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BAUEN & Wohnen September 2015 Ausgabe Nr. 17 gratis Themenheft INTERVIEW Baubürgermeister Martin Haag im Gespräch VERBOT Zweckentfremdung schwer zu fassen KLAUSEL Vom Sinn und Unsinn des verordneten Mietwohnungsbaus

chilli Themenheft

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Bauen & Wohnen, September 2015

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BAUEN & Wohnen

September 2015Ausgabe Nr. 17

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INTERVIEWBaubürgermeister Martin

Haag im Gespräch

VERBOTZweckentfremdung schwer zu fassen

KLAUSELVom Sinn und Unsinn des

verordneten Mietwohnungsbaus

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Editorial

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K ein Thema beschäftigt die Baubranche seit Monaten so sehr, wie die völlig über-

raschende Entscheidung des Frei-burger Gemeinderats, künftig bei Bauvorhaben in neuen Bebauungs-plänen 50 Prozent sozialen Miet-wohnungsbau vorzuschreiben. Wie viele Bauanträge, die der neuen Klausel gehorchen müssten, seit jenem 19. Mai gestellt wurden? Kei-ner, sagt Baubürgermeister Martin Haag im Interview. Er glaubt auch nicht, dass da viel kommt. Die Re-daktion hat sich bei den Beteilig-ten der Branchen umgehört. Und ein facettenreiches Bild entworfen.

Die 17. Ausgabe der Sonderpubli-kation Bauen & Wohnen wirft aber auch einen Blick auf neue Baupro-jekte in der Region, hinterfragt den Erfolg des Freiburger Zweck-entfremdungsverbots, berichtet von den Bilanzen und Plänen der größten Freiburger Wohnungsbau-unternehmen, sprach mit den wich-

tigsten Maklern im Wohnungs- und Gewerbeflächenmarkt und be- suchte auch die Teninger Firma Kopfmann Elektrotechnik. Bei ei-nem Gespräch mit HWK-Präsident Johannes Ullrich hatte der erzählt, dass Kopfmann den ersten Flücht-ling im Zuständigkeitsbereich der Kammer eingestellt hat. Jaber Judeh ist Palästinenser und war vor dem Assad-Regime aus Syrien geflohen. Ein gutes Beispiel für unternehme-risches Handeln ohne Vorurteile und gelingende Integration. Zum Schluss noch was Exklusives: Der Verein Stadtmodell Freiburg baut derzeit am ersten gesamtstädt-ischen Modell der Stadt. Die erste Platte im Maßstab 1:1000 ist nun fertig. Wir haben zugeschaut. Und wünschen anregende Lektüre.

Lars Bargmann, Chefredakteur

Die heftig umstrittene 50-Prozent-Klausel

Editorial / Inhalt 3

Titel: Baubürgermeister Martin Haag im Interview 4-6

Politik: Die höchst umstrittene- 50-Prozent-Klausel für sozialen Mietwohnungsbau 8-10

Wohnungsbau: Stuckert in Kenzingen und der Wiehre 12

Makler: S-IMMO erfolgreich 14

Genossen: Familienheim und Bauver-ein mit guten Bilanzen 16-17

Stadtbau: Starke Zahlen, strammes Programm 18

Recht: Das Zweckentfremdungsverbot ist ein stumpfes Schwert 20

Neubau: WOBAG entdeckt

die Hanglage 22

Marketing: FWTM goes Expo Real 23

Gewerbe: MSI plant Haid-Haus um 24

Unternehmen: Kopfmann beschäftigt Flüchtling 26

Baurecht: Warum Anwälte Bauminister kritisieren 28-29

Makler: Volksbank-Spezialisten im Interview 30

Alleskönner: Dürrschnabel Industriebau 32

Projekte: Spatenstich am Siegesdenkmal 33

Exklusiv: Freiburg-Modell 1:1000 34-35

Neubau: Siedlungswerk gewinnt Wettbewerb 36

News: 37

Kommentar 38

Inhalt

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E r steht vor einem Fenster in seinem Büro im Technischen Rathaus. Im Hintergrund ein zwei-geschossiger Rohbau, eine Betonpumpe, Bauar-

beiter. In das Gebäude wird er mal ziehen, Freiburgs Baubürgermeister Martin Haag. Ganz nach oben in den fünften Stock. 80 Millionen Euro kostet allein der erste Bauabschnitt fürs neue Super-Rathaus, bis zu 100 Millionen Euro wird der Neubau der Staudin-ger Gesamtschule kosten, 117 die neue Arena samt Infrastruktur für den SC Freiburg. »Wir bewältigen hier aktuell das größte Bauprogramm in der jünge-ren Geschichte der Stadt Freiburg0«, sagt der partei-lose Chef der Freiburger Bauverwaltung. Was er im Gespräch mit chilli-Chefredakteur Lars Bargmann nicht sagt: Wo der Perspektivplan die dringend nöti-gen neuen Wohnbauflächen aufzeigen wird.

chilli: Herr Haag, neulich frohlockten Sie vor Journa-listen, dass Sie – nachdem Sie mal selber nachgezählt haben – gar nicht so wenig genehmigen, wie Sie selber geglaubt haben (siehe Infobox). Ist damit im Baudezernat nun alles in Butter? Haag: Wir haben immer schon gedacht, dass wir mehr genehmigen, als das Statistische Landesamt an Zahlen veröffentlicht. Dieses Defizit lag bei uns und ist jetzt auf-gelöst. Wir sind also recht nah dran am Ziel, 1000 neue Wohnungen pro Jahr zu genehmigen. Aber das heißt nicht, dass alles prima ist. Es wird schwer, diese Zahlen Jahr für Jahr zu erreichen, weil die einfachen Flächen im-mer weniger und die schwierigen immer mehr werden.

chilli: Führen Sie auch eine Statistik darüber, wie viele Wohnungen aus welchen Gründen nicht genehmigt werden? Haag: Nein.

chilli: Oberbürgermeister Dieter Salomon hat un-längst gesagt, die Bauverwaltung sei schneller gewor-den, müsse aber noch schneller werden. Wann sagen Sie: Jetzt fahren wir mit dem richtigen Tempo für die wachsende Stadt Freiburg? Haag: Wir werden von der derzeitigen Entwicklung überholt, und der rechtliche Rahmen ist nicht so aus-gestaltet, dass wir mithalten können. Im Moment könnten wir ja auch 1500 Wohnungen genehmigen und auch die würden Bewohner finden. Zudem müs-sen wir der humanitären Verpflichtung nachkom-men, die steigende Zahl an Flüchtlingen unterzubrin-gen. Allen gerecht zu werden, bleibt ein ständiger Kampf.

chilli: Der tobt auch im Gemeinderat. Das Gremium hat im Mai mit kurioser Mehrheit beschlossen, dass künftig bei größeren Bauvorhaben 50 Prozent Sozial-mietwohnungsbau gemacht werden muss. Experten sprechen von einem Bauverbot durch die Hintertür. Wie sehen Sie den Beschluss? Haag: Gemeinderatsbeschlüsse müssen wir umset-zen. In der Praxis zeigt sich eine erhebliche Verun-sicherung, der Beschluss greift ja auch in laufende Verfahren ein …

» Es bleibt ein ständiger Kampf«BauBürgErmEIstEr martIn Haag üBEr DIE umstrIttEnE 50-ProzEnt-KlausEl,

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Martin Haag vor dem Neubau und mit Lars Bargmann im Altbau: »Der Beschluss hat mir das Leben deutlich schwerer gemacht.«

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chilli: … die ersten Ausnahmen hat es kürzlich gegeben, als der Gemeinderat die Planungen für rund 650 neue Wohnungen in den Baugebieten »Höhe« in Zähringen und »Zinklern« in Lehen nach den alten Vorgaben be-schlossen hat. Haag: Das war richtig. Ich verstehe zwar das Anliegen der Mehrheit, denn wir haben tatsächlich zu wenig ge-förderten Mietwohnungsbau gemacht, und jedes Jahr fallen wieder Wohnungen aus der Preisbindung. Aber mit der aktuellen Beschlusslage kommen wir nicht wei-ter. Denn entweder, wir verhandeln diese Forderung mit den Eigentümern weiter, dann wird es auf unbestimmte Zeit gar kein neues Baugebiet geben, was ja keiner will, auch nicht die, die den Beschluss gefasst haben. Oder wir brauchen ständig Ausnahmen. Dadurch werden wir auch nicht schneller. In den Tuniberg-Gemeinden etwa muss ich mit der Forderung nach 50 Prozent sozialem Mietwohnungsbau ja gar nicht erst antreten.

chilli: Auch die Stadt selber wird Ausnahmen beantragen? Haag: Das bleibt abzuwarten.

chilli: Wie viele unter die neue Regelung fallende Bauan-träge sind nach dem Beschluss gestellt worden? Haag: Keiner. Ich glaube auch nicht, dass da viel kommt.

chilli: Trifft die 50-Prozent-Klausel auch auf das Bauge-biet Stolberger Zink zu, wo rund 150 neue Wohnungen gebaut werden könnten?Haag: Das ist ein besonderes Thema. Wir können als Stadt nur Bedingungen stellen, wenn die Eigentümer durch das Baurecht Bodenwertsteigerungen haben. Bei Stolberger ist der Bodenwert momentan negativ. Durch den Bebau-ungsplan erreichen wir hier vielleicht nur null. Dies wurde auch in einem städtebaulichen Vertrag so geregelt.

chilli: Mal angenommen, der Beschluss würde auch für den neuen Stadtteil Dietenbach gelten, dann müssten da 2500 Einheiten als geförderte Mietwohnungen gebaut

werden. Haben überhaupt genug Menschen einen Be-rechtigungsschein?Haag: Bei meinem Kollegen Ulrich von Kirchbach (Sozi-al- und Kulturbürgermeister, d. Red.) stehen aktuell 1300 Haushalte auf der Warteliste. Wir müssen doch aber auch schauen, was für ein Quartier verträglich ist, wo es viel-leicht sinnvoll ist, 50 Prozent zu machen und wo nicht. Die Forderung nach 50 Prozent sozialem Mietwohnungs-bau wird auch den Ergebnissen der Empirica-Studie nicht gerecht. Wir brauchen auch geförderten Eigentumswoh-nungsbau. Und zudem vergisst der Beschluss die soge-nannten Schwellenhaushalte, die keine Sozialwohnun-gen bekommen würden, aber auch nicht das große Geld für teure Eigentumswohnungen haben. Junge Familien vor allem. Aber auch Handwerker, Polizisten, Kranken-schwestern. Wir müssen den gesamten Wohnungsmarkt im Blick haben.

chilli: Sehen Sie Ihre eigene bisherige Arbeit vom Be-schluss attackiert? Haag: Nein, aber er macht mir das Leben deutlich schwe-rer. Auf der einen Seite sollen wir 1000 Wohnungen ge-nehmigen, auf der anderen werden die Anforderungen ständig höher. Das ist die Quadratur des Kreises. Entwe-der will ich schnell sein oder ich will hohe Standards. Bei-des zusammen ist unrealistisch.

chilli: Im geplanten Stadtteil im Dietenbach sollen 5000 Wohnungen für bis zu 12.000 Menschen gebaut werden. Hier gehören 62 Prozent der Ackerfläche 390 privaten Ei-gentümern. Sie haben dem chilli mal gesagt, dass diese maximal 15 Euro pro Quadratmeter plus einer Beschleu-nigungspauschale von drei Euro bekommen könnten. Sonst droht ihnen die Zwangsenteignung. Jetzt soll es einen neuen Weg zu einem weniger konfrontationsrei-chen Preis geben …Haag: Das ist eine schwierige Kiste. Wir sind an die 15 Euro gebunden, sonst müssten wir die Entwicklungs-maßnahme stoppen und völlig neu starten. Das wollen wir absolut vermeiden. Wir sind mit Rechtsanwalt Tho-mas Burmeister (er vertritt 220 Eigentümer, d. Red.) im Gespräch. Es gibt vielleicht eine neue Möglichkeit, indem die Eigentümer, die jetzt unerschlossene Grundstücke einbringen, nach der Erschließung auch wieder Grund-stücke kriegen.

chilli: Günstiger als andere?Haag: Nein. Aber sie kriegen welche und andere kriegen keine. Sie haben bevorzugte Nutzungsrechte. Wir müs-sen aber klären, was das wert ist. Und wir gehen davon aus, dass nicht alle Eigentümer dann selber bauen wollen und da dann 3000 Wohnungen hinstellen.

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Neues Rathaus: 80-Millionen-Ellipse: Platz für 840 Mitarbeiter.

stadtentwicklung

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chilli: Könnte der Rückerwerber sein Grundstück wei-terverkaufen?Haag: Eigentlich sieht das das Gesetz nicht vor. Aber genau an dem Punkt sind wir. Wir prüfen, ob und wenn ja welche Möglichkeiten es da gibt.

chilli: Die Aurelis Real Estate, der noch große Flächen auf dem Güterbahnhof gehören, hat Ihnen nach unse-ren Informationen in einem internen Papier bis zu 1120 zusätzliche Wohnungen auf dem Areal angeboten, die teilweise durch Befreiungen vom Bebauungsplan oder auch mit Änderungen desselben möglich wären. Sind die Gespräche im Sande verlaufen? Haag: Nein, wir sprechen immer noch miteinander, die Vorstellun-gen gehen aber noch weit ausein-ander.

chilli: Kann sich die Stadt überhaupt leisten, auf 1120 Wohnungen zu verzichten? Haag: Selbstverständlich nicht. Wir können uns vorstel-len, da mehr Wohnungen zu machen, 1120 werden es aber nicht. Es gibt verschiedene Interessen, die Wirtschaftsför-derung will an den Gewerbeflächen festhalten …

chilli: … braucht Freiburg so viele neue Gewerbeflächen?Haag: Kurzfristig sicher nicht. Wir haben die Bahn-hofsachse, im Gewerbegebiet Haid steckt großes Ent- wicklungspotenzial, wir sind bei den Gewerbeflächen deutlich besser aufgestellt als beim Wohnen. Aber lang-fristig mag das anders aussehen, zumal eine wachsen-de Bevölkerung auch mehr Arbeitsplätze benötigt. Auch deshalb wollen wir im Güterbahnhof an der Nutzungs-mischung festhalten.

chilli: Wird es einen Kompromiss geben? Haag: Wir werden im Herbst ein Strategiegespräch führen.

chilli: Zudem soll für das benachbarte Gebiet zwischen Neunlinden- und Kaiserstuhlstraße ein neuer Bebau-ungsplan erarbeitet werden … Haag: Das Gebiet nehmen wir mit in die Planung. Auch da haben wir noch Potenzial für den Wohnungsbau.

chilli: Von der Quantität zur Qualität: Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit des Gestaltungsbeirats? Der Ar-chitekt der neuen Unibibliothek, Heinrich Degelo, hat neulich gesagt, wenn sich der Beirat nicht einmal einen Hintergrund über Planungsaufgaben verschaffe, sei das verheerend.

Haag: Ob es glücklich war, dass Degelo sich so zum Gestaltungsbeirat geäußert hat, lass ich mal dahinge-stellt. Wir haben fast durchgehend positive Rückmel-dungen zur Arbeit des Gestaltungsbeirates aus einer anonymisierten Umfrage, die wir bei den Bauherren ge-macht haben. Nicht jeder Projektentwickler schätzt das öffentliche Befassen mit seinem Bauvorhaben. Aber vie-le kamen im Vergleich zur vorgelegten Planung schon mit einem besseren und wirtschaftlicheren Ergebnis aus der Sitzung. Wir müssen die Bauvorhaben aber zum richtigen Zeitpunkt erwischen. Am Anfang haben wir

den Fehler gemacht, dass wir mit Projekten reingegangen sind, als die schon fast fertig waren. Lang-fristig wird Freiburg vom Beirat erheblich profitieren.

chilli: Ebenso wie vom Perspektivplan, an den Sie so gro-ße Hoffnungen knüpfen. Wann ist der fertig und was soll er auf dem Platz wirklich bringen?Haag: Der Perspektivplan ist notwendig. Er soll zeigen, wie sich die Stadt weiter entwickeln kann, und so eine Grundlage fehlt in Freiburg seit Jahren. Der alte Fünf-fingerplan ist total überholt. Wir werden im September eine öffentliche Infoveranstaltung zu den grundlegen-den Denkrichtungen machen und den Plan dann An-fang kommenden Jahres fertigstellen. Der wird dann auch die Grundlage für den neuen Flächennutzungs-plan bieten und soll unter anderem aufzeigen, wo wir neue Wohnbauflächen entwickeln können.

chilli: Und dabei hoffen Sie auf Überraschungen? Da steht dann drin, dass generell der Friedhof eine inter-essante Fläche wäre, das Gefängnis aus der Stadt raus muss oder das Behördenzentrum Nord …Haag: Wir werden bessere Flächen bieten.

chilli: Welche?Haag: Das verrate ich Ihnen, wenn es so weit ist.

chilli: Herr Baubürgermeister, vielen Dank für dieses Gespräch.

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stadtentwicklung

Baugenehmigungen Neubau

2011: 1549 (-275 Abbruch) = 12742012: 894 (-51 Abbruch) = 8432013: 1154 (-92 Abbruch) = 10622014: 690 (-220 Abbruch) = 464

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»Das ist ein Zwitimit 2 Zeilen«

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s eit dem denkwürdigen 19. Mai 2015 müssen Bauträger in Freiburg bei neuen Bauvorha-ben in neuen Bebauungsplänen mindestens

50 Prozent soziale Mietwohnungen bauen. Das hat an diesem Tag der Freiburger Gemeinderat mit der knappsten aller Mehrheiten (25:24) beschlossen. Gut gemeint war das Votum sicher. Ob es gut gemacht war, steht dahin. Nach einer chilli-Umfrage steht die Mehrheit auch gut drei Monate später noch. Ob-wohl seither kein einziger Bauantrag gestellt wor-den wäre, der mit der Quote hätte genehmigt wer-den müssen. Die Bauwirtschaft winkt ab. Der Verein »Wem gehört die Stadt?« hingegen glaubt: »Die In-vestoren werden Schlange stehen.«

Die soziale Bedeutung der Wohnungs- und Miet- politik rücke mit der Entscheidung für die 50-Prozent-Quote stärker in den Fokus, sagt Linke-Liste-Stadtrat Hendrijk Guzzoni. Damit hat er sicher Recht: »Bisher hatte Freiburg für geförderten Miet-Wohnungsbau eine festgelegte Quote von 0 Prozent.« In den baulandpoliti-schen Grundsätzen der Stadt war bisher eine Quote von 30 Prozent gefördertem Wohnungsbau vorgeschrieben. Der hätte aber auch ausschließlich gefördertes Eigentum erlaubt. »In den letzten fünf Jahren hatten die Unabhän-gigen Listen sicher zwei Dutzend Anträge gestellt, bei einzelnen Baugebieten eine Quote für geförderten Mietwohnungsbau festzulegen oder diese zu erhöhen, zum Teil deutlich unter dem jetzigen Beschluss. Diese

Der Dauerzoff um die 50-prozent-Quote

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Begehrtes Objekt: Fraktionen, Bauträger, Bürgermeister und andere Experten streiten weiter um den Gemeinderatsbeschluss vom 19. Mai, wonach künftig fast jede zweite neue Wohnung eine öffentlich geförderte Mietwohnung sein muss.

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Anträge wurden ohne eine einzige Ausnahme alle ab-gelehnt«, heißt es in einer Pressemitteilung. Und das liefert auch die Motivation für das Votum. SPD-Fraktionschefin Renate Buchen sagt zum chilli: »Wer die Bedingungen für geförderten Mietwohnungs-bau kennt, der weiß, dass es da um Menschen bis in die Mitte der Gesellschaft geht.« Irene Vogel, Stadträ-tin der Unabhängigen Frauen, zieht die »Süddeutsche Zeitung« als Kronzeugen für die Richtigkeit der 50-Pro-zent-Quote heran. Die behauptet, dass in Freiburg, wo die städtische Notfallliste etwa 1500 Haushalte als wohnungssuchend verzeichnet, in den vergangenen zwei Jahren »nur 18 (!) Sozialwohnungen« gebaut wor-den wären. »Wenn Bauträger Wohnungen hochziehen, dann für den freien Markt, auf dem sich in den Boom-städten hohe Mieten erzielen lassen.« Diese Zahl konn-te das Rathaus auf Nachfrage nicht entkräften.Aber gibt es überhaupt genug Frei-burger, die sich in so viele Sozialwoh-nungen einmieten könnten, die den dafür nötigen Wohnberechtigungs-schein haben? Reiner Braun vom Im-mobilienforschungsinstitut Empiri-ca hatte unlängst behauptet, dass in Freiburg rund 50 Prozent der Mieter einen Anspruch auf den Schein hät-ten. Das wären mehr als 100.000 Menschen. Auf chilli- Nachfrage teilt das Rathaus mit, dass in den Jahren 2009 bis 2014 jeweils 2320 bis 2654 den Schein bekom-men haben. Im laufenden Jahr waren es bis zum 30. Juni 1383. Allein: Der Schein gilt immer für ein Jahr. Die allermeisten Scheine gehören Dauerkartenbesitzern. Karl-Jörg Gisinger, Geschäftsführer der Gisinger GmbH, sieht nach dem Beschluss jedenfalls die Schwellenhaus-halte eindeutig benachteiligt. Die Entscheidung treffe insbesondere die Mittelschicht und die Familie mit Kin-dern, jene, die über dem Berechtigungsschein liegen, und die nun offenbar keine Lobby mehr in der Politik hätten. Rene Derjung, Pressesprecher der Freiburger Stadtbau GmbH (FSB), stößt ins gleiche Horn: »Es existiert durch-aus eine Gruppe von sogenannten Schwellenhaushalten, die nicht unter die Zielgruppe ›Haushalte mit geringem Einkommen‹, also für die Anmietung einer geförderten Mietwohnung in Frage kommen, sich aber auch kein hochpreisiges Wohneigentum leisten können.« Genau dieser Zielgruppe möchte die FSB mit der Schaffung von preisgünstigem Wohneigentum im Hochhaus Binzen-grün 34 in Weingarten-West (siehe Seite 18) durch Inan-spruchnahme von Förderungen den Erwerb von Wohn-eigentum ermöglichen.Zwischen 2011 und 2014 wurden in Freiburg nach An-gaben der Verwaltung netto insgesamt 3643 Wohnun-

gen errichtet, bis Jahresende 2015 sollen noch weitere 1000 hinzukommen. Es besteht durchaus die Gefahr, dass aufgrund der 50-Prozent-Quote die Zahl der Ge-nehmigungen nicht mehr erreicht wird, weil erst keine beantragt werden. »Fatal«, nennt Oberbürgermeister Dieter Salomon den Beschluss und äußert seine Be-denken, ob damit nicht genau das Gegenteil von dem erreicht werde, was beabsichtigt war – es entstehen künftig noch weniger (Sozial-)Wohnungen. Gisinger wird noch deutlicher: »Nachdem in Freiburg und Um-gebung ohnehin zu wenig Baugrundstücke vorhanden sind, wird diese Erhöhung der Sozialquote natürlich ei-nen Rückgang für den frei finanzierten Wohnungsbau bedeuten.« Er kennt einen Fall, in dem ein Mitbewer-ber seine Baumaßnahme vorerst ausgesetzt hat, da sich das ganze Projekt nicht mehr rechnet. Auch ande-re Bauträger stimmen mit den Füßen ab, wenden sich

verstärkt dem Umland zu.Auch Alexander Simon, Geschäfts-führer der Vereinigung Freiburger Wohnungs- und Gewerbeunterneh-men (VFW), kritisiert die Entschei-dung: »Wer soll die Wohnungen bauen«, fragt er. Bei der bisher gel-tenden 30-Prozent-Regelung habe der Bauträger wenigstens noch sa-

gen können, er subventioniere das quer. Aber bei 50 Prozent »wird sich das schlichtweg nicht mehr rech-nen.« Und wenn doch gebaut werde, »werden Mieter ohne Wohnberechtigungsschein die Zeche zahlen«, denn die nicht geförderten Mietwohnungen würden erneut teurer werden müssen, damit die Rechnung für den Bauträger aufgehe. Was Freiburg zu einem noch schwierigeren Pflaster für den wohnungssuchenden Durchschnittsbürger machen dürfte.Reinhard Disch, Geschäftsführer beim Bauverein Breis-gau, bezeichnet den Beschluss als »Baubremse«. Er wis-se nicht, wo sich die Mehrheit des Gemeinderats den Sachverstand eingeholt habe. Dies sei »genau der fal-sche Weg«, um ein Signal für bezahlbaren Wohnraum zu setzen, denn auf diese Weise würden Sozialwoh-nungen gar nicht erst gebaut. Die ersten Ausnahmen vom Beschluss gab es bereits für rund 650 Wohnungen in Lehen (Baugebiet Im Zink-lern und Zähringen (Höhe). Dort hatten sich zuvor die Bauträger (Unmüssig und Treubau) mit Schriftsätzen an Baubürgermeister Martin Haag gewandt.Auch die Ganter Grundstücks GmbH ist verunsichert. Sie wollte bei der Entwicklung des Brauerei-Areals ent-lang der Fabrikstraße in großem Umfang Wohnungen errichten. Der Aufstellungsbeschluss zu einem Bebau-ungsplan datiert vom Mai 2011. Seitdem wird an einem

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DIE SchUBLADE

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rechtskräftigen Bebauungsplan gearbeitet, offenbar, weil noch nicht geklärt ist, wie viel Grundstück für den »Ganter-Knoten« des Stadttunnels benötigt wird. Ange-sichts der 50-Prozent-Quote – unter die der Ganter-Plan fallen könnte – muss an der Schwarzwaldstraße neu ge-rechnet werden.Der normale Bauträger rechnet so: Wer für den Qua-dratmeter 10 Euro Miete im Monat und also 120 im Jahr bekommt, der hat dann fünf Prozent Rendite, wenn der gebaute Quadratmeter 2400 Euro kostet – inklusive des Grundstücksanteils. Das ist in Freiburg heute schon unrea-listisch. Wenn man 33 Prozent unterm Mietspiegel bleiben muss, der beispielsweise bei 9,90 Euro liegt, muss man für 6,60 Euro vermieten. Dann darf der Quadratmeter nur noch 1320 Euro kosten. Dafür zu bauen ist unmöglich. Der Verein »Wem gehört die Stadt« rechnet anders: Wenn ich 6,50 Miete habe, habe ich bei einem Baupreis von 3300 Euro 1,2 Prozent Rendite. Wie das? Nun, bei Quadratmeter-kosten (inklusive Grundstück) von maximal 3300 Euro fi-nanziert die L-Bank 75 Prozent (2250 Euro) auf 25 Jahre mit null Prozent. Die restlichen 1050 Euro müssen als Eigenka-pital in die Finanzierung. Die Abschreibungen (Tilgung) belasten den Quadratmeter mit 4,35 Euro, die Bewirtschaf-tungskosten (mit Instandhaltung) mit 1,15 Euro. Macht un-term Strich 5,50 Euro Belastung, ergo einen Euro im Monat oder 12 Jahre oder 1,2 Prozent Rendite. Da der Mietspiegel während der 33-jährigen Bindungs-frist steigen wird, würde die Rendite peu à peu besser. »Geförderter Wohnungsbau ist von Anfang an rentabel«, schreiben Stefan Rost und Regina Maier in einem Brief an die Fraktionen und das Rathaus. Bestes Beispiel sei das Neubauviertel Gutleutmatten, wo sich auf vier Grund-stücke mit der dort vorgeschriebenen 50-Prozent-Klausel 40 Investoren beworben hätten. »Der Beschluss des Ge-meinderates ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.« Andere argumentieren anders: »Wie soll ich einen priva-ten Investor dazu bringen, geförderten Mietwohnungsbau zu machen, wo der sich doch nicht rentiert«, fragt Salo-mon. Stadtbau-Sprecher Derjung: »Die FSB ist auf die Ein-nahmen aus dem Bauträgergeschäft angewiesen, um den defizitären geförderten Mietwohnungsbau finanzieren zu

können. Diese Tatsache wird von uns auch grundsätzlich gegenüber Politik und Öffentlichkeit kommuniziert.« Wenn es nach Rost geht, würde das kausal gar nicht stimmen. Fakt ist: Die FSB ist das einzige Unternehmen, das in großem Stil in den sozialen Mietwohnungsbau investiert: Beim anstehenden Projekt Zita-Kaiser-Straße auf dem Güterbahnhof liegt die Quote gar bei 100 Pro-zent. Aber die Quote überall zu schaffen, würde die Stadt-tochter nach eigenen Angaben überfordern.Die Situation ist verfahren, eine Änderung nicht in Sicht: »Die Mehrheit steht«, sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Joachim Fritz, und auch seine Kollegin von der CDU, Sas-kia Tröndle, glaubt nicht, dass sich an der Beschlusslage in absehbarer Zeit etwas ändert. In der Unionsfraktion setzt man darauf, dass angesichts der zu erwartenden Entwicklung ein Umdenken einsetzt: Fraktionschef Wen-delin Graf von Kageneck: »Die Praxis wird zeigen, dass die 50-Prozent-Regelung das gemeinsam beschlossene Ziel, zügig neuen Wohnraum zu schaffen, torpediert.« Das sieht Fritz anders und setzt auf Pragmatismus: Es habe immer Ausnahmeregelungen gegeben, warum also nicht auch hier. Auch Buchen sieht das so: »Die 50-Pro-zent-Maßgabe ist ebenso wenig starr, wie die Vorgabe der 30-Prozent-Förderung vorher war.« Deswegen habe der Gemeinderat explizit die Ausnahmeregelung be-schlossen. Aber sie werde dazu führen, dass die Stadt in den Verhandlungen mit den Investoren mehr geförderte Wohnungen fordern müsse: Beim neuen Stadtteil Die-tenbach werde man konsequent an der Quote festhalten. Es steht dahin, ob das gut Gemeinte am Ende auch zum Erfolg führt. Klar ist hingegen, dass sich im Gemeinde-rat ein neues Machtzentrum gebildet hat, mutmaß-lich, weil sich die neue Mehrheit in der Vergangenheit allzu oft von den »Regierungsfraktionen« überstimmt sah. Die gleiche Mehrheit beschloss bekanntlich einen zusätzlichen Technischen Geschäftsführer für die FSB. Beide Anträge fanden bei den »regierenden« Fraktionen von Grünen und CDU – und auch beim OB – keinen Wi-derhall. Freiburg steuert auf eine politisch spannende Rückkehr aus der Sommerpause zu. Stefan Pawellek, Lars Bargmann

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Dietenbach von oben: Wenn es nach der SPD geht, müssen im neuen Stadtteil 2500 soziale Mietwohnungen gebaut werden.

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www.kopfmann.info

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neubau

u nd am Ende der Straße steht ein Haus am See«, singt Peter Fox. Der Charme von Seen hat es auch der Stuckert Wohnbau AG angetan.

Jüngstes Beispiel: Das Projekt »Seeleben in Kenzin-gen« auf dem einstigen Badenia-Areal, wo auf einem insgesamt 12.000 Quadratmeter großen Grundstück insgesamt 95 Zwei- bis Vierzimmerwohnungen mit 7200 Quadratmetern Wohnfläche in fünf Gebäuden erstellt werden.

Nach den drei Emmendinger Projekten Bella Casa, Bella Classica und Bella Lago sowie dem »Wohnen am Wasser« in Rheinfelden, wo bereits neulich beim Richtfest 43 von 47 Wohnungen verkauft waren, ist das Seeleben bereits das fünfte Bauvorhaben mit dem besungenen Haus am See. In Kenzingen besticht nicht zuletzt auch die klein-gliedrige Fassade des voluminösen Riegelbaus durch ein Material- und Farbenspiel, die Vor- und Rücksprünge verleihen dem eigentlich massiven Baukörper zudem viel Lebendigkeit. »Das Zusammenspiel von attraktiver Ar-chitektur und der schönen Seelage ist sicher ein Highlight, wir sind selber begeistert«, sagt Carlos Stuckert. Baubeginn wird Anfang kommenden Jahres sein. Bis der mit Gemeinschaftsflächen ausgestattete Riegelbau zum Bahnhof hin und die vier dadurch geschützten Punkt-häuser am Ufer des 700 Quadratmeter großen Sees fertig sind, wird es rund zwei Jahre dauern. »Wir glauben, dass

das auch ein sehr attraktives Angebot für Menschen ist, die in Freiburg arbeiten, aber günstiger wohnen wollen und eine perfekte Anbindung an den öffentlichen Nah- verkehr schätzen«, sagt Stuckert-Prokurist Aribert Frece. Die Mieten liegen bei moderaten 8,50 Euro, die Quadrat-meterpreise zwischen 3000 und 3500 Euro: Hier sind Ka-pitalanleger ebenso wie Eigennutzer im Fokus des 1997 gegründeten Unternehmens mit Sitz in Gundelfingen. Das Gesamtvolumen liegt bei 27 Millionen Euro. Auch in der Wiehre auf dem Maria-Hilf-Areal (wir be-richteten) ist Stuckert einen großen Schritt weiter: Bei der jüngsten Bürgerversammlung mit Baurechtsamtschef Rüdiger Engel und Stadtplanungsamtsleiter Roland Je- rusalem überzeugte der Entwurf für den Neubau mit neun Wohneinheiten und den Umbau des denkmalge-schützten Maria-Hilf-Saals. Zudem gab es einen ersten Eindruck vom neuen Gemeindesaal an der Schützenal-lee und ein stimmiges Freiraumkonzept. Noch in diesem Jahr soll die Baugenehmigung kommen, im Frühjahr soll es dann mit dem Neubau in zweiter Reihe entlang der Zasiusstraße losgehen, etwas zeitversetzt wird der Saal unterfangen und umgebaut: Das historische Gebäude bekommt 24 kleine Wohnungen mit kleinen Balkonen, Terrassen und Dachgauben. Mehr als 100 Interessenten hätten sich schon gemeldet. Und das, obwohl es gar kei-nen See gibt. Lars Bargmann

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Ansprechende Architektur: Auf dem Badenia-Areal entstehen insgesamt 95 neue Wohnungen. Für Einheimische, aber auch für Pendler.

Entwicklung auf dem Maria-Hilf-Areal: Der neue Gemeindesaal (l.), der Neubau und der alte Maria-Hilf-Saal mit Balkonen und Gauben.

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Wirtschaft RubrikImmobilien

s üdbadens führender Immobilienmakler, die Immobiliengesellschaft der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, feiert in diesem Jahr sein

40-jähriges Bestehen. Zu einem zünftigen Fest aber hat die Mannschaft um Geschäftsführer Thomas Schmidt kaum Zeit: Gerade eben erst hat die S-IMMO sehr er-folgreich ein größeres Wohnbauprojekt auf dem Gü-terbahnhof vermarktet. Und jetzt sucht sie schon wie-der Kapitalanleger für knapp 50 kleinere Einheiten.

56 Wohnungen hat die S-IMMO beim Bauvorhaben des Karlsruher Investors Immo-Wohnbau-Projekt Breisgau KG an der Ellen-Gottlieb-Straße an den Mann und an die Frau gebracht. Es war eine Pioniertat, denn die S-IMMO hatte hier die ersten Wohnungen auf dem Güterbahnhof über-haupt im Angebot. Der durchschnittliche Quadratmeter-preis lag bei rund 4200 Euro. Ein großer Erfolg. In einem zweiten Bauabschnitt unter dem Titel stu-dent@home ist Schmidt nun auch dafür verantwortlich, von 98 Ein- und WG-tauglichen Zweizimmerwohnungen knapp 50 zu vermitteln. Hier müssen Eigennutzer oder vor allem wohl Kapitalanleger im Schnitt 4900 Euro auf den Tisch des Hauses blättern. Zehn Wohnungen sind reser-viert. Allein im ersten Halbjahr hat Schmidts Team 116 Im-mobilien für rund 34 Millionen Euro vermittelt. »Auch 2015 wird für uns trotz aller Probleme wieder ein gutes Jahr werden«, blickt der Geschäftsführer optimistisch voraus. Und dafür ist angesichts des traditionellen Engpasses in Freiburg vor allem das Umland verantwortlich. »Im nördli-chen Breisgau geht derzeit viel mehr als in Freiburg, hier entscheiden sich jetzt immer mehr Eigentümer, sich von lange gehaltenen Immobilien zu trennen, das kurbelt den Markt an«, sagt Schmidt. Freiburg gilt in der Maklerbran-che indes bundesweit als äußerst schwieriger Markt.

Und der werde im Mietsegment durch das Bestellerprin- zip und die Mietpreisbremse nicht einfacher. »Wer be-stellt, der bezahlt«, diese Grundregel gilt in Baden-Würt-temberg seit dem 1. Juni. Mit welchen Folgen? »Vor allem mit der, dass viel weniger Angebot auf den Immobilien-portalen zu finden ist«, so Schmidt. Waren es früher im-mer mindestens 150 Inserate, fanden sich Anfang August gerade einmal 60, und davon wurden knapp die Hälfte von Privaten angeboten. »Menschen, die von auswärts eine Mietwohnung in Freiburg suchen, erweist das neue Gesetz einen Bärendienst«, sagt der Geschäftsführer. Die Vermietungs-Branche verlöre gut die Hälfte ihrer Erträge. Ob das am Ende gut für die Mieter ist, bezweifelt der Experte. Ebenso wie die Sinnhaftigkeit der Mietpreis-bremse. Allein die Ankündigung der Regierung, dieses Instrument in die Hand zu nehmen, habe »zur größten Mietpreiserhöhung in Nachkriegsdeutschland« geführt. Natürlich hätten die Vermieter schnell noch alles rausge-holt, was machbar ist, bevor die Bremse getreten werden konnte. »Dabei sind gerade in Freiburg viele Vermieter gar nicht auf den höchsten Mietertrag aus. Das sind Men-schen, die sich freuen, wenn sie gute Mieter haben. Die Bremse ist hier ein völlig falsches Signal, das den bisheri-gen Rechtsfrieden zwischen Mieter und Vermieter stört.«Zum Beschluss des Gemeinderats, bei künftigen Bauvorha-ben 50 Prozent sozialen Mietwohnungsbau einzufordern, möchte Schmidt am liebsten gar nichts sagen. Aus seiner Sicht ist das ein »Bauverbot durch die Hintertür.« Wenn in einem Gebäude 50 Prozent teure Eigentumswohnungen mit 50 Prozent sozialen Mietwohnungen gemischt werden müssen, sei fraglich, ob sich diese Wohnungen überhaupt verkaufen lassen. Und schüttelt nachdenklich mit dem Kopf. bar Mehr Info: www.s-immobilien-freiburg.de

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Student@home: An der Ellen-Gottlieb-Straße vermarktet Thomas Schmidt ab sofort auch 1- und 2-Zimmerwohnungen für Studierende.

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»Das ist ein Zwitimit 2 Zeilen«

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Ein Blick zurück ins Jahr 2004: Rund 50 Millionen Euro Eigenkapital hatte der BVB seinerzeit, Guthaben und Rücklagen sind seither um 60 Prozent gestiegen. 2004 lagen in der hauseigenen Spareinrichtung 37,4 Millionen Euro, 2014 waren es 88,1, plus 7,8 Millionen im Vergleich zum Vorjahr. Wer so liquide ist, der kann auch mal binnen Jahresfrist 31,7 Millionen Euro in die Modernisierung (9,2), den Neubau von eigenen Mietwohnungen (14,7) oder Eigentumswohnungen (7,8) investieren. Wer beim BVB in einer der 4814 Wohnungen wohnt, zahlt übrigens auf den Quadratmeter im Schnitt 5,93 Euro Miete und damit 1,60 Euro weniger, als der Mietspiegel ausweist. Ein guter Grund für mehr als 1800 Menschen, die beim Bauverein derzeit Schlange für eine Wohnung stehen. »Wir schöp-fen unsere Mieterhöhungspotenziale bewusst nicht aus, um dem Grundsatz der Mitgliederförderung Rechnung zu tragen«, so Reiprich. Beweise der rührigen Geschäftsführertätigkeit in 2014 gibt es zahlreiche: So baute der BVB in Denzlingen – eingebettet in ein Quartierskonzept am Sommerhof – für 8,2 Millionen Euro 25 Wohnungen in zwei architek-tonisch anspruchsvollen KFW-Effizienzhaus-55-Gebäu-den, eine Tiefgarage und vier Gewerbeeinheiten. Und in der Stegener Ortsmitte stellten die Genossen für 6,5 Millionen Euro ein Wohn- und Geschäftshaus mit sie-ben Wohnungen und 1800 Quadratmetern Gewerbeflä-chen fertig.

Disch erläuterte zugleich das Neubauprogramm für die kommenden Jahre: Am Carl-Sieder-Weg im Mooswald sind es 34 Miet- und 5 Eigentumswohnungen, im Uni-Car-ré 137 (darunter 45 Sozialwohnungen). »70 hätten unsere Kalkulation über Bord geworfen«, sagte der Geschäftsfüh-rer in Anspielung auf den umstrittenen Gemeinderatsbe-schluss nach künftig mindestens 50 Prozent sozialen Miet-wohnungsbau. Auch auf den Gutleutmatten steht der Bauverein in den Startlöchern: Im Westen baut er elf seniorengerechte Woh-nungen, im Osten in Kooperation mit der Wohnbau Baden AG (WOBAG) in exponierter Lage 22 je zur Hälfte geförderte oder preisgebundene Mietwohnungen. Aus einem Wett-bewerb war hier das Freiburger Architekturbüro ABMP (Amann, Burdenski, Munkel, Preßer) mit seinem Entwurf »Laubenpieper« als Sieger hervorgegangen. An der Lichten-bergstraße sind 13 Mietwohnungen in Vorbereitung, an der August-Ganter-Straße 9 Eigentumswohnungen, Am Mett-weg 14 Mietwohnungen, im Kurpark von Bad Krozingen 36, in Schallstadt 36, in Stegen 20, in Gundelfingen 39.Bis 2019 sind es insgesamt rund 500 Wohnungen (je zur Hälfte in Freiburg und im Umland), für die der BVB sich ver-antwortlich zeigt. »Das ist ein gewaltiges Volumen für die regionale Wirtschaft«, sagte der Aufsichtsratschef Jürgen Seemann. Genossenschaftliches Wohnen überzeugt auch in zweiter Reihe wirtschaftlich. Lars Bargmann

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Spannungsreich: Der Sommerhof (links) bietet schräg zueinander gestellte Baukörper, versetzte Balkone, Dachterrassen, Loggien und Laubengänge. Gekürter Entwurf (rechts): Für den Projektnamen Laubenpieper stand die benachbarte Kleingartensiedlung Pate. Überzeugt hatte die Gestaltung mit einem Laubengang – als Puffer zwischen Straßenraum und Wohnungen.

g enossenschaftliches Wohnen überzeugt auch wirtschaftlich: Anders sind die Zahlen, die die Führungsspitze des Bauvereins Breisgau, Rein-

hard Disch und Doris Reiprich, unlängst vor Journalisten preisgaben, kaum zu deuten: Im vergangenen Jahr legte

das Eigenkapital um 3,8 auf satte 83 Millionen Euro zu, der Umsatz kletterte um 5,6 auf 37 Millionen Euro, der Gewinn lag bei 3,7 Millionen Euro (200.000 weniger als im Vorjahr), und fast 800.000 Euro kann der BVB als vier-prozentige Rendite an die 19.082 Mitglieder ausschütten.

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Hinguckergebäude an markanter Ecke: Auch Bürgermeister Martin Haag (links) war beim Rundgang mit Anja Dziolloß und Werner Eickhoff angetan von dem Neubau an der Ecke Rennweg und Komturstraße – wo einst der Gründungsbau der Genossen stand.

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D ie Baugenossenschaft Familienheim Freiburg hat bei ihrer jüngsten Bilanzpressekonferenz nicht mit Zahlen überrascht. Die sind gewohnt

gut. Aber mit einer Personalie: Werner Eickhoff gibt im kommenden Jahr den Staffelstab des Vorstandsvor-sitzenden an seine langjährige Kollegin Anja Dziol-loß weiter. Eine Frau auf dem Chefsessel eines großen Wohnbauunternehmens ist eine Rarität.

Auf den ersten Blick hat die Familienheim ein ertrags-armes Jahr 2014 hinter sich: Der Überschuss schmolz auf 781.000 Euro – im Vorjahr hatten die Genossen noch 2,7 Millionen verdient. Auf den zweiten Blick aber war 2013 ein Ausreißerjahr, das sich dem Verkauf von mehreren Grundstücken in Breisach verdankte. Und insgesamt gibt sich die Genossenschaft auch 2014 wirtschaftlich robust: Das Eigenkapital wuchs um 1,6 auf 56,5 Millio-nen Euro, das Anlagevermögen um 11,6 auf 129,7 Milli-onen, die Spareinrichtung um 3,8 auf 35 Millionen Euro (das Volumen hat sich seit 2005 fast vervierfacht), die Zahl der Mitglieder um 475 auf 7034. Sie profitieren von einer knapp 300.000 Euro schweren Dividende. »Die wirtschaftliche Lage ist unverändert positiv«, sagte Eickhoff bei seiner letzten Pressekonferenz. So steckten die Genossen rund 19 Millionen Euro in die Mo-dernisierung des 2649 Wohnungen umfassenden Be-standes und den Neubau, dessen markantestes Beispiel

das nicht nur architektonisch gelungene Eckgebäude an Komturstraße und Rennweg mit 48 Wohnungen ist. Hier stand zuvor übrigens der Gründungsbau der Fami-lienheim aus 1930. Baubürgermeister Martin Haag lobte das vom Büro Rothweiler + Färber Architekten geplante, 11,3 Millionen teure Eckgebäude als »gelungene archi-tektonische Einbindung in die Umgebungsbebauung«. Sollte es ursprünglich mit flachem Hut erstellt werden, lag nicht nur Haag hier ein Satteldach am Herzen, das letztlich auch Dziolloß und Eickhoff überzeugte. Bei einer Führung fürs chilli wusste Dziolloß zudem zu berichten, dass 15 Wohnungen über das Programm »Be-zahlbares Genossenschaftliches Wohnen Baden« der Erz- diözese Freiburg für einen Zeitraum von zehn Jahren mit einem Mietzuschuss von 1,50 Euro je Quadratmeter Wohnfläche gefördert werden. Berechtigte zahlen nun hier nur 8 Euro pro Quadratmeter, die teuersten Mieten liegen bei 10,50 Euro. Im gesamten Bestand zahlen die Mieter im Schnitt 6,36 Euro und damit 1,17 Euro weniger als der Mietspiegel ausweist. Auch das eine gute Zahl. bar

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D er Freiburger Stadtbau-Verbund hat im vergange-nen Jahr mit 294 Beschäftigten bei einem Umsatz von 98,3 Millionen Euro rund 8,3 Millionen Euro

Gewinn gemacht, fast doppelt so viel wie im Vorjahr. Das berichtete FSB-Chef Ralf Klausmann unlängst vor Journalisten. Er bekommt nach einem gemeinderätli-chen Beschluss mit kurioser Mehrheit bald einen Tech-nischen Geschäftsführer zur Seite gestellt – gegen seinen Willen und auch den von Oberbürgermeister Dieter Salomon.

Der Jahresüberschuss speist sich, betonte Klausmann, nur zu einem geringen Teil aus den Mieten, die etwa eine Million einbrachten. 2,4 Millionen Euro spülte das Bau-trägergeschäft ein (vor allem dank des Verkaufs von Eigentumswoh-nungen im Sternenhof), 1,8 Millio-nen Euro kamen aus anderen Ge-schäftsfeldern der FSB, 1,7 Millionen aus dem Bewirtschaften der Park-häuser mit 3300 Stellplätzen, gut 140.000 Euro aus dem Betrieb der acht Bäder für die Konzernmutter Stadt Freiburg.Die FSB hatte Ende vergangenen Jahres 8222 eigene und 936 Wohnungen aus dem eins-tigen städtischen Bestand, die in der Freiburger Stadt-immobilien GmbH & Co. KG beherbergt sind. Mit 267 angemieteten und weiteren von der FSB verwalteten Einheiten hat die FSB insgesamt 10.970 Wohnungen zu managen – so viel wie kein zweites Unternehmen in Freiburg. Die durchschnittliche Quadratmetermiete beträgt 6,17 Euro, liegt damit zwar erstmals über 6 Euro, aber immer noch 1,36 Euro unterm Mietspiegel. Beim Bauverein Breis-gau lag sie 2014 bei 5,93 Euro, bei der Familienheim Frei-burg bei 6,36 Euro. »Die Mietspiegelmiete werden wir nie ganz erreichen«, sagte Klausmann. »Die Miethöhe ist auf all unseren Mieterversammlungen nie ein Thema«, er-zählte FSB-Prokurist Dennis Voss. Bis zu 3000 Menschen würden derzeit auf eine Stadtbau-Wohnung warten. Keine Warteschlangen bilden sich vor den Stadtbau-Reihenhäusern am Günterstaler Ortsausgang, wo in an-

derthalb Jahren nur eines von 15 Gebäuden (Stückpreise bis zu 800.000 Euro für 175 Quadratmeter Wohnfläche) verkauft wurde. Ein Zwölf-Millionen-Euro-Irrtum? »So etwas würden wir wohl nicht mehr machen«, sagt Klaus-mann. Er glaubt zwar noch an den Erfolg (»Das ist wie bei einer Aktie, man muss die nur lang genug halten«), was aber bis zum Jahresende nicht verkauft ist, werde für 2300

bis 2500 Euro Kaltmiete vermie-tet. Der vom Bauausschuss be-schlossene Bebauungsplan ist mit seinen Festsetzungen sicher nicht unschuldig am schwer zu vermittelnden Angebot. Klausmann machte keinen Hehl daraus, wie sehr ihn der Beschluss für einen neuen Tech-nischen Geschäftsführer ärgere, nannte einzelne Stadträte »Ta-liban«, entschuldigte sich aber nach entrüsteten Reaktionen direkt wieder. Der Beschluss diskreditiere, ja beleidige die Belegschaft, sagte auch die Pro-kuristin Barbara C. Schwaiger. Es sei »hanebüchen«, was als Begründung für den zweiten Geschäftsführer angeführt wor-den war, findet Voss. »Wir füh-

len uns angegriffen, wir sind sehr gut aufgestellt und könnten sonst solche Zahlen nicht präsentieren«, mein-te auch Prokurist Michael Seiler. Diese sprechen eine klare Sprache: Alle Gesellschaften des FSB-Verbunds sind bei den Banken als »Triple A-Un-ternehmen« geführt – haben mithin die beste Bonitäts-benotung überhaupt. Die Eigenkapitalquote liegt derzeit bei 30,4 Prozent, Klausmann will diese schon bald auf 35 Prozent bringen. Er weiß: Nur eine starke Stadtbau kann das ambitionierte Bauprogramm stemmen. Allein 2014 steckte die FSB 28,7 Millionen Euro in den Neubau von Mietwohnungen (Johann-Sebastian-Bach- und Buggin-ger Straße) und 15,4 Millionen in die Sanierung von 140 Wohnungen. Bis 2019 will die Stadttochter für rund 100 Millionen Euro 460 neue Mietwohnungen und für rund 77 Millionen rund 200 neue Eigentumswohnungen und Reihenhäuser erstellen. Nicht aber in Günterstal. Lars Bargmann

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Stadtbau-Führung kritisiert Stadträte fsB üBErzEugt mIt gutEr arBEIt unD gutEn zaHlEn

BG 34: Im Hochhaus Bugginger Straße 34 will die FSB Mietern helfen, Eigentümer zu werden: Durch die Weitergabe der Fördermittel aus dem Bundesprogramm »Soziale Stadt« würde der Quadratmeter rund 3500 (statt 4200) kosten.

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s eit Februar 2014 darf in Freiburg eine Wohnung nur als Wohnung genutzt werden. Nicht als gewerbliche Ferienunterkunft, nicht als Büro

oder Praxis. Sie darf nicht länger als sechs Monate leer stehen und nicht dem Erdboden gleichgemacht werden. Das regelt das Zweckentfremdungsverbot der Stadt Freiburg. Dass sich Wohnungseigentümer auch daran halten, kontrolliert das Baurechtsamt. Doch von dem Ziel, dem Wohnungsmarkt dadurch wieder Wohnraum zuzuführen, ist man auch nach anderthalb Jahren noch weit entfernt.

Nacht. Nebel. Der Mitarbeiter des Baurechtsamt liegt auf der Lauer: Haben die Personen, die eben die Woh-nung betreten, einen Koffer dabei? Tragen sie bunte Sommerhemden oder – das untrügliche Erkennungs-zeichen eines Touristen – Trekkingsandalen mit wei-ßen Tennissocken?Es ließen sich spannende Filme über die Ermitt-lungen des Baurechtsamts drehen, hätte die eben beschriebene Szene auch nur das Geringste mit der Realität zu tun. Doch der stellvertretende Amtsleiter Holger Ratzel liegt nicht mit Fernglas auf der Lauer, er sitzt in seinem Büro. Vor ihm stapeln sich blaue Akten – manche nur wenige Seiten dick, manche richtige Wälzer. »Verwaltungstechnische Ermittlungsarbeit«, »nur mit kleinen Schritten«, »langwierig«, »zäh« sind die Stichworte, die fallen.Es ist ein Büro, in dem man nur selten die Sektkor-ken knallen lassen könnte, um große Erfolge zu feiern. 163 Fälle haben Ratzel und seine beiden Mitarbeiter bisher bearbeitet, 23 Zweckentfremdungen haben sie festgestellt. Doch das sind mitnichten 23 Wohnun-gen, die wieder in den Wohnmarkt überführt werden konnten. Zunächst kommen die Ausflüchte, weiß Ratzel: Die Ferienwohnung würde nur privat genutzt. Meist straft bereits ein Blick auf Vermittlungsseiten im Internet die Besitzer Lügen.Dann hatte die Stadtverwaltung im Frühjahr das Verbot durch eine Stichtagsregelung gelockert: Wer seine Ferienwohnung bis Februar 2014 der Stadt kenntlich gemacht hat, ist aus dem Schneider.Liegt dennoch eine Zweckentfremdung vor, geht der Fall oft an den Anwalt, der dann versuche, auf Zeit zu spielen, so Ratzel: »Das sind keine einfachen Ver-

fahren, schließlich steckt ein hohes wirtschaftliches Interesse dahinter.« Mit einer Ferienwohnung könne zwei- bis fünfmal so viel verdient werden wie mit der Vermietung.Die Anwälte seien jedoch nicht die einzigen, die auf Zeit spielen, moniert Manfred Harner. Die Stadt zöge-re einige Entscheidungen absichtlich hinaus, ist sich der Geschäftsführer des Freiburger Verbands Haus & Grund sicher, um einen Musterprozess zu verhindern. Denn dass Ferienwohnungen, die es vor dem Februar 2014 gab, die aber nicht gemeldet wurden, plötzlich illegal sein sollen, hält er für rechtswidrig: »Eine rück-wirkende Anwendbarkeit hat das Land bei seiner Be-gründung des Gesetzes ausgeschlossen.«Zudem läuft seit Januar 2015 ein Normenkontrollver-fahren. Nach Auskunft des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg soll die mündliche Verhandlung spätestens Anfang 2016 beginnen.Selbst wenn das Verbot rechtskonform sein sollte, Harner zweifelt an seiner Sinnhaftigkeit: »Es ist sogar kontraproduktiv, denn je mehr man den Wohnungs-markt einschränkt, umso weniger sind die Leute be-reit, zu investieren.«Ratzel ist hingegen vom Sinn seiner Arbeit über-zeugt: »Ich denke, dass eine Abschreckungswirkung da ist. Momentan ist es das einzige Mittel, um zu verhindern, dass noch mehr Wohnungen aus dem Wohnungsmarkt abfließen.« Dass es dennoch kein Allheilmittel ist, ist dem Vize-Chef klar: »Die Zweck-entfremdung wird den Wohnraummarkt der Stadt Freiburg nicht retten – auch nicht, wenn wir mit 20 Leuten ermitteln.« Tanja Bruckert

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Das Gegenteil von Langeweile: Architektonisch ambitionierte Eigenheime in bester Lage in Zähringen.

D ie oft auf familienfreundli-che Eigenheime ausgerichte-te Wohnbau Baden AG (WO-

BAG) hat ihr Portfolio nun auch für eine solventere Klientel erweitert: So gibt es an der Vorderen Poche bald exklusive Villen am Zähringer Wald zu erwerben, und ganz neu ist die Planung am Rötebuckweg 24, wo in Nähe der Sonnhalde ein bogenförmiges Mehrfamilienhaus auf seinen Spatenstich wartet.

Drei Villen und ein Doppelhaus, al-lesamt nach Südwesten ausgerichtet und mit Blick über die halbe Stadt, wird das Team um WOBAG-Vorstand Klaus Ruppenthal im Rücken des Zähringer Waldes bauen. Ein kleines, aber sehr komplexes Verfahren war hier nötig, nach der Sommerpause aber wird die Vermarktung der auch preislich hochwertigen Villen in herr-licher Lage in Hoch-Zähringen starten. Am Rötebuckweg sind demnächst zu-dem fünf Wohnungen (100 bis 167 Quadratmeter für im Schnitt 5600

Euro den Quadratmeter) ebenfalls in exklusivem Umfeld zu erwerben. Hier werden die neuen Besitzer im Herbst 2016 ihre Quartiere aufschlagen kön-nen. »Diese beiden Projekte sind si-cher für gehobene Ansprüche«, sagt Ruppenthal, der sich auf der anderen Seite als familienfreundlicher Bau- träger einen Namen gemacht hat: In Riegel gibt es von der Eigenkreation CUBES im ersten Bauabschnitt noch fünf von zehn Eigenheimen, in Brei-sach sind 10 der in vier Viererreihen angeordneten 16 CUBES bereits ver-kauft. Bei beiden Projekten gibt die WOBAG für Familien mit Kindern ei-nen 5000-Euro-Bonus.Familien stehen auch in Waldkirch im Fokus, wo Ruppenthal in Koopera-tion mit der Gisinger-Gruppe insge-samt 13.000 Quadratmeter Bauland zur Bebaubarkeit bringt, hernach Grundstücke an Häuslebauer abgibt, aber auch selbst etwa drei Dutzend Kettenhäuser (anders als bei Reihen-häusern haben bei denen nur die Ga-ragen eine gemeinsame Wand, sind

also von drei Seiten belichtet) anbie-ten wird. Die beliebten CUBES möch-te die WOBAG auch in guter Lage in Bad Krozingen »fallen lassen«, dafür braucht es dort aber noch eine Bebau-ungsplanänderung.Ein Hingucker-Bauvorhaben erstellt die WOBAG auf dem Neubaugebiet Gutleutmatten-Ost, wo sie für den Bauverein Breisgau im preisgekrön-ten Laubenpieper 16 mietpreisgebun-dene Wohnungen baut. Und schon bald wird das Unterneh-men auch seine eigenen Sachen pa-cken und den Firmensitz in die Inne-ren Elben nach St. Georgen verlegen, wo es aktuell nur noch vier kleinere Wohneinheiten zu kaufen gibt und am 1. September eine Kita im Ge-bäudeensemble eröffnen wird. Auch wenn also exquisitere Projekte hin-zukommen: der Blick auf familien-freundliche Projekte ist weiter ein Markenzeichen der WOBAG. bar

Mehr Info: www.s-immobilien-freiburg.de

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v om 5. bis 7. Oktober öffnet die diesjährige Expo Real in München wieder ihre Pforten – die größte Immobilienfachmesse Europas. Seit

Jahren Dauergast: Die Freiburg Wirtschaft, Touris-tik und Messe GmbH (FWTM) und die Freiburger Wirtschaftsimmobiliengesellschaft fwi. Sie werden zusammen mit Schwergewichten der Freiburger Im-mobilienbranche neue Projekte präsentieren. »Das Interesse an Freiburg ist groß. Ziel unserer Präsenta-tion ist es, den Immobilien- und Wirtschaftsstandort Freiburg und der Region zusammen mit den Partnern bei Investoren und Analysten richtig zu positionie-ren, Kontakte zu pflegen und neue Kontakte zu knüp-fen«, sagt FWTM-Geschäftsführer Bernd Dallmann.

1700 Aussteller und 38.000 Besucher werden heuer in München erwartet: Das Who is Who der Branche pil-gert alljährlich in die bayrische Landeshauptstadt. Mit

FWTM und fwi werden der Projektentwickler Peter Un-müssig und die Gisinger Gruppe anreisen und ihre ak-tuellen Bauvorhaben zeigen, der IT-Netzwerker Thomas Daily nutzt den Freiburger Auftritt als Plattform für die Vermarktung seines Dienstleistungsangebots genauso wie die Sacker Architekten ihr Knowhow in der Verbin-dung von Ästhetik mit Funktionalität präsentieren. Zur Wirtschaftsregion Freiburg (WRF) zählt als größter Gewerbeflächenanbieter auch der Gewerbepark Breis-gau. Die FWTM wird in München die neuen Gewerbe-flächen in Haid Süd bewerben, Zukunftsleuchttürme wie den SmartGreen-Tower des Architekten Wolfgang Frey oder der Tetraeder von Rolf Disch werden erstmals dem fachkundigen Publikum gezeigt. Die fwi wird ihr Angebot auf dem Güterbahnhof offerieren. Freiburger Projekte werden auch an den Ständen der STRABAG so-wie der aurelis Real Estate beworben. chilli

Standort Freiburg inszenierenfwtm unD fwI auf DEr ExPo rEal

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E s ist nicht irgendeine Gewerbeimmobilie in Freiburg, die nun den Namen Haid-Haus trägt: 1991 wurde der Spaten für den ersten Bauab-

schnitt des einstigen Spectral-Gebäudes an der Böt-zinger Straße 31 in den Boden gestochen. 1996 und 2001 folgten weitere Ausbaustufen bis hin zum heute rund 28.000 Quadratmeter umfassenden Gebäude-ensemble. Und schon bald wird auf dem raumgrei-fenden Areal wieder gewerkelt: Die Tiefgarage wird erweitert, die Außenanlagen optimiert und die Haus-technik modernisiert Noch sind etwa 10.000 Qua- dratmeter Büro- und Produktionsflächen zu haben.

Im vergangenen Oktober kaufte ein Freiburger Family-Office die Liegenschaft von einem hessischen Investor, der das Anwesen einst aus der Spectral-Insolvenz erworben hatte. Für die Entwicklung der Immobilie zuständig wa-ren gleichsam von Anfang an und sind es auch weiterhin die Experten der MSI Gewerbeimmobilien GmbH. »Wir wollen hier einen Hightech- und Technologiepark etablie-ren«, sagt MSI-Geschäftsführer Michael Wierzbicki. Und hat guten Grund dazu: Stryker, Trumpf Hüttinger und die Soitec Solar sind bereits im Haid-Haus – allesamt keine Leichtgewichte in der Technologiebranche. Im nicht

nur von der Kubatur her durchaus markanten Eckgebäude sind in den oberen Etagen jetzt gut 3000 Quadratmeter Büro- oder Laborflächen zu haben, zudem warten noch Produktions- und Lagerflächen (etwa mit einem Hoch- regallager mit 9 Metern Raumhöhe ) auf Nutzer. »Das sind Flächen, die es in Freiburg eigentlich gar nicht mehr gibt«, sagt Wierzbicki. Rund 1000 Quadratmeter sollten die neu-en Mieter mindestens beanspruchen wollen, das MSI- Team freut sich dabei auf alle Fragen, denn: »Wir wissen alles vom Gebäude, vom Brandschutz über die räumlichen Individualisierungsmöglichkeiten bis zur Gebäudetechnik und dem Energiekonzept.« Zudem hat MSI ein Netzwerk aus Architekten, Inneneinrichtern und Ausbaufirmen, die die noch freien Flächen in einem Gebäudekomplex mit besonderer Geschichte sehr schnell in eine attraktive Heimat für die neuen Nutzer verwandeln können.Denn genau darauf ist die MSI spezialisiert, und um dieses Knowhow nun auch weiter nördlich anbieten zu können, hat das Unternehmen mit derzeit neun Be-schäftigten jetzt in der Fächerstadt Karlsruhe eine ers-te Dependance eröffnet. Das eröffnet raumsuchenden Firmen zugleich auch ein größeres Spektrum in der Region Nordbaden. barFo

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Markantes Gebäude: Das Haid-Haus ist auf dem Weg zu einem Hightech- und Technologiepark.

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Für die HWK sind Betriebe, die sich so offen mit dem Thema Flüchtlinge beschäftigen, wichtig: »Wir wollen uns auch um diese junge Menschen kümmern«, sagt Kammerpräsident Johannes Ullrich. Auch wenn es aus vielerlei Gründen wenige sind, die für einen Ausbil-dungsplatz in Frage kommen. In Kooperation mit einem HWK-Programm in Freiburgs italienischer Partnerstadt Padua hat Kopfmann auch schon dem jungen Italiener Davide Zoggia eine Lehrstelle gegeben. »Die Nationalität stellt bei uns keine Barriere dar, wir haben auch Ungarn, Russen, Slowaken und andere bei uns«, erzählt Kopf-mann. Aber klar: Deutsch müssen sie sprechen können, und das kann Jaber, wie er in den Bewerbungsgesprä-chen und beim Abgeben seiner Unterlagen bewies. Denn neben der Gewerbeschule besuchte er in Freiburg auch einen Sprachkurs. Und wenn seine Ausbildung be-ginnt, wird er an einer Schule in Emmendingen im Wege der ausbildungsbegleitenden Hilfe sein Sprach-wissen weiter verfeinern. Der Kontakt zum aus Damaskus vor dem Assad-Regime geflüchteten Jaber Judeh kam über den Lehrer Andreas Bleichner zustande, der an der Walther-Rathenau-Gewer-beschule in Freiburg unterrichtet, bei Kopfmanns anrief und über die guten Leistungen des Syrers und dessen In-teresse für die Elektrotechnik berichtete. Kopfmann ko-operiert schon seit vielen Jahren mit der Schule, sponsert dort den Nachhilfeunterricht. Auch mit anderen Schulen in Freiamt, Köndringen oder in Rust kooperiert das Unter-nehmen, das aktuell rund 60 Menschen, darunter ein Dutzend Azubis, beschäftigt.

Jaber Judeh war über Italien und die Schweiz geflohen, sei Vater blieb zurück, seine Schwester auch. Mit einem Cousin war er im Zug nach Freiburg aufgegriffen worden, als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, wie es im Amtsdeutsch heißt. Er durfte bleiben, besuchte die einjäh-rige Berufsfachschule und lernte dort auch bei Bleichner. »Wenn der Junge einem seine Geschichte erzählt, läuft es einem schon kalt den Rücken runter«, sagt Kopfmann. Diese Flüchtlingsgeschichten sind für hier aufgewach-sene Jugendliche kaum begreifbar. 3500 US-Dollar musste Jaber seinem Schlepper geben, »drei Tage dauert die Rei-se« hatten die ihm erzählt. Drei Wochen waren es. Ir-gendwann gab es kein Trinkwasser mehr auf dem Boot, nichts zu essen. Am 1. September wird mit Jaber auch der erste Moslem bei Kopfmann anfangen. Wenn er in der Mittagspause beten geht, wird das im Betrieb für den einen oder anderen »Rou-tinier vom Land« schon etwas sehr Neues sein. Aber schon im Praktikum zeigte sich, dass die anderen Auszubilden-den den Neuling »toll aufgenommen haben«, sagt Kopf-mann. Spätestens, wenn er nach der Ausbildung über-nommen wird – was bei den Teningern vier von fünf schaffen –, wird Jaber Judeh wissen, dass sich seine aben-teuerliche Flucht gelohnt hat, dass er in einem neuen, ei-nem besseren Leben Fuß fassen konnte. Dass Integration in Deutschland möglich ist und es Betriebe wie den von Kopfmann gibt, die keine Vorbehalte gegen muslimische Mitarbeiter haben. Ob wohl ein christlicher Jugendlicher in Damaskus auch solche Chancen hätte? Lars BargmannFo

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Gelingende Integration: Jaber Judeh fängt im September beim Teninger Elektrotechniker Kopfmann an.

D ie für ihre Ausbildung schon ausgezeichnete Kopfmann Elektrotechnik GmbH in Teningen ist nach Angaben der Freiburger Handwerkskammer

(HWK) der erste Ausbildungsbetrieb in der Region, der einem Flüchtling eine Chance gibt: Jaber Judeh, aus Syrien geflohener Palästinenser, wird am 1. September seine Stelle als Elektroniker mit Schwerpunkt Ener-gie- und Gebäudetechnik antreten. »Jaber hat bei uns zwei Mal zwei Wochen Praktikum gemacht, er ist sehr interessiert und sehr fleißig, deswegen haben wir ihm den Vertrag angeboten«, sagt Carmen Kopfmann, die kaufmännische Chefin der Firma, die ihr Vater Rein-hold Kopfmann 1993 gegründet hatte.

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w erner Amelsberg und Nicolas Schill schütteln die Köpfe: Die beiden promovierten Juristen der Staufener Baurechtsexpertenkanzlei Stei-

ger, Schill & Kollegen können nicht nachvollziehen, wie das staatliche Deutsche Institut für Bautechnik (DIBT) in einem Newsletter (!) und die deutsche Bauministerkon-ferenz in einem kleinen Fenster auf der eigenen Home-page Entscheidungen von großer Tragweite verstecken.

Es geht um die Brandlast Fassade. Ein Thema, dem man sich nach dem Aufsehen erregenden Fassaden-Groß-brand 2012 in Frankfurt durchaus mal widmen kann. Was aber eine Umsetzung bei laufenden Bauvorhaben bedeu-tet, kann den Ministern nicht klar gewesen sein. »Die hat-ten offenbar nur die öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinn, was das bei privaten Bauvorhaben auslöst, wel-che zivil- oder strafrechtlichen Folgen das hat, haben die schlicht vergessen«, kritisiert Amelsberg die »dilettanti-sche Vorbereitung« einer neuen Richtlinie, die im vergan-genen Dezember auf äußerst unspektakuläre Weise erst-mals angekündigt wurde und irgendwann demnächst mal in Kraft treten soll. Genaueres weiß man nicht. Im Kern geht es darum, dass bei Bauvorhaben mit Wär-medämmverbundsystem (WDVS) mit Polystyrol bald mehr Brandriegel in die Fassaden eingebaut werden müs-sen. Mindestens drei, mindestens 20 Zentimeter breit, aus nicht brennbarem Material wie Steinwolle, verdübelt, nicht verklebt. Und dass diese bei der behördlichen Abnah-me nachgewiesen werden müssen. Wer auf seine Abnah-me noch warten muss und mangels Informationen keine Brandriegel verbaut hat, läuft ins offene Messer. So ist es etwa bei einem Bauvorhaben in Bad Krozingen, wo die be-auftragte Firma von der Regelung nichts wusste, und der Bauherr die Mehrkosten im Nachhinein nicht bezahlen will – nicht zuletzt, weil die acht Wohnungen im Haus schon verkauft sind und er somit nicht nachkalkulieren kann. Diese Mehrkosten liegen bei rund 150.000 Euro. Die

»Dilettantische In formationspolitik« BaurEcHtsKanzlEI KrItI sIErt BaumInIstErKonfErEnz

Brandherd Fassade? Die Bauministerkonferenz hat nach Versuchen an Wärmedämm verbundsystemen neue Vorschriften für mehr Brandriegel erlassen.

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Laufmeter der Brandriegel haben sich hier verfünffacht. Auf wie viele Bauvorhaben das noch zutrifft, ist schwer einzuschätzen. Sind es Hunderte? Tausende? In den oft gestellten Fragen beantwortet das DIBT auf seiner Home-page die, ob es für laufende Bauvorhaben Übergangsfris-ten gibt, so: Nein. Sind es am Ende, weil die neue Vorschrift auch für energe-tische Sanierungen gelten soll, sogar bald Hunderttausen-de? Die Informationspflicht liegt dabei nicht bei den Bau-herren, sondern bei den ausführenden Firmen oder Planern. Neulich hat Amelsberg einen Vortrag zum Thema gehalten: Es kamen 120 Fachplaner.Denn sie wissen, was sie tun? In der Regel gilt die Ge-währleistung für Bauleistungen fünf Jahre. Wer also vor viereinhalb Jahren fertiggebaut und heute Risse in der Fassade hat, muss der bei der Beseitigung der Risse nun zusätzlich die neuen Brandriegel einbauen – ohne sie ir-gendjemandem in Rechnung stellen zu können? Das DIBT sagt: nein. »Aber zivilrechtlich ist das falsch«, sagt Amelsberg. »Genau so einen Fall haben wir«, sagt Schill. Dort wurde vor der Abnahme des Allgemeineigentums wegen Rissen an der Fassade und der fraglichen Brand-riegelregel ein Gutachter verpflichtet. Der befand: Der Bauträger muss keine Brandriegel nachrüsten. Was aber passiert, wenn diese Fassade mal abfackelt? Dass zudem wohl an die 300 bisherige Zulassungen fürs WDVS geändert werden müssen, ist nur eine Rand-notiz. Und: Bei der Lagerung von brennbaren Materialien soll künftig ein Mindestabstand von drei Metern zur Fas-sade einhalten werden. Das trifft auch jede Mülltonne zu. Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund hält die Emp-fehlungen im Gespräch mit der Süddeutschen für »we-nig praxisgerecht«. Wer möge denn bitte die Lagerung bestimmter Materialien im Abstand von drei Metern kontrollieren? Nicht nur in Staufen eröffnet sich für die Kanzlei ein neues Arbeitsfeld. Lars Bargmann

»Dilettantische In formationspolitik« BaurEcHtsKanzlEI KrItI sIErt BaumInIstErKonfErEnz

Brandherd Fassade? Die Bauministerkonferenz hat nach Versuchen an Wärmedämm verbundsystemen neue Vorschriften für mehr Brandriegel erlassen.

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chilli: Hat sich der Immobilienmarkt in Freiburg ent-spannt – oder eher nicht?Butz: Der Markt hat sich nicht entspannt. Bei den Gut-leutmatten gibt es Verzögerungen. Hinzu kommt: Von den Flüchtlingen soll ein großer Teil langfristig inte- griert werden, und diese Menschen werden auch irgend- wann einmal normale Wohnungen benötigen.Joos: Die Zahl der Neubauprojekte ist eher überschau-bar, und viele Wohnungen sind auf Studenten und Sing-les ausgelegt.

chilli: Wie viele neue Wohnungen braucht es pro Jahr?Butz: Circa eintausend. In den letzten Jahren hat man das nie geschafft, den Saldo schleppt man mit sich her-um. Es fehlen unterm Strich viel mehr Wohnungen als nur ein paar Hundert.

chilli: Bezahlbarer Wohnraum für Normalverdiener – wo gibt es den?Butz: Im Freiburger Umland gibt es noch viele Objekte. Bad Krozingen etwa hat erschwingliche Immobilien-preise, sie liegen rund 1000 Euro pro Quadratmeter un-ter den Freiburger Preisen. Dort gibt es eine gute Infra-struktur wie die Bahnanbindung. Aber auch dort und anderswo im Umland haben die Preise angezogen.

chilli: Was kostet der Quadratmeter heute?Joos: Bei einer gebrauchten Immobilie: 2014 wurden in Freiburg durchschnittlich rund 2600 Euro für den Quad-ratmeter bezahlt, 988 Objekte haben den Besitzer ge-wechselt. 2015 gibt es bei Gebrauchtimmobilien noch einmal einen ordentlichen Preisschub in Höhe von bis zu 20 Prozent. Das Angebot ist seit Jahren in etwa gleich geblieben, das wird oft vergessen. Nur die Nachfrage ist gestiegen.

chilli: Und im Neubaubereich?Butz: Bei Neubauprojekten liegen die Preise mittlerwei-le im Schnitt bei 4500 bis 5000 Euro pro Quadratmeter.Joos: Der Käufer weiß, dass die Preise am Markt sehr

hoch sind und er ist auch bereit, dieses Geld auszuge-ben – aber nicht um jeden Preis. Es muss alles passen. Objekte, die gewisse Nachteile haben, werden nicht so schnell verkauft wie noch 2013 und 2014.

chilli: Im Juli gab es eine Debatte um die schwer ver-käuflichen Neubauten am Ortsausgang von Günterstal.Butz: Ehrlich gesagt, mich hat nicht gewundert, dass es hierfür keinen Käufer gab. 800.000 Euro für ein Reihen-haus in der Nähe einer Straße – wer so viel Geld ausge-ben will, der hat höhere Ansprüche. Der will keine Kom-promisse eingehen.Joos: Man muss den Kunden aber auch sagen, dass es die Traumimmobilie nur recht selten gibt. Sie sollten sich an nur drei wesentlichen Faktoren orientieren, etwa Lage, Größe und altersgerechter Standard, bei den restlichen aber flexibler und offen für Kompromisse sein. Sonst fin-det man nichts am knappen Markt.

chilli: Oft wird einem die Immobilie vor der Nase weg-geschnappt. Was raten Sie den Kunden?Butz: Sich schon im Vorfeld gut informieren und wissen, wie viel »Immobilie« man sich überhaupt leisten kann und will. Wenn man sich über die Finanzierung im Kla-ren ist, kann man schneller »Ja« sagen. Früher gab es eine längere Bedenkzeit.

chilli: Was unterscheidet die Volksbank von anderen Maklern?Butz: Eine Bank steht für Seriosität und Diskretion. Wir haben einen großen Kundenstamm und können alles unter einem Dach abwickeln.

chilli: Woher bekommen Sie Ihre Objekte?Butz: Über unser dichtes Filialnetz, über die Kundenge-spräche unserer 300 Berater. Derzeit haben wir im Ge-biet Freiburg-Schwarzwald, Kaiserstuhl rund 80 Immo-bilien im Angebot, das meiste davon Neubauten.

Das Interview führte Dominik Bloedner.Foto

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» hohe preise – aber nicht um jeden preis «

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DEr volKsBanK frEIBurg Experten: Roland Butz (l.) und Thorsten Joos.

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w er in Südbaden ein Bauunternehmen sucht, das vom Einfamilienhaus bis hin zum zwei-stelligen Millionenprojekt planen und dann

auch schlüsselfertig bauen kann, der wird bei der Dürrschnabel Industriebau GmbH in Emmendingen fündig. Die beiden geschäftsführenden Diplom-Inge-nieure Markus Keune und Stefan Schäfer setzen mit ihrer Mannschaft schon seit 20 Jahren Projekte in den verschiedenen Bereichen des Bauens um: zuverlässig, termingerecht und zum Festpreis.

Bei Schäfer stapeln sich die Aktenordner rund um den Schreibtisch: Anfang Dezember werden in Sexau die neue, 1000 Quadratmeter große Lagerhalle und zudem 500 Quadratmeter Büroflächen für einen Stahlhändler fertig. Für 1,2 Millionen Euro. Auch noch in diesem Jahr übergibt er für 1,3 Millionen Euro ein rund 1000 Quadrat-meter großes Bürogebäude für ein Versicherungsmak-lerbüro in Buggingen. War hier unlängst erst Richtfest gefeiert worden, ist bereits in der Planung in Bötzingen ein rund 975 Quadratmeter großes Betriebsgebäude für

ein auf Automatisierung und Prozesstechnik speziali-siertes Unternehmen – in der anspruchsvollen Variante eines KfW-Effizienzhauses 55. Und das bei überschauba-ren Baukosten in Höhe von 1,15 Millionen Euro. Die Dürrschnabel plant zudem gerade in der Nord-schweiz ein durchaus voluminös zu nennendes Projekt für einen Industriebetrieb: 7600 Quadratmeter Nutzflä-che, 45.000 Kubikmeter umbauter Raum, ein achtstelli-ges Investitionsvolumen, mit allen Besonderheiten, die das Bauen bei den Eidgenossen für ein deutsches Unter-nehmen so parat hält. »Bauen in der Schweiz ist nicht ganz simpel, aber wir haben uns das Knowhow erwor-ben und können auch das managen«, sagt Schäfer. Auf Keunes Schreibtisch sieht es nicht viel anders aus: An der Lorettostraße baut er gerade direkt am Loretto-bad für rund fünf Millionen Euro ein durchaus hochwer-tiges Wohn- und Geschäftshaus, im November wird in Umkirch der 3,5 Millionen Euro schwere, 2200 Quadrat-meter große Erweiterungsbau des Pharma- und Food-Logistikzentrums der Spedition Barth fertig. In Ettlingen werden die Emmendinger ebenfalls noch Ende Novem-ber eine 1200 Quadratmeter große Halle und 500 Qua- dratmeter Büroflächen an einen Gebäudereiniger über-geben, und in Ettenheim wartet eine 500 Quadratmeter große Erweiterung für einen Dienstleister auf den Spa-tenstich. Und dass sie nicht nur große Projekte können, sondern auch kleine, individuelle, beweist der Bau eines hochwertigen Einfamilienhauses in Emmendinger Hanglage. »Wir heißen zwar Industriebau«, sagt Keune, »aber wir sind keineswegs darauf beschränkt.« barMehr Info: www.duerrschnabel.de

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Alles – und das aus einer handvollE auftragsBücHEr BEI DEr DürrscHnaBEl InDustrIEBau gmBH

Neubau in Buggingen: Hinter der anspruchsvollen Fassade (oben) liegen zwei gegeneinander verschobene Gebäudeteile.

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E in Projekt an markantem Ort: Der Freiburger Projektentwickler Peter Unmüssig hat mit Ober-bürgermeister Dieter Salomon den Grundstein für

das bald größte Hotel der Stadt, das Motel One am Fried-richring, gelegt und auch für das benachbarte Wohnhaus im einstigen Stilz-Ensemble.

Wo derzeit am Siegesdenkmal noch gewerkelt wird, sol-len ab 2017 Touristen in 243 Zimmern nächtigen. Unmüs-sig: »Das wird ein Juwel in Freiburgs Mauern.« Doch die fünfjährige Planung des Baus sei eine Odyssee voll holpri-ger Genehmigungspannen gewesen. Grund sei etwa der Kauf des Nachbargrundstücks am Friedrichring 5. Dort baut Unmüssig parallel das Stilz-Ensemble, ein Haus mit acht Wohnungen. Die Familie Stilz hatte dort seit mehr als 100 Jahren ein Geschäft für Küchenausstattung. »Frau Stilz hat sehr temperamentvoll verhandelt«, sagte Unmüssig. Die anwesende Gisela Stilz nickte energisch mit dem Kopf. Wie viel gezahlt wurde, wollen die beiden nicht sagen.

Der Chef der europaweit agierenden Motel-One-Kette aus München, Dieter Müller, war nach Freiburg gekommen und voll des Lobes für die Zusammenarbeit mit Unmüssig. Das Ganze sei sogar in eine Männerfreundschaft gemün-det. Salomon sagte: »Das Angebot trifft für Freiburg ins Schwarze!« Der Platz werde aufgewertet, zumal bald auch die neue Tramlinie bis ans Siegesdenkmal fahre.Die Motel-One-Kette betreibt 50 Hotels in Deutschland, Ös-terreich, Tschechien, Belgien und Großbritannien – und wirbt mit dem Slogan »viel Design für wenig Geld«. Die Zimmer-preise liegen bei 70 bis 80 Euro. Unmüssig baut den Komplex für 26,5 Millionen Euro, Motel-One wird ihn mieten. Käufer des benachbarten neuen Wohnhauses ist die Edith-Mühl-schlegel-Stiftung. Kostenpunkt: 3,2 Millionen Euro. tln

Odyssee voller pannengrunDstEInlEgung für motEl onE

Hauruck: Motel-One-Chef Dieter Müller (v. l.), OB Dieter Salomon, Stiftungschef Mathias Hecht, Projektentwickler Peter Unmüssig.

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Wirtschaft Rubrik

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E in Blick aus der Vogelperspektive: Die Diskothek Cräsh, das dunkle Loch, ist doch ziemlich niedrig verglichen mit der angrenzenden Industrie- und

Handelskammer. Die Häuser in der Belfortstraße, die in der sogenannten Gründerzeit gebaut wurden, un-terscheiden sich von denen, die nach dem Zweiten Weltkrieg oder in den Achtzigerjahren entstanden, durch die Dächer: Je älter das Haus, desto steiler die Giebel. Und überhaupt: Wie hat sich denn die Bahn-hofsachse in den vergangenen Jahren verändert? Was ist denn da alles hinzugekommen?

Wir sind nicht in einem Flugzeug hoch über Freiburg, sondern im Architekturbüro Horbach in der Wiesental-straße. Im zweiten Stock arbeitet Martin Hermel, der Lei-ter der Abteilung Modellbau des Büros. Hermel werkelt an einem nicht alltäglichen Auftrag. Auftraggeber ist zur Abwechslung kein Bauherr oder Stadtentwickler, son-dern der Verein Stadtmodell Freiburg, der 2012 gegründet worden ist und derzeit rund zwei Dutzend Mitglieder zählt – hauptsächlich Architekten. »Wir wollen ein Modell der gesamten Stadtfläche Frei-burgs errichten, vom Rieselfeld bis Ebnet, vom Vauban bis Zähringen. Und das alles im Maßstab 1:1000«, sagt der Vereinsvorsitzende Benno Burgey. 80 Teilstücke, maxi-mal einen Quadratmeter groß, sollen es irgendwann ein-mal sein. Freiburg wird auf eine Modellfläche von acht mal zwölf Metern schrumpfen. Pro Platte fallen Kosten von 5000 bis 15.000 Euro an – je nach Komplexität des Stadtteils und nach Aufwand der digitalen Aufbereitung.

Im Oktober präsentiert der Verein das erste Teilstück, das die Stadtteile Stühlinger und Sedanquartier mit ins-gesamt 800 Gebäuden zeigt, erstmals öffentlich.Bis dahin muss Martin Hermel noch einige kleine Häu-ser aus Birnenholz herstellen, einige Miniaturbäume aus Schaumgummi pflanzen. Die Platte, auf der Erhebungen wie der Colombi-Park leicht auszumachen sind, ist aus Birkensperrholz. »Die Plandaten, also die Höhenlinien, die Höhe der Gebäude, die Neigung der einzelnen Dächer, be-kommen wir vom Vermessungsamt der Stadt zur Verfü-gung gestellt«, berichtet Burgey. Diese Daten werden dann für Hermel aufbereitet, damit er möglichst exakt arbeiten kann. Das Modell sieht aus wie eine Spielzeuglandschaft, das Kind im Manne erwacht beim Betrachten. »Sicher, das ist spannend für Touristen und für Kinder«, sagt Burgey. »Doch mit diesem Modell wollen wir auch ein effektives stadtplanerisches Werkzeug haben, an dem die Entschei-der und alle an einem Planungsprozess Beteiligten disku-tieren können.« Wie soll die Stadt wachsen? Wo soll und könnte nach-verdichtet werden? Wie wird das neue Stadion sich ins Stadtbild integrieren? Wie könnte eine Renaturierung der Dreisam aussehen? Burgey hofft, dass mit dem Mo-dell eine lebhafte kulturelle und öffentliche Debatte be-ginnen möge. Ein Modell aus Holz sei eben etwas Hapti-sches, etwas, das die Dimension von Bauprojekten auch ungeschulten Augen näher bringe. Das 3D-Modell der Stadt, das derzeit ebenfalls entwickelt wird, sei etwas an-deres, meint Burgey.

In die Zukunft blickenEIn 1:1000-moDEll DEr staDt frEIBurg soll PlanErn als wIcHtIgEs

wErKzEug DIEnEn – unD DIE PartIzIPatIon DEr BürgEr BEfEuErnHandarbeit: Zweidimensional kann ja jeder – der Verein Stadtmodell Freiburg hat noch eine Dimension draufgepackt, den Stühlinger (oben) schon nachgebaut und am Rand der Innenstadt auch schon mal das Colombi-Schlössle (rechts) in Szene gesetzt.

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Dieter Keppelers Haus: Wann hier weitergebaut wird, entscheidet sich vor Gericht.

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Vorbilder hat der Verein viele: Stadt-modelle gibt es etwa in der Schweiz in Zürich und in Basel. Dort hat die öffentliche Hand viel Geld zuge-schossen. »Unser Vorbild ist aber Münster«, sagt Burgey. »Dort ist durch viele private Spenden und bürger-schaftliches Engagement ein inter-essantes Modell entstanden.« Dominik Bloedner

Info:

Am Samstag, 10. Oktober, zeigt der Verein Stadtmodell Freiburg von 10 bis 14 Uhr im Ausstellungsraum des Café Hermann am Bahnhof (vormals Café Mobile) das 1:1000- Modell des Sedanquartiers und Stühlingers. Weitere Infos via Benno Burgey, erster Vor- sitzender: [email protected], www.stadtmodellfreiburg.de.

Spenden sind willkommen auf das Konto 13292946 bei der Sparkasse Freiburg Nördlicher Breisgau (BLZ 68050101).

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Markante Architektur sIEDlungswErK Baut 76 woHnungEn auf DEn gutlEutmattEn

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»Entlang der Eschholzstraße soll ein prägnantes, neungeschossiges Gebäude mit gutem Wohnungs-mix entstehen, um die Eingangssituation zum neuen Quartier architektonisch qualitätsvoll zu akzentuie-ren. Diese Erwartungen erfüllt der Siegerentwurf in hohem Maße«, lobt Baubürgermeister Martin Haag den turmartigen Solitär. Zehn Eigentumswohnungen (2 bis 5 Zimmer, 55 bis 160 Quadratmeter, Quadratme-terpreise vermutlich bei rund 4500 Euro) sowie zwölf preisgebundene Wohnungen (die 20 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen) wird das Haus beherbergen. In Erd- und 1. Obergeschoss sowie 7. und 8. Obergeschoss gibt es Maisonettewohnungen, die Mietwohnungen bleiben im eigenen Bestand, der aktuell 82 Einheiten zählt.Auf der anderen Straßenseite hat das Siedlungs-werk auch den Zuschlag für drei Gebäude bekommen (hier hatte das Büro Böwer, Eith, Murken den Wettbe-werb gewonnen) und baut fünf Apartments für den Verein Freiburger Hilfsgemeinschaft, Flächen für den Sozialdienst Katholischer Frauen Freiburg, eine Woh-nung für den Ring der Körperbehinderten, 38 geför-derte Mietwohnungen und 16 Eigentumswohnungen. »Hier wollen wir versuchen, einen Quadratmeter-

preis hinzukriegen, der nicht deutlich über 4000 Euro liegt«, sagt der Freiburger Siedlungswerk-Geschäfts-stellenleiter Heinz-Dieter Störck. Das gesamte Inves-titionsvolumen liegt für die 76 Wohnungen mit insge-samt 8240 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche bei 22,3 Millionen Euro.In Bad Krozingen ist der Vertrieb von 32 Eigentums-wohnungen im Neubauviertel Kurgarten I hingegen schon so gut wie abgeschlossen: Kein Wunder bei im Schnitt 3250 Euro pro Quadratmeter. Weitere acht Wohnungen werden vermietet. Im Gebiet Kurgarten II erstellt das Siedlungswerk dann ab kommendem Jahr insgesamt 120 Wohnungen in mehreren Häusern mit maximal 12 Einheiten. 60 werden als Eigentumswoh-nungen verkauft, 36 Mietwohnungen werden öffent-lich gefördert, bei 24 weiteren liegt die festgeschrie-bene Quadratmetermiete bei acht Euro. Und auch im Offenburger Neubaugebiet Seitenpfaden ist Störck mit seiner Mannschaft aktiv und erstellt 26 Eigen-tumswohnungen. Zudem sucht er beim Dreispitz im Rieselfeld noch gewerbliche Mieter für rund 2000 Quadratmeter Fläche. Und auch dies ist wieder ein markantes Gebäude am Eingang zum Stadtteil. Lars Bargmann

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Gewinner: So soll das vom Freiburger Büro Harter und Kanzler entworfene Hochhaus mal aussehen. Die Jury war voll des Lobes.

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E s wird eines der prägenden Gebäude des neuen Quartiers Gutleutmatten sein, was das

Stuttgarter Siedlungswerk an her-ausgehobener Stelle im westlichen Teil des Plangebiets erstellen wird. Das Unternehmen hatte den Inves-torenwettbewerb für ein 26 Meter hohes Hochhaus mit einem Ent-wurf des Freiburger Architekturbü-ros Harter und Kanzler gewonnen und wird darin nun bald 22 Miet- und Eigentumswohnungen anbie-ten. Baubeginn wird Anfang kom-menden Jahres sein. Und auch auf den östlichen Gutleutmatten konn-te sich das Siedlungswerk eine Flä-che sichern und baut auf dieser noch weitere 54 Wohnungen.

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»Das ist ein Zwitimit 2 Zeilen«

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vErKauftDie Deutsche Annington hat in Freiburg 700 Wohnungen gekauft. Die gehörten einst der LBBW, die sie in einem Paket mit insgesamt 21.000 Wohnungen vor drei Jahren für 1,435 Milliarden Euro an die Pa-trizia AG verkauft hatte. Die Augs-burger machten einen guten Deal, denn die Deutsche Annington zahlte jetzt für 19.800 Wohnungen 1,9 Milliarden. Mehrere Stadträte reagierten sehr skeptisch auf die Nachricht.

InvEstIErtDas Hamburger Immobilienunter-nehmen Revitalis investiert in Frei-burg mehr als 80 Millionen Euro, um auf den Güterbahnhof ein Hampton-Hotel mit 175 und ein Super-8-Hotel mit 205 Zimmern sowie rund 100 Mietwohnungen zu bauen.

PrognostIzIErtNach einer bundesweiten Studie des Basler Beratungsunternehmens Prognos im Auftrag der Postbank ist der Landkreis Breisgau-Hochschwarz-wald bundesweit der zehntbeste Landkreis bei der Wertentwicklung von Immobilien bis 2030. Der Land-kreis Emmendingen belegt Platz 22, der Landkreis Lörrach Platz 74 und die Stadt Freiburg ist auf Rang 85 unter insgesamt 402 Landkreisen und Städ-ten. Die Plätze 1 bis 14 liegen – mit Aus-nahme des 10. – alle rund um die bay-rische Landeshauptstadt München.

vErzögErtDer Abbruch der Kronenbrücke in Freiburg dauert ein halbes Jahr län-ger als geplant. Grund sei ein Kalku-lationsfehler eines Planungsbüros und eine Hochdruckgasleitung der Badenova, so die Stadtverwaltung.

gEPrüft Die IG Bauen-Agrar-Umwelt fordert mehr Kontrollen zur Einhaltung des Mindestlohngesetzes in den »dunk-len Lohn-Ecken in Freiburg«. Erst ein Prozent der baden-württember- gischen Betriebe seien vom Zoll ge-prüft worden. Vor allem die Gebäu-dereinigerbranche müsse gezielt kontrolliert werden.

HErausgEgEBEnDas Architekturforum Freiburg und die Freiburg Wirtschaft, Touristik und Messe GmbH haben einen neu-en kleinen 3D-Stadtplan »Moderne Architektur in Freiburg« herausge-bracht. Der Cityguide zeigt darin 34 außergewöhnliche Gebäude in Freiburg. Der Plan ist für 2 Euro in der Tourist-Information im Rathaus erhältlich. bar

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Kommentar

Themenheft 09-2015

Das Bauen & Wohnen-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli

Herausgeber: chilli Freiburg GmbHNeunlindenstr. 35, 79106 Freiburg

fon: 0761-292 70 60, fax: 0761-292 70 [email protected], www.chilli-freiburg.deGeschäftsführung: Michaela Moser (ViSdP)Redaktion: Lars BargmannAutoren: Tanja Bruckert, Till Neumann, Dominik Bloedner, Dr. Stefan Pawellek

Titelbild: Visualisierung © SiedlungswerkGrafik: Anke HuberLektorat: Beate VogtAnzeigen: Jonas Stratz, Uwe Bernhardt, Malika Amar Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG

Impressum

Folgenreiche Machtspiele

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I m Freiburger Gemeinderat hat sich eine eigenar-tige Allianz gebildet. Da haben die Sozialdemo-kraten (8 Sitze), die Unabhängigen Listen (7), die

Fraktionsgemeinschaft Junges Freiburg / Die Partei / Grüne Alternative Freiburg (JPG, 4), die Fraktion Frei-burg Lebenswert/Für Freiburg (FL/FF, 4) und die FDP (2) auf die Pauke geschlagen und mit 25 Stimmen ge-gen die Grünen (11), die CDU (9), die Freien Wähler (3) und den Oberbürgermeister Dieter Salomon Politik gemacht. Beschlossen sind die 50-Prozent-Klausel für den sozialen Mietwohnungsbau und der neue Techni-sche Geschäftsführer für die Freiburger Stadtbau. Und die, die bisher das Regieren gewohnt waren, finden sich plötzlich auf der Oppositionsbank wieder. Dabei ist es nur eine Randnotiz, dass vor dem Beschluss zwi-schen den wohnungspolitischen Denkansätzen der Freidemokraten und der FL/FF-Stadträte schon mal ein ganzer Himmel passte.

Über viele Beschlüsse des Gremiums lässt sich trefflich streiten, über die Quote und den in gleicher

Sitzung mit gleicher Mehrheit beschlossenen neuen Technischen Geschäftsführer für die Freiburger Stadt-bau sicher auch. Bei der neuen Mehrheit ist indes, so wirkt es jedenfalls, auch der Trotz bei der Meinungsbil-dung mit am Tisch. Und die Enttäuschung, in der Ver-gangenheit einfach viel zu wenig von dem bewegt zu haben, was man bewegen wollte. Was aber an Grün-Schwarz gescheitert war. Ob Trotz fürderhin ein guter Ratgeber für andere, weitreichende Entscheidung ist, ist nicht sehr wahrscheinlich. Die neue Mehrheit hat sich vielerorts keine Freunde geschaffen. Aber wie sagte schon Konrad Adenauer: »Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genom-men.« Ernst genommen wird die neue Allianz seither sicher. Es liegt nun an den Grünen, den Schwarzen und den Blauen, künftig mehr Politik zu machen, die zu we-niger Trotz und Verdruss bei den Kollegen führt. Und es liegt in der Verantwortung der eigenartigen Allianz, keine Politik zu machen, die Freiburg und den Freibur-gern das Leben schwerer macht. Lars Bargmann

Neues Rathaus, neue Macht: In Freiburg gibt es eine neue Koalition, mit der die machtgewohnten Fraktionen nun umgehen müssen.

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