner Schutzbefohlenen, Kepler und einer seiner Vorgänger,

Kopernikus nicht in erster Linie oder zumindest nicht ausschließlich Physiker, sondern wie

ich Mathematiker und Theologen waren:

Kopernikus studierte u. a. Mathematik in Krakau und Kirchenrecht in Bologna und Ferrara,

bekleidete ein Amt als Domherr und betrieb die Astronomie nebenbei als Privatvergnügen.

Kepler wurde von dem dänischen Astronomen Tycho Brahe nicht seines astronomischen,

sondern seines mathematischen Talents wegen nach Prag berufen, fühlte sich als über-

konfessioneller Christ, ließ sich trotz beruflicher Nachteile nie von seinem protestantischen

Glauben abbringen und verfasste eine religiöse Unterweisung für seine Kinder, die sogar in

gedruckter Form erhalten ist.

Auf dem Hintergrund dieser Erkenntnisse begann ich, meinen Auftrag mit anderen Augen zu

sehen: Wenn Hartwig einen Mathematik– und Religionslehrer über einen religiösen Mathe-

matiker reden lässt, auch wenn dieser der Nachwelt vor allem durch seine physikalischen

Arbeiten bekannt ist, dann will er vielleicht gar nicht, dass dieser Mathematik– und Religions-

lehrer ausschließlich oder auch nur vorwiegend über physikalische Ergebnisse redet.

Und damit sind wir beim zweiten eingangs angeschnittenen Problem: Man kann nicht über

die zwei Astronomen Galilei und Kepler reden. Man muss m. E. über mindestens 2 weitere

Astronomen – Kopernikus und Newton – reden.

92

Page 93: Comenius 2009-2011

Man kann auch nicht einfach über das Verhältnis von Flächen, Zeiten und Halbachsen

reden.

Man muss über das Verhältnis von Vernunft, Wissenschaft und Glaube reden, wenn man der

Problematik, die mit Kepler und Galilei ihren Anfang nimmt, gerecht werden will.

Dem Domherrn Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543) schrieb der Theologe Osiander ein Vor-

wort in dessen "Kreisbewegung der Himmelsbahnen", ohne Kopernikus zu informieren, um

Erlaubnis zu fragen oder dieses Vorwort als von ihm, Osiander, stammend, zu kennzeich-

nen. In diesem Werk widerspricht Kopernikus dem ptolemäischen System, das die Erde zum

Mittelpunkt des Planetensystems erklärt. Diese Lehre wurde schon länger bezweifelt, Koper-

nikus selbst verweist auf Aristarchos von Samos, einen griechischen Astronomen des 4. und

3. Jh. v. C. Kopernikus kommt aber das Verdienst zu, die Ablehnung des Geozentrismus als

erster klar formuliert zu haben.

Das erwähnte Vorwort des Theologen Osiander relativiert dieses klare Nein jedoch dahin-

gehend, dass die heliozentrische Vorstellung (also die Sonne als Mittelpunkt) nur ein astro-

nomisches Denkmodell sei und nicht die wirklichen Verhältnisse wiedergebe. Tatsächlich

war die Grundlage der Argumentation Kopernikus', dass das geozentrische Modell für die

mathematische Vorhersage der Planetenbahnen ungeeigneter sei als das heliozentrische. Er

blieb jedoch einen hieb- und stichfesten Beweis schuldig – diesen sollte erst 1839 der

Königsberger Astronom Bessel erbringen. Auch hielt Kopernikus an der seit Aristoteles

üblichen, aber falschen Theorie, die Planetenbahnen seien kreisförmig, fest.

Hier kommt Johannes Kepler (1571 – 1630) ins Spiel: Mit Hilfe der Daten des 1601 ver-

storbenen Tycho Brahe fand Kepler die 3 nach ihm benannten Gesetze:

1) Die Planetenbahnen sind Ellipsen mit der Sonne als einem Brennpunkt.

2) Die Verbindungslinien Sonne – Planet überstreichen in gleichen Zeiten gleich große

Flächen.

3) Die Quadrate der Umlaufzeiten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen

Halbachsen.

Daraus entwickelte er Anfänge einer Theorie der Gravitation, die Newton später

vervollkommnen sollte.

Kepler, Kopernikus, Newton und die Wissenschaft sind damit genannt, wo bleiben Galilei,

der Glaube und vor allem die Vernunft?

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Wir haben gehört, dass Kopernikus' Erkenntnisse von dem Theologen Osiander "entschärft"

wurden.

Kepler war Neuplatoniker und sah es erklärtermaßen als sein Ziel an, mit der Astronomie

Gott zu dienen und zwar dadurch, dass er nachweise, dass der Schöpfer die bestmögliche

aller Welten geschaffen habe, indem er die ihr verborgen zugrunde liegenden

mathematischen Muster aufdecke. Im Gegensatz zu Kopernikus setzte er selbst seinem

Werk Mysterium Cosmographicum eine Einleitung über die Verträglichkeit der

Kopernikanischen Lehre mit der Heiligen Schrift voraus. Der Tübinger Senat verbot es

allerdings trotzdem.

Auch Tycho Brahe nahm Rücksicht auf die Kirche, wenn er behauptete, dass sich zwar alle

Planeten um die Sonne bewegten, diese aber wie der Mond um die Erde kreist.

So ging alles relativ gut, bis Galilei mit der Untersuchung der Jupitermonde und der Licht-

phasen der Venus einen neuen Hinweis auf die Bewegung der Erde um die Sonne fand (wir

erinnern uns: der endgültige Beweis gelang Bessel im 19. Jh.) und nicht vorsichtig – oder

bescheiden? – genug war, damit hinter dem Berg zu halten. Dies trug ihm bekanntermaßen

1616 einen Inquisitionsprozess ein, der in einer zweiten Auflage 1633 mit lebenslangem

Hausarrest endete. Interessant ist, dass im Zusammenhang mit Galileis erstem Prozess

auch lange vorher erschienene Werke von Kopernikus auf den Index gesetzt wurden. Kepler

war schon 1613 der Ketzerei bezichtigt worden, 1626 wurde seine Bibliothek wegen ketze-

rischer Inhalte beschlagnahmt. Auf den Index musste ihn die katholische Kirche nicht setzen,

da er Protestant war und denen glaubte man als strammer Katholik im 17.Jh. ohnehin nichts.

Mit diesen Verurteilungen bin ich an dem Punkt angelangt, auf den ich Ihr Augenmerk

vornehmlich richten will: Den Konflikt zwischen dem Glauben auf der einen und Wissen-

schaft und Technik auf der anderen Seite, den man so bei Galilei zum ersten Mal deutlich

erkennen kann.

In der römischen Antike stellt sich die Frage aufgrund eines zunehmend sinnentleerten,

schwachen Glaubens nicht, im christlichen Mittelalter stagniert bzw. verkommt die Wissen-

schaft und stellt keinen ernstzunehmenden Gegner für den aufblühenden Glauben dar. Erst

mit Beginn der Neuzeit wird zunächst vom Renaissance-Humanismus ein Vorrang der Ver-

nunft vor dem Glauben eingefordert, in der Moderne sind es dann vor allem Naturwissen-

schaft und Technik, die die kirchlichen Lehren infrage stellen.

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Denken Sie an Fragen der Empfängnisverhütung, der künstlichen Befruchtung, des Klonens,

der Stammzellenforschung, aber auch des Lebensendes und der Apparatemedizin. Bevor

wir auf diese aktuellen Bezüge eingehen können, gilt es jedoch, den ursprünglichen Konflikt

genauer zu analysieren:

Dem modernen Menschen stellt sich die Frage, wieso sich die Kirche überhaupt für astro-

physikalische Probleme interessierte. Dafür gab es vor allem zwei Gründe:

Zunächst widersprach das heliozentrische System dem biblischen Buch Josua. Dort heißt es

in Kapitel 10, Vers 12: "Sonne, bleib stehen über Gibeon

und du, Mond, über dem Tal von Ajalon.

Und die Sonne blieb stehen und der Mond stand still,

bis das Volk an seinen Feinden Rache genommen hatte."

Zudem befürchtete die Kirche psychologische Auswirkungen: Der Mensch müsse sich von

Gott verlassen vorkommen, wenn er, die Krone der Schöpfung, nicht mehr im Mittelpunkt der

Welt stehe.

Die Kirche hat ihren Irrtum eingesehen – zugegebenermaßen sehr spät. Kopernikus wurde

1835 vom Index genommen, Galilei 1992 von Papst Johannes Paul II. rehabilitiert. Ich

glaube aber, dass die Auseinandersetzung damit keineswegs beendet ist. Im Bewusstsein

vieler Zeitgenossen ist die Kirche nur ein ärgerliches Hindernis auf dem Weg des Fort-

schritts, die Vernunft steht auf der Seite von Wissenschaft und Technik. Die Rehabilitation

Galileis von 1992 so zu deuten wäre aber m. E. verfehlt. Man fiele damit nur von einem

Extrem ins andere: Dem Glauben die Deutungshoheit über wissenschaftliche Forschungs-

ergebnisse einzuräumen war falsch, also folgert man, das Verhältnis müsse sich umkehren:

Wissenschaft und Technik haben die Oberhoheit über den Glauben. Doch dabei wird etwas

Wesentliches übersehen: Wissenschaft und Technik sind wie auch der Glaube oder das

Wirtschaftssystem keine Herren. Sie sind Diener. Diener des Menschen.

In seiner neuesten Enzyklika Caritas in Veritate vom Juni 2009 greift Benedikt XVI. einen

Gedanken des II. Vatikanischen Konzils auf und erweitert ihn:

Der Mensch ist Urheber, Mittelpunkt und Ziel aller Wirtschaft und Wissenschaft, der Politik

und der Medien.

Und Benedikt verdeutlicht:

Glaube ohne Wissenschaft oder Vernunft ist in der Gefahr, fundamentalistisch zu werden.

Aber auch Wissenschaft ohne Glaube und Weisheit ist in Gefahr, kalt und unmenschlich zu

werden.

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Die Kirche darf nicht wie 1616 Forschungsergebnisse der Wissenschaft unterdrücken. Bei

der technischen Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf den Menschen aber hat sie

und haben alle gesellschaftlichen Gruppen – Umweltorganisationen, Menschenrechtler,

Gewerkschaften, Vertreter der Interessen von Kindern, Senioren und Armen – durchaus

mitzureden. Die bloße wissenschaftlich– technische Machbarkeit eines Vorgehens wie des

Klonens und menschliche Neugier und Forscherdrang allein stellen noch keine moralische

Rechtfertigung dar. Es ist die Aufgabe von Wissenschaft, Wirtschaft, Religion und Politik, in

einen sachlichen und vernünftigen Dialog miteinander zu treten und dem Menschen und der

Menschheit als Ganzes zu dienen, ähnlich wie es Kepler in der Sprache seiner Zeit

formulierte: "Gott zu dienen" – und der hat immer das Wohl der Menschen im Sinn.

Ich möchte diesen Gedanken des notwendigen Dialogs mit einem Bild verdeutlichen.

Nehmen wir z.B. eine Konservendose. Wenn Sie sie mit einer Lampe von oben beleuchten,

wirft sie einen kreisförmigen Schatten. Beleuchten Sie sie aber von der Seite, hat der

Schatten die Form eines Rechtecks. Die Schatten bilden einen Widerspruch: Ein Objekt

kann nicht gleichzeitig ein Kreis und ein Rechteck sein. So scheint es sich auch mit Wissen-

schaft und Glaube zu verhalten: entweder hat Galileo recht oder der Papst. Aber beide, Kreis

und Rechteck, kommen von derselben Quelle, der Konservendose. Und ebenso sind

Wissenschaft und Glaube beide Abbilder der Welt, der Wirklichkeit. Und es ist eben nicht

einer von beiden die wahre Aussage über die Welt, beide sind nur verzerrte Abbilder, farb-

lose Schatten. Kombiniert man aber beide, erfährt man mehr über die Welt, als einer von

beiden alleine aussagen könnte.

Zu dieser gegenseitigen Ergänzung sollten Glaube und Wissenschaft umso mehr bereit sein,

als sie beide rückblickend Fehler eingestehen müssen. Über die kirchlichen wurde bereits

gesprochen, die der Wissenschaft müssen noch einmal hervorgehoben werden: So irrte

Ptolemäus (100–160 n. C.) mit seiner geozentrischen Theorie. Aber seine Aussagen über

Exzentrizität, Epizykel, mathematische Musiktheorie und Optik behielten Gültigkeit bis

mindestens ins 17. Jh. und z. T. darüber hinaus. Und Kopernikus, der ihn verbesserte, hielt

wie er an der falschen Annahme von Kreisbahnen fest. Dies zeigt, dass Wissenschaft eben

nicht, wie gerne angenommen, das Bewiesene und Feststehende ist, sondern sich durch

Irrtümer und Vorläufigkeiten weiterentwickelt und sich nie sicher sein kann, in ihren Theorien

von einer nahen oder fernen Zukunft widerlegt zu werden.

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Um es noch einmal zusammenzufassen: Man kann nicht über Kepler und Galilei reden. Man

muss darüber reden, dass Galilei zwar keine falschen oder für den Menschen schädlichen

oder gefährlichen Erkenntnisse hatte, wie ihm unterstellt wurde; dass aber an diesem

historischen Punkt diese der Wissenschaft innewohnende Gefahr zum ersten Mal erkannt

und debattiert wurde: Dass Wissenschaft nicht alles darf, was sie kann.

Wenn diese Dimension wissenschaftlicher Forschung in Ihren zukünftigen Arbeiten zu Kepler

und Galilei ihren Platz findet, würde es mich freuen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

Verfasser: Ulli Betz, Berufliche Oberschule Regensburg

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