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Die Coronakrise: Folgen für die Weltwirtschaft Seite 5 Branchen Spezial: Leichtbau als Zukunftsmarkt Seite 14 COVID-19: Fokus auf internationale Verträge Seite 18 Außenwirtschaft aktuell 05- 06 /2020

Außenwirtschaft aktuell...arbeitung und Weiterleitung ihrer Anträge an die L-Bank über die Social-Media-Kanäle zurück. Zahlreiche Livestreams … beantworten seit Ausbruch der

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Page 1: Außenwirtschaft aktuell...arbeitung und Weiterleitung ihrer Anträge an die L-Bank über die Social-Media-Kanäle zurück. Zahlreiche Livestreams … beantworten seit Ausbruch der

Die Coronakrise: Folgen für die Weltwirtschaft Seite 5

Branchen Spezial: Leichtbau als Zukunftsmarkt Seite 14

COVID-19: Fokus auf internationale Verträge Seite 18

Außenwirtschaft aktuell05 - 06 / 2020

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Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020 | 32 | Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020

Inhalt

Rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter …

der IHK Region Stuttgart waren spontan bereit, sich in der Sofort-hilfe für Unternehmen einzubringen, rund 50 weitere überneh-men Hotlinedienste. Nahezu alle Außenwirtschaftler engagieren sich hier, in den zahlreichen Onlinekanälen und in der direkten Einzelberatung für die Unternehmen.

Fünf Hotlines ...

sind im Schichtbetrieb täglich zehn Stunden erreichbar und neh-men rund 1.000 Anrufe täglich entgegen. Neben der allgemeinen Corona-Hotline, Hotlines zu Recht und Aus-/Weiterbildung gibt es die beiden Hotlines für internationale Fragestellungen. Unter 0711 2005-1455 können sich Anrufer zum internationalen Wirt-schaftsrecht, insbesondere zu internationalen Verträgen und Ent-sendungen beraten lassen, unter 0711 2005-1466 zum internati-onalen Warenverkehr.

60.000 Anträge innerhalb von 24 Stunden ...

zählt das Portal zur Beantragung von Soforthilfen unmittelbar nach der Freischaltung. Dieses Portal hat die IHK Region Stutt-gart für das ganze Land in Rekordzeit entwickelt. Noch nie wurde in Baden-Württemberg ein vergleichbares Programm so schnell umgesetzt wie dieses. „Gerade deshalb haben wir das den Lan-desregierungen angeboten – damit es schneller geht als über die staatlichen Behörden. Es geht um die Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen“, betonte Johannes Schmalzl, Hauptge-schäftsführer der IHK Region Stuttgart, beim Livegang des Portals.

300 Anträge pro Minute ...

werden in Spitzenzeiten hochgeladen – das Portal hält diesem Ansturm stand: Die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich zur Antragsbearbeitung bereiterklärt haben, leisten Großar-tiges – viele Unternehmen spiegeln ihren Dank für die zügige Be-

arbeitung und Weiterleitung ihrer Anträge an die L-Bank über die Social-Media-Kanäle zurück.

Zahlreiche Livestreams …

beantworten seit Ausbruch der Pandemie unmittelbar die drän-gendsten Fragen der Unternehmen, darunter auch zu außenwirt-schaftlichen Themen wie „Internationale Geschäfte in Zeiten von Corona“, „Exportkreditgarantien“ oder „Internationale Verträge“.

Unzählige neue Webseitenbeiträge …

stellen die Expertinnen und Experten der Außenwirtschaft täglich ein bzw. aktualisieren diese, um alle Entwicklungen der Pandemie aufzunehmen, aus der Unternehmerperspektive zu beleuchten und Ihnen somit in der Bewältigung dieser Krise zur Seite zu stehen. Schon beim Ausbruch des Virus in China konnten die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter der IHK Region Stuttgart durch den engen Austausch mit den Auslandshandelskammern qualifizierte Infor-mationen aus erster Hand weitergeben. Mit der Ausweitung zur Pandemie konnten sie durch ihr breites Wissen und ihr globales Netzwerk auch in allen anderen internationalen Geschäftsbezie-hungen von Anfang an kompetent beraten. Diese auf die akuten Fragestellungen der Unternehmen bezogenen Informationen fin-den Sie auch auf den Webseiten und Onlinekanälen der IHK Re-gion Stuttgart. Darüber hinaus stehen Ihnen die Ansprechpartne-rinnen und Ansprechpartner der Außenwirtschaft natürlich auch weiterhin zum persönlichen Gespräch zur Verfügung.

Thirza Albert, IHK Region Stuttgart

Dieses Versprechen der IHK Region Stuttgart an ihre Mitgliedsunternehmen hat vor dem Hintergrund der Coronakrise besondere Relevanz. Was es in konkreten Zahlen heißt und wie die Abteilung Außenwirtschaft Ihnen seit Beginn der Coronakrise zur Seite steht, lesen Sie hier.

„Wir sind für Sie da – auch und besonders jetzt!“Inhalt

Außenwirtschaft Spezial

„Wir sind für Sie da“: Was dieses Versprechen der IHK Region Stuttgart für Unternehmen der Außenwirtschaft bedeutet 3

Titelthema

Die Coronakrise: Folgen für die Weltwirtschaft 4-7

Internationaler Warenverkehr 8–11

Branchen International

Coronakrise: Gewinner und Verlierer nach Branchen 12–13

Leichtbau: Das Konzept als Chance für Unternehmen 14

Länder und Märkte

Virtueller Markteintritt: Indien mit minimalem Risiko als Markt erschließen 15

Rechtssicher auf Auslandsmärkten

COVID-19: Fokus auf internationale Verträge 18–19

Finanzierung, Förderung und Ausschreibungen

Exportkreditgarantien: Neuerungen zur Coronakrise 20

Regional

Die deutsch-ukrainischen Geschäftsbeziehungen ausbauen: Ein Anliegen von Rolf Prettl, dem neuen Honorarkonsul 21

Impressum 22

Kurz vor Schluss

Südafrika: Das Land mit den drei Hauptstädten 23

3

4

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Außenwirtschaft Spezial

Alle aktuellen Informationen rund um die Bewältigung der Coronakrise finden Sie unter www.stuttgart.ihk.de/corona. Die Aufzeichnungen aller Livestreams finden Sie unter www.stuttgart.ihk.de, Nr. 4735024.

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Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020 | 54 | Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020

Prof. Henning Vöpel,

Hamburgisches WeltWirtschaftsinstitut

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Die Auswirkungen der Coronakrise auf die Weltwirtschaft lassen

sich nur schwer vorhersagen – sicher ist nur: Sie werden gewaltig

sein. Unser Beitrag zeigt Ihnen die globalen Zusammenhänge auf

und erläutert, wo Unternehmen sich positionieren können,

um auch in der Krise Chancen zu erkennen.

Die Coronakrise: Folgen für die Weltwirtschaft

Die Coronakrise hat die gesamte Weltwirtschaft erfasst – von China über Europa bis in die USA. Es ist von der größten Rezession der Wirtschaftsgeschichte die Rede. Große Unsicherheit

herrscht darüber, wie es weitergeht. Klar ist nur: Die wirtschaftlichen und sozialen Kosten wer-den gravierend sein. Doch in der Krise können auch Chancen liegen. Unternehmen sollten sich

daher schon jetzt mit der Zeit danach beschäftigen.

Das Virus und der Schwarze Schwan

Vor vier Monaten wusste noch niemand, dass es ihn gibt. Und heute hält er die ganze Welt in Atem. Irgendwo in der Nähe der chinesischen Stadt Wuhan mutierte das Coronavirus zu dem CO-VID-19-Virus, das sich über eine Fledermaus auf ein Tier übertrug, welches auf dem Markt von Wuhan, unweit des örtlichen Bahn-hofs, zum Verkauf angeboten wurde. Von dort übertrug es sich auf den Menschen. Dies passierte zur Zeit des chinesischen Neujahrs-fests, in der eine rege Reisetätigkeit herrscht. So wurde das Virus in die großen chinesischen Metropolen gebracht und von dort in alle Welt. Heute ist die Coronakrise die größte Pandemie seit der Spanischen Grippe vor rund hundert Jahren.

Ein sogenannter Schwarzer Schwan, ein extrem seltenes Ereignis mit sehr großen Wirkungen, ist der Definition nach plötzlich und unerwartet da und stellt die Welt von einem auf den anderen Tag auf den Kopf. Nichts ist mehr so, wie es vorher war. Konnte man es ahnen, sich gar darauf vorbereiten? Es ist unmöglich und auch nicht sinnvoll, sich auf Schwarze Schwäne einzustellen: Ausnah-mezustände bleiben Ausnahmezustände. Sie sind kein Modell für normale Zeiten, das gilt auch für die aktuelle Pandemie. Deren Gefahren für die Wirtschaft sind gewaltig, nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig, denn die Coronakrise trifft die Weltwirt-schaft in einem ohnedies fragilen Zustand: erschüttert von Kon-junktursorgen, Handelskonflikten und Strafzöllen.

Erste Reaktion auf das Ereignis war der Shutdown der Wirt- schaft – ein unvermeidbarer Schritt. Für jede Unternehmerin und jeden Unternehmer trägt er zwei unmittelbare Fragen direkt in sich. Erstens: Wann und unter welchen Bedingungen kann er wieder ge-

Titelthema

lockert werden? Zweitens: Durch welche Instrumente lassen sich die wirtschaft-lichen Probleme so redu-zieren, dass die Umsatzein-brüche keine massenhaften Liquiditätsengpässe und In-solvenzen auslösen? Darüber hinaus sind sich insbesonde-re Unternehmen mit Außen-wirtschaft längst im Klaren darüber, dass die Folgen der Coronakrise weit über die Auflösung des Shutdowns hinaus spürbar sein werden, dann nämlich, wenn Liefer-ketten unterbrochen bleiben, Absatzmärkte in dauerhafte Schwierigkeiten geraten und womög-lich sogar Finanz- und Schuldenkrisen als Spätfolgen drohen.

Die konjunkturellen Folgen: Gibt es einen schnellen Exit vom Shutdown?

Die Coronakrise löst die wahrscheinlich größte globale Rezession der Nachkriegsgeschichte aus. In der globalen Finanz- und Wirt-schaftskrise sank das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland real um rund fünf Prozent. Die Coronakrise könnte je nach Szenario ei-nen Rückgang von fünf bis zwanzig Prozent nach sich ziehen. Und doch sind die Ursachen, Muster und Instrumente der Coronakrise völlig andere als in „normalen“ Rezessionen, die typischerweise durch einen plötzlichen Rückgang der Nachfrage oder durch eine

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Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020 | 76 | Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020

Finanzkrise ausgelöst werden. Wir haben es gerade mit einem kombinierten Angebots- und Nachfrageschock für die Wirtschaft zu tun. Durch den Shutdown und den Lockdown bleiben Millio-nen Menschen fast überall auf der Welt zuhause. Die Produktion bricht ein, entweder weil man selbst nicht mehr produziert oder die Vorleistungen nicht mehr geliefert werden. Wer nicht direkt vom Produktionsausfall betroffen ist, spürt die einbrechende Nachfrage. Weil Angebot und Nachfrage aber gleichzeitig einbre-chen, nützt ein reines Konjunkturprogramm in dieser Situation kaum etwas. Vielmehr sind die milliardenschweren Hilfsprogram-me darauf ausgerichtet, schnelle Liquiditätshilfen zu gewähren, um eine gewaltige Insolvenzwelle zu vermeiden. Und eine solche droht so lange wie der Shutdown dauert, so lange wie keine Um-sätze und kein Einkommen mehr erzielt werden können, während wesentliche Kosten wie Gehälter und Mieten weiterlaufen. Dies löst eine extreme Unsicherheit aus.

Zeitgleich wird intensiv über eine Exit-Strategie diskutiert, denn mit jeder Woche Verlängerung dieses Shutdowns steigen die Kosten für Unternehmen weiter an. Wenn die Liquiditätshilfen nicht ausreichen, drohen insbesondere kleinere und mittlere Un-ternehmen sowie Einzelunternehmer und Soloselbständige im Dienstleistungssektor vom Markt zu verschwinden, weil deren Li-quiditätsdecke und Kreditwürdigkeit oft kaum ausreichend sein werden. Auch die Start-up-Szene dürfte vielfach Schaden neh-men, da gerade Gründer auf Investoren und Risikokapitalgeber angewiesen sind.

Für die Unternehmen der Exportwirtschaft könnte die Krise deut-lich über die Zeit des Shutdowns hinaus andauern. Denn die welt-weite Krise tritt phasenverschoben auf. Sie begann im Dezember in China, wo die Produktion allmählich wieder anzieht, ist nun in Europa angekommen, wo vielleicht im Mai mit dem Höhepunkt gerechnet werden kann, und wird in den nächsten Tagen und Wo-chen die USA richtig erfassen, wo der Höhepunkt vermutlich erst im Spätsommer zu erwarten ist, da Gesundheitssystem und Sozi-alversicherungssysteme die Lage noch dramatischer machen. Für die deutschen Exportunternehmen bedeutet dies, dass sowohl die globalen Wertschöpfungs- und Lieferketten als auch die globalen Absatzmärkte für Konsum- und insbesondere Investitionsgüter über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr gestört bleiben.

Die konjunkturellen Folgen der Coronakrise kann man kaum noch quantifizieren, am besten beschreibt man sie in Szenarien: Wenn es zu einem relativ schnellen Exit aus dem Shutdown käme, wäre

eine Entwicklung in Form eines „V“ zu erwarten. Dem massiven Einbruch würde dann eine schnelle Erholung folgen. Die Krise könnte sich jedoch auch wie ein „U“ darstellen, wenn die Wirt-schaft nicht ganz so schnell oder nicht sofort umfassend wieder hochgefahren werden kann. Kommt es gar zu einer Insolvenz-welle, dann drohen länger andauernde Verwerfungen mit einem geringen Wachstumspfad in Form eines „L“. Im Moment kann man mit großer Wahrscheinlichkeit von einem „U“ ausgehen – wenn die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und der wirt-schaftlichen Schäden denn tatsächlich greifen.

Die mittelfristigen Folgen: Weniger Globalisierung oder mehr Kooperation?

Man muss davon ausgehen, dass die Coronakrise über die konjunk-turellen Folgen hinaus eine veränderte Welt hinterlassen wird. Sie wird politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich zu Anpassungs-reaktionen führen, die heute kaum absehbar sind. Sie kann dem Lauf der Welt eine andere Richtung geben. Davon wird nicht weni-ger als die Zukunft der Weltwirtschaft abhängen. Folgekrisen sind möglich, aber ebenso ist eine veränderte Globalisierung denkbar.

Die großangelegten Maßnahmen der Regierungen werden weltweit zu einer deutlichen Zunahme der Staatsschulden führen. Deutsch-land hat ein Programm über rund 750 Milliarden Euro beschlossen, Frankreich über 300 Milliarden Euro, Spanien über 200 Milliarden Euro. In den USA wurden gar Hilfen in einer Größenordnung von zwei Billionen Dollar beschlossen. Das sind in den genannten Fällen Hilfen zwischen zehn und zwanzig Prozent des jeweiligen Bruttoin-landsproduktes. Gerade in Europa aber ist der fiskalpolitische Spiel-raum einzelner Länder sehr gering, allen voran in Italien, dem Land, das vielleicht am schlimmsten von der Coronakrise heimgesucht worden ist. Über die Finanzierungsmöglichkeiten auf EU-Ebene wurde viel diskutiert, das Corona-Hilfspaket aus dem EU-Rettungs-schirm schließlich am 23. April beschlossen, das Streitthema Corona-Bonds noch einmal ausgespart. Sicher ist: Ohne die Solidarität der Länder untereinander könnte eine Neuauflage der Eurokrise drohen, die erneut eine Kombination von Staatsschulden- und Bankenkrise wäre, die wiederum nur die Europäische Zentralbank lösen könnte. An diesem Punkt wird deutlich, wie sehr die Bewältigung der Coro-nakrise auch zu einer Zerreißprobe für Europa geworden ist. Da das Problem durch Binnenmarkt und Freizügigkeit Europa im Ganzen trifft, wäre eine gemeinsame Lösung im Sinne verstärkter Solidarität und konzertierter Lösungsansätze wünschenswert. Doch ein „euro-päischer“ Umgang mit der Krise muss erst noch gefunden werden.

Foto: gettyimages

Titelthema

Dabei wirkt die Coronakrise zugleich wie ein Brennglas und ein Zeitraffer für die Ent-wicklungen einer ohnehin schon fragilen Welt, angefangen von dem wiedererstarkten Natio-nalismus und Protektionismus über die Digitali-sierung bis hin zum Klimawandel. Länder könnten durch die Erfahrung ihrer Verwundbarkeit infolge der globalen Vernetzung und der daraus entstande-nen Abhängigkeiten künftig ihre Autarkie in der Ver-sorgung wichtiger Güter und Dienstleistungen stärken. Dann würde die Globalisierung weiter zurückgedrängt wer-den. Grenzüberschreitende Wertschöpfungs- und Lieferketten wären schwieriger zu organisieren und Handelskosten würden infolgedessen steigen. Auch der Glaube an staatliche Autoritäten könnte stärker werden und das bis heute prägende Ideal der libe-ralen Gesellschaft zurückdrängen.

Der Historiker Yuval Harari sieht zwei Spannungsfelder, in denen sich die Zeit nach Corona entwickeln könnte: zwischen Nationa-lismus und globaler Kooperation einerseits und zwischen Totalita-rismus und Liberalismus andererseits. Tatsächlich kann die Erfah-rung der Coronakrise die Welt näher in die eine oder die andere Richtung führen. Es ist eine globale und kollektive Erfahrung von plötzlicher Not und unerwarteter Verwundbarkeit. Das wird das Bewusstsein tief prägen und den Lauf der Welt in eine Zeit vor und eine Zeit nach Corona teilen.

Nach Corona: Eine Chance für die Zukunft?

Was aber bedeutet das alles für die Unternehmen? In Zeiten, in denen die Umsätze von einem Tag auf den anderen wegbrechen und ganze Geschäftsmodelle infrage stehen? So stark die Belas-tung auch ist, in der Bewältigung der Krise können auch Chancen liegen. Wie zahlreich sind etwa jene Unternehmen, die binnen kürzester Zeit neue Vertriebswege etabliert, eine neue Kunden-ansprache gefunden und in großer Kreativität ihre Geschäftsidee neu erfunden haben. Wir haben weiterhin gesehen, dass die Kri-se digitales Lernen insgesamt erheblich beschleunigt hat. Neue Formen des Arbeitens sind plötzlich akzeptiert. Eine solche Be-reitschaft zum Wandel ist es, die bislang kaum ausgeprägt war, aber unbedingt notwendig ist für die digitale Revolution und die klimaneutrale Transformation.

In dieser Bereitschaft möchten viele Unternehmen sich schon jetzt aktiv auf die Zeit nach der Coronakrise vorbereiten. Noch fehlen die

dazu wich-tigen Signale aus der Politik, wie der Shutdown konkret aufgehoben wer-den soll. Dass sich aber an die Zeit der Krise eine Zeit des Wieder-erstarkens anschließen kann, darauf gibt es einige Hinweise.

Einen davon liefert die oben erwähnte U-Form der wirtschaftlichen Entwicklung. Vorausgesetzt, die große Insolvenzwelle bleibt aus, so wird die Wirtschaft sich nach der Lockerung des Shutdowns relativ rasch wieder erholen können – weit schneller, als es beispielsweise nach einem Krieg der Fall wäre, wo die Arbeitskräfte fehlen und ein großer Teil der Betriebe und der Infrastruktur unwiderruflich zer-stört ist. Ein weiterer Fingerzeig kann die skizzierte Entwicklung der Welt nach der Krise sein: hin zu mehr Nationalismus oder aber hin zu einer besseren, breiter akzeptierten, weil solidarischeren Globa-lisierung. Den letztgenannten Weg als politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Ziel zu verfolgen, darin liegt die große Chan-ce, die sich uns jetzt bietet. Diesen Weg werden die Unternehmen mit ihrem Weg aus der Krise zu einem wichtigen Teil mitprägen.

Professor Henning Vöpel, Direktor und Geschäftsführer des Hamburgischen WeltWirtschaftsinstituts, www.hwwi.org

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Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020 | 9

Internationaler Warenverkehr

Zollaussetzungen und Zollkontingente

Für bestimmte, genau definierte Waren können bei Einfuhr in die Europäische Union (EU) Zollbefreiungen in An-spruch genommen werden.

Diese Aussetzungen werden in jedemHalbjahr angepasst. Den aktuellen

Stand sowie Informationen zum Antrags- und Widerspruchsver-

fahren finden Sie unter www.stuttgart.ihk.de

Nr. 675240.

Internationaler Warenverkehr

Zollabfertigung weltweit: Erleich-terungen für Schutzausrüstungen

Auf der Startseite des deutschen Zolls fin-det sich eine Zusammenfassung der einge-führten Erleichterungen insbesondere für die Einfuhr von Schutzausrüstungen (Vor-rangige Abfertigung Unterlagencode 9DFA, sofortige Erteilung einer EORI, Abgabenbe-freiung in bestimmten Fällen, Behandlung als Hilfsgüter) sowie weitere Informationen zu Verboten und Beschränkungen, Steuer-befreiungen und anderem: www.zoll.de. In zahlreichen Staaten wird Schutzausrüs-tung auch von bestehenden Zollsätzen be-freit, das soll auch für Ware chinesischen Ursprungs gelten, die in die USA geliefert wird. Weitere Informationen dazu fin-den Sie auch unter www.stuttgart.ihk.de, Nr. 4746330.

Bescheinigungen System- relevanz / kritische Infrastruktur

In Baden-Württemberg sind nach einer Verordnung des Wirtschaftsministeriums die Ortspolizeibehörden dafür zuständig, die Systemrelevanz eines Unternehmens im Sinne der KRITIS-Verordnung zu bestätigen. Diese Unternehmen können bzw. müssen auch im Fall eines kompletten Shutdown weiterarbeiten. Diese Unternehmen wieder-um sind von Zulieferern und Dienstleistern abhängig, denen sie dann Bescheinigungen zur Systemrelevanz ausstellen. Die Regelung wurde rein vorsorglich getroffen, es gibt kei-

ne Planung zu einer derartigen Vor-gehensweise. Das Thema war

vermehrt aufgekommen, weil insbeson-

dere italieni-sche und

Zollabfertigung weltweit: Erstellung und Vorlagepflicht von Dokumenten eingeschränkt

Dokumente kontaktlos erhalten: eUZ erlebt Aufschwung

Ursprungszeugnisse und Bescheinigungen online bei der IHK beantragen und nach Be-arbeitung durch die IHK selbst ausdrucken: Während der Coronakrise erlebt das elekt-ronische Ursprungszeugnis einen beispiel-losen Aufschwung. Schon vor Corona haben viele Unternehmen das im Herbst 2019 runderneuerte webbasierte Angebot der IHK wahrge-nommen. In

Bescheinigungen im Zusammen-hang mit Höherer Gewalt

Wegen der Coronapandemie kommt es zu zahlreichen Vertragsstörungen, Lieferketten reißen und Fristen können nicht eingehalten werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob dies ein Fall Höherer Gewalt ist. Dies wird oft zutreffen, es muss aber im Ein-zelfall betrachten werden. Eine Übersicht zu diesem Thema finden Sie unter www.stutt-gart.ihk.de, Nr. 4701112. Die IHK darf zwar den Eintritt Höherer Gewalt nicht bescheinigen, allerdings können die bestehenden konkre-ten Probleme im Unternehmen bescheinigt werden (Tatsachenbescheinigung) oder die allgemeinen Rahmenbedingungen Umstände

in Form einer IHK-Eigenerklärung ge-schildert werden.

Weltweit haben viele Staaten die Vorlage-pflicht von Dokumenten bei der Einfuhrab-fertigung eingeschränkt. Das betrifft unter anderem Warenverkehrsbescheinigungen und Ursprungszeugnisse. Häufig reicht die Vorlage einer Kopie. Dies gilt unter ande-rem für die Schweiz, Katar und Algeri-en. Gegebenenfalls kann auch ganz auf Dokumente verzichtet wer-den, dies ist aber unsicher. Die Erstellung von Dokumenten

Zeiten des Social Distancing haben viele weitere Firmen die Vorteile des eUZ erkannt und sind auf das webbasierte IHK-Angebot umgeschwenkt. Es ermöglicht ihnen, die für den Export erforderlichen Ursprungs-zeugnisse und Bescheinigungen vollständig kontaktlos bei der IHK zu beantragen und an einem beliebigen Drucker, zum Beispiel auch im Homeoffice, auszudrucken. Der An-teil der elektronisch beantragten Ursprungs-zeugnisse und Bescheinigungen ist von 30 Prozent im Januar 2020 auf 46 Prozent im März angestiegen. Das neue elektronische Ursprungszeugnis ist auf dem Weg zum Re-gelfall zu werden, es ersetzt die Altversion zum 30. Juni 2020. Weitere Informationen finden Sie auch unter www.stuttgart.ihk.de, Nr. 10378.

spanische Unternehmen derartige Beschei-nigungen von ihren deutschen Kunden an-gefordert haben, um diese noch beliefern zu dürfen. Inzwischen reicht diesen eine Eigen-erklärung des deutschen Unternehmens.

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Bei Bedarf wenden Sie sich an die Service-nummer Zoll und Exportkontrolle 0711 2005-1466 oder an [email protected].

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ist teilweise eingeschränkt. In Deutschland betrifft dies das Bundesverwaltungsamt. Im Ausland sind gegebenenfalls zahlreiche Behörden geschlossen.

Auch aus diesem Grund sollte der Doku-mentenverkehr mit den jeweiligen Kun-den abgestimmt werden. Elektronische Ursprungszeugnisse stellen in vielen Fällen eine Erleichterung dar.

Öffnungszeiten Bescheinigungs-dienst für Urpsrungszeugnisse

Um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren, sind die Gebäude der IHK Region Stuttgart für den Publikumsverkehr geschlossen. Der Bescheinigungsdienst für Ursprungs-zeugnisse ist in der IHK-Zentrale Stuttgart zwischen 8:30 Uhr und 14 Uhr besetzt. Bitte melden Sie Ihren Besuch vorab un-ter 0711 2005-1466 an. In den Bezirks-kammern ist eine Notbesetzung vor Ort.

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Änderungen bei Antidumpingverfahren

Die Europäische Union kann Anti-dumping- und Antisubventionszölle verhängen, um die heimische Industrie vor gedumpten Waren zu schützen. Antidumpingzölle sollen dabei den zu niedrigen Preis ausgleichen. Für Impor-teure ist es deshalb wichtig, rechtzeitig über geplante Antidumping-Maßnah-men informiert zu werden.

Eine umfassende und aktuelle Infor-mation über bestehende und geplante Antidumping-Maßnahmen finden Sie im Antidumpingregister der Handels-kammer Hamburg und der Handels-kammer Bremen. Alle Informationen unter www.stuttgart.ihk.de, Nr. 10588.

Internationaler Warenverkehr

EU ratifiziert Handelsabkommen mit Vietnam

Die EU hat am 31. März 2020 das Handels-abkommen mit Vietnam ratifiziert. Nach Ratifizierung durch das vietnamesische Parlament sollte das Abkommen für Un-ternehmen ab Mitte 2020 nutzbar sein. Es entfallen im gegenseitigen Warenverkehr zwischen den beiden Handelspartnern fast alle Zölle. Nicht-tarifäre Handelshemmnis-se sollen ebenfalls schrittweise aufgehoben werden. Informationen zu den dafür gel-tenden Bedingungen finden Sie im Internet unter www.stuttgart.ihk.de, Nr. 3598030.

EU-Japan – Freihandels- abkommen ein Jahr in Kraft

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan ist seit 1. Februar 2019 und somit ein Jahr lang in Kraft. Seitdem ist der Wert der europäischen Exporte nach Japan um 6,6 Prozent gestiegen, die Einfuhren aus Japan nahmen um 6,3 Prozent zu. Aus der Sicht eu-ropäischer Exporteure entwickelten sich die Ausfuhren von Agrarwaren besonders erfreu-lich (Rindfleisch +221 Prozent, Milch- und Sahne +121 Prozent, Butter +48 Prozent). Aber auch Telekommunikationstechnik (+69 Prozent) und Elektrotechnik (+16 Prozent) zeigten deutliche Zuwachsraten.

Die EU-Kommission evaluiert das Abkom-men, um Probleme zu klären. Die Frist lief bis zum 30. April 2020. Die IHK Region Stuttgart hat den Fragebogen der EU-Kommission mit den Erfahrungen ihrer Mit-gliedsunternehmen ausgefüllt. Wir haben insbesondere erneut auf die Probleme, die durch die Pflichtangabe der verwendeten Ursprungsregel entstehen, hingewiesen.

Ausfuhrkontrolle: Nationale AGG verlängert, neue AGG geschaffen

Das Bundesamt für Wirtschaft und Aus-fuhrkontrolle (BAFA) hat die nationalen All-gemeinen Genehmigungen (AGG) Nr. 12 bis Nr. 27 ohne inhaltliche Änderung bis zum

Carnet ATA: Fristgerechte Wiederausfuhr wegen Corona nicht möglich?

Grenzschließungen, Annullierung von Flügen oder Quarantänebestimmungen können dazu führen, dass Waren, die mit Carnet ATA in Drittländer eingeführt wur-den, nicht fristgerecht wieder ausgeführt werden können. Zusammen mit anderen bürgenden Verbänden hat sich die IHK-Organisation bei der International Cham-ber of Commerce (ICC) dafür eingesetzt, dass durch Corona bedingte Verzögerun-gen bei der Wiederausfuhr keine negati-ven Auswirkungen auf die Carnet-Inhaber haben sollten. Die Entscheidung über den Umgang mit Fristüberschreitungen ob-liegt jedoch immer den Zollbehörden der Empfangsländer.

Da jeder einzelne Vorgang individuell ana-lysiert werden muss, sollten betroffene Un-ternehmen so viele Unterlagen wie möglich einsammeln, (zum Beispiel Ersatz-Carnet, alternative Nachweise für die Wiederaus-fuhr, Sperrvermerke der Regierung, Stor-nierungen/Umbuchungen von Flugtickets, Verlängerung der Hotelreservierung usw.), um zukünftigen Reklamationsfällen begeg-nen zu können.

Für Fragen in diesem Zusammenhang wen-den Sie sich bitte an Ihre ausgebende IHK.

Corona: Export von medizi- nischer Schutzausrüstung nur mit Genehmigung

Seit 14. März 2020 ist die Ausfuhr von Atemmasken, Schutzkleidung, Schutzbril-len und ähnlichen Produkten in Drittländer nur noch mit einer Ausfuhrgenehmigung möglich. Von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind Ausfuhren in die Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Is-land sowie Andorra, San Marino, die Färöer, Vatikanstadt sowie überseeische EU-Gebie-te. Das zuvor vom Bundeswirtschaftsmi-nisterium erlassene deutsche Export- und Verbringungsverbot für Schutzausrüstung wurde am 19. März 2020 aufgehoben. Ver-bringungen dieser Produkte innerhalb der EU sind damit wieder möglich.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Aus-fuhrkontrolle (BAFA) informiert auf seiner

Import von Schutzausrüstung: Beschleunigtes Konformitäts- verfahren

Verstärkt fragen Unternehmen nach den Einfuhrbestimmungen von Gesichtsmasken, Schutzhandschuhen und ähnlichen Produk-ten der medizinischen Schutzausrüstung. Informationen zu den Regelungen und zuständigen Zulassungsbehörden haben wir für Sie in unserem Artikel „Import von Schutzausrüstung“ zusammengestellt. De-tails finden Sie unter www.stuttgart.ihk.de, Nr. 4746330.

Marokko: Neues Konformitäts-programm

Das marokkanische Ministerium für Indus-trie, Handel, grüne und digitale Wirtschaft hat ein neues Konformitätsprogramm (VOC – Verification of Conformity) erlassen. Dieses sieht unter anderem Vorversandkontrollen und Kontrollen am Eingangshafen vor.

Details zu diesem Programm mit Angaben zu den betroffenen Warengruppen und den zertifizierten Prüfgesellschaften hat die Auslandshandelskammer Marokko (AHK) zusammengestellt. Unter dem Suchbegriff

„Konformitätskontrolle“ können Sie das Dokument auf der Webseite der AHK www.marokko.ahk.de herunterladen.

Ihre IHK-Ansprechpartner

Zu allen Fragen rund um Zoll und Export- kontrolle erreichen Sie unsere Expertin-nen und Experten unter 0711 2005-1466 und [email protected].

30. September 2020 verlängert. Die Verlän-gerung aller AGG bis zum 31. März 2021 ist vorgesehen.

Neu geschaffen wurde die AGG Nr. 28. Die-se erleichtert die Zulieferung von Rüstungs-gütern nach Frankreich unter bestimmten Bedingungen. Sie gilt nicht für die Verbrin-gung von Kriegswaffen. Ein Merkblatt des BAFA informiert im Detail über die neue AGG. Hintergrund ist die im Herbst 2019 getroffene Vereinbarung Deutschlands mit Frankreich über die Zusammenarbeit bei den Ausfuhrkontrollen im Rüstungsbereich.

Informationen zu allen AGG und zum Merk-blatt finden Sie auf der Website des BAFA unter Außenwirtschaft -> Ausfuhrkontrolle

-> Antragsarten.

Die Bearbeitung der elektronischen Doku-mente unterliegt keinen Einschränkungen.

Auch die Beantragung klassischer Papier-dokumente ist während der Coronapan-demie weiterhin möglich, allerdings kann es während der Coronakrise zu verlän-gerten Bearbeitungszeiten kommen. Falls ausländische Vornachweise wegen der Coronapandemie fehlen, sprechen Sie uns gern an.

Neue Drucknormen für Formulare

Im Amtsblatt des Bundesministeriums für Finanzen (BMF), Ausgaben N 06 2020 Nr. 25 sowie N 09 2020 Nr. 42 wurden neue Druck-normen für bestimmte Papierformulare

Statt WTO: Staaten einigen sich auf alternative Streitschlichtung

Die EU und 15 weitere WTO-Mitglieder, darunter Kanada, China und Singapur, haben am 27. März 2020 eine Vereinba-rung beschlossen, die es ihnen ermöglicht, Handelsstreitigkeiten untereinander zu lösen. Damit haben die Handelspartner angesichts der derzeitigen Handlungsun-fähigkeit der WTO-Streitschlichtung ein alternatives System zur Lösung von Han-delskonflikten geschaffen. Die IHK-Orga-nisation hatte sich schon seit Längerem dafür eingesetzt, ein solches Instrument zu schaffen. Näheres dazu finden Sie auf der Website der europäischen Kommission www.ec.europa.eu mit dem Suchbegriff

„WTO-Streitschlichtung“.

veröffentlicht. Das betrifft zum einen das Einheitspapier für Einfuhranmeldungen,die noch in Papier abgegeben werden. Das sind die Formulare: 0737, 0738, 0747, 0748, 0779 und 0780. Zum anderen betrifft es das Informationsblatt 3 (INF3), Vordruck-nummer 0329. Ältere Drucknormen können Sie bis zum 31. Dezember 2020 aufbrau-chen. Die Formulare können Sie über den Online-Shop der IHK Region Stuttgart er-werben. Wählen Sie dazu unter www.stutt-gart.ihk24.de/shop die Rubrik „Formulare Außenwirtschaft“.

Seite „Export von medizinischer Schutz-ausrüstung“ über die Details zu den Re-gelungen. Sie finden alle Informationen unter www.bafa.de in der Rubrik Außen-wirtschaft/Ausfuhrkontrolle unter „Corona-virus-Schutzausrüstung“.

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Das Virus berührt praktisch alle Branchen – die Frage, welche besonders darunter leiden und welche gar von ihr profitieren, birgt manche Überraschung.

Es liegt auf der Hand: Wenn Rei-sen unmöglich, Ge-schäfte geschlossen und öffentliches Le-ben heruntergefah-ren werden, trifft das einige Branchen sehr hart. Die Ers-ten, die die Auswir-kungen zu spüren bekamen, waren die

Branchen Handel, Tourismus und Transport. Es kamen abgesagte Messen, Kongresse und Großveranstaltungen dazu, nicht nur hierzulande – die Messe- und Veranstal-

Branchen International | Coronakrise: Gewinner und Verlierer nach Branchen

Branchen: Gewinner und Verlierer der Coronakrise

tungsbranche weltweit war betroffen, weil auch der internationale Austausch ausge-setzt wurde.

Verluste in zahlreichen Branchen

Ein Ereignis dieses Ausmaßes gab es noch nie. Der Deutsche Industrie- und Handels-kammertag schätzt, dass jedes vierte Un-ternehmen in Deutschland aufgrund der Coronakrise Umsatzeinbußen von mehr als fünfzig Prozent hinnehmen muss. Mehr als neunzig Prozent der Unternehmen spüren die negativen Folgen deutlich. Die Auswirkungen gehen also deutlich über die primär erkennbaren Branchen hinaus.

Die IHK Region Stuttgart steht Unter- nehmerinnen und Unternehmern in ihrem Auslandsgeschäft ausführlich zur Seite. Dazu gehört, dass wir unser Angebot gezielt auf die Bedürfnisse unserer Mitgliedsunternehmen ausrichten.

Internationale Geschäftsbeziehungen bleiben heute häufig nicht mehr auf einzelne Länder begrenzt, sondern finden länderübergreifend statt, wäh-rend sich je nach Branche spezifische Entwicklungen vollziehen, die es für die jeweiligen Unternehmen im Auge zu behalten gilt.

Deshalb steht Ihnen ab sofort das Team Branchen International mit branchenspezifischen Informationen zur Seite. Um Sie bestmöglich zu beraten, verstärken wir auch die Zu- sammenarbeit mit Branchenverbänden wie etwa der Leichtbau BW. Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag auf Seite 14. Gern informieren wir Sie. Sprechen Sie uns einfach an!

Ihre IHK-Ansprechparterin

Dorothee MinneTeamleiterin Branchen International Telefon 0711 [email protected]

Nachteile für auslandsaktive Unternehmen

Die Unternehmen mit internationalem Ge-schäft dürften dabei besonders unter der Belastung ächzen: Wenn weltweite Liefer-ketten nicht mehr stabil sind, Vorprodukte nicht mehr produziert werden und Mitar-beiter für Montage und Wartung nicht mehr reisen dürfen, wird die international so eng verflochtene Wirtschaft schnell empfindlich gestört. Die Automobilbranche ist davon be-sonders hart getroffen, unter anderem, weil viele Vorprodukte beispielsweise in China produziert werden.

Der Einbruch der Wirtschaft in China

Und gerade in China nahm die Epidemie ihren Anfang. Nur mit einem drastischen Shutdown konnte sie eingedämmt werden – ob dies von Dauer war, wird sich zeigen müssen. China ist der größte Handelspart-ner Deutschlands, aber durch COVID-19 hat China nun das schwächste Wirtschafts-wachstum seit 30 Jahren zu verzeichnen. Und taumelt Chinas Wirtschaft, taumelt die Weltwirtschaft. Über 5.200 deutsche Firmen sind in China aktiv und laut der Auslands-handelskammer Greater China gibt es kein deutsches Unternehmen vor Ort, das nicht vom Coronavirus betroffen wäre. Einen Großteil trifft es sogar schwer.

Einige Branchen verzeichnen Zuwächse

Doch es gibt auch Gewinner. Der Branchen-verband Bitkom geht davon aus, dass die

Digitalisierung in Deutschland einen mas-siven Boost erfahren wird. Schon jetzt haben sich zahlreiche Unternehmen unter großem Zeitdruck umorganisiert, mobiles Arbeiten ermöglicht und Meetings in virtu-ellen Räumen ermöglicht. Start-ups feilen zusammen mit der Bundesregierung beim Hackaton #WevsVirus an digitalen Lösun-gen für die Herausforderungen im Alltag mit dem Coronavirus. An der Börse verzeichnen Biotech- und Medizintechnikunternehmen deutliche Kursgewinne.

Der Boom des Onlinehandels bleibt aus

Auch wenn viele einen starken Anstieg des hiesigen Onlinehandels erwartet hätten – schließlich fallen viele andere Vertriebswege weg – so gab zuletzt auch die E-Commerce-Branche einen deutlichen Umsatzrückgang bekannt.Nichtsdestotrotz gibt es einzelne E-Commerce-Unternehmen, deren Kurs deutlich steigt, wie etwa der des Berliner Start-ups HelloFresh, das Kochboxen zur Zu-bereitung einer Mahlzeit vertreibt oder das Unternehmen TeamViewer, das die Fernsteu-erung von Systemen ermöglicht.

War anfangs die Nachfrage nach Elektonik noch höher als sonst, so ist auch hier in-zwischen ein Minusgeschäft zu verzeich-nen. In der Verpackungsindustrie und bei den Paketdienstleistern registriert man dennoch eine sehr starke Nachfrage. Auch der Lebensmitteleinzelhandel verzeichnete zu Beginn der Krise hohe Umsatzzuwächse. In dem Maße, wie die Hamsterkäufe nach-

lassen, dürfte sich diese Zahl jedoch relativ rasch wieder stabilisieren.

Einseitige internationale Abhängigkeiten erweisen sich als Schwachstelle

Die Krise hat Eines gezeigt: Es sind nicht nur einzelne Länder, nicht nur einzelne Ziel-märkte betroffen. Einseitige Abhängigkeiten bei Lieferketten aus einzelnen Ländern sind schnell störanfällig und können abrupt weg-brechen. Das müssen viele Branchen gerade erleben, von Automotive über Maschinen-bau bis zur Medizintechnik.

Bundesregierung unterstützt Auslands-geschäfte bei Exportkreditgarantien

Während die ersten Hilfspakete und Sofort-hilfeprogramme der Regierung Unternehmen auf nationaler Ebene unterstützen sollten, nimmt man nunmehr auch das internationa-le Geschäft in den Blick. So wurde, wie in der Wirtschaftskrise 2008, eine Ausweitung der Hermeskreditgarantien beschlossen. Nähe-res hierzu lesen Sie unter „Finanzierung und Förderung“ auf Seite 20.

Dorothee Minne, Teamleiterin Branchen International, IHK Region Stuttgart

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Gastronomie

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NEU: Das Team Branchen International

Gewinner und Verlierer der Coronakrise.

Dorothee Minne

IHK Region Stuttgart

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14 | Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020 Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020 | 15

Indien | Länder und MärkteBranchen International

Der indische Markt ist geprägt von der jungen, digital sehr versierten Bevölke-rung (65 Prozent der Bevölkerung sind unter 35 Jahre alt). Traditionelle Strate-gien zum Marktein-tritt sind nicht nur in finanzieller und zeitlicher Hinsicht

intensiv, in Indien besteht auch die Gefahr, dass es zu einer Passungenauigkeit kommt zwischen den von deutschen Unternehmen angebotenen Produkten und den indischen Verbraucherpräferenzen (‚Product-Market-Fit). Genau hier setzt der ‚virtuelle Markt-eintritt‘ an: Er beinhaltet, den indischen Ab-satzmarkt mithilfe eines datengetriebenen Ansatzes zur Potenzialevaluierung und an-schließendem Vertrieb über digitale Kanäle (B2B- und B2C-E-Commerce) zu penetrie-ren. Durch weitaus schnellere, onlinebasier-te Kunden-Feedbackschleifen können somit Preispunkte und Produktmerkale rasch ite-riert und auf kulturelle Gegebenheiten und Kundenpräferenzen angepasst werden.

Moderne Technologien, die sich Big-Data-Ansätze sowie KI-Instrumente zunutze machen, können im Rahmen des virtuel-len Markteintritts eingesetzt werden, um auf der Grundlage von umfangreichen Marktdaten (zum Beispiel lokale Wett-

bewerbersortimente, lokale Verbraucher-trends, lokale Suchmaschinentrends etc.) passgenauere Markteintrittsstrategien zu entwickeln. Der Einsatz moderner Tech-nologien ermöglicht deutschen Unter-nehmen, den indischen Markt schneller, besser und kapitaleffizienter kennenzu-lernen. Außerdem hat der digitale Ansatz der Markterschließung zur Folge, dass ein besser abgestimmtes Produkt direkt aus Deutschland heraus mit vergleichsweise geringerem Mehraufwand für den indi-schen Markt entwickelt wird.

Sobald ein ‚Product-Market-Fit‘ besteht, können digitale Distributionswege dazu genutzt werden, Umsätze effizienter zu skalieren und die lokalen Verbraucher noch besser zu verstehen, bevor in eine indische Niederlassung und indisches Per-sonal investiert wird.

Warum ist Indien als Markt attraktiv?

Indien hat eine Bevölkerung von 1.3 Milliar-den Menschen und die digital sehr versierte Verbraucherbasis stellt einen attraktiven Markt für deutsche Unternehmen dar. Indi-en ist einer der am schnellsten wachsenden digitalen Märkte mit mehr als einer halben Milliarde Internetnutzer. In den vergange-nen Jahren hat die indische Regierung mit einer Reihe von Reformen diese Entwick-lung hin zu einer digitalen Wirtschaft noch deutlich unterstützt.

Indien hat außerdem die mithin billigsten mobilen Daten der Welt. Ein Gigabyte (GB) ist dort schon für 26 Cent zu haben – zum Vergleich: Der global Durchschnitt liegt bei 8,53 US-Dollar pro GB. Nach China belegt In-dien den zweiten Platz in der Handynutzung, Social-Media-Nutzung und App-Nutzung: 1,17 Milliarden Menschen nutzen Handys, 294 Millionen Menschen sind in sozialen Netzwerken aktiv, 12,3 Milliarden App-Downloads wurden verzeichnet. Die indische Bevölkerung verbringt außerdem die meis-te Zeit mit sozialen Netzwerken weltweit – mit 17 Stunden pro Woche durchschnittlich liegt sie damit noch vor China und den USA. So hat ein großer Teil der indischen Verbrau-cher binnen kurzer Zeit einen großen Sprung gemacht – von der analogen direkt hinüber zu einer hochdigitalisierten Mobile-First- Gesellschaft. Damit hängt zusammen, dass sich der Verbrauchermarkt sehr rasch verän-dert. Unternehmen müssen schnell sein, um sich diesem Markt immer wieder anzupassen.

Ihre IHK-Ansprechpartnerin

Sie haben Fragen zu Indien als Wirtschaftsstandort und Zielmarkt? Zu Indien und allen weiteren Länder-märkten beraten wir Sie gern. Kathrin Seitz Telefon 0711 [email protected]

Ressourcen schonen, zum Klimaschutz beitragen und mit leichteren sowie effizi-enteren Produkten einen Wettbewerbsvor-teil haben – all diese Mehrwerte können mit Leichtbau in einem Atemzug realisiert werden. Leichtbau bedeutet nicht nur die Substitution von schweren durch leichte Materialien, sondern auch das „Neu-Den-ken“ ganzer Produkte, um möglichst große Einsparungen zu realisieren.

Leichtbau kommt mittlerweile branchen-übergreifend zur Anwendung. Er umfasst alle Stufen im Produktlebenszyklus: vom Produktkonzept über Konstruktionsweisen bis hin zu neuen Werkstoffen. Als 100-pro-zentiges Landesunternehmen unterstützt die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg (Leichtbau BW) die Vermark-tung von Know-how im Leichtbau aus Ba-den-Württemberg. Mit 2.300 Unternehmen und über 300 Forschungseinrichtungen ist sie das wohl größte Leichtbau-Netzwerk der Welt. Als solches steht die Leichtbau BW auch im engen Austausch mit der Au-ßenwirtschaft der IHK Region Stuttgart zu Geschäftschancen und Investitionsmög-lichkeiten für die baden-württembergi-schen Unternehmen im Ausland.

Gut vorbereitet ins Ausland

Laut der aktualisierten Internationalisie-rungsstudie der Leichtbau BW liegen in den USA, Kanada und China wachsende Ziel-märkte für den Leichtbau. Um den Markt-eintritt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus Baden-Württemberg im Aus-land zu vereinfachen, gibt es mit der Reihe

„KMU@International“ verschiedene Ange-bote, etwa die Unternehmerreisen im Herbst 2020 nach Amerika und China. Im Fokus da-bei: Möglichst viele Kontaktmöglichkeiten mit potenziellen Kunden und lokalen Unter-nehmern – vor allem mit Entscheidern, mit denen man sonst nicht ins Gespräch kom-men würde. Zur Vorbereitung gibt es Coa-chings, bei denen Experten berichten, wie sich internationale Märkte erschließen las-sen, wie die Firmen im jeweiligen Zielmarkt

„ticken“ und welche Nachfrage es derzeit nach Leichtbautechnologien gibt.

Nordamerika

Erst zu Beginn des Jahres hat die Leichtbau BW auf Reisen

nach Kanada und Amerika Boeing besucht und an der größten Branchenkonferenz für Luftfahrtzulieferer an der US-Westküste, der PNAA-Konferenz, teilgenommen. Au-ßerdem pitchte die Leichtbau BW beim kanadischen Supercluster für Advanced Manufacturing (NGen) – mittlerweile ist so ein Netz aus über 840 Industriekontakten im Ausland entstanden.

China

Zum „Global Lightweight Summit“ in China, einer inter-

nationalen Leichtbaukonferenz mit den Partnern China Association of Automobile Manufacturers (sozusagen der chinesische VDA) und der China Society of Automotive Engineers, bietet die Leichtbau BW im No-vember eine Reise an. Dort trifft man auf die „Schwergewichte“ der chinesischen In-

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Der Leichtbau birgt zahlreiche Geschäftschancen für baden-württembergische Unternehmen – wir stellen Ihnen einige davon vor.

Was die digitale Entwicklung betrifft, so hat der junge indische Markt einige Zwischenschritte über-sprungen, die andere Länder wie Deutschland gegangen sind. Europäische Unternehmen müssen eben-falls einen Satz nach vorne machen, wenn sie auf diesem wachsenden Markt erfolgreich sein möchten.

Branchen InternationalVirtueller Markteintritt:

Indien mit minimalem Risiko als Markt erschließen

Shrestha Chowdhury,

ALFA Digital,

Düsseldorf/Neu Delhi

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dustrie: In den Vorjahren konnte man sich dort etwa mit Vertretern CRRC (der welt-weit größte Hersteller von Schienenfahr-zeugen), BAIC Group (Chinas viertgrößter Autokonzern) oder CSIC (Chinas größter Schiffsbauer) austauschen und wertvolle Kontakte knüpfen.

KMU-Inkubator China

Der KMU-Inkubator ist ein in dieser Form einzigartiges Angebot für den Markteintritt in China: Er unterstützt bei der Vorakquise von Kunden vor Ort in China und später bei der Einwerbung von lokalem Personal, bie-tet Finanzierungsmöglichkeiten und öffnet den Zugang zu einem breiten Netzwerk an chinesischen High-Tech-Unternehmen.

Showroom im Web

Der „Digital Showroom“ ist eine kostenlose Marketing-Plattform im Web, auf der ba-den-württembergische Unternehmen ihren internationalen Kunden ihr Know-how im Leichtbau in Kurzprofilen präsentieren.

Wie kann ich mitmachen?

Weitere Informationen zu den Auslands- angeboten der Leichtbau BW finden Sie unter: www.leichtbau-bw.de/international. Bei Interesse melden Sie sich bitte telefo-nisch bei der Leichtbau BW bei Nadja Rest unter Telefon 0711 128988-44.

Dr. Wolfgang Seeliger, Geschäftsführer der Landesagentur für

Leichtbau Baden-Württemberg

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Länder und Märkte | Virtueller Markteintritt Indien

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E-Commerce verzeichnet hohe Wachstums-raten in Indien, sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich. Den Unternehmen ist klar, dass der E-Commerce einer der stärksten Wachs-tumstreiber der nächsten Jahre sein wird, sodass sie ihre Vertriebskanäle frühzeitig da-rauf abstimmen wollen.

Die indischen Verbraucher verstehen

Nicht zuletzt durch den vorherrschenden Konsum von Inhalten auf sozialen Netzwer-ken ändern sich Verbraucherpräferenzen heutzutage schnell, schneller denn je. Es ist äußerst wichtig für Unternehmen, ihr Ge-schäftsmodell so zu gestalten, dass es die-sem schnellen Wandel standhält. Besonders wichtig ist es dabei, den Verbraucher zu ver-stehen. Das gilt besonders für Unternehmen, die den indischen Markt erschließen möch-ten, denn hier sind die Kunden im Durch-schnitt jünger und technisch versierter als in vielen anderen Ländern. Durch die Mobile-First-Prägung sind Trends und Präferenzen einerseits spezieller als andernorts, ande-rerseits auch weniger berechenbar und in schnellem Wandel begriffen.

Dies aber stellt die Geschäftsmodelle vieler etablierter Unternehmen infrage. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müs-

sen Unternehmen den „digitalen Puls“ ihrer Kunden näher und besser verfolgen und sich in Produkten und den zugehörigen Pro-duktentwicklungszyklen und Marketingstra-tegien schneller anpassen.

Als deutsches Unternehmen einsteigen

Der traditionelle Weg, um ein Produkt auf seine Tauglichkeit für einen bestimmten Markt zu testen, ist, Marktumfragen zu star-ten und Fokusgruppen-Interviews durchzu-führen. Viele Unternehmen investieren hier viel Zeit und Geld, steigen in den indischen Markt ein, eröffnen Läden und bauen Ver-triebswege auf – nur um dann festzustellen, dass das Produkt nicht zum Zielmarkt passt oder die Preisstrategie eine falsche war. Viel-leicht war auch die Zielgruppe falsch ge-wählt oder es gibt eine kulturelle Diskrepanz zwischen Produkt und Verbraucher, die nicht früh genug erkannt wurde.

Es gibt aber auch einige Erfolgsgeschichten aus den letzten Jahren, bei denen es Unter-nehmen gelungen ist, diese Diskrepanzen aufzulösen. Bosch liefert ein solches Beispiel: Das Unternehmen hat Waschmaschinen für

den indischen Markt entwickelt. Neben den bekannten Waschprogrammen gibt es eine Einstellung extra für Saris sowie eine Mon-sun-Einstellung.

Asian Paints, ein Farbenhersteller, verkauft in Indien neben großen Farbeimern auch winzige Farbendöschen in bunten Farben, die im Rahmen des Pola-Festivals von den Menschen in einigen ländlichen Regionen dazu benutzt werden, die Hörner der Ochsen zu bemalen bzw. die Türrahmen zu verzie-ren, wie es der Tradition entspricht. Ob das Unternehmen mit diesen kleinen Mengen Gewinn macht, sei dahingestellt. Fest steht: Der Marke hat dieser Schritt in Indien einen enormen Auftrieb gegeben. Asian Paints ist heute Marktführer und hält über 50 Prozent des Marktanteils in Indien.

Solche auf die Besonderheiten eines be-stimmten Markts angepassten Strategien werden heute zunehmend digitalisiert. Ange-sichts des wachsenden E-Commerce-Markts können Unternehmen in Deutschland sich das zunutze machen: Mit dem Ansatz eines virtuellen Markteintritts können sie ressour-censchonend und effektiv in den indischen

Markt eintauchen.

Virtueller Markteintritt: Test-&-Learn

Dank des virtuellen Markteintritts kön-nen Unternehmen die Passgenauigkeit ihrer Produkte in einem iterativen Test-&- Learn-Ansatz relativ schnell und relativ günstig erreichen – bei minimalem Risiko.

Dabei kommen jene Datenmengen zum Ein-satz, sowohl über Konsumenten, als auch über Konkurrenten, die über die verschiede-nen E-Commerce-Kanäle verfügbar sind. So können Unternehmen über gezielte Analy-sen aus Big Data und Machine-Learning-An-sätzen zielgerichtetes Wissen über ihre Kon-kurrenten sammeln: Welche Produktreihen gibt es, welche Preis- und Rabattstrategien werden genutzt, was sind ihre Bestseller und wie sieht ihr Consumer Branding aus? Diese Informationen wiederum helfen, den Markt für das eigene Produkt günstig und schnell zu testen. Unternehmen können herausfin-den, wie sie ihr Produkt wählen und plat-zieren müssen, sodass es möglichst gut vom Markt angenommen wird. Weiterhin erlau-ben die Analysen Rückschlüsse darauf, wel-che zusätzlichen Schritte gebraucht werden, um die bestmögliche Passung zu erreichen.

Virtueller Markteintritt in Zeiten der Corona-Krise?

Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Krise empfiehlt es sich, den ersten Schritt nach Indien virtuell zu begehen. Mit dem Lockdown des öffentlichen Lebens in

Indien wird erwartet, dass die ohnehin schon hohe Nutzung digitaler Ge-

schäftszweige noch viel stärker steigt. Dem gegenüber steht

ein stationärer Handel, der vorerst gehemmt ist.

Wann dieser wieder wachsen kann, ist

aus heutiger Sicht noch

nicht ab-

zusehen. Der virtuelle Markteintritt hingegen bietet auch in der aktuellen Ausnahmesitua-tion die Möglichkeit, bei reduziertem Risiko das indische Marktvorhaben weiterzuverfol-gen. Die Big-Data-getriebene Marktevaluie-rung kann auch im Lockdown sinnvolle und sehr detaillierte Ergebnisse über den indi-schen Markt für jeweilige Segmente liefern. Eine mögliche physische Präsenz vor Ort kann mit dem durch den virtuellen Markteintritt gesammelten Vorwissen dann im Anschluss an die Krise in Angriff genommen werden.

Aufgrund der hohen Populationsdichte sowie der sich noch entwickelnden medizinischen Pro-Kopf-Versorgung ist Indien besonders stark gefährdet, was eine schnelle Ausbrei-tung der COVID-19-Infektionen betrifft. Die derzeitige Regierung ist sich dessen bewusst und hat früh harte Maßnahmen ergriffen, die das Steigen der Fallzahlen stark eindämmen sollen. Ein Beispiel ist die am 25. März 2020 angeordnete und bis zum 3. Mai verlängerte 40-tägige Massenquarantäne von allen 1,3 Milliarden Indern. Es darf also gehofft wer-den, dass sich die Lage bis zum Sommer ver-gleichsweise erholt hat. Weiterhin fördert die indische Regierung in der aktuellen COVID-Krise den Gebrauch digitaler und kontaktlo-ser Kanäle und unterstützt die Lieferketten des E-Commerce, was auch im Nachgang zur Krise weiter verfolgt werden wird. Unserer Ansicht nach wird Indien trotz der Pande-

mie innerhalb der kommenden Dekade zu einem der weltweit größten Binnenmärkte heranwachsen.

Welche Unternehmen können das Konzept nutzen?

Das Konzept des virtuellen Markteintritts verbindet digitale Kompetenzen mit einem tiefgreifenden Wissen über den indischen Zielmarkt. Liegen diese Kompetenzen vor, können Unternehmen einen solchen virtuel-len Markteintritt eigenständig umsetzen. Wer auf hoch spezialisierte Technologien wie Big Data und KI setzen möchte, kann auch exter-ne Unterstützung beauftragen. ALFA Digital versteht sich hier als „verlängerte Werkbank“ der deutschen Partner für die digitale Trans-formation und den virtuellen Markteintritt in Indien. Dabei ist wichtig, dass die auf das je-weilige Unternehmen zugeschnittenen Tech-nologielösungen für die Nutzer so umgesetzt werden, dass sie signifikanten und messbaren Nutzen kreieren. Die Größe des Unterneh-mens spielt dabei eine untergeordnete Rol-le: Da die Instrumente individuell anpassbar sind, können Unternehmen sowohl kleinere wie größere virtuelle Schritte auf den indi-schen Markt unternehmen.

Shrestha Chowdhury, Managing Partner bei ALFA Digital

[email protected]

Um Sie in Ihrem Auslandsgeschäft umfassend zu ein-zelnen Zielmärkten beraten zu können, haben wir das Serviceangebot in

der Abteilung Außenwirtschaft der IHK Region Stuttgart neu strukturiert.

Gern steht Ihnen das Team Länder & Märkte bei Ihren Fragen beratend und informierend zur Seite. Ihre IHK-Ansprechparterin Barbara EffenbergerTeamleiterin Länder & Märkte Telefon 0711 [email protected]

Das Team Länder & Märkte der IHK Region Stuttgart

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COVID-19: Fokus auf internationale VerträgeAuch grenzüberschreitende Vertragsbeziehungen sind vom Coronavirus betroffen. Sie stellen die Beteiligten vor besondere Herausforderungen. Unser Beitrag gibt Ihnen Hinweise zur Orientierung.

Die Serie „Rechtssicher auf Auslandsmärkten“ informiert über rechtliche Anforderungen und steuer- rechtliche Aspekte im Auslandsgeschäft sowie Länder- risiken und -chancen.

Ihre IHK-Ansprechpartner zu internationalem Wirtschaftsrecht und internationaler Handelspolitik

Silke Helmholz Telefon 0711 [email protected]

Matthias Führich Telefon 0711 [email protected]

Nicht nur die deutsche Binnenwirtschaft steht vor riesigen Her-ausforderungen, auch internationale Geschäfte sind massiv durch das Coronavirus beeinträchtigt. Denn auch Maßnahmen in anderen Ländern können sich in Deutschland negativ auswirken, von Um-satzeinbußen bis hin zum Zusammenbruch von Lieferketten. Viele grenzüberschreitende Dienstleistungen können nicht erbracht wer-den, weil viele Grenzen für den Personenverkehr geschlossen sind.

Hinzu kommt: Eine internationale Komponente macht Probleme oft noch komplizierter, zum Beispiel, weil ermittelt werden muss, ob deutsche oder ausländische Regeln gelten. Und wenn Letzteres der Fall ist, hat man es zu allem Überfluss auch noch mit einem unbekannten, unvertrauten Regelwerk zu tun.

Einige Hinweise sind aber in fast allen Fällen coronabedingter Pro-blemstellungen hilfreich.

Was sagt der Vertrag?

Zuerst sollten Sie den Vertrag genau lesen. Zum einen kann dort geregelt sein, welches Recht anwendbar ist, und an welchem Ort eventuelle Rechtsstreitigkeiten verhandelt werden. Zum anderen enthält er möglicherweise Regelungen, die für die aktuelle Situ-ation gemacht sind. Solche Klauseln werden, gerade in englisch-sprachigen Verträgen, häufig als „Force Majeure“- bzw. Höhere-Gewalt-Klauseln bezeichnet. Ihre genaue Lektüre lohnt sich. In einigen Fällen sind Epidemien/Pandemien sogar ausdrücklich auf-gelistet in einer Aufzählung von Ereignissen, die nach dem Willen der Parteien als Höhere Gewalt gelten sollen.

Bei allen Unterschieden haben alle Force-Majeure-Klauseln doch Eines gemeinsam: nur Ereignisse, die bei Vertragsschluss weder be-kannt noch vorhersehbar waren, gelten als Höhere Gewalt.

Der Beleg von heute ist der Beweis von morgen

Wenn Sie eine Leistung erbringen müssen, dies aber wegen der aktu-ellen Pandemie nicht (rechtzeitig) möglich ist, dann müssen Sie dies im Streitfall belegen können. In fast allen Gesetzen und Vertrags-klauseln, die sich mit Unmöglichkeit oder Höherer Gewalt befassen, gibt es eine klare Verteilung der Pflichten: Diejenigen, die sich auf die Höhere Gewalt als Leistungshindernis berufen, müssen beweisen, was genau passiert ist und wie genau es kausal für die Leistungsstö-rung wurde. Eine gute Dokumentation ist also sehr wichtig.

Kommunikation ist genauso wichtig wie in normalen Zeiten

Viele Force-Majeure–Klauseln in Verträgen, viele gesetzliche Rege-lungen und letztlich auch das Gebot der Fairness bestimmen, dass die andere Vertragspartei so bald wie möglich von den Leistungs-hindernissen erfährt. Dies kann ihr zum Beispiel dabei helfen, den

Schaden zu minimieren. Denken Sie auch hier an eine gute Doku-mentation – ein bloßes Telefonat ist im Zweifel keine gute Idee.

Nationale Regelungen

Wenn der Vertag das Thema „Höhere Gewalt“ nicht regelt und aus-ländisches Recht gilt, müssen Sie sich mit den entsprechenden Vor-schriften vertraut machen. Hier ein kurzer Einblick in wichtige Rege-lungen in der Schweiz, Frankreich und dem Vereinigten Königreich:

• In der Schweiz dürften viele coronavirusbedingte Leistungsstö-rungen unter Artikel 119 des schweizerischen Obligationenrechts fallen: Wenn durch Umstände, die der Schuldner nicht zu ver-antworten hat, seine Leistung endgültig unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen. Ausnahme: der Schuldner war bei Eintritt der Unmöglichkeit bereits im Verzug. Wenn die Ge-genleistung schon erbracht wurde, muss sie zurückgegeben wer-den, wenn sie noch nicht erbracht wurde, kann sie nicht mehr beansprucht werden. Ausnahme: Der Gläubiger hat die Gefahr eines zufälligen Untergangs zu tragen. Für eine vorübergehen-de Unmöglichkeit gelten die Verzugsregeln in den Artikeln 102 ff. des Obligationenrechts.

• Im Recht von England und Wales gibt es keine gesetzliche Rege-lung der Höheren Gewalt. Wenn es auch keine vertragliche Re-gelung gibt, ist man auf das Richterrecht angewiesen, genau-er gesagt auf die Doktrin der „Frustration of Contract“. Sie gilt, wenn, ohne dass eine Vertragspartei ein Verschulden träfe, äuße-re Ereignisse nach Vertragsschluss dazu führen, dass der dem Ver-trag zugrundeliegende Zweck nicht mehr erreicht werden kann. Das kann der Untergang einer geschuldeten Sache sein, die Un-möglichkeit der Einreise eines bestimmten Künstlers bei einer be-stimmten Aufführung, oder auch der Umstand, dass eine kon-krete, vertraglich vereinbarte Handlung illegal wird. Wenn die Doktrin der Frustration Anwendung findet, beseitigt sie den Ver-

trag in Gänze. Ein Gericht hätte nicht das Recht, den Vertrag ab-zuändern und an die neue Situa-tion anzupassen. Vielmehr fallen

„ab sofort“ sämtliche gegensei-tigen Verpflichtungen ersatzlos weg, eventuell schon erbrachte Leistungen können im Regelfall zurückgefordert werden.

• Das französische Recht regelt in Artikel 1218 des Code Civil: wenn ein Ereignis außerhalb der Gewalt des Schuldners liegt und diesen an der Vertragserfüllung hindert, kann Force Majeure vorliegen. Das Ereignis muss unvorhersehbar gewesen sein und seine Fol-gen müssen unabwendbar sein. Französische Gerichte sind bei der Auslegung dieser Anforderungen streng. Handelt es sich um eine dauerhafte Unmöglichkeit, beendet das französische Recht den Vertrag. Ist das Hindernis nur vorübergehend, wird er ledig-lich suspendiert. Neben diesen Rechtsgrundsätzen gibt es außer-dem Regelungen für eine Störung der Geschäftsgrundlage, in denen die Leistung nicht unmöglich, sondern nur erheblich er-schwert wird.

Für diese und viele andere Länder hat Germany Trade & Invest die nationale Rechtslage rund um die Themen „Höhere Gewalt und Unmöglichkeit“ zusammengestellt. Sie finden die Sammlung dem QR-Code bzw. unter diesem Link: www.gtai.de/coronavirus-und-

vertraege. Die Auswirkungen der aktuellen Störungen auf den Warenverkehr beleuchtet unser Zollbereich unter www.gtai.de/zoll.

Karl Martin Fischer, Rechtsexperte der Germany Trade and Invest, www.gtai.de

Karl Martin Fischer, GTAI

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Finanzierung, Förderung und Ausschreibungen

Finanzierung, Förderung und Ausschreibungen

Ausdehnung der Exportkreditversicherungen auf OECD-Länder

Regionalseite

Die staatlichen Exportkreditgarantien sind ein wichtiges und alt-bewährtes Außenwirtschaftsförderinstrument der Bundesregie-rung. Sie sichern Exporteure gegen wirtschaftlich oder politisch bedingte Forderungsausfälle ab und sind vielfach Grundlage für die Finanzierung eines Exportgeschäfts durch Kreditinstitute.

Die „Hermesdeckungen“ kommen aber regulär nur für Exportge-schäfte infrage, für die die private Versicherungs-Wirtschaft keine Absicherungsangebote macht (sogenannte nicht-marktfähige Ri-siken). Das heißt, dieses Instrument wird primär für Lieferungen in Nicht-OECD-Länder (Entwicklungs- und Schwellenländer) einge-setzt, um so die Markterschließung zu unterstützen. Bei Exporten in OECD-Länder, darunter auch EU-Mitgliedsländer spricht man von marktfähigen Risiken: Es existieren genügend Absicherungs-produkte der private Exportkreditversicherer.

Gerade in unsicheren Zeiten wie etwa in der Finanzkrise 2008 sowie in der gegenwärtigen Coronakrise nehmen die Herausfor-derungen bei Warenkreditversicherungen für Unternehmen aller-dings zu. Die IHK-Organisation hat daher bei der Bundesregierung, insbesondere beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) sowie auch Bundesfinanzministerium (BMF), darauf gedrungen, Rege-lungen aus der Finanzmarktkrise 2008 zur Aufrechterhaltung des Schutzes für deutsche Unternehmen auch für die aktuelle Coro-nakrise wieder aufzugreifen.

Ein erster Schritt in dieser Sache wurde jetzt erfolgreich umgesetzt: Das BMWi hat im Einvernehmen mit dem BMF beschlossen, dass ab sofort Exportgeschäfte zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen (bis 24 Monate) auch innerhalb der EU und in bestimmten OECD-Ländern mit staatlichen Exportkreditgarantien des Bundes abge-sichert werden können. Somit wurde eine Möglichkeit geschaffen, schnell zu reagieren, sollten sich private Exportkreditversicherer aufgrund der Coronapandemie zurückziehen. Begünstigte Länder sind neben der EU auch Australien, Island, Japan, Kanada, Neu-seeland, Norwegen, Schweiz, USA und das Vereinigte Königreich. Die erweiterten Deckungsmöglichkeiten sind zunächst bis zum 31. Dezember 2020 befristet.

Die IHK hält Sie über weitere Anpassungen auf dem Laufen-den. Eine FAQ-Übersicht zu den staatlichen Absicherungs-möglichkeiten wurde auf folgendem Webportal hinterlegt: www.agaportal.de.

Zudem stehen Unternehmen in Baden-Württemberg die Firmenberater der staat-lichen Exportkreditgarantien zur Verfü-gung. Ihre Ansprechpartner erreichen Sie wie folgt: Bernd-Georg Wieczorek, Tele-fon: 0175 7243814, E-Mail: bernd-georg. [email protected] sowie Felix Brücher, Telefon: 0171 2242613, E-Mail: [email protected].

In Hamburg wurde eine Corona-Taskforce eingerichtet. Hier steht Ihnen eine Hotline zur Verfügung unter Telefon 040 88349509. Per E-Mail können Sie sich an [email protected] wenden.

Thomas Bittner, IHK Region Stuttgart

Projekt- und Ausschreibungs- recherchedienst GTAI

Aus den Ausschreibungsbekannt- machungen ergeben sich vielfältige Geschäftschancen – nutzen Sie diese.In Kooperation mit Germany Trade & Invest (GTAI) bietet die IHK Region Stuttgart ihren Mitgliedsunternehmen die Möglichkeit, sich in einer Übersicht über aktuelle Projekte und Ausschrei-bungen im Ausland zu informieren.

Mehr dazu finden Sie auf unserer Webseite unter www.stuttgart.ihk.de Nr. 676362

Ihr IHK-Ansprechpartner

Thomas BittnerTelefon 0711 [email protected]

Die Region Stuttgart und die Ukraine stärken ihre Zusammenarbeit im persönlichen Austausch

Beim Besuch ukrainischer Führungskräfte im Rahmen des Managerfortbildungsprogramms der IHK Region Stuttgart wurden zahlreiche Kontakte geknüpft und sogleich auch konkrete Verträge geschlossen. Was die Ukraine als Zielmarkt attraktiv und für ihn persönlich bedeutsam macht, erläutert einer der Gastgeber, Willi Prettl von der Prettl Holding in Pfullingen und seit März Honorarkonsul des Landes.

Es war bereits die dritte Delegation, die im Rahmen des Manager-fortbildungsprogramms (MP) Stuttgart und die Region besucht hat: Vom 17. Februar bis 13. März 2020 waren fünfzehn ukrai-nische Führungskräfte in Stuttgart zu Gast zu einem individuell zusammengestellten Programm. Das MP, ein vom Bundesministe-rium für Wirtschaft und Energie (BMWi) finanziertes und von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) realisiertes Programm, dessen Ausführungspartner die IHK Region Stuttgart ist, bringt deutsche und ausländische Geschäftsleute zusammen, um Wirtschaftskooperationen zu fördern.

Nach spezifischen Trainings – unter anderem zu den Themen Verhandlungsführung und interkulturelles Management – konnten sich die ukrainischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der IHK Region Stuttgart zu den Themen Internationaler Wa-renverkehr, Internationale Ausschreibungen sowie zum Freihan-delsabkommen EU-Ukraine informieren.

Sodann wurden, abgestimmt auf die Wünsche der ukrainischen Gäste, individuelle Termine und Gruppentermine bei Unterneh-men des Kammerbezirks ver-einbart. Die Gruppe konnte so Einblick in zehn Unternehmen gewinnen und Gespräche vor Ort führen. Ergänzend organisierte die Kammer mehr als fünfzig in-dividuelle Termine zwischen den Unternehmen aus der Ukraine und jenen aus dem Kammerbe-zirk und Baden-Württemberg.

„Besonders gefreut hat mich, dass

Tobias Meyer,

Teamleiter Projekte

Das Team Projekte der IHK Region Stuttgart

Das Managerfortbildungspro-gramm (MFP) des Bundesmi-nisteriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) ist eines der Projekte, das die IHK Region Stuttgart in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen regelmäßig durchführt. Wei-tere Informationen finden Sie unter www.stuttgart.ihk.de.

Gern informieren und beraten wir Sie zu diesem und weite-ren IHK-Projekten.

Ihr IHK-Ansprechparter

Tobias Meyer, Teamleiter Projekte Telefon 0711 2005-1474, [email protected]

Willi Prettl, Honorarkonsul für die

Ukraine und Gesellschafter der

Prettl Holding

sich schon während dieser Besuche konkrete Kooperationen vereinbaren ließen. Drei ukrainische Unternehmen haben direkt Verträge schließen können“, berichtet Tobias Meyer, Leiter des Teams Projekte der IHK Region Stuttgart.

Ein Unternehmensbesuch führte die Teilnehmenden zur Prettl Produktions Holding GmbH nach Pfullingen. Die Unterneh-mensgruppe ist in den fünf Segmenten Automobilindustrie, Energie, Elektronik, Komponenten & Systeme sowie Strategic build-up aktiv und in mehr als 25 Ländern vertreten.

Prettl befindet sich in privatem Besitz und wird von den Brü-dern Rolf und Erhardt Prettl geleitet. Willi Prettl war es, der die Teilnehmenden beim Unternehmensbesuch persönlich begrüßte

– für ihn ein wichtiges Anliegen, denn ihn verbindet viel mit der Ukraine. Seit März 2020 ist er Honorarkonsul für die Ukraine in Baden-Württemberg. Als solcher vertritt er ehrenamtlich die Interessen der Ukraine und der ukrainischen Staatsbürger in Baden-Württemberg. Barbara Effenberger, Teamleiterin Länder und Märkte der IHK Region Stuttgart und Osteuropa-Expertin, hat ihn zu seiner persönlichen Beziehung zur Ukraine befragt.

Willi Prettl: Prettl und die Ukraine verbindet eine lange Tradition: Wir waren vor zwanzig Jahren wirklich eines der ersten deutschen

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Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020 | 2322 | Außenwirtschaft aktuell 05–06 / 2020

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Kurz vor Schluss

Südafrika – das Land mit den drei Hauptstädten

Südafrika ist in vielerlei Hinsicht ein spannendes und aufregendes Land. Zwischen zwei Ozeanen gelegen, ist es mit rund 60 Millio-nen Einwohnern und drei Hauptstädten sowohl für Touristen als auch für Investoren eine beliebte Destination.

Wieso drei Hauptstädte? Als die Briten und Holländer im 18. Jahr-hundert Südafrika kolonialisierten, wurde das Land in vier Provin-zen aufgeteilt. Die Säulen der Gewaltenteilung wurden damals auf verschiede Städte verteilt, um die Machtverhältnisse zu dezentra-lisieren. Der Sitz der Legislative ist Bloemfontein, die Legislative ist in Kapstadt und Pretoria ist die Hauptstadt der Exekutive. Die Re-gion um Pretoria ist besonders für die Wirtschaft ein interessan-ter Standort. Bereits Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Provinz Gauteng aufgrund ihrer Goldvorkommen weltweit bekannt und galt lange Zeit als eines der größten industriellen Regionen der südlichen Halbkugel. Die Stadt Johannesburg, Provinzhauptstadt Gautengs und auch bekannt als „Gold Capital of the World“ war die Quelle des nationalen wirtschaftlichen Booms.

Johannesburg ist auch heute das Wirtschaftshub Südafrikas und gleichzeitig größte Stadt des Landes. Auch die deutsche Wirtschaft ist sehr präsent. Die deutsche Auslandshandelskam-mer für das südliche Afrika (AHK Südliches Afrika) hat insge-samt sechs Büros, in Südafrika gibt es Standorte in Johannes-burg, Kapstadt und Durban. Weitere Büros sind in Mosambik, Simbabwe und Sambia zu finden. Die AHK unterstützt heute rund 600 Mitgliedsunternehmen.

Arbeiten im IHK-AHK-Netzwerk

Als Teil des weltweiten Netzwerks deutscher Auslandshandelskammern vertritt die AHK Südliches Afrika die deutschen Interessen und ist Partner für die Wirtschaftsförde-rung. Darüber hinaus können die AHKs einzelne Bundesländer verstärkt vertreten. Am Standort Johannesburg sind dies seit 2007 Bayern und seit 2019 Thüringen und Baden-Württemberg. Des Weiteren hat die AHK Südliches Afrika verschiedene Kompe-tenzzentren, die sich mit Themenschwer-punkten zielgerichtet an den Märkten ori-entieren. So sind die Themen Erneuerbare Energien und Wasser am Regionalbüro in Kapstadt angesiedelt, während man die Ex-

pertise zu Lebensmittel- und Land-maschinen, Abfallwirtschaft und Recycling in Durban findet.

Durch die enge Partnerschaft mit den Industrie- und Handels-kammern in Deutschland können Mitgliedsunternehmen, die noch in Deutschland oder sogar bereits in Afrika sind, umfassend über Afrikageschäfte und -potenzia-le beraten werden. Auch die IHK Region Stuttgart steht in engem Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen in Südafrika. Dazu gehört neben dem fachlichen Austausch auch immer wieder der persönliche Kontakt bei gemeinsamen Projekten – so etwa im Rahmen von Unternehmerreisen, Auslandsstagen oder gemein-sam organisierten Veranstaltungen auf beiden Welthalbkugeln.

Im Herbst 2019 durfte ich eine Stage in Johannesburg absolvieren und nehme neben starken Eindrücken von diesem besonderen Land und seiner Geschichte auch viele Einblicke in die südafrikanische Wirtschaft und die lebendige Zusammenarbeit der AHK mit Baden-Württemberg, insbesondere der IHK Region Stuttgart, mit.

Thu-An Dao, IHK Region Stuttgart

Rund 600 Mitgliedsunternehmen werden von der deutschen Auslandshandelskammer Südliches Afrika unterstützt. Eine Stage bot einen persönlichen Einblick in die deutsch-südafrikanische Zusammenarbeit.

Thu-An Dao, IHK Region Stuttgart

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Unternehmen in der Ukraine. Mit meinem Amt möchte ich diesem tollen Land mit seinen wundervollen Menschen helfen.

Was ist Ihr erstes Anliegen als Honorarkonsul?

Neben der allgemeinen Pflege der Beziehungen der beiden Länder steht für mich die wirtschaftliche Zusammenarbeit an einer ganz wichtigen Stelle. Bisher muss in der Industrie ein Großteil der Komponenten in die Ukraine importiert werden. Dies ist jedoch auf Dauer nicht wirtschaftlich. Mir ist es deshalb ein Anliegen, deutsche Unternehmen bzw. Investoren für das Land zu gewinnen.

Sie waren Anfang März Gastgeber der ukrainischen Gruppe des Managerfortbildungsprogramms. Vielen Dank für Ihren Einsatz. Trägt dieses Programm aus Ihrer Sicht zur Zusam-menarbeit beider Länder bei?

Das ist mit Sicherheit so – und deshalb habe ich mich sehr gern bereit erklärt, die Delegation in unser Unternehmen einzuladen und ihnen unsere Arbeit nahezubringen. Dieser Austausch ist in meinen Augen sehr wichtig: Gemeinsam können wir neue Ideen generieren.

Wie beurteilen Sie persönlich den Wirtschafts-standort Ukraine?

Für uns ist das ein guter Standort: Mit Automo-tive und weißer Ware als Hauptgeschäft laufen unsere Geschäfte in der Ukraine sehr zufrieden-stellend.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Heraus-forderungen für deutsche Firmen vor Ort?

Unternehmen, die in der Ukraine aktiv wer-den möchten, müssen wissen, dass es her-ausfordernd sein kann, qualifiziertes Personal zu finden. Auch die Situation vor Ort richtig einzuschätzen, erfordert einiges Wissen und Fingerspitzengefühl und insbesondere Einfüh-lungsvermögen in die ukrainische Kultur.

Herr Prettl, wir danken Ihnen herzlich für das Interview.

Das Gebäude der AHK in Johannesburg, einer von sechs Standorten im südlichen Afrika.

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