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Ausgabe 4 | 2010 »» I N T R O Da ist Bewegung drin Antrieb – grundsätzlich gilt: Es handelt sich um eine tech- nische Konstruktion, die durch Energieumwandlung ein Gerät in Bewegung setzt – sei es ein Auto, eine Rakete oder eine elektrische Zahnbürste. Die Kategorisierung verschiedener Antriebsarten kann aber nach völlig unterschiedlichen Kriterien erfolgen. Immer rückt ein anderer Teilaspekt in den Focus. Da gibt es zunächst die Einteilung nach der primären Energiequelle: Wird eine Maschine beispielsweise mit Wind-, Wasser- oder Muskelkraft betrieben oder läuft sie mit einem Verbrennungs- oder Elektromotor? Des Weiteren geht’s um das Umsetzungsprinzip. Handelt es sich um einen pneumatischen oder hydrauli- schen Antrieb, um eine Turbine oder ein Segel? Zudem kann das Konstruktionsteil am Ende der Umsetzungskette ausschlag- gebend für die Bezeichnung sein – dann hat man es vielleicht mit Rad-, Rückstoß-, Propeller- oder Keilriemenantrieben zu tun. Und schließlich zählt noch die Art der Bewegung – nämlich Dreh-, Linear- und Schwingungsantriebe. Man merkt schon, Antriebstech- nik ist ungeheuer vielfältig. Für den Start einer Ingenieurkarriere zählt allerdings in erster Linie der eigene Antrieb – und der nennt sich Motivation. // Captain Kirk: „Warp 5, Mister Sulu!“ Mister Sulu: „Zeit für einen kleinen Trainingsflug.“ Wenn Kirk und seine Crew, wie hier in „Star Trek 2 – der Zorn des Khan“, mit fünffacher Lichtgeschwindigkeit durchs All düsen, ruft niemand „Unrealis- tisch!“, obwohl Einsteins Relati- vitätstheorie einiges dagegen einzuwenden hätte. Science- Fiction darf die gegenwärtigen Grenzen der Physik für eine gute Story jederzeit sprengen. Nach aktuellem Stand der Wissen- schaft wird der Warp-Antrieb mit seiner Raum-Zeit-Krüm- mung und dem Abtauchen in eine andere Dimension (den „Subraum“) allerdings auch in Zukunft Fiktion bleiben. Aber was für das große Ganze gilt, muss ja nicht für jedes Detail »» P O R T R Ä T Ein Werk voller Motoren! Maschinenbau-Ingenieur Dr. Rudolf Krebs ist seit seiner Kind- heit fasziniert von Verbrennungs- motoren. Als Knirps schraubte er an Mofas, heute leitet er das Volkswagen Motorenwerk in Salzgitter mit mehr als 6.300 Mit- arbeitern. »» weiter S. 3 + 4 »» PRODUKTE Mehr Umdrehungen bitte! Nicht nur die Erde dreht sich, sondern auch unzählige Produkte in Industrie und Alltag. Rasenmä- her, Hochgeschwindigkeitszüge, Autos und Küchenmixer haben ei- nes gemeinsam: In ihnen stecken Motoren, die für Umdrehungen sorgen. »» weiter S. 5 + 6 richtig sein. Die am Raumschiff angebrachten Warp-Gondeln, in denen sich die Antriebssysteme befinden, sind nämlich bereits in der Realität anzutreffen. Der Pod-Antrieb (engl. Pod = Gondel) gilt zurzeit als die mo- dernste und bedeutendste An- triebsvariante für Schiffe, auch wenn die Erfindung und Paten- tierung durch die Volle Kraft voraus Angetrieben von neuen technischen Möglichkeiten der Fortbewegung tüfteln Ingenieure an Prototypen »» A N T R I E B S S Y S T E M E »» weiter S. 2 © Volkswagen AG © ynamaku, Fotolia Thema: Antriebstechnik Jeden Monat neue Infos aus der Welt der Ingenieure kompakt © Foto oben: drx, Fotolia © chrisharvey, Fotolia UFOs sind zwar Science-Fiction, aber viele Ingenieurinnen und Ingenieure träumen sicherlich von solchen phantastisch-futuristischen Perspektiven der Antriebstechnik

Ausgabe 4 | 2010 kompakt - think ING. · Linear- und Schwingungsantriebe. Man merkt schon, Antriebstech-nik ist ungeheuer vielfältig. Für den Start einer Ingenieurkarriere zählt

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  • Ausgabe 4 | 2010

    »» I N T R ODa ist Bewegung drin Antrieb – grundsätzlich gilt: Es handelt sich um eine tech-nische Konstruktion, die durch Energieumwandlung ein Gerät in Bewegung setzt – sei es ein Auto, eine Rakete oder eine elektrische Zahnbürste. Die Kategorisierung verschiedener Antriebsarten kann aber nach völlig unterschiedlichen Kriterien erfolgen. Immer rückt ein anderer Teilaspekt in den Focus. Da gibt es zunächst die Einteilung nach der primären Energiequelle: Wird eine Maschine beispielsweise mit Wind-, Wasser- oder Muskelkraft betrieben oder läuft sie mit einem Verbrennungs- oder Elektromotor? Des Weiteren geht’s um das Umsetzungsprinzip.

    Handelt es sich um einen pneumatischen oder hydrauli-schen Antrieb, um eine Turbine oder ein Segel? Zudem kann das Konstruktionsteil am Ende der Umsetzungskette ausschlag-gebend für die Bezeichnung sein – dann hat man es vielleicht mit Rad-, Rückstoß-, Propeller- oder Keilriemenantrieben zu tun. Und schließlich zählt noch die Art der Bewegung – nämlich Dreh-, Linear- und Schwingungsantriebe.Man merkt schon, Antriebstech-nik ist ungeheuer vielfältig. Für den Start einer Ingenieurkarriere zählt allerdings in erster Linie der eigene Antrieb – und der nennt sich Motivation. //

    Captain Kirk: „Warp 5,Mister Sulu!“Mister Sulu: „Zeit für einen kleinen Trainingsflug.“ Wenn Kirk und seine Crew, wie hier in „Star Trek 2 – der Zorn des Khan“, mit fünffacher Lichtgeschwindigkeit durchs All düsen, ruft niemand „Unrealis-tisch!“, obwohl Einsteins Relati-vitätstheorie einiges dagegen einzuwenden hätte. Science-

    Fiction darf die gegenwärtigen Grenzen der Physik für eine gute Story jederzeit sprengen. Nach aktuellem Stand der Wissen-schaft wird der Warp-Antrieb mit seiner Raum-Zeit-Krüm-mung und dem Abtauchen in eine andere Dimension (den „Subraum“) allerdings auch in Zukunft Fiktion bleiben. Aber was für das große Ganze gilt, muss ja nicht für jedes Detail

    »» P O R T R Ä TEin Werk voller Motoren! Maschinenbau-Ingenieur Dr. Rudolf Krebs ist seit seiner Kind-heit fasziniert von Verbrennungs-motoren. Als Knirps schraubte er an Mofas, heute leitet er das Volkswagen Motorenwerk in Salzgitter mit mehr als 6.300 Mit-arbeitern. »» weiter S. 3 + 4

    »» P R O D U K T EMehr Umdrehungen bitte! Nicht nur die Erde dreht sich, sondern auch unzählige Produkte in Industrie und Alltag. Rasenmä-her, Hochgeschwindigkeitszüge, Autos und Küchenmixer haben ei-nes gemeinsam: In ihnen stecken Motoren, die für Umdrehungen sorgen. »» weiter S. 5 + 6

    richtig sein. Die am Raumschiff angebrachten Warp-Gondeln, in denen sich die Antriebssysteme befinden, sind nämlich bereits in der Realität anzutreffen.

    Der Pod-Antrieb (engl. Pod = Gondel) gilt zurzeit als die mo-dernste und bedeutendste An-triebsvariante für Schiffe, auch wenn die Erfindung und Paten-tierung durch die

    Volle Kraft vorausAngetrieben von neuen technischen Möglichkeiten der Fortbewegung tüfteln Ingenieure an Prototypen

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    Thema: Antriebstechnik

    Jeden Monat neue Infos aus der Welt der Ingenieure

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    UFOs sind zwar Science-Fiction, aber viele Ingenieurinnen und Ingenieure träumen sicherlich von solchen phantastisch-futuristischen Perspektiven der Antriebstechnik

    THINK ING.-kompakt · Ausgabe 4/2010 www.think–ing.de · Seite 6

  • Links zum Studium

    Eine einzige Hochschule in Deutschland bietet ein Studium an, das den Begriff „Antriebs-systeme“ im Namen trägt. Es ist die Reinhold-Würth-Hochschule in Künzelsau, die der Hoch-schule Heilbronn angegliedert ist. Die genaue Bezeichnung lautet „Antriebssysteme und Mechatronik“; es handelt sich um einen siebensemestri-gen Bachelor-Studiengang, der seit dem Wintersemester 2005/06 angeboten wird:www.hs-heilbronn.de/studiengaenge/am

    Für diejenigen, die sich beson-ders für Antriebssysteme inter-essieren, bieten sich darüber hinaus generell Mechatronik-, Elektrotechnik-, und Maschinen-baustudiengänge an, aber auch eher spezialisierte Angebote wie Luft-und Raumfahrttechnik, Fahrzeug- oder Schiffstechnik kommen in Frage. Hier eine Auswahl an Studiengängen, in denen der Vertiefungsschwer-punkt „Antriebstechnik“ gewählt werden kann:

    Elektrotechnik mit Schwerpunkt Elektrische Energie- und Umwelt-technik an der FH Dortmund:www.fh-dortmund.de/de/studi/fb/3/studieninteressierte/et/studieninfo_et_eeu.phpFahrzeugtechnik an der Hochschule Esslingen:www.hs-esslingen.de/de/hochschule/fakultaeten/fahrzeugtechnik.htmlFahrzeugbau und Flugzeubau an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg:www.fzt.haw-hamburg.de/DepartmentAndStaff/OfferedStudySubjects.htmlMaschinenbau und Schiffstech-nik an der Universität Rostock:www.msf.uni-rostock.de/Automatisierungstechnik an der FH Gießen-Friedberg:www.fh-giessen-friedberg.de/site/fb02-ei/studiengang-automatisierungstechnik.html

    Weitere Studiengänge finden Sie auf der Webseite von THINK ING. in der IngenieurStudiengangSuche:www.search-ing.de

    Ingenieure F. W. Pleuger und F. Busmann bereits auf das Jahr 1955 zurückgehen. Die Idee: Der Schiffspropeller wird in eine um 360 Grad drehbare Gondel integriert, die am Rumpf des Schiffes befestigt wird. Daraus

    ergeben sich zwei entscheiden-de Vorteile: Die Propeller müs-sen nicht mehr starr am Heck, sondern können an strömungs-günstigeren Stellen montiert werden. Das spart Treibstoff. Außerdem wird das Schiff durch die Möglichkeit der freien Gondeldrehung so wendig, dass es auf engstem Raum beliebig manövriert werden kann. Das macht Schlepper in den Häfen überflüssig. Die größten Passagierschiffe der Welt sind durchweg mit Pod-Antrieben ausgestattet: die „Queen Mary 2“ (2004), die „Freedom of the Seas“ (2006) und der derzei-tige Champion, die „Oasis of the Seas“, die erst im Dezem-ber 2009 vom Stapel lief.

    In der Zukunft könnte es aber sogar geschehen, dass der auf mechanischer Kraftübertragung beruhende Propellerantrieb durch ein völlig anderes Prinzip abgelöst wird: der sogenannte magnetohydrodynamische An-trieb (MHD). Dabei fließt leitfä-higes Salzwasser durch Röhren, in denen sich ein Magnetfeld befindet, das durch supraleiten-de magnetische Spulen (die mit Flüssighelium auf minus 269 Grad Celsius gekühlt werden) erzeugt wird. Leitet man Strom im rechten Winkel zur Magnet-feldrichtung durch das Wasser, entsteht wiederum im rechten Winkel zu beiden eine elektro-magnetische Kraft. Diese soge-nannte Lorentzkraft beschleu-

    bare Kapazität allerdings nur 25 Prozent der aktuellen Lithium-Ionen-Akkus – zu wenig, um konkurrenzfähig zu sein. Das bei der Entwicklung federführende Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie rechnet damit, die Leistung der Durchflussbatterie innerhalb der nächsten fünf Jahre signifikant steigern zu können. Dann soll es fahrfähige Prototypen geben. Induktives, also kontaktfreies Laden ohne Kabel, das stationär erfolgt, wird vielleicht schon eher Marktreife erlangen. Der Ingenieur-Dienst-leister IAV baut bis zum Jahr 2012 eine Pilotanlage in Gifhorn auf.

    Noch visionärer ist die Idee des induktiven Ladens beim Fahren, das alle Batteriepro-bleme mit einem Schlag lösen würde – eine Technik, die im Transrapid bereits zur Anwendung kommt und die Bezeichnung „Wanderfeldantrieb“ trägt. Dazu müssten allerdings in alle Straßen Spulen aus Kupfer oder Aluminium eingelassen werden. Nicht, dass sich Ingeni-eure von derartigen Hindernissen wirklich abschrecken lassen: In

    Niedersachsen soll demnächst eine Versuchsstrecke entstehen.

    Unter dem Strich steht bei allen konstruktionstechnischen Höchst-leistungen eine kurze Formel, mit der sich die Zielsetzung bei der Entwicklung moderner Antriebs-systeme auf den Punkt bringen lässt: Höhere Energieeffizienz bei gleichzeitiger Leistungserhaltung – oder sogar Leistungssteigerung.Der Testflug der Antriebstechnik Richtung Zukunft hat also längst begonnen – auch wenn Mister Sulu auf unsere irdischen Ent-wicklungen sicherlich ein wenig arrogant herunterschauen würde … //

    THINK ING.-kompakt · Ausgabe 4/2010 · www.think–ing.de · Seite 2

    »» Fortsetzung von S. 1: Volle Kraft voraus

    nigt das Seewasser, lässt es aus den Röhren düsenartig heraus-schießen und sorgt damit für die Fortbewegung eines Schiffes. Der Mitsubishi-Konzern hat bereits 1991 einen funktionsfä-higen Prototypen vorgestellt, die „Yamato 1“, die allerdings nur eine Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h erreichte. Die Lösung des Geschwindigkeitsproblems ist die knifflige Aufgabe für Ingenieurinnen und Ingenieure, damit der MHD-Antrieb eine Chance gegen die Propeller hat. Zeitlich sehr viel näher liegt die Einführung einer Vielzahl von Innovationen in der Automobil-branche. Hier ist es neben neuen Wagen mit Hybridantrieb vor allem eine ganze Flotte von Elektrofahrzeugen, deren Markt-einführung entweder vor Kurzem bereits stattgefunden hat oder in weniger als zwei Jahren bevor-steht. Auffällig ist, dass neben bekannten Herstellern wie Nissan, Mercedes oder Renault auch jede Menge neuer Namen auftauchen: Ronart, Pininfarina, Think, Tesla oder Bolloré sind Firmen, von

    denen bisher wohl nur die we-nigsten gehört haben. Probleme bereiten vorläufig noch die enorm hohen Herstellungskosten, die Reichweite der Batterien und die Dauer ihrer Wiederaufladung, aber Ingenieure weltweit arbeiten fieberhaft an Verbesserungen.

    Eine Möglichkeit, die Warte-zeit auf vollständig geladene Batterien zu minimieren, sind Wechsel-Akkus. Eleganter geht es aber wahrscheinlich mit der Redox-Flow-Technik, bei der nur das verbrauchte flüssige Elektrolyt der Batterie gegen frisch aufgeladenes ersetzt wird. Bisher beträgt die erreich-

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    Die Kleinserienproduktion des zweisitzigen Elektroflitzers Tesla Roadster aus Kalifornien begann nach einigen Verzögerungen im März 2008. Inzwischen gibt es sogar einen deutschen Store in München. Also Probefahrt vereinbaren!

    Greifbare Science-Fiction, wenn ein Schiffspropeller wie dieser zu einer drehbaren Unterwasser-Gondel wird

    http://www.hs-heilbronn.de/studiengaenge/amhttp://www.fh-dortmund.de/de/studi/fb/3/studieninteressierte/et/studieninfo_et_eeu.phphttp://www.hs-esslingen.de/de/hochschule/fakultaeten/fahrzeugtechnik.htmlhttp://www.fzt.haw-hamburg.de/DepartmentAndStaff/OfferedStudySubjects.htmlhttp://www.msf.uni-rostock.dehttp://www.fh-giessen-friedberg.de/site/fb02-ei/studiengangautomatisierungstechnik.htmlhttp://www.search-ing.de

  • Hobby: Motoren | Job: Werkleiter | Mitarbeiter: 6.300»» P O R T R Ä T

    „Irgendwie begann alles mit einem Kettcar“, erinnert sich der 53-jährige Maschinen-bauingenieur Dr. Rudolf Krebs. Der sympathische und große innerliche Ruhe ausstrahlende Mann spricht von den Anfängen seiner Faszination für Motoren und Antriebe. Der Traum vom Kettcar erfüllte sich für ihn in seiner Jugend zwar nicht, aber statt eines sol-chen per Muskel-kraft betriebe-nen Gefährts bekam KrebsJunior schon im Alter von 13 Jahren sein ers-tes Motorrad. „Ich begann sofort mit dem Frisieren, um die Maschine schneller und leichter zu ma-chen“, erzählt er. Des Weiteren schlummerte in ihm schon als Knirps eine extrem hohe Affinität für Autos und Verbrennungs-motoren: „Ich war als kleiner

    Junge schon total autoverrückt!“Etwas weniger begeistert von den Leidenschaften seines Sohnes war Papa Krebs. Er hatte ein florierendes Elektro-geschäft und sah für seinen Sprössling die berufliche Bestimmung eher in der Welt

    von Volt und Watt statt im Bereich von PS und Hubraum.

    Aber all das sind nostalgische Erinnerungen aus den Jahren von Woodstock, Mondlandung und John F. Kennedy. Heute hat Dr. Rudolf Krebs im besten Sinne

    alles erreicht, von dem er je geträumt hat und

    was sein Vater sich

    für ihn wahr-schein-lich nie hätte träu-men lassen. Seit Mai 2007 ist Krebs Chef von

    6.300 Mitar-

    beiterinnen und Mitarbeitern

    im Volkswagen Motoren-werk Salzgitter. An diesem,

    2.800.000 Quadratmeter großen Produktionsstandort

    werden täglich rund 7.000 Otto- und Dieselmotoren in über 370 Varianten gefertigt. Egal, ob Golf, Touran, Passat, Polo, Fox, SEAT, Skoda oder Phaeton, Touareg, Audi A8

    sowie Bugatti Veyron, die hier gefertigten Aggregate kom-men in fast allen Modellen und Marken des Volkswa-gen Konzerns zum Einsatz.

    Das ist aber längst noch nicht alles. Auch Motorenteile für Produktionsstätten an anderen

    Maschinenbauingenieur Dr. Rudolf Krebs leitet das Volkswagen Motorenwerk in Salzgitter und ist Motoren-Entwickler aus Leidenschaft

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    Dr. Rudolf Krebs ist Leiter des Volkswagen Motorenwerks in Salzgitter – die Faszination für den Verbrennungsmotor begleitet ihn sein ganzes Leben lang

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    Der neue Volkswagen TouaregV8 TDI mit 150 kW / 340 PS Motor

  • Standorten sowie Industrie-motoren, Bootsmotoren und kleine Blockheizkraftwerke für den Keller des Eigenheims werden in Salzgitter gefertigt.

    Seit Gründung des Werkes im Jahr 1970 hat eine unglaubliche Anzahl von mehr als 45 Millionen Motoren die Fertigungslinien verlassen.

    Mehr Motor geht eigentlich nicht für Dr. Rudolf Krebs, doch auch am Anfang seiner Karriere stand irgendwann die Entschei-dung Ingenieur zu werden.„Eine Elektrikerausbildung habe ich noch auf Wunsch meines Vaters gemacht, dann habe

    ich an der RWTH Aachen Maschinenbau mit Schwer-punkt Verbrennungsmotoren und Energietechnik studiert und dort auch promoviert. Irgendwie bin ich seitdem mein ganzes Leben dem Verbrennungsmotor treu geblieben“, berichtet Krebs.

    Viele neue Potenziale

    Wie es in einem riesigen Motorenwerk läuft, wie die Aggregate der Zu-kunft aussehen und wo die Perspektiven für den Ingenieurnachwuchs liegen, schildert Dr. Rudolf Krebs im folgenden Interview:

    Herr Dr. Krebs, wie behal-ten Sie in Ihrer riesigen Fabrik überhaupt den Überblick? Oberste Priorität hat eine perfekte Management-Orga-nisation. Zudem nehme ich mir möglichst oft die Zeit, ins Werk zu gehen. Zu Fuß oder per E-Auto fahre ich durch die Hallen und rede mit den Leuten. Da kriegt man ein Gefühl für die Situation und ist nah dran am Puls der Mannschaft. Wo liegen die besonde-ren Schwierigkeiten und Herausforderungen? Auch in Salzgitter befinden wir uns an einem Hochlohnstand-ort. Trotz dieser spezifischen Nachteile muss ich immer eine vernünftige Wirtschaftlichkeit anstreben. Ich suche deshalb nach Optimierungspotenzi-alen und mehr Produktivität. Meine Vergangenheit als Entwickler hilft mir dabei sehr. Warum ist die Motorentech-nik für den Ingenieurnachwuchs eine so interessante Disziplin? Ich bin der Überzeugung, dass Verbrennungsmotoren noch eine lange Zukunft haben. Der Wirkungsgrad ist mittlerweile traumhaft und es lassen sich noch viele neue Potenziale ausschöpfen. Auch Elektro und Hybrid sind spannende Berei-che. Bei allen Entwicklungen arbeiten Maschinenbauer,

    Elektroniker, Werkstofftechni-ker und Informatiker Hand in Hand. Diese Interdisziplinarität macht extrem viel Spaß. Wohin wird die Reise gehen? Wie sieht der Mo-tor der Zukunft aus? Der Hubraum wird noch viel kleiner werden und wir werden mit noch weniger Zylindern fahren. Insgesamt werden die Motoren noch winziger und leichter. Außer-dem werden wir noch mehr Leistung und besseren Ver-brauch aus ihnen herausholen. Apropos Antriebstechnik – woher nehmen Sie jeden Tag Ihre persönliche Motivation? Am meisten Spaß macht es mir, mit Leuten zusammen zu sein, die Freude an der Arbeit haben. Wenn Projekte und Pro-blemlösungen gemeinsam um-gesetzt werden und man nach harter Arbeit das Strahlen in den Augen sieht, das sind die klei-nen Erfolge, die mich antreiben. Welchen Rat geben Sie jungen Menschen, die auch mal Motoren bauen wollen?Welche Arten von Ingenieuren sind bei Ihnen im Werk beschäf-tigt? Mit welchen Abschlüs-sen und Fachrichtungen hat man die größten Chancen? Wir haben ein sehr breites Anforderungsprofil an Inge-nieurinnen und Ingenieure, Maschinenbauer, Elektro- und Fahrzeugtechniker oder IT-Spezialisten. Ich glaube, wenn jemand eine solide naturwis-senschaftliche Ausbildung mitbringt, dann spielt die Vertiefungsrichtung keine so große Rolle. Ein wenig Rüstzeug sollte da sein, der Rest ergibt und erarbeitet sich von selbst. Auch ich mit meinen 53 Jahren lerne jeden Tag noch hinzu. Was ist das für ein Gefühl, wenn Sie im Straßenverkehr all jenen Volkswagen Auto-mobilen begegnen, in denen Ihre Motoren stecken? Dazu eine kleine Geschichte: Ich habe drei Töchter. Wenn wir mit dem Auto unterwegs sind, gibt es oft die Situation, dass meine Jüngste unvermit-telt sagt: „Schau mal Papa, ein Golf TSI, den hast du doch gebaut!“ Klar, das macht mich jedes Mal ein bisschen stolz. //

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    W-Motorenfertigung im Volkswagenwerk Salzgitter

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    Vom Ingenieurnachwuchs fordert Dr. Rudolf Krebs in erster Linie Leiden- schaft für den Job und Faszination für die Technik

    In den ersten fünf Jahren nach dem Studium hat er beim Ket-tenmotorsägen-Hersteller Stihl Antriebe für die kleinen Kraftpa-kete entwickelt, danach begann

    sein Weg bei Volkswagen. Und jener verlief auf der Überholspur.„Von 1996 bis zum Jahr 2002 habe ich in Wolfsburg Ottomo-toren mit Direkteinspritzung entwickelt. Dann wechselte ich zur Audi AG nach Ingolstadt und leitete dort bis 2005 den Bereich der Motoren-Entwick-lung, bevor ich wieder nach Wolfsburg zurückkehrte und die Leitung der Aggregate- und Getriebe-Entwicklung der Volks-wagen AG übernahm“, erzählt er.

    Ein Werkleiter und Ingenieur also, der im Bereich Antriebs-technik die komplette Produkt-entwicklung durchlebt hat. Ein Vollblut-Profi, wenn es um Motoren geht und ein lebens-langer Enthusiast für all das, was mit Treibstoff Leistung erzeugt und PS auf den Asphalt bringt.

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    Der Schwerpunkt im Volkswagen-werk Salzgitter liegt auf verbrauchs-günstigen 3-, 4- und 5-Zylinder Diesel-Motoren. Daneben fertigt das Werk VW-Bootsmotoren und verschiedene Komponenten für die eigene Produktion sowie für externe Kunden.

  • Für Deutschlands Garten-besitzer ist er unverzicht-bar: der Rasenmäher. Und selbst der schnittige Freund der Hobbygärtner ist ein gutes Stück Antriebstechnik – PS-stark, robust und kraftvoll. Garten-gerätehersteller statten nun nicht nur Rasenmäher, sondern auch weitere motorbetriebene Maschinen mit wirtschaftlichen Mini-Viertaktmotoren aus. Das macht den Einsatz von Benzin-Öl-Gemischen überflüssig. Statt-dessen können Mäher, Sägen, Sauger oder Schredder nun ein-fach mit Benzin betankt werden. Außerdem sind solche neuen Viertaktmotoren emissions- und geräuschärmer. Nicht nur die Umwelt, sondern auch die sonnenbadende Nachbarin im Liegestuhl werden dankbar sein für solch innovative Motoren.

    Eine Höchstgeschwindigkeit von 400 Kilometern pro Stunde, ein um 50 Prozent gesenkter Energieverbrauch, voller Kom-fort hinsichtlich Kabinendruck, Klima, Vibration sowie Akustik, weniger Schallemissionen und erhöhte Sicherheitsstandards – hinter diesen ehrgeizigen Zielen verbirgt sich der Next Genera-tion Train, ein Zukunftsprojekt, an dem das DLR-Institut für

    Verkehrsforschung arbeitet. Gerade für den Hochgeschwin-digkeits-Schienenverkehr sind viele wissenschaftliche Unter-suchungen aus den Bereichen Aerodynamik, Struktur- und Fahrdynamik, Antriebstechnik, Werkstoffwissenschaften sowie Leichtbau unabdingbar. Auch Modularisierung und System- integration interessiert die Forscher, um – ähnlich dem Straßenfahrzeugbau – eine kostengünstigere Bauweise für Schienenfahrzeuge zu realisieren.

    Wissenschaftler der TU Mün-chen haben im Rahmen des Forschungsprojekts Niedrigst-Emmissions-Lkw-Dieselmotor (NEMo) einen extrem umwelt-freundlichen Dieselmotor für Lkws entwickelt. Für die an-fallenden Schadstoffmengen heißt das – bezogen auf die aktuell geltende Euro-4-Norm: 80 Prozent weniger Rußpartikel sowie um 75 Prozent verringerte Stickoxide. Die Ingenieure kon- struierten den Motor so, dass das rückgeführte Abgas-Luftge-misch unter hohem Druck in den

    »» P R O D U K T E

    Gesucht wird: Der richtige DrehOb Milchaufschäumer oder Hochgeschwindigkeitszug – Antriebstechnik findet sich in unzähligen Produkten der Industriegesellschaft

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    Effizienter „TriHyBus“ Die Innovationsvereinigung für die Deutsche Wirtschaft (IDWI) hat am 22. März 2010 in Frankfurt am Main den „Zu-kunftspreis Alternative Antriebs-techniken 2010“ an die Proton Motor Fuel Cell GmbH für die Entwicklung des „Triple Hybrid®-Brennstoff-Zellenantriebs“ des Stadtbusses „TriHyBus“ verliehen.

    Dieser Bus ist in Kooperation mit dem tschechischen Elektro-antriebsspezialisten Skoda Electric und dem tschechischen Nuclear

    Research Institute (UJV) ent-standen. Er kommt komplett ohne Verbrennungsmotor aus und wird mit einer Dreifach-Kombination aus Brennstoff-zellen, Batterien und Ultracaps (modernen Doppelschicht-kondensatoren) betrieben. Er ist vollkommen emissionsfrei, und die durch die verwendeten Technologien erzielte Energieein-sparung gegenüber gewöhn-lichen Diesel-Bussen beträgt mehr als 50 Prozent. Dabei han-delt es sich keineswegs um einen Prototypen – der Triple Hybrid®-Bus wird voraussichtlich noch in diesem Jahr den Linienbetrieb im Raum Prag aufnehmen.

    Auch bei Rasenmähern entwickelt sich die Antriebstechnik ständig weiter – jene hier aus dem Hause Dolmar haben Mini-4-Takt-Motoren, die statt Gemisch einfach mit Benzin betankt werden

    »» K U R Z - I N T E R V I E W» 10 Antworten in 10 Sätzen

    Prof. Dr. Roland Baar (45) ist Chef-entwickler für Turbola-der bei der Voith AG. Er studierte

    Maschinenbau an der Universi-tät Hannover und promovierte anschließend am dortigen Institut für Turbomaschinen. Nach seiner Zeit als Projektlei-ter bei Volkswagen wechselte er zur Voith AG, wo er den Bereich Forschung & Entwick-lung für Turbolader im Bereich Nutzfahrzeuge leitet. Zudem ist er Honorarprofessor an der Leibniz-Universität in Hannover.

    Ein guter Arbeitstag beginnt mit …einem Frühstück mit der Familie – jedenfalls sofern ich mal zu Hause bin.An Turbomaschinen und Turboladern fasziniert mich ...die hohe Leistungsdichte.Es macht mich wahnsinnig, wenn, …– und dabei bin ich gerne typisch deutsch – Sachfragen nicht im Vordergrund der täglichen Arbeit stehen.Die Ingenieurausbildung in Deutschland …steht derzeit am Scheideweg.An meiner Tätigkeit gefällt mir, ...wenn es Probleme gibt und Lösungen gefunden werden können.Entspannung finde ich …vor allem am Meer.Wenn ich nicht Ingenieur geworden wäre, …hätte ich mir einen anderen Beruf gesucht, der mir Freude macht, aber wahrscheinlich hätte ich immer etwas vermisst.Ein Maschinenbaustudium ... bietet unendlich viele Möglich-keiten, sich zu verwirklichen und sich gleichzeitig auf einen Traum- beruf vorzubereiten.Am liebsten fahre ich ...Fahrrad.Als Rentner werde ich ...hoffentlich alt, damit ich das tun kann, wofür heute meist die Zeit fehlt. //

  • Mixer, Fön, Staubsauger und Milchaufschäumer, sie arbeiten in Förderbändern, Fahrstühlen, Gabelstaplern und Elektrofahr-zeugen oder sie verrichten

    in Werkzeugmaschinen, Industrierobotern und vollau-tomatisierten Fertigungs-

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    Antriebsdeutsch & Motorenlatein

    » Hybrid: Stammt vom lateinischen Fremd- wort griechischen Ursprungs „Hybrida“ und bedeutet eigent-lich „etwas Gebündeltes oder Gemischtes“; technisch stehtes für die Kombination zweier Technologien.» Wirkungsgrad: Jener bezeichnet das Verhält-nis von abgegebener Leistung zu zugeführter Energie und beschreibt die Effizienz von Energiewandlungen (zum Bei-spiel von chemischer Energie in Bewegungsenergie bei Moto-ren) und Energieübertragungen (zum Beispiel bei der Induktion).» Rekuperation:(lat. recuperare: „wiedergewin-nen“): Rückgewinnung nutzbarer Energie, zum Beispiel durch eine Nutzbremse, die beim Bremsen die Bewegungsenergie als elek-trischen Strom zurückgewinnt.» Induktion: (lat. inductio: „Einführung“): Erzeugung einer elektrischen Spannung durch Bewegung eines elektrischen Leiters durch ein Magnetfeld oder die Ände-rung des magnetischen Flusses.» Doppeltwirkender Zylinder: Der Begriff kommt aus der Pneumatik und bedeutet, dass Druckluft einen Kolben beim Einfahren und Ausfah-ren bewegt. Daher hat der doppeltwirkende Zylinder zwei Druckluftanschlüsse.»Antriebsstrang: Antriebe sind meist Teil einer komplexeren Anlage. Dazu ge-hört der Antriebsstrang, der Be-wegungsenergie mithilfe eines Getriebes überträgt. Typische Komponenten im Antriebsstrang sind neben dem Getriebe auch Wälz- und Gleitlager, Zahnräder, Riemen, Ketten, Riemenscheiben, Kupplungen, Arbeitsspindeln etc.

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    ImpressumVerantwortlicher Herausgeber:Arbeitgeberverband Gesamt-metall · Wolfgang Gollub · Leiter Nachwuchssicherung/THINK ING.Postfach 06024910052 Berlinwww.think-ing.de

    Brennraum gepresst wird, und verschafften diesem verdichteten Mix ausreichend Sauerstoff für eine bessere Verbrennung. Außerdem wird der Kraft-stoff in viel kleinere Tröpfchen zerstäubt. Bisher verbrannte oft nur die äußere Hülle der Kraftstoffmoleküle. Dabei umhüllten die entstehenden Abgase den Dieseltropfen und schirmten diesen vom Sauer-stoff ab. Abhilfe schafft jetzt eine spezielle Einspritzdüse mit einem Druck von 3.000 bar anstelle der üblichen 1.800 bar.

    Elektrische Antriebe sind leise, sauber, vielseitig und robust. Sie sind wie elektro-mechanische Muskeln und sorgen in allen Bereichen für Bewegung. Sie stecken im

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    zuverlässig ihre Dienste. Eine

    echte Innovation erfährt die elektrische

    Antriebstechnik zurzeit durch neue schnelle Mikro-controller. Auch teure Sensor-hardware wird durch billige Standardsoftware abgelöst. Ebenso liegt die weitere Mi-niaturisierung voll im Trend.

    Halb-leiterele-mente und Chips ma-chen es möglich, dass die gesamte Antriebs-elek-tronik

    meist schon im Anschluss-stecker des Elektromotors Platz findet. //

    Ziel der Entwicklung des Next Generation Trains ist eine zulassungsfähige Höchstgeschwindig-keit von fast 400 km/h in Kombination mit stark reduziertem Energiebedarf und verbesserten Komfort- und Lärmeigenschaften

    THINK ING.-kompakt · Ausgabe 4/2010 www.think–ing.de · Seite 6

    »» Fortset-zung von S. 5: Gesucht wird: der richtige Dreh

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