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Appeared in: John Holten and Line Madsen (eds.): You are here, Broken Dimanche Press 2009, pp. 17-37 & 173-190.
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UrszulA WOŹNIAKNicht so buNt wie ukraiNische Dörfer, Dafür fast so lebhaft wie haNoiBerlINer MeNtAl MAps 20 JAhre NAch deM MAuerfAll
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nicht so bunt wie ukrainische dörfer, aber…
im geeinten Berlin noch zeigen. Aussagen wie die obige machen deutlich, dass die Verortung Berlins auf der eu-ropäischen Landkarte keine Angelegenheit objektiver Vermessungen ist: zwischen Ost- und West-Berlin findet in manchen Fällen die Ukraine gar noch Platz.Der Wahrnehmung des Berliner Stadtraumes liegen damit persönliche Wanderungsgeschichten durch die Stadt, genauso wie kulturell tradierte Erinnerungen und politische Sozialisationen zu Grunde. All dies lässt sich nicht an neuen Bezirksgrenzen oder Straßennamen ab-lesen, denn es ist auf ganz anderen Karten verzeichnet: Den Karten in unseren Köpfen.
karteNverheissuNgeN
Karten wollen und können so allerlei. Im Alltag verspre-chen wir uns von ihnen Orientierung, die Darstellung von empirisch nachprüfbaren Fakten. Was der Karte ihre ungemeine Suggestivkraft verleiht, ist ihr Vermögen, auf einen Blick alles zu zeigen: den Umfang oder auch die glorreiche Expansion von Territorien, die Migration von Menschen, Gütern und Ideen, die Verbreitung von Epi-demien ebenso wie von Technologien, Kriegsschauplät-ze und Wohlstandsinseln, den Verlauf von Grenzen, den Verlauf einer Mauer durch eine Stadt. Gemeinhin sprechen Karten eher ungern darüber, aus welchem ideologischen Tintenfass sie ihre Farben schöp-fen. Ihre Entstehungsgeschichten verschwinden hinter
UrszUla WOŹNIaK
„Berlin hat sich sehr verändert, da gab es viele Baustellen, vieles wurde neu gemacht. Wenn man sich an diese schreckli-chen grauen Häuser erinnert, dieses Graue hat gedrückt, im Vergleich zu West-Berlin. Sogar die Laune wurde schlechter, wenn man sich die Häuser angekuckt hat. Ich habe dies dann immer mit der Ukraine verglichen, mit unseren vielfarbigen schönen ukrainischen Dörfern.“,so die Mitarbeiterin eines ukrainischen Verbandes in Ber-lin, die 1985 zunächst nach Ostdeutschland, und sieben Jahre nach dem Mauerfall schließlich nach West-Berlin zog. Ihre Schilderung entspricht dem Raumklischee vom deprimierend grauen Ost-Berlin der Vorwendezeit, nur das hier zum Vergleich nicht pastellfarbene Einfamilien-häuser westdeutscher Provinzen herangezogen werden, auch nicht die funkelnden Schaufenster vom Ku’damm, sondern bunte Dorfidyllen tief im Osten von Ost-Berlin.20 Jahre nach dem Mauerfall stellt sich die Frage, wo und vor allem wie sich die Nahtstellen zwischen Ost und West
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nicht so bunt wie ukrainische dörfer, aber…UrszUla WOŹNIaK
grafischen Zeichen, was bleibt ist die Lüge ihrer Objek-tivität. Manchmal muss sich die Karte aber widerwillig beim Lügen ertappen lassen: Auf DDR-Stadtplänen wurde West-Berlin zum Niemandsland. Westlich vom Brandenburger Tor und südlich vom Checkpoint Charlie erschien auf den Ostkarten eine blanke Fläche, die bes-tenfalls noch das Spinnennetz der S-Bahnhöfe und eini-ge Grünflächen preisgab – von den Häusern und Straßen drüben fehlte hingegen jede Spur. In den Köpfen der meisten West-BerlinerInnen war der Osten der Stadt nun aber alles andere als eine tabula rasa, umgekehrt verfügten die BewohnerInnen Ost-Berlins in den Jahren der Teilung ebenso über mentale (wie auch reale) Bilder vom anderen Teil der Stadt. Die Karten in den Köpfen der BerlinerInnen, das waren und sind nicht nur die Mental Maps von Ossis und Wes-sis, sondern auch von MigrantInnen in beiden Teilen der Stadt. In eben der Absicht, etwas über subjektive Geo-graphien aus migrantischer Perspektive zu erfahren, hat sich in dem von der in Berlin lebenden und arbeitenden Künstlerin Stefanie Bürkle initiierten Projekt ‚Placema-king‘ eine Forschungsgruppe zwischen den Disziplinen Kunst, Architektur und Ethnologie zusammengefunden. Wir sind den Mauerfallerzählungen von Berliner Migran-tInnen nachgegangen und haben ihre Bewegungen durch das Berlin der letzten 20 Jahre verfolgt.
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nicht so bunt wie ukrainische dörfer, aber…UrszUla WOŹNIaK
MigratioN als räuMliche Mobilität
Mit der Migration von Menschen nach Ost- und West-Berlin verbindet sich ebenso die Wanderung mitgebrach-ter Räume durch den Berliner Stadtraum, die zugleich den Blick auf das Berliner Stadtbild prägen. Als sie zum ersten Mal „durch die ersten Löcher in der Mauer“ hin-durchschaut, stellt eine Polin fest: „Es war furchtbar häss-lich, Ost-Berlin. Es sah aus wie Szczecin.“ Und auch fünf Jahre nach dem Mauerfall wollte eine Russlanddeutsche bei ihrer Ankunft noch bemerkt haben, dass Ost-Berlin wie „der Stadtrand von Moskau“ aussieht.Im Rahmen des Kunstprojekts ‚Placemaking‘ habe ich mit PolInnen in Berlin Interviews geführt und von ihnen Mappings zeichnen lassen. Die Wanderung von TürkIn-nen, UkrainerInnen, RussInnen und VietnamesInnen durch Berlin waren ebenso Gegenstand unserer Unter-suchungen. Damit haben wir Migrationsgeschichten ein-gefangen, die unterschiedlicher kaum ausfallen könnten: Türkische GastarbeiterInnen, vietnamesische Vertragsar-beiterInnen und Boat People, polnische Nachwendebau-arbeiter und ukrainische SpätaussiedlerInnen wurden weder in derselben politischen Realität sozialisiert, noch trafen sie auf dieselben Bedingungen im jeweiligen An-kunftsland West-, Ost- oder aber dem geeinten Berlin.Um etwas über den eigenen Bewegungsradius im Berli-ner Stadtraum zu erfahren, legten wir den MigrantInnen Stadtpläne vor. Diese Karten waren stark abstrahiert, sie zeigten die heutigen Berliner Bezirksgrenzen und -na-
men, den Verlauf der Flüsse und verzeichneten in den Ecken geopolitische Bezugspunkte: ‚Ost‘- und ‚West-deutschland‘, sowie ‚Herkunftsland‘ und ‚anderswo‘. Wir baten unsere Befragten darum, tägliche Wegstrecken und Haltepunkte einzuzeichnen: Wo liegen Wohnort und Ar-beitsplatz, wo wohnen Freunde und Familie? Wo werden wichtige Behördengänge und Arztbesuche vollzogen, welches sind die liebsten Orte, wo wird sich hingegen nur ungern aufgehalten? Und vor allem: Wie hat sich dies in den letzten 20 Jahren verändert?
Maps Make places
Die vielschichtigen und äußerst unterschiedlichen Men-tal Maps, die wir erhalten sollten, spiegeln die Raum-erfahrungen und -wahrnehmungen von MigrantInnen wieder. Als placemaking im Sinne einer Selbstverortung zeigen die Karten, welche Orte ihre AutorInnen beset-zen und welche Bewegungszirkel in der geeinten Stadt sie dabei ziehen. Jenseits des Kanons der kartografischen Semiotik, ihrer Legenden, Maßstäbe und standardisier-ten Geometrien, können die Mappings sichtbar machen, was in der Regel im kartographischen Endprodukt zum Verschwinden gebracht wird: subjektive Topographien, die sich in eigenen Zeichen und Handschriften nieder-schlagen. Die Momentaufnahmen der Mental Maps, die wir gesammelt haben, stellen dabei aber immer nur Fragmente der kognitiven Karten unserer Interviewpart-
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nerInnen dar. Mental Maps sind in erster Hinsicht kei-ne Artefakte, sondern beschreiben Handlungsprozesse, welche die Navigation durch den Berliner Stadtraum und das Verständnis desselben bestimmen. Um ihnen auf die Schliche zu kommen, müssen Karte und Interview einan-der vorgestellt werden.Dies gilt insbesondere für die No-Go-Areas und die places to be: So getraute sich etwa niemand so recht, ein dickes Kreuz an einen gemiedenen Ort zu setzen. Viele PolInnen und TürkInnen meiden Neukölln und Wedding lieber, wenn es um die Wahl der Wohngegend geht. Eine türki-sche Schmuckladenbetreiberin, die ihr Geschäft gemein-sam mit ihrem Mann vor einigen Jahren im Prenzlauer Berg eröffnet hat und nahe vom Hallschen Tor wohnt, erzählt, dass der Wahl ihres Wohnortes pragmatische Überlegungen zu Grunde liegen. Die soziale Infrastruk-tur mache es nicht einfach, aus Kreuzberg wegzuziehen. Dass ihre Kinder im SO 36 groß werden, wo sie selbst auf-gewachsen ist, möchte sie nicht. Denn am liebsten würde sie in einen grünen Bezirk wie Spandau wohnen, doch in Spandau, „da ist es dann zu ruhig und zu peripher.“ Gespräche verrieten in solchen Fällen mehr als die Karten, die wir zeichnen ließen. Die Besitzerin einer polnischen Postergalerie in Mitte blickt auf ihre Wanderung von Ber-lin-Mitte nach Neukölln Ende der 90er Jahre zurück: „[A]ls wir in Mitte gewohnt haben, kam es uns so vor, dass das so ein Bezirk der jungen, energetischen, aufstrebenden Karriere-Leute […] und nach ein paar Jahren hatten wir das einfach satt.
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Als wir dann eine Wohnung gesucht haben, waren wir in Neukölln und sagten uns: ‚Endlich, normale Leute hier! Super, wie toll, hier sind sie nicht so angestrengt und ange-spannt, sondern es leben so alle ganz normal vor sich hin.‘ Aber nach einigen Jahren kam es uns so vor, dass es dort nicht normal, sondern depressiv, dass man dort die Arbeitslosigkeit sieht und das es dort ein aggressiv-depressives Leben ist. Dass die Leute dort wenig lachen. Vielleicht lachen die Leute hier künstlich und mit Sicherheit werden wir in ein paar Jahren von hier wieder woanders hinziehen, aber bislang…“In den 20 Jahren seit dem Mauerfall ist sie gemeinsam mit ihrem Mann immer wieder zwischen Ost und West hin- und hergezogen. Sind damit die alten Grenzen voll-ständig aus den Mental Maps verschwunden?
Neue räuMe, Neue freiheiteN?
Mit dem Mauerfall prallten in Berlin nicht nur zwei politi-sche Systeme, sondern auch zwei völlig unterschiedliche migrantische Realitäten aufeinander. 1990 lebten mit 4,5 Millionen in der Bundesrepublik 25-mal so viele gezählte AusländerInnen wie in der gesamten DDR mit ihren zir-ka 180.000. In Berlin spitzte sich dieses Größenverhältnis noch zu: In West-Berlin mit rund 2,2 Millionen Einwoh-nern lebten fast doppelt so viele AusländerInnen wie in der gesamten DDR, von denen wiederum etwa die Hälf-te als VertragsarbeiterInnen, die meisten aus Vietnam, in die DDR gekommen waren. Für unser Projekt bedeutete
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sen, wie es drüben aussah. Ein 34-jähriger türkischer So-zialarbeiter, der damals unweit vom Moritzplatz wohnte, erzählt, wie er gleich aus dem Haus rannte, als er hörte, was los sei: „Ich lief zum Grenzübergang, weil ich das hautnah miterle-ben wollte. Punkt sechs ging es dann auch los und die ersten kamen mit ihren Trabbis und dann zu Fuß. Andere Leute aus der Straße waren auch zugegen und dann haben wir die be-grüßt, mit Jubel und Geschenken. Am nächsten Tag hat der Nachbar von Gegenüber mit einer Zigarette in der Hand bei mir geklingelt und gesagt, hier bin ich. Als ich ihn fragte, wer er sei, meinte er, er sei der Nachbar von der anderen Seite der Mauer und da habe ich ihn erst einmal zum Tee eingeladen.“
Rückten mit einem Mal Ost und West näher aneinander, so sollte sich die aus diesem plötzlichen Raumgewinn ergebene neue Mobilität für viele MigrantInnen bald als Trugschluss erweisen. Die Öffnung der Stadt und das Betreten der Ostbezirke stellte für viele von ihnen ein gefährliches Unternehmen dar. Für eine vietnamesische Bistrobesitzerin in Halensee war die Wende der Augen-blick, ab dem „bislang versteckte ausländerfeindliche Haltungen“, die in der DDR bereits schwelten, offen aus-gelebt wurden. Auch für die polnische Galeristin war ein Umzug nach Ost-Berlin Anfang der 90er Jahre noch völlig undenkbar. In den ersten Jahren nach der Wende beweg-te sie sich lieber in West-Berlin als den alten Ostbezirken, „denn irgendwie gab es da so eine aggressive Stimmung. Uns
nicht so bunt wie ukrainische dörfer, aber…UrszUla WOŹNIaK
dies, dass bis auf letztgenannte Gruppe alle unsere Inter-viewpartnerInnen, die vor 1989 nach Berlin kamen, zum Zeitpunkt des Mauerfalls in den Westbezirken beheima-tet waren. 1 Die polnische Galeristin etwa ging kurz nach ihrer An-kunft vor dem Mauerfall erst einmal den Weg einer „ty-pischen polnischen Karriere“, wie sie sagt: Die ersten paar Jahre arbeitete sie als Putzfrau bei einer Familie in Zeh-lendorf. Amüsiert berichtet sie von einem Gespräch mit ihrer damaligen Arbeitgeberin, die einen Wochenendaus-flug ihrer Putzfrau nach Szczecin für ein unmögliches Unterfangen hielt: „‚Nach Szczecin? Da fährt man doch drei Tage mit dem Zug hin? Mit dem Auto ein Woche! Wie wollen sie da nach drei Ta-gen zurück kommen?‘ Und sie hatte wirklich die Vorstellung, das Polen von Berlin aus Tausende von Kilometern entfernt sei. Ich hab ihr das dann sogar auf der Karte gezeigt: ‚Schauen Sie mal, hier ist Szczecin, hier ist Berlin, da ist Frankfurt. Da ist es nach hier sogar weiter als nach hier.‘ ‚Ja, tatsächlich!‘“Kurz nach der Wende sah die mentale Landkarte dieser West-Berlinerin wahrscheinlich bereits etwas anders aus; zumindest dürfte Ost-Berlin mit einem Schlag näher ge-rückt sein. Unmittelbar nach dem Mauerfall haben aber nicht nur Ossis und Wessis aufgeregt den anderen Teil der Stadt erkundet, MigrantInnen wollten ebenso wis-
1 http://www.berlin.de/imperia/md/content/lb-integrationmigration/publikationen/minderheiten/stadt_der_vielfalt_bf.pdf
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nicht so bunt wie ukrainische dörfer, aber…UrszUla WOŹNIaK
Ausländern fiel es schwer, dort zu sein. […] Mir kam es so vor, dass ein Umzug nach Ost-Berlin unmöglich war. Ich er-innere mich an so seltsame Reaktionen der Beamten im Ost-teil, denn die Beamten in West-Berlin waren daran gewöhnt, dass es Tausende Polen, Tausende Türken, Tausende von al-lem gibt, dass all diese irgendwie leben und das sie normale Leute sind. Aber als ich hingegen nach Mitte gezogen bin und zum Einwohnermeldeamt gegangen bin, fühlte ich mich wie die Bewohnerin eines anderen Planeten.“
platzgeraNgel
Welche Rolle spielen aber die alten Ost- und Westbezirke heute, 20 Jahre nach dem Mauerfall? Die Unterschiede in der Raumwahrnehmung zwischen Ost und West sind nicht vollständig getilgt, doch die Grenzen sind gewan-dert. In vielen Erzählungen der PolInnen und Ukraine-rInnen zeigt sich, dass nur gewisse ehemalige Ostbezirke auch heute noch gemieden werden. Nach den häufigsten und den ihr liebsten Aufenthaltsorten befragt, bezeich-net sich die polnische Geschäftsführerin einer Stiftung als „eindeutig westlastig“, was für sie in keinem Wider-spruch dazu steht, dass sie in Treptow arbeitet und auch nicht ausschließt, mal nach Pankow und Friedrichshain zu ziehen. Bei der Frage nach dem liebsten Wohnort ant-wortet sie:„Ach, ich würde Mitte, so nördlich von Mitte, nach Pankow würde ich auch hinziehen. In bestimmte Teile von Friedrichs-
hain würde ich reinziehen aber nicht mehr nach Lichtenberg. — Wieso ‚nicht mehr‘? Ich mag’s nicht so. Also, noch so… so die Teile, die näher an Friedrichshain, ich bin da immer mit dem Zug abgefahren, ich mag die Gegend irgendwie nicht. Ich kenn sie auch viel zu wenig. Für mich war das der Abfahrtsbahnhof nach Polen.“
Gilt der Bahnhof Friedrichstraße als Grenzbahnhof ge-meinhin als Ort vieler traumatischer Erinnerungen, so besitzt für diejenigen, die zu Mauerzeiten in das sozialis-tische Ausland reisten, der Bahnhof Lichtenberg einen ähnlichen Stellenwert. Er liegt für sie bis heute tief im Osten der Stadt. Damit wird deutlich, dass die Wahrneh-mung von Ostbezirken heute eine andere ist: Ost und West sind zwar nicht von den Mental Maps verschwun-den, doch sie bezeichnen nicht mehr dieselben Bezirke. Auch für eine vietnamesische Studentin zählt Berlin-Mit-te nicht mehr zum Osten der Stadt:„Ich finde der Hackesche Markt ist so lebhaft wie Hanoi. Wie meine Heimatstadt, was mir auch ein wenig fehlt. Im Ostteil ist es so, abends macht man Fenster und Türen zu und man denkt man ist allein auf dieser Welt. Und das ist was mich so etwas traurig macht.“Die Einschätzung von bevorzugten Wohngegenden, die wir damit auch erfragt haben, ist gruppenübergreifend häufig verblüffend ähnlich und unterscheidet sich kaum von „deutschen“ Raumvorstellungen und -klischees aus der Mitte der Gesellschaft. Wären Vorstellungen über
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nicht so bunt wie ukrainische dörfer, aber…
den Raum Teil des medialen Integrationsdiskurses, dann sähe dieser vielleicht etwas anders aus, dann fielen bis-lang „parallel“ gedachte Räume nämlich in Einhelligkeit zusammen. Viele Raumbilder sind so weder spezifisch deutsch noch migrantisch, sie werden von allen geteilt – und das hat gute Gründe. Als beliebte Ausflugsziele gelten so bei den PolInnen und RussInnen immer wieder Potsdam, einige der von uns befragten TürkInnen wür-den gerne in Zehlendorf oder in Prenzlauer Berg woh-nen, und Lichtenberg, Hellersdorf und Marzahn werden von allen Beteiligten lieber gemieden. Der türkische Trai-ner eines Fußballclubs in Hohenschönhausen formuliert seine Schwierigkeiten mit manchen Orten in Ost-Berlin ganz direkt: Viele Ostbezirke seien zwar schön, so auch sein Arbeitsort oder Köpenick und die Gegend um den Müggelsee herum; die entscheidende Frage sei aber, „ob man sich da wohl fühlt.“Unwohl fühlt sich eine ukrainische Auslandkorrespon-dentin wiederum in Anwesenheit von „zu vielen Migran-ten“, die ihrer Einschätzung nach vor allem in Kreuzberg und Neukölln zu finden sind. Zu der Gruppe der Mig-ranten will sie sich somit nach drei Jahren in Berlin offen-sichtlich nicht (mehr) zählen und erzählt: „Ich war auch einmal in Marzahn – was mich leider an die unbeliebtesten Gegenden von Kiew erinnert, und ich versuche dorthin nicht zu gehen.“Die Stigmatisierung von Räumen bleibt damit gewiss nicht den Deutschen vorbehalten, schließlich geht es
für alle darum, den eigenen Platz in der Gesellschaft zu behaupten, und sich lieber in begehrenswerten Räumen einzunisten. Ganz so einig darüber, was einen Ort le-benswert macht, sind sich dabei natürlich nicht alle, doch eben darin besteht das Gerangel um den eigenen Platz in der Nachwendegesellschaft. Die Betreiberin eines Nagel-studios in Charlottenburg etwa findet Marzahn doch ei-gentlich „ganz schön“ und kann mit den Vorurteilen von „viel Kriminalität“ nichts anfangen: „Also […] ich komme ganz gut klar, also wir sind seit ‘93 immer noch da. Wir ha-ben immer im selben Haus gewohnt.“
eiNheit uNgleich eiNigkeit
Ich ziehe eine orangefarbene Linie. Sie führt vorbei an Ge-bäuden, die vor 20 Jahren noch nicht standen, an Straßen entlang, die vor 20 Jahren noch ganz anders hießen. Vor-bei am Hautbahnhof, dem Hamburger Bahnhof, der In-validenstraße… später über die Bernauer Straße in Rich-tung Mauerpark. Die Berliner Mauer steht wieder. Hätte ich gewollt, hätte sie auch ein bisschen anderes verlaufen können, denn um es mit den Worten eines vietnamesi-schen Studenten zu sagen, der wie ich zum Zeitpunkt des Mauerfalls gerade mal das schulfähige Alter erreicht hat-te: „Ich meine wer kommt schon auf die Idee, durch die Stadt eine Mauer zu ziehen. Das ist ja schon ein bisschen ulkig.“ Mit der Digitalisierung der Mental Maps übe ich mich nun also in der ulkigen Aufgabe, gewünschte Objektivi-
UrszUla WOŹNIaK
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Räume selbst sind, die sich da in den Köpfen vermengen. Berlin liegt im Jahr 2009 nicht irgendwo zwischen Ost- und Westeuropa, sondern inmitten von Kiew, Hanoi, Szczecin und Antakya.
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täten zu liefern. Ich erstelle eine Legende, die jede noch so subtile Aussage in ein Zeichen gießt. Aus Handschrif-ten werden Dreiecke, aus Worten Flächen und Pfeile. Der Grund, auf dem ich arbeite, entstammt einer aktuellen Karte der Senatsverwaltung. Friedrichshain und Kreuz-berg zeigen sich hier in trauter Einigkeit, mit den neuen Bezirksgrenzen sind Ost und West erst einmal von der Landkarte gestrichen.In Karten lesen wir die Zeichen der Zeit und so hat sich auf den Mental Maps von Berliner MigrantInnen in den vergangenen 20 Jahren Einiges getan. Es sind neue Räu-me gewachsen, wo alte Grenzen zu Fall gebracht wurden, doch das macht Ost-West-Klischees keineswegs gänz-lich ungeschehen. Die Karten im Kopf mussten mit dem Mauerfall zwar neu gezeichnet werden, doch hat sich bis heute bei vielen MigrantInnen die Vorstellung einiger ge-fährlicher Ostbezirke halten können. Mitte wird dazu 20 Jahre nach dem Mauerfall zwar nicht mehr gezählt, doch gefürchtet und gemieden werden bei einigen der von uns Befragten noch immer viele Bezirke östlich davon. Berlin präsentiert sich 20 Jahre nach dem Mauerfall in den Köpfen seiner BewohnerInnen weder als Einheits-raum noch als Raum der Einigkeit. Viele Raumbilder und -klischees existieren hier nebeneinander und wenn beim Raumgerangel Konsens um einige places to be und No-Go-Areas besteht, dann darf das nicht darüber hin-wegtäuschen, dass dieser hart umkämpft ist. Die Raum-wahrnehmung Berlins bleibt so heterogen, wie es die
Alle Interviewausschnitte und Mental Maps entstammen dem Kunstprojekt ‚Placemaking‘ (www.placemaking.de)kartenausschnitt s. 21: Landesar-chiv Berlin, Allgemeine Kartensamm-
lung: Berlin Innenstadtplan [1:10000], VEB Tourist Verlag, 1989. Mit freundlicher Genehmigung des J. Fink Verlags GmbH & Co. KG, Ostfildern
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Nearly as lIvely as HaNOI
berlIN meNtal maps 20 years after tHe fall
Of tHe Wall
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translation by Joy Hawley
‘berlin has really changed. there were so many con-
struction sites; so much has been redone. When you
think back to those terrible grey buildings, that grey
was oppressive in comparison to West berlin. even your
mood dampened when you looked at those buildings. I’ve
always compared this to the Ukraine, with our pretty,
colourful Ukrainian villages.’
the above statement was spoken by an employee of a
Ukrainian association in berlin, who first moved to
east germany in 1985, and finally moved to West ber-
lin seven years after the Wall fell. Her description
urszula wozniak
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NOt as cOlOUrfUl as UKraINIaN vIllages, bUt…
matches the cliché of the depressingly grey east ber-
lin of the pre-reunification period, only that here it
is not compared with the pastel-coloured houses found
in West german provinces, nor with the twinkling shop
windows of Ku’damm, but rather the colourful village
idylls far east of east berlin.
20 years after the fall of the Wall, the question
arises as to where and, above all, how the seams be-
tween east and West still show in unified berlin. com-
ments like the one above make it clear that placing
berlin on the european map is not a matter of objec-
tive surveying: in certain cases, between east and
West berlin there is even room for the Ukraine.
personal histories of migration thus shape the percep-
tion of space in berlin, as do culturally passed down
memories and political socialisations. all of this
doesn’t become apparent from new district boundaries
or street names; it is instead documented on complete-
ly different maps: the maps in our minds.
cartOgrapHIc prOmIses
maps want to and can do all kinds of things. In every-
day life, we turn to them for orientation, the repre-
sentation of empirically verifiable facts. What gives
maps their extraordinary suggestive powers is their
ability to show everything at a glance: the scope or
the glorious expansion of territories; the migration
of people, goods and ideas; the spread of epidemics
as well as technology, war theatres and islands of
wealth, the position of borders, the course of a wall
through a city.
maps are generally reluctant to reveal their ideo-
UrszUla WOzNIaK
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as she peered ‘through the first holes in the Wall’,
one polish woman thought: ‘east berlin was ugly. It
looked like szczecin.’ and five years after the fall
of the Wall, a russian-german woman also noticed upon
arrival that east berlin looked like ‘the outskirts
of moscow’.
In conjunction with the art project ‘placemaking’, I
interviewed polish people in berlin and had them draw
mappings. the migration of turks, Ukrainians, rus-
sians and vietnamese through berlin was also a focus
of our research. that’s how we traced migrant sto-
ries that couldn’t have been more different from one
another: turkish guest workers, vietnamese contract
workers and boat people, polish post-reunification
construction workers and Ukrainian returned settlers
from former german settlements (Aussiedler) were nei-
ther socialised in the same political reality, nor did
they encounter the same conditions in their respective
place of arrival in West, east or reunified berlin.
In order to learn about their radius of movement in
berlin’s urban space, we gave the migrants city maps.
these maps were very abstract – they depicted the
present-day berlin district boundaries and names, the
course of rivers and, in the corners, the geopoliti-
cal points of reference: ‘east’ and ‘West germany’
as well as ‘country of origin’ and ‘elsewhere’. We
asked those surveyed to include their daily routes and
stops: where do they live and work, where do family
and friends live? In which areas are visits to im-
portant government offices and doctors’ offices; what
are their favourite places; in which places would they
rather not spend their time? and above all, how has
all of this changed over the last 20 years?
logical backgrounds. their stories disappear behind
graphic symbols; what remains is the deception of
their objectivity. yet sometimes a map is forced to
reveal its lies against its own will: West berlin be-
came a no man’s land on east german maps of the city.
West of the brandenburg gate and south of checkpoint
charlie, blank expanses appeared on the maps. at best,
they disclosed the spiderweb of s-bahn stations and a
few green spaces – but showed not a single trace of
the buildings and streets.
In the minds of most West berliners, the eastern part
of the city was anything but a tabula rasa; and vice
versa, during the division, the residents of east ber-
lin also had mental (as well as actual) images of the
other part of the city.
the maps in the minds of berliners were never just the
mental maps of Ossis and Wessis, but also those of
migrants in both parts of the city. With the intention
of learning about the subjective geographies from the
migrant’s perspective, a research group emerged from
the project ‘placemaking’, initiated by the berlin
artist stefanie bürkle, which concentrates on the dis-
ciplines of art, architecture and ethnology. We have
been pursuing stories of the fall of the Wall as told
by berliner migrants through the berlin of the last
20 years.
mIgratION as spatIal mObIlIty
the movement of spaces through the city that have
been brought along is also connected to the migra-
tion of people to east and West berlin, and at the
same time it shapes the view of the berlin cityscape.
NOt as cOlOUrfUl as UKraINIaN vIllages, bUt…UrszUla WOzNIaK
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maps maKe places
the many-layered and wide-ranging mental maps that we
received reflect the experiences and perspectives of
migrants. as ‘placemaking’ in the sense of locating
oneself in a place, the maps reveal which places their
authors occupy and which paths of movement they trace
in the unified city. beyond the canon of cartographic
semiotics, its legends, criteria and standardised ge-
ometries, the mappings can reveal that which normally
disappears in the end product of the map: subjective
topographies that are reflected in their own symbols
and handwriting. the snapshot mental maps that we have
collected only portray fragments of our interview sub-
jects’ cognitive maps. mental maps are not primarily
artefacts in and of themselves; they rather describe
processes which determine navigation through berlin’s
urban spaces and the ways in which it is understood.
to be able to trace this navigation, the maps and in-
terviews must inform each other.
this is particularly true of for the ‘no-go areas’ and
the ‘places to be’: no one was brave enough to put
a large x on a shunned place. many poles and turks
would rather avoid Neukölln and Wedding when it comes
to choosing a place to live. One turkish jewelry shop
owner, who opened the shop together with her husband
some years ago in prenzlauer berg and lives near Hal-
lesches tor, says that they chose the district for
practical reasons. the social infrastructure makes it
difficult to leave Kreuzberg. they don’t want their
children to grow up in the sO 36 district of Kreuzberg,
just like they themselves did. they would much rather
live in a greener district such as spandau, but then
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again spandau is ‘too quiet and too peripheral.’
conversations fall into such traps more often than the
maps that we have them draw. the owner of a polish
poster gallery in mitte thinks back to her reloca-
tion from berlin-mitte to Neukölln at the end of the
90’s:
‘When we lived in mitte, it seemed to be the district
of young, energetic, ambitious career people […] and
after a couple of years we had just had enough.
then, when we were looking for a flat, we were in Neu-
kölln and said to ourselves: “finally, normal people!
great, how nice that people here aren’t so stressed
and tense, but instead they’re just leading their
perfectly ordinary lives.” but after a few years, it
didn’t seem normal, but depressing, that you could
see the unemployment there and that life there was ag-
gressive and depressed. that people don’t laugh much.
perhaps the people that laugh here are faking it and
we will surely move elsewhere in a few years, but so
far…’
In the 20 years since the fall of the Wall, she has
moved back and forth between east and West berlin with
her husband again and again. In doing so, have the
old boundaries completely disappeared from the mental
maps?
NeW spaces, NeW freedOms?
With the fall of the Wall, it was not only two po-
litical systems which collided, but also two fully
different migrant realities. In 1990, the 4.5 million
migrants living in West germany amounted to 25 times
as many as those living in the gdr, who amounted to N
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approximately 180,000. In West berlin, this propor-
tion was even more drastic: with around 2.2 million
inhabitants, almost twice as many migrants lived there
than in the complete gdr, half of whom came as con-
tract workers, most of them from vietnam. for our
project, that means that other than the last group,
all of our interview partners who came to berlin be-
fore 1989 lived in West berlin when the Wall fell.1
shortly after her arrival before the fall of the Wall,
the polish gallery owner first followed the path of
the ‘typical polish career,’ as she puts it: she
worked for the first few years as a cleaning woman
for a family in zehlendorf. she amusedly describes a
conversation with her former employer, who considered
a weekend trip to szczecin to be an impossible under-
taking for her cleaning woman:
‘“to szczecin? but it takes three days with the train!
a week by car! How do you plan to come back in three
days?” and she really thought that poland was thou-
sands of kilometres away from berlin. then I even
showed her on a map: “look, here is szczecin, here
is berlin, there’s frankfurt. It is even further from
there to here.”“so it is!”’
shortly after the fall of the Wall, the mental map
of this West berliner probably looked different; at
the very least east berlin would have suddenly moved
closer. Immediately after the Wall fell, it wasn’t
only Ossis and Wessis who excitedly explored the other
side of the city; migrants also wanted to know how
it looked from the other side. a thirty-four year old
turkish social worker, who lived near moritzplatz at
the time, tells of how he ran out of the house as soon
as he heard the news:
‘I ran to the border crossing point because I wanted
to experience it firsthand. at six o’clock sharp it
began and the first ones came though with their Trab-
bis and then also on foot. Other people from the
street also gathered and then we greeted them with
cheering and gifts. the next day, my neighbour from
across the way rang my doorbell with a cigarette in
his hand, and said here I am. When I asked him who he
was, he said he was my neighbour from the other side
of the wall, and that’s why I had invited him to tea
for a start.’
While east and West suddenly grew closer together,
the supposed new mobility gained through this sudden
increase of space soon proved to be a fallacy. the
opening up of the city and entering the districts on
the eastern side represented a dangerous undertaking
for many. for a bistro owner in Halensee, the fall
of the Wall was the moment from which the ‘xenophonic
attitude hidden until then,’ which had been smoulder-
ing in the gdr, could be openly lived out. a move to
east berlin was also completely unthinkable for the
polish gallery owner in the early nineties. In the
first years after the Wall fell, many people preferred
to move within West berlin rather than in the former
districts in the east:
‘because there was somehow a very aggressive atmos-
phere there. It was hard for us migrants to be there.
[…] It seemed to me that moving to east berlin was
NOt as cOlOUrfUl as UKraINIaN vIllages, bUt…
1) http://www.berlin.de/imperia/md/content/lb-integrationmi-
gration/publikationen/minderheiten/stadt_der_vielfalt_bf.pdf
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impossible. I remember such strange reactions from
civil servants in the eastern part, since the civil
servants in the West were used to the fact that there
were thousands of poles, thousands of turks, thousands
of every kind of migrant, that somehow they all live
and that they’re normal people. but when I then moved
to mitte anyways and went to the Einwohnermeldeamt
(registration office), I felt like a resident from
another planet.’
space dIspUtes
but what role do the old eastern and western districts
play today, 20 years after the fall of the Wall? the
differences in the perceptions of space in the east and
West have not completely vanished, yet the boundaries
have shifted. In many of the poles’ and Ukrainians’
stories, it is apparent that only certain districts
in the former east are still avoided today. When asked
what her most often frequented and favourite places to
live are, a polish director of a foundation describes
herself as ‘distinctly preferring the West’, which,
for her, doesn’t contradict the fact that she works
in treptow and wouldn’t rule out moving to pankow or
friedrichshain. When asked where she would most like
to live, she answers:
‘Oh, I would move to mitte, also north of mitte, I
would also move to pankow. I would also move to cer-
tain parts of friedrichshain but not to lichtenberg
anymore.’
‘How so “not anymore?”’
‘I just don’t really like it. Well, it’s still…the
parts that are closer to friedrichshain, that’s where
I always took the train from, I somehow don’t like the
area. I also know it far too little. for me it was
always the departure station to poland.’
If the friedrichstraße train station is considered to
be a border station and commonly as the site of many
traumatic memories, then the lichtenberg train sta-
tion possessed a similar significance for those who
travelled to the socialist countries abroad during the
Wall era. for them, it is located deep in the eastern
part of the city even today. this reveals that the
perception of urban space in the eastern districts has
changed: while east and West haven’t disappeared from
people’s mental maps, they no longer stand for the
same districts. a vietnamese student also no longer
considers berlin-mitte as belonging to the eastern
part of the city:
‘I think that Hackescher markt is as lively as Hanoi.
like my hometown, which I miss a little. In the east-
ern part of the city, people close their windows and
doors at night and you think you’re the only person on
the planet. and that’s what makes me kind of sad.’
the ranking of preferred neighbourhoods, which we also
asked about, was often startlingly similar across the
board and barely differed from german middle-class
understanding and clichés regarding urban space. If
their conceptions about space were part of the medial
integration discourse, then this would have looked
rather different; then the spaces which have been
thought of as ‘parallel’ up to now would have come to-
gether in unanimity. many spatial images are thus nei-
ther specifically german nor migrant; they are shared
by all, and with good reason.
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for the poles and russians, potsdam was consistently
mentioned as a favourite day trip destination; many of
the turkish people we interviewed would like to like
in zehlendorf or prenzlauer berg, and all of those in-
terviewed would rather avoid lichtenberg, Hellersdorf
and marzahn. a turkish football club trainer in Ho-
henschönhausen frankly expressed his difficulties in
certain parts of eastern berlin: many districts in
the east are pretty, for example where he works, or
Köpenick and the area around müggelsee; but the deci-
sive question is ‘whether you feel at ease there.’ a
Ukrainian foreign correspondent, on the other hand,
feels uncomfortable around ‘too many migrants’, such
as there are, according to her, in Kreuzberg and
Neukölln. after three years in berlin, she evidently
doesn’t want (any longer) to be counted among the
group of migrants, as she says:
‘I was also once in marzahn – which unfortunately re-
minded me of the worst parts of Kiev, and I try not
to go there.’
thus the stigmatisation of spaces is certainly not
reserved for the germans; in the end it is important
to everybody to affirm their own place in society, and
to rather establish themselves in desirable places.
Of course, they do not necessarily agree upon what
makes a place worth living in, but it’s exactly around
this point that the dispute for their own places in
the post-Wall society takes place. the owner of a
nail salon in charlottenburg, for example, thinks that
marzahn is actually ‘very pretty,’ and doesn’t agree
with the biases about ‘high criminality’: ‘Well […] I
get along very well there, we’ve been there ever since
‘93. We’ve always lived in the same building.’
UNIty dOesN’t meaN agreemeNt
I draw an orange coloured line. It goes past build-
ings that didn’t exist 20 years ago; along streets
that had completely different names. past Hauptbahn-
hof, Hamburger bahnhof, Invalidenstraße … later past
bernauer straße towards mauerpark. the berlin Wall
stands again. If I had wanted it to, it could have
had a slightly different path, since, in the words of
a vietnamese student, who had just reached school age
with the fall of the Wall, as did I: ‘I mean, who would
get the idea to raise a wall through the middle of the
city? that’s a bit weird.’
by digitalising the mental maps, I am exercising the
weird task of delivering desired objectivities. I de-
velop a legend, which transforms each subtle statement
into a symbol. Handwriting turns into triangles, words
become expanses and arrows. the basis on which I work
originated from a current map from the berlin senate
department. Here, friedrichshain and Kreuzberg appear
in familiar unity. With the new district boundaries,
east and West are eliminated from the maps.
We read the signs of the times in maps, and thus, much
has changed on the mental maps of berlin migrants
over the last 20 years. New areas have grown in the
space where old boundaries have been dissolved, yet
that hasn’t completely undone the east-West clichés
by any means. With the fall of the Wall, the maps in
our minds had to be drafted anew; however, many mi-
grants still believe that certain eastern districts
are dangerous. While mitte is no longer counted among
them 20 years after the fall of the Wall, some of our
interviewees are afraid of and avoid many districts
farther to the east.
NOt as cOlOUrfUl as UKraINIaN vIllages, bUt…UrszUla WOzNIaK
190
twenty years after the fall of the Wall, berlin
presents itself in the minds of its residents as nei-
ther a space of unity nor a unified space. many of
the images and clichés about urban space exist side
by side here, and when consensus regarding certain
places to be and no-go areas emerges through infight-
ing over space, that should still not disguise the
fact that it is bitterly disputed. perception of ur-
ban space in berlin remains as heterogeneous as the
spaces themselves, which mingle in the mind. In 2009,
berlin doesn’t find itself somewhere between eastern
and western europe, but rather in the midst of Kiev,
Hanoi, szczecin and antakya.
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all interview excerpts and mental maps derive from the
‘placemaking’ art project (www.placemaking.de.)
map on page 175 with kind permission of fink verlags
gmbH & co. Kg, Ostfildern
█
UrszUla WOzNIaK