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AnalysisZweite Auflage
Vortragender: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.
Grabner Peter
Mitschrift von: Kloner Christoph
19. Juli 2018
Vorwort zur zweiten Auflage
Nach mehrmaligem Korrekturlesen, habe ich mich dazu entschlossen, eine zweiteAuflage zu verfassen. Ich habe nahezu jede Grafik uberarbeitet. Daruber hinaushabe ich gravierende Anderungen am Layout vorgenommen.Einen großen Dank mochte ich Frau Kropiunig Julia aussprechen, fur die Kor-rekturen zu Teil 3. Mit ihrem hohen mathematischen Konnen und ihrem un-ermudlich-wachsamen Auge war es ihr moglich, sehr viele Fehler zu finden. So-wohl banale Tippfehler, als auch komplexe Fehler mathematischer Art.Außerdem mochte ich auch Herrn Prokop Lukas BSc, BSc danken fur seine Un-terstutzungen im Bereich LATEX und dessen Feinschliff.So zeitaufwandig und kraftezehrend die Uberarbeitung war, so zufrieden bin ichnun mit dem Ergebnis.Fehler, egal ob es sich um Tippfehler handelt, Fehler in der Deutschen Spracheoder sogar Fehler mathematischer Natur, bleiben leider nicht aus. Fur Anmer-kungen bezuglich gefundener Fehler, Ungenauigkeiten oder Inkonsistenzen binich sehr dankbar.
Gratkorn, Juli 2017 Kloner Christoph
I
Vorwort zur ersten Auflage
Diese Vorlesung ist gesplittet in drei Teile und behandelt die reelle Analysis.Inhalt dieser Vorlesung ist der Stoff der Analysiskurse des ersten bis drittenSemesters an Osterreichischen Universitaten.Daruber hinaus ist der Stoff sehr stark angelehnt an die Bucher
”Analysis 1”
und”Analysis 2” von Herrn Professor Dr. Konrad Konigsberger.
Es finden sich beispielsweise einfache Differentialgleichungen, Fourierreihen, Stamm-funktion und Integrationstechniken, sowie Differentiation von Kurven. Erganzenddazu sind zahlreiche Beispiele, Aufgaben und historische Anmerkungen.Gegen Ende wird ein besonderes Augenmerk auf mehrdimensionale Differential-und Integralrechnung gelegt.Die Differentialrechnung wird, aufbauend auf dem Konzept der linearen Appro-ximation, zunachst fur Funktionen auf Gebieten in einem Rn und dann koordina-tenfrei fur Abbildungen auf Gebieten in einem endlich-dimensionalen normiertenRaum entwickelt. In der Integralrechnung bringen wir das Lebesgue-Integral, danur dieses eine leistungsfahige Theorie zur Vertauschung von Integration undGrenzwertprozessen ermoglicht. Die vorliegende Einfuhrung scheint in der Lehr-buchliteratur neu zu sein. Das fur Treppenfunktionen elementar erklarte Integralwird fortgesetzt auf die Klasse derjenigen Funktionen, die sich beliebig genaudurch Treppenfunktionen approximieren lassen, wobei als Approximationsmaßdie L1-Halbnorm dient, die wir ohne Zuhilfenahme des Integrals fur alle Funk-tionen auf dem Rn definieren.Großen Dank mochte ich Herrn Michael Julius Preischl B.Sc. M.Sc., fur seinezahlreichen Tipps, seine Zeit und seine Geduld fur all meine anfanglichen Fragenzu LATEX aussprechen.Des weiteren mochte ich Herrn Valentin Havlovec, Herrn Johannes Krondorferund Herrn David Prasent danken, die mir maßgeblich dabei geholfen haben,diese Mitschrift zu vervollstandigen.Zuletzt mochte ich noch einen großen Dank an Herrn Professor Dipl.-Ing. Dr.techn.Grabner Peter aussprechen, der mir sowohl bei Fragen zum Stoff geholfen hat,als auch bei Fragen zu LATEX mit Rat und Tat zur Seite stand.
Gratkorn, Dezember 2017 Kloner Christoph
II
Inhaltsverzeichnis
I Analysis 1 10.1 Naive Mengenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2 Die naturlichen Zahlen und vollstandige Induktion . . . . . . . . 100.3 Ordnung auf N0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130.4 Einige einfache Abzahlaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1 Aufbau des Zahlensystems 211.1 Die Reellen Zahlen: R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.2 Axiome der Ordnung auf R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221.3 Intervalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251.4 Supremum und Infimum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271.5 Die komplexen Zahlen C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321.6 Reelle und komplexe Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361.7 Polynome (Polynomfunktionen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371.8 Polynomdivision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381.9 Nullstellen von Polynomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391.10 Erweiterung der Definition des Binomialkoeffizienten . . . . . . . 401.11 Rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431.12 Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2 Folgen, Reihen, Grenzwerte 482.1 Rechenregeln fur Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512.2 Haufungspunkte (Haufungsweite) von Folgen . . . . . . . . . . . 572.3 Uneigentliche Grenzwerte, beziehungsweise Haufungspunkte . . . 622.4 Bemerkungen zur Vollstandigkeit von R (beziehungsweise C) . . 652.5 Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652.6 Alternierende Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682.7 Reihen mit beliebigen Gliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 702.8 Absolute Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 712.9 Summierbare Familien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 792.10 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
3 Stetige Funktionen 963.1 Normale Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1033.2 Eigenschaften stetiger Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1063.3 Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1093.4 Grenzwerte von Funktionen und stetige Fortsetzung . . . . . . . 115
3.4.1 Rechenregeln fur Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . 1173.5 Einseitige und uneigentliche Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . 119
4 Elementare Funktionen 1224.1 Die Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
4.1.1 Eigenschaften von R→ R . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1264.2 Der naturlich Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274.3 Exponentialfunktion und Logarithmus mit beliebiger Basis . . . . 1274.4 Die Binomische und Logarithmische Reihe . . . . . . . . . . . . . 130
4.4.1 Bestimmung von Logarithmen . . . . . . . . . . . . . . . 132
III
4.5 Trigonometrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1334.6 Polarkoordinaten in R2 und C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1414.7 Wurzelziehen in C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424.8 Exponentialfunktion und Logarithmus in C . . . . . . . . . . . . 1434.9 Hyperbelfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1484.10 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
5 Differentialrechnung von Funktionen einer Variablen 1525.1 Entwicklung der Differentialrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 162
II Analysis 2 174
6 Hohere Ableitungen und der Satz von Taylor 179
7 Konvexe Funktionen 1857.1 Eine stetige nirgends differenzierbare Funktion . . . . . . . . . . 193
8 Stammfunktion 195
9 Diskussion von Funktionen (Kurvendiskussion) 196
10 Integralrechnung 19910.1 Integrationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
10.1.1 partielle Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21310.1.2 Substitutionsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21710.1.3 Logarithmische Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
10.2 Algorithmisches Bestimmen von Stammfunktionen . . . . . . . . 21810.3 Integration von normal konvergenten Reihen . . . . . . . . . . . . 22510.4 Das Integral von Riemann; das Riemann-Integral . . . . . . . . . 22710.5 Das Integralrestglied in der Taylorformel . . . . . . . . . . . . . . 24110.6 Die Euler-MacLaurin’sche Summenformel . . . . . . . . . . . . . 242
11 Die Bernoulli-Polynome 244
12 Gleichmaßige Konvergenz 258
13 Metrische Raume und Topologie 27013.1 Lage von Punkten zu einer Menge . . . . . . . . . . . . . . . . . 27613.2 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27913.3 Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28013.4 Der Fixpunktsatz von Banach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
14 Die Gamma-Funktion 296
15 Kurven 30515.1 Bogenlange von parametrischen Kurven . . . . . . . . . . . . . . 30615.2 Bogenlange von Funktionsgraphen, Volumen und Oberflache von
Rotationskorpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31015.2.1 Rotationskorper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310
15.3 Die Guldin’schen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
IV
15.3.1 Erste Guldin’sche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31415.3.2 Zweite Guldin’sche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
15.4 Die Leibniz’sche Sektorformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31515.5 Krummung ebener Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32015.6 Frenetsche Formeln und Hauptsatz der Kurventheorie . . . . . . 321
15.6.1 Evoluten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32215.7 Raumkurven in R3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32415.8 Krummung und Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
16 Funktionen in mehreren Variablen 32816.1 Ein wenig Topologie des Rd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32916.2 Hohere Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34016.3 Taylor Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34216.4 Differenzierbare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
III Analysis 3 34716.5 Der Laplace-Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35016.6 Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35116.7 Der Hauptsatz uber implizite Funktionen . . . . . . . . . . . . . 35616.8 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . 358
17 Differentialgeometrie der (Hyper-)Flachen 36217.1 Die Dupinsche Indikatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36617.2 Die Gaußsche Krummung und die mittlere Krummung . . . . . . 36717.3 Parallelverschiebung von Vektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 36717.4 Geodatische Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37017.5 Vektorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37317.6 Abbildungen zwischen Flachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37717.7 Theorema egregium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38017.8 Bestimmung von Oberflachen - skalare Flachenintegrale . . . . . 38517.9 Minimalflachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38717.10Krummung von Flachenkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388
18 Der Satz von Stone-Weierstraß 390
19 Fourier-Reihen 39519.1 Dirichtletsche Konvergenztheorie der Fourier-Reihen . . . . . . . 40419.2 Besselsche Theorie der Fourier-Reihen . . . . . . . . . . . . . . . 41019.3 Die Poissonsche Summenformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417
20 Parameterintegrale 42120.1 Ein wenig uber Variationsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 428
21 Mehrdimensionale Integralrechnung 43421.1 Jordan-Messbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44221.2 Normalbereich in hoheren Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . 449
V
22 Vektorfelder, Kurven-/Oberflachenintegrale und Integralsatze45622.1 Skalare Oberflachenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45622.2 Kurvenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45922.3 Bemerkungen zu skalaren Oberflachenintegralen . . . . . . . . . . 46622.4 Der Integralsatz von Gauß in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . 46822.5 Oberflachenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47422.6 Der Integralsatz von Stokes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47822.7 Der Integralsatz von Gauß im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . 48022.8 Alternierende Differentialformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487
VI
Teil I
Analysis 1
1
Begriffe
• Aussage: Satz, der wahr oder falsch sein kann
• Logik: beschaftigt sich mit Aussagen und Verknupfungen von Aussagen
Verknupfungen
• Konjunktion: A und B ... A ∧ B
• Disjunktion: A oder B ... A ∨ B
• Negation: nicht A ... ¬A
• Subjunktion:”Wenn A, dann B”... A → B
• Bijunktion:”Genau dann A, wenn B gilt”... A ↔ B
Veranschaulichung durch die Wahrheitstafel
A B A ∧ B A ∨ B A → B A ↔ Bw w w w w ww f f w f ff w f w w ff f f f w w
Bemerkung 1.
• Wenn A → B als wahr angenommen wird (A → B immer wahr), dann schreibtman statt →, einen ⇒.(Doppelpfeil impliziert Wahrheitsgehalt und muss nicht weiter uberpruft werden).
• Wenn A und B immer wahr sind, schreibt man statt ↔, einen ⇔.
• Es gilt A ⇒ B = (¬A)∨ B
Begriffe
• Tautologie: Aussage, die immer wahr ist(z.B.: A ∨ (¬A)
)• Kontradiktion: Aussage, die immer falsch ist
(z.B.: A ∧ (¬A)
)Rechenregeln der Logik
Uberprufung durch Wahrheitstafeln
A ∧B ⇐⇒ B ∧A(A ∧B) ∧ C ⇐⇒ A ∧ (B ∧ C)
A ∨ (B ∧ C) ⇐⇒ (A ∨B) ∧ (A ∨ C)
A ∧ (B ∨ C) ⇐⇒ (A ∧B) ∨ (A ∧ C)
2
Vorrangregeln
• Und (∧) ist starker als Oder (∨)
• Klammer ist starker als Und
• Negation (¬) ist starker als Klammer
Bemerkung 2.
(A ∧B) ∨ (C ∧D) ⇐⇒ A ∧B ∨ C ∧D(A ∨B) ∧ (C ∨D) ⇐⇒ A ∧ C ∨A ∧D ∨B ∧ C ∨B ∧D
Gesetze von De Morgan
¬(A ∨B) ⇐⇒ (¬A) ∧ (¬B)
¬(A ∨B) ⇐⇒ (¬A) ∨ (¬B)
Schlussregeln
• Ableitungsregel: A ∧ (A → B) ⇒ B [Modus ponens]
• Widerlegungsregel: (¬ B) ∧ (A → B) ⇒ ¬A [Modus tollens]
• Kettenschluss: (A → B) ∧ (B → C) ⇒ A → C
• Fallunterscheidung: (A ∨ B) ∧ (A → C) ∧ (B → C)
Begriff: Aussageform: Aussage, deren Wahrheit von einer Variable abhangt.
Beispiel 1.
A(x) ⇐⇒ x ist eine gerade Zahl
A(4) ⇐⇒ w
A(−10) ⇐⇒ f
Quantoren ∀x ...”fur alle”
(oder: ∀x : A(x)⇔
∧xA(x)
)∃x ...
”es existiert ein x”
(oder ∃x : A(x)⇔
∨xA(x)
)∃!x ...
”es gibt genau ein x”
Bemerkung 3.
• ¬(∀x : A(x)
)⇐⇒ ∃x : ¬A(x)�
Um eine Aussage uber alle x zu widerlegen, muss eines, oder mehrere Gegenbei-spiele gefunden werden.
3
• ¬(∃x : A(x))⇐⇒ ∀x : ¬A(x)
Lincoln-Zitat
∃t ∈ T, ∀x ∈ P : F (t, x) ∧ ∃x ∈ P,∀t ∈ T : F (t, x) ∧ (∀t ∈ T, ∀x ∈ P : F (t, x))
”You can fool all the people some time and some of the people all the time, but
you cannot fool all the people all the time.”
0.1 Naive Mengenlehre
Definition 0.1. Definition von CantorEine Menge ist eine Zusammenfassung von Objekten unseres Denkens, oder unserer Anschauungzu einem Ganzen.x ∈ A ... Aussageform (welche wiederum wahr oder falsch sein kann)
Mengenoperationen A, B ... Mengen
• ∅ ... leere Menge, ¬(x ∈ ∅)
• A ∪ B ...”A vereinigt B”: ∀x ∈ (A ∪B)⇐⇒ x ∈ A ∨ x ∈ B
• A ∩ B ...”A geschnitten mit B”: ∀x ∈ (A ∩B)⇐⇒ x ∈ A ∧ x ∈ B
• A\B ...”A ohne B”: x ∈ (A \B)⇐⇒ x ∈ A ∧ x /∈ B
• A ⊆ B ...”A ist Teilmenge von B”: x ∈ A =⇒ x ∈ B�
A $ B ...”echte Teilmenge”: A ⊆ B ∧ A 6= B�
A = B ... x ∈ A⇐⇒ x ∈ B
Bemerkung 4. Zerlegung von einer Aussage in 2 Aussagen:A=B ⇐⇒ A ⊆ B ∧ B ⊆ A
De Morgan fur Mengen
A \ (B ∪ C) = (A \B) ∩ (A \ C)
A \ (B ∩ C) = (A \B) ∪ (A \B)
Definition 0.2. PotenzmengeA ... Menge,P(A) ... Menge der Teilmengen von A
B ⊆ A⇐⇒ B ∈ P(A)
Es gilt: |P(A)| = 2|M |
4
Beispiel 2.
A = {1, 2, 3}
P(A) ={∅, {1}, {2}, {3}, {1, 2}, {1, 3}, {2, 3}, {1, 2, 3}
}
A ... Menge, X ... Aussageform
B ={a ∈ A
∣∣∣ X(a)}
... a ∈ B ⇐⇒ a ∈ A ∧X(a)
Beispiel 3.
A = {1, 2, 3}
B ={a ∈ A
∣∣∣ a ist gerade}
= {2}
Russel’sches Paradoxon M ... Menge aller Mengen =⇒M ∈MN =
{x ∈M
∣∣∣ x /∈ x} :
N ∈ N ⇒ N /∈ N EN /∈ N ⇒ N ∈ N E⇒ M kann keine Menge sein, auch wenn sie Cantors Definition entspricht.
Sei I 6= ∅ eine Menge (”Indexmenge”)
i ∈ I: Mi ...”Familie von Teilmengen”
M =⋃i∈IMi x ∈M ⇐⇒ ∃i ∈ I : x ∈Mi
N =⋂i∈IMi x ∈ N ⇐⇒ ∀i ∈ I : x ∈Mi
Operatoren uber i Mengen
Definition 0.3. Kartesische ProdukteA, B ... Mengen
A×B ={
(a, b)∣∣∣ a ∈ A ∧ b ∈ B} ... geordnete Menge der Paare
An = An−1 ×AA3 ... Menge der Tripel
A4 ... Menge der Quadrupel
...
An ... Menge der n-Tupel
5
Definition 0.4. Kartesische Produkte uber i MengenSei I eine Indexmenge, i ∈ I : Mi
×i∈I
Mi ={
(mi)i∈I
∣∣∣ ∀i ∈ I : mi ∈Mi
}
Abbildungen Seien M und N Mengen.
f :
{M → N
m 7→ f(m)
f ordnet jedem m ∈M ein Element f(m) zu und zwar nach der Vorschrift.Andere Schreibweise: F ⊆ M × N mit folgender Eigenschaft: ∀m ∈ M ∃!n ∈N : (m,n) ∈ FFur jedes Element m aus M gibt es genau ein Element n aus N
f :
{M → N
m 7→ n
M
Nf
Eigenschaften von Abbildungen
• f heißt injektiv, wenn
{∀m1,m2 ∈M : m1 6= m2 =⇒ f(m1) 6= f(m2)
∀m1,m2 ∈M : m1 = m2 =⇒ f(m1) = f(m2)
Schreibweise: f : M ↪→ N
• f heißt surjektiv, wenn: ∀n ∈ N , ∃m ∈M : f(m) = n
Schreibweise: f : M � N
• f heißt bijektiv, wenn f injektiv und surjektiv ist.
Jedes n ∈ N kommt genau einmal als Bild vor.
6
Satz 0.1. Sei f : M → N eine Abbildung, Dann ist:
1. f injektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g1 : N →M gibt, sodass:
∀m ∈M : m = g1
(f(m)
)2. f surjektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g2 : N →M gibt, sodass:
∀n ∈ N : n = f(g2(n)
)3. f bijektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g : N →M gibt, sodass:
∀m ∈M : m = g(f(m)
)und ∀n ∈ N : n = f
(g(n)
)Beweis.
1.”⇐” Angenommen es gibt g1 : N →M mit der Eigenschaft
f(m1) = f(m2)⇒ g1
(f(m1)
)︸ ︷︷ ︸m1
= g1
(f(m2)
)︸ ︷︷ ︸m2
das heißt:
f(m1) = f(m2) ⇒ m2 = m1
also ist f injektiv
”⇒” Angenommen f sei injektiv, das heißt jeder Punkt n ∈ N tritt
hochstens als Bild von einem Element m ∈M auf{∃!n ∈ N : n = f(m) g1(n) = m
∀n ∈ N : n 6= f(m) g1(n) = m2
−→ g1
(f(m)
)= m
M M M
N N N
injektiv surjektiv bijektiv
7
2.”⇐” Angenommen es gibt ein g2 mit der obigen Eigenschaft.
zu zeigen: f ist surjektiv: ∀n ∈ N, ∃m ∈Mm=g2(n)
: N = f(m) = f(g2(n))
”⇒” Angenommen f sei surjektiv
n ∈ N :{m ∈M
∣∣∣ f(m) = n}6= ∅
g2(n) ∈{m ∈M
∣∣∣ f(m) = n}
f(g2(n)
)= n
3.”⇐” Angenommen ∃g : N →M mit der angegebenen Eigenschaft. Aus 1.
und 2. folgt, dass f bijektiv ist
”⇒” Angenommen f ist bijektiv: f ist injektiv︸ ︷︷ ︸
∃g1:N→Mwie oben 1)
und surjektiv︸ ︷︷ ︸∃g1:N→Mwie oben 2)
aus 1. g1
(f(g2(n)
))= g2(n)
aus 2. f(g2(n)
)= n
⇒ g1(n) = g2(n)
g :
{N → M
n 7→ g1(n) = g2(n)
Definition 0.5. Sei f : M → N bijektiv, dann heißt die Abbildung g : N →M aus Punkt 3. dieUmkehrabbildung von f : f (−1) := g
Bemerkung 5. Gibt es eine Umkehrabbildung f (−1) : N →M einer Abbildung f : M →N , dann ist f bijektiv.
Bemerkung 6. Zwei Abbildungen f : A → B und g : C → D sind genau dann gleich,wenn A = C, B = D und ∀a ∈ A : f(a) = g(a)
Beispiel 4.
f =
{{1, 2} → {1, 2, 3, 4}
x 7→ x+ 16= g =
{{1, 2} → {2, 3}
x 7→ x+ 1injektiv, nicht surjektiv bijektiv
Bemerkung 7. Identitat auf A
idA :
{A → A
a 7→ a
8
A wird auf sich selbst abgebildet.
Definition 0.6. Ist f :
{A → Ba 7→ f(a)
und g :
{B → Cb 7→ g(b)
, dann ist g◦f :
{A → Ca 7→ g
(f(a)
)”g nach f” oder
”g Ring f”.
Hintereinanderausfuhrung von g und f (Verknupfung, beziehungsweise Verkettung von g und f)
Bemerkung 8.
f (−1) ◦ f = idA
f ◦ f (−1) = idB
Definition 0.7. Sei f : A→ B eine Abbildung.
M ⊆ A : f(M) ={b ∈ B
∣∣∣ ∃m ∈M : f(m) = b}
... Bild unter f von M
={f(m)
∣∣∣ m ∈M} ... Kurzschreibweise (salopp)
N ⊆ B : f (−1) ={a ∈ A
∣∣∣ f(a) ∈ N}
... Urbild(-menge) von N unter f
Die Urbildmenge existiert, unabhangig davon, ob die Abbildung bijektiv ist, oder nicht.
Schreibweise: f
keineKlam-mern︷︸︸︷−1 ( N︸︷︷︸
Mengeeinge-setzt
)
Achtung! f−1 6= f (−1)
A B
M f(M)
f−1(N) N
f(a) /∈ Nf−1(N)
f
9
Bemerkung 9. M ⊆ f−1(f(M)
)und f
(f−1(N)
)⊆ N
Definition 0.8. Sei A eine endliche Menge. Dann schreibt man |A| fur die Anzahl ihrer Elemente.#A, #(A) ...
”Kardinalitat von A”
Definition 0.9. AuswahlaxiomSei I eine Menge und (Mi)i∈I︸ ︷︷ ︸
Familievon
Mengen
, dann gibt es eine Abbildung
f : I →⋃i∈IMi : ∀i ∈ I : f(i) ∈Mi
”f ist eine Auswahl”, fur jedes i ∈ I wird ein Element aus der dazugehorigen MengeMi ausgewahlt.
Bemerkung 10.
×i∈IMi ... Das Auswahlaxiom garantiert, dass ×
i∈IMi 6= ∅
Bemerkung 11. A,B seien Mengen, Dann heißen A und B disjunkt (element-fremd),wenn A ∩B = ∅.
0.2 Die naturlichen Zahlen und vollstandige Induktion
∅, {∅},{∅, {∅}
},{∅, {∅},
{∅, {∅}
}}, ...
Definition 0.10. Die Peano-Axiome der naturlichen Zahlen sind:
1. 0 ∈ N0
2. ∀n ∈ N0 : n′ ∈ N0 ... fur jedes Element n ∈ N0 gibt es in N0 ein weiteres Element n′
3. ∀n ∈ N0 : n′ 6= 0 ... der Nachfolger n′ von n ist nicht 0 ⇒ 0 ist der Anfang von N0
4. ∀m ∈ N0, ∀n ∈ N0 : m′ = n′ ⇒ m = n ... verschiedene Elemente haben verschiedeneNachfolger.
5. ∀A(0 ∈ A und ∀n ∈ A : n′ ∈ A
): N0 ⊆ A ... N0 ist die kleinste Menge aller Mengen A,
die die Eigenschaften 1. - 4. besitzt.
5’. Alte Schreibweise:∀X :
(X(0) und ∀n ∈ N0 : X(n′)
)⇒ ∀n ∈ N0 : X(n)
Sei A eine Menge wie oben: B ={n ∈ A
∣∣∣ X(n)}⇒ N0 ⊆ B
10
Schritt 5’. fuhrt uns zum Prinzip der vollstandigen Induktion. Diese ist eine Beweisform fur Aus-sagen uber die naturlichen Zahlen.
Beispiel 5.
1 + 2 + 3 + ...+ n∑2 ·∑
n = 0 0 0 0 · 1n = 1 1 2 1 · 2n = 2 3 6 2 · 3n = 3 6 12 3 · 4n = 4 10 20 4 · 5
⇒ 1 + 2 + ...+ n =n · (n+ 1)
2
1. Induktionsbasis:
X(0) =0 · (0 + 1)
2= 0
2. Induktionsvoraussetzung:
X(n) : 1 + 2 + ...+ n =n · (n+ 1)
2
Korrektheit wird vorausgesetzt
3. Induktionsbehauptung:
X(n+ 1) = X(n′)
Korrektheit will uberpruft werden:
1 + 2 + ...+ n+ (n+ 1) =(n+ 1) · (n+ 2)
2
4. Induktionsschritt:
X(n)⇒ X(n′), X(n)⇒ X(n+ 1) :
1 + 2 + ...+ n+ (n+ 1) =n · (n+ 1)
2+ (n+ 1) =
(n+ 1) · (n+ 2)
2
11
Beispiel 6.
12 + 22 + 32 + ...+ n2∑6 ·∑
n = 0 0 0 0n = 1 1 6 1 · 2 · 3n = 2 5 30 2 · 3 · 5n = 3 14 84 3 · 4 · 7n = 4 30 180 4 · 5 · 7n = 5 55 380 5 · 6 · 11
Formel erraten
⇒ 12 + 22 + 32 + ...+ n2 =n · (n+ 1) · (2n+ 1)
6
Es scheint, als ob eine Formel gefunden wurde, die aber bis jetzt nur fur n ≤ 5 zweifelsfreistimmt. Beweis fur n Elemente durch vollstandige Induktion.
Beweis.
1. Basis:
n = 0 :
0 · (0 + 1) · (2 · 0 + 1)
6= 0 X
2. Voraussetzung:
12 + 22 + 32 + ...+ n2 =n · (n+ 1) · (2n+ 1)
6
3. Behauptung:
12 + 22 + 32 + ...+ n2 + (n+ 1)2 =(n+ 1) · (n+ 2) · (2(n+ 1) + 1)
6
4. Induktion:
12 + 22 + 32 + ...+ n2︸ ︷︷ ︸ersetzen durch
Induktionsvoraussetzung
+(n+ 1)2
(!=
(n+ 1) · (n+ 2) · (2n+ 3)
6
)
=n(n+ 1)(2n+ 1)
6+ (n+ 1)2 =
=n+ 1
6·(n · (2n+ 1) + 6 · (n+ 1)
)=
=n+ 1
6·(2n2 + n+ 6n+ 6
)=
=n+ 1
6·(2n2 + 7n+ 6
)=
=n+ 1
6· (n+ 2) · (2n+ 3)
12
Bemerkung 12. Rechenoperationen auf N0
Addition:”
m+n” m,n ∈ N0
m+ 0 = m, m+ (n+ 1) = m+ n′ = (m+ n)′
Multiplikation m · 0 = 0m · 1 = mm · (n+ 1) = m · n′ = m · n+m
0.3 Ordnung auf N0
m ≤ n ⇔ ∃k ∈ N0 : m+ k = n[besonders n ≤ n′ ≤ n′′ ≤ n′′′ ≤ ...
] }”kleiner gleich ”
m < n ⇔ m ≤ n und m 6= n ⇔ ∃k ∈ N0 \ {0}︸ ︷︷ ︸=N
: m+ k = n}
”strikt kleiner ”
Definition 0.11.
N = N0 \ {0}
Bemerkung 13.”≤” ist eine Totalordnung, das heißt:
∀m,n ∈ N0 : m ≤ n oder n ≤ m[m ≤ n und n ≤ m ⇔ m = n
]
Satz 0.2. Die naturlichen Zahlen mit”≤” sind wohlgeordnet, das heißt:
Jede nicht leere Teilmenge A ⊆ N0 besitzt ein kleinstes Element:
∀A ⊆ N0, A 6= ∅, ∃a ∈ A : ∀b ∈ A : b ≥ a
Beweis. Sei A 6= ∅ eine Teilmenge von N0, die kein kleinstes Element besitzt.Zeige darum, dass ∀n ∈ N0: A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅
1. Basis: n=0 A ∩ {0} = ∅Wenn 0 ein Element von A ware, dann ist 0 das kleinste Element von A E
2. Voraussetzung: A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅
3. Behauptung: A ∩ {0, 1, ..., n, n+ 1} = ∅
4. Induktion: A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅, angenommen A ∩ {0, 1, ..., n, n + 1} 6= ∅⇒ n+ 1 ∈ A⇒ n+ 1 ist das kleinste Element von A E
⇒ damit gilt ∀n ∈ N0 : A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅ und damit A = ∅ E
13
Satz 0.3. Mathematischer WitzEs gibt keine uninteressante naturliche Zahl
Beweis. Angenommen es gibt uninteressante naturliche Zahlen:
U ={u ∈ N0
∣∣∣ u ist uninteressant}6= ∅
Nach Satz 0.2 hat U ein kleinstes Element u. u ist das kleinste Element derMenge der uninteressante Zahlen, dadurch ist es interessant E
Beispiel 7.
1729 = 123 + 13 = 103 + 93
kleinste Zahl, die sich als Summe zweier Kuben schreiben lasst.
Definition 0.12. Summenzeichena1, a2, ..., an ... Zahlensaloppe Definition:
n∑k=1
ak ”:= ” a1 + a2 + ...+ an
”Summe von k ist 1 bis n uber ak”
Saubere induktive Definition:
0∑k=1
ak := 0
n+1∑k=1
ak :=
(n∑k=1
ak
)+ an+1
k ... Laufvariablek = 1 ... untere Summationsgrenzen ... obere Summationsgrenze
Beispiel 8.
n∑k=1
k =n(n+ 1)
2
Bemerkung 14. Wenn I eine geordnete Menge ist:∑i∈Iai i durchlauft die Menge I.
14
Definition 0.13. ProduktzeichenSaloppe Definition:
n∏k=1
ak ”:= ” a1 · a2 · ... · an
”Produkt von k ist 1 bis n uber ak”.
Saubere Definition:
0∏k=1
ak := 1
n+1∏k=1
ak :=
(n∏k=1
ak
)· an+1
Manchmal: ∏i∈I
ai
Bemerkung 15.
n∏k=1
k := n! ...”
n Faktorielle”,”
Fakultat ”
Bemerkung 16.
A ⊆ N0, A 6= ∅ besitzt ein kleinstes Element
∀A ⊆ N0, A 6= ∅, ∃a ∈ A : ∀b ∈ A : b ≥ a
”N0 ist wohlgeordnet”
Bemerkung 17. Die Wohlordnung von N0 ist aquivalent zum Induktionsaxiom 5.Zu zeigen: Wohlordnung ⇒ Induktion:
∀X :(X(0) und ∀n ∈ N0 : X(n)⇒ X(n′)
)=⇒ ∀n ∈ N0 : X(n)
Sei X eine Aussageform mit X(0) und ∀n ∈ N0 : X(n)⇒ X(n′)
A ={n ∈ N0
∣∣∣ ¬X(n)}
Angenommen A 6= ∅, dann besitzt A wegen der Wohlordnung von N0 ein kleinstes ElementN ∈ A, N 6= 0, weil X(0).Sei m ∈ N0 mit m′ = N =⇒ X(m)⇒ X(m′) = X(N) E
15
Beispiel 9. Sei q 6= 1. Dann gilt fur alle n ∈ N0:
n∑k=0
qk =qn+1 − 1
q − 1...
”geometrische Summenformel”
Beweis. durch Induktion:
1. Basis: n = 0 :
1 =q − 1
q − 1= 1 X
2. Voraussetzung:
n∑k=0
qk =qn+1 − 1
q − 1
3. Behauptung:
n+1∑k=0
qk =qn+2 − 1
q − 1
4. Schritt:
n+1∑k=0
qk =
n∑k=0
qk + qn+1 =qn+2 − 1
q − 1
qn+1 − 1
q − 1+ qn+1 =
qn+2 − 1
q − 1
qn+1 − �1 + qn+1(q − 1) = qn+1 − �1
���qn+1 + qn+2 −���qn+1 = qn+2
wahre Aussage
0.4 Einige einfache Abzahlaufgaben
1) Auf wie viele verschiedene Arten konnen n paarweise verschiedene Objekteangeordnet werden?
Moglichkeiten Anzahl
n = 2 1, 2 oder 2, 1 #2n = 3 1, 2, 3 ∨ 2, 1, 3 ∨ 2, 3, 1 ∨ 3, 2, 1 ∨ 3, 2, 1 ∨ 1, 3, 2 #6n = 4 ... #24
16
Pn = Anzahl der Anordnungsmoglichkeiten von n Elementen
Pn+1 = (n+ 1)︸ ︷︷ ︸Moglich-
keiten das(n+1)-teElementin die nbereits
geordneteneinzuordnen
Pn
Pn := n! =
n∏k=1
k
Pn+1 = (n+ 1)! =
(n∏k=1
k
)· (n+ 1)
Satz 0.4. Die Anzahl der Anordnungen von n paarweise verschiedenen Elementen is n!.
Beweis. Die Induktionsbasis ist nach 1) fur n = 2 und n = 3 bewiesen.Induktionsschluss: Die Klasse derjenigen Anordnungen der Elemente 1, ..., n+1,die das Element k auf Platz 1 haben bei beliebiger Anordnung der ubrigenn Elemente, enthalt nach Induktionsannahme n! Anordnungen. Es gibt n + 1derartige Klassen. Die Anzahl aller Anordnungen der Elemente 1, ..., n + 1 istalso (n+ 1)n! = (n+ 1)!
Bemerkung 18. Jeder Anordnung von n Elementen entspricht genau eine Permutation.Das heißt die Anzahl der Permutationen ist gleich n!.
Sn ={f : {1, 2, ..., n}
∣∣∣ bijektiv}
... symmetrische Gruppe︸ ︷︷ ︸Ist die Gruppe, die aus allen
Permutationen einer n-elementigenMenge besteht
#Sn = n!
2) Auf wie viele Arten kann man k Elemente aus n auswahlen?
Fall (a): Reihenfolge der gezogenen Elemente wird berucksichtigt
Ziehung:verbleibende Elemente: n n− 1 n− 2 ... n− k + 1
Zug-Nummer: 1 2 3 ... kAnzahl der Moglichkeiten:
# = n · (n− 1) · (n− 2) · ... · (n− k + 1)
= n · (n− 1) · ... · (n− k + 1) · (n− k) · ... · 2 · 1(n− k) · ... · 2 · 1
# =n!
(n− k)!
”Variationen von n Elementen zur k-ten Klasse”(V nk )
17
Fall (b): ohne Berucksichtigung der Reihenfolge der gezahlten Elemente
# =n!
k!(n− k)!:=
(n
k
)... Binomialkoeffizient
”Variationen ohne Wiederholung von n Elementen zur k-ten Klasse”(Cnk )
Beispiel 10. Seien A und B zwei Mengen fur die gilt: A∩B = ∅. Weiters seien |A| = mund |B| = n dann gilt |A ∪B| = m+ n.Man will aus A ∪B k Elemente ziehen:
(m+nk
)k∑l=0
(m
l
)·(
n
k − l
)=
(m+ n
k
)... Vandermondesche Indentitat(
n
k
)= 0 fur k > n(n
−1
):= 0(
n
0
)=
(n
n
)= 1
Man will k+1 Elemente aus n+1 ziehen. Sei diesmal |A| = n und |B| = 1 und A∩B = ∅(n+ 1
k + 1
)=
(n
k + 1
)· 1 +
(n
k
)· 1︸ ︷︷ ︸
k Elemeteaus A,
ein Elementaus B
=
(n
k + 1
)+
(n
k
)
keine Berucksichtigung der Reihenfolge, keine Wiederholung.
18
Satz 0.5. Der binomische Lehrsatz
(x+ y)n
n = 1 : x+ yn = 2 : x2 + 2xy + y2
n = 3 : x3 + 3x2y + 3xy2 + y3
(x+ y)n = (x+ y) · ... · (x+ y)︸ ︷︷ ︸n-mal
Elemente durch ausmultiplizieren:
xn ... 1 malxn−1 · y ... n malxn−1 · yk ...
(nk
)mal
=⇒ (x+ y)n =
n∑k=0
(n
k
)· xn−k · yk und (x− y)n =
n∑k=0
(n
k
)· (−1)k · xn−k · yk
Beweis.
1. Basis: n = 0 :
1 =
0∑k=0
(0
0
)︸︷︷︸
=1
·x0−k · yk = 1 X
2. Voraussetzung:
(x+ y)n =
n∑k=0
(n
k
)· xn−k · yk gelte
3. Behauptung:
(x+ y)n+1 =
n+1∑k=0
(n+ 1
k
)· kn+1−k · yk
19
4. Schritt:
(x+ y)n+1 = (x+ y)n · (x+ y)IV=
(n∑k=0
(n
k
)· xn−k · yk
)· (x+ y) =
=
n∑k=0
(n
k
)· xn+1−k · yk +
n∑k=0
(n
k
)· xn−k · yk+1 =
=�nn+1∑�kl=0
(n
�kl
)· xn+1−�kl · y�kl +
n+1∑l=�10
(n
l − 1
)· xn+1−l · yl
︸ ︷︷ ︸Der Wert der Summe andert sich nicht,weil die neune Summanden gleich 0 sind
=
=
n+1∑l=0
((n
l
)+
(n
l − 1
))︸ ︷︷ ︸
=(n+1l )
·xn+1−l · yl =
n+1∑l=0
(n+ 1
l
)· xn+1−l · yl
20
1 Aufbau des Zahlensystems
N ist gegeben durch die Peano-Axiome
Z ist N ∪ {0} ∪ (−N) mit −N ={−n
∣∣∣ n ∈ N}Q ist
{pq
∣∣∣ p ∈ Z, q ∈ N}p1
q1+p2
q2=p1q2 + p2q1
q1q2p1
q1· p2
q2=p1p2
q1q2p1q1p2q2
=p1q2
q1p2
Bemerkung 19. Je zwei Elemente a, b ∈ (N0,Z,Q) sind vergleichbar: es gilt entwedera < b, a = b, oder a > b. Es gilt genau eine der Relationen.
Bemerkung 20.((N0,Z,Q),≥
)ist eine Totalordnung (a ≤ b⇔ a < b∨ a = b). je zwei
Elemente sind miteinander vergleichbar (6= Wohlordnung).
1.1 Die Reellen Zahlen: RR hat folgende Eigenschaften:
K1: 0 ∈ R, ∀x ∈ R :
x+ 0 = x
K2: 1 ∈ R, ∀x ∈ R :
x · 1 = x
K3: ∀x, y ∈ R : [Kommutativgesetz]
x+ y = y + x, x · y = y · x
K4: ∀x, y, z : [Assoziativgesetz]
(x+ y) + z = x+ (y + z), (x · y) · z = x(y · z)
K5: ∀x, y, z ∈ R : [Distributivgesetz]
(x+ y) · z = x · z + y · z
21
K6: ∀x ∈ R, ∃y ∈ R :
x+ y = 0,[y := −x
]K7: ∀x ∈ R, x 6= 0, ∃y ∈ R :
x · y = 1,
[y := x−1 =
1
x
]
”R ist ein Korper”
1.2 Axiome der Ordnung auf R01: ∀x, y ∈ R: x > 0 und y > 0 ⇒ x+ y > 0 < x · y
02: ∀x ∈ R : x < 0 ∨ x = 0 ∨ x > 0 (∨...exklusives oder)R ist eine Totalordnung
03: ∀x ∈ R ∃n ∈ N0 : n− x > 0 (Archimedisches Axiom)
x < y ⇐⇒ y − x > 0x > y ⇐⇒ x− y > 0x ≤ y ⇐⇒ x < y ∨ x = yx ≥ y ⇐⇒ x > y ∨ x = y
Bemerkung 21. 1. a < b und b < c ⇒ a < c [Transitivitat](b− a > 0 und c− b > 0
01=⇒ (c− b) + (b− a) = c− a > 0 ⇐⇒ c > a
)2. a > b, c ∈ R =⇒ a+ c > b+ c, (a+ c)− (b+ c) = a− b > 0
3. a > b, c ∈ R =⇒ c > 0: a · c > b · c; c < 0: a · c < b · c a− b > 0 c > 001
=⇒ (a− b) · c > 0 =⇒ a · c > b · ca− b > 0 c < 0 =⇒ (a− b) · (−c) > 0 =⇒ −c > 0
b · c− a · c > 0 ⇐⇒ bc > ac
Das heißt: Die Ungleichungsrichtung bleibt bei Multiplikation mit einer positivenZahl erhalten, bei Multiplikation mit einer negativen Zahl kehrt sie sich um.
4. ∀a ∈ R, a 6= 0: a2 > 0({a > 0a < 0
}3.
=⇒ a2 > 0
)5. 1 > 0 :
(1 = 12 > 0
)6. a > b > 0 =⇒ 1
b >1a
22
Satz 1.1. Die Bernoullische UngleichungSei x ≥ −1, dann gilt fur alle n ∈ N0:
(1 + x)n ≥ 1 + n · x
Beweis. Durch Vollstandige Induktion:
1. Basis: n = 0
(1 + x)0 ≥ 1 + 0 · x X
2. Voraussetzung:
(1 + x)n ≥ 1 + n · x
3. Behauptung:
(1 + x)n+1 ≥ 1 + (n+ 1) · x
4. Schritt:
(1 + x)n+1 ≥ 1 + (n+ 1) · x(1 + nx)︸ ︷︷ ︸
IV
·(1 + x) ≥ 1 + nx+ x
�1 + �x+��nx+ nx2 ≥ �1 +��nx+ �x
nx2 ≥ 0
Satz 1.2. i) Sei q > 1, dann gibt es zu jedem k > 0 ein n ∈ N: qn > k
ii) Sei 0 < q < 1, dann gibt es zu jedem ε > 0 ein n ∈ N: qn < ε.
Beweis.
i) q > 1, q = 1 + q′ mit q′ > 0
qn = (1 + q′)n > 1 + n · q′!≥ k ⇐⇒ n ≥ k − 1
q′∈ R
Aus Axiom 03 folgt, dass es ein solches n ∈ N gibt, das diese Gleichungerfullt.
ii) 0 < q < 1, ε > 0 ... dann gibt es nach i) ein k ∈ N:
qn >1
ε= k
⇒ qn =1
qn< ε
q :=1
q> 1
23
Definition 1.1. Sei x ∈ R: |x| :=
{x fur X ≥ 0
−x fur x < 0
|x| heißt der Absolutbetrag von x
Bemerkung 22. Eigenschaften von |x|
A1: ∀x ∈ R: [Definitheit]
|x| ≥ 0 und |x| = 0 ⇐⇒ x = 0
A2: ∀x, y ∈ R : [Multiplikativitat]
|x · y| = |x| · |y|
A3: ∀x, y ∈ R : [Dreiecksungleichung]
|x+ y| ≤ |x|+ |y|
Beweis.
A1: folgt direkt aus der Definition
A2: |x · y| =(± x)· (±y) = |x| · |y| ... Vorzeichen passend gewahlt.
A3:
|x| ≥ x und |x| ≥ −x|y| ≥ y und |y| ≥ −y
}Aus der Definition
|x|+ |y| ≥ (x+ y)|x|+ |y| ≥ −(x+ y)
}|x|+ |y| ≥ |x+ y|
Bemerkung 23. Umgekehrte Dreiecksungleichung
∀x,∈ R :∣∣∣|x| − |y|∣∣∣ ≤ |x− y|
Beweis.
|x| = |y − (y − x)|
Drei-ecks-
Unglei-chung
≤ |y|+ |y − x|⇒ |x| − |y| ≤ |y − x| = |x− y|
|y| − |x| ≤ |x− y|(|x| − |y|
)≤ |x− y|
−(|x| − |y|
)≤ |x− y|
}⇒
∣∣|x| − |y|∣∣ ≤ |x− y|24
Bemerkung 24. Eine Abbildung |·| : K → R (K Korper, K1-K7) mit den EigenschaftenA1-A3 heißt eine Bewertung. Auf Q gibt es unendlich viele Bewertungen. Eine davon ist|·| wie oben.
Eine Bewertung heißt archimedisch, wenn ∀x ∈ K, x 6= 0 ∃n ∈ N: |n · x| ≥ 1.|·| wie oben archimedisch, alle anderen sind nicht archimedisch.
Bemerkung 25. |x| ist der Abstand von x ∈ R zu 0. |x − y| ist der Abstand zweierZahlen x, y ∈ R zueinander.
Bemerkung 26.
x ∈ R03:⇒ ∃n ∈ N0 : n > x
Sei x > 0{n ∈ N
∣∣∣ n > x}6= ∅
m sei das kleinste Element dieser Menge
m− 1︸ ︷︷ ︸großte
naturlicheZahl≤x
≤ x < x
bxc := m− 1
x ≤ 0 dann gibt es ein n ∈ N : n+ x > 0
bxc = bn+ xc − n ∈ Z großte ganze Zahl ≤ x
bxc := max{k ∈ Z
∣∣∣ k ≤ x}
1.3 Intervalle
a, b ∈ R, a < b
(a, b) ={x ∈ R
∣∣∣ a < x < b}
offenes Intervall
[a, b] ={x ∈ R
∣∣∣ a ≤ x ≤ b} abgeschlossenes intervall
(a, b] ={x ∈ R
∣∣∣ a < x ≤ b}
links offen, rechts geschlossen (halboffen)
Definition 1.2. Eine Menge von Intervallen In = [an, bn] heißt Intervallschachtelung, wenn:
1. I1 ⊇ I2 ⊇ I3 ⊇ ...
25
2. ∀ε > 0, ∃n ∈ N : |In| := bn − an < ε
IntervallschachtelungsaxiomFur jede Intervallschachtelung (In)n∈N gibt es eine reelle Zahl x, die in allen Intervallen In ent-halten ist.
x ∈⋂n∈N
In
Bemerkung 27. x ist eindeutig bestimmt. Angenommen x, y ∈⋂n∈N
In.
oBdA: x < y: ε = y−x2 > 0, ∃n : |In| < ε, x, y ∈ I: y − x = 2ε E zur Intervalllange
Sei (In)n∈N eine Intervallschachtelung. Dann gibt es ein x ∈ R sodass:⋂n∈N
In = {x}
Satz 1.3. Sei x ∈ R, x > 0 und k ∈ N, dann gibt es genau ein y ∈ R, y > 0 sodass yk = xbeziehungsweise y = k
√x
Beweis. Zuerst sei x > 1. Definiere eine Intervallschachtelung fur y:
I1 = [1, x], 1k = 1 < x < x2 =⇒ y ∈ I1
Angenommen I1, I2, ..., In waren bereits definiert
In = [an, bn], mn =an + bn
2
In+1 =
{[mn, bn] wenn mk
n ≤ x[an,mn] wenn mk
n > x⊆ In
x ∈ In+1
Eigenschaften von In+1
Fur x < 1 definiert man x′ = 1x und setzt x’ in den bereits gefuhrten Beweis.
Bemerkung 28.
akn ≤ x ≤ bkn
|In+1| =1
2· |In|
|In| =(
1
2
)n−1
· |I1|
Nach dem Satz 1.2 gibt es ∀ε > 0 ein n ∈ N:(
12
)n−1 · |I1| < ε. Damit ist (In)n∈N eine
26
Intervallschachtelung.
Intervall-schachtelungs-
axiom=⇒ ∃!y : ∀n ∈ N : y ∈ In
Beweis. Es ist zu zeigen: yk = x
betrachte dazu: I(k)n = [akn, b
kn], Ikn+1 ⊆ Ikn
bkn − akn = (bn − an) · (bk−1n + bk−1
n an + ...+ bnak−2n + ak−1
n︸ ︷︷ ︸k Summanden
) ≤ (bn − an) · k · bk−11
∀ε′ > 0 ∃n : bn − an <ε
k · bk−11
:= ε′ ⇒ bkn − akn ≤ (nn − an) · k · bk−11 <
<ε
����k · bk−11
·����k · bk−11 = ε
Ikn ist eine Intervallschachtelung fur x. ∀n : x ∈ Ikn, damit gilt fur y. yk = x,yk ∈ Ikn, an ≤ y ≤ bn, akn ≤ yk ≤ bknSei η 6= y mit ηk = xη > y ⇒ yk = x Eη < y ⇒ yk = x E
Sei nun 0 < x < 1, dann 1x > 1, 1
y := k
√1x ⇒ yk = x, x = 1 ⇒ y = 1
1.4 Supremum und Infimum
Definition 1.3. Eine Teilmenge M ⊆ R heißt nach oben beschrankt, wenn:
∃K ∈ R : ∀x ∈M : x ≤ K[K heißt obere Schranke von M
]M heißt nach unten beschrankt wenn:
∃k ∈ R : ∀x ∈M : x ≥ k[k heißt untere Schranke von M
]M heißt beschrankt, wenn M nach oben und unten beschrankt ist:
∃K ∈ R, ∃k ∈ R : ∀x ∈M : k ≤ x ≤ K
Satz 1.4. Sei M ⊆ R nach oben beschrankt, dann gibt es eine reelle Zahl s = sup(M) (Supremumvon M) mit folgender Eigenschaft:
∀x ∈M : x ≤ s ↔ s ist obere Schranke∀s′ < s : ∃x ∈M : x > s′ ↔ s ist die kleinste obere Schranke
Sei M ⊆ R nach unten beschrankt, dann gibt es eine reelle Zahl i = inf(M) (Infimum von M)
27
mit folgenden Eigenschaften:
∀x ∈M : x ≥ i ↔ i ist untere Schranke∀i′ > i : ∃x ∈M : x < i′ ↔ i ist großte untere Schranke
Eine beschrankte Menge besitzt Infimum und Supremum.
Beweis. Sei M ⊆ R nach oben beschrankt: (M 6= ∅)
∃K : ∀x ∈M : x ≤ K
Definiere eine Intervallschachtelung In = [an, bn].∀n : an ist keine obere Schranke von M∀n : bn ist keine obere Schranke von M
b1 = K, x ∈M, a1 = x− 1
Angenommen die Intervalle bis zum Index n waren bereits definiert.
In = [an, bn]
mn =an + bn
2
In+1 = [an+1, bn+1] =
{[an,mn] wenn mn eine obere Schranke von M ist
[mn, bn] wenn mn keine obere Schranke von M ist
(In)n∈N ist eine Intervallschachtelung:
In+1 ⊆ In, |In+1| =1
2· |In| =⇒ |In| =
(1
2
)n−1
I1
⇒ ∀ε > 0, ∃n ∈ N : |In| < ε
Intervallschachtelungsaxiom ⇒ ∃s ∈ R : ∀n ∈ N : s ∈ Inzu zeigen: s = sup(M)
1. Zeige: s ist obere Schranke:Angenommen ∃x ∈ M : x > s, wahle ε in der zweiten Eigenschaft derIntervallschachtelung als ε = x− s, dann gibt es n mit (bn − an) < ε
an ≤ s ≤ bn =⇒ 0 ≤ b1 − s < εbn − s < x− s =⇒ bn < x E
2. Zeige: i ist die kleinste obere Schranke:Angenommen s′ < s ist auch obere Schranke von M. Wahle ε = s − s′,dann gibt es ein n, sodass:
bn − an < ε an ≤ s ≤ bn =⇒ 0 ≤ s− an < εs− an < s− s′ =⇒ s′ < an E
Existenz des Infimums Sei M nach unten beschrankt: ∃k ∈ R: ∀x ∈ M :x > k, U =
{k ∈ R
∣∣∣ k ist untere Schranke von M}6= ∅. U ist nach oben
beschrankt durch jedes x ∈ M , i = sup(U) ist die großte untere Schranke vonM.
28
Bemerkung 29. M ⊆ R, dann muss nicht sup(M) ∈M , inf(M) ∈M gelten.
• Wenn sup(M) ∈M gilt, dann schreibt man max(M) = sup(M)
• Wenn inf(M) ∈M gilt, dann schreibt man min(M) = inf(M)
Bemerkung 30. Wenn M ⊆ R nicht nach ober beschrankt ist, dann schreibt an:
sup(M) =∞ ⇐⇒ ∀k ∈ R, ∃x ∈M : x > k
Wenn M nicht nach unten beschrankt ist, schreibt man:
inf(M) = −∞ ⇐⇒ ∀k ∈ R, ∃x ∈M : x < k
Bemerkung 31.
sup(∅) = −∞inf(∅) =∞
Bemerkung 32. Die Existenz von inf(M) beziehungsweise sup(M) (fur jeweils nachunten beziehungsweise nach oben beschrankte Mengen M) ist aquivalent zum Intervall-schachtelungsaxiom.
Beweis. Intervallschachtelungsaxiom ⇒ ∃ inf, sup XAngenommen jede beschrankte Menge M besitze inf(M) und sup(M). Sei In =
[an, bn] eine Intervallschachtelung. A ={an
∣∣∣ n ∈ N} ∀m,n : an ≤ bm∀n : an ≤ b1, das heißt: A ist nach oben beschrankt x = sup(A) := sup
n∈N(an)
zu zeigen:∀n : x ∈ [an, bn] ∀n : an ≤ x nach Definition
∀m,n : an ≤ bm ∀m : x = supn∈N
(an) ≤ bm
}∀n : x ∈ [an, bn]
Bemerkung 33. Sei [an, bn] eine Intervallschachtelung.
supn∈N
(an) ≤ bm ⇒ supn∈N
(an) ≤ infm∈N
(bm)⇒ supn∈N
(an) = infm∈N
(bm)
29
Beweis.
x = supn∈N
(an)
y = infm∈N
(bm)
y ≥ xAngenommen: y > x : ε = y − x, ∃n : bn − an < ε
an ≤ x y ≤ bnε = y − x ≤ bn − an < ε E
Annahme der strikten Ungleichung fuhrt zum Widerspruch =⇒ Gleichheit vonsup(an) und inf(bm) ist bewiesen.
Satz 1.5. Q liegt dicht in RSeien x, y ∈ R, x < y, dann gibt es ein q ∈ Q mit x < q < y.
Beweis. Nach dem archimedischen Axiom gibt es eine naturliche Zahl n mitn(y − x) > 1⇔ y > 1
n + x.
m
n≤ x < m+ 1
n≤ x+
1
n< y
⇒ x <m+ 1
n< y
⇒ q =m+ 1
n∈ Q
Definition 1.4. Eine Menge M heißt abzahlbar, wenn es eine bijektive Abbildung f : N → Mgibt und heißt hochstens abzahlbar, wenn ∃g : N→M das surjektiv ist.
Bemerkung 34. N und Z sind abzahlbar
f(1) = 0
f(n) =
{n2 fur n gerade
−n−12 fur n ungerade
Q ist abzahlbar
q = 1 : ..., −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, ...q = 2 : ..., − 3
2 , /, − 12 , /, 1
2 , /, 32 , ...
q = 3 : ..., /, − 23 , −
13 , /, 1
3 ,23 , /, ...
30
Satz 1.6. R ist nicht abzahlbar, sondern uberabzahlbar.
Beweis. Angenommen R ∗= {x1, x2, x3, ...} ware abzahlbar, definiere eine Inter-vallschachtelung In mit xn /∈ In:
I1 = [x1 + 1, x1 + 2] mit x1 /∈ I1Angenommen In sei bereits definiert
m(1)n =
2an + bn3
m(2)n =
an + 2bn3
entweder gilt: xn+1 /∈ [an,m(1)n ]
oder xn+1 /∈ [m(2)n , bn]
an bnm
(1)n m
(2)n
Wahle In+1 als Intervall, in dem xn+1 nicht liegt. In ist dann eine Intervall-schachtelung:
∀n ∈ N : xn /∈ In⇒ ∃x ∈ R : x ∈ In⇒ ∀n ∈ N : xn 6= n E
Bemerkung 35. Ware R abzahlbar, gabe es eine Nummerierung n, die alle x ∈ Rdurchlauft, dann musste es ein n geben, mit dem man x ∈ In erreicht. Die Intervall-schachtelung ist so konstruiert, dass das nicht geht.
Bemerkung 36. Wenn M abzahlbar ist, dann schreibt man
|M | = ℵ0
”Aleph Null”
|N | = ℵ0
|R| > ℵ0
31
Losen von Gleichungen
ax = b(a, b ∈ R
mit a 6= 0
)⇒ x =
b
a∈ R
x2 + px+ q = 0 ⇐⇒(x+
p
2
)2
+ q − p2
4= 0(
x+p
2
)2
=p2
4− q
x1,2 = −p2±√p2
4− q
1.5 Die komplexen Zahlen C
Definition 1.5. i2 = −1 ... heißt die imaginare Einheit (i /∈ R)
C ={x+ iy
∣∣∣ x, y ∈ R} ... Menge der komplexen Zahlen
Bemerkung 37. Rechenregeln
(x1 + iy1) + (x2 + iy2) = (x1 + x2) + i(y1 + y2)
(x1 + iy1) · (x2 + iy2) = x1x2 + iy1x2 + iy2x1 +��i2−1y1y2
= (x1x2 − y1y2) + i(y1x2 + y2x1)
x ∈ R : x+��i · 0 ∈ C⇒ R $ C1
x+ iy(x,y)6=(0,0)
=(x− iy)
(x+ iy)(x− iy)=
x− iyx2 − i2y2
=x
x2 + y2− i y
x2 + y2
Das heißt: C erfullt die Eigenschaften K1 bis K7: C ist also ein Korper.C kann nicht geordnet werden: i2 = −1 < 0 widerspricht 01 und 02.
Definition 1.6.
x ...”Realteil von z” x = <(z)
y ...”Imaginarteil von z” y = =(z)
z = x− iy ...”konjugiert komplexe Zahl”
32
Bemerkung 38.
2<(z) = z + z<(z) = 1
2 (z + z)=(z) = 1
2 (z − z)Bei z = z : =(z) = 0⇒ z ∈ R
Darstellung von z = iy ∈ C in der komplexen Zahlenebene:
<
=
z = x+ iy
|z| =√x2 + y2 ... komplexer Absolutbetrag (Abstand von 0)
|·| erfullt A1 bis A3
z · z = (x+ iy) · (x− iy) = x2 + y2
Bemerkung 39.
(z + w) = z + w
z · w = z · w
1
z=
(1
z
), (z 6= 0)
z · z = z · z ∈ R
Bemerkung 40. Absolutbetrag erfullt A1 bis A3
33
A1: |z| ≥ 0
A2: |z · w| = |z| · |w|
A3: |z + w| ≤ |z|+ |w|
Bemerkung 41.
|<(z)| ≤ z|=(z)| ≤ z
|zw| =√zw − zw =
√zz · ww = |z| · |w|
|z + w|2 = (z + w)(z + w) = |z|2 + zw + zw︸ ︷︷ ︸2<(zw)
+|w|2 ≤
≤ |z|2 + 2|zw|+ |w|2 = |z|2 + 2|z| · |w|+ |w|2 =(|z|+ |w|
)2
Bemerkung 42. Wurzel ziehen in CGegeben: w = u+ ivGesucht: z = x+ iy mit z2 = w
x2 + 2ixy − y2 = u+ iv
x2 − y2 = u
2xy = v
|z|2 = |w|(x2 + y2
)2= u2 + v2
x2 + y2 =√u2 + v2 = |w|√
x2 + y22
=√u2 + v2
Gleichungssystem:
x2 − y2 = ux2 + y2 = |w|
}x2 = 1
2 (u+ |w|) ≥ 0y2 = 1
2 (|w| − u) ≥ 0
⇒x = ±
√12 (|w|+ u)
y = ±√
12 (|w|+ u)
Beispiel 11.
34
1.
z2 = 3− 4i =⇒ z = x+ iy
z2 = (x2 − y2) + 2xyi =⇒ x2 − y2 = 3
2xy = −4 =⇒ x2 + y2 = |3− 4i| = 5
x2 − y2 = 3x2 + y2 = 5
}x2 = 4y2 = 1
}x = ±2y = ±1
x+ iy = ±(2− i)√
3− 4i = ±(2− i)
2.
z3 − 1 = 0 =⇒ z1 = 1 ist eine Losung
(z − 1) · (z2 + z + 1) = 0 =⇒ z2 + z + 1 = 0
z2,3 = −1
2±√
1
4− 1 =
−1±√
3
2
−1± i√
3
2heißt
”dritte Einheitswurzeln”
ξ =−1± i
√3
2=⇒ ξ2 =
1
ξ=
ξ
ξ · ξ= ξ
ξ4 = ξ =⇒ ξ5 = ξ
−1+√
32
−1−√
32
1− 12
120◦
35
Gleichseitiges Dreieck
3.
x3 + ax2 + bx+ c = 0
x = y − a
3→ x3 = y3 − ay2 +
a2
3y − a3
27
x2 = y2 − 2a
3y +
a2
9
0 = y3 +���0 · y2 + py + q
y = u+ v
y3 = u3 + 3u2 + 3uv2 + v3 = u3 + v3 + 3uv(u+ v︸ ︷︷ ︸=y
)
u3 + v3 + (3uv + p︸ ︷︷ ︸3uv:=−p
) · (u+ v) + q = 0
⇒ u3 + v3 = −q
uv = −p3→ u3v3 =
(−p
3
)3
u3 und v3 sind die Losungen der Gleichung: z2 + qz +(−p3)3
= 0
z2 + qz +(−p
3
)3
= (z − z1) · (z − z2) = z2 − (z1 + z2) + z1z2
u3, v3 = −q2±√(q
2
)2
+(p
3
)3
u, v =3
√−q
2±√(q
2
)2
+(p
3
)3
y =3
√−q
2+
√(q2
)2
+(p
3
)3
+3
√−q
2−√(q
2
)2
+(p
3
)3
︸ ︷︷ ︸Cardanosche Formel
Meist fur(q
2
)2
+(p
3
)3
≥ 0
Satz 1.7. Fundamentalsatz der AlgebraSei p(z) = zn + an−1z
n−1 + ...+ a1z + a0 mit a0, a1, ..., an−1 ∈ C, dann gbt es ein α ∈ C, sodassp(α) = 0
1.6 Reelle und komplexe Funktionen
Definition 1.7. Sei U ⊆ R (beziehungsweise C), dann heißt eine Abbildungf : U︸︷︷︸
Definitions-bereich
→ R︸︷︷︸Werte-bereich
(beziehungsweise C) eine reelle (beziehungsweise komplexe) Funktion.
36
Bemerkung 43. Rechenoperationen mit Funktionenf, g : U → R (beziehungsweise C)
f ± g :
{U → R (oder C)x 7→ f(x) + g(x)
f · g :
{U → R (oder C)x 7→ f(x) · g(x)
Wenn g(x) 6= 0 ∀x ∈ U :
f
g:
{U → R (oder C)
x 7→ f(x)g(x)
Definition 1.8. Sei x ∈ Q, x > 0, r = pq
xpq = xr :=
(q√x)p
xp1q · x
p2q =
(q√x)p1+p2
= xp1+p2q
xr1 ·r2 = xr1+r2 (r1, r2 ∈ Q)
(xy)r = xr · yr
x 7→ xr heißt Potenzfunktion mit dem rationalen Exponenten r
1.7 Polynome (Polynomfunktionen)
Definition 1.9. p(x) = anxn + an−1x
n−1 + ... + a1x + a0 mit a0, ..., an ∈ R oder C heißt einPolynom. (an 6= 0) n heißt der Grad von p, Grad(p):=n.a0, ..., an heißen die Koeffizientenan 6= 0 Leitkoeffizienta0 das konstante Glied.Wenn an = 1, dann heißt p normiert, q(x) = 0 heißt Nullpolynom.
Satz 1.8. Satz von der Division mit RestSeien p und q Polynome, q 6= 0, dann gibt es Polynome r, s, sodass p = q · s + r gilt. daher istGrad(r) < Grad(q).
Bemerkung 44. Analogie zur Division mit Rest auf Z(Grad(·) ∼= 1
).
37
Beweis.
p(x) = pnxn + ...+ p1x+ p0
q(x) = qmxm + ...+ q1x+ q0
m ≥ 0, (qm 6= 0)
Induktion nach n: p(x) = p0
m = 0 : s = p0q0
r = 0 q(x) = q0 6= 0 p0 = p0q0· q0 6= 0
m > 0 : s = 0 r = q0 p0 = p(x) = 0 · q(x) + p0
Sei p(x) = an+1xn+1 + anx
n + ...+ a1x+ a0 ein Polynom vom Grad n+ 1
p(x) =an+1
qmmq(x) · xm+1 + p1(x)
Es gilt n+ 1 ≥ m, definiere p1(x)
p1(x) = an+1xn+1 + anx
n + ...+ a0 −an+1
qm(qmx
m + ...+ q0)xn+1−m =
= (an+1 −an+1qm−1
qm)xn + ...
Grad(p1) ≤ nInduktionsvorraussetzung:
pn(x) = s1(x) · q(x) + r1(x) mit Grad(r1) < Grad(q)
p(x) =an+1
qm· xn+1−m · q(x) + s1(x) · q(x) + r1(x) =
=
(an+1
qm· xn+1−m + s1(x)
)︸ ︷︷ ︸
x(s)
·q(x) + r1(x)︸ ︷︷ ︸r(x)
Grad(p) < Grad(q) : p(x) = 0 · q(x)︸ ︷︷ ︸s
+ p(x)︸︷︷︸r
Behauptung s und r sind eindeutig bestimmt.Angenommen:
p(x) = s1(x) · q(x) + r1(x) = s2(x) · q(x) + r2(x)(s1(x)− s2(x)
)q(x) = r2(x)− r1(x)
Grad((s1(x)− s2(x)
)q(x)
)≥ Grad(q) E
1.8 Polynomdivision
38
Beispiel 12.
x4 + 3x2 + 0x2 − 5x + 2 : (x2 − 2x+ 3) =
Quotient derPolynomdivision︷ ︸︸ ︷x2 + 5x+ 7
−(x4 − 2x3 + 3x2)5x3 − 3x2 − 5x + 2
− (5x3 − 10x2 + 15x)7x2 − 20x + 2
− (7x2 − 14x + 21)− 6x − 19 → Rest der
Polynomdivision
Bemerkung 45.
x2 + 5x+ 7− 6x+ 19
x2 − 2x+ 3= (x2 − 2x+ 3) · (x2 + 5x+ 7)− 6x− 19
1.9 Nullstellen von Polynomen
Definition 1.10. Sei p(x) = pnxn + pn−1x
n−1 + ... + p1x + p0 ein Polynom, dann heißt α ∈ Ceine Nullstelle von p, wenn p(α) = 0. (
”Wurzel von p”)
Bemerkung 46. Sei p ein Polynom und α eine Nullstelle von p.
p(x) = p1(x) · (x− α) + r(x)︸︷︷︸konstant
Grad(r)<1
=
= p1(x) · (x− α) + C
x = α :
p(α) = 0 = p1(α) · 0 + C
⇒ C = 0
⇒ p(x) = p1(x) · (−α)
Division ohne Rest moglich!
Grad(p1) = Grad(p)− 1
Wenn Grad(p1) ≥ 1 ist, hat p1 eine Nullstelle. Zu dieser Nullstelle kann der zugehorigeFaktor ab dividiert werden.Damit kann man das Polynom p(x) = pnx
n + ...+ p1x+ p0 in Faktoren zerlegen:
p(x) = pn · (x− α1) · (x− α2) · ... · (x− αn)
”Zerlegung von p(x) in Linearfaktoren”
Durch Ordnen der Faktoren kann diese Zerlegung in die folgende Form gebracht werden,
39
weil Nullstellen mehrfach auftreten konnen:
p(x) = p1(x− β1)k1 · (x− β2)k2 · ... · (x− βl)kl
Dabei sind die βi paarweise verschieden und es gilt k1 + k2 + ...+ kl = n. Man nennt kidie Vielfachheit von βi.
Folgerungen
1. Aus dem Fundamentalsatz der Algebra (Satz 1.7) folgt, dass ein Polynom vom Gradn genau n Nullstellen hat, wenn man diese mit Vielfachheit zahlt.
2. Weil das Produkt p(x) = pn(x− β1)k1 · ... · (x− βl)kl genau dann 0 ist, wenn einerder Faktoren verschwindet, sind β1, ..., βl alle Nullstellen von p.
3. Sei p ein Polynom vom Grad ≤ n und seien α1, ..., αn+1 ∈ C paarweise verschieden.Wenn p(α1) · p(α2) · ... · p(αn+1) = 0, dann ist p das Nullpolynom. (p = 0)
4. Folgerung aus 3.: Seien p und q zwei Polynome vom Grad n und α1, ..., αn+1 ∈ Cpaarweise verschieden. Wenn p(αj) = q(αj) fur j = 1, ..., n + 1, dann ist p(x) =q(x).
Satz 1.9. Punkt 4. der Folgerung ↑
Bemerkung 47.
d(x) = p(x)− q(x) hat Grad ≤ n und n+ 1 Nullstellen
α1, α2, ..., αn+13.
=⇒ d(x) := 0
1.10 Erweiterung der Definition des Binomialkoeffizienten
Definition 1.11. (n
k
)=
n!
k!(n− k)!=n · (n− 1) · ... · (n− k + 1)
k!(x
k
):=
x · (x− 1) · ... · (x− k + 1)
k!
Polynom in x ∈ C(Es gilt k ∈ N0)
40
Beispiel 13.
(− 1
2
k
)=
(− 1
2
)·(− 3
2
)· ... ·
−(k− 12 )
=︷ ︸︸ ︷(−1
2− k + 1
)k!
=
= (−1)k · 2−k︸ ︷︷ ︸( 1
2 )k
·1 · 3 · 5 · ... · (2k − 3) · (2k − 1)
k!=
= (−1)k · 2−k · 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · ... · (2k − 3) · (2k − 2) · (2k − 1) · 2kk! 2 · 4 · 6 · ... · (2k − 2) · 2k︸ ︷︷ ︸
2·1·2·2·...·2·(k−1)·2·k=2k·k!
=
= (−1)k · 2−k · (2k)!
k! · 2k · k!= (−1)k · 4−k ·
(2k
k
)
Beispiel 14. (−kk
)=
(−x) · (−x− 1) · ... · (−x− k + 1)
k!=
= (−1)k · x · (x+ 1) · ... · (x+ k − 1)
k!=
= (−1)k ·(x+ k − 1
k
)
Bemerkung 48. Der Binomialkoeffizient(xk
)mit x ∈ C und x /∈ N0 hat keine kombina-
torische Bedeutung.
k∑l=0
(m
l
)·(
n
k − l
)=
(m+ n
k
)m,n ∈ N0, k ∈ N, fest
Sei n ∈ N0 fest, dann ist:
k∑l=0
(m
l
)·(
n
k − l
)=
(m+ n
k
)eine Gleichung in Polynomen in der Variablen m ∈ N0 (Polynome vom Grad k). DieGleichung gilt jedenfalls fur m = 0, 1, ..., k (k + 1 Werte). Nach Satz 1.9 stimmen daher
41
die Polynome uberein. Damit gilt:
k∑l=0
(x
l
)·(
n
k − l
)=
(x+ n
k
)fur x ∈ C (1.1)
Sei nun x fest: Damit is der Term (1.1) eine Gleichung in Polynomen in der Variablenn ∈ N0. Die Gleichung gilt fur n = 0, 1, ..., k (k+1 Werte). Nach Satz 1.9 stimmen daherdie Polynome uberein. Damit gilt:
k∑l=0
(x
l
)·(
y
k − l
)=
(x+ y
k
)fur x, y ∈ C
Bemerkung 49.
x = y = −1
2(− 1
2
l
)= (−1)l · 4−l ·
(2l
l
)
(−1
k
)=
(−1) · (−2) · ... ·
(−1−k+1)=︷ ︸︸ ︷
(−k)
k!= (−1) ·��k!
��k!k∑l=0
(− 1
2
l
)·(− 1
2
k − l
)=
k∑l=0
(−1)l · 4−l ·(
2l
l
)· (−1)k−l · 4−(k−l) ·
(2(k − l)k − l
)=
= (−1)k · 4−k ·k∑l=0
(2l
l
)·(
2(k − l)k − l
)︸ ︷︷ ︸
=4k
= (−1)k =
((− 1
2
)+(− 1
2
)k
)
Bemerkung 50. Sei p(x) = pnxn+ ...+p1x+p0 ein Polynom mit reellen Koeffizienten.
Dann treten die komplexen Nullstellen paarweise auf. Sei α ∈ C eine Nullstelle von p:o(α) = pnα
n + ...+ p1α+ p0 = 0Wende komplexe Konjugation an: p(α) = pnαn + ...+ p1α+ p0 = 0 = p(α)
42
Bemerkung 51.
p(x) = pn(x− α)k1 · (x− α)k2 · ... ⇒ k1 = k2
(x− α) · (x− α) = x2 − (α+ α)︸ ︷︷ ︸−p∈R
x+ αα︸︷︷︸q∈R︸ ︷︷ ︸
reelles Polynom
α ∈ C \ R, α, α = −p2±√p2
4− q mit
p2
4− q < q
Satz 1.10. Sei p(x) = pnxn+...+p1x+p0 ein Polynom mit komplexen Koeffizienten, dann zerfallt
p uber C in Linearfaktoren, das heißt: p(x) = pn · (x − β1)k1 · ... · (x − βl)kl mit β1, ..., βl ∈ C,k1, ..., kl ∈ N und k1 + ...+ kl = n.
Satz 1.11. Sei p(x) = pnxn + ...+ p0 ein Polynom mit reellen Koeffizienten, dann zerfallt p uber
R in lineare Faktoren(x2 + px+ q mit p2
4 < q)
. Das heißt:
p(x) = pn · (x− β1)k1 · ... · (x− βl)kl · (x+γ1x+ δ1)m1 · ... · (x2 + γsx+ δs)ms
mit β1, ..., βl ∈ R, γ1, ..., γs, δ1, ..., δs ∈ R
mitγ2j
4< δj fur j = 1, ..., s
und k1 + k2 + ...+ kl + 2 · (m1 + ...+ms) = n
1.11 Rationale Funktionen
Definition 1.12. Seien p und q Polynome, q 6= 0, dann heißt r(x) = p(x)q(x) eine rationale Funktion
r(x) und ist definiert fur alle x ∈ C fur die q(x) 6= 0 ist.
Dr ={x ∈ C
∣∣∣ q(x) 6= 0}
Bemerkung 52. Wenn p(x)q(x) im gemeinsame Faktoren von p(x) und q(x) bereinigt wird,
entsteht die gekurzte Darstellung von r(x) = P (x)Q(x) . Das heißt: P (x) und Q(x) haben keine
gemeinsamen Nullstellen. Der vollstandige Definitionsbereich von r:
Dr ={x ∈ C
∣∣∣ Q(x) 6= 0}
43
Beispiel 15.
r(x) =x”− 1
x2 − 3x+ 2=��
��(x− 1) · (x+ 1) · (x2 + 1)
����(x− 1) · (x− 2)
=(x+ 1) · (x2 + 1)
x− 2
1.12 Partialbruchzerlegung
Satz 1.12. Seien p und q rationale Funktionen, Grad(p) < Grad(q) und q 6= 0. Zerfalle q inLinearfaktoren q(x) = qn(x−α1)k1 · ... · (x−αl)kl mit α1, ..., αl ∈ C paarweise verschieden, danngibt es ein Aij ∈ C, und i = 1, ..., l, beziehungsweise j = 1, ..., k sodass:
p(x)
q(x)=
l∑i=1
kj∑j=1
Aij(x− αi)j
Beweis. Durch Indukion nach m = Grad(q).
IA: m = 1: Grad(p) < 1⇒ Grad(q) = 0
p(x)
q(x)=
poq1x+ q0
=
p0q1
x−(− q0q1
) X
⇒ A11 =p0
q1
α1 =p0
q1X
IS: Angenommen die Aussage ist richtig fur Grad(q) < m
Grad(q) = m
q(x) = (x− α1)k1 · q1(x) mit q1(α1) 6= 0
Grad(q1) < m
p(x)q(x) =
A1k1
(x−α1)k1+ Rest / · (x− α1)k1 · ...
⇒ p(x)q(x) = A1k1 + (x− α1)k1 · Rest︸ ︷︷ ︸
hat keinen Nenner
/x = α1
⇒ p(α1)q1(α1) = A1k1 +((((
(((((α1 − α1)k1 · Rest
⇒ das heißt: wahle A1k1 = p(α1)q1(α1)
Ansatz unter der Annahme,
dass der Beweis klappen wird
p(x)
q(x)=
p(x)
q1(x) · (x− α1)k1− p(α1)
q1(α1) · (x− α1)k1+
A1k1
(x− α1)k1=
=p(x)− p(α1)
q1(α1) · q1(x)
q1(x) · (x− α1)k1− A1k1
(x− α1)k1
Grad<m︷ ︸︸ ︷p(x)− p1(x)
q1(x)· q1(x)
p(α1)− p(α1)
q1(α1)· q1(α1) = 0
44
p(x)− p(α1)
q1(α1)· q1(x) = (x− α1)k1 · p1(x)︸ ︷︷ ︸
Grad(p1)<m−1
=
(x− α1) · p1(x)
(x− α1)k1 · q1(x)+
A1k1
(x− α1)k1=
=
k1−1∑j=1
A1j
(x− α1)j+
l∑i=2
k∑j=1
Aij(x− α1)j
+A1k1
(x− α1)k1
Beispiel 16.
x2 + x− 2
(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=
A
(x+ 1)2+
B
x+ 1+
C
x+ 1 + i+
D
x+ 1− i
[Grad(Zahler) < Grad(Nenner) Nullstellen:
x1,2 = −1x3,4 = −1± i
]
A:
x2 + x− 2
x2 + 2x+ 2= A+B(x+ 1) + (x+ 1)2
Definiert bei x = −1
1− 1− 2
1− 2 + 2= A+B · 0 + 0
⇒ A = −2
B:
x2 + x− 2
(x+ 1)2(x2 + 2x+ 2)+
2
(x+ 1)2=x2 + x− 2 + 2x2 + 4x+ 4
(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=
=3x2 + 5x+ 2
(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=
(3x+ 2) · (x+ 1)
(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=
=3x+ 2
(x+ 1) · (x2 + 2x+ 2)=
B
x+ 1+ %
⇒ 3x+ 2
x2 + 2x+ 2= B + (x+ 1) %
⇒ B = −1
45
C:
x2 + x− 2
(x+ 1)2 · (x+ 1− i)= C + (x+ 1 + i)
Definiert bei x = −1− i(−1− i)2 − 1− i− 2
(−i)2 · (−1− i+ 1− i)=
2i− 1− i− 2
(−1) · (−2i)=
3 + i
2i=
1 + 3i
2= C
D:
D = C =1− 3i
2
⇒ x2 + x− 2
(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=
−2
(x+ 1)2− 1
x+ 1+
1 + 3i
2(x+ 1 + i)+
1− 3i
2(x+ 1− i)
Bemerkung 53. Sei p(x)q(x) eine beliebige rationale Funktion:
1. Fall: Grad(p) < Grad(q) ⇒ PBZ
2. Fall: Grad(p) ≥ Grad(q) ... PBZ nicht zulassig
p(x) = s(x) · q(x) + r(x)
p(x)
q(x)= s(x)︸︷︷︸
Polynom
+r(x)
q(x)︸ ︷︷ ︸PBZ
Das heißt: Jede rationale Funktion kann in der Form p(x)q(x) = s(x)︸︷︷︸
Polynom
+PBZ geschrieben
werden. Diese Darstellung ist eindeutig.
46
Beweis. s(x) entsteht durch Polynomdivision ⇒ eindeutig bestimmt.
r(x)
q(x)=
l∑i=1
kj∑j=1
Aij(x− αi)j
=
l∑i=1
kj∑j=1
Bij(x− αi)j
mit Bij 6= Aij
0 =
l∑i=1
kj∑j=1
Aij −Bij(x− αi)j
Wahle i = I, sodass ein j entstehtmit Bij 6= Aij . Wahle j = J maximal
0 =
J∑j=1
AIj −BIj(x− αI)j
+
l∑i=1i 6=I
ki∑j=1
Aij −Bij(x− αi)j
/ · (x− αI)J
= (AIJ −BIJ) + (−αI) ·
l∑i=1i 6=I
ki∑j=1
Aij −Bij(x− αi)j
= AIJ −BIJ + 0
⇒ Aij = BIJ E
⇒ Es gibt nur eine Partialbruhzerlegung
⇒ Die Partialbruchzerlegung ist eindeutig bestimmt
47
2 Folgen, Reihen, Grenzwerte
Definition 2.1. Eine Abbildung f : N(0) → R (beziehungsweise C) heißt eine Folge reeller(beziehungsweise komplexer) Zahlen.Schreibweise: a1 = f(1)Folge: → (an)n∈N beziehungsweise (aN )n∈N0
Definition 2.2. Eine Folge (an)n∈N reeller beziehungsweise komplexer Zahlen konvergiert, gegena ∈ R (beziehungsweise C), wenn
∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |a− an| < ε
Das heißt: Fur jede vorgegebene Fehlerschranke ε > 0 wird |a − an| < ε wenn n”groß genug”
wird.Sprechweise dazu: |a− an| < ε fur
”fast alle” n.
”fast alle ” ⇔ ∃N ∈ N : ∀n ≥ N ... fur alle mit Ausnahme von endlich vielen
Schreibweise
a = limn→∞
(an) ⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |a− an| < ε
a heißt der Grenzwert von (an)n∈N
Definition 2.3. Eine Folge (an)n∈N heißt konvergent, wenn sie einen Grenzwert besitzt
⇔ ∃a ∈ R (beziehungsweise C), ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |a− an| < ε
Satz 2.1. Eine Folge (an)n∈N kann hochstens einen Grenzwert haben.
Beweis. Angenommen (an)n ∈ N hat zwei Grenzwerte a und b mit a 6= b.
∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| < ε
∀ε > 0, ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |an − b| < ε
ε =|b− a|
2> 0
n ≥ max{N1, N2}
|a− b| = |a− an + an − b| ≤ |a− an|+ |an − b| <|b− a|
2+|b− a|
2= |b− a| E
Definition 2.4. Eine Folge (an)n∈N heißt Nullfolge, wenn:
limn→∞
(an) = 0 ⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |an| < ε
48
Beispiel 17. s ∈ Q und s > 0:
limn→∞
(1
ns
)= 0
ε > 0 :
∣∣∣∣ 1
ns
∣∣∣∣ < ε
1
n< ε
1s
n > ε−1s
N =⌈ε−
1s
⌉︸ ︷︷ ︸∈R+
+1 ... die nachstgroßere ganze Zahl von ε−1s plus 1
Dann gilt:1
ns< ε fur n ≥ N
a > 0 :
limn→∞
( n√a) = 1
Beweis. Zweiteilung:
a > 1:
xn = n√a− 1 > 0
n√a = 1 + xn
a = (1 + xn)n ≥ 1 + n · xn
⇒ 0 < xn ≤a− 1
n
ε > 0 : xn < ε gilt sicher, wenna− 1
n< ε gilt.
Das heißt: n >a− 1
εund N =
⌈a− 1
ε
⌉+ 1
a < 1:
yn =1n√a
=n
√1
a
1
a> 1, daher gilt lim
n→∞(yn) = 1
1
yn= n√a∣∣∣∣ 1
yn− 1
∣∣∣∣ =|yn − 1|yn
≤ |yn − 1| < ε (wenn n ≥ N)
49
Bemerkung 54.
limn→∞
(n√n)
= 1
Beweis.
xn = n√n− 1 ≥ 0
n√n = 1 + x0 ⇔ n = (1− xn)n
n = 1 + nxn +
(n
2
)x2n + ... ≥ 1 +
(n
2
)x2n
n− 1 ≥ n(n− 1)
2︸ ︷︷ ︸(n2)
x2n ⇒ x2
n =2
n
xn ≤√
2√n
0 ≤ xn ≤√
2√n
xn < ε gilt, wenn
√2√n< ε
n >2
ε2
N =
⌈2
ε2
⌉+ 1
Bemerkung 55.
|q| < 1 ⇒ limn→∞
(qn) = 0
Beweis.
Q =1
|q|> 1
Qn = (1 + (q − 1))n ≥ 1 + (Q− 1) · n
|qn| = 1
Qn≤ 1
1 + (Q− 1) · n< ε
n >
(1
ε− 1
)· 1
Q− 1
N =
⌈(1
ε− 1
)· 1
Q− 1
⌉+ 1
50
Bemerkung 56.
|z| > 1 ⇒ limn→∞
(nk
zn
)= 0 fur k ∈ N
Beweis.
1 + x = |z| : (1 + x)n+k+1 =
n+k+1∑l=0
(n+ k + 1
l
)≥
l=k+1
(n+ k + 1
k + 1
)xk+1 =
=(n+ k + 1)(n+ k)(n+ 1)
(k + 1)!xk+1
⇒ (n+ k + 1)(n+ k)(n+ 1)
(k + 1)!xk+1 ≥ nk+1
(k + 1)!xk+1
|z|n+ k + 1 = (1 + x)n+k+1 ≥ nk+1
(k + 1)!xk+1
|z|n ≥ nk+1
(k + 1)!·(
x
1 + x
)k+1
∣∣∣∣nkzn∣∣∣∣ ≤ nk(n+ 1)!
nk+1 ·(
x1+x
)k+1=
1
n· (k + 1)! ·
(1 + x
x
)k+1
ε > 0 : Wenn1
n· (k + 1)! ·
(1 + x
x
)k+1
< ε gilt, dann gilt auch:
∣∣∣∣nkzn∣∣∣∣ < ε
n >(k + 1)! ·
(1+xx
)k+1
2
⇒ N =
⌈(k + 1)! ·
(1+xx
)k+1
2
⌉+ 1
2.1 Rechenregeln fur Grenzwerte
Satz 2.2. Seien ((an)n∈N und (bn)n∈N konvergente Folgen reeller (beziehungsweise komplexer)Zahlen:
a = limn→∞
(an) und b = limn→∞
(bn)
Dann gilt:
1. (an ± bn)n∈N ist konvergent und es gilt:
a± b = limn→∞
(an ± bn)
2. (an · bn) ist konvergent und es gilt:
a · b = limn→∞
(an · bn)
51
3. Wenn ∀n ∈ N : bn 6= 0 und b 6= 0, dann konvergiert(anbn
)n∈N
und es gilt:
a
b= limn→∞
(anbn
)4. (an)n∈N ist konvergent und es gilt:
a = limn→∞
(an)
5. (|an|) ist konvergent und es gilt:
|a| = limn→∞
(|an|)
Beweis.
1.
∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| <ε
2
∀ε > 0, ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |bn − b| <ε
2⇒ |(an ± bn)− (a± b)| ≤ |an − a|︸ ︷︷ ︸
< ε2
+ |bn − b|︸ ︷︷ ︸< ε
2
< ε
2. (bn)n∈N
ε = 1 ⇒ ∃N0 ∈ N : ∀n ≥ N0 : |bn − b| < 1
|bn| = |b+ (bn − b)| < |b|+ |bn − b| ≤ |b|+ 1
Sei ε > 0:
∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| ≤ ε2(|b|+1)
∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |bn − b| ≤ ε2(|a|+1)
n ≥ max{N1, N2} : |anbn − ab| = |anbn − abn + abn − ab| ≤
≤ |bn| · |an − a|+ |a| · |bn − b| ≤����(|b|+ 1) · ε
2����(|b|+ 1)
+ |a| · ε
2(|a|+ 1)=
=ε
2+|a||a|+ 1︸ ︷︷ ︸<1
·ε2< ε
3. Es genugt zu zeigen, dass unter den obigen Bedingungen 1b = lim
n→∞
(1bn
)
52
gilt und wende dann 2. auf (an)n∈N und(
1bn
)n∈N
an.
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |bn − b| < ε
ε =|b|2
Dann gibt es ein N0 : ∀n ≥ N0 : |bn − b| <|b|2
|bn| = |b− (b− bn)| ≥∣∣|bn| − |b− bn|∣∣ > |b| − |b|
2=|b|2> 0
∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |bn − b| <|b|2· ε
Fur n ≥ max{N1, N0} gilt dann
∣∣∣∣ 1
bn
∣∣∣∣− ∣∣∣∣1b∣∣∣∣ =|bn − b||bn| · |b|
< ��|b|2ε
�2��|b|
�2��|b|
= ε
4. |an − a| = |an − a| ...
5.∣∣|an| − |a|∣∣ ...
Satz 2.3. Seien (an)n∈N und (bn)n∈N konvergente Folgen reeller zahlen mit a = limn→∞
(an) und
b = limn→∞
(bn). Wenn es ein N0 ∈ N gib, sodass ∀n ≥ N0 : an ≥ bn gilt, dann gilt a ≥ b.
Beweis.
∀ε > 0 ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| < ε∀ε > 0 ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |bn − b| < ε
}n ≥ N = max{N0, N1, N2}
a− ε < an < a+ εb− ε < bn < b+ ε
}→ 0 ≤ an − bn < (a+ ε)− (b− ε) = a− b+ 2ε
0 < a− b+ 2ε
∀ε > 0 : b− a < 2ε
⇒ fur beliebige ε > 0 nur moglich, wenn:b− a ≤ 0
b ≤ a
Satz 2.4. EntschließungssatzSeien (an)n∈N, (bn)n∈N und (cn)n∈N Folgen reeller zahlen und gelte fur N0 ∈ N : ∀n ≥ N0 :an ≤ bn ≤ cn.Wenn (an)n∈N und (bn)n∈N konvergieren und a = lim
n→∞(an) = lim
n→∞(cn) gilt, dann kovergiert auch
(bn)n∈N und es gilt: a = limn→∞
(bn)
Beweis.
∀ε > 0 ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| < ε∀ε > 0 ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |cn − c| < ε
}N = max
(N0, N1, N2
): n ≥ N
a− ε < an ≤ bn ≤ cn < a+ ε
⇒ a− ε < bn < a+ ε⇔ |bn − a| < ε
53
Definition 2.5. Seien (an)n∈N und (bn)n∈N Folgen, dann schreibt man an ∼ bn[”asymptotisch
gleich”], wenn lim
n→∞
(anbn
)= 1.
Definition 2.6. Eine Folge (an)n∈N reeller, oder komplexer Zahlen heißt beschrankt, wenn es einm ∈ R+ gibt, sodass ∀n ∈ N : |an| ≤M
Satz 2.5. Eine konvergente Folge ist beschrankt.
Beweis.
(an)n∈N, ∀ > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an − a| < ε
ε = 1 : ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an| = |a+ an − a| ≤ |a|+ 1
M = max(|a1|, |a2|, ..., |aN−1|, |a|+ 1
)⇒ ∀n : |an| ≤M
Definition 2.7. Sei (an)n∈N eine Folge reeller Zahlen, dann heißt (an)n∈N:
• monoton wachsend, wenn ∀n ∈ N :
an+1 ≥ an
• streng monoton wachsend, wenn ∀n ∈ N :
an+1 > an
• monoton fallend, wenn ∀n ∈ N :
an+1 ≤ an
• streng monoton, wenn ∀n ∈ N :
an+1 < an
(an)n∈N heißt monoton, wenn es entweder monoton wachsend oder fallend ist.
Satz 2.6. Eine monotone und beschrankte Folge ist konvergent, wenn
• (an)n∈N monoton wachsend ist, dann gilt
limn→∞
(an) = supn∈N
(an)
54
• (an)n∈N monoton fallend ist, dann gilt
limn→∞
(an) = infn∈N
(an)
Beweis.
• Sei (an)n∈N monoton wachsend.Weil (an)n∈N beschrankt ist, existiert a = sup
n∈N(an) lauf Satz 1.4
∀n ∈ N : an ≤ a∀ε > 0, ∃N ∈ N : aN > a− ε⇒ ∀n ≥ N : an ≥ aN > a− ε
das heißt: ∀n ≥ N : a− ε < an ≤ a < a+ ε
⇒ |an − a| < ε
• Sei (an)n∈N monoton fallen.Weil (an)n∈N beschrankt ist, existiert a = inf
n→∞(an) laut Satz 1.4
∀n ∈ N : an ≥ a∀ε > 0, ∃N ∈ N : aN < a+ ε
⇒ ∀n ≥ N : an ≤ aN < a+ ε
das heißt: ∀n ≥ N : a− ε < a ≤ an < a+ ε
⇒ |an − a| < ε
Beispiel 18.
pn =2 · 4 · 6 · ... · (2n)
1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1)
an =pn√n
und bn =pn√n+ 1
Es soll gezeigt werden: bn+1 ≥ bn ⇔b2n+1
b2n≥ 1
b2n+1
b2n=
pn+1√n+ 2
2 ·√n+ 1
2
p2n
=
=��2
2 ·��42 ·��62 · ... ·���(2n)2 ·
(2(n+ 1)
)2��1
2 ·��32 ·��52 · ... ·�����
(2n− 1)2 · (2n+ 1)2 · (n+ 2)·��1
2 ·��32 ·��52 · ... ·�����
(2n− 1)2 · (n+ 1)
��22 ·��42
��62 · ... ·��
�(2n)2=
=(2n+ 2)2 · (n+ 1)
(2n+ 1)2 · (n+ 2)=
4(n3 + 3n2 + 3n+ 1
)4n3 + 12n2 + 9n+ 2
=4n3 + 12n2 + 12n+ 4
4n3 + 12n2 + 9n+ 2> 1
an+1 ≤ an ⇔ a2n
a2n+1
≥ 1
55
��22 ·��42 ·��62 · ... ·��
�(2n)2
��12 ·��32 ·��52 · ... ·���
��(2n− 1)2 · n
·��12 ·��32 ·��52 · ... ·���
��(2n− 1)2 · (2n+ 1)2 · (n+ 1)
��22 ·��42
��62 · ... ·��
�(2n)2 · (2n+ 2)2=
=(2n+ 1)2
2n(n+ 1)=
4n2 + 4n+ 1
4n2 + 4n> 1
⇒ (an)n∈N ↓ (monoton fallend)
⇒ (bn)n∈N ↑ (monoton wachsned)
b1 ≤ b2 ≤ ... ≤ a2 ≤ a1
⇒ b1 ≤ bn ≤ an ≤ a1
(an)n∈N und (bn)n∈N sind beschrankt und monoton, daher konvergent.
p = limn→∞
(an) = limn→∞
(bn) daanbn
=
pn√n
pn√n+1
=
√n+ 1√n
=
√1 +
1
n
⇒ limn→∞
(anbn
)= 1
p =√π: (√
2 = 21·√
2= b1 ≤ p ≤ a1 = 2
1·√
1= 2√
2 ≤ p ≤ 2
)
pn =2 · 4 · ... · (2n)
1 · 3 · ... · (2n− 1)=
(2 · 4 · ... · (2n)
)21 · 2 · 3 · ... · (2n− 1) · (2n)
=4n(n!)2
(2n)1=
4n(2nn
) ∼ p√nlimn→∞
(pn√n
)= p ←→
(2n
n
)∼ 4n
p√n
( 12
n
)=
12
(12 − 1
)· ... ·
(12 − n+ 1
)n!
=(−1)n−1 ·
(12
)2 · 1 · 3 · ... · (2n− 3)
n!· 2n− 1
2n− 1︸ ︷︷ ︸=1
=
=(−1)n−1 · 1 · 3 · ... · (2n− 1)
2 · 4 · 6 · ... · (2n) · (2n− 1)=
(−1)n−1
2n− 1· 1
pn∣∣∣∣( 12
n
)∣∣∣∣ =1
pn(·(2n− 1)∼ 1
p√n · (2n− 1)
=1
2pn√n ·(1− 1
2n
) ∼ 1
2pn√n
=1
2pn32
Beispiel 19.”
Babylonisches Wurzelziehen”a > 0 :
√a
x0 ... gegeben[beliebig gewahlter Startwert
]x0 ist ein grob geschatztes Ergebnis von
√a
Angenommen x0 =√a, dann muss
√a = a
x0gelten, wenn x0 6=
√a, dann sind beide
Ausdrucke nur Naherungen. Im Folgenden werden beide diese Naherungen gemittelt und
56
so eine rekursive Folge definiert.
x0,a
x0... Naherungen fur
√a −→
x1 = 12 ·(x0 + a
x0
)xn+1 = 1
2 ·(xn
axn
)Beschranktheit:
xn ≥√a fur n ≥ 1
xn+1 −√a =
1
2xn·(x2n − 2
√axn + a
)=
1
2xn·(xn −
√a)2 ≥ 0
xn − xn+1 = xn −1
2xn·(x2n + a) =
1
2xn·(2x2
n − x2n − a
)=x2n − a2xn
≥ 0
√a ≤ xn ≤ xn+1 ≤ ... ≤ x1 ⇒ (xn)n∈N ist beschrankt
⇒ (xn)n∈N konvergiert
⇒ x = limn→∞
(xn) = limn→∞
(xn+1) = limn→∞
(1
2
(xn +
a
xn
))=
1
2
(limn→∞
(xn) +a
xn
)> 0
⇒ x =1
2
(x+
a
x
)⇔ x2 + a = 2x ⇔ x2 = a ⇔ x = ±
√a
2.2 Haufungspunkte (Haufungsweite) von Folgen
Konvergenz: a = limn→∞
(xn)
Definition 2.8. Sei (an)n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen. Dann heißt h[in R oder
C]
ein Haufungspunkt (Haufungsweite), wenn fur jedes ε > 0 die Ungleichung |an − a| < ε furunendlich viele n erfullt ist ⇐⇒ wenn fur jedes ε > 0 unendlich viele Folgenglieder die Umgebung|xn − h| < ε erfullen
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |xn − h| < ε
Definition 2.9. Sei (an)n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen und sei (nk)k∈N eine strengmonoton wachsende Folge naturlicher Zahlen, dann heißt die Folge (ank)k∈N eine Teilfolge von(an)n∈N.
Satz 2.7. Sei (an)n∈N weine Folge reeller oder komplexer Zahlen, dann ist h ein Haufungspunktder Folge genau dann, wenn es eine gegen h konvergente Teilfolge von (an)n∈N gibt.
Beweis.
”⇒” Sei h ein Haufungspunkt von (an)n∈N
ε =1
kmit k = 1, 2, ...
57
k = 1 :
N = 1, ∃n1 ≥ 1 : |an1− h| < 1
k = 2 :
N = n1 + 1, ∃n2 ≥ n1 : |an2− h| < 1
2
...
k :
N = nk−1 + 1, ∃nk ≥ nk−1 : |ank − h| <1
k
(akn)k∈N ist dann eine Teilfolge von (an)n∈N und es gilt:
h = limk→∞
(ank)
”⇐” Sei (an)n∈N eine gegen h konvergente Teilfolge von (an)n∈N
∀ε > 0, ∃K ∈ N : ∀k ≥ K : |ank − h| < ε
Das heißt: fur jedes ε > 0 unterscheiden sich die Folgenglieder ank , ank+1, ...︸ ︷︷ ︸
∞−viele
um weniger als ε von h.
Beispiel 20.
an = (−1)n +1
na2n = 1 + 1
2n ←→ 1 = limn→∞
(a2n)
a2n+1 = −1 + 12n+1 ←→ −1 = lim
n→∞(a2n+1)
Satz 2.8. Bolzano-Weierstraß
(i) Jede beschrankte Folge besitzt einen Haufungspunkt
(ii) Jede beschrankte Folge besitzt eine konvergente Teilfolge
Bemerkung 57. Nach Satz 2.7 sind diese beiden Aussagen aquivalent.
58
Beweis. (i) Sei (an)n∈N eine beschrankte Folge reeller Zahlen
∃a, b ∈ R : ∀n ∈ N : a ≤ an ≤ b[an ∈ [a, b]
]I0 = [a, b]
Wahle I1 =
[a,a+ b
2
]beziehungsweise
[a+ b
2
]je nachdem,
welches der beiden Intervalle ∞-viele Folgenglieder enthalt
In = [αn, βn] , In+1 =
[αn,
αn + βn2
]beziehungsweise In+1 =
[αn + β2
2
]Dann bildet I1 ⊇ I2 ⊇ I3 ⊇ ... eine Intervallschachtellung
Nach Intervallschatelungsprinzip (V) gibt es genau ein h ∈ R sodass:
∀n ∈ N : h ∈ InBehauptung: h ist ein Haufungspunkt von (an)n∈N
Sei ε > 0, wahle n so groß, dass |I| < ε
h ∈ In, |In| < ε⇒ In ⊆ (h− ε, h+ ε)
Nach Konstruktion liegen in In unendlich viele Folgenglieder,
also auch in (h− ε, h+ ε)
(ii) Sei an = xn + iyn eine beschrankte Folge komplexer Zahlen.
∃M ∈ N : ∀n ∈ N : |an| ≤M ⇒ |xn| ≤M, |yn| ≤M(xn)n∈N ist eine beschrankte Folge reeller Zahlen.
Diese besitzt nach (i) einen Haufungspunkt und nach (ii) eine
konvergente Teilfolge
x = limk→∞
(xnk)
(ynk)k∈N ist eine beschrankte Folge reeller Zahlen.
Diese besitzt eine konvergente Teilfolge(ynkl
)l∈N
⇒(ankl
)konvergiert
Bemerkung 58. Eine Teilfolge einer Teilfolge ist immer noch eine Teilfolge der ur-sprunglichen Folge.
59
Definition 2.10. Sei (an)n∈N eine beschrankte Folge reeller Zahlen. Dann heißt:
lim supn→∞
(an) = limn→∞
(sup
{an
∣∣∣ n ≥ k}) der limes superior[”obere Haufungsgrenze”
]lim infn→∞
(an) = limn→∞
(inf{an
∣∣∣ n ≥ k}) der limes inferior[”untere Haufungsgrenze”
]
Bemerkung 59.
bk = sup{an
∣∣∣ n ≥ k}Die Mengen
{an
∣∣∣ n ≥ k} nehmen mit wachsendem k ab.{an
∣∣∣ n ≥ k + 1}⊆{an
∣∣∣ n ≥ k}Damit ist (bk)k∈N monoton fallend und beschrankt, daher konvergent
Ebeneso fur lim inf
Sei h∗ = lim supn→∞
(an) = limn→∞
(sup
{an
∣∣∣ n ≥ k})ε > 0 : ∃K ∈ N : ∀k ≥ K :
∣∣∣h∗ − sup{an
∣∣∣ n ≥ k}∣∣∣ < ε
genauer: h∗ ≤ sup{an
∣∣∣ n ≥ k} < h∗ + ε
also gilt ∀n ≥ k : an < h∗ + ε
∀k : h∗ − ε < sup{an
∣∣∣ n ≥ k} =⇒ ∀k, ∃n ≥ k : an > h∗ − ε
das heißt.: fur unendlich viele n gilt: an > h∗ − ε=⇒ h∗ ist ein Haufungspunkt von (an)n∈N
h∗ − ε <︸ ︷︷ ︸gilt fur∞-viele n
an < h∗ + ε︸ ︷︷ ︸gilt ab
einem Index
⇒ gilt fur unendlich viele n
h∗ ist der großte Haufungsunkt von (an)n∈N
angenommen: h′ > h∗ ware ein Haufungspunkt von (an)n∈N
ε =h′ − h∗
2> 0
h∗ + ε = h′ − ε < an︸ ︷︷ ︸ist nach der Uberlegungoben nur fur hochstensendlich viele n erfullt
< h′ + ε E
Ebenso fur lim infn→∞
(an)
60
Satz 2.9. Charakterisierung von”
lim inf” und”
lim sup”Sei (an)n∈N eine beschrankte Folge reeller Zahlen, h∗ = lim inf
n→∞(an) und h∗ = lim sup
n→∞(an), dann
gilt:
i) ∀ε > 0 an < h∗ − ε fur fast alle nii) ∀ε > 0 an > h− ε fur ∞− viele niii) ∀ε > 0 an > h∗ − ε fur fast alle niv) ∀ε > 0 an < h∗ + ε fur ∞-viele n
Bemerkung 60.
lim infn→∞
(an)
kleinster
≤und
lim supn→∞
(an)
großter
Haufungspunkt
Wenn: lim infn→∞
(an) = lim supn→∞
(an) = a, dann konvergiert (an)n∈N gegen a
h∗ = h∗ = a :
∀ε > 0 ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : an < a+ ε∀ε > 0 ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 an > a− ε
}n ≥ N = max(N1, N2)
a− ε < an < a+ ε
⇒ |a− an| < ε
Bemerkung 61.
infn∈N
(an) ≤ lim infn→∞
(an) ≤ lim supn→∞
(an) ≤ supn∈N
(an)
Beispiel 21.
an = (−1)n +1
nlim supn→∞
(an) = 1 und lim infn→∞
(an) = −1
61
zu zeigen nach i)
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : an < 1 + ε
(−1)n +1
n
?< 1 + ε
(−1)n +1
n≤ 1 +
1
n≤ 1 + ε
gilt fur n >1
ε
⇒ N =
⌈1
ε
⌉+ 1
ii)
∀ε > 0, an > 1− ε fur ∞− viele n
a2n = 1 +1
2n> 1 > 1− ε
iii)
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : an > −1− ε
an = (−1)n +1
n> −1 > −1− ε
⇒ N = 1
iv)
∀ε > 0 : an < −1 + ε fur ∞− viele n
a2n+1 = −11
2n+ 1< −1 + ε
n >1
2ε− 1
2
N =
⌈1
2ε
⌉
2.3 Uneigentliche Grenzwerte, beziehungsweise Haufungspunkte
Definition 2.11. Sei (an)n∈N eine Folge reeller Zahlen, dann gilt:
limn→∞
(an) = +∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N : an > M
limn→∞
(an) = −∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N : an < −M
lim supn→∞
(an) = +∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∀N ∈ N ∃n ≥ N : an > M
lim infn→∞
(an) = −∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∀N ∈ N ∃n ≥ N : an < −M
limn→∞
(an) = ±∞⇐⇒ limn→∞
(|a|)
= +∞
62
Satz 2.10. Konvergenzkriterium von CauchyEine Folge (an)n∈N reeller oder komplexer Zahlen konvergiert genau dann, wenn:
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| < ε[”
Cauchy-Eigenschaft”]
Wenn eine Folge diese Eigenschaft hat, nennt man sie Cauchy-Folge.
Beweis.
”⇒” Sei (an)n∈N konvergent:
∃a : ∀ε > 0, ∃N ∈ N :∀n ≥ N : |an − a| < ε
2∀m ≥ N : |am − a| < ε
2
Seien m,n ≥ N : |am − an| =∣∣(am − a)− (an − a)
∣∣ ≤ |am − a|+ |an − a| < ε
das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| ε
”⇐” Sei (an)n∈N eine Cauchy-Folge:
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| < ε
ε = 1 : ∃N0 ∈ N : ∀m,n ≥ N : 0 : |am − an| < 1⇒ |an0− an| < 1
n ≥ N0 : |an| = |aN0+ (an − an0
)| = |an0|+ |an − an0
| ≤ |an0|+ 1
M = max(|a1|, |a2|, ..., |aN0−1|, |aN0
|+ 1)
: ∀n ∈ N : |an| ≤Mdas heißt: (an)n∈N ist beschrankt
Nach Satz 2.7 besitzt (an)n∈N eine konvergente Teilfolge(ank)k∈N
a = limk→∞
(ank)
∀ε > 0, ∃K ∈ N : ∀k ≥ K :∣∣a− ank ∣∣ < ε
2
Cauchy-Eigenschaft: ∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀m,n ≥ N1 : |am − an| <ε
2
Sei ε > 0 : N = max(N,nk
)n ≥ N : |an − a| =
∣∣an − ank + ank − a∣∣ ≤ ∣∣an − ank ∣∣︸ ︷︷ ︸
< ε2
+∣∣ank − a∣∣︸ ︷︷ ︸
ε2
< ε
63
Beispiel 22.
a0 = 1, a1 = 12 , a2 = 1
3 , a3 = 35 , ...
an+1 =1
an + 1
∀n :1
2≤ an ≤ 1 ... Behauptung
3
2≤ an + 1 ≤ 2
⇒ 1
2≤ 1
an + 1︸ ︷︷ ︸an+1
≤ 2
3≤ 1
Bemerkung 62.
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀k ∈ N : |an+ k︸ ︷︷ ︸=:m
− an| < ε
Beispiel 23. Fortsetzung des Beispiels 22
|an+k − an| =∣∣∣∣ 1
an+k−1 + 1− 1
an−1 + 1
∣∣∣∣ =|an+k−1 − an−1|
(an−1 + 1)︸ ︷︷ ︸≥ 3
2
· (an+k−1 + 1)︸ ︷︷ ︸≥ 3
2
≤
≤ 4
9
∣∣an+k−1 − an−1
∣∣Induktion iterieren: immer Index um 1 absenken:
...
⇒ ≤ · · · ≤(
4
9
)n· |ak − a0| ≤
(4
9
)n· 1
2
Sei ε > 0, dann ∃N ∈ N : ∀n ≥ N :1
2·(
4
9
)n< ε
daraus folgt: ∀n ≥ N : ∃k ∈ N : |an+k − an| ≤1
2
(4
9
)n< ε
(an)n∈N ist eine Cauchy-Folge, daher konvergent
⇒ a = limn→∞
(an) = limn→∞
(an+1) = limn→∞
(1
an + 1
)=
1
a+ 1
⇒ a2 + a− 1 = 0 −→ a =−1±
√5
21
2≤ an ≤ 1⇒ a ist positiv ∀n ∈ N
64
2.4 Bemerkungen zur Vollstandigkeit von R (beziehungs-weise C)
Intervallschtelungsprinzip (V) =⇒⇐=
infsup =⇒ lim inf
lim supa)
=⇒ Bolzano-Weierstraß
Bolzano-Weierstraß =⇒ Cauchy-Kriteriumb)
=⇒ Intervallschatelungsprinzip (V)
a) lim inflim sup =⇒ Bolzano-Weierstraß:lim inf und lim sup existieren fur beschrankte Folgen, beide sind Haufungspunkte,daher besitzen beschrankte Folgen Haufungspunkte.
b) Cauchy-Kriterium =⇒ Intervallschachtelungsprinzip (V):Zu zeigen: Die Aussage
”Jede Cauchy-Folge besitzt einen Grenzwert” im-
pliziert (V)
Beweis. Sei I1 ⊇ I2 ⊇ I3 ⊇ ... ⊇ In = [an, bn] eine IntervallschachtelungZeige, dass (an)n∈N eine Cauchy-Folge ist.
a1 ≤ a2 ≤ ... ≤ an ≤ bm ≤ bm−1 ≤ ... ≤ b2 ≤ b1∀ε > 0, ∃n ∈ N : bn − an < ε
Sei n mit bn − an < ε
m ≥ n : 0 ≤ am − an ≤ bm − an ≤ bn − an < ε
das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| < ε
(an)n∈N ist eine Cauchy-Folge ⇒ (an)n∈N besitzt einen Grenzwert
∀n ∈ N : an ≤ a , da (an)n∈N monoton wachsend ist
analog ist (bn)n∈N auch eine Cauchy-Folge mit Grenzwert b
Aus der Intervallschachtelungseigenschaft (V) folgt:
∀ε > 0 : 0 ≤ b− a < ε⇒ a = b
∀n ∈ N : an ≤ a ≤ bn ⇒ ∀n ∈ N : a ∈ In
{a} =
∞⋂n=1
In X
2.5 Reihen∞∑n=1
an ... Reihe mit reellen, oder komplexen Gliedern (an)n∈N.
Eine Reihe∞∑n=1
an heißt konvergent, wenn die Folge ihrer Partialsummen sn =
n∑k=1
an konvergiert. In diesem Fall setzt man:
s = limn→∞
(sn) :=
∞∑n=1
an
65
Beispiel 24. Teleskop-Reihe
an =1
n(n+ 1)mit n ≥ 1
sn =
n∑k=1
1
k(k + 1)= 1− 1
n+ 1... Vermutung
n∑k=1
1
k(k + 1)=
n∑k=1
(1
k− 1
k + 1
)=
(1−���1
2
)+
(���1
2−���1
3
)+ ...+
(���1
n− 1
n+ 1
)limn→∞
(sn) = 1
das heißt:
∞∑n=1
1
n(n+ 1)= 1
Beispiel 25. Geometrische Reihe
|q| < 1
an = qn fur n ≥ 0
sn =
n∑k=0
qn =1− qn+1
1− q
⇒ limn→∞
(sn) =1
1− q=
∞∑n=0
qn
Satz 2.11. Kriterium fur Reihen mit nicht-negativen GliedernSei (an)n∈N eine Folge reeller Zahlen mit: ∀n ∈ N : an ≥ 0, dann konvergiert die Reihe
∑∞n=1 an
genau dann, wenn die Folge der Partialsummen beschrankt ist.
Beweis.
”⇐ ” Sei (sn)n∈N beschrankt.
sn+1 − sn = an+1 ≥ 0⇒ (sn)n∈N ist monoton wachsend und beschrankt⇒ konvergent
”⇒” Sie (sn)n∈N konvergent, dann ist (sn)n∈N auch beschrankt.
66
Beispiel 26. Harmonische Reihe
∞∑n=1
1
n
zeige, dass die Reihe divergiert
zeige dafur, dass die Folge der Partialsummen unbeschrankt ist
s2n =
2n∑k=1
1
k= 1 +
n−1∑l=0
2l+1∑k=2l+1
1
k︸ ︷︷ ︸2lGlieder
= 1 +
(2∑l=2
1
k
)+
(4∑l=3
1
k
)+
(8∑l=5
1
k
)+ ... ≥
≥ 1 +
n−1∑l=0
2l · 1
2l+1= 1 +
n
2⇒ ist nicht beschrankt
Satz 2.12. Verdichtungssatz
Sei (an)n∈N eine monoton fallende Folge nicht-negativer Zahlen, dann konvergiert∞∑n=1
an genau
dann, wenn
∞∑k=1
2k · a2k︸ ︷︷ ︸verdichtete
Summe
konvergiert.
Beweis.
”⇐” Sei
∞∑k=1
2k · a2k konvergent. Da an ≥ 0 verwende Satz 2.11:
∃M ∈ R : ∀K ∈ N :
K∑k=0
2ka2k ≤M
Wahle K so groß, dass 2K − 1 ≥ NN∑n=1
an ≤K−1∑l=0
2l+1−1∑n=2l
an ≤K−1∑l=0
2la2l ≤M
Also gilt ∀N ∈ N :
N∑n=1
an ≤MSatz=⇒2.11
die Reihe konvergiert
67
”⇒” Sei
∞∑n=1
an konvergent:
∃M ∈ R : ∀N ∈ N :
N∑n=1
an ≤M nach Satz 2.10
K∑k=0
2ka2k ≤ a1 +
K−1∑l=0
2
2l+1∑n=2l+1
an
︸ ︷︷ ︸≥2la
2l+1
= a1 + 2 ·2k∑n=2
an ≤ an + 2 ·M
∀K ∈ N :
K∑k=0
2ka2k ≤ a1 + 2 ·M Satz=⇒2.10
∞∑k=0
2ka2k konvergiert
Beispiel 27. Riemann-Zeta-Funktion
s ∈ Q s > 0∞∑n=1
1
ns
Bemerkung(
1ns
)n∈N ist monoton fallend
1(n+1)s ≤
1ns =⇒ (n+ 1)s ≥ ns X
Verdichtungssatz
∞∑n=1
1
nskonvergiert ⇐⇒
∞∑k=0
2k1
(2k)s=
∞∑k=0
(21−s)k
Wenn 21−s < 1 gilt, dann konvergiert die Reihe ⇐⇒ s > 1
Wenn s ≤ 1, dann gilt 21−s ≥ 1
K∑k=0
(21−s)k ≥ K∑
k=0
1 = K + 1
unbeschrankt =⇒ divergente Reihe
⇒∞∑n=1
1
ns
{konvergiert fur s > 1
divergiert fur s ≤ 1
∣∣∣∣∣ ζ(s) =∞∑n=1
1ns
2.6 Alternierende Reihen
∞∑n=1
(−1)n−1an = a1 − a2 + a3 − a4 + ....
(an)n∈N : an ≥ 0
68
Satz 2.13. Leibniz-Kriterium
Sei (an)n∈N eine monoton fallende Nullfolge
[limn→∞
(an) = 0
], dann konvergiert
∞∑n=1
(−1)n−1 · an
Beweis. Bedingung: a1 ≥ a2 ≥ a3 ≥ ... ≥ 0
gerade Partialsummenglieder:
s2n =
2n∑k=1
(−1)k−1 · ak =
s2n−1=s2(n−1)︷ ︸︸ ︷(a1 − a2︸ ︷︷ ︸≥0
) + (a3 − a4︸ ︷︷ ︸≥0
) + ...+ (a2n−1 − a2n︸ ︷︷ ︸≥0
) ≥ s2n−2
⇒ (s2n)n∈N ist daher monoton wachsend
ungerade Partialsummenglieder:
s2n+1 =2n+1∑k=1
(−1)k−1 · ak = a1 − a2 + a3 − a4 + ...+ a2n−1 − a2n + a2n+1 =
= a1 − (a2 − a3︸ ︷︷ ︸≥0
)− (a4 − a5︸ ︷︷ ︸≥0
)− ...
︸ ︷︷ ︸s2n−1=s2(n−1)+1
−(a2n − a2n+1︸ ︷︷ ︸≥0
) ≤ s2n−1
⇒ (s2n+1)n∈N ist monoton fallend
s2n+1 − s2n = a2n+1 ≥ 0
a1 − a2 = s2 ≤ s4 ≤ ... ≤ s2n−2 ≤ s2n ≤ s2n+1 ≤ s2n−1 ≤ ... ≤ s1 = a1
das heißt: In =[s2n, s2n+1
]bildet eine iNtervallschachtelung
In ⊆ In+1
|In| = a2n+1 mit ın→∞(a2n+1) = 0
⇒ ∃!s : ∀n ∈ N : s ∈ In∀n ∈ N : s2n ≤ s ≤ s2n+1 ⇒ 0 ≤ s− s2n ≤ s2n+1 − s2n = a2n+1
das heißt:
limn→∞
(s− s2n
)= 0
s = limn→∞
(s2n)
0 ≤ s2n+1 − s ≤ s2n+1 − s2n = a2n+1
−→ s = limn→∞
(s2n+1)
⇒ s = limn→∞
(sn)
69
Bemerkung 63.
s2n ≤ s ≤ s2n+1︸ ︷︷ ︸Lange: an+1
⇒ s− s2n ≤ a2n+1
s2n+2 ≤ s ≤ s2n+1︸ ︷︷ ︸Lange: a2n−2
⇒ s2n+1 − s ≤ a2n+2
|sn − s| ≤ an+1
Beispiel 28. Alternierende harmonische Reihe
∞∑n=1
(−1)n−1
n−→ konvergent?
an =1
n∞∑n=1
(−1)n−1
n︸ ︷︷ ︸s∈R
(an)n∈N ist eine monoton fallende Nullfolge
⇒ konvergent
Bemerkung 64.
|s1000 − s| ≤ a1001 =1
1001
2.7 Reihen mit beliebigen Gliedern
(an)n∈N, an ∈ C
sn =
n∑k=1
ak
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀m ∈ N : |sn+m − sn| < ε
sn+m − sn =
n+m∑k=1
ak −n∑k=1
ak =
n+m∑k=1
ak
70
Satz 2.14. Cauchy-Kriterium fur Reihen
Eine Reihe
∞∑n=1
an konvergiert genau dann, wenn:
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀m ∈ N :
∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1
ak
∣∣∣∣∣ < ε
Beweis. Ist eine Ubersetzung des Cauchy-Kriteriums fur Folgen.
Korollar 2.14.1. Wenn die Reihe∞∑n=1
an konvergiert, dann gilt limn→∞
(an) = 0
Beweis.
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀m ∈ N :
∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1
ak
∣∣∣∣∣ < ε
m = 1 : ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an+1| < ε ⇐⇒ limn→∞
(an) = 0
Bemerkung 65. die Umkehrung des Korollars ist falsch!
∞∑n=1
1
nkonvergiert nicht, bildet aber eine Nullfolge
2.8 Absolute Konvergenz
Definition 2.12. Eine Reihe∞∑n=1
an heißt absolut konvergent, wenn∞∑n=1|an| konvergiert.
Bemerkung 66. Schreibweise
∞∑n=1
|an| <∞⇐⇒ die Reihe konvergiert (die Partialsumme bleit beschrankt).
Satz 2.15. Eine absolut konvergente Reihe ist konvergent.
71
Bemerkung 67. Die Umkehrung ist falsch:
∞∑n=1
(−1)n−1
nkonvergiert, aber
∞∑n=1
∣∣∣∣ (−1)n−1
n
∣∣∣∣ divergiert
Beweis.
∞∑n=1
|an| konvergiere
⇒ ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀m ∈ N :
∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1
ak
∣∣∣∣∣ ≤n+m∑k=n+1
|ak| < ε
⇒ ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀m ∈ N :
∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1
ak
∣∣∣∣∣ < ε
⇒∞∑n=1
an konvergiert
Bemerkung 68. Eine Reihe∞∑n=1
an heißt bedingt konvergent, wenn sie konvergiert, aber
nicht absolut konvergiert.
Beispiel 29.
∞∑n=1
(−1)n−1
n
Satz 2.16. Majorantenkriterium
Seien
∞∑n=1
an, und
∞∑n=1
bn Reihen und gelte ∀n ∈ N : |an| ≤ |bn|
Dann gilt:
1. Wenn∞∑n=1|bn| konvergiert, dann konvergiert
∞∑n=1
an absolut.
2. Wenn∞∑n=1
an divergiert, dann divergiert∞∑n=1|bn|
72
Bemerkung 69. Das Majorantenkriterium ist nicht geeignet um bedingte Konvergenzvon Reihen zu zeigen.
Beweis.
1.
∃M ∈ R : ∀n ∈ N :
n∑k=1
|bn| ≤M ⇒n∑k=1
|an| ≤n∑k=1
|bn| < M
das heißt die Partialsummen von
∞∑n=1
|an| sind beschrankt
Satz=⇒2.11
∞∑n=1
|an| ist konvergent
Satz=⇒2.14
∞∑n=1
an konvergiert
2. Negation von 1.
Bemerkung 70. 1.
∞∑n=1
|bn| heißt Majorante von
∞∑n=1
an
∞∑n=1
an heißt Minorante von
∞∑n=1
|bn|
2. Es genugt die Relation |an| ≤ |bn| in Satz 2.15 fur n ≥ N zu haben fur ein festesN.
Beispiel 30.
∞∑n=1
n2 + 4n+ 7
n4 + 5
n2 + 4n+ 7
n4 + 5≤ n2 + 4n2 + 7n2
n4=
12n2
n4=
12
n2
∞∑n=1
12
n2konvergiert
⇒∞∑n=1
n2 + 4n+ 7
n4 + 5konvergiert
73
Beispiel 31.
∞∑n=1
1√n2 + 6n+ 7
1√n2 + 6n+ 7
≥ 1√n2 + 6n2 + 7n2
=1
n√
14∞∑n=1
1
n√
14=
1√14
∞∑n=1
1
n︸ ︷︷ ︸harmonische
Reihe
divergiert
⇒∞∑n=1
1√n2 + 6n+ 7
divergiert
Satz 2.17. Quotientenkriterium
Sei∞∑n=1
an eine Reihe:
1. Dann konvergiert diese, wenn lim supn→∞
(∣∣∣an+1
an
∣∣∣) < 1
2. Dann divergiert diese, wenn lim infn→∞
(∣∣∣an+1
an
∣∣∣) > 1
3. Wenn limn→∞
(∣∣∣an+1
an
∣∣∣) = q existiert, dann konvergiert∞∑n=1
an, wenn q < 1 und divergiert,
wenn q > 1 ist. Bei q = 1: keine Aussage.
Beweis.
1.
q = lim supn→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣) < 1⇒ ∃N ∈ N : ∀n ≥ N :
∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣ ≤ 1 + q
2
q <1 + q
2< 1
n ≥ N :
|an+1| ≤1 + q
2· |an| ≤
(1 + q
2
)2
· |an−1| ≤ ... ≤(
1 + q
2
)n+1−N
· |aN |
|an| ≤(
1 + q
2
)n· |aN |(
1+q2
)N︸ ︷︷ ︸=:c
74
Die Reihe
∞∑n=1
c ·(
1 + q
2
)n︸ ︷︷ ︸
<1
konvergiert
Satz=⇒2.14
∞∑n=1
|an| konvergiert
Satz=⇒2.18
∞∑n=1
an konvergiert
2.
q = lim infn→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣) > 1
1 <1 + q
2< q
∃N ∈ N : ∀n ≥ N :
∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣ ≥ 1 + q
2> 1
|an+1| ≥1 + q
2· |an| ≥
(1 + q
2
)2
· |an−1|... ≤(
1 + q
2
)n+1−N
· |aN |
⇒ |an| ≥(
1 + q
2
)n−N |aN | ≥ |aN | ≥ 0
das heißt: (an)n∈N ist keine NullfolgeKorollar
zu=⇒Satz2.13
∞∑n=1
an divergiert
3.
Wenn limn→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣) existiert, dann gilt:
q = lim infn→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣) = lim supn→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣)
75
Beispiel 32.
z ∈ C, x ∈ C
Bz(x) =
∞∑n=0
(z
n
)xn︸ ︷︷ ︸
an
konvergiert ?
∣∣∣∣∣∣z·(z−1)·...·(z−n+1−1)
(n+1)! · xn+1
z·(z−1)·...·(z−n+1)n! · xn
∣∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣z − nn+ 1· x∣∣∣∣
⇒ limn→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣) = |x|
⇒ B(x)
konvergiert absolut fur |x| < 1
divergiert fur |x| > 1
keine Aussage fur |x| = 1
B 12(1) =
∞∑n=0
( 12
n
)
an =
( 12
n
)=
12 ·(
12 − 1
)· ... ·
(12 − n+ 1
)n!
=
= (−1)n−1 ·(n− 3
2
)·(n− 3
2 − 1)· ... ·
(12
)·(
12
)(n− 1)! · n
=
= 1 +
∞∑n=1
(−1)n−1+1 · 1
n·(n− 1
2
n− 1
)(n− 3
2
n− 1
)=
(n− 1− 1
2
n− 1
)≤ 1
p√n− 1
1
n
(n− 3
2
n− 1
)≤ 1
p√n− 1 · n
≤ 2
p · n 32
Da
∞∑n=1
1
n32
konvergiert, konvergiert auch B 12(1)
76
Beispiel 33.
an =
{2−n ... n gerade
3−n ... n ungerade
∞∑n=0
an =
∞∑n=0
2−2n +
∞∑n=0
3−(2n+1)
︸ ︷︷ ︸konvergente geometrische Reihen
an+1
an:
a2n+1
a2n=
3−(2n+2)
2−2n=
1
3·(
4
9
)n−→n→∞
0
a2n+2
a2n+1=
2−(2n+2)
3−(2n+1)=
3
4·(
9
4
)n−→n→∞
+∞
⇒
lim infn→∞
(∣∣∣an+1
an
∣∣∣) = 0
lim supn→∞
(∣∣∣an+1
an
∣∣∣) = ∞
Quotientenkriterium liefert keine Aussage
uber die Konvergenz,obwohl diese Reihe offensichtlich konvergiert
Satz 2.18. Wurzelkriterium
Sei∞∑n=1
an eine Reihe:
1. Dann konvergiert diese, wenn q = lim supn→∞
(n√|an|
)< 1
2. Dann divergiert diese, wenn q > 1
Beweis. 1.
q = lim supn→∞
(n√|an|
)< 1⇒ ∃N ∈ N : ∀n ≥ N :
n√|an| ≤
1 + q
2< 1
das heißt fur n ≥ N : |an| ≤(
1 + q
2
)nWeil
∞∑n=0
(1 + q
2
)nkonvergiert, konvergiert nach Satz 2.16 auch
∞∑n=1
an
2.
q = lim supn→∞
(n√|an|
)> 1
⇒ es gibt ∞− viele n : n√|an| ≥ 1
⇒ (an)n∈N ist eine konvergente Nullfolge
⇒∞∑n=1
an divergent, nach dem Korollar zu Satz 2.14
77
Beispiel 34.
an =
{2−n ... n gerade
3−n ... n ungerade
n√|an| =
{12 ... n gerade13 ... n ungerade
⇒ lim supn→∞
(n√|an|
)=
1
2< 1
⇒ konvergent
Beispiel 35.
∞∑n=1
1
n!
lim supn→∞
(n
√1
n!
)=?
QK=⇒
∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣ =
∣∣∣∣ 1
(n+ 1)!· n!
1
∣∣∣∣ =1
n+ 1
limn→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣) = 0 < 1
⇒ konvergent
Bemerkung 71. 1. Quotientenkriterium: Einfach, versagt gelegentlich
2. Wurzelkriterium: Schwierig
3. Majorantenkriterium/Minorantenkriterium: Braucht Erfahrung und Geschick
4. Leibnizkriterium: Nur bei alternierenden Reihen
5. Verdichtungssatz: Gelegentlich brauchbar
Bemerkung 72.
lim infn→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣) ≤ lim infn→∞
(n√|an|
)≤ lim sup
n→∞
(n√|an|
)≤ lim sup
n→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣)Wenn lim
n→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣) existiert, dann eistiert limn→∞
(n√|an|
)
78
2.9 Summierbare Familien
Reihen
∞∑n=1
an := limn→∞
(n∑k=1
ak
)Verwendet die Ordnung von N als Indexmenge
Mochten einen Konvergenzbregiff fur Reihen,
der ohne Anordnung der Indexmenge auskommt∑n∈N
an ←→∑i∈I
ai
I ... (Unendliche) Indexmenge
Definition 2.13. Sei I eine Menge, dann heißt eine Abbildung f : I → R, oder C eine Familiereeller, oder komplexer Zahlen.Schreibweise: ai := f(i), (ai)i∈I
Definition 2.14. Eine Familie (ai)i∈I heißt summierbar zum Wert s, wenn:
∀ε > 0, ∃J ⊆ I, J endlich : ∀K ⊆ I, K endlich : J ⊆ K :
∣∣∣∣∣∑i∈K
ai − s
∣∣∣∣∣ < ε
Es gibt eine endliche Menge J ⊆ I, sodass
∣∣∣∣∑i∈J
ai − s∣∣∣∣ < ε und durch hinzunehmen weiterer Glieder
der Familie die Summe nicht schlechter wird.
s =∑i∈I
ai ⇔ ∀ε > 0, ∃Jε ⊆ I, Jε endlich: ∀J ⊆ I, J endlich, mit J ⊇ Jε :
∣∣∣∣∣∑i∈J
ai − s
∣∣∣∣∣ < ε
Bemerkung 73. Die Summe s einer summierbaren Familie ist ?Angenommen: es gibt s und s′ mit der obigen Eigenschaft und s 6= s′
ε =|s− s′|
3
∃Jε ⊆ I Jε endlich ∀J ⊇ Jε J endlich :
∣∣∣∣∑i∈J
ai − s∣∣∣∣ < ε
∃J ′ε ⊆ I J ′ε endlich ∀J ′ ⊇ J ′ε J ′ endlich
∣∣∣∣ ∑i∈J′
ai − s′∣∣∣∣ < ε
Wahle: J = J ′ = Jε ∪ J ′ε︸ ︷︷ ︸endlich
79
|s− s′| :∣∣∣∣∣(s−
∑i∈J
ai
)−
(s′ −
∑i∈J′
ai
)∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣s−∑
i∈Jai
∣∣∣∣∣+
∣∣∣∣∣s′ −∑i∈J′
ai
∣∣∣∣∣ < 2ε =2
ε|s− s′| < |s− s′|
Satz 2.19. Hauptkriterium fur summierbare FamilienEine Familie (ai)i∈I reeller oder komplexer Zahlen ist genau dann summierbar, wenn{∑i∈J|ai|
∣∣∣ J ⊆ I, J endlich
}beschrankt ist.
Das heißt: Wenn die Menge der Partialsummen der Familie (|ai|)i∈I beschrankt ist.
Bemerkung 74. Fur Familien sind Summierbarkeit und absolute Konvergenz aquivalent.
Bemerkung 75. Das”
unendlich Kommutativgesetz” gilt genau dann, wenn die Familieabsolut summierbar ist.
Beweis.
”⇒”
ε(I) ={J ⊆ I
∣∣∣ J endlich}
Sei (ai)i∈I summierbar und
ai ∈ R:
∃s ∈ R : ∀ε > 0, ∃Jε ∈ ε(I) :
∣∣∣∣∣s−∑i∈J
ai
∣∣∣∣∣ < ε
das heißt: fur ε = 1:
∃Ji ∈ ε(I) :
∣∣∣∣∣s−∑i∈Ji
ai
∣∣∣∣∣ < 1∣∣∣∣∣∑i∈J
ai
∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∑i∈J
ai− s+ s
∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣∑i∈J
ai − s
∣∣∣∣∣+ |s| ≤ |s|+ 1 fur J ⊇ Ji
80
Sei K ∈ ε(I) :∣∣∣∣∣∑i∈K
ai
∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∣∑
i∈K∪Jai −
∑i∈J\K
ai
∣∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣ ∑i∈K∪J
ai
∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸≤|s|+1
+
∣∣∣∣∣ ∑i∈J \K︸ ︷︷ ︸
⊆J
ai
∣∣∣∣∣ ≤ |s|+ 1 +∑i∈J|ai|︸ ︷︷ ︸
=:A
∀K ∈ ε(I) :
∣∣∣∣∣∑i∈K
ai
∣∣∣∣∣ = A
K : K+ ={i ∈ K
∣∣∣ ai ≥ 0}
und K− ={i ∈ K
∣∣∣ ai < 0}
K = K+∪K− ... disjunkte Vereinigung∑i∈K|ai| =
∑i∈K+
ai︸ ︷︷ ︸≤A
+∑i∈K−
(−ai)︸ ︷︷ ︸≤A
≤ 2 ·A
ai ∈ C:
|ai| ≤ |<(ai)|+ |=(ai)|
”⇐” Sei
{∑i∈J|ai|
∣∣∣∣ J ∈ ε(I)
}beschrankt
Lemma 1. Sei
{∑i∈J|ai|
∣∣∣ J ∈ ε(I)
}beschrankt, dann gilt:
∀ε > 0, ∃Jε ∈ ε(I) : ∀K ∈ ε(I) : K ∩ Jε = ∅ :∑i∈K|ai| < ε
Beweis.
S = supJ∈ε(I)
(∑i∈J|ai|
)∀ε > 0, ∃Jε ∈ ε(I) :
∑i∈Jε
|ai| > S − ε
K ⊆ ε(I), K ∩ Jε = ∅∑i∈K∪Jε
|ai| =∑i∈J|ai|︸ ︷︷ ︸
>s−ε
+∑i∈K|ai| ≤ S
∑i∈K∪Jε
|ai| =∑i∈Jε
+∑i∈K|ai| ≤ S
⇒∑i∈K|ai| ≤ S −
∑i∈J|ai| < S − (S − ε) = ε
81
ε = 2−n : Dann gibt es Jn ∈ ε(I) : ∀N ∈ ε(I) : K ∩ Jn = ∅∑i∈K|ai| < 2−n
sn =∑i∈Jn
ai
Zeige, dass (sn)n∈N eine Cauchy-Folge ist.
Die Jn konnen wachsend gewahlt werden:
J0 ⊆ J1 ⊆ J2 ⊆ ...J ′0, J
′1, ... nach dem Lemma
J0 = J ′0, J1 = J ′0 ∪ J ′1, J2 = J ′0 ∪ J ′1 ∪ J ′2m < n : sn − sm =
∑i∈Jn
ai −∑i∈Jm
ai =∑
i∈Jn\Jm
ai
|sn − sm| ≤∑
i∈Jn\Jm
|ai| < 2−m
das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : |sn − sm| < 2−m < ε
(sn)n∈N ist damit eine Cauchy-Folge, daher konvergent.
s = limn→∞
(sn)
zu zeigen: s =∑i∈I
ai
Sie ε > 0, dann gibt es ein n sodass: |s− sn| <ε
2, 2−n <
ε
2Wahle Jε = Jn : J ⊇ Jε∣∣∣∣∣∑
i∈Jsi − s
∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∣∑i∈Jε
ai − s+∑
i∈J\Jε
ai
∣∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣ ∑i∈Jn
ai︸ ︷︷ ︸sn
−s
∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸
< ε2
+∑
i∈J\Jn
|ai| <ε
2+ 2−n = ε
Bemerkung 76.
s =∑i∈I
ai ⇔
{∑i∈I|ai|
∣∣∣∣∣ J ∈ ε(I)
}beschrankt
∑i∈I|ai| = sup
J∈ε(I)
(∑i∈J|ai|
)∣∣∣∣∣∑i∈J
ai
∣∣∣∣∣ ≤∑i∈J|ai| ⇒ |s| ≤
∑i∈J|ai|
82
Bemerkung 77.
I1, I2 mit I2 ∩ I1 = ∅
(ai)i∈I summierbar
I := I1 ∪ I2∑i∈I
ai =∑i∈I1
ai +∑i∈I2
ai
s1 =∑i∈I1
ai und s2 =∑i∈I2
ai{∑i∈I|ai|
∣∣∣∣∣ J ⊆ I1}
= sup
{∑i∈J|ai|
∣∣∣∣∣ J ∈ ε(I)
}<∞
(ai)i∈I1 und (ai)i∈I2 sind beide summierbar
∀ε > 0, ∃J1,ε, J2,ε :
J1,ε ⊆ ε(I1) und J2,ε ⊆ ε(I2) :
∀J1 ∈ ε(I1), J2 ∈ ε(I2) : J1 ⊇ J1,ε und J2 ⊇ J2,ε :∣∣∣∣∣s1 −∑i∈J1
ai
∣∣∣∣∣ < ε
2und
∣∣∣∣∣s1 −∑i∈J2
ai
∣∣∣∣∣ < ε
2
ε > 0, Jε =(J1,ε ∪ J2,ε
)∈ ε(I)
J ⊇ Jε, J ∈ ε(I)∣∣∣∣∣s1 + s2 −∑i∈J
ai
∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣s1 −∑
i∈J∩J1
ai + s2 −∑
i∈J∩J2
ai
∣∣∣∣∣ ≤≤
∣∣∣∣∣ s1 −∑
i∈J∩J1
ai︸ ︷︷ ︸∈ε(I)⊆J1,ε︸ ︷︷ ︸< ε
2
∣∣∣∣∣+
∣∣∣∣∣ s2 −∑
i∈J∩J2
ai︸ ︷︷ ︸∈ε(I)⊆J2,ε︸ ︷︷ ︸< ε
2
∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣s1 + s2 −
∑i∈J
ai
∣∣∣∣∣ < ε ⇔ s1 + s2 =∑i∈I
ai
83
Bemerkung 78. (ai)i∈I summierbar∑i ∈ I|ai| = s
In =
{i ∈ I
∣∣∣∣ |ai| > 1
n
}1
n· |I : n| ≤
∑i∈In
|ai| ≤ s
⇒ |In| ≤ s · n
I ′ ={i ∈ I
∣∣∣ ai 6= 0}
I ′ =⋃n∈N
In ist hochstens azahlbar
Beweis. Eine summierbare Familie kann hochstens abzahlbar viele, von 0 ver-schiedene, Summanden haben
Bemerkung 79.
(an)n∈N
∞∑n=1
an∑n∈N
an existiert, wenn die Summe der Betrage endlich ist∑n∈N|an| <∞
n∑k=1
|ak| ≤∑n∈N|an|
⇒∞∑n=1
an ist absolut konvergent
Die Familie ist genau dann summierbar, wenn die Reihe absolut konvergiert.
84
Beispiel 36.
s =
∞∑n=1
(−1)n−1
nkonvergiert, aber konvergiert nicht absolut
1
2< s < 1
versuche3
2als Grenzwert zu erhalten
1 +1
3+
1
5+
1
7>
3
2
1 +1
3+
1
5+
1
7− 1
2<
3
2
1 +1
3+
1
5+
1
7− 1
2+
1
9+
1
11+ .. >
3
2...
Summanden konnen derart umsortiert werden, dass man den Grenzwert 32 erhalt, obwohl
dieser zwischen 12 und 1 liegt.
⇒ Reihen, die nicht absolut konvergieren, sind nicht als Familie summierbar.
Satz 2.20. Großer UmordnungssatzSei (ai)i∈I eine summierbare Familie reeller oder komplexer Zahlen. Sei (Ik)k∈K eine Familie vonpaarweise disjunkten Familien von I, also k1, k2 ∈ K, k1 6= k2 ⇒ Ik1 ∩ Ik2 = ∅ mit I =
⋃k∈K
Ik.
Dann ist sk =∑i∈Ik
ai summierbar, weiters ist die Familie (sk)k∈K summierbar und es gilt:
∑k∈K
sk =∑i∈I
ai beziehungsweise∑k∈K
(∑i∈Ik
ai
)=∑i∈I
ai[Unendliches Assoziativgesetz
]Beweis. (ai)i∈Ik ist summierbar als Teilfamilie von (ai)i∈I , also ist sk =
∑i∈Ik
ai
85
definiert.
|sk| ≤∑i∈Ik
|ak|∑k∈K
|sk| ≤∑k∈L
∑i∈Ik
|ai| =∑
i∈⋃k∈L
Ik
|ai| ≤∑i∈I|ai| ≤
∑i∈I|ai| <∞
mit L ∈ ε(K) ⇒ sup
{∑k∈L
|sk|∣∣∣ ∈ ε(K)
}<∞ Satz
=⇒2.19
(sk)k∈K ist summierbar
zu zeigen: si =∑i∈I
ai =∑k∈K
sk
∀ε > 0, ∃Lε ∈ ε(K) : ∀L ∈ ε(K) : L ⊇ Lε ⇒
∣∣∣∣∣s−∑k∈L
sk
∣∣∣∣∣ < ε
ε > 0 : ∃Jε ∈ ε(I) : ∀J ∈ ε(I), J ⊇ Jε ⇒
∣∣∣∣∣s∑i∈J
ai
∣∣∣∣∣ < ε
2
Lε :={k ∈ K
∣∣∣ Ik ∩ Jε 6= ∅}Jε ist endlich, schneidet daher nur endlich viele Ik. Diese k kommen in Lε
zu zeigen: ∀M ∈ ε(K) : M ⊇ Lε ⇒
∣∣∣∣∣s−∑k∈M
sk
∣∣∣∣∣ < ε
Sei M ⊇ Lε, m = |M |
k ∈M : sk =∑k∈M
ai
das heißt: ∃Ik,ε ∈ ε(Ik) :
∣∣∣∣∣∣sk −∑i∈Ik,ε
ai
∣∣∣∣∣∣ < ε
2m
und Ik,ε ⊇ Jε ∩ Ik∣∣∣s−∑ k ∈Msk
∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∣s−∑k∈M
∑i∈Ik,ε
ai +∑k∈M
∑i∈Ik,ε
−∑k∈M
sk
∣∣∣∣∣∣ ≤≤
∣∣∣∣∣∣s−∑k∈M
∑i∈Ik,ε
ai
∣∣∣∣∣∣+∑k∈M
∣∣∣∣∣∣sk −∑i∈Ik,ε
ai
∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε
2m︸ ︷︷ ︸ε2
<
∣∣∣∣∣∣∣∣s−∑
i∈⋃k∈M
Ik,ε
ai
∣∣∣∣∣∣∣∣+ε
2< ε
⋃k∈M
Ik,ε ⊇⋃k∈M
Ik ∩ Jε = Jε ∩⋃k∈M
Ik︸ ︷︷ ︸⊇Jε
= Jε
das heißt: s =∑k∈K
sk
86
Satz 2.21. DoppelreihensatzSeien I und J nicht-leere Mengen und (aij)(i,j)∈I×J eine summierbare Familie reeller oder kom-plexer Zahlen, dann gilt: ∑
(i,j)∈I×J
aij =∑i∈I
∑j∈J
aij =∑j∈J
∑i∈I
aji[Satz von Fubini
]Beweis.
Ji = {i} × J ={
(i, j)∣∣∣ j ∈ J, i fest
}I × J =
⋃i∈IJi disjunkte Vereinigung
Nach Satz 2.19 gilt:∑
(i,j)∈I×J
aij =∑i∈I
∑(k,j)∈Ji
akj =∑i∈I
∑j∈J
aij
analog fur die zweite Gleichung:
Ij = I × {j} ={
(i, j)∣∣∣ i ∈ I, j fest
}
Beispiel 37.
ζ(s) =
∞∑n=1
1
ns=∑n∈N
1
ns
1 < s ∈ Q∞∑k=2
(ζ(k)− 1
)=∑k=2
∑n=2
1
nk=∑n=2
∑k=2
1
nk︸ ︷︷ ︸1n ·
1
1− 1k
=1
n(n−1)
=∑n=2
1
n(n− 1)= 1
⇒∑
(n,k)∈M
1
nk≤ 1
M ∈ ε((N \ {1})2
)⇒
(1
nk
)(n,k)∈(N\{1})2
... ist summierbar
87
Bemerkung 80.
ζ(2) =π2
6ζ(3) /∈ Q
∞∑n=0
und
∞∑m=0
bm absolut konvergente Reihen( ∞∑n=0
an
)·
( ∞∑m=0
bm
)?=
∞∑k=0
ck mit geeignetem ck
ck :=
k∑m=0
ak−mbm
Satz 2.22. Cauchy-Produkt
Seien∞∑k=0
ak und∞∑l=0
bl absolut konvergente Reihen und sei cn =n∑k=0
ak · bn−k. Dann konvergiert
eine Reihe∞∑n=0
cn absolut und es gilt:
∞∑n=0
cn =
( ∞∑k=0
ak
)·
( ∞∑l=0
bk
)
Beweis.
∞∑k=0
ak und
∞∑l=0
bl konvergieren absolut
das heißt: (ak)k∈N0 und (bl)l∈N0 sind summierbar
(ak, bl)(k,l)∈N20, J ∈ ε(N2
0), ∃K,L ∈ ε(N20) : J ⊆ K × L∑
(k,l)∈J
|akbl| ≤∑
(k,l)∈K×L
|akbl| =∑k∈K
|ak| ·∑l∈L
|bl| ≤∞∑k=0
|ak| ·∞∑l=0
|bl| <∞
Satz=⇒2.19
(ak, bl)(k,l)∈N20
ist summierbar:
∑(k,l)∈N2
0
akbl =
( ∞∑k=0
ak
)·
( ∞∑l=0
bl
)=
∞∑n=0
∑(k,l)∈Jn
akbl =
∞∑k=0
cn
Jn ={
(k, l) ∈ N20
∣∣∣ k + l = n}
88
Beispiel 38.
Bz(x) =
∞∑n=0
(z
n
)xn
z ∈ C, x ∈ C, |x| < 1
Bz(x) ·Bw(x) =?
cn =
n∑k=0
(z
k
)xk ·
(w
n− k
)xn−k = xn
∞∑k=0
(z
k
)·(
w
n− k
)︸ ︷︷ ︸
(z+wn )
⇒ Bz(x) ·Bw(x) =
∞∑n=0
(z + w
n
)xn = Bz+w(x)
Bemerkung 81.[p ∈ N0
]Bp(x) =
∞∑n=0
(p
n
)xn =
p∑n=0
(p
n
)xn = (1 + x)p
Bemerkung 82.[z ∈ Q, z = p
q
]B pq(x) ·B p
q(x) · ... ·B p
q(x)︸ ︷︷ ︸
q−mal
= Bq· pq (x) = Bp(x) = (1 + x)p
B pq(x) = (1 + x)
pq = q
√(1 + x)p
Bq· pq (x) ·B pq(x) = 1 = B0(x)
B 12(x) =
√1 + x =
∞∑k=0
( 12
n
)xn∣∣∣∣( 1
2
n
)∣∣∣∣ ≈ 1
2pn√n
=⇒ ∃c > 0 :
∣∣∣∣( 12
n
)∣∣∣∣ ≤ c
n√n
B 12(1) =
∞∑n=0
( 12
n
)∣∣∣∣( 1
2
n
)∣∣∣∣ ≤ c
n32
89
∞∑n=1
1
n32
konvergiert, daher konvergiert auch
∞∑n=0
( 12
n
)absolut
( ∞∑n=0
( 12
n
))2
= B1(1) = 2⇒∞∑n=0
( 12
n
)=√
2
B−m(x) = (1 + x)−m =
∞∑n=0
(−mn
)xn(
−mn
)=
(−m) · (−m− 1) · ... · (−m− n+ 1)
n!=
= (−1)n(m+ n− 1) · (m+ n− 2) · ... ·m
n!= (−1)n
(m+ n− 1
n
)⇒ B−m(x) = (1)n
(m+ n− 1
n
)(1− x)−m =
∞∑n=0
(m+ n− 1
n
)xn
m = 2 : (1− x)−2 =
∞∑n=0
(n+ 1
n
)xn =
∞∑n=0
(n+ 1)xn
Beispiel 39. ( ∞∑n=1
(−1)n√n
)2
=?
cn =
n−1∑k=1
(−1)k√k· (−1)n−k√
n− k= (−1)n ·
n−1∑k=1
1√k(n− k)
Abschatzung:
k(n− k) ≤ n2
4⇔ 0 ≤ n2
4− kn+ k2 =
(n2− k)2
n−1∑k=1
1√k(n− k)
≥ (n− 1) · 2
n≥ 1
(cn)n∈N ist keine Nullfolge
⇒∞∑n=1
cn konvergiert nicht
⇒ Satz von Cauchy nur auf absolut konvergente Reihen anwenden.
2.10 Potenzreihen
90
Definition 2.15. Sei (an)n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen, dann heißt∞∑n=0
anxn
Potenzreihe mit Koeffizienten (an)n∈N0
Bemerkung 83. Fur welche Werte von x konvergiert∞∑n=0
anxn?
Lemma 2. Sei∞∑n=0
anxn eine Potenzreihe und konvergiere diese Reihe fur x =
z0 ∈ C, dann konvergiert die Reihe absolut fur jedes z ∈ C mit |z| < |z0|.
Beweis.
∞∑k=0
anzn0 konvergiert ⇒ (anz
n0 )n∈N ist eine Nullfolge
⇒ ∃C ∈ R, ∀n ∈ N0 :∣∣anzn0 ∣∣ ≤ C[
(anzn0 )n∈N0 ist beschrankt
]∞∑n=0
anzn : |anzn| =
∣∣∣∣anzn0 · ( z
z0
)n∣∣∣∣ ≤ C · ∣∣∣∣ zz0
∣∣∣∣n mit
∣∣∣∣ zz0
∣∣∣∣ < 1
das heißt: die geometrische Reihe
∞∑n=0
C ·∣∣∣∣ zz0
∣∣∣∣n ist eine konvergente Majorante
⇒∞∑n=0
anzn konvergiert
Bemerkung 84. Geometrische InterpretationIn der komplexen Ebene konvergiert jede Reihe mit z innerhalb des Abstandes |z0| vomUrsprung.
Definition 2.16.
R = sup
{|z|
∣∣∣∣∣∞∑n=0
anzn konvergiert
}∈ [0,∞] heißt Konvergenzradius der Potenzreihe
Bemerkung 85. R =∞ ⇐⇒ Reihe konvergiert auf ganz R oder C.
91
Satz 2.23. Sei∞∑n=0
anzn eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R, dann konvergiert die Reihe
absolut fur jedes z ∈ C mit |z| < R und divergiert fur jedes z ∈ C mit |z| > R.
Beweis.
|z| < R
zu zeigen:
∞∑n=0
anzn konvergiert absolut
Nach der Definition von R gibt es ein z0 ∈ B mit:
|z| < |z0| < R, sodass
∞∑n=0
anzno konvergiert
⇒∞∑n=0
anzn konvergiert
|z| > R :
angenommen:
∞∑n=0
anzn konvergiert E zur Definition von R
Bemerkung 86. Kreis mit Radius R in komplexer Ebene:
innerhalb der Kreislinie: Konvergenzauf der Kreislinie: keine Aussage
außerhalb der Kreislinie: Divergenz
Satz 2.24. Sei∞∑n=0
anzn eine Potenzreihe, dann gilt:
R =1
lim supn→∞
(n√|an|
)[Cauchy-Hadamar
]Wenn lim
n→∞
(∣∣∣∣ anan+1
∣∣∣∣) existiert, dann ist er gleich R
Beweis.
92
1. Wende das Wurzelkriterium auf die Reihe an:
lim supn→∞
(n√|an|
) {> 1 ... divergiert< 1 ... konvergiert
= |z| · lim supn→∞
( n√an)
|z|konvergiert
≶divergiert
1
lim supn→∞
(n√|an|
) = R
2. Wende das Quotientenkriterium auf die Reihe an:∣∣∣∣an+1 · zn+1
an · zn
∣∣∣∣ = |z| ·∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣ nach Voraussetzung existiert limn→∞
(∣∣∣∣an+1
an
∣∣∣∣)|z|
limn→∞
(∣∣∣ anan+1
∣∣∣){< 1 ... konvergiert> 1 ... divergiert
⇒ R = limn→∞
(∣∣∣∣ anan+1
∣∣∣∣)
Seien∞∑n=0
anzn und
∞∑n=0
bnzn zwei Potenzreihen mit Konvergenzradius R1 > 0,
R2 > 0 und R = min(R1, R2), dann konvergieren beide Reihen absolut fur|z| < R
Satz=⇒2.21
( ∞∑n=0
akzk
)·
( ∞∑k=0
bkzk
)=
∞∑n=0
cnzn
cnzn =
n∑k=0
anzk · bn−kzn−k mit cn =
n∑k=0
ak · bn−k
Bemerkung 87.
R = 0 ⇐⇒ Die Reihe
∞∑n=0
anzn konvergiert nirgends
R =∞ ⇐⇒ Die Reihe
∞∑n=0
anzn konvergiert uberall/bestandig
93
Beispiel 40.
∞∑n=0
zn
n!
anan+1
=1n!1
(n+1)!
= n+ 1
⇒ limn→∞
(n+ 1) =∞
⇒ bestandig, konvergente Reihe, konvergiert fur alle z ∈ C
⇒ limn→∞
(zn
n!
)= 0
Lemma 3. Restabschatzung
Sei∞∑n=0
anzn eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R > 0. Sei n = 0, dann
gibt es fur jedes r < R ein c > 0, sodass:
∀z ∈ C : |z| ≤ r =⇒
∣∣∣∣∣∞∑k=n
akzk
∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸Reihenrest
≤ c · |z|n
Beweis. ∣∣∣∣∣∞∑k=n
akzk
∣∣∣∣∣ 0∣∣∣∣∣∞∑k=n
akrk ·(zr
)k∣∣∣∣∣ = |zn| ·∞∑k=n
ak · rk ·zk−n
rk≤
≤ |z|n ·∞∑k=0
∣∣ak · rk∣∣ · |z| k − nrk
|z| k − nrk
≤ rk−n
rk= r−n
⇒
∣∣∣∣∣∞∑k=n
akzk
∣∣∣∣∣ ≤ |z|n · 1
rn·∞∑k=n
|ak| · rk︸ ︷︷ ︸konvergiert
= c · |z|n
Bemerkung 88. Zur Untersuchung von∞∑n=0
anzn
”nahe bei 0” betrachtet man oft nur
einen Anfangsabschnitt. Die Approximationsgute beurteilt man durch den Reihenrest.
Achtung
∀r < R, ∃C ∈ R : ∀z ∈ C : |z| ≤ r
��⇑ ⇓∃C ∈ R : ∀z ∈ C : |z| < R
94
Satz 2.25. Identitatssatz fur Potenzreihen
Seien f(z) =∞∑n=0
anzn und g(z) =
∞∑n=0
bnzn zwei Potenzreihen mit dem Konvergenzradius R > 0.
Sei (zn)n∈N0 eine Folge komplexer Zahlen mit 0 < |zn| < R und limn→∞
(zn) = 0. Wenn ∀n ∈ N0 :
f(zn) = g(zn), dann gilt ∀n ∈ N0 : an = bn.
”Die Potenzreihendarstellung einer Funktion um einen Entwicklungspunkt ist eindeutig bestimmt”
Beweis. Angenommen ∀n ∈ N0 : f(zn) = g(zn) und ∃n ∈ N0 : an 6= bn
n = min{n∣∣∣an 6= bn
}f(z)− g(z) =
∞∑n=0
(an − bn
)zn =
∞∑n=N
(an − bn
)︸ ︷︷ ︸cn
zn
[cn 6= 0
]f(z)− g(z)
zN=
∞∑n=N
cn · zn−N =
∞∑m=0
cN+mzm
∣∣∣∣f(z)− g(z)
zN− cN
∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∞∑m=1
cN+m · zm∣∣∣∣∣ Lemma≤ c · |z|1
∣∣∣∣∣=0︷ ︸︸ ︷
f(zn)− g(zn)
zNn︸︷︷︸6=0
− cN
∣∣∣∣∣ = |0− cN | = |cN | ≤ c · |zn|
limn→∞
(zn)=0
=⇒ |cN | ≤ c · 0 = 0
⇒ Cn = 0 E
Bemerkung 89.
f(x) = g(x) fur −R < x < R
⇒ f(z) = g(z) fur |z| < R
Bemerkung 90. Cauchy-Produkt von Potenzreihen
Konvergieren f(z) =∞∑i=0
aizi und g(z) =
∞∑k=0
akzk im Punkt z absolut, so gilt:
f(z) · g(z) =
∞∑n=0
(n∑k=0
anbn−k
)zn
95
3 Stetige Funktionen
Definition Sei I ⊆ R, x0 ∈ R und f : I → R, oder C eine Abbildung, dannheißt f stetig in xo, wenn:
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ I : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)− f(x0)| < ε
f heißt stetig auf I, wenn f in allen x0 ∈ I stetig ist:
∀x0 ∈ I : ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ I : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)− f(x0)| < ε
Ix0
δ
εf(x0)
96
Beispiel 41.
f :
{R → Rx 7→ x2 ⇐⇒ f(x) = x2
x0 ∈ RSei ε > 0 :
∣∣x2 − x20
∣∣ = |x− x0| · |x+ x0|Wahle δ < 1 : |x− x0| < 1
|x+ x0| = |x− x0 + 2x0| ≤ |x− x0|+ 2 |x0| ≤ 2 |x0|+ 1
⇒∣∣x2 − x2
0
∣∣ = |x− x0| · |x+ x0| ≤(2 |x0|+ 1
)· |x− x0| < ε
⇒ |x− x0| <ε
2 |x0|+ 1
δ := min
(ε
2 |x0|+ 1, 1
)
Beispiel 42.
f(x) = k√x
k ∈ N, x ≥ 0
x0 = 0: ∣∣ k√x− 0∣∣ < ε ⇐⇒ |x| < εk ⇐⇒ |x− 0| < εk︸︷︷︸
δ
•• x0 > 0: ∣∣ k√x− k√x0
∣∣ =
=
∣∣ k√x− k√x0
∣∣ · (( k√x)k−1
+ ( k√x)k−2 · k√x0 + ...+ k
√x(k√x0
)k−2+(k√x0
)k−1)
( k√x)k−1
+ ( k√x)k−2 · k√x0 + ...+ k
√x(k√x0
)k−2+(k√x0
)k−1=
=|x− x0|
( k√x)k−1
+ ( k√x)k−2 · k√x0 + ...+ k
√x(k√x0
)k−2+(k√x0
)k−1≤ |x− x0|(
k√x0
)k−1< ε
⇐⇒ |x− x0| < ε · ( k√x0)
k−1= x
k−1k
0 · ε︸ ︷︷ ︸δ
Definition 3.1. f : I → R oder C heißt Lipschitz-stetig, wenn es ein c > 0 gibt, sodass:
∀x, y ∈ I |f(x)− f(y)| ≤ c · |x− y|
97
Bemerkung 91. Aus Lipschitz-Stetigkeit folgt Stetigkeit auf I
x0 ∈ I : |f(x)− f(x0)| ≤ c · |x− x0| < ε ⇐= |x− x0| <ε
c:= δ
Definition 3.2. Sei x0 ∈ R, oder C, dann heißt U ⊆ R, oder C eine ε−Umgebung von x0, wenn{x∣∣∣ |x− x0| < ε
}⊆ U
U heißt Umgebung von x0, wenn es ein ε > 0 gibt, sodass U eine ε−Umgebung von x0 ist.
∃ε > 0 :{x∣∣∣ |x− x0| < ε
}⊆ U
x0
U
ε
U ⊆ D heißt ε−Umgebung von x0 bezuglich D, wenn:{x∣∣∣ |x− x0| < ε
}={x∣∣∣ |x− x0| < ε
}∩D ⊆ U
U ⊆ D heißt Umgebung von x0 bezuglich D, wenn:
∃ε > 0 :{x∣∣∣ |x− x0| < ε
}∩D ⊆ U
98
x0
D
ε
Bemerkung 92. f : D → R, oder C ist stetig inx0 ∈ D, wenn fur alle Umgebungen Vvon f(x0) eine Umgebung U von x0 bezuglich D existiert, sodass: ∀x ∈ U : f(x) ∈ V
V ={y ∈ R oder C
∣∣∣ |y − f(x0)| < ε}
∃U : Umgebung bezuglich D, ∃δ > 0 :{x ∈ D
∣∣∣ |x− x0| < δ}
︸ ︷︷ ︸U0
⊆ U
|x− x0| < δ︸ ︷︷ ︸x∈U0
⇒ |f(x)− f(x0)| < ε︸ ︷︷ ︸f(x)∈V
f ist stetig in x0, wenn fur jede Umgebung V von f(x0) gilt, dass f−1(V ) eine Umgebungvon x0 bezuglich D ist.
Satz 3.1. Sei f : D → R, oder C eine Funktion, dann ist f stetig in x0 ∈ D genau dann, wennfur jede Folge (xn)n∈N von Punkten in D mit x0 = lim
n→∞(xn), auch f(x0) = lim
n→∞
(f(xn)
)gilt.
Beweis.
99
”⇒” Sei f stetig in x0 ∈ D
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)− f(x0)| < ε
Sei (xn)n∈N eine Folge mit x0 = limn→∞
(xn)
∀δ > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |x0 − xn| < δ
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |f(x0)− f(xn)| < ε
Wegen x0 = limn→∞
(xn) liegen fast alle xn in der δ−Umgebung von x0.
”⇐” Indirekte Annahme: Sei f nicht stetig in x0.
∃ε > 0, ∀δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ und |f(x)− f(x0)| ≥ ε
Wahle δ :=1
n, dann gibt es xn ∈ D mit |x− x0| <
1
nund |f(x)− f(x0)| ≥ ε
Dann gilt x0 = limn→∞
(xn), aber(f(xn)
)n∈N konvergiert nicht gegen f(x0) E
Bemerkung 93. Eine Funktion ist also genau dann stetig, wenn sie sich mit der Fol-genkonvergenz vertragt.
f(
limn→∞
(xn))
= limn→∞
(f(xn)
)
Beispiel 43.
f(x) =
{1 . . . x ∈ Q0 . . . x /∈ Q
• x0 ∈ Q:
xn = x0 +
√2
n/∈ Q
x0 = limn→∞
(xn)
f(xn) = 0
⇒ limn→∞
(f(xn)
)= 0 6= f(x0)
100
• x0 /∈ Q:
xn =bn · x0c
n∈ Q
n · x0 − 1 < bn · x0c < n · x0
x0 −1
n< xn < x0
⇒ limn→∞
(xn) = x0
f(xn) = 1 daher limn→∞
(f(xn)
)= 1 6= f(x0)
⇒ f ist in keinem Punkt stetig.
Lemma 4. Sei f : D → R, oder C stetig in x0 ∈ D und gelte f(x0) 6= 0, danngibt es eine Umgebung U von x0 bezuglich D, sodass:
∀x ∈ U : |f(x)| ≥ |f(x0)|2
oder:
Dann gibt es ein δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)| ≥ |f(x0)|2
Bemerkung 94. Also gilt auch: ∀x ∈ U : f(x) 6= 0
Beweis. f sei stetig in x0:
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε
ε =|f(x0)|
2> 0 ∃δ > 0 : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < |f(x0)|
2|f(x)| = |f(x0)− f(x)− f(x0)| ≥ |f(x0)| − |f(x)− f(x0)| >
> |f(x0)| − |f(x0)|2
=|f(x0)|
2
101
Definition 3.3. Seien f, g : D → R, oder C Funktionen.
f + g :
{D → R, oder Cx 7→ f(x) + g(x)
f − g :
{D → R, oder Cx 7→ f(x)− g(x)
f · g :
{D → R, oder Cx 7→ f(x) · g(x)
fg :
D → R, oder C
x 7→
{f(x)g(x) wenn g(x) 6= 0
0 wenn g(x) = 0
Satz 3.2. Seien f, g : D → R, oder C stetig in x0 ∈ D, dann sind f + g, f − g und f · g stetigin x0. Wenn g(x0) 6= 0 gilt, dann ist auch f
g in x0 stetig.
Beweis. Folgenkriterium: (xn)n∈N mit xn ∈ D und x0 = limn→∞
(xn)
limn→∞
(f(xn)
)= f(x0) und lim
n→∞
(g(xn)
)= g(x0)
Satz=⇒2.1
limn→∞
(f(xn)
·± g(xn)
)= f(x0)
·± g(x0)
Fur fg genugt es zu zeigen, dass 1
g in x0 stetig ist.∣∣∣∣ 1
g(x)− 1
g(x0)
∣∣∣∣ =|g(x0)− g(x)||g(x)| · |g(x0)|
≤ 2 · |g(x0)− g(x)||g(x0)|2
< ε
Lemma=⇒ ∃δ0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ0
δ ≤ δ0 : |g(x)− g(x0)| < |g(x0)|2
2· ε
∀ε > 0, ∃δ′ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ′ =⇒ |g(x)− g(x0)| < |g(x0)|2
2· ε
Satz 3.3. Seien f : I → R und g : J → I Funktionen mit I, J ⊆ R, sei g in x0 ∈ J und f iny0 = g(x0) stetig, dann ist f ◦ g : J → R in x0 stetig.
Beweis. Sei (xn)n∈N eine Folge von Punkten aus f mit x0 = limn→∞
(xn), dann
konvergiert nach Satz 3.1 (yn)∈N =(g(xn)
)n∈N gegen y0. Wieder nach Satz 3.1
konvergiert dann(f(yn)
)n∈N =
(f(g(xn)
))n∈N
gegen f(y0) = f(g(x0)
).
102
Beispiel 44.
f(x) =√
1 + x+ x2 . . . stetig, wenn x2 + x+ 1 > 0
Satz 3.4. Sei f : [a, b]→ C injektiv und stetig auf [a, b], dann ist f (−1)[a, b]︸ ︷︷ ︸B
→ [a, b] stetig auf B.
Beweis. Sei η ∈ B und (yn)n∈N eine Folge von Punkten aus B mit η = limn→∞
(yn).
(xn)n∈N ist eine beschrankte Folge und hat daher nach Bolzano-Weiertraß einekonvergente Teilfolge
(xnk)k∈N und ξ = lim
k→∞
(xnk)
f(xnk)
= f(f (−1)
(ynk))
= ynk
⇒ limk→∞
(f(xnk))
= η
Nach Satz 3.1: f(ξ) = limk→∞
(f(xnk))
= η
Da f injektiv ist, gilt: ξ = f (−1)(η)
⇒ die Folge (xn)n∈N kann nur einen Haufungspunkt haben, namlich: ξ = f (−1)(η)
Daher konvergiert (xn)n∈N gegen ξ, das heißt: ξ = f (−1)(η) = limn→∞
(f (−1)(yn)
).
Also ist f (−1) nach Satz 3.1 stetig in y.
Lemma 5. Sei (xn)n∈N eine beschrankte Folge, die genau einen Haufungspunktξ hat, dann gilt:
ξ = limn→∞
(xn)
Beweis. Angenommen (xn)n∈N konvergiere nicht gegen ξ.
∃ε > 0, ∀N ∈ N : ∃n > N : |xn − ξ| ≥ ε
Sei (xn)n∈N die Teilfolge derjenigen Folgenglieder, fur die |x− ξ| ≥ ε gilt.⇒ Die Folge
(xnk)
besitzt einen Haufungspunkt ξ′ 6= ξ E
3.1 Normale Konvergenz
Definition 3.4. Sei f : D → R, oder C eine Funktion.
‖f‖D := sup{|f(x)|
∣∣∣ x ∈ D} heißt Norm von f
Bemerkung 95. ‖ · ‖ hat folgende Eigenschaften:
N1: ∀f : ‖f‖D ≥ 0 und ‖f‖D = 0⇔ f ≡ 0 [Definitheit]
N2: λ ∈ R, oder C: ‖λ · f‖D = |λ| · ‖f‖D [Absolute Homogenitat]
103
N3: Seienf, g : D → R, oder C, dann gilt: [Dreiecksungleichung]
‖f + g‖D ≤ ‖f‖D + ‖g‖D
Bemerkung 96. ≡:”
ist identisch”[∀x ∈ D : f(x) = 0
]Beweis.
N1: Da 0 ≤ |f(x)| fur alle Funktionen f und alle x ∈ D, gilt auch 0 ≤sup
{|f(x)|
∣∣∣ x ∈ D} und somit ‖f‖D ≥ 0.
Noch zu zeigen: ‖f‖D = 0 ⇔ f ≡ 0
‖f‖D = 0
⇔ sup{|f(x)|
∣∣∣ x ∈ D} = 0
⇔ |f(x)| = 0 ∀x ∈ D⇔ f ≡ 0
N2: Sei λ ∈ R, oder C:
‖λ · f‖D = sup{|λ · f(x)|
∣∣∣ x ∈ D} = |λ| · sup{|f(x)|
∣∣∣ x ∈ D} = |λ| · ‖f‖D
N3: ∀x ∈ D : |f(x)| ≤ ‖f‖D und |g(x)| ≤ ‖g‖D
∀x ∈ D : |f(x) + g(x)| ≤ |f(x)|+ |g(x)| ≤ ‖f‖D + ‖g‖D
⇒ ‖f + g‖D = sup{|f(x) + g(x)|
∣∣∣ x ∈ D} ≤ ‖f‖D + ‖g‖D
Definition 3.5. Seien fn : D → R, oder C Funktionen, dann heißt die Reihe f(x) =∞∑n=0
fn(x)
normal konvergent, wenn∞∑n=0‖fn‖D konvergiert (<∞).
Bemerkung 97. Die Reihe∞∑n=0
fn(x) konvergiert fur jedes x ∈ D absolut, denn∞∑n=0‖f‖D
ist eine konvergente Majorante: |fn(x)| ≤ ‖fn‖D.
Satz 3.5. Sei fn : D → R, oder C eine Folge von Funktionen. Sei∞∑n=0
fn(x) normal konvergent
und seien fn stetig in x0 ∈ D, dann ist auch f(x) stetig in x0.
104
Beweis. Zu zeigen:
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε
Da
∞∑n=0
‖f‖D konvergiert, gibt es ein N ∈ N, sodass:
∞∑n=N+1
‖f‖D <ε
3
Dann ist die Funktion gN (x) =
N∑n=0
fn(x) stetig in x0
∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |gN (x)− gN (x0)| < ε
3Sei |x− x0| < δ :
|f(x)− f(x0)| =
∣∣∣∣∣gN (x) +
∞∑n=N+1
fn(x)− gN (x0)−∞∑
n=N∗1fn(x0)
∣∣∣∣∣ ≤≤ |gN (x)− gN (x0)|︸ ︷︷ ︸
< ε3
+∞∑
n=N+1
|fn(x)|︸ ︷︷ ︸≤
∞∑n=N+1
‖fn‖D
+∞∑
n=N+1
|fn(x0)|︸ ︷︷ ︸≤
∞∑n=N+1
‖fn‖D︸ ︷︷ ︸<2· ε3
< 3 · ε3
= ε
Beispiel 45.
f(x) =
∞∑n=1
xn
n. . . Potenzreihe
105
Wurzelkriterium:
aN =1
n: lim
n→∞
(1n√n
)= 1⇒ Konvergenzradius R = 1
Sei r < 1, Dr ={z ∈ C
∣∣∣ |z| ≤ r}fn(z) =
zn
n
⇒ ‖fn‖D =rn
n
Da|z|n
n≤ rn
n
Die Reihe
∞∑n=1
rn
nkonvergiert, daher konvergiert die Reihe f(z) normal auf Dr
und ist dort eine stetige Funktion.
⇒ f(z) ist stetig auf{z ∈ C
∣∣∣ |z| < 1}
=⋃r<1
Dr
Satz 3.6. Sei f(x) =∞∑n=0
an · xn eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R > 0, dann ist f eine
af D ={x ∈ C
∣∣∣ |x| < R}
stetige Funktion.
Beweis. Sei r < R, dann gilt mit fn(x) = an · xn und Dr ={x ∈ C
∣∣∣ |x| ≤ r}:
‖f‖Dr = |an| · rn
Die Reihe
∞∑n=0
‖fn‖Dr =
∞∑n=0
|an| · rn konvergiert nach Definition von R.
Daher konvergiert f(x) normal auf Dr und stellt dort eine stetige Funktion dar.
Dann ist f eine stetige Funktion auf⋃r<R
Dr ={x ∈ C
∣∣∣ |x| < R}
3.2 Eigenschaften stetiger Funktionen
Satz 3.7. NullstellensatzSei f : [a, b]→ R stetig auf [a, b] und gelte f(a) ·f(b) < 0, dann gibt es (mindestens) ein ξ ∈ (a, b)mit f(ξ) = 0.
106
b
a
ξ
f(a) < 0
f(b) > 0
107
Beweis. o.B.d.A.: f(a) < 0 und f(b) > 0
a0 = a, b0 = b → I0 = [a0, b0]
m1 =a0 + b0
2
f(m1) = 0 → m1 = ξ↗→ f(m1) < 0 → a1 = m b1 = b0↘
f(m1) > 0 → a1 = a0 b1 = m1
⇒ I1 = [a1, b1] ⊆ I0...
In = [an, bn]
mn+1 =an + bn
2
f(mn+1) = 0 → mn+1 = ξ↗→ f(mn+1) < 0 → an+1 = mn+1 bn+1 = bn↘
f(mn+1) > 0 → an+1 = an bn+1 = mn+1
⇒ In+1 = [an+1, bn+1] ⊆ In(In)n∈N ist Intervallschachtelung: ∃ξ ∈ R : ∀n ∈ N : ξ ∈ In
Behauptung: f(ξ) = 0
Angenommen: f(ξ) 6= 0
1. f(ξ) > 0
∃δ > 0 : ∀x ∈ [a, b] : |x− ξ| < δ =⇒ f(x) >f(ξ)
2> 0
Wahle n so groß, dass1
2n· (b− a)︸ ︷︷ ︸|In|
<δ
2
In ⊆(ξ − δ, ξ + δ
)f nimmt auf
(ξ − δ, ξ + δ
)nur positive Werte an, daher auch auf In
an ∈(ξ − δ, ξ + δ
)und f(an) < 0 E
2. f(ξ) < 0
∃δ > 0 : ∀x ∈ [a, b] : |x− ξ| < δ =⇒ f(x) <f(ξ)
2< 0
Wahle n so groß, dass1
2n· (b− a)︸ ︷︷ ︸|In|
<δ
2
In ⊆(ξ − δ, ξ + δ
)f nimmt auf
(ξ − δ, ξ + δ
)nur negative Werte an, daher auch auf In
bn ∈(ξ − δ, ξ + δ
)und f(bn) > 0 E
⇒ f(ξ) = 0
108
Satz 3.8. ZwischenwertsatzSei f : [a, b]→ R stetig.
Sei γ ∈(
min(f(a), f(b)
),max
(f(a), f(b)
)), dann gibt es ein ξ ∈ [a, b] mit f(ξ) = γ.
Beweis. h(x) = f(x) − γ, dann haben f(a)− γ︸ ︷︷ ︸h(a)
und f(b)− γ︸ ︷︷ ︸h(b)
unterschiedliche
VorzeichenSatz=⇒3.7∃ξ : h(ξ) = 0 ⇔ f(ξ) = γ.
Satz 3.9. FixpunktsatzSei f : [a, b]→ R stetig mit(
min(f(a), f(b)
),max
(f(a), f(b)
))⊆ [a, b], dann gibt es ein ξ ∈ [a, b] :
f(ξ) = ξ ein Fixpunkt.
Beweis. o.B.d.A.: f(a) ≥ a und f(b) ≤ b
h(a) = f(a)− a ≥ 0
h(b) = f(b)− b ≤ 0
h(x) = f(x)− xSatz 3.7 : ∃ξ ∈ (a, b) : h(ξ) = 0 ⇐⇒ f(ξ) = ξ
Bemerkung 98. Ein reelles Intervall auf sich selbst abgebildet hat einen Fixpunkt. Einekomplexe Kreislinie hat nicht notwendigerweise einen Fixpunkt, da das Bild der gedrehteDefinitionsbereich ist.
3.3 Kompaktheit
Definition 3.6. Folgen-Definition der AbgeschlossenheitEine Teilmenge A ⊆ R heißt abgeschlossen, wenn jede konvergente Folge von Punkten aus A auchihren Grenzwert in A hat.
Beispiel 46.
A = [a, b]
(xn)n∈N konvergiert
a ≤ xn ≤ b⇒ a ≤ lim
n→∞(xn)︸ ︷︷ ︸∈A
≤ b
109
Beispiel 47.
O = (a, b)
xn = a+1
nlimn→∞
(xn) = a /∈ O
⇒ nicht abgeschlossen
Bemerkung 99. Seien (Ai)i∈I abgeschlossene Mengen. Damit ist⋂i∈IAi abgeschlossen.
Wenn I endlich ist, dann ist auch⋃i∈IAi abgeschlossen.
Beweis.
A =⋂i∈I
Ai
(xn)n∈N konvergente Folge aus A
∀i ∈ I : (xn)n∈N konvergente Folge von Punkten aus Ai
⇒ limn→∞
(xn) ∈ Ai
⇒ limn→∞
(xn) ∈⋂i∈I
Ai = A
B =⋃i∈I
Ai
Sei (xn)n∈N eine konvergente Folge von Punkten aus B
das heißt: fur jedes n gilt: xn ∈ A1, oder xn ∈ A2, oder . . . , oder xn ∈ An⇒ ∃i0 ∈ {1, 2, ...,m} : xn ∈ Ai0 fur unendlich viele n(
xnk)
mit xnk ∈ Ai0(xnk)
Teilfolge einer konvergenten Folge, daher konvergeiert: x = limn→∞
(xnk)
︸ ︷︷ ︸limn→∞
(xn)
∈ Ai0
x ∈ B
Bemerkung 100.
∞⋃n=1
[1 +
1
n, 3− 1
n
]= (1, 3)
⇒ Diese abzahlbare Vereinigung von abgeschlossenen Mengen ergibt eine nicht abge-schlossene Menge.
110
Definition 3.7. Eine Menge B ⊆ R heißt beschrankt, wenn es ein M > 0 gibt, sodass B ⊆[−M,M ]
Definition 3.8. Eine Menge K ⊆ R heißt kompakt, wenn sie abgeschlossen und beschrankt ist.
Satz 3.10. Bolzano-Weierstraß-Charakterisierung der KompaktheitEine Menge K ⊆ R ist genau dann kompakt, wenn jede Folge von Punkten aus K eine in Kkompakte Teilfolge besitzt. (⇔ einen Haufungspunkt in K besitzt).
Beweis.
”⇒” Sei K kompakt und (xn)n∈N eine Folge von Punkten aus K
Satz vonBolzano-
Weierstraß
=⇒K beschrankt
(xn)n∈N besitzt eine konvergente Teilfolge(xnk)k∈N(
xnk)k∈N ist eine konvergente Folge von Punkten aus K
K=⇒abge-
schlossen
limk→∞
((xk)nk
)∈ K
”⇐” Habe K die Eigenschaft, dass jede Folge aus K einen Haufungspunkt in
K besitzt[Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft
]Zu zeigen: K ist beschrankt und abgeschlossen:
beschrankt: Angenommen K ware nicht beschrankt:
∀n ∈ N : ∃xn ∈ K : |xn| ≥ n(xn)n∈N besitzt keine konvergente Teilfolge E
abgeschlossen ei (xn)n∈N eine konvergente Folge von Punkten aus K. Nach derBolzano-Weierstraß-Eigenschaft vonK besitzt xn)n∈N einen Haufungspunktin K. Dieser Haufungspunkt ist x = lim
n→∞(xn)
⇒ x ∈ K⇒ K ist abgeschlossen.
111
Beispiel 48. Das Cantorsche Diskontinuum
A0 = [0, 1]
A1 =
[0,
1
3
]︸ ︷︷ ︸ε1=0
∪[
2
3, 1
]︸ ︷︷ ︸ε1=2
A2 =
[0,
1
9
]︸ ︷︷ ︸ε2=0
∪[
2
9,
1
3
]︸ ︷︷ ︸ε2=2
∪[
2
3,
7
9
]︸ ︷︷ ︸ε2=0
∪[
8
9, 1
]︸ ︷︷ ︸ε2=2
...
C =
∞⋂k=0
Ak 6= 0
x =
∞∑j=1
εj3j
mit εj ∈ {0, 2}
C ist kompakt und uberabzahlbar
0 19
29
13
123
79
89
Satz 3.11. Sei K ⊆ R kompakt und f : K → R stetig, dann ist f(K) kompakt.
Bemerkung 101. Stetige Bilder kompakter Mengen sind kompakt.
112
Beweis. Sei (yn)n∈N eine Folge von Punkten aus f(K).
∀n ∈ N : xn ∈ K : f(xn) = yn
(xn)n∈N ist eine Folge von Punkten aus K
K=⇒
kompakt(xn)n∈N besitzt eine konvergente Teifolge
(xnk)k∈N
x = limk→∞
(xnk)∈ K
ynk = f(xnk) Stetig-
keit=⇒von fin x
f(x) = limk→∞
(xnk)
= limk→∞
(ynk)
das heißt: (yn) hat eine konvergente Teilfolge mit Granzwert f(x) ∈ f(K)
Satz 3.12. Satz von Minimum und MaximumSei K ⊆ R kompakt und f : K → R stetig. Dann gibt es xmin und xmax ∈ K :
∀x ∈ K : f(xmin) ≤ f(x) ≤ f(xmax)
Beweis. Nach Satz 3.11 ist f(K) kompakt, also beschrankt.
∃M ∈ R : ∀x ∈ K : |f(x)| ≤M ⇒
s = inf{f(x)
∣∣∣ x ∈ K}S = sup
{f(x)
∣∣∣ x ∈ K}•
S = sup{f(x)
∣∣∣ x ∈ K} ⇐⇒ ∀n ∈ N : ∃xn ∈ K : f(xn) > S − 1
n
(xn)n∈N besitzt eine in K konvergente Teilfolge(xnk)k∈N
x = limk→∞
(xnk) f stetig
=⇒ f(x) = limk→∞
(f(xnk))
= S
S − 1
n≤ f
(xnk)≤ S +
1
n⇒ xmax := x
•
s = inf{f(x)
∣∣∣ x ∈ K} ⇐⇒ ∀n ∈ N : ∃x′n ∈ K : f(x′n) < s+1
n
(x′n)n∈N besitzt eine in K konvergente Teilfolge(x′nk)k∈N
x′ = limk→∞
(x′nk) f stetig
=⇒ limk→∞
(f(x′nk))
= s
s+1
n≥ f
(x′nk)≥ s− 1
n⇒ xmin := x′
113
Bemerkung 102.
f :
{(0, 1) → R
x 7→ 1x
besitzt weder Maximum, noch Minimum; ist somit unbeschrankt.
Definition 3.9. f : D → R heißt gleichmaßig stetig auf D, wenn:
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x, x0 ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε
Bemerkung 103. Hier hangt δ nicht mehr von x0 ab.
Satz 3.13. Sei K kompakt und f : K → R, dann ist f gleichmaßig stetig auf K.
Beweis. Angenommen f : K → R ist stetig, aber nicht gleichmaßig stetig.
⇒ ∃ε > 0, ∀δ > 0 : ∃x, x0 ∈ K : |x− x0| < δ und |f(x)− f(x0)| ≥ ε
δ =1
n: ∃xn, yn ∈ K : |xn − yn| <
1
nund |f(xn)− f(yn)| ≥ ε
Weil K kompakt ist, besitzen (xn)n∈N und(ynk)k∈N in K konvergente Teilfolgen(
xnk)k∈N und
(ynk)k∈N
x = limk→∞
(xnk)∈ K
|xnk − ynk | <1
nk⇒ x = lim
k→∞
(ynk)
f stetig auf K : f(x) = limk→∞
(f(xnk))
= limk→∞
(f(ynk))
=
= f
(limk→∞
(xnk))
= f
(limk→∞
(ynk))
∣∣f(xnk)− f(ynk)∣∣ ≥ ε ⇒ 0 = |f(x)− f(x)| ≥ ε E
Satz 3.14. Fundamentalsatz der AlgebraSei p(z) = zn + an−1z
n−1 + ... + a1z + a0 ein Polynom mit n ≥ 1 und komplexen Koeffizientena0, ..., an−1, dann gibt es ein α ∈ C, sodass: p(α) = 0.
Beweis. Plan:
• Zeige, dass |p(z)| ein Minimum hat
• Wenn |p(z0)| ein Minimum hat, dann gilt |p(z0)| = 0.
114
1. Sei A = |a0|+ |a1|+ ...+ |an−1|
|p(z)| = |z|n ·∣∣∣1 +
an−1
z+ ...+
a0
zn
∣∣∣ ≥ |zn|(1− A
|z|
)Da
∣∣∣an−1
z+ ...+
a0
zn
∣∣∣ ≥ |zn| ≤ |a0|+ |a1|+ ...+ |an−1||z|
=A
|z|
Fur |z| ≥ max(1, 2A
)gilt dann: |p(z)| ≥ |z|n · 1
2= |z|n−1︸ ︷︷ ︸
≥1
· |z|2︸︷︷︸
≥ 12 ·2A
≥ A ≥ |a0| = |p(0)|
das heißt: |p(z)| nimmt in{z ∈ C
∣∣∣ |z| ≤ max(1, 2A
)}ein Minimum an
⇒ kompakt
2. Sei |p(z0)| ein Minimum von |p(z)| und gelte |p(z0)| > 0∣∣∣∣ p(z)p(z0)
∣∣∣∣ =
∣∣∣∣1 + b · wd + ...+1
p(z0)wn∣∣∣∣
d ist die erste Potenz von w, die vorkommt mit d ≥ 1 und b 6= 0
Verwende, dass jede komplexe Zahl eine d−te Wurzel besitzt
βd = −1
bmit β ∈ C
Setze w = β · t mit t ∈ R⇒ z = z0 + β · t∣∣∣∣ p(z)p(z0)
∣∣∣∣ =
∣∣∣∣1− td · (1 + q(t)︸︷︷︸q(0)=0
)∣∣∣∣Wahle δ > 0 so, dass fur |t| < δ : |q(t)| ≤ 1
4
1− td(1 + q(t)
)= 1− td
∣∣∣∣ (1 + <(q(t)
)︸ ︷︷ ︸≤ 1
4
)︸ ︷︷ ︸
≥ 34
+i · =(q(t)
)︸ ︷︷ ︸≤ 1
4
∣∣∣∣ ≤ 1− 3
4· td +
1
4· td = 1− 1
2· td
1− 1
2· td < 1 fur 0 < t < δ E
3.4 Grenzwerte von Funktionen und stetige Fortsetzung
f : D → Rx0 ∈ D
Wollen f(x0) konsistent erklaren, das heißt:
f :
D ∪ {x0} → R
x 7→
{f(x) . . . x ∈ DA . . . x = x0
115
Definition 3.10. Sei D eine nichtleere Menge, dann heißt x0 ein Haufungspunkt von D, wenn injeder Umgebung von x0 unendlich viele Punkte von D liegen.
Bemerkung 104. x0 ist Haufungspunkt von D ⇔ ∀ε > 0, ∃x ∈ D :0 < |x− x0| < ε
Definition 3.11. Sei f : D → R eine stetige Funktion, dann heißt
F :
D ∪ {x0} → R
x 7→
{f(x) . . . x ∈ DA . . . x = x0
stetige Fortsetzung von f auf D∪{x0}, wenn
F stetig auf D ∪ {x0} ist.
Bemerkung 105. Wenn x0 ein Haufungspunkt von D ist, dann ergibt jeder Wert vonA eine stetige Fortsetzung.
Beweis.
∃δ0 > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| ≥ δ0
F ist stetig in x0:
∀ε > 0 : ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− xo| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε︸ ︷︷ ︸Wahe 0<δ<δ0
Wenn x0 ein Haufungspunkt von D ist, dann gibt es hochstens einen Wert furA, sodass F stetige Fortsetzung von f ist.Angenommen: Wahle F (x0) = A beziehungsweise F (x0) = B fur A 6= B, sodass
F und F beide stetige Funktionen von f sind.
∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)−A| < ε∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)−B| < ε
Setze ε =|B −A|
2⇒ |B −A| = |B − f(x) + f(x)− a| ≤ |B − f(x)|+ |f(x)−A| <
<|B −A|
2+|B −A|
2= |B −A|
⇒ |B −A| < |B −A| E
Definition 3.12. Sei D eine nicht leere Menge, f : D → R, oder C. Sei x0 /∈ D ein Haufungspunkt
116
von D, dann schreibt man:
A = limx→x0
(f(x)
), wenn F :
D ∪ {x0} → R
x 7→
{f(x) . . . x ∈ DA . . . x = x0
stetig in x0 ist. Das heißt:
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)−A| < ε
Beispiel 49.
Bs(x) =
∞∑n=0
(s
n
)xn fur |x| < 1
fur s ∈ Q gilt: Bs(x) = (1 + x)s
Bs(x)− 1
x=
1
x·∞∑n=1
(s
n
)xn =
∞∑n=1
(s
n
)nn−1 =
∞∑m=0
(s
m+ 1
)xm
Bs(x)− 1
x: (−1, 1) \ {0} → R
∞∑m=0
(s
m+ 1
)xm ist die stetige Fortsetzung von
Bs(x)− 1
xauf (−1, 1)
limx→0
(Bs(x)− 1
x
)=
(s
1
)= s
Fur s ∈ Q : limx→0
((1 + x)s − 1
x
)= s
3.4.1 Rechenregeln fur Grenzwerte
Sei f, g : D → R, oder C, x0 ein Haufungspunkt von D
A = limx→x0
(f(x)
)und B = lim
x→x0
(g(x)
)Dann gilt:
limx→x0
(f(x)± g(x)
)= A±B
limx→x0
(f(x) · g(x)
)= limx→x0
((f · g
)(x))
= A ·B
Wenn B 6= 0 : limx→x0
(f(x)
g(x)
)=A
B
117
Beweis.
∀ε > 0 ∃δ1 > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ1 =⇒ |f(x)−A| < ε2
∀ε > 0 ∃δ2 > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ2 =⇒ |g(x)−B| < ε2
Sei δ = min(δ1, δ2)
∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ
=⇒∣∣(f(x)− g(x)
)− (A+B)
∣∣ ≤ |f(x)−A|︸ ︷︷ ︸< ε
2
+ |g(x)−B|︸ ︷︷ ︸< ε
2
< ε
Satz 3.15. FolgenkriteriumSei D eine nichtleere Menge, x0 ein Haufungspunkt von D und f : D → R, oder C, dann giltA = lim
x→x0
(f(x)
)genau dann, wenn fur jede Folge (xn)n∈N von Punkten aus D mit x0 = lim
n→∞(xn)
auch A = limn→∞
(f(xn)
)gilt.
Beweis. A = limx→x0
(f(x)
)ist aquivalent zur Stetigkeit der Funktion
F :
D ∪ {x0} → R
x 7→
{f(x) . . . x ∈ DA . . . x = x0
Die Aussage des Satzes ist dann genau das Folgenkriterium fur die Stetigkeitvon F in x0.
Satz 3.16. Cauchy-KriteriumSei D eine nicht leere Menge, x0 ein Haufungspunkt von D und f : D → R, oder C, dann existiertlimx→x0
(f(x)
)genau dann, wenn:
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x, x′ ∈ D : |x− x0| < δ und |x′ − x0| < δ
⇒ |f(x)− f(x′)| < ε(3.2)
Beweis.
”⇒” Es gelte A = lim
x→x0
(f(x)
):
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)−A| < ε
2⇒ ∀ε > 0 : ∃δ > 0 : ∀x, x′ ∈ D : |x− x0| < δ und |x′ − x0| < δ
⇒ |f(x)− f(x′)| ≤ |f(x)−A|+ |f(x′)−A| < ε
118
”⇐” Es gelte (3.2):
Sei (xn)n∈N eine Folge von Punkten in D mit x0 = limn→∞
(xn)
∀δ > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |xn − x0| < δ
Sei ε > 0, dann gibt es nach (3.2) ein δ > 0.
Dann gibt es wegen der Konvergenz von (xn)n∈N ein N ∈ N:
n,m ≥ N :|xn − x0| < δ|xm − x0| < δ
=⇒ |f(xm)− f(xn)| < ε
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : |f(xm)− f(xn)| < ε
⇒(f(xn)
)n∈N ist eine konvergente Cauchy-Folge
Sei A := limn→∞
(f(xn)
)∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |f(x)−A| < ε
2(3.2)=⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x, x′ ∈ D : |x− x0| < δ und |x′ − x0| < δ
⇒ |f(x)− f(x′)| < ε
Sei ε > 0, dann gibt es ein δ aus (3.2) und ein N ∈ N, sodass ∀n ≥ N : |f(x)−A| < ε
2
|xn − x0| < δ|x− x0| < δ
}⇒ |f(x)−A| ≤ |f(x)− f(xn)|︸ ︷︷ ︸
< ε2
+ |f(xn)−A|︸ ︷︷ ︸< ε
2
< ε
Das heißt: ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)−A| < ε
3.5 Einseitige und uneigentliche Grenzwerte
Definition 3.13. Sei f : (a, b)→ R, oder C, dann schreibt man:
A = limx→a+
(f(x)
)= limx→a+0
(f(x)
)= limx↘a
(f(x)
)∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : a < x < a+ δ ⇒ |f(x)−A| < ε
B = limx→b−
(f(x)
)= limx→b−0
(f(x)
)= limx↗b
(f(x)
)∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : b− δ < x < b ⇒ |f(x)−B| < ε
Diese Grenzwerte heißen einseitige Grenzwerte, beziehungsweise links-/rechtsseitige Grenzwerte
Satz 3.17. Sei f : (a, b)→ R beschrankt und monoton, dann existieren die Grenzwerte:
limx→a+
(f(x)
)und lim
x→b−
(f(x)
)
119
Beweis. Sei f o.B.d.A.: monoton wachsend:
b > x > x′ > a ⇒ f(x) ≥ f(x′)
B = sup{f(x)
∣∣∣ x ∈ (a, b)}∈ R, da f beschrankt ist
⇒ ∀ε > 0, ∃x′ ∈ (a, b) : f(x′) > B − ε⇒ x > x′ ⇒ B ≥ f(x) ≥ f(x′) > B − ε
δ = b− x′
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : b− δ < x < b ⇒ |f(x)−B| < ε
Definition 3.14. D 6= ∅ und x0 ein Haufungspunkt:
• f : D → R
limx→x0
(f(x)
)= +∞ ⇔ ∀M > 0 ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ f(x) ≥M
limx→x0
(f(x)
)= −∞ ⇔ ∀M > 0 ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ f(x) ≤ −M
• f : D → C
limx→x0
(f(x)
)=∞ ⇔ ∀M > 0 ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)| ≥M
Definition 3.15.
• f : (a,∞)→ R:
limx→+∞
(f(x)
)= A ∀ε > 0 ∃M > 0 ∀x > M |f(x)−A| < ε
limx→+∞
(f(x)
)= +∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x > K f(x) > M
limx→+∞
(f(x)
)= −∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x > K f(x) < −M
• f : (a,∞)→ C:
limx→+∞
(f(x)
)=∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x > K |f(x)| ≥M
• f : (−∞, b)→ R:
limx→−∞
(f(x)
)= A ∀ε > 0 ∃M > 0 ∀x < −M |f(x)−A| < ε
limx→−∞
(f(x)
)= +∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x < −K f(x) > M
limx→−∞
(f(x)
)= −∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x < −K f(x) < −M
120
• f : (−∞, b)→ C:
limx→−∞
(f(x)
)=∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x < −K |f(x)| ≥M
121
4 Elementare Funktionen
4.1 Die Exponentialfunktion
f : C→ C mit:
1. ∀s, t ∈ C: f(s+ t) = f(s) · f(t)
2. lims→0
(f(s)−1
s
)= c mit c ∈ C
Bemerkung 106.
f(0 + 0) = f(0) · f(0)
f(0)2 = f(0)
f(0) = 0, oder f(0) = 1
Wobei f(0) = 0 uninteressant ist.
Ad 1. Gesucht ist also eine Funktion mit der Eigenschaft, dass der Funktionswertder Summe zweier Argumente dasselbe ergibt, wie die Multiplikation dererFunktionswerte.
Ad 2. Weiters soll der Grenzuberschritt s→ 0 kontrolliert erfolgen.
1. Durch Induktion folgt:
f
J∑j=1
sj
=
J∏j=1
f(sj)
f(n · t) = f(t)n ⇒ f(t) = f
(t
n
)n2.
limx→∞
(f(tn
)− 1
tn
)= c
f
(t
n
)= 1 +
tnn
⇒ limn→∞
(tn · xnt · xn
)= c
⇒ limn→∞
(tn) = c · t
f(t) =
(1 +
tnn
)n= limn→∞
(1 +
tnn
)nLemma 6. Sei (zn)n∈N eine Folge komplexer Zahlen mit lim
n→∞(zn) = z, dann
konvergiert die Folge((
1 + znn
)n)n∈N und es gilt:
limn→∞
((1 +
znn
)n)=
∞∑k=0
zk
k!
122
Beweis.∞∑k=0
zk
k! ist eine Potenzreihe mit Konvergenzradius ∞.
Das heißt, dass diese Reihe konvergiert fur alle z ∈ C.(zn)n∈N konvergiert, ist daher beschrankt:
∃M ∈ R : ∀n ∈ N : |zn| ≤M
Sei ε > 0, dann gibt es ein K ∈ N :
∞∑k=K+1
Mk
k!<ε
3
Sei n > K :(
1 +znn
)n=
n∑k=0
(n
k
)zknnk
=
n∑k=0
n · (n− k) · ... · (n− k + 1)
nk· z
kn
k!=
=
K∑k=0
(1 +
1
n
)·(
1− z
n
)· ... ·
(1− k − 1
n
)· z
kn
k!+
n∑k=K+1
(1− 1
n
)· ... ·
(1− k − 1
n
)· z
kn
k!∣∣∣∣∣(
1 +1
n
)n−∞∑k=0
zk
k!
∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣K∑k=0
(1 +
1
n
)·(
1− z
n
)· ... ·
(1− k − 1
n
)· z
kn
k!
∣∣∣∣∣++
∣∣∣∣∣n∑
k=K+1
(1− 1
n
)· ... ·
(1− k − 1
n
)· z
kn
k!
∣∣∣∣∣+
∣∣∣∣∣∞∑
k=K+1
zk
k!
∣∣∣∣∣ ≤≤
∣∣∣∣∣K∑k=0
1
k!
(1− 1
n
)·(
1− k − 1
n
)zkn − zk
∣∣∣∣∣+
∞∑k=K+1
Mk
k!+
∞∑k=K+1
Mk
k!
Wegen z = limn→∞
(zn) gilt:
limn→∞
(K∑k=0
1
k!·(
1− 1
n
)·(
1− z
n
)· ... ·
(1− k − 1
n
)· zkn
)=
K∑k=0
1
k!· zn
Es gibt dann ein ein N ∈ N, sodass fpr n ≥ N gilt:∣∣∣∣∣K∑k=0
1
k!
(1− 1
n
)·(
1− k − 1
n
)zkn − zk
∣∣∣∣∣ < ε
3
⇒ fur n ≥ N gilt dann:
∣∣∣∣∣(
1 +1
n
).−
∞∑k=0
zk
k!
∣∣∣∣∣ ≤≤
∣∣∣∣∣K∑k=0
1
k!
(1− 1
n
)·(
1− k − 1
n
)zkn − zk
∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε
3
+
∞∑k=K+1
Mk
k!︸ ︷︷ ︸< ε
3
+
∞∑k=K+1
Mk
k!︸ ︷︷ ︸< ε
3
<
ε
3+ε
3+ε
3= ε
Korollar 4.0.1. Eine Funktion f , die die Eigenschaften 1. und 2. hat, kann als
123
f(t) = limn→∞
((1 + tn
n
)n)mit lim
n→∞(tn) = c · t geschrieben werden. Nach dem Lemma gilt dazu:
f(t) =
∞∑k=0
(c · t)k
k!
Definition 4.1. Die Abbildung exp :
C → C
z 7→∞∑k=0
zk
k!
heißt die Exponentialfunktion.
Bemerkung 107. Es gilt:
limn→∞
((1 +
z
n
)n)= exp(z)
1.
exp(s+ t) =
∞∑k=0
(s+ t)k
k!=
∞∑k=0
1
��k!·k∑l=0
��k!
l!(k − l)!· sl · tk−l︸ ︷︷ ︸
Cauchy-Produkt
=
=
( ∞∑l=0
sl
l!
)·
( ∞∑m=0
tm
m!
)= exp(s) · exp(t)
2.
exp(s)− 1
s=
1
s·∞∑k=1
sk
k!=
∞∑k=1
sk−1
k!=
∞∑m=0
sm
(m+ 1)!
Potenzreihe mit Konvergenzradius R =∞
lims→0
(exp(s)− 1
s
)= 1
Das heißt, dass exp 2. erfullt mit c = 1
Bemerkung 108. Die Funktion exp(c · s) ist durch die beiden Eigenschaften 1. und 2.charakterisiert.Das heißt dass es die einzige Funktion mit diesen beiden Eigenschaften ist.
124
Bemerkung 109. exp ist stetig auf C, da es eine Potenzreihe ist.
exp(1) =
∞∑k=0
1
n!= limn→∞
((1 +
1
n
)n):= e[
Eulersche Zahl
]
Satz 4.1.
e /∈ Q
Beweis. Angenommen e ∈ Q:
⇒ e =p
qmit p, q ∈ N
q!
(e−
q∑n=0
1
n!
)︸ ︷︷ ︸
∈N
= q! ·∞∑
n=q+1
1
n!=
∑n=q+1
1
(q + 1)(q + 2) · ... · n<
<∑
n=q+1
1
(q + 1)n− q=
1
(q + 1) ·(
1− 1q+1
) =1
q< 1
n ∈ N
exp(n) = en
exp(−n) = e−n
exp
(p
q
)= e
pq = q√ep mit p ∈ Z, q ∈ N
exp
(q · p
q
)= exp(p) = ep = exp
(p
q
)q
Definition 4.2. Fur z ∈ C schreibt man:
ez = exp(z)
ez · e−z = 1
⇒ ez 6= 0 ∀z ∈ C
exp fur reelles Argument
x ∈ R : limn→∞
((1 +
x
n
)n)= ex
125
4.1.1 Eigenschaften von R→ R
Satz 4.2.
1. ∀x ∈ R : ex > 0
2. exp : R→ R ist streng monoton wachsend und daher injektiv
3. exp : R→ R+ ist surjektiv und insgesamt bijektiv.
Beweis.
1.
ex =(ex2
)2> 0
2. h > 0:
eh =
∞∑n=0
hn
n!> 1 + h > 1
x+ h > x :
ex · eh > ex
3. y > 1: [0, y]
e0 = 1 < ey
ey > 1 + y > y
Zwischen-wert-satz=⇒ ∃ξ ∈ (0, y) : eξ = y
y < 1:
η =1
y> 1
⇒ ∃ξ ∈ R : eξ = η
e−ξ = y
Satz 4.3. Es gilt fur alle n ∈ N:
limx→∞
(ex
xn
)= +∞
limx→−∞
(xnex) = 0
126
Beweis.
ex >xn+1
(n+ 1)!
⇒ ex
xn>
xn+1
xn(n+ 1)!=
x
(n+ 1)!> M
∀M > 0 : ∃K > 0 : ∀x > K :ex
xn> M
xnex = (−t)ne−t = (−1)n · tn
et
1.=⇒ lim
t→−∞
(tn
et
)= 0 = lim
x→−∞(xnex)
4.2 Der naturlich Logarithmus
Definition 4.3. Die Abbildung ln :
{R+ → Rx 7→ exp(−1)(x)
heißt der naturlich Logarithmus.
Eigenschaften des Logarithmus ln : R+ → R ist streng monoton wachsendund bijektiv
∀x, y ∈ R+ : ln(xy) = ln(x) + ln(y)
limx→0
(ln(1 + x)
x
)= 1
x = es und y = et : xy = es+t
ln(xy) = s+ t = ln(x) + ln(y)
ln(1 + x)
x=
t
et − 1
limx→0
(ln(1 + x)
x
)= limt→0
(t
et − 1
)= 1
n ∈ N:
limx→+∞
(ln(x)n√x
)= 0
⇒ x = ent : limx→+∞
(nt
et
)= 0
limx→0+
(n√x · ln(x)
)= 0
⇒ x = e−nt : limx→+∞
(e−t · (−nt)
)= 0
4.3 Exponentialfunktion und Logarithmus mit beliebigerBasis
127
Definition 4.4. a > 0:
z ∈ C : az := exp(z · ln(a)
)x ∈ R : ax := exp
(x · ln(a)
)ax+y = ax · ay
limx→0
(ax − 1
x
)= limx→0
(exp
(x · ln(a)
)− 1
x · ln(a)
)· ln(a) = ln(a)
Fur a > 1 ist x 7→ ax streng monoton wachsend und
limx→+∞
(ax) = +∞
limx→−∞
(ax) = 0
Fur 0 < a < 1 ist x 7→ ax streng monoton fallend und
limx→+∞
(ax) = 0 und limx→−∞
(ax) = +∞
a log :
{R+ → Rx 7→ ln(x)
ln(a)
Logarithmus zur Bases a
a log = loga
ax = y
exp(x · ln(a)
)= y
x · ln(a) = ln(y)
→ x =ln(y)
ln(a)= a log(y)
Wichtige Logarithmen
ld = 2 log . . . Logarithmus dualislog = 10 log . . . Logarithmus zur Basis 10
Bemerkung 110.
x · y = exp(
ln(x) + ln(y))
Bemerkung 111.
x 7→ ax stetigx 7→ ln(x) stetig
128
Definition 4.5. Potenzfunktionx 7→ xα mit α ∈ R, oder C
xα = exp(α · ln(x)
)x > 0
xα : R+ → R ist stetig als Verknupfung stetiger Funktionen.
Bemerkung 112.
α > 0:
limx→0+
(xα) = 0
limx→∞+
(xα) = +∞
α < 0:
limx→0+
(xα) = +∞
limx→+∞
(xα) = 0
(x · y)α = xα · yα
xα = exp(α · ln(x)
)limx→0+
(ln(x)
)= −∞
limx→0+
(xα) = limt→−∞
(et) = 0
t = α · ln(x)
limx→∞+
(xα) = limt→+∞
(et) = +∞
Bemerkung 113.
α > 0:
limx→0+
(xα · ln(x)
)= 0
x < 1:
xα ≤ x 1n fur
1
n< α
|xα · ln(x)︸ ︷︷ ︸0
| ≤ |x 1n · ln(x)︸ ︷︷ ︸
0
|
129
x > 1:
xα ≥ x 1n
⇒ ln(x)
xα︸ ︷︷ ︸→0
≤ ln(x)
x1n︸ ︷︷ ︸→0
Bemerkung 114. Die einzige stetige Losung der Funktionalgleichung f(x+ y) = f(x) ·f(y) mit x, y ∈ R ist f(x) = f(1)x
f
(p
q
)= q√f(1)p
Dann gibt es hochstens eine stetige Fortsetzung von f auf R. Diese kennt man,aufgrund der Uberlegungen.
f(x+ y) = f(x) · f(y)
f
(p
q
)= f(1)
pq
x ∈ R:
f(x) = limpq→x
(f
(p
q
))
4.4 Die Binomische und Logarithmische Reihe
Bs =
∞∑n=0
(s
n
)x
|x| < 1
Bs+t(x) = Bs(x) ·Bt(x)
Das heißt:Fur Indizes x mit |x| 1 ist f : s 7→ Bs(x) eine Losung der obigen Aufgabe.
Wenn man die Existenz von lims→0
(Bs(x)−1
s
)zeigen kann, dann kann man Bs(x)
bestimmen aufgrund der Charakterisierung der Exponentialfunktion.
Bs(x)− 1
s=
1
s=
∞∑n=1
(s
n
)xn
130
n ≥ 1:
1
s
(s
n
)=
1
�s· �s · (s− 1) · ... · (s− n+ 1)
n!
Sei |s| ≤ 1
⇒ |s− k| ≤ k + 1 :
∣∣∣∣1s(n
n
)∣∣∣∣ ≤ 2 · 3... · nn!
= 1
daher ist
∣∣∣∣(sn)xn∣∣∣∣ ≤ |x|n
⇒ die Reihe
∞∑n=1
1
s
(s
n
)xn konvergiert normal fur festes x
mit |x| < 1 und |s| < 1, stellt also eine stetige Funkton dar.
lims→0
(Bs(x)− 1
s
)=
∞∑n=1
(s− 1) · (s− 2) · ... · (s− n+ 1)
n!· xn
∣∣∣∣∣s=0
Bemerkung 115. Die rechte Seite ist die stetige Fortsetzung.
∞∑n=1
(s− 1) · (s− 2) · ... · (s− n+ 1)
n!· xn
∣∣∣∣∣s=0
=
=
∞∑n=1
(−1) · (−2) · ... · (−n+ 1)
n!xn =
=
∞∑n=1
(−1)n−1
n· xn := L(x)
Wegen der Charakterisierung der Exponentialfunktion hat man daher:
Bs(x) = exp(s · L(x)
)s=1:
B1(x) = 1 + x = exp(L(x)
)⇒ L(x) = ln(1 + x) =
∞∑n=1
(−1)n−1
n· xn fur |x| < 1
Also gilt:
Bs(x) = exp(s · ln(1 + x)
)= (1 + x)s
fur |x| < 1 und s ∈ C.
ln(1 + x) =
∞∑n=1
(−1)n−1
n· xn fur |x| < 1
131
0 < x < 1 :
xn > 0
xn+1
n+ 1<xn+1
n<xn
n
das heißt:
∞∑n=1
(−1)n−1
n· xn ist eine alternierende, monoton fallende Reihe.
Leibniz=⇒
∣∣∣∣∣ln(1 + x)−N∑n=1
(−1)n−1
n· xn
∣∣∣∣∣ ≤ xN+1
N + 1
Fehlerabschatzung nach Leibnizkriterium fur 0 ≤ x < 1
limx→1−=⇒
Stetig-keit
∣∣∣∣∣ln(2)−N∑n=1
(−1)n−1
n
∣∣∣∣∣ ≤ 1
N + 1
also gilt:
∞∑n=1
(−1)n−1
n= ln(2)
4.4.1 Bestimmung von Logarithmen
ln(1 + x) =
∞∑n=1
(−1)n−1
n· xn
ln(1− x) = −∞∑n=1
xn
n
ln
(1
1− x
)=
∞∑n=1
xn
n
ln
(1 + x
1− x
)= 2 ·
∞∑n=1
x2n+1
2n+ 1
Wenn ln(y) bestimmt werden soll, wahlt man y = 1+x1−x
⇒ y + xy = 1 + x∣∣∣∣y − 1
y + 1
∣∣∣∣ < 1 fur y > 0
y − 1 = x(y + 1)
x =y − 1
y + 1
132
Beispiel 50.
y = 2
⇒ x =1
3
⇒ ln(2) = 2 ·∞∑n=1
1
(2n+ 1) · 32n+1
4.5 Trigonometrische Funktionen
exp(z) =
∞∑n=0
zn
n!mit z ∈ C
exp(i · t) =
∞∑n=0
(it)n
n!=
∞∑n=0
(it)2n
(2n)!+
∞∑n=0
(it)2n+1
(2n+ 1)!=
=
∞∑n=0
(−1)nt2n
(2n)!+ i ·
∞∑n=0
(−1)nt2n+1
(2n+ 1)!
Definition 4.6.
cos(t) =
∞∑n=0
(−1)nt2n
(2n)!= <(eit)
sin(t) =
∞∑n=0
(−1)nt2n+1
(2n+ 1)!= =(eit)
eit = cos(t) + i · sin(t)
eit = cos(t)− i · sin(t)
⇒ cos(t) =1
2
(eit + e−it
)sin(t) =
1
2i
(eit − e−it
)Eigenschaften von cos und sin
exp(i · (s+ t)
)= exp(is) · exp(it)
cos(s+ t) + i · sin(s+ t) =(
cos(s) + i · sin(s))·(
cos(t) + i · sin(t))
=
= cos(s) · cos(t)− sin(s) · sin(t) + i ·(
sin(s) · cos(t) + cos(s) · sin(t))
133
Bemerkung 116. Die Additionstheoreme fur cos und sin und s, t ∈ R sind:
cos(s± t) = cos(s) · cos(t)± sin(s) · sin(t)
sin(s± t) = sin(s) · cos(t)− cos(s) · sin(t)
cos(s+ t) + cos(s− t) = 2 cos(s) · cos(t)
cos(s+ t)− cos(s− t) = −2 · sin(s) · sin(t)
sin(s+ t) + sin(s− t) = 2 sin(s) · cos(t)
sin(s+ t)− sin(s− t) = 2 cos(s) · sin(t)
cos(s) · cos(t) =1
2
(cos(s+ t) + cos(s− t)
)sin(s) · sin(t) = −1
2
(cos(s+ t)− cos(s− t)
)sin(s) · cos(t) =
1
2
(sin(s+ t) + sin(s− t)
)cos(s) · sin(t) =
1
2
(sin(s+ t)− sin(s− t)
)
s =x+ y
2und t =
x− y2
⇔ s+ t = x und s− t = y
⇒ cos(x) + cos(y) = 2 cos
(x+ y
2
)· cos
(x− y
2
)cos(x)− cos(y) = −2 sin
(x+ y
2
)· sin
(x− y
2
)sin(x) + sin(y) = 2 · sin
(x+ y
2
)· cos
(x− y
2
)sin(x)− sin(y) = 2 · cos
(x+ y
2
)· sin
(x− y
2
)
sin(2x) = sin(x) · cos(x) + cos(x) · sin(x) = 2 sin(x) cos(x)
cos(2x) = cos2(x)− sin2(x)cos(0) = 1 = cos2(x) + sin2(x)
}cos(2x) = 2 cos2(x)− 1
Lemma 7. Fur 0 < x <√
6 gilt:
−x3
6< sin(x) < y
Fur |x| <√
2 gilt:
1− x2
2< cos(s) ≤ 1
134
Beweis.
sin(x) =
∞∑n=0
(−1)nx2n+1
(2n+ 1)!wenn 0 < x <
√6 :
x >x3
6>x5
5!> ...
Leibniz:
x− x3
6<
∞∑n=0
(−1)nx2n+1
(2n+ 1)!< x
cos(x) =
∞∑n=0
(−1)nx2n
(2n)!wenn 0 < x <
√2 :
1− x2
2>x4
24> ...
Leibniz:
1− x2
2< cos(x) < 1− x2
2+x4
24< 1
Fur 0 < x <√
6 gilt:
sin(x) > x︸︷︷︸>0
·(
1− x2
6
)︸ ︷︷ ︸
→0
> 0
Fur 0 < x < y <√
6 gilt:
cos(x)− cos(y) = −2 sin
(x+ y
2
)· sin
(x− y
2
)= 2 · sin
(x+ y
2
)· sin
(x− y
2
)> 0
Also ist cos : [0,√
6]→ R streng monoton fallen �
cos(√
2) > 0
cos(0) = 1 > 0
cos(2) =
∞∑n=0
(−1)n4n
(2n)!= 1− 4
2+
42
24∓ ... ≤ 1− 2 +
2
3= −1
3< 0
Zwischen-wert-satz=⇒ Es gibt genau eine Nullstelle von cos(x) im Intervall [
√2, 2]
Definition 4.7. Die einzige Nullstelle von cos(x) im Intervall [0, 2] heißt:
π
2:= inf
{x ∈ R+
∣∣∣ cos(x) = 0}
2√
2 < π < 4
135
Bemerkung 117.
cos(π
2
)sin(π
2
)sin2
(π2
)+ cos2
(π2
)= 1 ⇔ sin
(π2
)= ±1
cos(π) = 2 cos2(π
2
)− 1 = −1
sin(π) = 2 sin(π
2
)· cos
(π2
)= 0
cos(2π) = 2 cos2 (π)− 1 = 1
sin(2π) = 2 sin(π) · cos(π) = 0
cos(x+ 2π) = cos(x) · cos(2π)− sin(x) · sin(2π) = cos(x)sin(x+ 2π) = sin(x) · cos(2π) + cos(x) · sin(2π) = sin(x)
}Periodizitat
⇒ k ∈ Z :
{cos(x+ 2kπ) = cos(x)sin(x+ 2kπ) = sin(x)
}∀x ∈ R
sin und cos haben die Periode 2π.
eiπ2 = cos
(π2
)+ i · sin
(π2
)= i
`iπ = −1
e2πi = 1
ez+2πi = ez
Exponentialfunktion hat Periode 2πi.
Bemerkung 118. cos(x) ist streng monoton fallend auf [0, π]
136
Beweis.
cos(x)− cos(y) = −2 sin
(x+ y
2
)· cos
(x− y
2
)Zeige: sin(x) > 0 fur 0 < x < π
Wissen: sin(x) > 0 fur 0 < x <√
6
Angenommen: ∃ξ mit√
6 < x < ξ mit sin(ξ) < 0
⇒ ∃x0 ∈ [√
6, ξ] mit sin(x0) = 0
sin(x0) = 2 sin(x0
2
)︸ ︷︷ ︸
=0
· cos(x0
2
)︸ ︷︷ ︸6=0
0 <x0
2<π
2
⇒ sin(x0
2
)> 0 E
Sei 0 ≤ x < y ≤ π
cos(x)− cos(y) = 2 sin
∈(0,π)︷ ︸︸ ︷(x+ y
2
)︸ ︷︷ ︸
>0
· sin
∈(0,π)︷ ︸︸ ︷(x− y
2
)︸ ︷︷ ︸
>0
sin(x+
π
2
)= sin(x) · cos
(π2
)+ cos(x) · sin
(π2
)= cos(x)
sin(x− π
2
)= − cos(x)
⇒ sin ist � auf[−π
2,π
2
]sin(π − x) = sin(π) · cos(x)− cos(π) · sin(x) = sin(x)
cos(π − x) = cos(π) · cos(x) + sin(π) · sin(x) = − cos(x)
cos(π + x) = − cos(x)
sin(π + x) = − sin(x)
Die gewonnen Informationen erlauben eine rudimentare Skizze der Funktions-graphen
1
−1
π2
π 3π2
2π
137
Bemerkung 119.{x ∈ R
∣∣∣ cos(x) = 0}
=π
2+ π · Z =
{π2
+ kπ∣∣∣ k ∈ Z}{
x ∈ R∣∣∣ sin(x) = 0
}= π · Z =
{kπ∣∣∣ k ∈ Z}
Angenommen: ∃ξ: cos(ξ) = 0 und ξ /∈ π2 + π · Z
oBdA.: 0 < ξ < 2πWegen cos(x + π) = − cos(x) kann man sogar 0 < ξ < π ausrechnen. ξ ware dann eineNullstelle in [0, π] mit ξ+ π
2 . Das widerspricht der strengen Monotonie von cos auf diesemIntervall.
Bemerkung 120.
ez = 1⇔ z ∈ 2πi · Z∃k ∈ Z : z = 2kπi
ez = ex+iy = ex · eiy = ex ·(
cos(y) + i sin(y))
= 1
sin(y) = 0 ⇒ y ∈ π · Zcos(kZ) = 1
cos(kπ) = (−1)k
cos : [0, π]→ [−1, 1] ist bijektiv[injektiv wegen � und surjektiv wegen cos(0) = 1, cos(π) =
−1 und der Anwendung der Zwischenwertsatzes]
sin :[−π2 ,
π2
]→ [−1, 1] ist bijektiv aus denselben Grunden, wie der cos
ArkusKosinus
arccos :
{[−1, 1] → [0, π]
y 7→ cos(−1)(y)
Arkussinus
arcsin :
{[−1, 1] →
[−π2 ,
π2
]y 7→ sin(−1)(y)
138
Bemerkung 121. y ∈ [−1, 1]{x ∈ R
∣∣∣ cos(x) = y}
={
arccos(y), 2π − arccos(y)}
+ 2πZ =
={
arccos(y) + 2kπ∣∣∣ k ∈ Z} ∪ {− arccos(y) + 2kπ
∣∣∣ k ∈ Z}{x ∈ R
∣∣∣ sin(x) = y}
={
arcsin(y), π − arcsin(y)}
+ 2πZ =
={
arcsin(y) + 2kπ∣∣∣ k ∈ Z} ∪ {π − arcsin(y) + 2kπ
∣∣∣ k ∈ Z}
Tangens
tan(x) =sin(x)
cos(x)
x /∈ π
2+ πZ
cot(x) =cos(x)
sin(x)
x /∈ πZ
tan :(−π
2,π
2
)→ R
x > 0 : sin ist � und cos ist �
0 < x < y < π2 :
tan(x) =sin(x)
cos(x)<
sin(y)
cos(y)= tan(y)
tan(−x) = − tan(x)
⇒ tan :(−π2 ,
π2
)→ R ist streng monoton wachsend
limx→π
2−
(tan(x)
)= +∞ und lim
x→π2
+
(tan(x)
)= −∞
⇒ tan ist surjektiv
⇒ bijektiv
Kosekans
cosec(x) =1
sin(x)
Sekans
sec(x) =1
cos(x)
Arcustangens
arctan :
{R →
(−π2 ,
π2
)y 7→ tan(−1)(y)
tan(x+ π) = tan(x)... Tangens hat die periode π{x ∈ R
∣∣∣ tan(x) = y}
= arctan(y) + πZ
139
Kotangens
cot : (0, π)→ R ist �
limx→0+
(cot(x)
)= +∞ und lim
x→0−
(cot(x)
)= −∞
⇒ bijektiv
cot(x+ π) = cot(x)
Arcuskotangens
arcCot :
{R → (0, π)
y 7→ cot(−1)(y){x ∈ R
∣∣∣ cot(x) = y}
= arcCot(y) + πZ
tan(x+ y) =sin(x+ y)
cos(x+ y)=
sin(x) · cos(y) + cos(x) · sin(y)
cos(x) · cos(y)− sin(x) · sin(y)=
=
sin(x)cos(x) + sin(y)
cos(y)
1− sin(x)cos(x) ·
sin(y)cos(y)
=tan(x) + tan(y)
1− tan(x) · tan(y)
arctan(1) =π
4
2 cos(π
4
)2
− 1 = cos(π) = 0
2 sin(π
4
)· cos
(π4
)= sin
(π2
)= 1
cos(π
4
)= ± 1√
2
sin(π
4
)=
1√2
⇒ tan(π
4
)= 1
arctan : [−1, 1]→[−π
4,π
4
]⇒ x, y ∈ (−1, 1)
⇒ arctan(x) + arctan(y) ∈(−π
2,π
2
)arctan(x) + arctan(y) = arctan
(x+ y
1− xy
)|x| , |y| < 1
140
4.6 Polarkoordinaten in R2 und C
(x, y) ∈ R \{
(0, 0)}
(x, y) =√x2 + y2 ·
(x√
x2 + y2,
y√x2 + y2
)(
x√x2 + y2
)2
+
(y√
x2 + y2
)2
= 1
Suche: ϕ : x√x2+y2
= cos(ϕ) und y√x2+y2
= sin(ϕ).
y ≥ 0:
ϕ = arccos
(x√
x2 + y2
)x√x2+2
= cos(ϕ)
ϕ ∈ [0, π] ⇒ sin(ϕ) ≥ 0
Da sin2(ϕ) + cos2(ϕ) = 1, sin(ϕ) ≥ 0 und y√x2+y2
≥ 0 muss sin(ϕ) = y√x2+y2
gelten.y < 0 :
ϕ = − arccos
(x√
x2 + y2
)ϕ ∈ (−π, 0)
cos(ϕ) =x√
x2 + y2
sin(ϕ) < 0wie=⇒oben
y√x2 + y2
= sin(ϕ)
Das heißt:
(x, y) =√x2 + y2︸ ︷︷ ︸
=:r
(cos(ϕ), sin(ϕ)
)mit ϕ ∈ (−π, π]
(x, y) 7→ (r, ϕ)
x = r cos(ϕ)
y = r sin(ϕ)
Die Abbildung (x, y) 7→ (r, ϕ) ist stetig fur (x, y) ∈ R2 \{
(x, 0)∣∣∣ x ≤ 0
}︸ ︷︷ ︸
negative x-Achsefuhrt zu Ein-seitigkeit und
ist daher aus demDefinitionsbereichausgenommen, da
π 6=−π
141
z = x+ iy 6= 0
= |z| ·(x
|z|+ i · y
|z|
)= |z| · eiϕ = |z| ·
(cos(ϕ) + i · sin(ϕ)
)ϕ := Arg(z) . . . Argument von z
ϕ ∈ (−π, π]
⇒ z = |z| · ei·Arg(z)
S :
{(−π, π] → S =
{(x, y) ∈ R2
∣∣∣ x2 + y2 = 1}
ϕ 7→(
cos(ϕ), sin(ϕ)) ist stetig und bijektiv
ϕ = S(−1)(xr,y
r
)4.7 Wurzelziehen in C
xn = c
c ∈ C, n ∈ N, c 6= 0
w = |w| · eiϕ
c = |c| · eiϕ
⇒ wn = |w|n · einϕ
|w|n = |c| ⇒ |w| = n√|c|
nϕ = ψ + 2kπ mit k ∈ Z
⇒ ϕ =ψ
n+
2kπ
n
k ist so zu wahlen, dass ϕ ∈ (−π, π]. Das ergibt genau n Werte fur k.
142
Beispiel 51.
w3 = 1− i
|1− i| =√
2
ψ = Arg(1− i) = −π4
= − arccos
(1√2
)ϕ = − π
12+
2kπ
3mit k = −1, 0, 1
⇒ wk =6√
2 ·
(cos
(− π
12+
2kπ
3
)+ i · sin
(− π
12+
2kπ
3
))
w0 =6√
2 ·
(cos(−π
2
)+ i · sin
( π12
))= 1, 08...− i · 0, 29...
w1 =6√
2 ·
(cos
(7π
12
)+ i · sin
(7π
12
))= 1, 0899...+ i · 0, 031979...
w2 =6√
2 ·
(cos
(4π
3
)+ i · sin
(4π
3
))= −
6√
2√2
(1 + i)
4.8 Exponentialfunktion und Logarithmus in C
exp :
C → C
z 7→∞∑n=0
zn
n!
exp(x+ iy) = ex · eiy = ex ·(
cos(y) + i · sin(y))
|ez| = e<(z)
Arg(ez) = =(z) + 2kπ mit k ∈ Z rightig gewahlt
0
y = −π
y = −π2
y = −π4
y = π
y = π2
y = π4
143
r = 1
exp :{z ∈ C
∣∣∣ |=(z)| < π}→ C \ R−0 ist bijektiv
w = ez = |w| · ei·Arg(w) ⇒ z = =(|w|) + i ·Arg(w)
e<(z) = |w| ←→ e=(z) = ei·Arg(w)
log :
{C \ R−0 →
{z ∈ C
∣∣∣ =(z) < π}
w 7→ ln(w) + i ·Arg(w) ”Hauptzweig des komplexen Logarithmus”
Bemerkung 122.”log” bezeichnet ab jetzt den komplexen Logarithmus zur Basis e. Der
reelle naturliche Logarithmus wird weiterhin mit ln bezeichnet.
Beispiel 52.
log(2i) = ln(2) + i · π2
log(1− i) =1
2ln(2)− i · π
4
ii = ei·log(i) = ei·i·π2 = e−
π2 ∈ R
144
Wissen:
ln(1 + x) =
∞∑n=1
(−1)n−1xn
n
Bs(z) =
∞∑n=0
(s
n
)· zn
|z| < 1, z ∈ C fest
s 7→ Bs(x)
Bs+t(z) = Bs(z) ·Bt(z)
lims→0
(Bs(z)− 1
s
)=
∞∑n=1
(−1)n−1 zn
n
⇒ L(z) :=
∞∑n=1
(−1)n−1 zn
n= lims→0
(Bs(z)− 1
s
)Bs(z) = es·L(z) s=1
=⇒ Bn(z) = 1 + z = eL(z)
Es muss daher gelten:
L(z) = log(1 + z) + i · 2k(z) · π mit k(z) ∈ Zz ∈ (−1, 1) =⇒ k(0) = 0
z 7→ k(z) ist stetig und kann nur ganzzahlige Werte annehmen.Betrachte:
t 7→ k
(1
2+ t ·
(z − 1
2
))t ∈ [0, 1]
Diese nimmt bei t = 0 den Wert 0 an und in t = 1 den Wert k(z). Ware k(z) 6= 0, dannware nach dem Zwischenwertsatz k /∈ Z EDamit gilt:
log(1 + z) =
∞∑n=1
(−1)n−1 · zn
nfur |z| < 1
145
tan(x) =12i · (e
ix − e−ix)12 · (eix + e−ix)
=1
i· e
2ix − 1
e2ix + 1= y
e2ix − 1 = iy(e2ix + 1)
e2ix(1− iy) = 1 + iy
e2ix =1 + iy
1− iy
arctan(y) = x =1
2i· log
(1 + iy
1− iy
)+���k(y) · π
k(y) ∈ Z, mit k(0) = 0 ⇒ k(y) = 0 ∀y
ln
(1 + x
1− x
)= 2 ·
∞∑n=0
x2n+1
2n+ 1
⇒ log
(1 + ix
1− iy
)= 2 ·
∞∑n=0
(iy)2n+1
2n+ 1= 2i ·
∞∑n=0
(−1)n · y2n+1
2n+ 1
⇒ arctan(y) =
∞∑n=0
(−1)n · y2n+1
2n+ 1fur |y| < 1
∞∑n=0
(−1)n · y2n+1
2n+ 1fur 0 < y < 1 ist eine alternierende Reihe mit monoton fallenden Gliedern
⇒
∣∣∣∣∣arctan(y)−N∑n=0
(−1)n · y2n+1
2n+ 1
∣∣∣∣∣ < y2N+3
2N + 3
Wegen der Stetigkeit bleibt die Ungleichung richtig fur y → 1−∣∣∣∣∣π4 −N∑n=0
(−1)n
2n+ 1
∣∣∣∣∣ ≤ 1
2N + 3
das heißt:
∞∑n=0
(−1)n · 1
2n+ 1=π
4
146
2 · arctan
(1
5
)= arctan
( 15 + 1
5
1− 15 ·
15
)= arctan
(5
12
)2 · arctan
(5
12
)= arctan
( 512 + 5
12
1− 25144
)= arctan
( 56
119144
)= arctan
(120
119
)arctan(1)− arctan
(1
239
)= arctan
(1− 1
239
1 + 1 · 1239
)= arctan
( 238239240239
)=
= arctan
(119
120
)=π
2− arctan
(120
119
)⇒ π
4= 4 · arctan
(1
5
)+ arctan
(1
239
)π
4=
∞∑n=0
(−1)n · 1
2n+ 1·(
4
52n+1− 1
2392n+1
)⇒ π = 3, 141592653589793238462643383279502884197169399375105820974944...
Sei ζ = e2πin Dann gilt:
n−1∑l=0
ζkl =
{n . . . wenn n | k0 . . . sonst
ζk = 1
da: k = n · l
ζnl =(ζn)l
= 1
n | k :n - k :
ζk 6= 1
n−1∑l=0
ζkl =ζnk − 1
ζ − 1= 0
Beispiel 53.
∞∑n=0
x3n
(3n)!=
1
3·∞∑n=0
xn
n!·
2∑l=0
ζnl
ζ = e2πi3 = −1
2+ i ·
√3
2=
1
3·(ex + eζ·x + eζ
2·x) =
=1
3·(ex + e−
x2 ·(ei√
32 x + e−i
√3
2 x))
=1
3·
(ex + 2e−
x2 · cos
(√3
2
))
147
4.9 Hyperbelfunktionen
Mit Sinus und Kosinus konnte die Einheitskreislinie parametrisiert werden.
x2 − y2 = 1 beschreibt eine (gleichseitige) Hyperbel
⇒ (x− y)︸ ︷︷ ︸e−t
· (x+ y)︸ ︷︷ ︸et
= 1
x =1
2·(et + e−t
)y =
1
2·(et − e−t
)
Definition 4.8.
sinh(t) =1
2·(et − e−t
)cosh(t) =
1
2·(et + e−t
)”Sinus Hyperbolicus ” und
”Kosinus Hyperbolicus” erlauben eine Parametrisierung von Hyperbeln
cosh(t) ≥ 1
daher parametrisiert t 7→(
cosh(t), sinh(t))
nur den rechten Ast der Hyperbel.
−5 −4 −3 −2 −1 1 2 3 4 5
−5
−4
−3
−2
−1
1
2
3
4
5
148
Area Kosinus Hyperbolicus
cosh(t) = x
x ≥ 1
1
2·(et + e−t
)= x ⇔ e2t + 1 = 2xet ⇔ e2t − 2xet + 1 = 0
⇒(et)
1,2= x±
√x2 − 1
⇒ t = Arcosh(x) = ln(x+
√x2 − 1
)≥ 0
Area Sinus Hyperbolicus
sinh(t) = y
1
2·(et − e−t
)= y ⇔ e2t − 2yet − 1 = 0 ⇒
(et)
1,2= y ±
√y2 + 1
⇒ t = Arsinh(y) = ln(y +
√y2 + 1
)sinh(x)cosh(x)
x 7→ cosh(x) . . . Kettenlinie
149
Tangens Hyperbolicus
tanh(x) =sinh(x)
cosh(x)
Kotangens Hyperbolicus
coth(x) =cosh(x)
sinh(x)
x 6= 0
Area Tangens Hyperbolicus
y = tanh(x) =e2x − 1
e2x + 1
ye2x + y = e2x − 1 ⇔ e2x · (y − 1) = −1− y
e2x =1 + y
1− y
x =1
2· ln(
1 + y
1− y
)fur |y| < 1
⇒ Artanh(y) =1
2· ln(
1 + y
1− y
)fur |y| < 1
Area Kotangens Hperbolicus
y = coth(x) =e2x + 1
e2x − 1
ye2x − y = e2x + 1
e2x(y − 1) = y + 1
x =1
2· ln(y + 1
y − 1
)fur |y| > 1
⇒ Arcoth(y) =1
2· ln(y + 1
y − 1
)fur |y| > 1
4.10 Potenzreihen
cosh(x) =1
2·(ex + e−x
)=
1
2·∞∑n=0
xn
n!
(1 + (−1)n
)=
∞∑n=0
x2n
(2n)!
sinh(x) =1
2·(ex − e−x
)=
1
2·∞∑n=0
xn
n!
(1− (−1)n
)=
∞∑n=0
x2n+1
(2n+ 1)!
⇒ Artanh(x) =1
2· ln(
1 + x
1− x
)=
∞∑n=0
x2n+1
2n+ 1
cosh(ix) = cos(x)
sinh(ix) = i · sin(x)
tanh(ix) = i · tan(x)
150
z ∈ C :
cos(z) = cos(x+ iy) = cos(x) · cos(iy)− sin(x) · sin(iy) =
= cos(x) · cosh(x)− i · sin(x) · sinh(y)
sin(z) = sin(x+ iy) = sin(x) · cos(iy) + cos(x) · sin(iy) =
= sin(x) · cosh(y) + i · cos(x) · sinh(y)
151
5 Differentialrechnung von Funktionen einer Va-riablen
y = f(x)
G ={
(x, y) ∈ R2∣∣∣ x ∈ D, y = f(x)
}. . . Funktionsgraph
Gesucht ist die Tangente y = k(x−x0) +f(x0) am Funktionsgraphen im Punkt(x0, f(x0)
). Dazu genugt es die Steigung k zu bestimmen.
g = f(x)
x0
Tangente in x0
Idee Bestimme k als Grenzwert der Steigung von Sekanten:
f(x)− f(x0)
x− x0
k = limx→x0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)
152
g = f(x)
x0 x
(x0, f(x0)
)(x0, f(x0)
)Sekante
Erste Naherung Fur x ≈ x0 ⇒ f(x) ≈ f(x0) + k(x− x0)
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε |x− x0|(5.3)
Das heißt: der Fehler f(x) − f(x0) − k(x − x0) soll kleinere Großenordnungenhaben als x− x0
(5.3)=⇒
∣∣∣∣f(x)− f(x0)
x− x0− k∣∣∣∣ < ε ↔ lim
x→x0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)= k
Die Tangente ist dadurch ausgezeichnet, dass der Abstand der Funktionsgraphenzur Tangente starker gegen 0 geht als |x− x0|.
Definition 5.1. Sei f : (a, b) → R, oder C und x0 ∈ (a, b), dann heißt f differenzierbar in x0,
wenn limx→x0
(f(x)−f(x0)
x−x0
)existiert.
f heißt differenzierbar auf (a, b), wenn f in jedem Punkt (a, b) differenzierbar ist.
Wenn f in x0 differenzierbar ist, schreibt man: f ′(x0) = limx→x0
(f(x)−f(x0)
x−x0
)Wenn f auf (a, b) differenzierbar ist, heißt f ′ :
{(a, b) → R, oder C
x 7→ f ′(x)die erste Ableitung.
Schreibweise
f ′(x0) = Df(x0) =df
dxf(x0)
153
Beispiel 54. s : t→ s(t), Weg-Zeit-FunktionGesucht: Momentangeschwindigkeit
s(t)− s(t0)
t− t0 lim
t→t0
(s(t)− s(t0)
t− t0
)= v(t0)
Bemerkung 123. Einige Ableitungen:
1. f(x) = xn mit n ∈ N:
xn − xn0x− x0
= xn−1 + xn−2x0 + ...+ xxn−10 + xn−1
0
⇒ f ′(x) = limx→x0
(xn − xn0x− x0
)= n · xn−1
0
2. f(x) = ecx mit x = x0 + h
ec(x0+h) − ecx0
x− x0︸ ︷︷ ︸x0+h−x0=h
= ecx0 · ech − 1
h︸ ︷︷ ︸−→h→0
c
⇒ f ′(x) = c · ecx
3. f(x) = ln(x) mit x = x0(1 + h)
ln(x)− ln(x0)
x− x0=���ln(x0) + ln(1 + h)−���ln(x0)
x0 · h
⇒ f ′(x) = limh→0
(1
x· ln(1 + h)
h︸ ︷︷ ︸−→h→0
1
)=
1
x
154
4. f(x) = cos(x)
cos(x)− cos(x0) = −2 sin
(x− x0
2
)· sin
(x+ x0
2
)cos(x)− cos(x0)
x− x0= − sin
(x+ x0
2
)·
sin(x−x0
2
)x−x0
2
t =:x− x0
2
limt→0
(sin(t)
t
)= limt→0
(eit − e−it
2it
)=
1
2ilimt→0
(eit − 1
t− e−it − 1
t
)=
=1
2i
(i− (−i)
)= 1
⇒ sin(t)
t=
∞∑n=0
(−1)n · t2n
(2n+ 1)!
⇒ limt→0
(sin(t)
t
)= 1
limx→x0
(cos(x)− cos(x0)
x− x0
)= − lim
x→x0
(sin
(x+ x0
2
)·
sin(x−x0
2
)x−x0
2
)= − sin(x0)
⇒ f ′(x) =d
dxcos(x) = − sin(x)
5. f(x) = sin(x)
sin(x)− sin(x0) = 2 cos
(x+ x0
2
)· sin
(x− x0
2
)sin(x)− sin(x0)
x− x0= cos
(x+ x0
2
)·
sin(x−x0
2
)x−x0
2
⇒ f ′(x) = limx→x0
(sin(x)− sin(x0)
x− x0
)= cos(x)
6. f(x) = cosh(x)
cosh(x)− cosh(x0) = 2 sinh
(x+ x0
2
)· sinh
(x− x0
2
)cosh(x)− cosh(x0)
x− x0= sinh
(x+ x0
2
)·
sinh(x−x0
2
)x−x0
2
limt→0
(sinh(t)
t
)= 1
⇒ f ′(x) = limx→x0
(cosh(x)− cosh(x0)
x− x0
)= sinh(x)
155
7. f(x) = sinh(x)
sinh(x)− sinh(x0) = 2 cosh
(x+ x0
2
)· sinh
(x− x0
2
)⇒ f ′(x) = lim
x→x0
(sinh(x)− sinh(x0)
x− x0
)= cosh(x)
Bemerkung 124. Potenzreihendarstellung:
sinh(t)
t=
∞∑n=0
t2n
(2n+ 1)!
⇒ limx→x0
(sinh(t)
t
)= 1
Bemerkung 125. Die Differenzierbarkeit von f in x0 ist aquivalent zur Existenz einerFunktion ϕ(x), die in x0 stetig ist, sodass:
f(x)− f(x0) = ϕ(x) · (x− x0) ⇔ ϕ(x) =f(x)− f(x0)
x− x0
Die Existenz des Grenzwertes ist aquivalent zur Stetigkeit von ϕ in x0.
Satz 5.1. Sei f : (a, b)→ R, oder C differenzierbar in x0 ∈ (a, b), dann ist f in x0 stetig.
Beweis. f(x) = f(x0)︸ ︷︷ ︸stetigin x0
+ϕ(x)︸︷︷︸stetigin x0
· (x− x0)︸ ︷︷ ︸stetigin x0
ist stetig in x0 als Produkt zweier steti-
gen Funktionen plus einer konstanten Funktion.
Bemerkung 126. Die Umkehrung ist falsch. Aus Stetigkeit folgt nicht zwingenderweiseDifferenzierbarkeit. Die meisten stetigen Funktionen sind nicht differenzierbar.
Satz 5.2. Rechenregeln fur AbleitungenSeien f, g : (a, b)→ R, oder C differenzierbar in x0 ∈ (a, b), dann gilt:
a) Summenregel: f ± g ist differenzierbar in x0 und:(f ± g
)′(x0) = f ′(x0)± g′(x0)
156
b) Konstantenregel: c ∈ R, oder C fest, c · f ist differenzierbar in x0 und:(c · f
)′(x0) = c · f ′(x0)
c) Produktregel: f · g ist differenzierbar in x0 und:(f · g
)′(x0) = f ′(x0) · g(x0) + f(x0) · g′(x0)
d) Quotientenregel: Wenn g(x0) 6= 0, dann ist fg differenzierbar in x0 und:(
f
g
)′(x0) =
f ′(x0) · g(x0)− f(x0) · g′(x0)(g(x0)
)2Beweis.
a)
f(x) + g(x)− f(x0)− g(x0)
x− x0=f(x)− f(x0)
x− x0+g(x)− g(x0)
x− x0
⇒ limx→x0
existiert nach Voraussetzung
b)
c · f(x)− c · f(x0)
x− x0= c · f(x)− f(x0)
x− x0
c)
f(x) · g(x)− f(x0) · g(x0)
x− x0=
=f(x) · g(x)− f(x) · g(x0) + f(x) · g(x0)− f(x0) · g(x0)
x− x0=
= f(x) · f(x) · g(x)− f(x0) · g(x0)
x− x0+ g(x0) · f(x)− f(x0)
x− x0
⇒ limx→x0
(f(x) · g(x)− f(x0) · g(x0)
x− x0
)= f(x0) · g′(x0) + f ′(x0) · g(x0)
157
d)
1
g(x)
g(x0) 6= 0, g stetig in x0 ⇒ ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : x0 − δ < x < x0 + δ
⇒ g(x) 6= 01
g(x) −1
g(x0)
x− x0=
g(x)− g(x0)
g(x) · g(x0) · (x− x0)
⇒ limx→x0
(1
g(x) −1
g(x0)
x− x0
)= − g′(x0)(
g(x0))2
⇒(f · 1
g
)′(x0) = f ′(x0) · 1
g′(x0)+ f(x0) ·
(− g′(x0)(
g(x0))2)
=
=f ′(x0) · g(x0)− f(x0) · g(x0)(
g(x0))2
Bemerkung 127. Fortsetzung der Ableitung elementarer Funktionen:
8. f(x) = x−n = 1xn mit n ∈ N
f ′(x) = −n · xn−1
x2n= −n · x−n−1
9. (a) f(x) = tan(x) = sin(x)cos(x) mit x /∈
(π2 + π · Z
)f ′(x) = tan′(x) =
cos2(x)−(− sin2(x)
)cos2(x)
=1
cos2(x)= 1 + tan2(x)
(b) g(x) = cot(x) = 1tan(x) = cos(x)
sin(x)
g′(x) = cot′(x) =
(− sin2(x)
)− cos2(x)
sin2(x)= − 1
sin2(x)= −
(1 + cot2(x)
)10. (a) f(x) = tanh(x) = sinh(x)
cosh(x)
f ′(x) =cosh2(x)− sinh2(x)
cosh2(x)=
1
cosh2(x)= 1− tanh2(x)
(b) g(x) = coth(x) = cosh(x)sinh(x)
g′(x) =− sinh2(x)− cosh2(x)
sinh2(x)= − 1
sinh(x)= 1− coth2(x)
158
Satz 5.3. Sei g : (a, b) → (c, d) differenzierbar in x0 ∈ (a, b), y0 = g(x0) und sei f : (c, d) → R,oder C differenzierbar in y0, dann ist f ◦ g differenzierbar in x0 und es gilt:(
f ◦ g)′
(x0) = f ′(y0) · g′(x0)
⇒ f(g(x)
)′= f ′
(g(x)
)︸ ︷︷ ︸außere
Ableitung
· g′(x)︸ ︷︷ ︸innere
Ableitung
= Df(g(x)
)·Dg(x) = D
(f(g(x)
))= D
(f ◦ g
)(x)
Beweis.
f ◦ g(x)− f ◦ g(x0) = f(g(x)
)− f
(g(x)
)︸ ︷︷ ︸f(y)−f(y0)=ϕ(x)·(y−y0)
ϕ stetig in y0
= ϕ(g(x)
)·(g(x)− g(x0)
)
mit g(x)− g(x0) = ψ(x) · (x− x0) . . . ψ stetig in x0
⇒ f ◦ g(x)− f ◦ g(x0) = ϕ(g(x)
)· ψ(x)︸ ︷︷ ︸
stetig in x0
·(x− x0)
Das heißt: f ◦ g ist differenzierbar in x0 und(f ◦ g
)′(x0) = ϕ(y0) · ψ(x0) = f ′(y0) · g′(x0)
Bemerkung 128. Fortsetzung der Ableitung elementarer Funktionen:
11. xα = exp(α · ln(x)
)mit α ∈ C und x > 0(
xα)′
= exp(α · ln(x)
)· αx
= α · xα−1
Satz 5.4. UmkehrregelSei f : (a, b) → (c, d) bijektiv, f differenzierbar in x0 ∈ (a, b) und f ′(x0) 6= 0, dann ist f (−1) :(c, d)→ (a, b) differenzierbar in y0 = f(x0) und es gilt:(
f (−1))′
(y0) =1
f ′(x0)
159
Beweis. f sei differenzierbar in x0:
f(x)− f(x0) = ϕ(x) · (x− x0)
x = f (−1)(y)
x0 = f (−1)(y0)
y − y0 = ϕ(f (−1)(y)
)·(f (−1)(y)− f (−1)(y0)
)⇒ f (−1)(y)− f (−1)(y0) =
1
ϕ(f (−1)(y)
)︸ ︷︷ ︸stetig in y0
·(y − y0)
⇒(f (−1)
)′(y0) =
1
ϕ(x0)=
1
f ′(x0)
Bemerkung 129. Falscher Beweis fur die Umkehrregel
f (−1)(f(x)
)= x(
f (−1))′ (
f (−1))· f ′(x) = 1
x = x0(f (−1)
)′(y0) =
1
f ′(x0)
Bemerkung 130. Fortsetzung der Ableitung elementarer Funktionen:
12. f(x) = arctan(x)
y = arctan(x) ⇐⇒ x = tan(y)
f ′(x) = arctan′(x) =1
tan′(y)=
1
1 + tan2(y)=
1
1 + x2
13. (a) f(x) = arcsin(x) mit x ∈ [−1, 1] und y ∈[−π2 ,
π2
]y = arcsin(x) ⇐⇒ x = sin(y)
f ′(x) = arcsin′(x) =1
sin′(y)=
1
cos(y)=
1√1− sin2(y)
=1√
1− x2
(b) g(x) = arccos(x) = π2 − arcsin(x)
⇒ g′(x) = arccos′(x) = − 1√1− x2
14. f(x) = Arsinh(x) mit x = sinh(y) und cosh2(y)− sinh2(y) = 1
160
(a) f ′(x) = Arsinh′(x) = 1sinh′(y) = 1
cosh(y) = 1√1+x2
X
(b) f(x) = Arsinh(x) = ln(x+√
1 + x2)
f ′(x) = Arsinh(x) =1
x+√
1 + x2·(
1 +1
2· 1√
1 + x2· 2x)
=
=1
((((((
x+√
1 + x2·(((((
(√1 + x2 + x√
1 + x2=
1√1 + x2
X
15. (a) f(x) = Arcosh(x) mit y > 0 und x > 1
y = Arcosh(x) ⇐⇒ x = cosh(y)
f ′(x) = Arcosh′(x) =1
cosh′(y)=
1
sinh(y)=
1√x2 − 1
(b) f(x) = Arcosh(x) = ln(x+√x2 − 1
)f ′(x) = Arcosh(x) =
1
x+√x2 − 1
·(
1 +1
22 · 1√
x2 − 1· 2x)
=
=1
((((((x+
√x2 − 1
·(((((
(√x2 − 1 + x√x2 − 1
=1√
x2 − 1X
16. f(x) = Artanh(x)
y = Artanh(x) ⇐⇒ x = tanh(y)
f ′(x) = Artanh′(x) =1
tanh′(y)=
1
1− tanh2(y)=
1
1− x2
Satz 5.5. Logarithmische AbleitungSei f : (a, b) → C stetig auf (a, b) und differenzierbar in x0 ∈ (a, b). Weiters sei f(x) 6= 0 furalle x ∈ (a, b). Sei g eine stetige Funktion auf (a, b) mit eg(x) = f(x) fur x ∈ (a, b), dann ist gdifferenzierbar in x0 und es gilt:
g′(x0) =f ′(x0)
f(x0)
Beweis.
eg(x)−g(x0) =f(x)
f(x0)= f(x)
f(x0) = 1
g(x) = g(x)− g(x0) ⇒ g(x0) = 0
161
Wegen der Stetigkeit von f in x0 gibt es ein δ > 0, sodass:
∀x ∈(x0 − δ, x0 + δ
): <
(f(x)
)>
1
2
⇒ g(x)− g(x0) = log(f(x)
)f(x) = u(x) + v(x)
u, v differenzierbar in x0 ⇒ g ist differenzierbar in x0
g(x)− g(x0) =1
2· ln(u(x)2 + v(x)2
)+ i · arctan
(u(x)
v(x)
)v
u= tan(ϕ)
ϕ = Arg(u+ iv) = arctan( vu
)Ketten-
regel=⇒ g′(x0) =
1
2· 1
u(x0)2 + v(x0)2·(2u(x0) · u′(x0) + 2v(x0) · v′(x0)
)+
+i · 1
1 + v(x0)2
u(x0)2
· v′(x0)u(x0)− v(x0)u(x0)
u(x0)2=
=u(x0)u′(x0) + v(x0)v′(x0) + i ·
(u(x0)v′(x0)− v(x0)u′(x0)
)u(x0)2 + v(x0)2
=
=
(u′(x0) + iv′(x0)
)·(((((
((((u(x0)− iv(x0)
)(u(x0) + iv(x0)
)·(((((
((((u(x0)− iv(x0)
) =f ′(x0)
f(x0)=f ′(x0)
f(x0)
Bemerkung 131. Fur reellwertige f ist der Satz offensichtlich[g(x) = ln
(f(x)
). . . Kettenregel
]
Bemerkung 132. L(f)
:= f ′(x)f(x) ... Logarithmische Ableitung
L(f · g
)=f ′(x) · g(x) + f(x) · g′(x)
f(x) · g(x)=f ′(x)
f(x)+g′(x)
g(x)= L
(f)
+ L(g)
f ′(x) = L(f)(x) · f(x)
5.1 Entwicklung der Differentialrechnung
Sei f : (a, b) → R eine funktion, dann heißt x0 ∈ (a, b) ein lokales Maximum(beziehungsweise Minimum) von f , wenn:
∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : |x− x0| < δ ⇒ f(x) ≤ f(x0) Maximumf(x) ≥ f(x0) Minimum
x0 heißt lokales Extremum.
162
Satz 5.6. Sei f : (a, b)→ R differenzierbar auf (a, b) und sei x0 ∈ (a, b) eine Extremstelle, danngilt:
f ′(x0) = 0
Beweis. o.B.d.A.: x0 sei ein lokales Maximum.
∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : |x− x0| < δ ⇒ f(x) ≤ f(x0)
Weil (a, b) offen ist, kann man δ > 0 so wahlen, dass (x0 − δ, x0 + δ) ⊆ (a, b)
f ′(x0) = limx→x0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)= limx→x−0
( ≤0︷ ︸︸ ︷f(x)− f(x0)
x− x0︸ ︷︷ ︸<0
)︸ ︷︷ ︸
≥0
= limx→x+
0
( ≤0︷ ︸︸ ︷f(x)− f(x0)
x− x0︸ ︷︷ ︸>0
)︸ ︷︷ ︸
≤0
⇒ 0 ≤ f ′(x0) ≤ 0
⇒ f ′(x0) = 0
Bemerkung 133. Auf abgeschlossenen Intervallen f : [a, b]→ R:Es konnen lokale Extrema in den Randpunkten auftreten und Satz 5.6 ist nicht anwendbar.a sei lokales Maximum:
∃δ > 0 : ∀x ∈ [a, a+ δ] : f(a) ≥ f(x)
rechtsseitiger Grenzwert:
limx→a+
(f(x)− f(a)
x− a
)≤ 0
lokales Maximum lokales Minimuma f ′(a) ≤ 0 f ′(a) ≥ 0b f ′(b) ≥ 0 f ′(b) ≤ 0
x0 ∈ (a, b) f ′(x0) = 0 f ′(x0) = 0
Satz 5.7. Satz von RolleSei f : [a, b]→ R differenzierbar und es gelte f(a) = f(b), dann gibt es ein ξ ∈ (a, b), sodass:
f ′(ξ) = 0
Beweis.
1. f ist konstant:
f(x) = f(a) = f(b) ∀x ∈ [a, b]
⇒ f ′(x) = 0, ∀x ∈ [a, b] . . . jedes ξ ∈ (a, b) ist geeignet
163
2. f ist nicht konstant:Dann nimmt f einen Wert großer oder kleiner als f(a) an.Das heißt: Entweder gilt f(xmax) > f(a) oder f(xmin) < f(a)Damit gilt: xmax ∈ (a, b) oder xmin ∈ (a, b) und nach Satz 5.6:
f ′(xmax) oder f ′(xmin) = 0
Wahle ξ = xmax oder ξ = xmin
Satz 5.8. Mittelwertsatz der DifferentialrechnungSei f : [a, b]→ R differenzierbar, dann gibt es ein ξ ∈ (a, b), sodass:
f ′(ξ) =f(b)− f(a)
b− a
a b
k = f(b)−f(a)b−a
k = f ′(ξ)
ξ
f(a)
f(b)
Beweis. Definiere die Hilfsfunktion h(x) = f(x)− x−ab−a ·
(f(b)− f(a)
)h(a) = f(a) und h(b) = f(b)− b−a
b−a ·(f(b)− f(a)
)= f(a).
164
Also erfullt h(x) die Voraussetzungen des Satzes 5.7 und daher gibt es ein
ξ ∈ (a, b) mit h′(ξ) = 0 = f ′(ξ)− f(b)−f(a)b−a und daher gilt:
f ′(ξ) =f(b)− f(a)
b− a
Beispiel 55.
zu zeigen: ln(1 + x) < Arsinh(x) fur x > 0
f(x) = − ln(1 + x) + Arsinh(x)
f ′(x) = − 1
1 + x+
1√1 + x2
=−√
1 + x2 + 1 + x
(1 + x)√
1 + x2> 0︸ ︷︷ ︸
1 + x >√
1 + x2
1 + 2x+ x2 > 1 + x2
2x > 0
fur x > 0
f(x)− f(0)︸︷︷︸>0
= f(x) = (x− 0)︸ ︷︷ ︸>0
· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸>0
fur ein ξ ∈ (0, x)
⇒ f(x) > 0
Das heißt: ln(1 + x) < Arsinh(x)
Satz 5.9. Monotonie von FunktionenSei f : [a, b]→ R differenzierbar, dann gilt:
1. Wenn ∀x ∈ (a, b) : f ′(x) > 0, dann ist f auf [a, b] streng monoton wachsend.
2. Wenn ∀x ∈ (a, b): f ′(x) < 0, dann ist f auf [a, b] streng monoton fallend.
3. Wenn ∀x ∈ (a, b) : f ′(x) ≥ 0, dann ist f auf [a, b] monoton wachsend.
4. Wenn ∀x ∈ (a, b) : f ′(x) ≤ 0, dann ist f auf [a, b] monoton fallend.
Beweis.
1. a ≤ x1 < x2 ≤ b ⇒ f(x2)−f(x1) = (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸>0
· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸>0
> 0 mit ξ ∈ (x1, x2).
2. a ≤ x1 < x2 ≤ b ⇒ f(x2)−f(x1) = (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸>0
· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸<0
< 0 mit ξ ∈ (x1, x2).
3. a ≤ x1 < x2 ≤ b ⇒ f(x2)− f(x1) = (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸>0
· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸≥0
> 0
165
Umkehrung: x > x0
≥0︷ ︸︸ ︷f(x)− f(x0)
x− x0︸ ︷︷ ︸≥0
≥ 0
⇒ limx→x+
0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)= limx→x−0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)= f ′(x0) ≥ 0
4. a ≤ x1 < x2 ≤ b ⇒ f(x2)− f(x1) = (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸>0
· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸≤0
> 0
Umkehrung: x > x0
≤0︷ ︸︸ ︷f(x)− f(x0)
x− x0︸ ︷︷ ︸≥0
≤ 0
⇒ limx→x+
0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)= limx→x−0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)= f ′(x0) ≤ 0
Satz 5.10. Kriterium fur ExtremstellenSei f : [a, b]→ R differenzierbar und gelte f ′(x0) = 0, dann ist:
1. x0 ist ein Maximum, wenn fur
{x ∈ [a, x0] : f ′(x) ≥ 0
x ∈ [x0, b] : f ′(x) ≤ 0
2. x0 ein Minimum, wenn fur
{x ∈ [a, x0] : f ′(x) ≤ 0
x ∈ [x0, b] : f ′(x) ≥ 0
Beweis. 1. Aus f ′(x0) ≥ 0 auf [a, x0] folgt nach Satz 5.9, dass f auf [a, x0]monoton wachst, also fur x ∈ [a, x0] : f(x) ≤ f(x0).Aus f ′(x) ≤ 0 auf [x0, b] folgt ebenso fur x ∈ [x0, b] : f(x) ≤ f(x0)
⇒ ∀x ∈ [a, b] : f(x) ≤ f(x0) . . . Maximum in x0
2. Aus f ′(x0) ≤ 0 auf [a, x0] folgt nach Satz 5.9, dass f auf [a, x0] monotonfallt, also fur x ∈ [a, x0] : f(x) ≥ f(x0).Aus f ′(x) ≥ 0 auf [x0, b] folgt ebenso fur x ∈ [x0, b] : f(x) ≥ f(x0)
⇒ ∀x ∈ [a, b] : f(x) ≥ f(x0) . . . Minimum in x0
166
Satz 5.11. Sei f : [a, b] → R differenzierbar. f ist genau dann konstant, wenn ∀x ∈ (a, b) :f ′(x) = 0.
Beweis.”⇒”
f(x) = c
⇒ f(x)− f(x0)
x− x0=
c− cx− x0
= 0
f ′(x) = 0
”⇐”
f ′(x) = 0 ∀x ∈ (a, b) : f(x)− f(a)
Mittel-wert-satz= (x− a) · f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸
=0
= 0 fur ξ ∈ (a, x)
⇒ f(x) = f(a) ∀x ∈ [a, b]
Satz 5.12. Charakterisierung der Exponentialfunktion durch eine Differentialglei-chungSei f : R→ R eine differenzierbare Funktion und gelte f ′(x) = f(x) fur alle x ∈ R und f(0) = 1,dann gilt:
f(x) = exp(x) ∀x ∈ R
Beweis.
h(x) = e−x · f(x) ist differenzierbar auf Rh′(x) = −e−x · f(x) + e−x · f ′(x) = e−x ·
(f ′(x)− f(x)
)︸ ︷︷ ︸=0
= 0
Satz=⇒5.11
h(x) = h(0) ∀x ∈ R
h(x) = h(0) = 1 = e−x · f(x)
⇒ f(x) = ex
Bemerkung 134.
f ′(x) = f(x)
f(x) = c
⇒ f(0) = c · ex
167
Satz 5.13. SchrankensatzSei f : [a, b] → C differenzierbar und gelte ∀x ∈ [a, b] : |f ′(x)| ≤ L, dann ist f auf [a, b]Lipschitz-stetig, genauer:
∀x1, x2 ∈ [a, b] : |f(x1)− f(x2)| ≤ L · |x1 − x2|
Beweis.
x1, x2 ∈ [a, b]
x1 6= x2
|f(x1)− f(x2)| = c ·(f(x1)− f(x2)
)fur ein c ∈ C mit |c| = 1
g(x) = <(c · f(x)
)Relle Funktion −→ Mittelwertsatz anwendbar
⇒ |f(x1)− f(x2)| = <(c · f(x1)
)−<
(c · f(x2)
)= g(x1)− g(x2)
Mittel-wert-satz=
Mittel-wert-satz= (x1 − x2) · g′(ξ) = |x1 − x2| · |g′(ξ)| = |x1 − x− 2| · < |c · f ′(ξ)| ≤
≤ |x1 − x2| · |f ′(ξ)| ≤ L · |x1 − x2|
mit g′(ξ) =g(x1)− g(x2)
x1 − x2
Beispiel 56. Berechnungsgesetz von SnelliusLicht sucht den schnellsten Weg von einem Punkt zum nachsten. Unterschiedliche Licht-geschwindgikeiten v1 und v2 in den verschiedenen Medien.
168
h2
h1
x
ϕ
ψ
a
169
f(x) =1
v1·√h2
1 + x2 +1
v2·√
(a− x)2 + h22
f ′(x) =1
v1· 1
2√h2
1 + x2· 2x+
1
v2· 1
2√
(a− x)2 + h22
·(− 2(a− x)
)=
=1
v1· 1√
h21 + x2
− 1
v2· a− x√
(a− x)2 + h22
f ′(0) = − a
v2
√a2 + h2
2
< 0
f ′(a) =a
v1 ·√a2 + h2
1
> 0
Zwei lokale Maxima am Rand → dazwischen muss es ein Minimum geben
f ′ ist eine stetige Funktion, daher muss es nach dem Zwischenwertsatz eine Nullstelle
x0geben
1
v1· x0√
h21 + x2
0︸ ︷︷ ︸sin(ϕ)
=1
v2· a− x0√
(a− x0)2 + h22︸ ︷︷ ︸
sin(ψ)
↔ v1
v2=
sin(ϕ)
sin(ψ)
f ′′(x) =
=1
v1·
1 ·√h2
1 + x2 − x · x√h21+x2
h21 + x2
− 1
v2·
(−1) ·√h2
2 + (a− x)2 − (a− x) · −(a−x)√h22+(a−x)2
h22 + (a− x)2
=
=1
v1· h2
1
(h21 + x2)
32
+1
v2· h2
2(h2
2 + (a− x)2) 3
2
> 0
⇒ f ′ ist �
⇒ ∃! Nullstelle
Satz 5.14. Verallgemeinerter MittelwertsatzSeien f, g : [a, b]→ Rdifferenzierbar und gelte: ∀x ∈ (a, b) : g′(x) 6= 0, dann gibt es ein ξ ∈ (a, b):
f(b)− f(a)
b− a=f ′(ξ)
g′(ξ)
Beweis.
h(x) = f(x)− f(b)− f(a)
b− a·(g(x)− g(a)
)aus g′(x) 6= 0 ⇒ g(b) 6= g(a)
g(b)− g(a) = (b− a) · g′(ξ) 6= 0
h(a) = f(a)
h(b) = f(b)− f(b)− f(a)
g(b)− g(a)·(g(b)− g(a)
)= f(a)
Rolle=⇒ ∃ξ ∈ (a, b) : h′(ξ) = 0 = f ′(ξ)− f(b)− f(a)
b− a· g′(ξ)
170
Satz 5.15. Regel von de l’HospitalSeien f, g : (a, b)→ R differenzierbar und gelte ∀x ∈ (a, b) : g′(x) 6= 0
1. Wenn limx→a+
(f(x)
)= limx→a+
(g(x)
)= 0 und lim
x→a+
(f ′(x)g′(x)
)= A,
dann existiert auch limx→a+
(f(x)g(x)
)und ist gleich A.
2. Wenn limx→a+
(f(x)
)= limx→a+
(g(x)
)=∞ und lim
x→a+
(f ′(x)g′(x)
)= A,
dann existiert auch limx→a+
(f(x)g(x)
)und ist gleich A.
Beweis.
1.
f(x)
g(x)=f(x)− f(a)
g(x)− g(a)=
f(x)−f(a)x−a
g(x)−g(a)x−a
=f ′(ξ)
g′(ξ)fur ein ξ ∈ (a, x)
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, a+ δ) :
∣∣∣∣f ′(ξ)g′(ξ)−A
∣∣∣∣ < ε
Wahle x ∈ (a, a+ δ) ⇒ ξ ∈ (a.a+ δ)
⇒∣∣∣∣f(x)
g(x)−A
∣∣∣∣ < ε
⇒ limx→a+
(f(x)
g(x)
)= A
171
2.
limx→a+
(f ′(x)
g′(x)
)= A ⇔ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, a+ δ) :
∣∣∣∣f ′(x)
g′(x)−A
∣∣∣∣ < ε
2
x, y ∈ (a, a+ δ)
x 6= y :f(x)− f(y)
g(x)− g(y)=f ′(ξ)
g′(ξ)
fur ein ξ zwischen x und y ⇒ ξ ∈ (a, a+ δ)
f(x)
g(x)=f(x)− f(y)
g(x)− g(y)·
1− g(y)g(x)
1− f(y)f(x)
halte y fest ⇒ f(y), g(y) auch fest, dann gilt:
limx→a+
1− g(y)g(x)
1− f(y)f(x)
= 1
Es gibt also ein δ∗ > 0, sodass ∀x ∈ (a, a+ δ∗) :∣∣∣∣f(x)
g(x)− f(x)− f(y)
g(x)− g(y)
∣∣∣∣ < ε
2
Wahle δ = δ∗ ⇒ x ∈ (a, a+ δ∗) :∣∣∣∣f(x)
g(x)−A
∣∣∣∣ ≤ ∣∣∣∣ f(x)− f(y)
g(x) + g(y)︸ ︷︷ ︸f′(ξ)g′(ξ)
−A∣∣∣∣
︸ ︷︷ ︸< ε
2
+
∣∣∣∣f(x)− f(y)
g(x)− g(y)− f(x)
g(x)
∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε
2
⇒∣∣∣∣f(x)
g(x)−A
∣∣∣∣ < ε
⇒ limx→a+
(f(x)
g(x)
)= A
172
Bemerkung 135. Falscher Beweis zu Satz 5.15, Punkt 2
f =1
f(x)
g =1
g(x)
⇒ f(x)
g(x)=g(x)
f(x)
limx→a+
(f(x)
)= 0 = lim
x→a+
(g(x)
)⇒ Situation wie in Punkt 1:
0
0
Wenn limx→a+
(g′(x)
f ′(x)
)= A
⇒ limx→a+
(g(x)
f(x)
)= A = lim
x→a+
(f(x)
g(x)
)g′(x) = − g
′(x)
g(x)2
f ′(x) = − f′(x)
f(x2)
⇒ limx→a+
(g′(x)
f ′(x)
)= A = lim
x→a+
(g′(x)
f ′(x)
)︸ ︷︷ ︸
1A
·���
����
limx→a+
(f(x)2
g(x)2
)︸ ︷︷ ︸
A2
undefinierter Ausdruck
= A
Die Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben.(Galileo Galilei)
173
Teil II
Analysis 2
174
Regel von de l’Hospital
limx→0+
(x ln(x)) =
limx→0+
(x1
ln(x)
)×
limx→0+
(ln(x)
1x
)X
Bemerkung 136.
0
0,∞∞
=∞10
, 0 · ∞ =01∞, ∞−∞ =
1
0− 1
0
xy = exp(y · ln(x)
), lim
x→0+
(cot(x)− 1
x
),
limx→0+
((1 + x)cot(x)
), lim
x→0+
((1
x
)x)
Reihen differenzierbarer Funktionen
f(x) =
∞∑n=1
fn(x)
fn differenzierbar?⇒ f ′(x) =
∞∑n=1
f ′n(x)
limx→x0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)=
= limx→x0
limN→∞
N∑n=1
fn(x)−N∑n=1
fn(x0)
x− x0
!
=
!= limN→∞
(N∑n=1
limx→x0
f(x)− f(x0)
x− x0
)
Satz 5.16. Seien fn : I → C differenzierbare Funktionen
1. Sei f(x) =∞∑n=1
fn(x) punktweise konvergent
2. Sei∞∑n=1
f ′n(x) normal konvergent
Dann ist f differenzierbar auf I und f ′(x) =∞∑n=1
f ′n(x)
Beweis. Ln = ‖f ′n‖ = supx∈I
(|f ′n(x)|)Schranken-
satz⇒ fn ist Lipschitz-stetig mit konstan-
tem Ln, weil∞∑n=1‖f ′n‖ =
∞∑n=1
Ln <∞⇒ Bedingung 3 im Satz 5.16.
175
Weil∞∑n=1
f ′n(x) normal konvergent ist, konvergiert∞∑n=1
f ′n(x0) ∀x0 ∈ I ⇒ Be-
dingung 2Bedingung 1 hier = Bedingung 1 im Satz 5.17.
Satz 5.17. Seien fn : I → C in x0 ∈ I differenzierbare Funktionen
1. Sei f(x) =∞∑n=1
fn(x0) punktweise konvergent
2. Sei∞∑n=1
f ′n(x0) normal konvergent
3. Seien fn auf I Lipschitz-stetig mit Konstante Ln und gelte∞∑n=1
Ln <∞
Beweis. ε > 0 dann ∃N ∈ N :
∣∣∣∣ ∞∑n=N+1
f ′n(x0)
∣∣∣∣ < ε3 und
∞∑n=N+1
Ln <ε3∣∣∣∣∣f(x)− f(x0)
x− x0−∞∑n=1
f ′n(x0)
∣∣∣∣∣ ≤≤
∣∣∣∣∣N∑n=1
fn(x)− fn(x0)
x− x0− f ′n(x0)
∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸(∗)
+
∞∑n=N+1
∣∣∣∣fn(x)− fn(x0)
x− x0
∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸≤Ln︸ ︷︷ ︸
< ε3
+
∣∣∣∣∣∞∑
n=N+1
f ′n(x0)
∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε
3
< ε
Wegen der Differenzierbarkeit von fn : ∃δ > 0 : ∀x ∈ I : |x− x0| < δ ⇒ (∗) < ε3
das heißt: ∀ε > 0 ∃δ > 0 : ∀x ∈ I : |x− x0| < δ
⇒∣∣∣∣ f(x)−f(x0)
x−x0−∞∑n=1
f ′n(x0)
∣∣∣∣ < ε
das heißt: limx→x0
(f(x)−f(x0)
x−x0
)=∞∑n=1
f ′n(x0)
Bemerkung 137. f(x) =∞∑n=1
anxn sei eine Potenzreihe mit positivem Konvergenzradius
R = 1
lim supn→∞
(n√|an|
) > 0, fn(x) = anx, f ′n(x) = nanxn−1
Die Reihe∞∑n=1
nanxn−1 konvergiert fur |x| < 1
lim supn→∞
(n√|nan|
) = 1
lim supn→∞
(n√|an|
) = R
das heißt:∞∑n=1
nanxn−1 hat denselben Konvergenzradius wie f(x)⇒
∞∑n=1
nanxn−1 konver-
giert normal auf [−(R− δ), r − δ], ∀δ > 0Damit gelten Bedingung 1 und 2 aus Satz 5.16 auf I = [−(R− δ), R− δ]Dort ist f differenzierbar und es gilt f ′(x) =
∞∑n=1
nanxn−1
Weil dies ∀δ > 0 gilt, ist f auf (−R,R) differenzierbar
176
f ′(x) =∞∑n=1
nanxn−1 fur x ∈ (−R,R)
f ′(0) = a1
Beispiel 57.
1.
f(x) =
∞∑n=0
(−1)nx2n+1
2n+ 1Potenzreihe mit R = 1
⇒ f ′(x) =
∞∑n=0
(−1)nx2n =1
1 + x2
g(x) = f(x)− arctan(x)⇒ g′(x) = 0 ∀x ∈ (−1, 1)
Satz 5.11⇒Ableitung = 0⇒ konstant
g(x) = konstant, g(0) = 0
2.
arcsin(x) =
∞∑n=0
a2n+1x2n+1 a2n+1 =?
arcsin(x) =1√
1− x2=
∞∑n=0
(− 1
2
n
)(−1)nx2n =
∞∑n=0
(2n
n
)(x
2)2n
(−1)n(− 1
2
n
)= (−1)n
(− 12 )(− 3
2 ) · ... · (− 12 − n+ 1)
n!=
=1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1)
2n · n!=
1 · 2 · 3 · 4 · 5 · ... · (2n− 1)(2n)
2n · n! · 2n · n!=
(2n)!
4n(n!)2
arcsin′(x) =
∞∑n=0
(2n+ 1)a2n+1x2n
(2n+ 1)a2n+1 =1
4n
(2n
n
)⇒ a2n+1 =
1
4n· 1
2n+ 1
(2n
n
)g(x) = arcsin(x)−
∞∑n=0
1
4n(2n+ 1)
(2n
n
)x2n+1
g′(x) =1√
1− x2−∞∑n=0
1
4n
(2n
n
)x2n = 0 ⇒
{g(x) = 0
g(0) = 0
⇒ arcsin(x) =
∞∑n=0
1
4n(2n+ 1)
(2n
n
)x2n+1 fur x ∈ (−1, 1)
arcsin
(1
2
)=π
3=
∞∑n=0
1
4n(2n+ 1)
(2n
n
)1
x2n+1=
1
2
∞∑n=0
(2nn
)2n+ 1
· 1
16n
177
3.
∞∑n=1
ineinx
ns= i
∞∑n=1
einx
ns−1∥∥∥∥ einxns−1
∥∥∥∥ =1
ns−1
⇒∞∑n=1
1
ns−1konvergiert
Satz 5.16⇒ f(x) ist differenzierbar und
f ′(x) = i
∞∑n=1
einx
ns−1
178
6 Hohere Ableitungen und der Satz von Taylor
Sei f : D → C differenzierbar. Dann ist f ′ : I → C erste Ableitung.Wenn f ′ differenzierbar ist, dann ist (f ′)′ = f ′′ die zweite Ableitung.Sofern existiert: f (n) = (f (n−1))′ die n-te Ableitung.
Schreibweise: f (n) =(ddx
)nf = dnf
dxn = Dnf
CnR/C(I) :={f : I → R/C
∣∣ f ist n-mal stetig differenzierbar}
=
={f : I → R/C
∣∣ ∃f ′, f ′′, f ′′′, ..., f (n) und sind stetig}
CnR/C(I) ist ein R/C Vektorraum
C0(I) = C(I) ={f : I → R/C
∣∣ f ist stetig auf I}
Cn(I) $ C(n−1)(I) $ C(n−2)(I) $ ... $ C′′(I) $ C′(I) $ C0(I)
C∞(I) =
∞⋂n=1
Cn(I)
C∞(I)..Raum der beliebig-oft differenzierbaren Funktionen
Beispiel 58.
f(x) =
∞∑n=0
anxnmit positivem Konvergenzradius
f ′(x) =
∞∑n=1
nanxn−1
f ′′(x) =
∞∑n=2
n(n− 1)anxn−2
↓ Induktion
f (k)(x) =
∞∑n=k
n(n− 1) · ... · (n− k − 1)anxn−k
f (k)(0) = k(k − 1) · ... · 1 · ak = k!ak
ak =f (k)(0)
k!
Bemerkung 138.
f, g ∈ Cn(I)(f(x) · g(x)
)(n)=
n∑k=0
(n
k
)f (k)(x)g(n−k)(x)
179
Leibniz’sche ProduktregelBeweis durch Induktion
Definition 6.1. Sei f ∈ Cn(I), x0 ∈ I, dann heißt
Tn(f, x0, x
)=
n∑k=0
f (k)(x0)
k!(x− x0)k
das n-te Taylorpolynom von f an der Stelle x0
Bemerkung 139.
Tn(f, x0, x0
)= f(x0)
[l ≤ n]
DlTn(f, x0, x
)=
n∑k=0
f (k)(x0)
k!Dl(x− x0)k =
=
n∑k=0
f (k)(x0)
k!k(k − 1) · ... · (k − l + 1)(x− x0)k−l =
=
n∑k=l
f (k)(x0)
(k − l)!(x− x0)k−l =
n−l∑m=0
(f (l))(m)
(x0)
m!(x− x0)m = Tn−l
(f (l), x0, x
)DlTn(f, x0, x)
∣∣∣x=x0
= Tn−l(f (l), x0, x
)= f (l)(x0)
Das Taylor-Polynom der Ordnung n stimmt also in den ersten n-Ableitungen in x0 mit
f uberein. 0 ≤ l ≤ n: DlTn(f, x0, x
)∣∣∣x=x0
= f (0)(x0)
l > n DlTn(f, x0, x
)= 0
Satz 6.1. Restglied nach LagrangeSei f ∈ Cn(I) und n+1-mal differenzierbar, x0 ∈ IDann ∃ξ ∀x ∈ I : ξ = x0 + ν(x− x0) mit ν ∈ (0, 1)
das heißt: ξ ∈(
min{x0, x},max{x0, x})
und f(x) = Tn(f, x0, x
)+f (n+1)(ξ)
(n+ 1)!(x+ x0)n+1︸ ︷︷ ︸
Rn(f,x0,x)=Restglied
Bemerkung 140.
f(x) = f(x0) +f ′(x0)
1!(x− x0) +
f ′′(x0)
2!(x− x0)2 + ...
...+f (n)(x0)
n!(x+ x0)n +
f (n+1)(x0)
(n+ 1)!(x− x0)n+1
180
Tn(f, x0, x
)ist die n-te Naherung an f in x0
Beweis.
x 6= x0 beide fest, t ∈ I, 0 < νn+1 < 1 ∀n ∈ Nf(x)− Tn
(f, x0, x
)(x− x0)n+1
= k
h(t) = f(t)− Tn(f, x0, t
)− k(t− x0)n+1
h(x0) = 0, h(x) = 0Satz von
Rolle⇒ ∃ξ1 = x0 + ν1(x− x0) : h′(ξ1) = 0
h′(t) = f ′(t)− Tn−1
(f ′, x0, t
)− k(n+ 1)(tx0)n
h′(x0) = 0, h′(ξ1) = 0Satz von
Rolle⇒ ∃ξ2 = x0 + ν2(ξ1 − x0) = x0 + ν1ν2(x− x0)
h′′(t) = f ′′(t)− Tn−2
(f ′′, x0, t
)− k(n+ 1)(n)(t− x0)n−1
h′′(x0) = 0, h′′(ξ2) = 0Satz von
Rolle⇒ h′′′(ξ3) = 0, ξ3 = x0 + ν1ν2ν3(x− x0)
↓ ...
h(n−1)(ξn−1) = 0, h(n−1)(x0) = 0Satz von
Rolle⇒ ∃ξn = x0 + ν1ν2 · ... · νn(x− x0)
h(n)(ξn) = 0
h(n)(t) = f (n) − T0
(f, x0, t
)︸ ︷︷ ︸=f(n)(x0)
−k(n+ 1)!(t− x0)
h(n)(x0) = 0Satz von
Rolle⇒ h(n+1)(ξn+1) = 0, ξn+1 = x0 + ν1ν2 · ... · νnνn+1(x− x0)
f (n+1)(ξn+1)− k(n+ 1)! = 0
k =f (n+1)(ξn+1)
(n+ 1)!
ξn+1 := ξ = x0 + ν1 · ... · νn+1︸ ︷︷ ︸=:ν∈(0,1)
(x− x0)
Beispiel 59.
1.
sin(x) = x− x3
6︸ ︷︷ ︸T4(sin, 0, x) == T3(sin, 0, x)
+ R4(sin, 0, x)︸ ︷︷ ︸=
cos(νx)
5!︸ ︷︷ ︸=T5
(x−x0)
sin′(x) = cos(x) ←→ sin′′(x) = − sin(x)sin′′′(x) = − cos(x) ←→ sin(4)(x) = sin(x)
fur |x| ≤ 1
10gilt dann:
∣∣∣∣sin(x)− x+x3
6
∣∣∣∣ ≤ 1
120· 10−5 ≤ 10−7
181
2.
f(x) = ln(1 + x), f ′(x) =1
1 + x,
f ′′(x) = − 1
(1 + x)2... f (n)(x) = (−1)n−1 (n− 1)!
(1 + x)n
f (n)(0) = (−1)(n−1)(n− 1)! n ≥ 1
Tn(f, 0, x
)=
n∑k=1
(−1)k−1 (k − 1)!
k!xk =
n∑k=1
(−1)k−1xk
k
Partialsumme fur die Potenzreihe des ln(1 + x)
x > 0 : 0 < νx < x :x
1 + νx< x ≤ 1
das heißt: fur 0 ≤ x ≤ 1 gilt limn→∞
(Tn(f, 0, x
))= ln(1 + x)
x < 0 : x < νx < 0 :
∣∣∣∣ x
1 + νx
∣∣∣∣ ≤ ∣∣∣∣ x
1 + x
∣∣∣∣ =|x||1 + x|
≤ 1
⇒ x ≥ −1
2fur − 1
2≤ x ≤ 1
Satz 6.2. Qualitative Taylor-FormelSei f ∈ Cn(I), x0 ∈ IDann gilt f(x) = Tn(f, x0, x) + rn(f, x0, x)(x− x0)n
mit
limx→x0
(rn(f, x0, x)) = 0
Beweis.
f(x) = Tn−1(f, x0, x) +f (n)(ξ)
n!(x− x0)n =
= Tn−1(f, x0, x) +f (n)(x0)
n!(x− x0)n +
1
n!(f (n)(ξ)− f (n)(x0))︸ ︷︷ ︸
rn(f,x0,x)
(x− x0)n
Stetigkeit
von f(n)
⇒ limx→x0
(f (n)(ξ)) = f(x0)
⇒ limx→x0
(rn(f, x0, x)) = 0
Sei f : I → R, [a, b] = I und x0 ∈ (a, b) lokales Maximum oder Minimum⇒ f ′(x0) = 0Ein Punkt mit f ′(x0) = 0 heißt ein kritischer Punkt von f .
182
Wann ist ein kritischer Punkt auch ein Extremum?
0 = f ′(x0) = f ′′(x0) = ... = f (n−1)(x0), f (n)(x0) 6= 0
f(x) = Tn(f, x0, x)︸ ︷︷ ︸fast alle = 0
+rn(f, x0, x)(x− x0)n =
= f(x0) +f (n)(x0)
n!︸ ︷︷ ︸6=0
(x− x0)n + rn(f, x0, x)(x− x0)n
Sei n gerade: f(x)− f(x0) =(
1n! f
(n)(x0)︸ ︷︷ ︸6=0
+ rn(f, x0, x)︸ ︷︷ ︸x→x0−→ 0
)(x− x0)
∃δ > 0 : ∀x ∈ [x0 − δ, x0 + δ] : |rn(f, x0, x)| ≤ 1
2
|f (n)(x0)|n!
⇒ f (n)(x0)
n!+ rn(f, x0, x) hat auf [x0 − δ, x0 + δ] dasselbe Vorzeichen wie
f (n)(x0)
n!(x− x0)n ≥ 0 (n gerade)
Damit hat f(x)− f(x0) auf [x0 − δ, x0 + δ]
dasselbe Vorzeichen wie f(x0)
{f (n)(x0) > 0 Minimum
f (n)(x0) < 0 Maximum
x0
n = gerade
(x− x0)n
Sei n ungerade: Dann wechselt f(x)−f(x0) =(f(n)(x0)
n! + rn(f, x0, x))
(x− x0)n
in x0 das Vorzeichen, damit nimmt f(x)− f(x0) auf [x0 − δ, x0 + δ] beide Vor-zeichen an ⇒ kein Extremum
183
x0
n = ungerade
(x− x0)n
Satz 6.3. Hinreichendes Kriterium fur ExtremstellenSei f ∈ C(n)(I), I = [a, b] und x0 ∈ (a, b) ein kritischer Punkt von f ⇒ f ′(x0) = 0.Weiters gelte f ′′(x0) = ... = f (n−1)(x0) = 0 und f (n) 6= 0. Dann ist x0 genau dann eine Extrem-stelle, wenn n gerade ist. Und zwar ein Minimum, wenn f (n)(x0) > 0 und ein Maximum, wennf (n)(x0) < 0.
184
7 Konvexe Funktionen
Bemerkung 141. Sei f : [a, b]→ R monoton (wachsend oder fallend).Dann existieren beide einseitigen Grenzwerte ∀x0 ∈ (a, b)oBdA: f ist monoton wachsend: {f(x)|x < x0} ist durch f(x0) nach oben beschrankt
⇒ ∃ sup{f(x)|x < x0}monoton⇒ sup{f(x)|x < x0} = limx→x0−(f(x))
inf{f(x)|x > x0} = limx→x0+(f(x))
x0 heißt Sprungstelle von f, wenn
limx↘x0
(f(x)) 6= limx↗x0
(f(x))
Monotone Funktionen konnen hochstens abzahlbar-viele Sprungstellen haben.
Bemerkung 142. Eine Funktion kann hochstens abzahlbar-viele Sprungstellen haben.
Beweis.
f : [a, b]→ R, f(a) ≤ f(x) ≤ f(b)
0 < limx→x0+
(f(x))− limx→x0−
(f(x)) ≤ f(b)− f(a)
Sn =
{ξ ∈ [a, b]
∣∣∣∣ limx→ξ+
(f(x))− limx→ξ−
(f(x)) ≥ f(b)− f(a)
n
}⇒ |Sn| ≤ n und S =
⋃n∈N
Sn ist die Menge aller Sprungstellen.
S ist als abzahlbare Vereinigung endlicher Mengen hochstens abzahlbar
f : (a, b)→ R, a < α < β < b
S([α, β]) = Menge der Sprungstellen in [α, β] und ist abzahlbar
S =⋃
a<α<β<b
S([α, β]) =
∞⋃n=1
S
([a+
1
n, b− 1
n
])ist hochstens abzahlbar
Definition 7.1. f : [a, b]→ R heißt konvex (auf (a, b)), wenn:
∀x1 < x2 < x3 ∈ (a, b) : f(x2) ≤ f(x1)x3 − x2
x3 − x1+ f(x3)
x2 − x1
x3 − x1
f heißt strikt konvex, wenn
∀x1 < x2 < x3 ∈ (a, b) : f(x2) < f(x1)x3 − x2
x3 − x1+ f(x3)
x2 − x1
x3 − x1
Setze x2 = x1 + λ(x3 − x1) fur λ ∈ [0, 1]
f(x1 + λ(x3 − x1)
)= f
((1− λ)x1 + λx3
)≤ (1− λ)f(x1) + λf(x3)
das heißt jede Sekante liegt oberhalb des Funktionsgraphen.
185
x1
f(x1)
x2
f(x2)
λx1 + (1− λ)x2
λf(x1) + (1− λ)f(x2)
Bemerkung 143. f heißt konkav, wenn f(x2) ≥ f(x1)x3−x2
x3−x1+ f(x3)x2−x1
x3−x1gilt und von
allen Ungleichungen in der vorigen Definition die umgekehrten Ungleichheitszeichen.
f(x2)− f(x1) ≤ −f(x1)x2 − x1
x3 − x1+ f(x3)
x2 − x1
x3 − x1⇐⇒ f(x2)− f(x1)
x2 − x1≤ f(x3)− f(x1)
x3 − x1
f(x2)− f(x3) ≤ −f(x1)x3 − x2
x3 − x1+ f(x3)
x3 − x2
x3 − x1⇐⇒ f(x3)− f(x2)
x2 − x1≥ f(x3)− f(x1)
x3 − x1
Satz 7.1. f : (a, b)→ R konvexstrikt konvex
auf (a, b) ⇐⇒ ∀x1 < x2 < x3 ∈ (a, b) gilt:
f(x2)− f(x1)
x2 − x1≤<
f(x3)− f(x1)
x3 − x1≤<
f(x3)− f(x2)
x3 − x2
x1 x2 x3 x4
186
f(x2)− f(x1)
x2 − x1≤ f(x3)− f(x1)
x3 − x1
x 7→ f(x)− f(x1)
x− x1monoton wachsend fur x > x1
f(x4)− f(x2)
x4 − x2≤ f(x4)− f(x3)
x4 − x3
x 7→ f(x4)− f(x)
x4 − xmonoton wachsend fur x < x4
das heißt:∃ limx→x1+
(f(x)−f(x1)
x−x1
)=: f ′+(x1) rechtsseitige Ableitung
∃ limx→x4−
(f(x4)−f(x)
x4−x
)=: f ′−(x4) linksseitige Ableitung
⇒ f ist stetig.
f(x)− f(x1)
x− x1≤ f(x)− f(x2)
x− x2
f ′−(x1) ≤ f ′+(x1) ≤ f(x2)− f(x1)
x2 − x1≤ f(x2)− f(y)
x2 − y︸ ︷︷ ︸x1<y<x2
y→x2−→ f ′−(x2) ≤ f ′+(x2)
f ′+, f′− (streng) monoton steigend
Es gilt f ′+(x) = f ′−(x) ∀xmit Ausnahme von hochstens abzahlbar-vielen (Sprung-stellen), wenn f ′+(x0) 6= f ′−(x0), dann gilt f ′−(x0) < f ′+(x0) ≤ f ′−(x)︸ ︷︷ ︸
x0<x
limx→x0
(f ′−(x)) > f ′−(x0)
f ′+(x0) = infx>x0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)≥ supx<x0
(f(x)− f(x0)
x− x0
)= f ′−(x0)
f ′−(x0) ≤ A ≤ f ′+(x0)⇒ A ≤ f(x)− f(x0)
x− x0fur x > x0
f(x) ≥ f(x0) +A(x− x0)
x < x0 : A ≥ f(x)− f(x0)
x− x0⇔ f(x) ≥ f(x0) +A(x− x0)
Also gilt f(x) ≥ f(x0) +A(x− x0) ∀x ∈ (a, b)
Wenn f strikt konvex ist, gilt: f(x) > f(x0) +A(x− x0) fur x 6= x0, x ∈ (a, b)Stutzgerade:
Satz 7.2. Sei f : (a, b)→ R stetig und differenzierbarDann ist f konvex ⇔ f ′ monoton wachsend istf ist strikt konvex ⇔ f ′ streng monoton wachsend.
Beweis. Wir wissen: f ′(x) = f ′+(x) = f ′−(x)︸ ︷︷ ︸streng monoton
wachsend
also”⇒ ” klar
187
”⇐ ”: Sei f ′ monoton steigend:
f(x2)− f(x1)
x2 − x1≤ f(x3)− f(x1)
x3 − x1≤ f(x3)− f(x2)
x3 − x2
fur x1 < x2 < x3
zeige:f(x2)− f(x1)
x2 − x1︸ ︷︷ ︸=f ′(ξ1)
≤<
f(x3)− f(x2)
x3 − x2︸ ︷︷ ︸=f ′(ξ2)
x1 < ξ1 < x2 < ξ2 < x3
⇒ f ′(ξ1) ≤<f ′(ξ2)
noch zu zeigen:f(x3)− f(x1)
x3 − x1=x2 − x1
x3 − x1︸ ︷︷ ︸:=λ
·f(x2)− f(x1)
x2 − x1+x3 − x2
x3 − x1︸ ︷︷ ︸:=(1−λ)
·f(x3)− f(x2)
x3 − x2
f(x3)− f(x1)
x3 − x1liegt zwischen
f(x2)− f(x1)
x2 − x1und
f(x3)− f(x2)
x3 − x2
Satz 7.3. Sei f : (a, b)→ R zwei-mal differenzierbar.Dann ist f konvex ⇐⇒ f ′′(x) ≥ 0, ∀x ∈ (a, b)Wenn f ′′(x) > 0, ∀x ∈ (a, b) ist f strikt konvex.
Beweis. Satz
Satz 7.4. Ungleichung von Jensen
Sei f : (a, b)→ R konvex. Fur x1, ..., xn ∈ (a, b) und λ1, ..., λn ∈ (0, 1) mitn∑i=1
λi = 1 gilt dann:
f
(n∑i=1
λixi
)≤
n∑i=1
λif(xi)
Zusatz: Wenn f strikt konvex ist, gilt”
=” ⇔ alle x1 = x2 = ... = xn
Beweis.
ξ =
n∑i=1
λixi ∈ (a, b)
Sei f(ξ) +A(x− ξ) eine Stutzgerade von f in ξ
Dann gilt f(xi) ≥ f(ξ) +A(xi − ξ) ∀i ∈ 〈n〉
⇒n∑i=1
λif(xi) ≥n∑i=1
λi︸ ︷︷ ︸=1
f(ξ) +A
( n∑i=1
xiλi︸ ︷︷ ︸=ξ
−n∑i=1
λi︸ ︷︷ ︸=1
ξ
︸ ︷︷ ︸=0
)= f(ξ) = f
(n∑i=1
λixi
)
188
Wenn f strikt konvex ist, gilt f(xi) = f(ξ) +A(xi− ξ) ⇔ xi = ξ ∀i ∈ 〈n〉⇒ Gleichheit in Ungleichung gilt ⇔ xi = ξ ∀i ∈ 〈n〉
Bemerkung 144. Fur f : (a, b)→ R konkav gilt die umgekehrte Ungleichung.
Beispiel 60.
1.
x1, ..., xn > 0,
f(x) = ln(x) ⇒ f ′(x) =1
x,
f ′′(x) = − 1
x2< 0
⇒ ln(x) strikt konkav λi ∈ (0, 1), ∀i ∈ 〈n〉 mit
n∑i=1
λi = 1
⇒n∑i=1
λi ln(xi) ≤ ln
(n∑i=1
λixi
)n∏i=1
xλii ≤n∑i=1
λixi
Ungleichung vom geometrischen und
arithmetischen Mittel mit Gewichten
Gleichheit ⇐⇒ x1 = ... = xn
Spezialfall: λ1 = ... = λn =1
n
n
√√√√ n∏i=1
xi ≤1
n
n∑i=1
xi
2. α, β, γ seien die Winkel eines Dreiecks (α+ β + γ = π)
sin : (0, π)→ R sin′′(x) = − sin(x) < 0
⇒ sin ist konkav auf (0, π)√
3
2= sin
(α+ β + γ
3
)≥ 1
3
(sin(α) + sin(β) + sin(γ)
)=
= sin(α) + sin(β) + sin(γ) ≤ 3√
3
2
, ,= ” ⇐⇒ α = β = γ =π
3
189
Definition 7.2. Sei z ∈ Cn (oder Rn)
‖z‖p =
(n∑i=1
|zi|p)
1
pp-Norm von z︸︷︷︸
Vektor
fur p ≥ 1
‖z‖∞ = max(|z1|, |z2|, ..., |zn|) = limp→∞
(‖z‖p)
p = 2 : euklidische Norm
Satz 7.5. Ungleichung von HolderSeien z, w ∈ Cn und 1
p + 1q = 1, (p, q ≥ 1)
Dann gilt ∣∣∣∣∣n∑i=1
ziwi
∣∣∣∣∣ ≤ ‖z‖p · ‖w‖q(p = 1 ⇒ q =∞)
Beweis.
p = 1 : ⇒ q =∞,
∣∣∣∣∣n∑i=1
ziwi
∣∣∣∣∣ ≤n∑i=1
|zi| |wi|︸︷︷︸≤‖wi‖∞
≤ ‖z‖1 · ‖w‖∞
p > 1 : x1p y
1y ≤ 1
px+
1
qy fur x, y > 0
Ungleichung vom geometrischen und arithmetischen Mittel
x =
(zi‖z‖p
)p, y =
(wi‖wi‖q
)q∣∣∣∣ zi‖z‖p
· wi‖wi‖q
∣∣∣∣ ≤ 1
p
∣∣∣∣ zi‖z‖p
∣∣∣∣p +1
q
∣∣∣∣ wi‖wi‖q
∣∣∣∣q ⇒ 1
‖z‖p · ‖w‖q
∣∣∣∣∣n∑i=1
ziwi
∣∣∣∣∣ ≤≤ 1
‖z‖p · ‖w‖q·n∑i=1
|zi · wi| ≤1
p
n∑i=1
|zi|p
‖z‖p︸ ︷︷ ︸n∑i=1|zi|p=‖z‖pp
+1
q
n∑i=1
|wi|q
‖w‖q︸ ︷︷ ︸n∑i=1|wi|q=‖w‖qq
=1
p+
1
q= 1
∣∣∣∣∣n∑i=1
ziwi
∣∣∣∣∣ ≤ ‖z‖p · ‖w‖q(‖z‖p 6= 0 6= ‖w‖q)
190
Bemerkung 145.
p = q = 2 :
n∑i=1
|ziwi| ≤ ‖z‖2 · ‖w‖2 =
√√√√ n∑i=1
|zi|2 ·
√√√√ n∑i=1
|wi|2
Satz 7.6. Ungleichung von MinkowskiSeien z, w ∈ Cn, p ∈ [1,∞], dann gilt:
‖z + w‖p ≤ ‖z‖p + ‖w‖p
(Dreiecksungleichung)
Beweis.
p ∈ (1,∞) : ∃q ∈ (0, 1) :1
p+
1
q= 1
Sei sk = |zk + wk|p−1, |zk + wk|p = |zk + wk|p−1 · |zk + wk| ≤ sk(|zk|+ |wk|
)‖z + w‖pp =
n∑k=1
|zk + wk|p ≤n∑k=1
sk|zk|+n∑k=1
sk|wk|H.U.≤
H.U.≤ ‖z‖p · ‖(sk)‖q + ‖w‖p · ‖(sk)‖q
‖(sk)‖q =
(n∑k=1
sqk
) 1q
=
(n∑k=1
|zk + wk|
= pq q=p︷ ︸︸ ︷
(p−1)q
) p−1p
= ‖z + w‖p−1p
⇔ ‖z + w‖p ≤ ‖z‖p + ‖w‖p
p = 1 : ‖zk + wk‖ ≤n∑k=1
|zk + wk| ≤n∑k=1
|zk|+n∑k=1
|wk| ≤ ‖z‖1 + ‖w‖1
p =∞ : |zk + wk| ≤ |zk|+ |wk| ≤ ‖z‖∞ + ‖w‖∞⇒ max(|zi + wi|, ..., |zn, wn|) = ‖z + w‖∞ ≤ ‖z‖∞ + ‖w‖∞
Bemerkung 146. Sei V ein R oder C Vektorraum. Eine Abbildung ‖.‖ : V → R heißtNorm, wenn:
1. ∀x ∈ V : ‖x‖ ≥ 0 und ‖x‖ = 0⇐⇒ x = 0
2. ∀x ∈ V, ∀λ ∈ C (oder R) gilt: ‖λx‖ = |λ| · ‖x‖
3. ∀x, y ∈ V : ‖x+ y‖ ≤ ‖x‖+ ‖y‖
191
Haben gezeigt: ‖.‖p ist eine Norm auf Cn oder Rn fur p ∈ [1,∞]Differenzierbarkeit fast uberall und ein verallgemeinerter Schrankensatz.
Definition 7.3. f : (a, b)→ R heißt differenzierbar fast uberall, wenn es eine hochstens abzahlbareMenge A gibt, sodass f auf (a, b) \A differenzierbar ist.
Satz 7.7. Verallgemeinerter SchrankensatzSei f : (a, b)→ C stetig und fast uberall differenzierbar, weiters gelte fur die Ableitung |f ′(x)| ≤ L(wo sie existiert)Schranken-
satz⇒ Lipschitz-stetig ∀x1, x2 ∈ (a, b) : |f(x1)− f(x2)| ≤ L(x1 − x2).
Beweis. Angenommen |f(x1)− f(x2)| ≤ L(x1 − x2) ist nicht richtigBetrachte Fε(x) = |f(x)− f(x1)| − (L− ε)(x− x1), ε > 0⇒ ∃ε0 > 0 und ∃x1, x2 mit |f(x1)− f(x2)| > (L+ ε0)(x1 − x2)Fε0(x2) > 0 = Fε0(x1)Sei A die Ausnahmemenge fur die Differenzierbarkeit von fFε0(A) ist hochstens abzahlbarWahle c ∈ (0, Fε0(x2))︸ ︷︷ ︸
uberabzahlbar
\ Fε0(A)︸ ︷︷ ︸abzahlbar
⇒ ∃c
γ = sup{x ∈ (x1, x2)
∣∣ Fε0(x) = c}
Dann gilt wegen der Stetigkeit von Fε0 : Fε0(γ) = c und nach Definition∀x ∈ (γ, x2) : Fε0(x) > c
ϕ(x) =Fε0(x)− Fε0(γ)
x− γ> 0 fur x > γ
ϕ(x) =|f(x)− f(x1)| − |f(γ)− f(x1)| − (L+ ε0)(x− γ)
x− γ≤ |f(x)− f(γ)|
x− γ− (L+ ε0)
f ist in γ differenzierbar ⇒ limx→γ+
(∣∣∣∣f(x)− f(γ)
x− γ
∣∣∣∣) = |f ′(γ)|
limx→γ+
(∣∣∣∣f(x)− f(γ)
x− γ− (L+ ε0)
∣∣∣∣) ≥ 0⇒ |f ′(γ)| − L− ε0 ≥ 0 E zu |f ′| ≤ L
192
7.1 Eine stetige nirgends differenzierbare Funktion
Takagi-Funktion:
h(x) = min{|x− n|
∣∣ n ∈ Z}
h(x+m) = h(x) fur m ∈ Zf(x) =
∞∑n=0
4−1h(4nx) ‖4−1h(4nx)‖ = 124−1
Reihe ist normal stetig und deshalb ist die Funktion stetig x0 ∈ R, n ∈ Nfn(x) = 4−1h(4−1x)an = ± 1
4 · 4−1
Das Vorzeichen wird so gewahlt, dass fn(x) auf dem Intervall [x0, x0 + an] be-ziehungsweise [x0 + an, x0] linear ist.f ′n(x) = ±1 wo die Ableitung existiertk > 1 : fk(x0 + a1) = 4kh(4kx0 + 4ka1︸︷︷︸
∈Z
) = 4−kh(4kx0) = fk(x0)
f(x0 + a1)− f(x0)
a1=
∑∞n=0(fk(x0 + a1)− fk(x0))
a1=
=
n∑k=0
fk(x0 + a1)− fk(x0)
a1︸ ︷︷ ︸±1
+
∞∑k=n
fk(x0 + a1)− fk(x0)
a1︸ ︷︷ ︸±1
= 0
f(x0 + a1)− f(x0)
a1=
n∑k=0
±1
limn→∞
(n∑k=0
±1
)@
Da x0 beliebig ⇒ f ist nicht differenzierbar, @f ′(x0) ∀x0
f : I → C fast uberall differenzierbar und |f ′(x)| ≤ L(x1 − x2)
Korollar 7.7.1. Seien f, g : I → C fast uberall differenzierbar und gelte f ′(x) = g′(x) ∀x ∈I ⇒ ∃c : ∀x ∈ I : f(x) = g(x) + c.
193
Beweis.
h(x) = f(x)− g(x)
h′(x) = 0 fast uberall
L=0⇒ |h(x1)− h(x2)| ≤ 0 · |x1 − x2|⇒ h(x) = c = h(x0)
Satz 7.8. Sei f : I → R fast uberall differenzierbar und es geltem ≤ f ′(x) ≤M fast uberall.Dann gilt ∀x1, x2 ∈ I mit x1 < x2: m(x2 − x1) ≤ f(x2)− f(x1) ≤M(x2 − x1).
Beweis. Obere Schranke: SchrankensatzFε(x) = f(x)− f(x1)− (M + ε)(x− x1)fur die Abschatzung betrachte −f(x)
Bemerkung 147. Fur f : I → C ist die obere Abschatzung falsch:|f(x2)− f(x1)| � m|x2 − x1|.
Beweis. Gegenbeispiel: f(x) = eix
|f ′(x)| = 1, |eix2 − eix1 | ≥ |x2 − x1|x2 = 0 und x1 = 2π ⇒ 0 ≥ 2π ⇒ E
Satz 7.9. Sei f : I → C fast uberall differenzierbar und besitze f ′ in x0 ∈ I eine stetige Fortset-zungDann ist f in x0 differenzierbar und es gilt
f ′(x0) = limx→x0
(f ′(x0))
Beweis. Wir zeigen: fur R-Funktionen: Sei A die Ausnahmemenge fur die Exis-tenz der Ableitung, sei ε > 0, dann ∃δ > 0: ∀x ∈ (x0 − δ, x0 + δ) \ A : a − ε <f ′(x) < a + ε (a ist der Grenzwert a = lim
x→x0
(f ′(x)))Satz 7.8⇒ (a − ε)(x − x0) <
f(x)− f(x0) < (a+ ε)(x− x0) fur x > x0 ⇒ a− ε < f(x)−f(x0)x−x0
< a+ ε
das heißt: ∀x ∈ (x0, x0 + δ) :∣∣∣ f(x)−f(x0)
x−x0− a∣∣∣ < ε
das heißt: limx→x0+
(f(x)−f(x0)
x−x0
)= a
∀x ∈ (x0 − δ, x0) :∣∣∣ f(x)−f(x0)
x−x0
∣∣∣ < ε
das heißt: limx→x0
(f(x)−f(x0)
x−x0
)= a
194
8 Stammfunktion
Definition 8.1. Sei f : I → C und F : I → C stetig und fast uberall differenzierbarWenn ∀x ∈ I gilt, dass ∃F ′(x) und F ′(x) = f(x), heißt F die Stammfunktion von f .
Bemerkung 148. Seien F und G 2 Stammfunktionen von f. Dann ∃c : F (x) = G(x) +c ∀x.
Bemerkung 149. Sei f(x) =∞∑n=0
anxn mit positivem Konvergenzradius R.
Dann ist F (x) =∞∑n=0
anxn+1
n+1 die Stammfunktion von f.
Die Reihe fur F(x) hat Konvergenzradius R und Potenzreihen konnen gliedweise differen-ziert werden.
Tabelle
f (x) F (x) Bedingung
xα xα+1
α+1 α > 11x ln(x) x > 0
ex ex1√1−x2 arcsin(x)
sin(x) − cos(x)
cos(x) sin(x)1
1+x2 arctan(x)
cosh(x) sinh(x)1√1+x2 arsinh(x)1√x2−1 arcosh(x)
195
9 Diskussion von Funktionen (Kurvendiskussi-on)
gegeben: f : I → Rgesucht: Eigenschaften sammeln
Definition 9.1. Sei f : I → R, I = [a, b], Ein Punkt x0 ∈ (a, b) heißt Wendepunkt, wenn es einδ > 0 gibt, sodass f auf (x0 − δ, x0) konvex und auf (x0, x0 + δ) konkav ist (oder umgekehrt).
Bemerkung 150. Der Funktionsgraph durchdringt die Tangente im Wendepunktf(x) = f(x) + f ′(x0)(x− x0)⇒ hat in x0 einen Vorzeichenwechsel.
Bemerkung 151. Sei f : [a, b] → R, zwei-mal stetig differenzierbar und x0 ∈ (a, b) einWendepunkt.Dann gilt f ′′(x0) = 0
Beweis. Wenn f auf (x0−δ, x0) konvex ist ⇒ f ′′(x) ≥ 0, ∀x ∈ (x0−δ, x0)Wenn f auf (x0, x0 + δ) konkav ist ⇒ f ′′(x) ≤ 0, ∀x ∈ (x0, x0 + δ)⇒ f ′′(x0) = 0
Bemerkung 152. Sei f : [a, b]→ R, n-mal stetig differenzierbar und gelte furx0 ∈ (a, b) : f ′′(x0) = f ′′′(x0) = ... = f (n−1)(x0) = 0 und f (n)(x0) 6= 0Dann liegt in x0 ein Wendepunkt, wenn n ungerade ist.Wenn n gerade ist, ist x0 kein Wendepunkt.
Beweis.
h(x) = f(x)− f(x0)− f ′(x0)(x− x0)
Taylor: h(x) = f(x0) + f ′(x0)(x− x0) +f ′′(x0)
2!(x− x0)2 + ...+
+f (n−1)(x0)
(n− 1)!(x− x0)n−1 +
f (n)(ξ)
n!(x− x0)n − f(x0)− f ′(x0)(x− x0)
h(x) =f (n)(ξ)
n!(x− x0)n da f (n) stetig ist ∃δ > 0 : ∀x ∈ (x0 − δ, x0 + δ)
f (n)(ξ) ≷ 0
Wenn n ungerade ist, wechselt h(x) in x0 sein Vorzeichen, wenn n gerade istnicht.
196
Kurvendiskussion
1. Definitionsbereich von f , Stetigkeit und Differenzierbarkeit von f
2. Nullstellen von f
3. (lokale) Extremstellen von f
4. Wendepunkte
5. Monotonie
6. Krummung
7. Skizze
Beispiel 61. f(x) = x3e−x
1. Produkt von 2 stetigen, beliebig oft differenzierbaren Funktonen ist wieder stetig undbeliebig oft differenzierbar
2. Nullstellen: f(x) = x3e−x!= 0 ⇔ x3 = 0⇔ x = 0 Np = {0}
3. Extremstellen:
f ′(x) = 3x2e−x − x3e−x = x2(3− x)e−x
f ′′(x) = 6xe−x − 3x2e−x − 3x2e−x + x3e−x = x(x2 − 6x+ 6)e−x
f ′′′(x) = (x2 − 6x+ 6)e−x + x(x2 − 6x+ 6)e−x = −(x3 − 9x2 + 18− 6)e−x
f ′(x)!= 0 ⇔ x2(3− x) = 0 ⇔ x = 0 ∨ x = 3
1.n. verschwinden Nullstellen ist ungerade → kein Extremum
{f ′′(x) = 0
f ′′′(x) = 6
f ′′′(3) = 3(9− 18 + 6)e−3 = −9e−3 < 0→ lokales Maximum
4. Wendepunkt: f ′′(x)!=⇔ x(x3 − 6x+ 6) = 0
x = 0 ∨ x = 3±√
3 f ′′(x) = x(x− 3 +√
3)(x− 3−√
3)e−x
Wechselt Vorzeichen, 0 ist Wendepunkt, f ′′′(0) = 6 6= 0f ′′′(3−
√3) = ... < 0
W2 ←
{f(3−
√3)
f ′(3−√
3)
f ′′′(3 +√
3) = ... > 0→W3
5. Monotonie: x2(3x) ≷ 0 f ′(x) < 0 fur x > 0f ′(x) ≥ 0 fur x < 3f ist monoton fallend fur x > 3 und monoton wachsend fur x < 3
6. Krummung: x(x2 − 6x+ 6)e−x
x < 0 f ′′(x) < 0→ konkav0 < x < 3−
√3 f ′′(x) > 0→ konvex
x > 3 +√
3 f ′′(x) < 0→ konkavx > 3 +
√3 f ′′(x) > 0→ konvex
197
7. Skizze:
−1 1 2 3 4 5 6 7 8 9
−3
−2
−1
1
2
198
10 Integralrechnung
Sei f : I → R+0 ,
N ={
(x, y) ∈ R2∣∣ a ≤ x ≤ b, 0 ≤ y ≤ f(x)
}gesucht: Flache von N
Idee:
1. Studiere zuerst Funktionen fur die N eine Vereinigung von endlich vielenRechtecken ist
2. Funktionen ausdehnen → Cauchy → Riemann
Beispiel 62. f(x) =√
1− x2
−1 1
−1
1
0
⇒ Flache des Einheitskreises.
Definition 10.1. f : [a, b]→ R oder C. Z = {x0 = a < x1 < x2 < ... < xn = b}heißt die Zerlegung von [a, b]. f heißt Treppenfunktion zur Zerlegung Z, wenn f auf dem Intervall(xi, xi+1)i=1,...,n−1 konstant ist
(f(xi) beliebig
)T([a, b]
)ist ein R Vektorraum (C analog).
Definition 10.2. f ∈ T([a, b]
)zur Zerlegung
Z = {x0 = a < x1 < x2 < ... < xn = b}bˆ
a
f(x)dx :=
n−1∑i=0
f(ξi)(xi+1 − xi), ξ ∈ (xi, xi+1)
199
Bemerkung 153. Der Wert vonb
a
f(x)dx hangt nicht von der Zerlegung ab. Wenn f
als Treppenfunktion zur Zerlegung Z gegeben ist und ebenfalls als Treppenfunktion zur
Zerlegung Z ′, dann mussen wir feststellen, ob sich der Wertb
a
f(x)dx andert.
I(f ;Z)zz.= I(f ;Z ∪ Z ′)
Symme-trie= I(f ;Z ′)
es genugt zu zeigen: I(f ;Z) = I(f ;Z ∪ Z ′)
ξ ∈ (xi, xi+1) −→ I(f ;Z) =
n−1∑j=0
f(ξj)∆xj
I(f ;Z ∪ {ξ}) =
i−1∑j=0
f(ξj)∆xj + f(ξi)(ξ − xi) + f(ξi)(xi+1 − ξ)︸ ︷︷ ︸f(ξ)∆xj
+
n−1∑j=i+1
f(ξj)∆xj
⇒ wenn f unverandert bleibt, beeinflusst ein weiterer Teilungspunkt eine Anderung.
Bemerkung 154. f, g ∈ T([a, b]
)Dann gilt ∀λ, µ ∈ R oder C :
bˆ
a
λf(x) + µf(y) = λ
bˆ
a
f(x) + µ
bˆ
a
f(y)
b
a
ist ein Homomorphismus
200
1. Linearitat von´
2. Dreiecksungleichung ∣∣∣∣∣∣bˆ
a
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ
a
|f(x)|dx
3. Monotonie
f, g ∈ TR[a, b]
∀x ∈ [a, b] : f(x) ≤ g(x)
⇒bˆ
a
f(x)dx ≤bˆ
a
g(x)dx
Beweis.
1. f und g sind Treppenfunktionen zur Zerlegung Z1 und Z2, dann sind fund g Treppenfunktionen zur ZerlegungZ1 ∪ Z2 = {a = x0 < x1 < ... < xn = b}
bˆ
a
λf(x) + µg(x)dx =
n−1∑i=0
(λf(ξi) + µg(ξi))∆xi =
= λ
n−1∑i=0
f(ξi)∆xi + µ
n−1∑i=0
g(ξi)∆xi = λ
bˆ
a
f(x)dx+ µ
bˆ
a
g(x)dx
2. ∣∣∣∣∣∣bˆ
a
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣n−1∑i=0
f(ξi)∆xi
∣∣∣∣∣ ≤n−1∑i=0
|f(ξi)|∆xi =
bˆ
a
|f(x)|dx
3.
f(x) ≤ g(x) :
bˆ
a
f(x)dx =
n−1∑i=0
f(ξi)∆xi ≤n−1∑i=0
g(ξi)∆xi =
bˆ
a
g(x)dx
Bemerkung 155.b
a
ist ein positives lineares Funktional auf dem Vektorraum T [a, b].
201
Definition 10.3. RegelfunktionSei I ein Intervall mit Endpunkten a und b (offen oder nicht). Dann heißt f : I → C Regelfunktion,wenn:
1. ∀x0 ∈ (a, b) beide einseitigen Grenzwerte existieren
limx→x0−
(f(x)) := f(x−0 ), limx→x0+
(f(x)) := f(x+0 )
2. Wenn:
a ∈ I ⇒ ∃ limx→a+
(f(x))
b ∈ I ⇒ ∃ limx→b−
(f(x))
Bemerkung 156. R(I) ist der Raum der Regelfunktionen auf IRR(I), beziehungsweise RC(I) sind (R oder C) VektorraumeWenn f, g ∈ R(I) ⇒ f · g ∈ R(I), |f | ∈ R(I)Wenn f, g ∈ RR(I) ⇒ min(f, g) ∈ RR und max(f, g) ∈ RR
min(f(x), g(x)
)= f(x)+g(x)−|f(x)−g(x)|
2
max(f(x), g(x)
)= f(x)+g(x)+|f(x)−g(x)|
2
Definition 10.4. Seien f, g ∈ R(I), dann definiere:
‖f − g‖I := supx∈I
(|f(x)− g(x)|)
Satz 10.1. Approximationssatz fur RegelfunktionenSei I = [a, b]. Eine Funktion f : I → C ist genau dann Regelfunktion, wenn:
∀ε > 0, ∃ϕ ∈ T [a, b] : ‖f − ϕ‖I < ε
Bemerkung 157. ϕ ∈ T [a, b] heißt ε-approximierende Treppenfunktion zu f, wenn:
‖f − ϕ‖I < ε
Beweis.
”⇒ ” ε-approximierende Treppenfunktion zu f existiert
[a0, b0] = [a, b], m1 = a0+b02 ⇒ entweder in [a0,m1] oder [m1, b0]
ε-approximierende Treppenfunktion zu f existiert nichtSei [a1, b1], ...Die Intervalle [an, bn] bilden eine Intervallschachtellung,
das heißt:∞⋂n=0
[an, bn] = {ξ}
ξ ∈ (a, b) : f ist Regelfunktion ⇒ ∃δ > 0 :
202
(a) ∀x ∈ (ξ − δ, ξ) : |f(x)− f(ξ−)| < ε
(b) ∀x ∈ (ξ, ξ + δ) : |f(x)− f(ξ+)| < ε
ϕ : [an, bn]→ C x 7→
f(ξ−) x ∈ [an, ξ)
f(ξ) x = ξ
f(ξ+) x ∈ (ξ, bn]
Dann gilt nach Definition von δ : |ϕ(x)− f(x)| < ε, ∀x ∈ [an, bn] Eanalog fur ξ = a oder ξ = b
”⇐ ” Sei f : I → C : ∀ε > 0, ∃ϕ das Treppenfunktion ist: ‖f − ϕ‖I < ε
zz.: ∀ξ ∈ I ∃f(ξ−) und f(ξ+)Sei ε > 0 ∃ϕ Treppenfunktion: ‖f−ϕ‖I < ε
2 und ∃δ > 0 : ϕ auf (ξ, ξ+δ)konstant ist.
x1, x2 ∈ (ξ, ξ + δ) : |f(x1)− f(x2)| = |f(x1)− ϕ(x1) + ϕ(x2)︸ ︷︷ ︸=
−f(x2)| ≤
≤ |f(x1)− ϕ(x1)|+ |f(x2)− ϕ(x2)| < ε
2+ε
2= ε
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x1, x2 ∈ (ξ, ξ + δ) |f(x1)− f(x2)| < ε(Cauchy-Kriterium fur die Existenz von lim
x→ξ+
(f(x)
))das heißt:
limx→ξ+
(f(x)
)existiert
Korollar 10.1.1. f ∈ R([a, b]
)⇒ f ist beschrankt.
Beweis. Sei ϕ eine 1-approximierte Treppenfunktion, dann gilt:
‖f‖ ≤ ‖ϕ‖+ ‖f − ϕ‖ ≤ ‖ϕ‖+ 1
Korollar 10.1.2. Aquivalente FormulierungSei I = [a, b]. Dann ist f eine Regelfunktion ⇔ ∃(ϕn)n∈N Folge von Treppenfunktionen, sodass:
f(x) =
∞∑n=0
ϕn(x) und
∞∑n=0
‖ϕn‖ <∞
also ist f eine normal konvergente Reihe von Treppenfunktionen.
203
Beweis. Sei f eine Regelfunktion: Sei fur n ≥ 0, ψn eine 2−1-approximierendeTreppenfunktion auf f , ‖f − ψn‖ < 2−1
ψn = ψ0︸︷︷︸ϕ0
+
n∑k=1
(ψk − ψk−1)︸ ︷︷ ︸=ϕk
‖ϕk‖ = ‖ψk − ψk−1‖ ≤ ‖ψk − f‖︸ ︷︷ ︸≤2−k
+ ‖f − ψk−1‖︸ ︷︷ ︸≤2−k+1
∞∑k=0
‖ϕk‖ ≤ ‖ϕ0‖+
∞∑k=1
3 · 2−k <∞ und f(x) = limn→∞
(ψn(x)) =
∞∑k=0
ϕk(x)
f(x) =
∞∑k=0
ϕk(x) mit
∞∑k=0
‖ϕk‖ <∞
Sei ε > 0 : ∃N ∈ N :
∞∑k=N+1
‖fk‖ < ε ⇒
∣∣∣∣∣f(x)−N∑k=0
ϕk(x)︸ ︷︷ ︸Treppen-funktion
∣∣∣∣∣ =
=
∣∣∣∣∣∞∑
k=N+1
ϕk(x)
∣∣∣∣∣ ≤∞∑
k=N+1
‖ϕk‖ < ε ⇒ R ist Regelfunktion
Korollar 10.1.3. Sei f eine Regelfunktion auf I (beliebig, nicht notwendigerweise kompakt). Dannhat f hochstens abzahlbar viele Unstetigkeitsstellen (f sei fast uberall stetig).
Beweis. Sei I kompakt.
∃ϕn Treppenfunktion : f(x) =
∞∑n=0
ϕn(x)
normal konvergent. f kann hochstens in den Unstetigkeitsstellen der ϕn unstetigsein. Jede Funktion ϕn hat nur endlich viele Unstetigkeitsstellen. Die Unstetig-keitsstellen von f sind
∞⋃n=0
Unstetitgkeitsstellen(ϕn)
hochstens abzahlbar. Sei I nun beliebig. Dann lasst sich I als abzahlbare Vereini-gung von kompakten Intervallen schreiben (abzahlbare Vereinigung abzahlbarerMengen ist wieder abzahlbar).
Satz 10.2. Definition des Integrals von Regelfunktionen auf kompakten IntervallenSei f : [a, b] → C eine Regelfunktion und (ϕn)n∈N eine approximierte Folge von Treppenfunktio-nen, also
limn→∞
(‖ϕn − f‖
)= 0
204
Dann konvergiert die Folge bˆ
a
ϕn(x)dx
n∈N
Der Grenzwert hangt nicht von der gewahlten Folge der Treppenfolge ab
bˆ
a
f(x)dx := limn→∞
bˆ
a
ϕn(x)dx
Beweis.
Sei: ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N :‖ϕn − f‖ < ε
2‖ϕm − f‖ < ε
2
}⇒ ‖ϕm − ϕn‖ < ε∣∣∣∣∣∣
bˆ
a
ϕm(x)dx−bˆ
a
ϕn(x)dx
∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ
a
|ϕm(x)− ϕn(x)| dx < ε(b− a)
das heißt: bˆ
a
ϕn(x)dx
n∈N
ist eine Cauchy-Folge, also konvergent.
Sei (ψn)n∈N eine Folge von Treppenfunktionen, die gegen f konvergieren.
limn→∞
(‖ψn − f‖
)= 0, ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ‖ψn − f‖ <
ε
2und ‖ϕn − f‖ <
ε
2
⇒ ‖ψn − ϕn‖ < ε, das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ∈ N :∣∣∣∣∣∣bˆ
a
ϕn(x)dx−bˆ
a
ψn(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε(b− a)
⇒ limn→∞
bˆ
a
ϕn(x)dx
= limn→∞
bˆ
a
ψn(x)dx
Eigenschaften des Integrals von Regelfunktionenf und g seien Regelfunktionen
1.
bˆ
a
(λf(x) + µg(x)
)dx = λ
bˆ
a
f(x)dx+ µ
bˆ
a
g(x)dx (Linearitat)
2. ∣∣∣∣∣∣bˆ
a
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ
a
|f(x)|dx ≤ ‖f‖ · (b− a)
205
3. f und g reell: ∀x ∈ [a, b] :
f(x) ≤ g(x) ⇒bˆ
a
f(x)dx ≤bˆ
a
g(x)dx (Monotonie)
Beweis.
1.
(ϕn)n∈N, (ψn)n∈N seien Folgen von Treppenfunktionen:
‖ϕn − f‖ → 0 und ‖ψn − g‖ → 0 ⇒∥∥∥(λϕn + µψn
)−(λf + µg
)∥∥∥→ 0
und daher gilt: limn→∞
bˆ
a
(λϕn(x) + µψn(x)
)dx
=
= limn→∞
λ bˆ
a
ϕn(x)dx+ µ
bˆ
a
ψn(x)dx
= λ
bˆ
a
f(x)dx+ µ
bˆ
a
g(x)dx
2. Auf Treppenfunktionen gilt:∣∣∣∣∣∣bˆ
a
ϕn(x)dx
∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ
a
|ϕn(x)| dx ≤ ‖ϕn‖(b− a)
∣∣∣∣∣∣bˆ
a
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ
a
|f(x)|dx ≤ ‖f‖(b− a)
3. f und g reell, f(x) ≤ g(x) ∀x ∈ [a, b](ϕn)n∈N, (ψn)n∈N approximierte Folgen von Treppenfunktionen
ϕn − ‖f − ϕn‖ ≤ f(x) ≤ g(x) ≤ ψn(x) + ‖g − ψn‖bˆ
a
(ϕn(x)− ‖f − ϕn‖
)dx ≤
bˆ
a
(ψn(x) + ‖g − ψn‖
)dx
bˆ
a
f(x)dx ≤bˆ
a
g(x)dx
206
Bemerkung 158.
f(x) =
∞∑n=0
ϕn(x) normal konvergente Reihe von Treppenfunktionen
⇒bˆ
a
f(x)dx =
∞∑n=0
bˆ
a
ϕn(x)dx Reihe konvergiert absolut
Bemerkung 159. a < b < c, f sei eine Regelfunktion auf [a, c], dann gilt:
cˆ
a
f(x)dx =
bˆ
a
f(x)dx+
cˆ
b
f(x)dx
Beweis. Sei (ϕn)n∈N eine Folge von Treppenfunktionen mit ‖f − ϕn‖[a,c] → 0,dann ist:
ψn(x) = ϕn
∣∣∣[a,b]
eine Folge von Treppenfunktionen mit ‖f − ψn‖[a,b] → 0
χn(x) = ϕn
∣∣∣[b,c]
eine Folge von Treppenfunktionen mit ‖f − χn‖[b,c] → 0
f : A→ B, C ⊆ A : f∣∣∣C
: C → B, x 7→ f(x)
cˆ
a
ϕn(x) =
bˆ
a
ψn(x)dx+
cˆ
b
χn(x)dx
⇒cˆ
a
f(x)dx =
bˆ
a
f(x)dx+
cˆ
b
f(x)dx
Definition 10.5.
aˆ
a
f(x)dx = 0
bˆ
a
f(x)dx = −aˆ
b
f(x)dx
bˆ
a
f(x)dx existiert genau fur Regelfunktionen auf [a, b]
207
Satz 10.3. Mittelwertsatz der IntegralrechnungSei f : [a, b] → R stetig und p : [a, b] → R eine Regelfunktion. Wenn ∀x ∈ [a, b], p(x) ≥ 0 gilt,dann ∃ξ ∈ [a, b] :
bˆ
a
f(x)p(x)dx = f(ξ) ·bˆ
a
p(x)dx
Bemerkung 160. p heißt Gewichtsfunktion, Dichte
Beweis. Sei m := min{f(x)
∣∣ x ∈ [a, b]}
und M := max{f(x)
∣∣ x ∈ [a, b]}
Dann gilt:
bˆ
a
mp(x)dx ≤bˆ
a
f(x)p(x)dx ≤bˆ
a
Mp(x)dx
Sei:
bˆ
a
p(x)dx > 0⇒ m ≤
b
a
f(x)p(x)dx
b
a
p(x)dx︸ ︷︷ ︸Wert auf f
≤M
Nach Zwischenwertsatz: ∃ξ : f(ξ) =
b
a
f(x)p(x)dx
b
a
p(x)dx
Lemma 8. Sei p : [a, b]→ R eine Regelfunktion, ∀x ∈ [a, b] : g(x) ≥ 0. Wenn
bˆ
a
p(x)dx = 0,
dann p(x) = 0 in allen Stetigkeitspunkten von p, also ist p(x) = 0 fast uberall.
Beweis. Angenommen x0 sei ein Stetigkeitspunkt und es gilt p(x0) > 0
⇒ ∃δ > 0 : ∀x ∈ [a, b] : |x− x0| ≤ δ ⇒ p(x) ≥ p(x0)
2> 0
bˆ
a
p(x)dx ≥x0+δˆ
x0−δ
p(x)dx ≥ p(x0)
2· 2δ > 0
analog fur x0 = a oder x0 = b
208
Fortsetzung vom letzten Beweis: Seib
a
p(x)dx = 0 im Mittelwertsatz
⇒ p(x) = 0 in allen Stetigkeitspunkten ⇒ f(x)p(x) = 0 in allen Stetig-keitspunkten. Dann lautet der Mittelwertsatz: 0 = f(ξ) · 0
a ξ
f(ξ)
b
Satz 10.4. Hauptsatz der Differential und IntegralrechnungSeif : [a, b]→ C eine Regelfunktion, dann ist
F (x) =
bˆ
a
f(ξ)dξ
eine Stammfunktion von f . Genauer:
limx→x+
0
(F (x)− F (x0)
x− x0
)= limx→x+
0
(f(x)) und limx→x−0
(F (x)− F (x0)
x− x0
)= limx→x−0
(f(x))
Sei φ : [a, b]→ C eine Stammfunktion von f , dann gilt:
bˆ
a
f(x)dx = φ(b)− φ(a) =: φ(x)∣∣∣ba
=[φ(x)
]ba
= φ(x)∣∣∣bx=a
=[φ(x)
]bx=a
Beweis.
209
1. F ist stetig:
F (x)− F (x0) =
xˆ
a
f(ξ)dξ −x0ˆ
a
f(ξ)dξ −xˆ
x0
f(ξ)dξ
∣∣F (x)− F (x0)∣∣ =
max(x0,x)ˆ
min(x0,x)
∣∣f(ξ)∣∣dξ ≤ ∥∥f∥∥ · |x− x0|
⇒ sogar Lipschitz-stetig
2.
limx→x0
(F (x)− F (x0)
x− x0
)= limx→x+
0
(f(x)
)=: f(x+
0 )
F (x)− F (x0)
x− x0− f(x+
0 ) =1
x− x0·xˆ
x0
f(ξ)dξ − 1
x− x0·xˆ
x0
f(x+0 )dξ =
=1
x− x0·xˆ
x0
(f(ξ)− f(x+
0 ))dξ
Sei ε > 0, δ > 0 : ∀x ∈ (x0, x0 + δ) : |f(x)− f(x+0 )| < ε
Dann gilt:
∣∣∣∣F (x)− F (x0)
x− x0− f(x+
0 )
∣∣∣∣ ≤ 1
x− x0·xˆ
x0
|f(ξ)− f(x+0 )|︸ ︷︷ ︸
<ε
dξ <
<1
x− x0· ε(x− x0) = ε
3. Sei φ(x) eine Stammfunktion von f
⇒ ∃c ∈ C : φ(x) = F (x) + c, ∀x ∈ [a, b]
φ(a) = F (a) + c
Da F (a) = 0 =⇒ φ(a) = c
Also F (x) = φ(x)− φ(a)
x = b : F (b) =
bˆ
a
f(ξ)dξ = φ(b)− φ(a)
Bemerkung 161. Jede Regelfunktion f : [a, b] → C besitzt eine Stammfunktion F(x)[aus Hauptsatz].
210
Definition 10.6. Eine Funktion f : [a, b] → C heißt fast uberall stetig differenzierbar, wenn sieStammfunktion einer Regelfunktion ist (oder wenn ihre Ableitung eine Regelfunktion ist).
Bemerkung 162. Sei f : [a, b]→ C fast uberall stetig differenzierbar, dann gilt:
bˆ
a
f ′(x)dx = f(b)− f(a) und f(a) +
xˆ
a
f(ξ)dξ = f(x)
Bemerkung 163. Ein Beispiel einer Funktion, die nicht das Integral ihrer Ableitungist:
x ∈ [0, 1] f0(x) = x
f1(x) =
32x 0 ≤ x ≤ 1
312
13 ≤ x ≤
23
12 + 3
2 (x− 23 ) 2
3 ≤ x ≤ 1
...
fn(x)
211
∣∣fn+1(x)− fn(x)∣∣ =
1
3· 2−n−1
∥∥f1 − f0
∥∥ =1
6
[an der Stelle
1
3
]∥∥f2 − f1
∥∥ = f2
(1
9
)− f1
(1
9
)=
1
4− 1
6=
1
12
das heißt: f0(x) +
∞∑n=1
(fn(x)− fn−1(x)
)konvergiert normal
f ist eine stetige Funktion, f monoton wachsend, f ′(x) = 0 im Intervall laut Skizzefn ist nicht konstant auf 2n Intervallen der Lange 3−n
fn ist konstant mit Ausnahme einer Menge, die sich fur alle n in 2n Intervalle der Lange3−n aufteilen lasst (Cantorsches Diskontinuum)
⇒1ˆ
0
f ′(x)dx = 0 6= f(1)− f(0) = 1
Bemerkung 164. Seien f1, f2 : [a, b]→ C Regelfunktionen und es geltef1(x) = f2(x) fast uberall, dann gilt:
bˆ
a
f1(x)dx =
bˆ
a
f2(x)dx
Beweis. Sei F1(x) eine Stammfunktion von f1, dann ist F2(x) Stammfunktionvon f2(x)
HS⇒bˆ
a
f1(x)dx = F1(b)− F1(a) =
bˆ
a
f2(x)dx
10.1 Integrationstechniken
Wir wollen algorithmisch die Stammfunktion einer Funktion bestimmen. Schreib-weise:ˆ
f(x)dx ={F∣∣ F ist Stammfunktion von f
}={F1(x) + c
∣∣ c ∈ C oder R}
heißt unbestimmtes Integral.[alle Funktionen sind fast uberall stetig differenzierbar
]
212
10.1.1 partielle Integration
(uv)′ = u′v + uv′ ⇒ u(x)v(x) + c =
ˆu′(x)v(x)dx+
ˆu(x)v′(x)dx
ˆu′(x)v(x)dx = u(x)v(x)−
ˆu(x)v′(x)dx
ˆu′vdx = uv −
ˆuv′dx
bˆ
a
u′vdx = uv∣∣∣ba−
bˆ
a
uv′dx
Beispiel 63.
1. ˆ1︸︷︷︸u′
· ln(x)︸ ︷︷ ︸v
dx = x · ln(x)−ˆx · 1
xdx = x · ln(x)− x+ c
2. ˆx2︸︷︷︸u
· ex︸︷︷︸v′
dx = x2 · ex −ˆ
2x︸︷︷︸u
· ex︸︷︷︸v′
dx =
= x2 · ex − (2x · ex) +
ˆ2exdx = (x2 − 2x+ 2)ex + c
3. Flache des Einheitskreises:
x−1 1
y
−1
1
0
y =√1− x2
213
1ˆ
−1
1︸︷︷︸u′
·√
1− x2︸ ︷︷ ︸v
dx =
= x√
1− x2︸ ︷︷ ︸= 0
∀x ∈ {−1, 1}
∣∣∣∣1−1
−1ˆ
−1
x ·(− x√
1− x2
)dx =
1ˆ
−1
x2
√1− x2
dx =
=
1ˆ
−1
x2 − 1√1− x2
dx+
1ˆ
−1
dx√1− x2
= −1ˆ
−1
√1− x2dx+ arcsin(x)
∣∣∣∣1−1
=
= −1ˆ
−1
√1− x2dx+
π
2−(−π
2
)=
1ˆ
−1
√1− x2dx+ π
also:
1ˆ
−1
√1− x2dx = −
1ˆ
−1
√1− x2dx+ π
⇔ 2 ·1ˆ
−1
√1− x2dx = π
⇔1ˆ
−1
√1− x2dx =
π
2
⇒ Flache = 2 · π2
= π
4.
Ik =
π2ˆ
0
cos(x)kdx = k ∈ N
k≥2=
π2ˆ
0
cos(x)︸ ︷︷ ︸u′
· cos(x)k−1︸ ︷︷ ︸v
dx =
= sin(x) cos(x)k−1︸ ︷︷ ︸=0
∣∣∣∣π20
−
π2ˆ
0
sin(x)(k − 1) cos(x)k−2(− sin(x))dx =
= −
π2ˆ
0
sin(x)(k − 1) cos(x)k−2(sin(x))dx = (k − 1)
π2ˆ
0
sin(x)2 cos(x)k−2dx =
= (k − 1)
π2ˆ
0
(1− cos(x)2) cos(x)k−2dx =
π2ˆ
0
cos(x)k−2 − (k − 1)Ik
214
⇔ Ik = (k − 1)
π2ˆ
0
cos(x)k−2dx− (k − 1)Ik
⇔ Ik =k − 1
kIk−2, I0 =
π
2, I1 =
π2ˆ
0
cos(x)dx = sin(x)∣∣∣π20
= 1
I2n =2n− 1
2nI2n−2 =
(2n− 1)(2n− 2)
2n(2n− 2)· I2n−4
(2n− 1)(2n− 3) · ... · 3 · 1(2n)(2n− 2) · ... · 4 · 2
· π2
I2n+1 =2n
2n+ 1I2n−1 =
2n(2n− 2)
(2n+ 1)(2n− 1)I2n−3 =
2n(2n− 2) · ... · 4 · 2(2n+ 1)(2n− 1) · ... · 3 · 1
· 1
0 ≤ cos(x) ≤ 1 x ∈[0,π
2
]cos(x)k+1 ≤ cos(x)k ⇒ I0 ≥ I1 ≥ ...
1 ≥ I2n+1
I2n≥ I2n+2
I2n=
2n+ 1
2n+ 2⇒ lim
n→∞
(I2n+1
I2n
)= 1[
Einzwicksatz]
I2n+1
I2n=
2n(2n− 2) · ... · 4 · 2(2n+ 1)(2n− 1) · ... · 5 · 3
· 2n(2n− 2) · ... · 4 · 2(2n+ 1)(2n− 1) · ... · 3 · 1
· 2
π
limn→∞
(2 · 2 · 4 · 4 · ... · 2n · 2n
1 · 3 · 5 · 5 · ... · (2n− 1)(2n+ 1)︸ ︷︷ ︸=:wn
)=π
2
[Wallisches Produkt
]pn =
2 · 4 · ... · 2n1 · 3 · ... · (2n− 1)
wissen: limn→∞
(pn√n
)= p und ∃
⇒ wn = pn2
2n+ 1=
(pn√n
)2
· n
2n+ 1
n→∞−→ p2 · 1
2=π
2
⇒ p =√π
pn ∼√πn
Satz 10.5.
π2 /∈ Q
Beweis.
fn(x) =1
n!xn(1− x)n =
1
n!
n∑k=0
xn+k
(n
k
)(−1)k
f ′n(0) = 0 = f ′n(1)...f (n−1)n = 0 = f (n−1)
n (1)
f (n)n (0) ∈ Z und f (n)
n (1) ∈ Z
215
das heißt: ∀k ∈ N0 : f(k)k (0), f (k)
n (1) ∈ Z
angenommen: π2 ∈ Z ⇒ ∃a, b : π2 =a
b∈ Q
1ˆ
0
fn(x)︸ ︷︷ ︸u
sin(πx)︸ ︷︷ ︸v′
dx = fn(x) ·(−cos(πx)
π
) ∣∣∣∣∣1
0
+
1ˆ
0
f ′n(x)︸ ︷︷ ︸u
· cos(πx)
π︸ ︷︷ ︸v′
=
= −fn(x)
(cos(πx)
π
)+ f ′n(x)
(sin(πx)
π2
)−
1ˆ
0
f ′′n (x)sin(πx)
π2dx = ...
F (x) = π2nfn(x)− π2n− 2fn(x) + ...+ (−1)nf (2n)n (x)
(F ′(x) sin(πx)− πF (x) cos(πx))′ =
= F ′′(x) sin(π) + F ′(x)π cos(πx)− πF (x) cos(πx) + π2F (x) sin(πx) =
= (F ′′(x) + π2F (x)) sin(πx)
F ′(x) = π2nf ′′n − π2n− 2f (4)n (x)...− (−1)nπ2f (2n)
n (x) + (−1)nf (2n+2)n (x)︸ ︷︷ ︸=0
F ′′(x) + π2F (x) = π2n+ 2fn(x)
das heißt: F ′(x) sin(πx)− πF (x) cos(πx) ist eine Stammfunktion von π2n+ 2︸ ︷︷ ︸( ab )n+1
fn(x) sin(πx)
bn+1
1ˆ
0
fn(x) sin(πx)dx = bn+1
1ˆ
0
fn(x) sin(πx)dx =
= bn+1(F ′(x) sin(πx)− πF (x) cos(πx))
∣∣∣∣10
= bn+1(πF (1)− πF (0)) ∈ Z
bn+1
1ˆ
0
fn(x) sin(πx)︸ ︷︷ ︸≤0
dx ∈ Z, ∀n ∈ N
fn(x) =(x(1− x))n
n!≤ 1
4nn!
⇒ 0 < bn+1
1ˆ
0
fn(x) sin(πx)dx
︸ ︷︷ ︸c
≤ bn+1
4nn!
n→∞−→ 0
Wahle n so groß:bn+1
4nn!< 1
⇒ 0 < c < 1 und c ∈ Z E
216
10.1.2 Substitutionsregel
Sei f : [a, b]→ C eine Regelfunktion, t : [c, d]→ [a, b] streng monoton und diffe-renzierbar. Wenn φ(y) Stammfunktion von f
(t(y)
)f ′(y) ist, dann ist φ
(t−(1)(x)
)eine Stammfunktion von f(x)
Beweis. (φ(t(−1)(x)
))′= φ
(t(−1)(x)
)(t(−1)(x)
)′=
= f(t(t(−1)(x)
)︸ ︷︷ ︸x
)t′(t(−1)(x)
)(t(−1)(x)
)′︸ ︷︷ ︸1
= f(x)[Umkehrregel
]bˆ
a
f(x)dx =
t(−1)(b)ˆ
t(−1)(a)
f(t(y)
)t′(y)︸︷︷︸dtdy dy=dt
dy
Beispiel 64.
1ˆ
−1
√1− x2dx = x = sin(t), dx = cos(t)dt
π2ˆ
−π2
√1− sin(t)2 cos(t)dt =
π2ˆ
−π2
cos(t)2dt = 2
π2ˆ
0
cos(t)2dt = 2
π2ˆ
0
sin(t)2dt =: I
I + I =
π2ˆ
0
(sin(t)2 + cos(t)2)dt = π
⇒ I =π
2
10.1.3 Logarithmische Regel
ˆf ′(x)
f(x)dx = ln
(|f(x)|
)+ c
Beispiel 65.
1.ˆ
tan(x)dx = −ˆ− sin(x)
cos(x)dx = − ln
(| cos(x)|
)+ c
cot analog
217
2. ˆarctan(x)dx = x · arctan(x)−
ˆx
1
1 + x2dx =
= x arctan(x)− 1
2
ˆ2x
1 + x2dx︸ ︷︷ ︸
log
= x arctan(x)− 1
2ln(|1 + x2|
)+ c
10.2 Algorithmisches Bestimmen von Stammfunktionen
1. rationale Funktionen: p(x)q(x) mit p und q Polynome
[Partialbruchzerlegung
]p(x)
q(x)= p(x) +
r(x)
q(x)= (Grad(r)<Grad(q))
= p(x) +
m∑i=1
nm∑j=1
Aij(x− αi)j
wenn q(x) = q1 ·m∏i=1
(x− αi)nm
Integration der Partialbruchzerlegung:Aij
(x−αi)j
1. αi ∈ R :
ˆdx
(x− αi)j=
{ln(|x− αi|
)+ c j = 1
− 1(j−1)(x−αi)j+1 + c j > 1
2. αi ∈ C \ R :
j > 1 :
ˆdx
(x− αi)j= − 1
(j − 1)(x− αi)j−1 + c
j = 1 :A
x− αtritt zusammen mit
A
x− αauf in PBZ
A
x− α+
A
x− α=A(x− α) +A(x− α)
(x− α)(x− α)=
(a+A)x− (αA+ αA)
x2 − (α+ α)x+ αα=
Bx+ C
x2 + px+ q
p2
4< q :
ˆBx+ c
x2 + px+ q=
ˆ B2 (2 + p)
x2 + px+ qdx+
ˆc− BP
2
x2 + px+ qdx =
=B
2ln(x2 + px+ q) +
ˆC − Bp
2
(x− p2 )2 + q − p2
4︸ ︷︷ ︸>0
dx =
=b
2ln(x2 + px+ q) +
ˆC − B
2
q − p2
4
dx(x− p2√q− p24
)2
+ 1︸ ︷︷ ︸=arctan
=
218
=b
2ln(x2 + px+ q) +
C − B2
q − p2
4
√q − p2
4︸ ︷︷ ︸innere
Ableitungvon arctan
arctan
x− p2√
q − p2
4
=
=b
2ln(x2 + px+ q) +
C − B2
q − p2
4
arctan
x− p2√
q − p2
4
Beispiel 66.
gesucht:
ˆx3 + 3x2 − 7x+ 5
(x− 1)2(x2 + 2x+ 5)dx
PBZ :x3 + 3x2 − 7x+ 5
(x− 1)2(x2 + 2x+ 5)=
A
x− 1+
B
(x− 1)2+
Cx+D
x2 + 2x+ 5︸ ︷︷ ︸= C′x+1+2i+
Cx+1−2i
x3 + 3x2 − 7x+ 5
x2 + 2x+ 5= A(x− 1) +B + (x− 1)2
1
4=
1 + 3− 7 + 5
1 + 2 + 5= B
diff:(3x2 + 6x− 7)(x2 + 2x+ 5)− (x3 + 3x2 − 7x+ 5)(2x+ 2)
(x2 + 2x+ 5)2= A+ (x− 1)
x = 1 :16− 8
64=
8
64=
1
8= A
x3 + 3x2 − 7x+ 5
(x− 1)2= Cx+D + (x2 + 2x+ 5)
x = −1 + 2i⇔ x2 = −3− 4i⇔ x3 = 11− 2i⇔ (x− 1)2 = −8i
11− 2i+ (−9)− 12i+ 7− 14i+ 5
−8i=
14− 28i
−8i=
7− 14i
4i=
14 + 7i
4=
= −D +D + 2iC ⇔ 2C =7
4⇔ C =
7
8
−C +D =7
2⇔ D =
7
2+
7
8=
35
8x3 + 3x2 − 7x+ 5
(x− 1)2(x2 + 2x+ 5)=
1
8(x− 1)+
1
4(x− 1)2+
7(x+ 5)
8(x2 + 2x+ 5)ˆx3 + 3x2 − 7x+ 5
(x− 1)2(x2 + 2x+ 5)dx =
1
8ln(|x− 1|
)− 1
4
1
x− 1+
7
16
ˆ2x+ 2 + 8
x2 + 2x+ 5dx =
=1
8ln(|x− 1|
)− 1
4
1
x− 1+
7
16ln(x2 + 2x+ 5) +
7
8
ˆdx
(x+ 1)2 + 4=
=1
8ln(|x− 1|
)− 1
4
1
x− 1+
7
16ln(x2 + 2x+ 5) +
7
8
ˆdx(x+1
2
)2 + 1 =
=1
8ln(|x− 1|
)− 1
4
1
x− 1+
7
16ln(x2 + 2x+ 5) +
7
8arctan
(x+ 1
2
)2
· 2 + E
219
Standardsubstitution Im Folgenden bezeichnet R(·, ·, ·) immer einen ratio-nalen Ausdruck in den Variablen
1. ˆR(eax) dx =
ˆR(t)
dt
at
t = eax ⇒ dt = aeax dx ⇒ dt
aeax=
dt
at
Beispiel 67.
ˆdx
cosh(x)=
ˆ2dx
ex + e−xdx =
ˆ2dt
(t+ 1t )t
=
ˆ2dt
t2 + 1=
= 2 arctan(t) + C = 2 arctan(ex) + C
t = ex ⇒ dx =dt
t
2.ˆR(x,
n√ax+ b︸ ︷︷ ︸t
)dx =
ˆR
(tn − ba
, t
)1
antn−1dt
ax+ b = tn ⇒ x =tn − ba
dx =1
antn−1dt
3. ˆR(x,√x+ a,
√x+ b
)dx (a>b)(√
x+ a+√x+ b︸ ︷︷ ︸
t√a−b
)·(√
x+ a−√x+ b︸ ︷︷ ︸
√a−bt
)= a− b
√x+ a+
√x+ b = t
√a− b
√x+ a−
√x+ b =
√a− bt
√x+ a =
√a− b2
(t+
1
t
)und√x+ b =
√a− b2
(t− 1
t
)x+ a =
a− b4
(t2 + 2 +
1
t2
)und x+ b =
a− b4
(t2 − 2 +
1
t2
)x =
a− b4
(t2 +
1
t2
)− a+ b
2und x =
a− b4
(t2 +
1
t2
)− a− b
4− 4b
4
dx =a− b
2
(t− 1
t3
)dt
220
ˆR(x,√x+ a,
√x+ b
)dx =
=
ˆR
(a− b
4
(t2 +
1
t2
)− a+ b
2,
√a− b2
(t+
1
t
),
√a− b2
(t− 1
t
))· a− b
2
(t− 1
t3
)dt
4. ˆR(x,√ax2 + bx+ c
)dx
√ax2 + bx+ c =
√|a|
√sng(a)x2 +
b
|a|x+
c
|a|=
=
√a
(x+
b
2a
)2
+ c− b2
4a=
√a
(x+
b
2a
)2
+4ac− b2
4a=
=√|a| ·
√sng(a)
(x+
b
2a
)2
+ sng(a)
(4ac− b2
4a2
)√y2 +D2,
√y2 −D2,
√−y2 +D2,
√−y2 −D2 3 C
(a)
ˆR(x,√x2 + 1
)dx =
ˆR(
sinh(t), cosh(t))
cosh(t)︸ ︷︷ ︸R(et)
dt
x = sinh(t), dx = cosh(t)dt
y =√x2 + 1⇔ y2 − x2 = 1 ⇔ (Y −X)︸ ︷︷ ︸
t
(Y +X)︸ ︷︷ ︸1t
= 1
x =1
2
(t− 1
t
)und y =
1
2
(t+
1
t
)ˆR(x,√x2 + 1
)dx =
ˆR
(1
2
(t− 1
t
),
1
2
(t− 1
t
))· 1
2
(1 +
1
t2
)dt
Beispiel 68.
ˆ √x2 + 1dx =
ˆcosh(t)2dt =
ˆ1
2+
1
2cosh(2t)dt =
x = sinh(t) ←→ dx = cosh(t)dt
cosh(2t) = 2 cosh(t)2 − 1 ←→ cosh(t)2 = 1+cosh(2t)2
=t
2+
1
4sinh(2t)︸ ︷︷ ︸
2 sinh(t) cosh(t)︸ ︷︷ ︸12 sinh(t) cosh(t)
+C =1
2arcsin(x) +
3
2x√x2 + 1 + C
221
(b)
ˆR(x,√x2 − 1
)dx =
ˆR (cosh(t), sinh(t)) sinh(t)︸ ︷︷ ︸
R(et)
dt
x = cosh(t), dx = sinh(t)dt,√x2 − 1 = sinh(t)
oder:√x2 − 1 = y2 ⇔ x2 − y2 = 1 = (x− y)︸ ︷︷ ︸
t
(x+ y)︸ ︷︷ ︸1t
x =1
2
(t+
1
t
)und y =
1
2
(t− 1
t
)und dx =
1
2
(t− 1
t2
)dt
ˆR
(1
2
(t+
1
t
),
1
2
(t− 1
t
))1
2
(1− 1
t2
)dt
Beispiel 69.
ˆdx√x2 − 1
=
ˆ1
12
(t− 1
t
) · 1
2
(1− 1
t2
)dt =
ˆt2 − 1
(t2 − 1)tdt = ln
(|t|)
+ C = ...
x =1
2
(t+
1
t
),√x2 + 1 =
1
2
(t− 1
t
), dx =
1
2
(t− 1
t2
), t = x+
√x2 − 1
... = ln(|x2 +
√x2 − 1
)+ C = arcCosh(x) + C = cosh−1(x) + C
(c)
ˆR(∣∣∣x2 +
√x2 − 1
∣∣∣) dx =
ˆR(
sin(t), cos(t))
cos(t)︸ ︷︷ ︸R(sinh(t),cosh(t)
dt
x = sin(t), dx = cos(t)dt,√
1− x2 = cos(t), y =√
1− x2
⇒ y2 + x2 = 1
⇒ Einheitskreis
222
−1 1
−1
1y = t(x+ 1)
Gerade mit Steigung t durch (−1, 0)
(−1, 0)
(x, y)
Die Gerade schneidet den Kreis in zwei Punkten ((−1, 0), ?)
x2 + t2(x+ 1)2 = 1
x2(1 + t2) + 2xt2 + t2 − 1 = 0
((1 + t2)x2 + 2t2x+ t2 − 1) : (x+ 1) = (1 + t2)x+ (t2 − 1)
−((1 + t2)x2 + (1 + t2)x)(t2 − 1)x+ (t2 − 1)
0 R
x =1− t2
1 + t2, y = t
(1− t2
1 + t2+ 1
)=
2t
1 + t2,
dx =−2t(1 + t2)− 2t(1− t2)
(1 + t2)2dt = − 4t
(1 + t2)2dt
ˆR(x,√
1− x2)dx = −
ˆR
(1− t2
1 + t2,
2t
1 + t2
)4t
(1 + t2)2dt
ˆx√
1− x2dx = −
ˆ 1−t21+t2
2t1+t2
· 4t
(1 + t2)2dt = −2
ˆ1− t2
(1 + t2)2dt (10.4)
1− t2
(1 + t2)2=
A
(t+ i)2+
B
(t− i)2+Ct+D
t2 + 1/(1 + t2)2
1− t2 = A(t− i)2 +B(t+ i)2 + Ct+D(t2 + 1) /t = i
223
2 = −4B ⇔ B = −1
2= A
−2t = 2A(t− i) + 2B(t+ i) + C(t2 + 1) + (Ct+D)(2t) /t = i
−2i = 4Bi+ (Ci+D)2i ⇔ −2i = −2i+ (Ci+D)2i⇔ Ci+D = 0
(10.4) =
ˆ (1
(t+ i)2+
1
(t− i)2
)dt =
= − 1
t+ i− 1
t− i+D =
−2t
t2 + 1+D = −
√1− x2 +D
5. ˆR(
cos(x), sin(x))dx
t = tan(x
2
), x = 2 arctan(t), dx =
2
1 + t2ˆR
(1− t2
1 + t2,
2t
1 + t2
)2
1 + t2dt
Beispiel 70.
ˆdx
cos(x)=
ˆ1 + t2
1− t2· 2
1 + t2dt =
ˆ (− 1
−t− 1· 1
t+ 1
)=
= ln
(∣∣∣∣ t+ 1
t− 1
∣∣∣∣)+ c = ln
(∣∣∣∣∣ tan(x2
)+ 1
tan(x2
)− 1
∣∣∣∣∣)
+ c = ln
(∣∣∣∣∣ sin(x2
)+ cos
(x2
)sin(x2
)− cos
(x2
) ∣∣∣∣∣)
+ c
t = tan(x
2
), dx =
2
1 + t2dt
224
xx2
x2
10.3 Integration von normal konvergenten Reihen
Satz 10.6. fn : [a, b]→ C sei eine Regelfunktion und f(x) =∞∑n=0
fn(x) normal konvergent. Dann
ist f eine Regelfunktion und:
b
a
f(x)dx =
∞∑n=0
b
a
fn(x) dx
[Integration und Reihensummation durfen vertauscht werden
]
225
Beweis.
∞∑n=0
‖fn‖ <∞, ε > 0⇒ ∃N ∈ N :
∞∑n=N+1
‖fn‖ <ε
2
⇒
∣∣∣∣∣f(x)−∞∑n=0
fn(x)
∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∞∑
n=N+1
fn(x)
∣∣∣∣∣ ≤∞∑
n=N+1
‖fn‖ <ε
2
∞∑n=0
fn(x) ⇒ ∃ϕ Treppenfunktion:
∣∣∣∣∣N∑n=0
fn(x)− ϕ(x)
∣∣∣∣∣ < ε
2
⇒ ‖fn(x)− ϕ(x)‖ ≤
∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣f(x)−
N∑n=0
fn(x)
∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣+
∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣N∑n=0
fn(x)− ϕ(x)
∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣ < ε
das heißt: ∀ε > 0 : ∃ϕ Treppenfunktion: ‖f − ϕ‖ < ε ⇒ f ist Regelfunktion∣∣∣∣∣∣bˆ
a
f(x)dx−N∑n=0
bˆ
a
fn(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
2(b− a)
∀ε > 0, ∃N0 ∈ N : ∀N ≥ N0 :∣∣∣∣∣∣bˆ
a
f(x)dx−n∑n=0
bˆ
a
fn(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
2(b− a) ⇐⇒
∞∑n=0
bˆ
a
fn(x)dx =
bˆ
a
f(x)dx
Normal konvergente Reihen von Regelfunktionen sind Regelfunktionen
Beispiel 71.
2πˆ
0
√a2 cos(t)2 + b2 sin(t)2dt =
[a > b > 0
]
=
2πˆ
0
√a2 cos(t)2 + a2 sin(t)2︸ ︷︷ ︸
a2
+(b2 − a2) sin(t)2dt =
= a
2πˆ
0
√1 +
a2 − b2a2
sin(t)2dt =
[√
1− x =
∞∑n=0
( 12
n
)(−1)nxn,
∣∣∣∣( 12
n
)∣∣∣∣ ≤ c
n32
]
= a
2πˆ
0
∞∑n=0
( 12
n
)(−1)nk2n sin(t)2ndt =
226
= a
∞∑n=0
( 12
n
)(−1)nk2n
2πˆ
0
sin(t)2ndt
︸ ︷︷ ︸=4·π2 ·
1·3·5·...·(2n−1)2·4·...·2n
=
= 2πa
∞∑n=0
( 12
n
)(−1)nk2n 1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1)
2 · 4 · ... · 2n=[
n ≥ 1 :
( 12
n
)=
12 ·(
12 − 1
)· ... ·
(12 − n+ 1
)n!
=1
2· 1
2n−1(−1)n−1 1 · 3 · ... · (2n− 3)
n!
]
= 2πa− 2πa
∞∑n=1
(1 · 3 · ... · (2n− 1)
2 · 4 · ... · 2n
)2k2n
2n− 1
10.4 Das Integral von Riemann; das Riemann-Integral
Definition 10.7. i) f : [a, b]→ C, Sei Z = {a = x0, x1, ..., xn = b} Zerlegung.Ξ = {ξ0, ξ1, ..., ξn−1} die zugehorige Menge von Stutzstellen.(das heißt: ξi ∈ [xi, xi+1]
), dann heißt R(f,Z,Ξ) =
n−1∑i=0
f(ξi) (xi+1 − xi)︸ ︷︷ ︸∆xi
Riemann-Summe
zur Zerlegung Z mit den Stutzstellen Ξ.
ii) ‖Z‖ = max{xi+1 − xi
∣∣ i = 0, 1, ..., n− 1}
heißt die Feinheit der Zerlegung.
Satz 10.7. f : [a, b] → C sei eine Regelfunktion. Dann ∃δ > 0, ∀ε > 0: ∀Z : ‖Z‖ < δ undfur alle Ξ gilt ∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−
bˆ
a
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
a = x0 x1ξ0 xn−1 xnξn−1
227
Beweis. Zeige den Satz zuerst fur Treppenfunktionen:
Induktionsanfang: m=1:∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−bˆ
a
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∣∣f(ξj)∆xj −xj+1ˆ
xj
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣∣ ≤ 2‖f‖∆xj ≤
≤ 2‖f‖ · ‖Z‖ das heißt: fur δ =ε
2‖f‖
gilt die Aussage des Satzes.
Induktionsschritt: Sei ϕ eine Treppenfunktion. Dann ϕ = ϕ1︸︷︷︸m-1 Sprungstellen
+ ϕ2︸︷︷︸1 Sprungstellen
Dann ∃δ1 > 0 : ∣∣∣∣∣∣R(ϕ1,Z,Ξ)−bˆ
a
ϕ1(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
2
fur ‖Z‖ < δ1 und δ2 > 0 :
∣∣∣∣∣∣R(ϕ2,Z,Ξ)−bˆ
a
ϕ2(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
2
fur: ‖Z‖ < δ2,
∣∣∣∣∣∣R(ϕ,Z,Ξ)−bˆ
a
ϕ(x)dx
∣∣∣∣∣∣ ≤≤
∣∣∣∣∣∣R(ϕ1,Z,Ξ)−bˆ
a
ϕ1(x)dx
∣∣∣∣∣∣+
∣∣∣∣∣∣R(ϕ2,Z,Ξ)−bˆ
a
ϕ2(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
2+ε
2= ε
wenn ‖Z‖ < min(δ1, δ2)
⇒ gilt fur Treppenfunktion ϕ. Sei f eine Regelfunktion, dann ∃ϕ Trep-penfunktion: ‖f − ϕ‖ < ε
3(b−a) zu ϕ gibt es ein δ > 0 : ∀Z : ‖Z‖ < δ :∣∣∣∣∣∣R(ϕ,Z,Ξ)−bˆ
a
ϕ(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
3∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−bˆ
a
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣R(f,Z,Ξ)−R(ϕ,Z,Ξ)︸ ︷︷ ︸
< ε3
∣∣∣++
∣∣∣∣∣∣R(ϕ,Z,Ξ)−bˆ
a
ϕ(x)dx
∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε
3
+
∣∣∣∣∣∣bˆ
a
ϕ(x)dx−bˆ
a
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸= ε
3(b−a) (b−a)
<
<ε
3+ε
3+
ε
3(b− a)(b− a) = ε
228
Definition 10.8. f : [a, b] → C, dann heißt f Riemann-integrierbar mit Integral A ∈ C, wenn∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀Z, ∀Ξ:
‖Z‖ < δ ⇒ |R(f,Z,Ξ)−A| < ε, schreibe:
bˆ
a
f(x)dx = A
Bemerkung 165. f(x) =
{sin(
1x
)x 6= 0
0 x = 0ist keine Regelfunktion. f besitzt kein
Regelintegral. Auf[−1,− ε4
]und
[ε4 , 1]
fur ε > 0 ist f stetig ⇒ regelintegrierbar ⇒Riemann-integrierbar
∃δ > 0 ∀Z :
∣∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−
− ε4ˆ
−1
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣∣ <ε
4auf
[−1,−ε
4
]∣∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−
− ε4ˆ
−1
f(x)dx− 0−1ˆπ4
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣∣ < ε⇒ f ist Riemann-integrierbar
Bemerkung 166. Eine Folge (Zn)n∈N von Zerlegungen heißt ausgezeichnet, wenn limn→∞
(‖Zn‖
)=
0. Wenn (Zn)n∈N eine ausgezeichnete Zerlegung ist und (Ξn)n∈N die zugehorige Folge vonStutzstellen ist, dann gilt fur ein Riemann-integrierbares f :
limn→∞
(R(f,Zn,Ξn)
)=
bˆ
a
f(x)dx
Satz 10.8. Folgenkriteriumf : [a, b]→ C ist eine Regelfunktion, genau dann, wenn fur alle ausgezeichneten Folgen (Zn)n∈Nund alle zugehorigen Stutzstellensysteme (Ξn)n∈N der Grenzwert existiert und gegeben ist durch
limn→∞
(R(f,Zn,Ξn)
)
Bemerkung 167. Haben im letzten Satz gezeigt, dass Regelfunktionen Riemann-integrierbarsind. Damit sind stetige Funktionen und monotone Funktionen Riemann-integrierbar.
229
Definition 10.9.
f : [a, b]→ R, Z = {a =0< x1 < ... < xn = b}mi = mi(f) = inf
{f(x)
∣∣ x ∈ [xi, xi+1]}
Mi = Mi(f) = sup{f(x)
∣∣ x ∈ [xi, xi+1]}
S(f,Z) =
n−1∑i=0
Mi(f)∆xi︸ ︷︷ ︸Obersumme
, S(f,Z) =
n−1∑i=0
mi(f)∆xi︸ ︷︷ ︸Untersumme
von f zur Zerlegung Z
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
mi
Mi
Bemerkung 168.
∀Ξ : S(f,Z) ≤ R(f,Z,Ξ) ≤ S(f,Z)
Lemma 9. f : [a, b] → R sei beschrankt, Z1,Z2 Zerlegungen von [a, b], danngilt:
1.
Z1 ⊆ Z2 =⇒ S(f,Z2) ≤ S(f,Z1)S(f,Z2) ≥ S(f,Z1)
2.
S(f,Z2) ≥ S(f,Z1)
Beweis.
230
1.
Z1 = {a = x0 < x1 < ... < xn = b}, Z2 = Z1 ∪ {ξ}, xj < ξ < xj+1
S(f,Z2) =
j−1∑i=0
Mi(f)∆xi + sup{f(x)
∣∣ x ∈ [xj , ξ]}︸ ︷︷ ︸
≤Mj(f)
(ξ − xj)+
+ sup{f(x)
∣∣ x ∈ [ξ, xj+1]}︸ ︷︷ ︸
≤Mj(f)
(xj+1 − ξ) +
n−1∑i=j+1
Mi(f)∆xi ≤
≤j−1∑i=0
Mi(f)∆xi +Mi(f)(ξ − xj + xj+1 − ξ) +
n−1∑i=j+1
Mi(f)∆xi =
= S(f,Z1)
2.
S(f,Z1) ≤︸︷︷︸1.
S(f,Z1 ∪ Z2) ≤︸︷︷︸mi(f)≤Mi(f)
S(f,Z1 ∪ Z2) ≤︸︷︷︸1.
S(f,Z2)
Definition 10.10. f : [a, b]→ R sei beschrankt.
bˆ
a
f(x)dx = inf{S(f,Z)
∣∣ Z} heißt das obere Riemann-Darboux Integral von f.
b
a
f(x)dx = sup{S(f,Z)
∣∣ Z} heißt das untere Riemann-Darboux Integral von f.
Definition 10.11. f : [a, b]→ R sei beschrankt und heißt Riemann-Darboux integrierbar, wenn
b
a
f(x)dx =
bˆ
a
f(x)dx
schreibe
bˆ
a
f(x)dx fur den gemeinsamen Wert
Satz 10.9. Riemannsches Integrabilitatskriteriumf : [a, b]→ R sei beschrankt, f ist Riemann-Darboux integrierbar ⇔ ∀ε > 0, ∃Z :S(f,Z)− S(f,Z) < ε
231
Beweis.
”⇒”
f sei Riemann-Darboux integrierbar: A =
b
a
f(x)dx =
bˆ
a
f(x)dx, ε > 0
∃Z1 : S(f,Z1) > A− ε
2, ∃Z2 : S(f,Z2) < A+
ε
2, Z = Z1 ∪ Z2
S(f,Z)− S(f,Z) ≤ S(f,Z2)− S(f,Z1) <(A+
ε
2
)−(A− ε
2
)= ε
”⇐”
∀ε > 0 : ∃Z : S(f,Z)− S(f,Z) < ε
0 ≤
bˆ
a
f(x)dx−b
a
f(x)dx ≤ S(f,Z)− S(f,Z) < ε
⇒
bˆ
a
f(x)dx−b
a
f(x)dx = 0
S(f,Z1) ≤ S(f,Z2)
sup(S(f,Z1)
)≤ inf
(S(f,Z1)
)=
bˆ
a
f(x)dx
Beispiel 72.
f(x) =
{1 x ∈ Q0 x ∈ R \Q
Z = Zerlegung von [0, 1]
S(f,Z) = 1, S(f,Z) = 0
Spekulation: Q ∩ [0, 1] = {v1, v2, ...}
f(x) =
∞∑n=1
1{vn}(x)
1ˆ
0
f(x)dx =
∞∑n=1
1ˆ
0
1{vn}(x)dx = 0 Lebesque
232
Satz 10.10. f : [a, b]→ R sei beschrankt. f ist Riemann integrierbar ⇔ f ist Riemann-Darbouxintegrierbar.
Beweis.
”⇒”
supΞ
(R(f,Z,Ξ)
)= S(f,Z), inf
Ξ
(R(f,Z,Ξ)
)= S(f,Z)
∃A ∈ R, ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀Z,Ξ : ‖Z‖ < δ ⇒ |R(f,Z,Ξ)−A| < ε
2Sei Z Zerlegung mit ‖Z‖ < δ
∀Ξ : A− ε
2< R(f,Z,Ξ) < A+
ε
2
da infΞ
(S(f,Z)
)≥ A− ε
2und sup
Ξ
(S(f,Z)
)≤ A+
ε
2
das heißt: S(f,Z)− S(f,Z) < ε fur ‖Z‖ < δ
⇒ f ist Riemann integrierbar
”⇐” Verwende dafur folgendes Lemma:
Lemma 10. Sei f : [a, b]→ R beschrankt, dann gilt ∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀Z :
‖Z‖ < δ ⇒ S(f,Z) <
bˆ
a
f(x)dx+ ε, S(f,Z) >
b
a
f(x)dx− ε
Beweis.
ε > 0, M = ‖f‖ = sup{|f(x)|∣∣x ∈ [a, b]}
∃Z1 : S(f,Z1) <
bˆ
a
f(x)dx+ε
2, δi = min
i(∆x
(1)i )
δ = min(δ1,ε
6M) n1 = #Z1
Z mit ‖Z‖ < δ, Z2 = Z ∪ Z1
S(f,Z) =∑i
Mi(f)∆xi =∑i∈k′
Mi(f)∆xi +∑i∈k′′
Mi(f)∆xi
k’ ... Intervalle der Zerlegung, die einen Punkt von Z1 im Inneren enthalten
k” ... Intervalle der Zerlegung, die keinen Punkt von Z1 im Inneren enthalten
Def. δ⇒ enthalten k’ genau einen Punkt von Z im Inneren⇒ #k′ ≤ n1
S(f,Z2) =∑i
M(2)i (f)∆x
(2)i =
∑i∈k′2
M(2)i (f)∆xi +
∑i∈k′′2
M(2)i (f)∆xi
233
k′2 ... Intervall von Z2, entstanden aus Z durch Teilung eines Puntkes von Z1
k′′2 ... Intervall von Z2, die auch in Z vorkommen
0 ≤ S(f,Z)− S(f,Z2) =
=∑i∈k′
Mi(f)∆xi +∑i∈k′′
Mi(f)∆xi −∑i∈k′2
M(2)i (f)∆x
(2)i −
∑i∈k′′2
M(2)i (f)∆x
(2)i ≤
≤M · n1 · δ +M · δ · ”n1 = 3Mn1δ ≤ 3Mn1ε
6Mn1=ε
2
S(f,Z)− S(f,Z2) <ε
2
S(f,Z2) ≤ S(f,Z) < S(f,Z2) +ε
2≤ S(f,Z1) +
ε
2
S(f,Z2) ≤ S(f,Z1) <
bˆ
a
f(x)dx+ε
2+ε
2
das heißt: S(f,Z) <
bˆ
a
f(x)dx+ ε
Zuruck zu”⇐”
ε > 0Lemma
10⇒ ∃δ > 0 : ∀Z : ‖Z‖ < δ ⇒ S(f,Z) <
bˆ
a
f(x)dx+ε
2
S(f,Z) >
b
a
f(x)dx− ε
2
b
a
f(x)dx− ε
2≤ S(f,Z) ≤ R(f,Z,Ξ) ≤ S(f,Z) <
bˆ
a
f(x)dx+ε
2
⇒
∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−bˆ
a
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
2< ε
⇒ f ist Riemann-Darboux-integrierbar
Bemerkung 169. Regelintegral: f : [a, b]→ C ∀ε > 0 ∃ϕ Treppenfunktion:
‖f − ϕ‖ < ε
‖f‖1 =
bˆ
a
|f(x)|dx
234
ist Pseudo-Norm auf den Riemann integrierbaren Funktionen.
I
f (−1)(I)
f ist Riemann integrierbar, wenn ∀ε > 0, ∃ϕ Treppenfunktion: ‖f − ϕ‖1 < ε
∑i
xiλ(f−1(Ii)) ≈bˆ
a
f(x)dx (λ = Lange)
Integration von Funktionen auf nicht kompakten Intervallen sind uneigentliche Integrale.Sei f : (a, b)→ C eine Regelfunktion ⇒ Approximationssatz gilt nicht mehr.
Definition 10.12. Sei f : (a, b)→ C eine Regelfunktion, dann heißt das Integral
bˆ
a
f(x)dx konvergent, wenn: limα→a+
limβ→b−
β
α
f(x)dx
existiert
Bemerkung 170. c ∈ (a, b)
β
α
f(x)dx =
cˆ
α
f(x)dx+
β
c
f(x)dx
Daher konnen die beiden Limiten getrennt betrachtet werden.
235
Bemerkung 171.
∞
a
f(x)dx = limT→∞
T
a
f(x)dx
wenn der Limes existiert.
Beispiel 73.
1ˆ
0
dx√1− x2
Regelfunktion auf [0, 1)
T
0
dx√1− x2
= arcsin(x)
∣∣∣∣T0
= arcsin(T )
⇒ limT→1−
(arcsin(T )
)= arcsin(1) =
π
2
Satz 10.11. Cauchy-Kriterium fur uneigentliche IntegraleSei
f : [a, b)→ C eine Regelfunktion[b ∈ R ∪ {∞}
]. Dann konvergiert
b
a
f(x)dx genau dann, wenn:
• b ∈ R :
∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x1, x2 ∈ (b− δ, b) :
∣∣∣∣∣∣x2ˆ
x1
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
• b =∞ :
∀ε > 0, ∃M : ∀x1, x2 > M :
∣∣∣∣∣∣x2ˆ
x1
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
Beweis. b ∈ R :
F (x) =
xˆ
a
f(ξ)dξ
∃ limx→b−
(F (x)
)⇐⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x1, x2 ∈ (b− δ, b) :
|F (x2)− F (x1)| < ε
236
Satz 10.12. Majorantenkriterium fur uneigentliche IntegraleSeien f, g : [a, b) → C Regelfunktionen und ∀x ∈ [a, b) gelte |f(x)| ≤ |g(x)|. Dann konvergiertb
a
f(x)dx
︸ ︷︷ ︸A
, wenn
b
a
g(x)dx
︸ ︷︷ ︸B
konvergiert.
Negation: Wenn A divergiert ⇒ B divergiert.
Beweis. Sei G(x) =x
a
|g(ξ)|dξ undb
a
|g(x)|dx konvergiere ⇒ ∃ limx→b−
(G(x))
∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x1, x2 ∈ (b− δ, b) [x1 < x2] :
x2ˆ
x1
|g(x)|dx < ε⇒
⇒
∣∣∣∣∣∣x2ˆ
x1
f(x)dx
∣∣∣∣∣∣ ≤x2ˆ
x1
|f(x)|dx ≤x2ˆ
x1
|g(x)|dx < ε⇒x2ˆ
x1
konvergiert
Definition 10.13. f : (a, b)→ C sei eine Regelfunktion. Das Integral
bˆ
a
f(x) dx
konvergiert absolut, wenn
ˆ b
a
|f(x)|dx
konvergiert. Das heißt:
bˆ
a
|f(x)|dx <∞
Satz 10.13. Wenn
bˆ
a
f(x) dx
absolut konvergiert, dann konvergiert es auch.
237
Beispiel 74.
1.
1ˆ
0
dx
xα
1ˆ
0
dξ
ξα=
1
1− αξ1−α
∣∣∣∣1x
=1− x1−α
1− α,
∃ limx→0+
(x1−α) ⇐⇒ 1− α > 0 ⇐⇒ α < 1
1ˆ
0
dx
xαkonvergiert ⇐⇒ α < 1
2.
∞
1
dx
xα
∞
1
dξ
ξα=
1
1− αξ1−α
∣∣∣∣x1
=1− xα − 1
1− α,
∃ limx→∞
(x1−α) ⇐⇒ 1− α < 0 ⇐⇒ α > 1
∞
1
dx
xαkonvergiert ⇐⇒ α < 1
3.
∞
0
e−αxdx,
xˆ
0
e−αξdξ =1− e−αx
α=
1
α⇐⇒ α > 0 ⇐⇒ ∃ lim
4.
∞
0
xαe−xdx =
1ˆ
0
xαe−xdx
︸ ︷︷ ︸(1)
+
∞
1
xαe−xdx
︸ ︷︷ ︸(2)
238
(1)
e−1xα ≤ xαe−x ≤ xα fur x ∈ (0, 1]
⇒1ˆ
0
xαe−xdx konvergiert ⇐⇒1ˆ
0
xαdx konvergiert ⇐⇒ α > −1
(2)
∞
1
xαe−x2 e−
x2 dx
limx→∞
(xαe−x2 ) = 0
⇒ ∃c > 0 : ∀x ∈ [1,∞) und xαe−x2 ≤ c,
xαe−x2 e−
x2 ≤ ce− x2
∞
1
ce−x2 dx konvergiert ⇐⇒
∞
1
xαe−xdx konvergiert,
das heißt: konvergiert ⇐⇒ α > 1
5.
∞
0
sin(x)
xdx =
1ˆ
0
sin(x)
xdx+
∞
1
sin(x)
xdx
∣∣∣∣ sin(x)
x
∣∣∣∣ ≤ 1
x
⇒∞
1
dx
xkonvergiert nicht E
xˆ
1
sin(ξ)
ξdξ =
− cos(ξ)
ξ︸ ︷︷ ︸cos(1)x→∞
∣∣∣∣∣x
1
−xˆ
1
cos(ξ)
ξ2dξ
︸ ︷︷ ︸∣∣∣ cos(ξ)ξ2
∣∣∣≤ 1ξ2
∞
1
dξ
ξ2konvergiert ⇒
∞
1
sin(x)
xdx konvergiert
6.
1ˆ
0
ln(x)dx = limx→0+
1ˆ
x
ln(ξ)dξ
= limx→0+
([ξ ln(ξ)− ξ
]1x
)=
= limx→0+
(−1 + x− x ln(x)) = −1
239
Satz 10.14. Integralkriterium fur ReihenSei f : [0,∞]→ R monoton fallend und lim
x→∞
(f(x)
)= 0, dann:
∞∑n=0
f(n) konvergiert ⇐⇒∞
0
f(x)dx konvergiert
Beweis.
N∑n=0
f(n)[n ≤ x ≤ n+ 1
monotonfallend⇒ f(n) ≥ f(x) ≥ f(n+ 1)
]
⇒ f(n+ 1) ≤n+1ˆ
n
f(x)dx ≤ f(n)
N∑n=0
f(n) ≤ f(0) +
N∑n=0
n+1ˆ
n
f(x)dx = f(0) +
N+1ˆ
0
f(x)dx ≤ f(0) +
∞
0
f(x)dx
︸ ︷︷ ︸konvergiert
dann sind die Partialsummen der Reihe mit positiven Gliedern beschrankt unddaher konvergiert die Reihe
N∑n=0
f(n) ≥N∑n=0
n+1ˆ
n
f(x)dx =
N
0
f(x)dx, sei
N∑n=0
f(n) konvergent, dann gilt
∞∑n=0
f(n) ≥N
0
f(x)dx
︸ ︷︷ ︸monotonwachsend
= limn→∞
N
0
f(x)dx
∃
240
10.5 Das Integralrestglied in der Taylorformel
Satz 10.15. Sei f : [a, b] → C n-mal stetig differenzierbar und f (n+1) sei eine Regelfunktion.Dann gilt fur x, x0 ∈ [a, b]
f(x) = Tn(f, x0;x) +
xˆ
x0
(n− t)n
n!f (n+1)(t)dt
Beweis.
f(x) = f(x0) +
xˆ
x0
f ′(t)dt = f(x0) +
xˆ
x0
1︸︷︷︸u
· f ′(t)︸︷︷︸v′
dt =
= f(x0) + (t− x)f ′(t)
∣∣∣∣xx0
−xˆ
x0
(t− x)f ′(t)dt = f(x0) + (x− x0)f ′(x0) +
xˆ
x0
(x− t)f ′′(t)dt
Ind : IV : f(x) = Tn−1(f, x0;x) +
xˆ
x0
(x− t)n−1
(n− 1)!︸ ︷︷ ︸u′
f (n)(t)︸ ︷︷ ︸v
dt
Tn−1(f, x0;x) +
(− (x− t)n
n!
)· f (n)(t)
∣∣∣∣xx0︸ ︷︷ ︸
f(n)(x0)n! (x−x0)n
+
xˆ
x0
(x− t)n
n!f (n+1)(t)dt =
= Tn(f, x0;x) +
xˆ
x0
(x− t)n
n!f (n+1)(t)dt
Bemerkung 172. Wennf (n+1) stetig ist, dann ergibt der Hauptsatz der Integralrechnungden Satz von Taylor mit Restglied nach Lagrange.
241
10.6 Die Euler-MacLaurin’sche Summenformel
Wollen Summen als Integral schreiben
n+1ˆ
n
f(x)dx =
n+1ˆ
n
1 · f(x)dx =
(x− n− 1
2
)f(x)
∣∣∣∣n+1
n
−n+1ˆ
n
(x− n− 1
2
)f ′(x)dx =
=f(n+ 1)
2+f(n)
2−
n+1ˆ
n
(x− n− 1
2
)f ′(x)dx
⇐⇒ 1
2f(n) +
1
2f(n+ 1) =
n+1ˆ
n
f(x) +
n+1ˆ
n
x− n︸︷︷︸bxc
−1
2
f ′(x)dx
N∑n=0
(1
2f(n) +
1
2f(n+ 1)
)=
N
0
f(x)dx+
N
0
(x− bxc − 1
2
)f ′(x)dx
1
2f(0) +
N−1∑n=1
f(n) +1
2f(N) =
N
0
f(x)dx+
N
0
(x− bxc − 1
2
)f ′(x)dx
N∑n=0
f(n) =1
2f(0) +
1
2f(N)−
N
0
f(x)dx+
N
0
(x− bxc − 1
2
)f ′(x)dx
x− bxc := {x} ... heißt Bruchteil von x
Beispiel 75.
N∑n=1
1
n=
N
1
1
xdx
︸ ︷︷ ︸ln(N)
+1
2+
1
2
1
N−
N
1
({x} − 1
2
)1
x2dx =
= ln(N) +1
2−
N
0
({x} − 1
2
)dx
x2−∞
N
({x} − 1
2
)dx
x2−∞
N
({x} − 1
2
)dx
x2︸ ︷︷ ︸konvergiert, da |({x}− 1
2 ) 1x2|≤ 1
2x2
+1
2N=
= ln(N) +1
2−∞
1
({x} − 1
2
)dx
x2︸ ︷︷ ︸:=γ
+
∞
N
({x} − 1
2
)dx
x2+
1
2N︸ ︷︷ ︸≤∞
N
12x2
dx= 12N
⇒N∑n=1
1
n= ln(N) + γ +Rn mit 0 < Rn ≤
1
N
242
γ = limN→∞
(N∑n=1
1
n− ln(N)
)=
1
2−∞
1
({x} − 1
2
)dx
x2︸ ︷︷ ︸≈0,57
= −∞
0
e−x ln(x)dx
Euler-Mascheroni-Konstante
1
2f(0) +
1
2f(1) =
1ˆ
0
f(x)dx+
1ˆ
0
(x− 1
2
)︸ ︷︷ ︸
u′
f ′(x)︸ ︷︷ ︸v
dx =
=
1ˆ
0
f(x)dx+
(x2
2− x
2+ c
)f ′(x)
∣∣∣∣10
−1ˆ
0
(x2
2− x
2+ c
)f ′′(x)dx =
=
1ˆ
0
f(x)dx+ cf ′(1)− cf ′(0)−1ˆ
0
(x2
2− x
2+ c
)f ′′(x)dx (10.5)
es ist gunstig c so zu wahlen, dass
1ˆ
0
(x2
2− x
2+ c
)dx = 0
⇐⇒ x3
6− x2
4+ cx
∣∣∣10
=1
6− 1
4+ c ⇔ c = −1
6+
1
4=
1
12
(10.5) =
1ˆ
0
f(x)dx+1
12(f ′(1)− f ′(0))−
1ˆ
0
(x2
2− x
2+
1
12
)f ′′(x)dx
N∑n=0
f(n) =
N
0
f(x)dx+1
2f(0) +
1
2f(N) +
1
12(f ′(N)− f ′(0))−
N
0
({x}2
2− {x}
2+
1
12
)f ′′(x0) dx
x4
24− x3
12− x2
24+ cx
∣∣∣∣10
=1
24− 1
12− 1
24+ c = 0
243
11 Die Bernoulli-Polynome
B0(x) = 1
B1(x) = x− 1
2Forderung:
B′n(x) = n · Bn−1(x) und
1ˆ
0
Bn(x)dx = 0[n ≥ 1
]Bernoulli-Zahlen
Bn − Bn(0)
1ˆ
0
Bn(x)dx
︸ ︷︷ ︸n≥1
=Bn+1(x)
n+ 1
∣∣∣∣∣1
0
=Bn+1(1)− Bn+1(1)
n+ 1
!= 0⇔ Bn+1(1) = Bn+1(0)
fur n ≥ 2 :
Bn(0) = Bn(1) = Bn
B0 = 1, B1 = −1
2
Bn(x) =
n∑k=0
(n
k
)Bn−kx
k
B′n(x) =
n∑k=1
(n
k
)Bn−kkx
k−1 (11.6)
[k
(n
k
)=
kn!
k!(n− k)!=
n!
(k − 1)!(n− k)!= n
(n− 1)!
(k − 1)!(n− 1− (k − 1))!
]
(11.6) = n
n∑k=1
(n− 1
k − 1
)B(n−1)−(k−1)x
k−1 = nBn−1(x)
Bemerkung 173. Sei (pn(x))n eine Folge von Polynomen mit p0 = 1 undpn(x) = npn−1(x) n ≥ 1. Dann gilt:
244
pn(x) =
n∑k=0
(n
k
)pk(0)xk
∀n ≥ 1 :
1ˆ
0
Bn(x)dx = 0 ⇐⇒ ∀n ≥ 2 : Bn(1) = Bn(0) = Bn
Bn(1) =
n∑k=0
(n
k
)Bn−k = Bn =
n∑k=0
(n
k
)Bk =
n−1∑k=0
(n
k
)Bk +Bn
n−1∑k=0
(n
k
)Bk = 0 =
n−1∑k=0
Bk − nBn−1
Bn−1 = − 1
n
n−2∑k=0
(n
k
)Bk
Bn =1
n+ 1
n−1∑k=0
(n
k
)Bk
Behauptung
|Bk| ≤ k!
|Bk| ≤(
4
5
)kk!
B0 = 1 ≤ 0!
|Bn| ≤1
n+ 1
n−1∑k=0
(n+ 1)!
k!(n+ 1− k)!k! = n!
n−1∑k=0
1
(n+ 1− k)!︸ ︷︷ ︸:=l
= n!
n+1∑l=2
1
l!≤ (l − 2)n! < n!
F (z) =
∞∑n=0
Bnn!︸︷︷︸≤1
z hat Konvergenzradius R ≥ 1
ez − 1
z=
∞∑m=0
zm
(m+ 1)!
F (z) · ez − 1
z=
∞∑n=0
Bnn!zn ·
∞∑m=0
zm
(m+ 1)!=[
k := n+m]
=
∞∑k=0
zk
(k + 1)!
k∑k=0
(k + 1)!
n!(k + 1− n)!Bn︸ ︷︷ ︸
k∑n=0
(k+1n )Bn
=
{0 k ≥ 1
1 k = 0
245
F (z) =z
ez − 1=
∞∑n=0
Bnn!zn
F (z) +z
2=
(z
ez − 1+z
2
)= z
(1
ez − 1+
1
2
)=z(ez + 1)
2(ez − 1)︸ ︷︷ ︸z2ez2 +e
− z2
ez2 −e−
z2
=z2 coth( z2 )
=
=(−z)(e−z + 1)
2(e−z + 1)= F (−z)− z
2⇒ B2n+1 = 0
∀n ≥ 1∞∑n=0
Bn(x)
n!zn =
∞∑n=0
1
n!
n∑k=0
(n
k
)Bn−kx
kzn =
∞∑k=0
(xz)k
k!
∞∑l=0
Bll!zl
[n:=k+l]
= exzz
ez − 1
1
2f(1) +
1
2f(0) =
1ˆ
0
f(x)dx+
1ˆ
0
B1(x)︸ ︷︷ ︸u′
f ′(x)︸ ︷︷ ︸v
dx =
=
1ˆ
0
f(x)dx+B2(x)
2f ′(x)
∣∣∣∣∣1
0
−1ˆ
0
B2(x)
2f ′′(x)dx =
=
1ˆ
0
f(x)dx+B2
2
(f ′(1)− f ′(0)
)− B3(x)
6f ′′(x)
∣∣∣∣∣1
0︸ ︷︷ ︸=0
+
1ˆ
0
B3(x)
6f ′′′(x)dx =
=
1ˆ
0
f(x)dx+
L∑l=1
B2l
(2l)!
(f (2l−1)(1)− f (2l−1)(0)
)+
1ˆ
0
B2l+1(x)
(2L+ 1)!f (2L+1)(x)dx
1
2f(n+ 1) +
1
2f(n) =
=
n+1ˆ
n
f(x)dx+
L∑l=1
B2l
(2l)!
(f (2l−1)(n+ 1)− f (2l−1)(n)
)+
n+1ˆ
n
B2L+1(x− n)
(2L+ 1)!f (2L+1)(x)dx
N−1∑n=0
+ 12 f(0)+ 1
2 f(N)
⇒N∑n=0
f(n) =
N
0
f(x)dx+1
2f(0) +
1
2f(N)+
+
L∑l=1
B2l
(2l)!
(f (2l−1)(N)− f (2l−1)(0)
)+
N
0
B2L+1({x})(2L+ 1)!
f (2L+1)(x)dx
246
Beispiel 76.
ln(N !) =
N∑n=1
ln(n)
f(x) = ln(x) ←→ f ′(x) = 1x
f ′′(x) = − 1x2 ←→ f ′′′(x) = 2
x3
N∑n=1
ln(n) =
xˆ
1
ln(x)dx+1
2ln(1) +
1
2ln(N) +
B2
2!
(1
N− 1
1
)+
N
1
B3({x})3!
2
x3dx =
= x ln(x)−∣∣∣∣N1
+1
2ln(N) +
1
12
(1
N− 1
)+
∞
1
B3({x})3!
2dx
x3−∞
N
B3({x})3!
2dx
x3=
= N ln(x)−N + 1 +1
2ln(N)− 1
12+
1
12N+
∞
1
B3({x})3!
2dx
x3−∞
N
B3({x})3!
2dx
x3=
= N ln(x)−N +1
2ln(N) +
11
12+
∞
1
B3({x})3
dx
x3︸ ︷︷ ︸=:c=?
+1
12N− int∞N
B3({x})3
dx
x3︸ ︷︷ ︸≤max |B3({x})
3 ·∞
N
dxx2︸ ︷︷ ︸
RN
∞
N
dx
x2−→ 2
N2
N ! = ec ·(N
e
)N √NeRN mit Rn −→ 0
pn =2 · 4 · 6 · ... · 2n
1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1)=
(2 · 4 · 6 · ... · 2n)2
(1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1))2=
22n(n!)2
(2n)!
limn→∞
(pn√n
)=√π
limn→∞
(22n(n!)2
(2n)!√n
)=√π
n! = D(n
3
)n√neRn ⇒ lim
n→∞
(22n ·D2n
(ne
)2nne2Rn
D(
2ne
)2n√2n · eR2n ·
√n
)=
D√2
limn→∞
(e2Rn−R2n
)=
D√2
⇒ D√2
=√π ⇔ D =
√2π = ec
N ! =
(N
e
)N √2πN · eRn Stirling’sche Formel
ln(N !) =
N
1
ln(x)dx+1
2
(ln(N) + ln(1)
)+B2
2!
(1
N− 1
)+
N
1
B3({x})3!
2dx
x3
247
B0 = 1, B1 = −1
2, B2 =
1
6, B3 = 0
B3(x) = x3 − 3
2x2 +
1
2x = x
(x− 1
2
)(x− 1) =
= N ln(N)−N +1
2ln(N) +
1
2ln(2π) +
1
12N−∞
N
B3({x})3
dx
x3
∞
N
B3({x})3
dx
x3:
k+1ˆ
k
B3(x− k)
3
dx
x3=
k+1ˆ
k
B3(x− k)
3
dx
x3︸ ︷︷ ︸x=k+u
−k+1ˆ
k
−B3(x− k)
3
dx
x3︸ ︷︷ ︸x=k+1−u
=
=
12ˆ
0
B3({x})3
(u)︸ ︷︷ ︸≥0
(1
(k + u)3− 1
(k + 1− u)3
)︸ ︷︷ ︸
≥0
du ≥ 0
∞
N
B3({x})3
dx
x3≤ 1
36√
3·∞
N
dx
x3=
1
72√
3N2
⇒ ln(N !) :
N ln(N)−N +1
2ln(2πN) +
1
12N− 1
72√
3N2≤ ln(N !) ≤
≤ N ln(N)−N +1
2ln(2πN) +
1
12NN∑n=1
ln(n) =
= N ln(N)−N +1
2ln(N) +
L∑l=1
B2l
(2l)!(2l − 2)!
(1
N2l−1− 1
)+
+1 +
∞
1
B2L+1({x})(2L+ 1)!
(2L)!
x2L+1dx =
= N ln(N)−N +1
2ln(N) + 1−
L∑l=1
B2l
(2l)(2l − 1)+
∞
1
B2L+1({x})2L+ 1
dx
x2L+1︸ ︷︷ ︸= 1
2 ln(2π)
+
+
L∑l=1
B2l
(2l)(2l − 1)
1
N2l−1−∞
N
B2L+1({x})2L+ 1
dx
x2L+1
248
Bemerkung 174.
|Bl(x)| ≤ 2l!
≤2︷︸︸︷ζ(l)
(2π)l, l ≥ 2
ζ(s) =
∞∑n=1
1
ns
|B2l| ≤eigentlich
”=”
2(2l)!ζ(2l)
(2π)2l
L∑l=1
B2l
2l(2l − 1)
1
N2l−1
N∑n=1
ln(n) ∼ N ln(N)−N +1
2ln(2πN) +
∞∑l=1
B2l
2l(l − 1)
1
N2l−1︸ ︷︷ ︸Nach Stop bei festem list der Fehler kleiner,als der l-te Summand
⇐⇒ ∀L : ln(N !) = N ln(N)−N +1
2ln(2πN) +
L∑l=1
B2l
2l(2l − 1)
1
N2l−1+RLN
|RLN | ≤cL
N2L+1
ζ(s) =
∞∑n=1
1
nsfur <(s) > 1 konvergiert die Reihe absolut
f(x) = x−s
f (l)(x) =(−s)(−s− 1) · ... · (−s− l + 1)
xs+l= (−1)l
(s)(s+ 1) · ... · (s+ l − 1)
xs+l
∞∑n=1
1
ns=
N
1
dx
xs+
1
2
(1 +
1
Ns
)+
L∑l=1
B2l
(2l)!s(s+ 1) · ... · (s+ 2l − 1)
(1− 1
Ns+l−1
)−
−N
1
B2L+1({x})(2L+ 1)!
s(s+ 1) · ... · (s+ 2L)dx
xs+2L+1
N →∞ : ζ(s) =1
s− 1︸ ︷︷ ︸s6=1
+1
2+
L∑l=1
B2l
2l
(s+ 2l − 2
2l − 1
)−∞
1
B2L+1({x})(s+ 2L
2L+ 1
)dx
xs+2l+1=
=1
s− 1+
1
2+
L∑l=1
B2l
2l
(s+ 2l − 2
2l − 1
)−(
2 + 2L
2L+ 1
) ∞
1
B2L+1({x}) dx
xs+2L+1︸ ︷︷ ︸konvergiert fur <(s+2L+1)>1,
<(x)>−2L
249
L = 1 : ζ(0) = −1 +1
2+B2
2
(0
1
)−(
2
3
) ∞
1
... = −1 +1
2= −1
2
2L > m ≥ 2L− 2,m ∈ N :
ζ(−m) = − 1
m+ 1+
1
2+
L∑l=1
B2l
2l
(−m+ 2l − 2
2l − 1
)−
−(−m+ 2L
2L
)︸ ︷︷ ︸
=0
∞
1
B2L+1({x}) dx
xm+2L+1
(−m+ 2l − 2
2l − 1
)︸ ︷︷ ︸
≤0
=
=(−m+ 2l − 2)(−m+ 2l − 3) · ... · (−m)
(2l − 1)!= −m(m− 1) · ... · (m− 2l + 2)
(2l − 1)!=
= − (m+ 1)m(m− 1) · ... · (m− 2l + 2)
2l(2l − 1)!
2l
m+ 1= − 2l
m+ 1
(m+ 1
2l
)ζ(−m) = − 1
m+ 1+
1
2− 1
m+ 1
L∑l=1
(m+ 1
2l
)B2l =
= − 1
m+ 1
(B0 +B1
(m+ 1
1
)+
m+1∑l=2
(m+ 1
l
)Bl
)=
= −Bm+1
m+ 1∈ Q
ζ(−2m) = 0 m ≥ 1
∞∑n=1
n = −B2
2= − 1
12⇐⇒
N∑n=1
n− N2
2− CN = − 1
12
↪→ Riemann-Regularisierung
N∑n=1
nm.... Faulhaber
ζ ′(0) = −1
2ln(2π)
lims→1
(ζ(s)− 1
s− 1
)= γ
z
ez − 1=
∞∑n=0
Bnn!zn
z
ez − 1+z
2=
∞∑n=0
B2n
(2n)!z2n
z(ez + 1)
2(ez − 1)=z
2
ez2 + e−
z2
ez2 − e− z2
=z
2coth
(z2
)=
∞∑n=0
B2n
(2n)!z2n
250
z coth(z) =
∞∑n=0
22nB2n
(2n)!z2n
iz coth(iz) = z coth(z) =
∞∑n=0
(−1)n22nB2n
(2n)!z2n
coth(z) =1
2+
∞∑n=1
(−1)n22nB2n
(2n)!z2n−1
tan(z) = cot(z)− 2 cot(2z)
cot(z)− tan(z) =cos(z)
sin(z)− sin(z)
cos(z)= 2
cos(z)2 − sin(z)2
2 sin(z) cos(z)
tan(z) =1
2+
∞∑n=1
(−1)n22nB2n
(2n)!z2n−1 − z
2z− 2
∞∑n=1
(−1)n22nB2n
(2n)!22n−1z2n−1 =
=
∞∑n=1
(−1)n4nB2n
(2n)!(4n − 1)z2n−1
B1
B2
B3B4
B5B6
251
Die Partialbruchzerlegung des Cotangens
cot(z) =1
2+
∞∑n=1
(−1)nB2n
(2n)!4nz2n−1
f(x) = π cot(xπ) fur x ∈ Z nicht definiert, dort hat sie Polstelle, also eine Nenner-Nullstelle
limx→0
(f(x)− 1
x
)= 0
f(x) = π1
πx+ π
∞∑n=1
(−1)nB2n
(2n)!4nπ2n− 1x2n−1
k ∈ Z
limx→k
(f(x)− 1
x− k
)= 0
g(x) =∑k∈Z
1
x− kkonvergiert nicht
gn(x) =
n∑k=−1
1
x− k=
1
x+∑k=1
(1
x− k︸ ︷︷ ︸Z+(+n)
+1
x+ k︸ ︷︷ ︸Z−(−n)
)=
1
x
n∑k=1
2x
x2 − k2
Bemerkung 175. Die Reihe 1x +
∞∑k=1
2xx2−k2 konvergiert normal auf allen kompakten
Teilintervallen von R \ Z.
Beweis.
K ⊆ R \ ZK kompakt ⇒ ∃R : K ⊆ [−R,R]
x ∈ K⇒ |x| < R k ≥ 2 ≥ 2x|
∞∑k=b2Rc+1
2x
x2 − k2(11.7)
∥∥∥∥ 2x
x2 − k2
∥∥∥∥K≤ 2R
k2 − k2
4
=8R
3k2
∞∑k=b2Rc+1
8R
3k2konvergiert, somit konvergiert (11.7) normal
⇒ g(x) =1
x+
∞∑k=1
2x
x2 − k2ist eine auf R \ Z stetige Funktion
Lemma 11. Sei h : R→ R stetig und beschrankt und gelte (11.7) ∀x ∈ R,2h(x) = h
(x2
)+ h
(x+1
2
), dann ist h konstant.
252
Beweis.
m = supx∈R
(h(x)) wenn h(x) die Gleichung (11.7) erfullt, dann auch h(x)+C
1. Fall:
sup = max
m =∣∣h(x0)
∣∣o.B.d.A: h(0) = 0
2m = |2h(x0)| ≤∣∣∣h(x0
2
)∣∣∣+
∣∣∣∣h(x0 + 1
2
)∣∣∣∣ ≤ m+m
⇒ h(x0
2
)= m
⇒ Durch Induktion ∀n ∈ N∣∣∣h(x0
2
)∣∣∣ = m Wegen der Stetigkeit
von h gilt m = limn→∞
(∣∣∣h(x0
2
)∣∣∣) = |h(0)| = 0 ⇒ h(x) = 0 ∀x ∈ R
2. Fall:
sup 6= max
R > 1 : m− ε = max{h(x)|x ∈ R}
∃x0 ∈ R : h(x0) > m− ε
2
2m− ε < 2 |h(x0)| ≤∣∣∣h(x0
2
)∣∣∣+
∣∣∣∣h(x0 + 1
2
)∣∣∣∣ ≤ 2m∣∣∣h(x0
2
)∣∣∣ > m− ε
2oder
∣∣∣∣h(x0 + 1
2
)∣∣∣∣ > m− ε
2
x1 =x0 + u1
2u1 ∈ {0, 1}
durch Anwendung desselben Arguments
x2 =x1 + u2
2u2 ∈ {0, 1}
mit |h(x2)| > m− ε
2durch Induktion
xn =xn−1 + un
2un ∈ {0, 1} |h(xn)| > m− ε
2
=xn−2+un−1
2 + un
2=xn−2
4+un−1
4+un2
......
x0
2n+un2n
+u2
2n−1+
x1
2n−1+ · · ·+ un
2
253
Die Summe allerui
2n−i∈ (0, 1)
⇒ das heißt: fur n, hinreichend groß, gilt |xn| < R
⇒ m− ε ≥ |h(x0)| > m− ε
2E da ε > 0
Korollar 11.0.1. Sei h : R → R stetig und gelte 2h(x) = h(x2
)+ h
(x+1
2
)∀x ∈ R. Wenn h
periodisch ist, dann ist h konstant und beschrankt.
Beweis. Aus Periodizitat und Stetigkeit folgt Beschranktheit, nach Lemma 11,also ist h konstant.
π cot(πx
2
)+ π cot
(π(x+ 1)
2
)=
= πcos(πx2
)sin(πx2
) − π sin(πx2
)cos(πx2
) =
= 2πcos2
(πx2
)− sin2
(πx2
)2 sin
(πx2
)cos(πx2
) = 2π cot(πx)
das heißt π cot(πx) erfullt (11.7)
gn(x) =
n∑k=−n
1
x− k
gn
(x2
)+ gn
(x+ 1
2
)=
n∑k=−n
2
x− 2k+
n∑k=−n
2
x− (2k − 1)=
= 2
2n∑k=2n−1
1
x− k= 2g2n(x) +
2
x+ 2n+ 1
n→∞ : g(x
2
)+ g
(x+ 1
2
)= 2g(x) g erfullt ebenfalls (11.7)
gn(x+ 1)− gn(x) =
n∑k=−n
1
x− (k − 1)−
n∑k=−n
1
x− k=
1
x+ n+ 1− 1
x− n
n→∞ : g(x+ 1)− g(x) = 0 das heißt g ist periodisch mit Periode 1
h(x) = π cot(πx)− g(x) ist periodisch mit Periode 1, erfullt (11.7)
zu zeigen: h(x) ist stetig, da h periodisch, zeige, dass sie stetig an der Stelle 0 ist:
limx→0
π cot(πx)︸ ︷︷ ︸=0
−∞∑k=1
2x
x2 − k2
= 0
Mit der Periodizitat ergibt sich die Stetigkeit von h auf ganz R
254
Wir haben damit
π cot(πx) =1
x+
∞∑k=1
2x
x2 − k2gezeigt ∀x ∈ R \ Z
=1
x+
∞∑k=1
(1
x− k+
1
x+ k
)=
1
x+
∞∑=1
(1
x− k+
1
k+
1
x+ k− 1
k
)=
=1
x+
∑k∈Z\{0}
(1
x− k+
1
k
)
π cot(πx)− 1
x=
∞∑k=1
2x
x2 − k2= −2x
∞∑k=1
1
k2(1− x2
k2
)︸ ︷︷ ︸als geometrische Reihe
=
= −2x
∞∑k=1
1
k2·∞∑n=0
x2n
k2n= −2x
∞∑n=0
x2n ·∞∑k=1
1
k2n+2︸ ︷︷ ︸ζ(2n+2)
=
= −2
∞∑n=0
x2n−1 · ζ(2n)
π
∞∑n=1
(−1)nB2n
(2n)!· 4n(πx)2n−1 =
=
∞∑n=1
x2n−1 (−1)nB2n
(2n)!(2π)2n
ζ(2n) =1
2· (−1)n−1 B2n
(2n)!· (2π)2n
n = 1 : ζ(2) =
∞∑n=1
1
n2=
1
2· 1 · B2
2· 4π2 =
π2
6
n = 2 : ζ(4) =
∞∑k=1
1
n4= −1
2· B4
4!· 16π4 =
π4
20
∞∑n=1
1
n3=? /∈ Q
Bemerkung 176. B2n(−1)n−1 > 0, die geraden Bernoulli-Zahlen haben wechselndeVorzeichen.
255
bisher:
|Bn| ≤ n!
|B2n| = 2(2n)! ζ(2n)︸ ︷︷ ︸≤ζ(2)
· 1
(2π)2n
|B2n| ≤ (2n)!
(π2
3
)1
(2π)2n
π cot(πz) =1
z+
∞∑k=1
2z
z2 − k2gilt fur z ∈ R (11.8)
1
z+
∞∑n=1
(−1)n−1 B2n
(2n)!4nz2n−1 =
1
z− 2
∞∑n=1
ζ(2n)z2n−1 ⇒ (11.8)
gilt fur z ∈ C mit |z| < 1
z = i :
π cot(πi) =1
i+
∞∑k=1
2i
−1− k2= π
cos(πi)
sin(πi)=
=π cosh(π)
i sinh(π)=
1
i− 2i
i·∞∑k=1
1
k2 + 1
⇒ 1 + 2
∞∑k=1
1
k2 + 1= π coth(π)
π cot(πx)− 1
x=
∞∑k=0
2x
x2 − k2
Die linke Seite der Gleichung ist eine Regelfunktion,
Die rechte Seite ist eine normal konvergente Reihexˆ
0
π cot(πξ)− 1
ξdξ = ln
(| sin(πξ)|
)− ln(πξ)
∣∣∣∣x0
= ln
(sin(πξ)
πξ
) ∣∣∣∣∣x
0
=
= ln
(sin(πx)
πx
)fur |x| < 1
sin(πx) = πx
∞∏n=1
(1− x2
n2
)
1 =π
2
∞∏n=1
(1− 1
4n2
)=π
2
∞∏n=1
(2n− 1)(2n+ 1)
2n · 2n
π
2= limN→∞
(N∏n=1
2n · 2n(2n− 1)(2n+ 1)
)Wallis-Produkt
256
pn(x) = x ·n∏k=1
(1− x2
k2
)= x ·
n∏k=1
(k + x)(k − x)
k2=
= − (−1)n(x− n)(x− n+ 1) . . . (x− 1)x(x+ 1)
(n!)2
pn(x+ 2)
pn(x)=
(x− n+ 1)(x+ n+ 2)
(x− n)(x− n+ 1)
n→∞−→ 1
⇒ sin(πx) = πx
∞∏n=1
(1− x2
n2
)fur alle x ∈ R oder C
π cot(πx) =1
x+
∞∑k=1
(1
x+ k+
1
x− k
)
− π2
sin(πx)2= − 1
x2−∞∑k=1
1
(x+ k)2+
1
(x− k)2
π2
sin(πx)2=∑k∈Z
1
(x− k)2=
∞∑k=−∞
1
(x− k)2
257
12 Gleichmaßige Konvergenz
fn : D → C Funktionenfolge
limx→a
(limn→∞
(f(x)))
?= limn→∞
(limx→a
(f(x)))
f(x) = limn→∞
(fn(x))
∀x ∈ D, ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |f(x)− fn(x)| < ε
Problem: N = N(X, 2)
Beispiel 77.
limn→∞
(limx→1−
(xn)
)= limn→∞
(1) = 1
limx→1−
(limn→∞
(xn))
= 0
Definition 12.1. Sei (fn)n∈N eine Folge von Funktionen mit Grenzwertfunktion
f : D → C, ∀x ∈ D, f(x) = limn→∞
(fn(x)
)(fn)n∈N konvergiert gleichmaßig gegen f , wenn
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀x ∈ D : |fn(x)− f(x)| < ε
Bemerkung 177. Punktweise Konvergenz
∀x ∈ D, ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |fn(x)− f(x)| < ε
Bemerkung 178.
‖f‖D = supx∈D
(|f(x)|
)Supremumsnorm auf D
(fn)n∈N konvergiert gleichmaßig auf f , wenn
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ‖f − fn‖D < ε⇔ limn→∞
(‖f − fn‖D
)= 0
Satz 12.1. Sei fn : D → C eine gleichmaßig konvergente Folge stetiger Funktionen, dann ist dieGrenzfunktion f : D → C, f(x) = lim
n→∞
(fn(x)
)ebenfalls stetig.
258
Beweis. x0 ∈ D und ε > 0, dann gibt es ein N ∈ N: ∀n ≥ N und ∀x ∈ D
|fn(x)− f(x)| < ε
3Sei n ≥ N fest, dann ist fn stetig in x0
das heißt: ∃δ > 0, ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |fn(x)− fn(x0)| < ε
3Sei |x− x0| < δ
|f(x)− f(x0)| ≤ |f(x)− fn(x)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
+ |fn(x)− fn(x0)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
+ |fn(x0)− f(x0)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
< ε
Satz 12.2. Sei fn : I → C eine gleichmaßig konvergente Folge von Regelfunktionen mit Grenz-wertfunktion f . Dann ist f eine Regelfunktion und es gilt
bˆ
a
f(x)dx = limn→∞
bˆ
a
fn(x)dx
Beweis.
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀x ∈ I : |fn(x)− f(x)| < ε
3Sei n ≥ N dann ist fn eine Regelfunktion
Appro-xima-tions-satz=⇒ ∃ϕ Treppenfunktion : ∀x ∈ I : |ϕ(x)− fn(x)| < ε
3∀ε > 0, ∀x ∈ I : |f(x)− ϕ(x)| ≤ |f(x)− fn(x)|︸ ︷︷ ︸
< ε3
+ |fn(x)− ϕ(x)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
< ε
∀ε > 0, ∃ϕ Treppenfunktion: ‖f − ϕ‖I < ε⇒ f ist Regelfunktion
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N und ∀x ∈ I : |f(x)− fn(x)| < ε
b− an ≥ N :∣∣∣∣∣∣
bˆ
a
f(x)dx−bˆ
a
fn(x)dx
∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ
a
∣∣f(x)− fn(x)∣∣︸ ︷︷ ︸
< εb−a
<ε
b− a· (b− a) = ε
das heißt:
bˆ
a
f(x)dx = limn→∞
bˆ
a
fn(x)dx
Satz 12.3. Sei fn : I → C eine punktweise konvergente Folge stetig differenzierbarer Funktionen
259
und sei die Folge der Ableitungen (f ′n)n∈N gleichmaßig konvergent. Dann ist die Grenzfunktion
f(x) = limn→∞
(fn(x)
)differenzierbar und es gilt:
f ′(x) = limn→∞
(f ′n(x)
)Beweis.
f∗(x) = limn→∞
(f ′n(x)) ist nach Voraussetzung stetig
Zeige: F (x) = f(a) +
xˆ
a
f∗(ξ)dξ gilt
Aus dem Hauptsatz der Differential und Integralrechnung folgt: f ′ = f∗
fn(x) = fn(a) +
xˆ
a
f ′n(ξ)dξn→∞−→ f(x) = f(a) +
xˆ
a
f∗(ξ)dξ
Bemerkung 179. Mit demselben Beweis bekommen wir den Satz fur fast uberall stetigdifferenzierbare Funktionen.
Bemerkung 180. Sei (fn)n∈N eine Funktionenfolge auf D und sei∞∑n=1
fn normal kon-
vergent auf D. Dann ist∞∑n=1
fn auch gleichmaßig konvergent auf D.
normal konvergent
∞∑n=1
‖fn‖D <∞
f(x) =
∞∑n=0
fn(x)
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N :
∞∑k=N+1
‖fk‖D < ε
n ≥ N :
∣∣∣∣∣f(x)−∞∑k=1
fk(x)
∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∞∑
k=n+1
fk(x)
∣∣∣∣∣ ≤∞∑
k=n+1
‖fk‖D < ε
260
das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀x ∈ D :
∣∣∣∣∣f(x)−n∑k=1
fk(x)
∣∣∣∣∣ < ε
Die Folge der Partialsummen
(n∑k=1
fk(x)
)n∈N
konvergiert gleichmaßig gegen f(x)
Satz 12.4. Cauchykriterium fur gleichmaßige KonvergenzEine Funktionenfolge (fn)n∈N
[fn : D → C
]ist genau dann gleichmaßig konvergent auf D,
wenn
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : ‖fm − fn‖D < ε
Beweis.
”⇒” Sei fn gleichmaßig konvergent gegen f
∀ε > 0 ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ‖fn − f‖D < ε2
∀ε > 0 ∃N ∈ N : ∀m ≥ N : ‖fm − f‖D < ε2
⇒ ‖fn − fm‖ ≤ ‖fn − f‖︸ ︷︷ ︸< ε
2
+ ‖fm − f‖︸ ︷︷ ︸< ε
2
< ε
”⇐”
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : ∀x ∈ D : |fn(x)− f(x)| < ε
das heißt: fur jedes x ∈ D ist(fn(x)
)n∈N eine Cauchy-Folge
⇒ ∀x ∈ D, ∃f(x) = limn→∞
(fn(x)
)punktweise konvergent
|f(x)− fn(x)| = limn→∞
(| fn(x)− fm(x)︸ ︷︷ ︸
<ε
|)< ε
⇒ ∀x ∈ D : |f(x)− fn(x)| < ε ⇒ (fn)n∈N konvergiert gleichmaßig gegen f
Bemerkung 181.(C(D), ‖·‖D
)ist vollstandig.
261
Bemerkung 182. Abelsche Summation
n∑k=1
akbk, An =
n∑k=1
ak, ak = Ak −Ak−1, A0 = 0
n∑k=0
akbk =
n∑k=1
(Ak −Ak−1)bk =
n∑k=1
Akbk −n∑k=1
Ak−1bk =
=
n∑k=1
Akbk −n−1∑k=1
Akbk+1 =
n∑k=1
Ak(bk − bk−1) +Anbn+1
Satz 12.5. Kriterium von DirichletSeien (fn)n∈N eine reellwertige und (an)n∈N eine komplexwertige Funktionenfolge und gelte:
1. ∀x ∈ D :(fn(x)
)n∈N ist monoton fallend
2. (fn)n∈N konvergiert gleichmaßig auf D gleichmaßig gegen 0
3. ∃M ∈ N : ∀n ∈ N :
∥∥∥∥ n∑k=1
ak
∥∥∥∥D
≤M
Dann konvergiertn∑k=1
ak(x)fk(x) gleichmaßig auf D.
Beweis.
n+m∑k=n+1
ak(x)fk(x) =
n+m∑k=1
ak(x)fk(x)−n∑k=1
ak(x)fk(x) =[An(x) =
n∑k=1
ak(x)
]
=
n+m∑k=1
Ak(x)(fk(x)− fk+1(x)
)−
n∑k=1
Ak(x)(fk(x)− fk+1(x)
)+
+An+m(x)fn+m+1 −An(x)fn+1(x)
n+m∑k=n+1
ak(x)fk(x) =
n+m∑k=n+1
Ak(x)(fk(x)− fk+1(x)
)+An+m(x)fn+1(x)−An(x)fn+1(x)
Sei ε > 0 und N ∈ N so groß, dass fur n ≥ N und ∀x ∈ D : fn(x) <ε
4M∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1
ak(x)fk(x)
∣∣∣∣∣ ≤n+m∑k=n+1
|Ak(x)|(fk(x)− fk+1(x)
)︸ ︷︷ ︸≥0
+
+|An(x)|fn+1(x) +An+m(x)fn+m+1(x) ≤
262
≤Mn+m∑k=n+1
fk(x)− fk+1(x)︸ ︷︷ ︸fn+1(x)−fn+m+1(x)
+Mfn+1(x) +Mfm+n+1(x) =
= 2Mfn+1(x) ≤ ε
4M2M =
ε
2< ε
Beispiel 78.
∞∑k=0
eikx
k
D = [δ, 2π − δ]
dk(x) = eikx fk(x) =1
k∣∣∣∣∣n∑k=1
ak(x)
∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣n∑k=1
eikx
∣∣∣∣∣ =
=
∣∣∣∣eix(einx − 1)
eix − 1
∣∣∣∣ ≤ 2
2 sin(x2
) ≤ 1
sin(δ2
) = M
Reihe konvergiert gleichmaßig, aber nicht normal!
Satz 12.6. Kriterium von AbelSeien (an)n∈N und (fn)n∈N zwei Funktionenfolgen an : D → C, fn : D → R und gelte:
1. ∀x ∈ D (fn)n∈N monoton fallend
2. ∃M ∈ N : ∀x ∈ D und ∀n ∈ N : |fn(x)| ≤M
3.∞∑n=1
an(x) konvergiert gleichmaßig auf D.
Dann konvergiert∞∑n=1
an(x)fn(x) gleichmaßig auf D.
Beweis.
A(x) =
∞∑n=1
an(x)
An(x) =
n∑k=1
ak(x)
263
n+m∑k=n+1
ak(x)fk(x) =
n+m∑k=n+1
(Ak(x)−A(x)
)(fk(x)− fk+1(x))+
+(An+m(x)−A(x)
)fn+m+1(x)− (An(x)−A(x))fn+1(x)
Sei ε > 0 und N ∈ N so groß, dass fur alle n ≥ N und x ∈ D : |An(x)−A(x)| < ε
4M∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1
ak(x)fk(x)
∣∣∣∣∣ ≤n+m∑k=n+1
ε
4M·(fk(x)− fk+1(x)
)︸ ︷︷ ︸ε
4M
(fn+1(x)−fn+m+1(x)
)≤ ε
4M ·2M
+ε
4MM +
ε
4MM < ε
Satz 12.7. Abelscher Grenzwertsatz Sei∞∑n=0
an eine konvergente Reihe[an ∈ C
]. Dann
konvergiert f(x) =∞∑n=0
anxn gleichmaßig auf [0, 1].
Das heißt f ist stetig auf [0, 1] und∞∑n=0
an = limx→1−
(f(x))
Beweis. Nach Satz 12.6: dn(x) = an und∞∑n=0
an konvergiert gleichmaßig
fn(x) = xn ist punktweise monoton fallend auf [0, 1] =⇒ ‖fn‖ = 1
Beispiel 79.
f(x) =
∞∑k=1
eikx
kkonvergiert gleichmaßig auf [δ, 2π − δ] fur jedes δ > 0
f(x) ist stetig auf (0, 2π)
|z| < 1 :
∞∑k=1
zk
k= log
(1
1− z
)komplexer Logarithmus
Sei x ∈ (0, 2π) fest
g(t) =
∞∑k=1
tkeikx
k
nach Satz 12.7 gilt dann: limt→1−
(g(t)
)=
∞∑k=1
eikx
k
g(t) = − log(1− teix) = − ln(|1− teix|
)− i Arg(1− teix)︸ ︷︷ ︸
−π2<...<π2
264
|1− teix|2 = (1− teix)(1− te−ix) = 1− 2t+ cos(x) + t2
Arg(1− teix) = arctan
(−t sin(x)
1− t cos(x)
)= − arctan
(t sin(x)
1− t cos(x)
)g(t) = −1
2ln(1− 2t cos(x) + t2
)+ i arctan
(t sin(x)
1− t cos(x)
)
0 < x < 2π : f(x) = g(1) = −1
2ln(2− 2 cos(x)︸ ︷︷ ︸
4 sin( x2 )2
) + i arctan
( 2 sin( x2 ) cos( x2 )︷ ︸︸ ︷sin(x)
1− cos(x)︸ ︷︷ ︸2 sin( x2 )
2
)
⇒ f(x) = − ln(
2 sin(x
2
))+ i arctan
(cot(x
2
))︸ ︷︷ ︸
π−x2
∣∣∣∣∣ tan(x) = cot(π
2− x)
∞∑k=1
cos(kx)
k= − ln
(2 sin
(x2
))∞∑k=1
sin(kx)
k=π − x
2
∞∑k=1
sin(kx)
k=
1
2
∞∑k=−∞k 6=0
eikx
ik=π − x
2x→ 2πt
∞∑k=−∞k 6=0
−e2πikt
2πtk=
(π − 2πt)
2π= −
(t− 1
2
)= −B1(t) 0 < t < 1
Weil die Reihe gleichmaßig konvergiert, gilt
∞∑k=−∞k 6=0
e2πikt
(2πik)2= −1
2B2(t) + C
Die linke Seite hat
1ˆ
0
...dx = 0 also muss C = 0 gelten
durch Induktion:∞∑
k=−∞k 6=0
e2πikt
(2πik)m= − 1
m!Bm(t)
Bemerkung 183. |Bn(t)| ≤ 2m!ζ(m)(2π)−m folgt dann unmittelbar
265
m = 2n :
∞∑k=−∞k 6=0
e2πikt
(2πik)2n= (−1)n
∞∑k=1
e2πikt + e−2πikt
(2πk)2n=
= 2(−1)n∞∑k=1
cos(2πkt)
(2πk)2n= − 1
(2n)!B2n(t)
∞∑k=1
cos(2πkt)
k2n=
(−1)n−1(2π)2n
2(2n)!B2n(t)
m = 2n+ 1 :
∞∑k=−∞k 6=0
e2πikt
(2πik)2n+1=
∞∑k=1
e2πikt − e−2πikt
(2πik)2n+1=
= (−1)n2∞∑k=1
sin(2πkt)
(2πk)2n+1= − 1
(2n+ 1)!B2n+1(t)
∞∑k=1
sin(2πkt)
k2n+1=
(−1)n(2π)2n+1
2(2n+ 1)!B2n+1(t) t ∈ [0, 1]
∞∑k=1
χ(k)
k2n+1=
2√3
(−1)n−1(2π)2n+1
2(2n+ 1)!B2n+1
(1
3
)
χ(k) =
1 k ≡ 1 mod 3
−1 k ≡ 2 mod 3
0 k ≡ 0 mod 3
Satz 12.8. Satz von DiniSei (fn)n∈N eine Folge stetiger Funktionen und konvergiere ∀x ∈ D :
(fn(x)
)n∈N monoton wach-
send gegen die stetige Grenzwertfunktion f(x). Wenn D kompakt ist, dann konvergiert(fn(x)
)n∈N
gleichmaßig gegen f(x).
Beweis. indirekt: Die Funktionenfolge sei nicht gleichmaßig konvergent
∃ε > 0 : ∀N ∈ N, ∃n ≥ N, ∀x ∈ D : |fn(x)− f(x)| ≥ ε∃(nk)k∈N
∃xk : fnk(xk) ≤ f(xk)− ε wegen der Monotonie von(fn(x)
)n∈N
266
Wegen der Kompaktheit von D besitzt (xk)k∈N eine konvergente Teilfolge
(xkl)l∈N : x0 = liml→∞
(xkl) ∈ D
fur m ≤ nkl gilt fm(xkl) ≤ fnkl (xkl) ≤ f(xkl)− εfur festes m gilt diese Ungleichung ab einem Index l ≥ L0
liml→∞=⇒ fm(x0) ≤ f(x0)− ε
⇒ limm→∞
(fm(x0)) = f(x0) ≤ f(x0)− ε E
Der Approximationssatz von Weierstraß
n∑k=0
(n
k
)xk(1− x)n−k = 1 = (x+ 1− x)n
n∑k=0
(n
k
)kxk(1− x)n−k = xn
n∑k=1
(n− 1
k − 1
)xk−1(1− x)n−1)(k−1) = nx(x+ 1− x)n−1 = nx
k ≥ 1 :n!
(n− k)!k!k = n
(n− 1
k − 1
)n∑k=0
(n
k
)k(k − 1)︸ ︷︷ ︸
n(n−1)(n−1k−2)
xk(1− x)n−k = n(n− 1)x2n∑k=2
(n− 2
k − 2
)xk−2(1− x)(n−2)(k−2) = n(n− 1)x2
n∑k=0
(n
k
)k2xk(1− x)n−k = n2x2 + nx(1− x)
n∑k=0
(n
k
)(k − nx)2xk(1− x)n−k = n2x2 + nx(1− x)− 2n2x2 + n2x2 = nx(1− x)
n∑k=0
(n
k
)(k
n− x)2
xk(1− x)n−k =x(1− x)
n
Lemma 12. Ungleichung von TschebychefSei δ > 0 und 0 ≤ x ≤ 1, dann gilt:
n∑k=0
(n
k
)xk(1− x)n−k ≤ x(1− x)
nδ2≤ 1
4nδ2
267
Beweis.n∑k=0
(n
k
)(k
n− x)2
xk(1− x)n−k =x(1− x)
n
n∑k=0
| kn−x|
(n
k
)(k
n− x)2
︸ ︷︷ ︸≤δ2
xk(1− x)n−k +
n∑k=0
| kn−x|
(n
k
)(k
n− x)2
xk(1− x)n−k
︸ ︷︷ ︸≥0
≥
≥ δ2n∑k=0
| kn−x|
(n
k
)xk(1− x)n−k
⇒n∑k=0
| kn−x|
(n
k
)xk(1− x)n−k ≤ x(1− x)
nδ2≤ 1
4nδ2
Satz 12.9. Approximationssatz von WeierstraßSei f : [a, b]→ C eine stetige Funktion. Dann gibt es fur jedes ε > 0 ein Polynom p, so dass:
∀x ∈ [a, b] : |f(x)− p(x)|︸ ︷︷ ︸‖f−p‖[a,b]<ε
< ε
das heißt, jede stetige Funktion lasst sich durch Polynome beliebig genau approximieren.
Beweis nach Bernstein. oBdA: [a, b] = [0, 1], x ∈ [a, b], x = a+(b−a)t, t ∈[0, 1]Sei f : [0, 1]→ C stetig, beschrankt und gleichmaßig stetig
∃M ∈ N : ∀x ∈ [0, 1] : |f(x)| < M
∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x, y ∈ [0, 1] : |x− y| < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε
Bn(f)(x) =
n∑k=0
(n
k
)f
(k
n
)xk(1− x)n−k︸ ︷︷ ︸
Polynom vom Grad ≤ n
n-ter Bernstein Generator
Sei ε > 0, δ > 0∣∣Bn(f)(x)− f(x)∣∣ =
∣∣∣∣∣n∑k=0
(n
k
)(f
(k
n
)− f(x)
)xk(1− x)n−k
∣∣∣∣∣ ≤≤
n∑k=0
(n
k
) ∣∣∣∣f (kn)− f(x)
∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸<ε
xk(1− x)n−k +
n∑k=0
| kn−x|
(n
k
) ∣∣∣∣f (kn)− f(x)
∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸≤2M, da f(x)beschrankt ist
xk(1− x)n−k ≤
≤ εn∑k=0
| kn−x|
(n
k
)xk(1− x)n−k +
2M
4nδ2≤ ε+
M
2nδ2< ε+
M2M2εδ2 δ
2≤ 2ε
268
n =
⌊M
2εδ2
⌋+ 1
Bemerkung 184.
En(f)
= infp Polynom
Grad(p)≤n
(‖f − p‖[a,b]
)f(x) = |x| auf [−1, 1]
En(f)∼ c√
n
Bemerkung 185. Der Satz ist falsch, wenn der Definitionsbereich nicht kompakt ist.
269
13 Metrische Raume und Topologie
Definition 13.1. Sei X 6= ∅ mit einer Abbildung d : X ×X → R mit folgenden Eigenschaften:
M1: ∀x, y ∈ X : d(x, y) ≥ 0 und d(x, y) = 0 ⇔ x = y [Definitheit]
M2: ∀x, y ∈ X : d(x, y) = d(y, x) [Symmetrie]
M3: ∀x, y, z ∈ X : d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) [Dreiecksungleichung]
Dann heißt (X, d) metrischer Raum, d heißt die Metrik auf X.Die Menge B(x, r) = B(x) = {y ∈ X : d(x, y) < r} heißt die offene Kugel um x mit Radius r.
Definition 13.2. Sei V ein R (oder C) Vektorraum, dann heißt ‖.‖ : V → R Norm auf V, wenn:
N1: ∀x ∈ V : ‖x‖ ≥ 0 und ‖x‖ = 0⇔ x = 0 [Definitheit]
N2: ∀x ∈ V, λ ∈ R( oder C) : ‖λx‖ = |λ| · ‖x‖ [Absolute Homogenitat]
N3: ∀x, y ∈ V : ‖x+ y‖ ≤ ‖x‖+ ‖y‖ [Dreiecksungleichung](V, ‖·‖
)heißt metrischer Raum. (V, d) mit d(x, y) = ‖x− y‖ ist ein metrischer Raum.
Beispiel 80.
1.(R, ‖.‖
)beziehungsweise (C, ‖.‖)
2.(Rn, ‖.‖
)beziehungsweise (C, ‖.‖)
‖x‖p =
(n∑k=1
|xk|p) 1p
, p ≥ 1
‖x‖∞ = supk=1,...,n
(|xk|
)... ∞ Norm, Maximumsnorm
3.(C(I), ‖.‖I
), I ⊆ R, I - Intervall, Supremumsnorm
‖f‖I = supx∈I(|f(x)|
)C(I) = {f : I → R( oder C) : ‖v‖ <∞ und f ist stetig}
4. Regelfunktionen:(R([a, b]), ‖.‖p
)‖f‖p =
(b
a
|f(x)|pdx
) 1p
f ∼ g f(x) = g(x) fur fast alle x ∈ [a, b][f ∼ g ⇔ ‖f − g‖p = 0
](R([a, b])/∼, ‖·‖p
)
270
5.
lp(R)p≥1
=
{(αn)n∈N ∈ RN
∣∣∣∣∣∞∑i=1
|x : i|p <∞
}
‖xp‖ =
( ∞∑i=1
|xi|p)
l∞(R) =
{(xn)n∈N ∈ RN
∣∣∣∣ supi∈N
(‖xi‖) <∞}
6. (X, d) d(x, y) =
{0 x = y
1 x 6= y
7. X = {0, 1}N0 Raum der 0-1 Folgen (Folgenglieder entweder 0, oder 1)x = (xn)n∈N y = (yn)n∈N
d(x, y) =
{0 x = y
2−min
{n∈N0
∣∣xn 6=yn} x 6= y
Br(x) ={x ∈ {0, 1}N0
∣∣ d(x, y) < r}
={y∣∣ xi = yi fur i = 1, ...,m− 1
}= Br(z)
⇒ Jeder Punkt der Kugel ist ein Mittelpunkt1 ≥ r > 0, d(x, y) ≤ 2−m
2−m < r ≤ 2−(m−1)
Fur je zwei Punkte x und y gilt: Br(x) = Br(y) oder Br(x) ∩Br(y) = ∅
8. p Primzahl(Q, |.|p
)p fest
(xn)n∈N0
(yn)n∈N0
(zn)n∈N0
x 6= z
d(x, y) = 2−m
x0 = z0
x1 = z1
...
xm−1 = zm−1
xm 6= zm
d(x, y) = 1 = d(y, z)
d(x, y) = d(y, z) = 2−k ≥ 2−m
ym = xm oder zm = ym
ym 6= xm︸ ︷︷ ︸d(x,y)=2−m
oder zm 6= ym︸ ︷︷ ︸d(y,z)=2−m
d(x, z) ≤ max(d(x, y), d(y, z)
)≤ d(x, y) + d(y, z)
d heißt Ultrametrik
271
Definition 13.3. Sei K ein Korper.Dann heißt eine Abbildung | · | : K → R eine Bewertung, wenn:
1. ∀x ∈ K : |x| > 0 und |x| = 0⇔ x = 0
2. ∀x, y ∈ K : |x · y| = |x| · |y|
3. ∀x, y ∈ K : |x+ y| ≤ |x|+ |y|
Bemerkung 186. Wie verhalten sich Reihen bei dieser Metrik:
∞∑n=0
an∣∣∣∣∣n+m∑k=n
ak
∣∣∣∣∣p
≤ max(|an|p, |an+1|p, ..., |an+m|p
)⇔ lim
n→∞
(|an|p
)= 0
Vervollstandigung von Q bezuglich ‖·‖pn ∈ Z : |n|p ≤ 1
Definition 13.4. Sei (X.d) ein metrischer Raum und xn ∈ X eine Folge. Dann konvergiert(xn)n∈N gegen x ∈ X ⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : d(xn, x) < ε
x = d− limn→∞
(xn)
Bemerkung 187. (xn)n∈N heißt eine Cauchy-Folge in (X, d), wenn:∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ∈ N : d(xm, xn) < ε. Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge.
Beweis. uber Dreiecksungleichung
Definition 13.5. Ein metrischer Raum (X, d) heißt vollstandig, wenn jede Cauchy-Folge (xn)n∈Nin (X, d) konvergiert.
Bemerkung 188. Sei (X, d) ein metrischer Raum.C =
{(xn)n∈N
∣∣ ∀n ∈ N : xn ∈ X, (xn)n∈N eine Cauchy-Folge}
(xn)n∈N ∼ (yn)n∈N ⇔ limn→∞
(d(xn, yn)
)= 0
C/∼ ={
[(xn)]∣∣∣ (xn) ist Cauchy-Folge
}Aquivalenzklasse von Cauchy-Folgen ⇒ Vervollstandigung von (X, d).
272
Beispiel 81.
1.(C([a, b]), ‖.‖∞
)ist vollstandig, da Cauchykriterium gilt.
2.({0, 1}N0 , d
)(xn)n∈N konvergiert gegen x ⇔ ∀m ∈ N0 : ∃N ∈ N :
{∀n ≥ N : x
(m)n = x
(m)N
∀l ≥ N : x(m)l = x
(m)N
Ab einem gewissen Index befindet sich nichts mehr in der m-ten Koordinate
d(xn, x) < 2−m ⇔ x(0)n = x(0), x
(1)n = x(1), ..., x
(m)n = x(m)
⇒ damit gilt Cauchykriterium
3.(Riemann
([a, b]
), ‖·‖1
), ‖f‖ =
b
a
|f(x)|dx
man kann vervollstandigen, aber man versteht sie nicht (was ist Integral von Aquivalenzklassenvon Cauchy-Folgen)
Definition 13.6. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge O ⊆ X heißt offen, wenn:
∀x ∈ O, ∃ε > 0 : B(x, ε) ⊆ O
Definition 13.7. Eine Teilmenge A ⊆ X heißt folgenabgeschlossen, wenn fur jede konvergenteFolge (an)n∈N von Punkten aus A auch d− lim
n→∞(an) ∈ A gilt.
Definition 13.8. A ⊆ X ist abgeschlossen, wenn X \A = Ac offen ist.
Satz 13.1. Eine Teilmenge A ⊆ X ist genau dann abgeschlossen, wenn siefolgenabgeschlossen ist.
Beweis.
”⇐” Angenommen A sei folgenabgeschlossen, aber nicht abgeschlossen.
⇒ ∃x /∈ A : ∀ε > 0, ∃a ∈ A : d(x, a) < ε2
ε = 1n → ∃an : d(x, an) < 1
n⇒ x = d− lim
n→∞(an) /∈ A E
”⇒” Angenommen A sei abgeschlossen, aber nicht folgenabgeschlossen.
⇒ ∃(an)n∈N in A mit d− limn→∞
(an) ∈ Aa = d− lim
n→∞(an) /∈ A ⇒ a ∈ Ac ist offen
⇒ ∃ε > 0 : d(a, ε) ⊆ Ac∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : d(a, an) < εan ∈ B(a, ε) E
273
Bemerkung 189.”
Offen”und”
abgeschlossen”sind weder Gegenteile voneinander, nochschließen sie einander aus.
Beispiel 82. (a, b) ist weder abgeschlossen, noch offen.{0, 1}N0 , x = (0, 0, ...), y = (1, 1, ....)B(x, 1) =
{z∣∣ d(x, z) < 1
}={
(zn)∣∣ z0 = 0
}ist offen
B(x, 1)c = B(y, 1), B(x, 1)c ist offen⇒ B(x, 1) ist abgeschlossen.
Bemerkung 190. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Sei Y ⊆ X, Y 6= ∅. Dann ist (Y, d)
mit d∣∣∣y
: Y × Y → R ein metrischer Raum. O ⊆ Y ist offen, wenn O′ ⊆ X offen mit
O = O′ ∩ YA ⊆ Y ist abgeschlossen, wenn ∃A′ ⊆ X mit A = A′ ∩ Y
Bemerkung 191. ∅, X sind offen und abgeschlossen.
Beispiel 83. C...Cantorsches Diskontinuum(− 1
3 ,12
)nC ist offen in C,
[0, 1
3
]nC ist abgeschlossen in C, ist aber die gleiche Menge.
Bemerkung 192. Seien (Oi)i∈I offene Mengen. Dann ist auch die Vereinigung offen⋃i∈IOi offen
Seien O1, ...,On offen, dann istn⋂i=1
Oi offen
Beweis.
x ∈⋃i∈IOi ⇒ ∃i0 ∈ I : x ∈ Oi0 ⇒ ∃ε > 0 : B(x, ε) ⊆ Oi0 ⊆
⋃i∈IOi
x ∈n⋂i=1
Oi ⇒ ∀i ∈ [1, n] : x ∈ Oi fur i = 1, ..., n ∃εi > 0 : B(x, εi) ⊆ Oi
ε = min(ε1, ..., εn)⇒ i = 1, ..., n B(x, εi) ⊆ Oi ⇒ B(x, ε) ⊆n⋂i=1
Oi
274
Beispiel 84.
∞⋂n=1
(1− 1
n, 1 +
1
n
)> {1} abgeschlossen
Bemerkung 193. Seien (Ai)i∈I abgeschlossen, dann ist⋂i∈IAi abgeschlossen. Seien
A1, ..., An abgeschlossen, dann auchn⋃i=1
Ai.
Beweis. Komplement von vorher, Komplement der entsprechenden Aussage uberoffene Mengen.
Definition 13.9. Sei M ⊆ X, dann heißt
M =⋃O⊆MO offen
O der offene Kern (oder das Innere) von M
M =⋂A⊇M
A abge-schlossen
A der Abschluss von M
M ist die großte offene Teilmenge von M
M ist die kleinste abgeschlossene Obermenge von M
Sei (X, d) ein metrischer Raum, x ∈ X. Dann heißt x ∈ U ⊆ X eine ε-Umgebung von X, wennB(x, ε) ⊆ UU heißt Umgebung, wenn es ein ε > 0 gibt, sodass U eine ε-Umgebung ist.
Fx ={U ⊆ X
∣∣ U ist Umgebung von x}
heißt Umgebungsfilter von x
F1 : ∅ 6= FxF2 : ∀U ∈ Fx, ∀V ⊇ U : V ∈ FxF3 : U, V ∈ Fx : U ∩ V ∈ Fx
Bemerkung 194. (xn)n∈N sei eine Folge in (X, d)x = d− lim
n→∞(xn)⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : d(xn, x) < ε
⇔ ∀ε > 0 ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : xn ∈ B(x, ε)⇔ ∀U ∈ Fx ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : xn ∈ U
275
13.1 Lage von Punkten zu einer Menge
Sei (X, d) ein metrischer Raum und M ⊆ X
Definition 13.10. x ∈ X heißt innerer Punkt von M, wenn: ∀ε > 0 : B(x, ε) ⊆ M ⇔ M ∈Fx ⇔ x ∈ M
Bemerkung 195. M ={x ∈M
∣∣ x ist innerer Punkt von}
ist das Innere von M .
Definition 13.11. x ∈ X heißt außerer Punkt von M, wenn ∃ε > 0 : B(x, ε) ⊆ X \ M ⇔X \M ∈ Fx ⇔ x ∈ X \M
Definition 13.12. x ∈ X heißt Randpunkt von M, wenn ∀ε > 0 : B(x, ε)∩M 6= ∅ und B(x, ε)∩(X \M) 6= ∅das heißt x ist weder ein innerer, noch ein außerer Punkt.∂M =
{x ∈ X
∣∣ x ist Randpunkt von M}
Rand von M
∂M = M \ MX = M ∪∂M ∪(X \M) = M ∪(M \ M)∪(X \M)
Definition 13.13. x ∈M heißt isolierter Punkt von M, wenn ∃ε < 0 : B(x, ε) ∩M = {x}[x ∈ ∂M , wenn ∀ε > 0 : B(x, ε) 6= {x}
]Wenn die Metrik nicht diskret ist, dann ist jeder Punkt ein isolierter Punkt.
Definition 13.14. x ∈ X heißt Haufungspunkt von M, wenn
∀ε > 0 :(B(x, ε) ∩M
)\ {x} 6= ∅
⇔ ∀ε > 0, ∃y ∈M, y 6= x : d(x, y) < ε
⇔ ∀ε > 0, B(x, ε) ∩M enthalt ∞-viele Punkte
⇔ ∃xn ∈M : xn 6= x : d− limn→∞
(xn) = x
Definition 13.15. M ⊆ X heißt dicht in X, wenn jeder Punkt von X ein Haufungspunkt von Mist ⇔ ∀O gilt, dass O offen ist mit O 6= ∅ und O ∩M 6= ∅
Beispiel 85.
• Q liegt dicht in R
276
• Die Polynomfunktionen liegen dicht in den stetigen Funktionen C([a, b]
)Bn(f)(x) =
n∑k=0
(n
k
)f
(k
n
)xk(1− x)n−k
Bn,N(f)(x) =
n∑k=0
(n
k
)1
N
⌊Nf
(k
n
)⌋xk(1− x)n−k
Polynom mit rationalen Koeffizienten
‖Bn,N(f)−Bn
(f)‖ ≤ 1
N
‖Bn(f)− f‖ < ε fur n ≥ N0
⇒ ‖Bn,N(f)− f‖ < 2ε fur n ≥ N0 N ≥
⌊1
ε
⌋+ 1
Das heißt Polynomfunktionen mit rationalen Koeffizienten liegen dicht in C([a, b]
)C([a, b]
)enthalt also eine abzahlbare dichte Teilmenge
Definition 13.16. Ein metrischer Raum, der eine abzahlbare dichte Teilmenge enthalt, heißtseparabel.
Beispiel 86. C...Cantorsches Diskontinuum
C0 = [0, 1], C1 =
[0,
1
3
]∪[
2
3
], C2 =
[0,
1
4
]∪[
2
4,
1
3
]∪[
2
3,
7
9
]∪[
8
9, 1
]C =
∞⋂n=0
Cn ist abgeschlossen
C hat keine inneren Punkte, alle Punkte von C sind Randpunkte
C0 = ∅, x ∈ C =
{ ∞∑n=1
εn3n∣∣εn ∈ {0, 2}}
x =
∞∑n=1
εn3n
xk =
k∑n=1
εn3n
+∞∑
n=k+1
εn3n︸ ︷︷ ︸
<2∞∑
n=k+1
13n= 2
3k+1(1− 13 )
=3−k
6= x
x = limk→∞
(xk)⇒ x ist Haufungspunkt von C
Definition 13.17. Eine Menge M ⊆ X heißt perfekt, wenn sie abgeschlossen und in sich dichtist (↔ M hat keine isolierten Punkte).
277
Beispiel 87. M = {(x, y) ∈ R2∣∣x ∈ (0, 1], y = sin
(1x
)} ∪ {0, 0}
0.1 0.3 0.5 0.7 0.90.2 0.4 0.6 0.8 10
0.2
0.4
0.6
0.8
1
−1
−0.8
−0.6
−0.4
−0.2
M0 = ∅ keine inneren Punkte
Behauptung:{
(0, y)∣∣ y ∈ [−1, 1]
}sind Haufungspunkte von M
(0, y), sin
(1
xn
), xn =
1
2πn+ arcsin(y)(1
2πn+ arcsin(y), y
)n→∞−→ (0, y)
M = M ∪{
(0, y)∣∣ y ∈ [−1, 1]
}= ∂M
278
13.2 Stetigkeit
Definition 13.18. Seien (X, d1) und (X, d2) metrische Raume. Dann heißtf : X → Y stetig in x ∈ X, wenn ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ X : d1(x, x0) < δ⇒ d2
(f(x), f(x0)
)< ε
f heißt stetig auf X, wenn f in jedem x ∈ X stetig ist.f(x) ∈ ε-Umgebung von f(x)∀ε > 0, ∃δ > 0 : f−1
(ε-Umgebung von f(x)
)⊇ B(x0, δ)
f−1(ε-Umgebung von f(x)
)ist eine δ-Umgebung von x0.
Bemerkung 196. f ist genau dann stetig in x0, wenn das Urbild jeder Umgebung vonf(x) eine Umgebung von x0 ist.
Bemerkung 197. FolgenkriteriumSeien (X, d1) und (X, d2) metrische Raume. f : X → Y ist genau dann stetig in x0 ∈ X,wenn fur jede Folge (xn)n∈N von Punkten aus X mit x0 = d1 − lim
n→∞(xn) auch f(x0) =
d2 − limn→∞
(f(xn)) gilt.
Beweis. Analog zum Folgenkriterium fur reelle Funktionen
Satz 13.2. Seien (X, d1) und (Y, d2) metrische Raume und f : X → Y . f ist genau dann stetigin X, wenn fur jede offene Teilmenge O ⊆ Y, f−1(O) offen ist in X.
Beweis.
”⇒” Sei f stetig auf X, y ∈ Y, y ∈ O ⊆ Y, O ist offen
f−1(O) ={x ∈ X
∣∣ f(x) ∈ O}
∃x0 ∈ X : f(x0) = y, ∃ε > 0 : Bd2(y, ε) ⊆ O∃δ > 0 : ∀x ∈ X : d1(x, x0) < δ ⇒ d2
(f(x), f(x0)
)< ε
x ∈ Bd1(x0, δ)⇒ f(x) ∈ Bd2(f(x0), ε
)Bd1(x0, δ) ⊆ f−1
(Bd2
(f(x0), ε
))⊆ f−1(O)
das heißt f−1(O) ist offen
”⇐” Sei f−1(O) offen fur alle O ⊆ Y
x0 ∈ f−1(O) 6= ∅, f(x0) ∈ O, O = Bd2(f(x0), ε
)x0 ∈ f−1
(Bd2
(f(x0), ε
))offen
⇒ ∃δ > 0 : Bd1(x0, δ) ⊆ f−1(Bd2
(f(x0), ε
))∀ε > 0, ∃δ > 0 : d1(x, x0) < δ ⇒ d2
(f(x), f(x0)
)< ε
279
Bemerkung 198. Stetigkeit und Konvergenz konnen wir jetzt in offenen Mengen for-mulieren (ohne ε, δ)(X, τ), τ ⊆ P(X), τ−Topologie
1. ∅, X ∈ τ
2. O1,O2, ...,On ∈ τ ⇒ O1 ∩ O2 ∩ ... ∩ On ∈ τ
3. (Oi)i∈I , Oi ∈ τ ⇒⋃i∈IOi ∈ τ
Das heißt Elemente von τ heißen die offenen Mengen.
Beispiel 88. (Y, d) metrischer Raum. f : X → Y , X 6= ∅τ =
{f−1(O
∣∣ O offen in Y}
(X, τ) ist dann ein topologischer Raum.
13.3 Kompaktheit
Definition 13.19. Sei (X, d) ein metrischer Raum, (Oi)i∈I seien offene Mengen(Oi)i∈I heißt offene Uberdeckung von K ⊆ X, wenn K ⊆
⋃i∈IOi
I ′ ⊆ I mit K ⊆⋃i∈IOi dann heißt (Oi)i∈I′ Teiluberdeckung von (Oi)i∈I
Satz 13.3. Heine-BorelEine Teilmenge K ⊆ R ist genau dann kompakt, wenn jede offene Uberdeckung von K eineendliche Teiluberdeckung besitzt.
Beweis.
”⇒” Sei K ⊆ R kompakt (also beschrankt und abgeschlossen) und (Oi)i∈I eine
offene Uberdeckung von K : K ⊆⋃i∈IOi
angenommen (Oi)i∈I besitzt keine endliche TeiluberdeckungK ⊆ [a, b]K ∩
[a, a+b
2
], K ∩
[a+b
2 , b]
eine der beiden Mengen kann nicht endlichuberdeckt werden[an, bn] ∩K wird nicht endlich uberdeckt[an,
an+bn2
]∩K,
[an+bn
2 , bn]∩K
∃x0 ∈∞⋃n=1
[an, bn] ∩K Intervallschachtellung + K abgeschlossen.
∃i0 ∈ I : x ∈ Oi0 , Oi0 offen ⇒ ∃ε > 0 : (x− ε, x+ ε) ⊆ Oi0(bn − an) = (b− a)2−n wahle n so groß, dass (b− a)2−n < εx ∈ [an, bn] ∩K ⇒ [an, bn] ∩K ⊆ (x− ε, x+ ε) ⊆ Oi0[an, bn] ∩K wird von einer offenen Menge Oi0 uberdeckt E
280
”⇐” Jede offene Uberdeckung von K habe eine endliche Teiluberdeckung
1.) K beschrankt: K ⊆⋃n∈N
(−n, n) = R
⇒ K ⊆L⋃l=1
(−nl, nl)⇒ N = max(n1, ..., nl)
⇒ K ⊆ (−N,N)
2.) K abgeschlossenangenommen K sei nicht abgeschlossen: ∃x /∈ K : ∀ε > 0(x− ε, x+ ε) ∩K 6= ∅y ∈ K, ε(y) = 1
2 |x− y|K ⊆
⋃y∈K
(y − ε(y), y + ε(y)
)63 x
⇒ H-B: K ⊆L⋃l=1
(yl − ε(yl), yl + ε(yl)
)ε = min
(1, ε(y1), ..., ε(yl)
)y ∈
L⋃l=1
(yl − ε(yl), yl + ε(yl)
)|x− y| > εSomit ein Widerspruch, nach Annahme gibt es zu jedem ε > 0, y ∈ K
mit |x−y| < ε, andererseits gibt es wegenK ⊆L⋃l=1
(yl−ε(yl), yl+ε(yl))
nach der obigen Uberlegung |x− y| > ε0 fur ein ε0 > 0 E
Bemerkung 199. Wir haben damit gezeigt, dass die Definition der Kompaktheit (inR) aquivalent zur Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft und nach Satz 13.5 zur Heine-Borel-Eigenschaft ist.
Bemerkung 200. In allgemeinen metrischen Raumen ist die Definition der Kompakt-heit durch Beschranktheit und Abgeschlossenheit nicht geeignet.
Definition 13.20. Sei (X, d) ein metrischer Raum K ⊆ X heißt folgenkompakt, wenn jede Folgevon Punkten aus K einen Haufungspunkt in K besitzt ⇔ eine in K konvergente Teilfolge besitzt.Kurz: K ist kompakt, wenn K die Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft hat.
Definition 13.21. Sei (X, d) ein metrischer Raum K ⊆ X heißt uberdeckungskompakt, wennjede offene Uberdeckung von K eine endliche Teiluberdeckung besitzt.Kurz: K ist uberdeckungskompakt, wenn K die Heine-Borel-Eigenschaft hat.
Lemma 13. Wenn K ⊆ (X, d) uberdeckungskompakt ist, dann ist K auchfolgenkompakt.
281
Beweis. Indirekt: angenommen K ist uberdeckungskompakt aber nicht folgen-kompakt.es gibt eine Folge (xn)n∈N aus K die keinen Haufungspunkt besitzt.∀x ∈ K : ∃ε(x) > 0 : B
(x, ε(x)
)enthalt nur endlich viele Folgenglieder.
K ⊆⋃x∈K
B(x, ε(x)
) Heine-=⇒Borel
∃y1, ..., yn : K ⊆L⋃l=1
B(yl, ε(yl)
)enthalt nur end-
lich viele Folgenglieder E
Lemma 14. Sei (X, d) ein metrischer Raum, K ⊆ X folgenkompakt. Dann gibt
es fur jedes r > 0 endlich viele Punkte x1, ..., xN ∈ K sodass K ⊆N⋃l=1
B(xl, r).
Beweis. Wir wahlen x1 ∈ K beliebig und weitere Punkte x2, ..., xn ∈ K nach
der Eigenschaft xl+1 ∈ K \l⋃i=1
B(xi, r)
zz.: N : K \N⋃i=1
B(xi, r) = ∅ ⇔ das Verfahren bricht ab.
angenommen: das Verfahren bricht nicht ab: (xn)n∈N bildet dann eine Folgevon Punkten aus K. Nach Konstruktion gilt fur m 6= n : d(xn, xm) > r. WeilK folgenkompakt ist, gibt es eine konvergente Teilfolge (xnk)k∈N, diese ist eineCauchy-Folge ∀ε > 0 : ∃L : ∀l, k ≥ L : r
k=l≤ d(xnk , xnl) < ε
Lemma 15. Sei (X, d) ein metrischer Raum, K ⊆ X sei folgenkompakt undsei A ⊆ K abgeschlossen, dann ist A folgenkompakt.
Beweis. Sei (xn)n∈N eine Folge von Punkten aus A (daher auch aus K). Daherhat (xn)n∈N eine konvergente Teilfolge (xnk)k∈N mit x = d− lim
k→∞(xnk) ∈ K :
(xnk)k∈N ist eine konvergente Folge von Punkten aus A, daher liegt der Grenz-wert x in A (A ist abgeschlossen)⇒ (xn)n∈N besitzt einen Haufungspunkt in A.
Lemma 16. Sei (X, d) ein metrischer Raum und K ⊆ X folgenkompakt, dannist K uberdeckungskompakt.
Beweis. Sei K folgenkompakt, aber nicht uberdeckungskompakt. Es gibt also ei-ne offene Uberdeckung (Oi)i∈I , K ⊆
⋃i∈I
(Oi), die keine endliche Teiluberdeckung
besitzt. Es gibt endlich viele x1, ..., xN ∈ K, sodass K ⊆N⋃i=1
B(x, 1) nach
dem Lemma. Weil K nicht von einer endlichen Teiluberdeckung von (Oi)i∈Iuberdeckt wird, gibt es einen Index i0 B(xi0 , 1)︸ ︷︷ ︸
folgen-kompakt
∩K nicht endlich uberdeckt
wird. Nach dem Lemma gibt es endlich x∗, ..., x∗N∗
sodass K ∩ B(xi0 , 1) ⊆N∗⋃i=1
B(x∗i ,
12
)⇒ ∃i0 : K ∩ B(xi0 , 1) ∩ B
(x∗i0 ,
12
)nicht
endlich uberdeckbar ist. Durch Induktion finden wir eine Folge von Punkten
(yn)n∈N, sodass K ∩ B(y1, 1) ∩ B(y2,
12
)∩ B
(y3,
14
)∩ ... ∩ B
(yn,
12n−1
)nicht
endlich uberdeckbar ist.n > k yn ∈ B
(yk,
12k−1
), d(yn, yk) ≤ 21−k
das heißt (yn)n∈N ist eine Cauchy-Folge ⇒ (yn)n∈N konvergiert in K
282
∃y ∈ K : d− limn→∞
(yn) Lemma(nachstes)
y ∈ K : ∃i ∈ I : x ∈ Oi ⇒ ∃ε > 0, B(y, ε) ⊆ Oi aus der Cauchy-Eigenschaftvon (yn)n∈N bekommen wir d(yk, y) ≤ 21−k das heißt 21−k < ε, dann giltB(yk, 2
1−k) ⊆ B(y, ε), d(yk, x) ⊆ 21−k,d(x, y) ≤ d(x, yk) + d(yk, y) = 21−k + 21−k < ε
K ∩B(y1, 1) ∩ ... ∩B(yk, 2−k+1) ⊆ B(y, ε) ⊆ Oi E
Lemma 17. Sei (X, d) ein metrischer Raum, K ⊆ X folgenkompakt, dannist (K, d) ein vollstandiger metrischer Raum. (Jede Cauchy-Folge in K besitzteinen Grenzwert in K).
Beweis. Sei (xn)n∈N eine Cauchy-Folge ausK.K ist folgenkompakt⇒ ∃(xnk)k∈Nmit x = d− lim
k→∞(xnk), x ∈ K
∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : d(xm, xn) < εn ≥ N, d(xn, xnk)
fur k≥L< ε⇒ lim
k→∞(d(xn, xnk)) = d(xn, x) < ε⇒ x = d− lim
n→∞(xn)
Satz 13.4. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann ist eine Teilmenge K ⊆ X genau dann fol-genkompakt, wenn sie uberdeckungskompakt ist.
Beweis. Vergleich letztes Lemma.
Bemerkung 201. Die Implikation uberdeckungskompakt ⇒ folgenkompakt kann gezeigtwerden, sobald ein System von offenen Mengen auf X gegeben ist. Die umgekehrte Im-plikation benotigt die Metrik.
Satz 13.5. Sei (X, d) ein metrischer Raum und K ⊆ X sei kompakt. Dann gibt es eine abzahlbareTeilmenge {x1, x2, ...} ⊆ K die dicht in K liegt.
Beweis. Nach dem Lemma gibt es fur jedes r > 0 endlich viele
y(r)1 , ..., y
(r)n ∈ K : K ⊆
n⋃i=1
B(y
(r)i , r
)D =
∞⋃k=1
{y( 1k )
1 , y( 1k )
2 , ..., y( 1k )
n( 1k )
}ist abzahlbar
x ∈ K, ε > 0, B(x, ε), k : 1k <
ε2
∃i : x ∈ B(x
12 , 1
k
): d
(x, y
1ki
)< ε
2 ⇔ y1ki ∈ B(x, ε)
Satz 13.6. Seien (X, d1) und (Y, d2) metrische Raume, f : X → Y stetig und K ⊆ X kompakt,dann ist f(K) kompakt.
283
Beweis nach Bolzano-Weierstrass. Sei yn eine Folge in f(K). Es gibt dann xn ∈K mit yn = f(xn).Weil K kompakt ist, hat (xn)n∈N eine konvergente Teilfolge (xnk)k∈Nx = d− lim
k→∞(xnk) ∈ K. Dann gilt wegen der Stetigkeit von f (Folgenkriterium)
f(x) = d2 − limk→∞
(f(xnk)
)= d2 − lim
k→∞(ynk)[
(yn)n∈N besitzt eine konvergente Teilfolge.]
Beweis nach Heine-Borel. Sei (Oi)i∈I eine offene Uberdeckung von f(K)f(K) ⊆
⋃i∈IOi. Dann gilt K ⊆
⋃i∈I
f−1(Oi)︸ ︷︷ ︸offen in X
. Es gibt eine endliche Teilmenge
I ′ = {i1, ..., iN} von I, soadss K von endlich vielen uberdeckt wird.
K ⊆n⋃j=1
f−1(Oij )⇒ f(K) ⊆n⋃j=1
Oij ⇒ f(K) kompakt
Bemerkung 202. Sei K eine kompakte Teilmenge des metrischen Raumes (X, d) und f :X → R. Dann ist f(K) beschrankt und abgeschlossen, das heißt f ist auf K beschrankt.∃M ∈ N : ∀x ∈ K : |f(x)| < M , weil f(K) abgeschlossen ist, gilt inf
x∈K
(f(x)
)und
supx∈K
(f(x)
)∈ f(K), also gibt es xmin ∈ K und xmax ∈ K : ∀x ∈ K f(xmin) ≤ f(x) ≤
f(xmax)
Satz 13.7. Satz von Minimum und MaximumSei K eine kompakte Teilmenge von (X, d), f : X → R stetig, dann ist f auf K beschrankt undnimmt auf K Minimum und Maximum an.
Beweis. Oben
Definition 13.22. Sei X 6= ∅ und d1, d2 Metriken auf X. d1 und d2 heißen aquivalent, wenn esein A, c ≥ 0 gibt, sodass ∀x, y ∈ X :
d1(x, y) ≤ A⇒ 1
c· d1(x, y) ≤ d2(x, y) ≤ c · d1(x, y)
Bemerkung 203. Aquivalente Metriken erzeugen dieselben offenen Mengen, also die-selbe Topologie.
Satz 13.8. Sei V ein endlichdimensionaler R oder C Vektorraum und seien ‖·‖a und ‖·‖bzweiNormen auf V , dann gibt es ein c > 1 sodass ∀x ∈ V : 1
c‖x‖b ≤ ‖x‖a ≤ ‖x‖bdas heißt: alle Normen auf V sind aquivalent.
284
Beweis. Wir zeigen, dass jede Norm ‖·‖a zur euklidschen Norm ‖·‖2 aquivalentist.
n = dim(V ), Sei e1, ..., en ein Basis (die Standardbasis)
x = x1e1 + ...+ xnen ⇒ ‖x1‖a ≤ |x| ·∥∥e1
∥∥a
+ ...+ |xn| ·∥∥en∥∥a C−S≤
C−S≤√|x1|2 + ...+ |xn|2 ·
√∥∥e1
∥∥2
a+ ...+
∥∥en∥∥2
a∥∥x∥∥a≤√∥∥e∥∥2
a+ ...+
∥∥en∥∥2
a︸ ︷︷ ︸c
∥∥x∥∥2
Damit ist die Abbildung ‖ · ‖a : V → R stetig bezuglich der durch ‖ · ‖2 gegebe-
nen Metrik.∣∣∣∥∥x∥∥
a−∥∥y∥∥
a
∣∣∣ ≤ ∥∥x− y∥∥a≤ c ·
∥∥x− y∥∥2
S ={x ∈ V
∣∣ ‖x‖2 = 1}
Einheitssphare. S ist kompakt: Sei (xk)k∈N eine Folgeauf Sx
(1)k ∈ [−1, 1]
B−W⇒ ∃x(1)kl→ x(1), k
(2)kl∈ [−1, 1]
B−W⇒ ∃x(2)kl→ x(2)...
... x(n)k...
→ x(n) das heißt, dass es eine Teilfolge von (xk)k∈N gibt, die koordina-
tenweise gegen x =(x(1), ..., x(n)
)konvergiert, wegen Norm
∥∥xk∥∥2= 1 ∀k ∈ N
gilt dann auch∥∥X∥∥ = 1
‖ · ‖a : S → R ist eine stetige Funktion auf einer kompakten Menge. Sie nimmtdaher Minimum und Maximum an.
xmin ∈ S 3 xmax : ∀x ∈ S :∥∥xminc1
∥∥a≤∥∥x∥∥
a≤∥∥xmaxc2
∥∥a∥∥xmin
∥∥ 6= 0 (weil xmin 6= 0)
x ∈ V \ {0}
x
‖x‖2∈ S c1 ≤
∥∥∥∥∥ x∥∥x∥∥2
∥∥∥∥∥ ≤ c2c1∥∥x∥∥
2≤∥∥x∥∥
a≤ c2
∥∥x∥∥2
Wenn c1 · c2 > 1, dann ersetzen wir c1 durch 1c2
Wenn c1 · c2 < 1, dann ersetzen wir c2 durch 1c1
Bemerkung 204. Der Beweis verwendet, dass die Einheitssphare kompakt ist nach demSatz von Riesz (ohne Beweis) charakterisiert diese Eigenschaft endlichdimensionale R-Form.
285
Beispiel 89.
l2 =
{(xn)n∈N
∣∣∣∣∣∞∑n=1
|xn|2 <∞
}
en =
(0, ..., 0,
1
n, 0, ...
), ‖en‖ = 1
Keine Basis im Sinne der Linearen Algebra
m 6= n, ‖em − en‖ =√
2
das heißt (en)n∈N hat keine konvergente Teilfolge.
Satz 13.9. Satz 12.8 [Satz von Dini]Sei K eine kompakte Teilmenge eines metrischen Raumes (X, d). Sei (fn)n∈N eine punktweisemonoton wachsende Folge stetiger Funktionen mit stetiger Grenzwertfunktion f , dann konvergiert(fn)n∈N auf K gleichmaßig gegen f .
Beweis nach Heine-Borel. 0 ≤ f(x)− fn(x) < εε > 0 : An =
{x ∈ X
∣∣ f(x)− fn(x) < ε}
= (f − fn)−1((−1, ε)
)ist offen als
Urbild einer offenen Menge.
K ⊆∞⋃n=1
An weil fur jedes x ∈ X : f(x) − fn(x) < ε fur n ≥ NX gilt K ist
kompakt:
K ⊆∞⋃n=1
An = AN , Weil Monotonie gilt
A1 ⊆ A2 ⊆ A3 ⊆ ...n ≥ N, K ⊆ An : ∀x ∈ K |f(x)− fn(x)| < εdas heißt ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀x ∈ K : |f(x)− fn(x)| < ε
Satz 13.10. Satz 3.13Sei K eine kompakte Teilmenge eines metrischen Raumes (X, d) und f : X → C stetig, dann istf auf K gleichmaßig stetig.[Y , mit (Y, d2) ist metrischer Raum
]
286
Beweis nach Heine-Borel.
∀x0 ∈ K, ∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x ∈ K : d(x0, x) < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε
ε > 0 : δ(x0) > 0 sei so gewahlt, dass ∀x ∈ X : d(x0, x) < 2δ(x0)
⇒ |f(x0)− f(x)| < ε
2
K ⊆x0∈K
B(x0, δ(x0)
) H−B⇒ ∃x1, ..., xn : K ⊆n⋃i=1
B(xi, δ(xi)
)δ = min
(δ(x1), ..., δ(xn)
)Sei d(x, y) < δ, x, y ∈ K, dann gibt es ein i, sodass x ∈ B
(xi, δ(xi)
)d(xi, y) ≤ d(xi, x)︸ ︷︷ ︸
<δ(xi)
+ d(x, y)︸ ︷︷ ︸≤δ≤δ(xi)
< 2δ(xi)
nach Definition von δ(xi) gilt |f(x)− f(xi)| <ε
2
|f(y)− f(xi)| <ε
2
|f(x)− f(y)| ≤ |f(x)− f(xi)|+ |f(xi)− f(y)| < ε
2+ε
2= ε
(fn)n∈N eine stetige, gegen f gleichmaßig konvergente Folge von Funktionen aufK und K sei kompakt.ε > 0 : Sei N so, dass ∀n ≥ N : ∀x ∈ K : |fn(x)− f(x)| < ε
3Sei δ∗ > 0 so, dass ∀x, y ∈ K : d(x, y) < δ∗ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε
3n ≥ N, x, y ∈ K, d(x, y) < δ∗
|fn(x)− fn(y)| ≤ |fn(x)− f(x)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
+ |f(x)− f(y)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
+ |f(y)− fn(y)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
< ε
Jede der endlich vielen stetigen Funktionen f1, ..., fN−1 ist gleichmaßig stetig.fur n = 1, ..., N − 1, ∃δn > 0, ∀x, y ∈ K : d(x, y) < δn ⇒ |fn(x)− fn(y)| < εδ = min
(δ∗, δ1, ..., δN−1
)Dann gilt ∀n ∈ N, ∀x, y ∈ K : d(x, y) < δ ⇒ |fn(x)− fn(y)| < ε|f(x)− f(y)| < ε
Definition 13.23. Sei F eine Menge stetiger Funktionen auf D. F heißt gleichstetig, wenn
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀f ∈ F, ∀x, y ∈ D : d(x, y) < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε
Satz 13.11. Sei (fn)n∈N eine gleichmaßig konvergente Folge stetiger Funktionen auf dem kom-pakten Intervall K, dann ist:
F ={f1, f2, f3, ...
}∪{f}
gleichstetig.
Beweis. Oben
287
Bemerkung 205. Sei K eine kompakte Teilmenge eine metrischen Raumes. Dann gibtes eine abzahlbare dichte Teilmenge A von K.
A = {x1, x2, x3, ...} ⊆ K∀x ∈ K, ∀ε > 0 : B(x, ε) ∩A 6= ∅
∃n ∈ N : d(x, xn) < ε
⇒∞⋃n=1
B(xn, ε) ⊇ K
K istkompakt
=⇒ ∃N ∈ N :
N⋃n=1
B(xn, ε) ⊇ K
Definition 13.24. Eine TeilmengeA eines metrischen Raumes heißt relativ kompakt (prakompakt),wenn ihr Abschluss (A) kompakt ist.
Bemerkung 206. A ist relativ kompakt, wenn jede Folge von Punkten aus A eine kon-vergente Teilfolge besitzt (muss nicht in A konvergieren)[Der Grenzwert muss nicht in A liegen
].
Satz 13.12. Arzela-AscoliSei K eine kompakte Teilmenge des metrischen Raumes (X, d). Eine Teilmenge F ⊆ C(K) istgenau dann relativ kompakt, wenn F beschrankt (im Sinne der Norm auf C(K)) und gleichstetigist.Alternativ: F ⊆ C(K) ist kompakt wenn F beschrankt, abgeschlossen und gleichstetig.
Beweis.
”⇐” Sei F beschrankt und gleichstetig. Dann ∃M : ∀f ∈ F : ‖f‖ ≤ M Sei
A = {x1, x2, x3, ...} eine dichte Teilmenge von K, ∀x ∈ K : |f(x)| ≤MSei (fn)n∈N eine Folge von Funktionen aus F(fn(x1)
)n∈N ist eine beschrankte Folge reeller oder komplexer Zahlen
B-W: ∃(n1,k) Teilfolge, sodass(fn1,k
(x1))k∈N konvergiert(
fn1,k(x2)
)ist beschrankt, besitzt also nach B-W eine konvergente Teil-
folge(fn2,k
(x2))k∈N
...(fnl,k(xl)
)k∈N ist eine konvergente Teilfolge von
(fnl−1,k
(xl))k∈N
gk = fnk,k ist Teilfolge von (fn)n∈N(gk)k∈N ist eine Teilfolge von jeder Folge (fnl,k)k∈N(bis auf endlich viele Glieder)⇒(gk(xl)
)k∈N konvergiert fur alle l ∈ N
zz.: (gk)k∈N konvergiert gleichmaßig auf KSei ε > 0 : ∀x, y ∈ K, ∀f ∈ F : d(x, y) < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε
3
288
nach der Bemerkung gibt es ein L, sodass K ⊆L⋃l=1
B(xl, δ)
Die endlich vielen Folgen(gk(xl)
)k∈N, l = 1, ..., L sind konvergent, daher
Cauchy-Folgen.
∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N, ∀l = 1, ..., L : |gm(xl)− gn(xl)| <ε
3Sei x ∈ K
m,n≥N:
|gm(x)− gn(x)| ≤ |gm(x)− gm(xl)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
+ |gm(xl)− gn(xl)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
+ |gn(xl)− gn(x)|︸ ︷︷ ︸< ε
3
< ε
l so gewahlt, dass d(x, xl) < δN ist nicht von x abhangig ⇒ ‖gm − gn‖k < ε, m, n ≥ NAlso ist (gk)k∈N eine Cauchy-Folge in C(K), daher konvergent.
”⇒” Indirekt: Sei F nicht beschrankt. Dann gibt es eine Folge (fn)n∈N aus F
mit ‖fn‖ ≥ n∀n, ∃xn ∈ K : |fn(xn)| ≥ n(xn)n∈N besitzt eine konvergente Teilfolge (xnk)k∈N, x = d− lim
k→∞(xnk)
Wenn fnk eine gegen f gleichmaßig konvergente Teilfolge besitzt, danngilt |fnkl
(xnkl
)| ≥ nkl andererseits gilt lim
l→∞
(fnkl (xnkl )
)= f(x) E
angenommen F ware nicht gleichstetig∃ε > 0 : ∀δ > 0, ∃x, y ∈ K
xn,yn
: ∃f ∈ Ffn
: d(x, y) < δ und |f(x)− f(y)| ≥ ε
δ := 1n , d(xn, yn) < 1
n(xn)n∈N besitzt konvergente Teilfolge (xnk)k∈Nx = d− lim
k→∞(xnk) = d− lim
k→∞(ynk)
Sei (fnkl )l∈N eine gleichmaßige gegen f konvergente Teilfolge von (fnk)k∈N
fnkl (xnkl )→ f(x), fnkl (ynkl )→ f(x), aber∣∣∣fnkl (xnkl )− fnkl (ynkl )∣∣∣ ≥ ε
289
Bemerkung 207. Sei F ⊆ C(K), F kompakt, F = ∅f : R→ R stetig, mit R ⊆ R2
(a, b)
h2
h1
f(x, y)
R ={
(x, y) ∈ R2∣∣ a ≤ x ≤ a+ h1 und |y − b| ≤ h2
}Anfangswertproblem: y′ = f(x, y), f(a) = bgesucht ist eine Funktion g = y(x) mit diesen beiden Eigenschaften.
Satz 13.13. Satz von PeanoSei f : R→ R stetig (R wie oben). Dann gibt es ein 0 < h ≤ h1 und eine stetige differenzierbareFunktion y : [a, a+ h]→ R sodass ∀x ∈ [a, a+ h] : y′(x) = f
(x, y(x)
), y(a) = b
Beweis. f ist auf R beschrankt und gleichmaßig stetig.∃M ∈ N : ∀(x, y) ∈ R, |f(x, y)| ≤M ⇒ wenn y eine Losung ist.Dann gilt ∀x ∈ [a, a+ h] : |y′(x)| ≤M
y(x) = y(a)︸︷︷︸b
+x
a
y′(ξ)dξ ⇒ |y(x)− b| ≤x
a
Mdξ = M · (x− a) ≤M · h
Wir zeigen, dass wir h = h2
M wahlen konnen:
h = min(h2
M , h1
)Wir versuchen naherungsweise zu konstruieren
290
yn(x) =
b+ f(a, b)(x− a)fur a ≤ x ≤ a+ h
n(yn(a+ h
n
)= b+ f(a, b)hn
)
yn(a+ h
n
)+ f
(a+ h
n , yn(a+ h
n
)) (x−
(a+ h
n
)) fur a+ hn ≤ x ≤ 2 · hn
yn(a+ 2 · hn
)=
= b+ f(a, b)hn+
+f(a+ h
n , yn(a+ h
n
))hn
...
yn(a+ l hn
)+ f
(a+ l hn , yn
(a+ l hn
)) (x−
(a+ l hn
))fur a+ l hn ≤ x ≤ a+ (l + 1)hn
0 ≤ l ≤ n− 1
a+ 1 hn
a+ 2 hn
a+ 3 hn
f(a+ h
n , yn(a+ h
n
))
(yn) sind stetige Funktionen, es gilt: |yn(x)− b| ≤ h2 ∀n ∈ N und allex ∈ [a, a+ h]⇒ (yn)n∈N ist beschranktnoch zu zeigen: gleichstetig: |yn(x1)− yn(x2)| ≤M |x1 − x2|Da yn(x) stuckweise linear sind mit Steigung ≤ M , also Lipschitz-stetig mitderselben Konstante M, daher gleichstetig. Nach Satz 3.10 besitzt (yn)n∈N einegleichmaßig konvergente Teilfolge (ynk)k∈Nzz.: y(x) = lim
k→∞
(ynk(x)
)ist eine Losung der Aufgabe.
gn :[a, a+ h] → R
x 7→ a+⌊n (x−a)
h
⌋· hn
g1 a+ hn
g2 a+ 2hng3
291
a+ l hn ≤ x ≤ a+ (l + 1)hn ⇒ gn(x) = a+ l hn
Dann gilt yn(x) = b+x
a
f(gn(ξ), yn
(gn(ξ)
))dξ
f ist gleichmaßig stetig: ∀ε > 0, ∃δ > 0 : |x1 − x2| < δ und |y1 − y2| < δ⇒ |f(x1, y1)− f(x2, y2)| < ε|ξ − gn(ξ)| < h
n , |yn(gn(ξ))− yn(ξ)| < M · hnSei N so groß, dass ∀n ≥ N : h
n < δ und M · hn < δ gilt.∣∣∣∣∣∣yn(x)− b−xˆ
a
f(ξ, yn(ξ)dξ)
∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸?
≤xˆ
a
|f(ξ, yn(ξ))− f(gn(ξ), yn(gn(ξ)))|︸ ︷︷ ︸<ε
dξ
︸ ︷︷ ︸<εh
Sei (ynk)k∈N eine gleichmaßig konvergente Teilfolge von (yn) mit y(x) = limk→∞
(ynk(x)
),
dann konvergiert f(ξ, ynk(ξ)
)gleichmaßig gegen f
(ξ, y(ξ)
)n = nk :
? = limk→∞
(∣∣∣∣y(x)− b−x
a
f(ξ, y(ξ))dξ
∣∣∣∣) < εh ∀ε > 0
also y(x) = b+x
a
f(ξ, y(ξ)
)︸ ︷︷ ︸stetig
dξ
Hauptsatz derDifferential- undIntegralrechnung
Satz 10.4=⇒ y′(x) = f(x, y(x)
)und y(a) = b
13.4 Der Fixpunktsatz von Banach
Definition 13.25. Sei (X, d) ein metrischer Raum und f : X → X. f heißt dann Kontraktion,wenn ∃c > 1 : ∀x, y ∈ X : d
(f(x), f(y)
)≤ c · d(x, y).
Bemerkung 208. Kontraktionen sind gleichmaßig (Lipschitz-)stetig
Satz 13.14. Banachscher FixpunktsatzSei (X, d) ein vollstandiger, metrischer Raum und f : X → X eine Kontraktion. Dann besitzt fgenau einen Fixpunkt in X, also einen Punkt x0 ∈ X mit f(x0) = x0.
Beweis. Wahle y0 ∈ X beliebig und betrachte die Folge yn+1 = f(yn), n ≥ 0Zeige, dass (yn)n∈N eine Cauchy-Folge ist.
d(yn+1, yn) = d(f(yn), f(yn−1)
)≤ c · d(yn, yn−1)
Induktion≤ ... ≤ cnd(y1, y0)
d(yn+m, y) ≤ d(yn+m, yn+m−1) + d(yn+m−1, yn+m−2) + ...+ d(yn+1, yn) ≤
≤ (cn+m−1 + cn+m−2 + ...+ cn)︸ ︷︷ ︸cn· 1−cm1−c
d(y1, y0) ≤ cn
1− cd(y1, y0)
292
⇒ Cauchy-Folge
Weil c < 1 ist, gilt limn→∞
(cn
1−c
)d(y1, y0) = 0 und daher ∀ε > 0, ∃N ∈ N :
∀n ≥ N, ∀m ∈ N : d(yn+m, yn) ≤ ε : (yn)n∈N ist Cauchy-Folge und daherkonvergent wegen der Vollstandigkeit von X.
x0 = d− limn→∞
(yn) = d− limn→∞
(yn+1) = d− limn→∞
(f(yn)) = f(x0)
Also ist die Existenz bewiesennoch zz.: Eindeutigkeit:Angenommen ∃x0 und x′0 Fixpunkte [x0 6= x′0]d(x0, x
′0) = d
(f(x0), f(x′0)
)≤ c · d(x0, x
′0) E da c < 1
Beispiel 90.
1.
cos(x) = x zuerst fur x ∈ [0, 1]
zz.: cos : [0, 1]→ [0, 1] ist Kontraktion[X = [0, 1] und d(x, y) = |x− y|
]|cos(x)− cos(y)| = |− sin(ξ)|︸ ︷︷ ︸
ξ∈[0,1]
· |x− y|
und daher |sin(ξ)| ≤ sin(1) < 1
cos ist daher eine Kontraktion auf [0, 1]
⇒ ∃!x0 ∈ [0, 1] : x0 = cos(x0)
y0 ∈ R, y1 = cos(y0) ∈ [−1, 1]
y2 = cos(y1) ∈ [cos(1), 1] ⊆ [0, 1]
2. Sei K : [a, b]× [a, b]→ R eine stetige Funktion.”
Kern”
ϕ : [a, b]→ R stetig
y(x) = λ
bˆ
a
K(x, ξ)y(ξ)dξ + ϕ(x)
︸ ︷︷ ︸F[y](x), y=F[y]
−→ Fredholmsche Integralgleichung 1. Art
gesucht ist y : [a, b]→ RWir wollen zeigen, dass (F ) eine Losung besitzt, wenn |λ| < λ0
X = C[a, b], d(f, g) = ‖f − g‖[a,b][Vollstandiger metrischer Raum
]
293
∣∣F[f ](x)− F[g](x)∣∣ =
∣∣∣∣∣∣λbˆ
a
K(x, ξ)(f(ξ)− g(ξ))dξ
∣∣∣∣∣∣ ≤≤ |λ| ·
bˆ
a
|K(x, ξ)| · |f(ξ)− g(ξ)|︸ ︷︷ ︸≤‖f−g‖
dξ ≤ |λ|bˆ
a
|K(x, ξ)|dξ‖f − g‖
Feststellung: x 7→bˆ
a
|K(x, ξ)|dξ ist stetig auf [a, b]
M := max
bˆ
a
|K(x, ξ)|dξ∣∣∣∣x ∈ [a, b]
∣∣F[f ](x)− F[g](x)∣∣ ≤ |λ| ·M · ‖f − g‖ ⇒ ‖F[f ] − F[g]‖ ≤ |λ| ·M︸ ︷︷ ︸
<1
·|f − g‖
λ0 =1
M⇒ |λ| < 1
Mist f 7→ F[f ] eine Kontraktion
Daher gibt es nach Satz 13.12 genau eine Losung der Gleichung (F ).y0(x) ist stetig auf beliebigem [a, b)
y1(x) = λ
bˆ
a
K(x, ξ)y0(ξ)dξ + ϕ(x)
y2(x) = λ
bˆ
a
K(x, ξ)
λ bˆ
a
K(ξ, ξ1)y0(ξ1)dξ1 + ϕ(ξ)
dξ =
= λ2
bˆ
a
K(x, ξ) ·bˆ
a
K(ξ, ξ1)y0(ξ1)dξ1dξ + λ
bˆ
a
K(x, ξ)ϕ(ξ)dξ
Bemerkung 209.
d(yn+m, yn) ≤ cn
1− cd(y1, y0)
m→∞ :
d(x0, yn) ≤ cn
1− cd(y1, y0)
∃ A priori-Abschatzung fur den Fehler d(yn, x0)
d(yn+m, yn) ≤ d(yn+m, yn+m−1) + ...+ d(yn+1, yn) ≤ (cm−1 + ...+ c0)︸ ︷︷ ︸< 1
1−c
d(yn+1, yn)
294
d(yn+k, yn+k−1) ≤ c · d(yn+1, yn+k−2) ≤ ... ≤ ck−1d(yn+1, yn)
d(yn+m, yn)n→∞−→ d(x0, yn) ≤ 1
1− cd(yn+1, yn) ≤ c
1− cd(yn, yn−1)
A posteriori-Abschatzung
295
14 Die Gamma-Funktion
Wir suchen eine Funktion f : R+ → R+ oder f : C → C fur die ∀n ∈ N :f(n) = (n− 1)!f(n+ 1) = nf(n), f(x+ 1) = xf(x), ∀x ∈ R+
−4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
s ∈ N :
(s− 1)! =(n+ s)!
s(s+ 1) · ... · (s+ n)=n!(n+ 1) · ... · (n+ s)ns
s(s+ 1) · ... · (s+ n)ns
(n+ 1) · ... · (n+ s)
ns=
(1 +
1
n
)(1 +
2
n
)· ... ·
(1 +
s
n
)n→∞−→ 1
(s− 1)! = limn→∞
(n!ns
s(s+ 1) · ... · (s+ n)
), ∀s ∈ C \ (−N0) sinnvoll
fur s ∈ C \ (−N0) definieren wir
Γ(s) = limn→∞
(n!ns
s(s+ 1) · ... · (s+ n)
)wenn der Grenzwert existiert
sΓ(s) = limn→∞
(n!ns(s+ 1 + n)n
(s+ 1) · ... · (s+ n)(s+ n+ 1)n︸ ︷︷ ︸(s+1+n)
n
n→∞−→ 1
)=
= limn→∞
(n!ns+1
(s+ 1) · ... · (s+ n+ 1)
)= Γ(s+ 1)
296
Existenz des Grenzwertes:[fur s > 0
]limn→∞
(n!ns
s(s+ 1) · ... · (s+ n)
)
ln
(n!ns
s(s+ 1) · ... · (s+ n)
)= − ln(s)−
n∑k=1
ln(k+s)·ln(k)︷ ︸︸ ︷ln(
1 +s
k
)︸ ︷︷ ︸
≈ sk
+s ln(n) =
= − ln(s)−n∑k=1
(ln(
1 +s
k
)− s
k
)︸ ︷︷ ︸
=− s2
2k2· 1(1+O· s
k)2
nach Taylor
−s
(n∑k=1
1
k− ln(n)
)
n→∞ :
limn→∞
(ln
(n!ns
s(s+ 1) · ... · (s+ n)
))= − ln(s)−
∞∑k=1
(ln(
1 +s
k
)− s
k
)︸ ︷︷ ︸
konvergiert
−γs
γ = limn→∞
(n∑k=1
1
k− ln(n)
)
limn→∞
(n!ns
s(s+ 1) · ... · (s+ n)
)=
1
s
∞∏k=1
(1 +
s
k
)−1
e2k e−γs︸ ︷︷ ︸
⇒Grenzwert existiert
konvergiert gleichmaßig auf kompakten teilmengen von R+
Γ : R+ → R+ daher stetig
Γ(s)Γ(1− s) = limn→∞
(n!ns
s(s+ 1) · ... · (s+ n)· n!n1−s
(1− s)(2− s) · ... · (n+ 1− s)
)=
= limn→∞
π
s
n∏k=1
(1 +
s
k
)(1− s
k
)︸ ︷︷ ︸
sin
π
· n
n+ 1− s
⇒ Γ(s)Γ(1− s) =
π
sin(πs)
Γ
(1
2
)Γ
(1
2
)=
π
sin(π · 1
2
) = π ⇒ Γ
(1
2
)=√π
Γ
(3
2
)=
1
2
√π, Γ
(5
2
)=
3
4
√π
Γ
(7
2
)=
15
8
√π
297
Bemerkung 210. Fur s ∈ R− \ (−N0) kann man den Wert Γ(s) durch
Γ(s) =Γ(s+ k)
s(s+ 1) · ... · (s+ k − 1)
bestimmen. Wahle k ∈ N mit k + s > 0. Durch Γ(s) = limn→∞
(n!ns
s(s+1)·...·(s+n)
)ist auf
R\ (−N0) eine stetige Funktion definiert fur die sΓ(s) = Γ(s+1) gilt und Γ(n) = (n−1)!fur n ∈ N.
Bemerkung 211. Sei g : R+ → R+ eine periodische Funktion mit Periode 1 und gelteg(1) = 1. Dann erfullt f(x) = g(x)Γ(x) die triviale Funktionalgleichung der Γ-Funktionund f(1) = 1. Das heißt die triviale Funktionalgleichung hat ∞-viele Losungen. Setzef(x) = g(x)Γ(x) in die zweite Funktionalgleichung ein
g(x)���Γ(x)g(1− x)���
�Γ(1− x) =��
��π
sin(πx)⇔ g(x)g(1− x) = 1
⇒ g
(1
2
)= 1, ansonsten kann g auf
[0,
1
2
]beliebig gewahlt werden
Γ(s) = e−γs · 1
s·∞∏n=1
(1 +
s
n
)−1
esn
ln(Γ(x)) = −γx− ln(x)−∞∑n=1
(ln(
1 +x
n
))− x
n︸ ︷︷ ︸konvergiert fur alle kompakten
Teilmengen von R+
ψ(x) =Γ′(x)
Γ(x)= −γ − 1
x−
∞∑n=1
(1
x+ n− 1
n
)︸ ︷︷ ︸
konvergiert fur allekompakten Teilmengen von R+∣∣∣∣ 1
x+ n− 1
n
∣∣∣∣ =
∣∣∣∣− x
n(n+ x)
∣∣∣∣ ≤ |x|n2(ln(Γ(x)
))′′=
1
x2+
∞∑n=1
1
(n+ x)2=
∞∑n=0
1
(n+ x)2
striktkonvex> 0
das heißt: ln(Γ(x)
)ist auf R+ strikt konvex
Definition 14.1. Eine Funktion f : I → R+ heißt logarithmisch konvex, wenn ln(f) : I → Rkonvex ist. Das heißt:
∀x, y ∈ I : ∀t ∈ [0, 1] : f(tx+ (1− t)y
)≤ f(x)tf(y)1−t
298
Bemerkung 212. Wenn f logarithmisch konvex ist,dann ist f auch konvex
f(tx+ (1− t)y
)≤ f(x)tf(y)1−t ≤
geometrisch-arithmetische
Mittelungleichung
tf(x) + (1− t)f(y)
Satz 14.1. Satz von BOHR-MOLLERUPSei f : R+ → R+ eine Funktion mit folgenden Eigenschaften:
1. f(1) = 1
2. ∀x ∈ R+, xf(x) = f(x+ 1)
3. f ist auf R+ logarithmisch konvex
Dann gilt ∀x ∈ R+, f(x) = Γ(x).
Beweis. Sei f : R+ → R+ eine Funktion mit den Eigenschaften 1.-3.. Danngilt aus 1. und 2. mit Induktion f(n) = (n − 1)!. Wenn die Werte von f(x)fur x ∈ (0, 1] bekannt sind, dann kann man aus 2. die Werte f(x) fur x ∈ R+
bestimmen. Es genugt also zu zeigen, dass f(x) = Γ(x) fur x ∈ (0, 1]. Sei abjetzt x ∈ (0, 1), n ∈ N
f(n+ x) = f(n(1− x) + (n+ 1)x
) 3.≤ f(n)1−xf(n+ 1)x
n < n+ x < n+ 1
f(n+ x) ≤ (n− 1)!1−x(n!)x = (n!)1−x(n!)xnx−1 = n!nx−1
f(n+ x) = f(x)x(x+ 1) · ... · (x+ n− 1)
f(x) ≤ n!nx−1
x(x+ 1) · ... · (x+ n− 1)∀x ∈ (0, 1), ∀n ∈ N
n+ x < n+ 1 < n+ x+ 1
f(n+ 1) = f((n+ x)x+ (n+ x+ 1)(1− x)
) 3.≤ f(n+ x)xf(n+ 1 + x)1−x =
= f(n+ x)x((n+ x)f(n+ x)
)1−x= f(n+ x)(n+ x)1−x
n! ≤ f(n+ x)(n+ x)1−x = x(x+ 1) · ... · (x+ n− 1)f(x)(n+ x)1−x
f(x) ≥ n!(n+ x)x
x(x+ 1) · ... · (x+ n)
das heißt:n!(n+ x)x
x(x+ 1) · ... · (x+ n)≤ f(x) ≤ n!nx−1
x(x+ 1) · ... · (x+ n+ 1)=
=n!xn
x(x+ 1) · ... · (x+ n)· x+ n
n
limn→∞
(n!nx
x(x+ 1) · ... · (x+ n)︸ ︷︷ ︸→Γ(x)
·(
1 +x
n
)x︸ ︷︷ ︸→1
)≤ f(x) ≤ lim
n→∞
(n!nx
x(x+ 1) · ... · (x+ n)︸ ︷︷ ︸→Γ(x)
· x+ n
n︸ ︷︷ ︸→1
)
⇔ Γ(x) ≤ f(x) ≤ Γ(x)⇒ f(x) = Γ(x)
299
Bemerkung 213. Wenn f nur die Eigenschaften 2. und 3. hat, dann giltf(x) = f(1)Γ(x).
Satz 14.2. Verdoppelungssatz
∀x ∈ R+ gilt Γ(x)Γ
(x+
1
2
)=√x · 21−2x · Γ(2x)
Beweis.
f(x) =1√π· 2x−1 · Γ
(x2
)Γ
(x+ 1
2
)⇒ ist logarithmisch konvex als Produkt
von logarithmisch konvexen Funktionen
f(1) =1√π· Γ(
1
2
)Γ(1) =
√π√π
= 1
f(x+ 1) =1√π· 2x · Γ
(x+ 1
2
)· Γ(x
2+ 1)
︸ ︷︷ ︸x2 Γ( x2 )
=
=1√π· 2x · x
2︸ ︷︷ ︸2x·2−1·x
=2x−1x
Γ(x
2
)Γ
(x+ 1
2
)= xf(x)
⇒ f hat 1. 2. und 3. ⇒ f = Γ
Satz 14.3. Integraldarstellung von ΓFur x > 0 gilt
Γ(x) =
∞
0
tx−1e−tdt
ist konvergent.
Beweis.
f(x) :=
∞
0
tx−1e−tdt
300
1.
f(1) =
∞
0
e−tdt = −e−t∣∣∣∣∞0
= 0− (−1) = 1
2.
f(x+ 1) =
∞
0
txe−tdt = limT→∞
T
0
tx︸︷︷︸u
e−t︸︷︷︸v′
dt
=
= limT→∞
−txe−t∣∣∣∣T0
+ x
T
0
tx−1e−tdt
= limT→∞
−T xe−T︸ ︷︷ ︸→0
+x
T
0
tx−1e−tdt
=
= limT→∞
x T
0
tx−1e−tdt
= x
∞
0
tx−1e−tdt = xf(x)
3.
f(λx+ (1− λ)y) =
∞
0
tλx+(1−λ)y−1e−tdt =
∞
0
(tx−1e−t
)λ (ty−1e−t
)1−λdt
Holder≤
[λ :=
1
pund (1− λ) :=
1
q⇒ 1
p+
1
q= 1 ⇒ Holder
]
Holder≤
∞
0
(tx−1e−t
) 1︷︸︸︷λp
dt
1p
·
∞
0
(ty−1e−t
) 1︷ ︸︸ ︷(1− λ)q
dt
1q
= f(x)λf(y)1−λ
⇒ f(x) = Γ(x), ∀x > 0
Γ
(1
2
)=√π =
∞
0
1√te−tdt =
∞
0
√2
xe−
x2
2 xdx =√
2
∞
0
e−x2
x dx =√π
[t =
x2
2, dt = xdx
]⇒√
2
2
∞
−∞
e−x2
2 dx =√π ⇔
∞
−∞
e−x2
2 dx =√
2π
301
∞
−∞
e−x2
2 dx =√
2π
ln(Γ(x)) = limn→∞
(ln(n!) + x ln(n)−
n∑k=0
ln(k + x)
)n∑k=0
ln(k + x) =
n
0
ln(x+ t)dt+1
2(ln(x) + ln(n+ x)) +
n
0
{t} − 12
t+ xdt =
= (n+ x) ln(n+ x)− n− x ln(x) +1
2(ln(x) + ln(n+ x)) +
n
0
{t} − 12
t+ xdt
ln(Γ(x)) = limn→∞
(n ln(n)− n+
1
2ln(2π) +
1
2ln(n) +Rn + x ln(n)− (n+ x) ln(n+ x)+
+n+ x ln(x)− 1
2ln(x)− 1
2ln(n+ x)−
n
0
{t} − 12
t+ xdt
=
[Stirlingsche Formel: lim
n→∞(Rn) = 0
]
= limn→∞
−n ln
(n+ x
n
)− x ln
(n+ x
n
)︸ ︷︷ ︸
→0
− 1
2ln
(n+ x
n
)︸ ︷︷ ︸
→0
−1
2ln(x)− 1
2ln(2π)+
+x ln(x)−n
0
{t} − 12
t+ xdt+ Rn︸︷︷︸
→0
limn→∞
(n ln
(1 +
x
n
))= limn→∞
(x
ln(1 + x
n
)xn
)= x
limn→∞
n
0
{t} − 12
t+ xdt
=
∞
0
{t} − 12
t+ xdt
︸ ︷︷ ︸Konvergiert, nachSatz von Dirichlet
Dann gilt: ln(Γ(x)
)= −x+ x ln(x)− 1
2ln(x) +
1
2ln(2π)−
∞
0
{t} − 12
t+ xdt
µ(x) = −∞
0
{t} − 12
t+ xdt
⇒ Γ(x) = xx−12 e−xeµ(x)
√2π =
√2π · xx− 1
2 e−xeµ(x)
n ≤ t ≤ n+ 1, −B1({t}) = −(t− n− 1
2
)
302
n+ 12
n+ 1n
1t+x ist in t monoton fallend. Weil B1({t}) ungerade bezuglich n+ 1
2 ist, ist:
n+1ˆ
n
−B1({t})t+ x
dt > 0, also µ(x) > 0 fur x > 0
µ(x) =
∞
0
−B1({t})t+ x
dt =−B2({t})
2· 1
t+ x
∣∣∣∣∣∞
t=0
−∞
0
B2({t})2(t+ x)2
dt =
=1
12x− −B3({t})
6(t+ x)3
∣∣∣∣∣∞
t=0︸ ︷︷ ︸=0
− 2
∞
0
B3({t})6(t+ x)3
dt
︸ ︷︷ ︸< 0, weil 1
(x+t)3
monoton fallt undB3 in jedem Intervall[n, n+ 1] ungerade ist
bezuglich n+ 12
B3(t) = t
(t− 1
2
)(t− 1)
Das heißt: 0 < µ(x) <1
12x, sogar lim
x→∞
(µ(x)12x
)= 1
Γ′(x)
Γ(x)= −γ +
1
x+
∞∑k=1
(1
k + x− 1
k
)→ x = 1
Γ′(1) = −γ + 1 +
∞∑k=1
(1
k + 1− 1
k
)= −γ
Γ(x) =
∞
0
e−ttx−1dt
Γ′(x) =
∞
0
e−t ln(t)tx−1dt
⇒ Γ′(1) =
∞
0
e−t ln(t)dt = −γ
303
∞∑k=0
nk
k!= en, lim
n→∞
(e−n
n∑k=0
nk
k!
)=
1
2
limn→∞
e−n ∑0≤k≤αn
nk
k!
=
0 α < 112 α = 1
1 α > 1
304
15 Kurven
Definition 15.1. Eine Abbildung ~x : I → Rd heißt Weg (beziehungsweise parametrische Kurve),wenn ~x stetig, beziehungsweise k-mal stetig differenzierbar ist. Dann heißt ~x stetiger Weg, bezie-hungsweise lk-Weg. Ein Weg heißt einfach, wenn ~x injektiv ist. Ein Weg heißt regular, wenn ~x 6= ~0ist, fur alle t ∈ I
~x(t) = limh→0
(~x(t+ h)− ~x(t)
h
)Das Bild ~x(I) ⊆ Rd heißt Kurve.
A
d = 2
B~x(I) ist einerseits Teilmenge von Rd (Tragermenge der Kurve) durch die Abbildung ~x : I → Rdtragt diese Menge aber noch zusatzlich eine Orientierung.
Satz 15.1. Sei ~x : I → R2 ein stetig differenzierbarer Weg mit x(t) 6= 0 fur alle t ∈ I.[~x =
(x(t)y(t)
)]. Dann gibt es es eine Funktion f : x(I)→ R, sodass ∀t ∈ I : y(t) = f(x(t)). Es
gilt dann f ′(x(t)
)= y(t)
x(t) .7
Beweis. Weil x(t) 6= 0 gilt, fur alle t ∈ I, hat x(t) immer dasselbe Vorzeichen.Daher ist x : I → R entweder streng monoton fallend, oder wachsend. Alsogibt es eine Umkehrfunktion x(−1) : x(I)→ I. Nach dem Umkehrsatz ist x(−1)
differenzierbar auf x(I). f(x) = y(x(−1)(x)
)ist eine differenzierbare Funktion
auf x(I). Es gilt f(x(t)) = y(x(−1)(x(t))︸ ︷︷ ︸=t
) = y(t)
⇒ f ′(x(t)) · x(t) = y(t)
305
Bemerkung 214.
f ′′(x(t)
)· x(t) =
x(t)y(t)− x(t)y(t)
x(t)2
f ′′(x(t)
)=x(t)y(t)− x(t)y(t)
x(t)3
f ′′(x) =˙y − xyx3
Beispiel 91.
~x(t) =
(cos(t)sin(t)
)0 ≤ t ≤ 2π
x2 + y2 = 1
2xx+ 2yy = 0
⇔ xx+ yy = 0
f ′(x) =y
x= −x
y
15.1 Bogenlange von parametrischen Kurven
~x : I → Rd, ‖·‖ auf Rd[zum Beispiel: ‖Z‖ =
√x2
1 + ...+ x2d
]Sei Z = {t0 < t1 < ... < tn} eine Zerlegung.
Dann ist S(Z) =n−1∑i=0
‖~x(ti+1) − ~x(ti)‖ die Lange des Polgyonzuges, der durch
die Zerlegung gegeben wird. Wenn Z1 ⊆ Z2, dann gilt auch S(Z1) ≤ S(Z2)[Dreiecksungleichung
]Definition 15.2. Eine parametrische Kurve heißt rektifizierbar, wenn
supZ
(S(Z)
)<∞
S = supZ
(S(Z)
)heißt dann die Bogenlange der Kurve
Lemma 18. Dreiecksungleichung fur IntegraleSei ~x : [a, b]→ Rd koordinatenweise eine Regelfunktion. Dann gilt∥∥∥∥∥∥
bˆ
a
~x(t)dt
∥∥∥∥∥∥ ≤bˆ
a
‖~x(t)‖ dt
306
Beweis.
‖R(~x,Z,Ξ)‖ ≤ R(‖~x‖,Z,Ξ
)∥∥∥∥∥n−1∑i=0
~x(τi)(ti+1 − ti)
∥∥∥∥∥ ≤n−1∑i=0
‖~x(τi)‖(ti+1 − ti)
‖Z‖ → 0∥∥∥∥∥∥bˆ
a
~x(t)dt
∥∥∥∥∥∥ ≤bˆ
a
‖~x(t)‖dt
Satz 15.2. Sei ~x : [a, b] → Rd fast uberall differenzierbar. Das heißt, dass die Ableitung jederKoordinatenfunktion eine Regelfunktion ist. Dann ist die, durch ~x gegebene parametrische Kurve,rektifizierbar und es gilt:
S =
bˆ
a
‖~x‖dt
Bemerkung 215. Die Aussage gilt fur jede Norm auf Rd.
Beweis. Wir zeigen zuerst, dass fur jede Zerlegung Z von [a, b]
s(Z) ≤bˆ
a
‖~x(t)‖dt gilt
n−1∑i=0
‖~x(ti+1)− ~x(ti)‖ =
n−1∑i=0
∥∥∥∥∥∥ti+1ˆ
ti
~x(t)dt
∥∥∥∥∥∥Lemma
18≤
Lemma18≤
n−1∑i=0
ti+1ˆ
ti
‖~x(t)‖dt = S
das heißt ~x([a, b]
)ist rektifizierbar
Wir mussen noch zeigen, dass ∀ε > 0, ∃Z : S(Z) > S − ε
~x ist eine Regelfunktion, daher kann sie koordinatenweise gleichmaßig durchTreppenfunktionen approximiert werden. Sei ~ϕ : [a, b] → Rd eine koordina-
tenweise Treppenfunktion mit supt∈[a,b]
(‖~x(t)− ~ϕ(t)‖
)< ε
2(b−a) . Sei Z die zu ~ϕ
gehorende Zerlegung, also ~ϕ : (ti, ti+1)→ Rd ist konstant.
307
S(Z) =
n−1∑i=0
∥∥∥∥∥∥ti+1ˆ
ti
~x(t)dt
∥∥∥∥∥∥ ≥n−1∑i=0
∥∥∥∥
ti+1ˆ
ti
~ϕ(t)dt
︸ ︷︷ ︸=~ϕ(τi)(ti+1−ti)
∥∥∥∥−∥∥∥∥∥∥ti+1ˆ
ti
(~x(t)− ~ϕ(t))dt
∥∥∥∥∥∥ ≥
≥n−1∑i=0
ti+1ˆ
ti
‖~ϕ(t)‖ −ti+1ˆ
ti
‖~x(t)− ~ϕ(t)‖dt
=
=
bˆ
a
‖~ϕ(t)‖dt−bˆ
a
‖~x(t)− ~ϕ(t)‖dt ≥
≥bˆ
a
‖~x(t)‖dt−bˆ
a
∣∣∣ ‖~ϕ‖ − ‖~x(t)‖︸ ︷︷ ︸≤‖~ϕ(t)−~x(t)
∣∣∣dt− bˆ
a
‖~x(t)− ~ϕ(t)‖dt ≥
≥ S − 2
bˆ
a
‖~ϕ(t)− ~x(t)︸ ︷︷ ︸< ε
2(b−a)
‖ > S − ε
Beispiel 92.
~x(t) =
(cos(t)sin(t)
)~x =
(− sin(t)cos(t)
)‖~x‖ = 1
tˆ
0
‖~x(τ)‖dτ = t
Umfang des Kreises:
2πˆ
0
‖~x‖dt = 2π
Sei ~x : I → Rd eine parametrisierte Kurve. Dann heißt eine streng monotonwachsende surjektive Funktion, ϕ : Z → I ein Parameterwechsel (Umparame-trisierung).
~y(t) = ~x(ϕ(t)
), neue Parametrisierung derselben Kurve
I = [a, b] : ϕ(t) = −t+ a+ b
~y(t) = ~x(a+ b−), (Umparametrisierung der Kurve)
308
Wir suchen Eigenschaften von Kurven, die nach dem Parameterwechsel invariantsind
S =
bˆ
a
‖~x(t)‖dt =
dˆ
c
‖~x(ϕ(u)
)‖ϕ(u)du
=
dˆ
c
‖ϕ(u)~x(ϕ(u)
)‖du =
dˆ
c
‖~y(u)‖du
t = ϕ(u), ~y(u) = ~x(ϕ(u)
), ~y(u) = ~x
(ϕ(u)
)ϕ(u)
ϕ : [c, d]→ [a, b], streng monoton wachsend
S(t) =
tˆ
a
‖~x(τ)‖dτ
s(t) = ‖~x(t)‖s2 = x2
1 + x22 + ...+ x2
d
(sdt)2︸ ︷︷ ︸ds
= (x1dt)2︸ ︷︷ ︸
dx1
+...+ (xddt)2︸ ︷︷ ︸
dx−d
ds2 = dx1 + ...+ dx2d
ds = ‖~x‖dt, Bogenenelement
Ausgezeichnete Parametrisierung der Kurve,
”Bogenlangenparameter”
~y(s) = ~x(g(s)) und g(s(t)) = T, Umkehrfunktion der Bogenlange
~x(a)
~x(t)s(t)
309
Bemerkung 216. Ableitungen bezuglich der Bogenlange werden als”′ ”notiert.
d~x
ds= ~x′
‖~x′‖ =
∥∥∥∥d~xds∥∥∥∥ =
∥∥∥∥d~xdt · dtds∥∥∥∥ = ‖~x‖ · 1
‖~x‖= 1
f ′(s) =df
ds=df
dt· dtds
=f(t)
‖~x(t)‖
15.2 Bogenlange von Funktionsgraphen, Volumen und Ober-flache von Rotationskorpern
f : [a, b]→ R, y = f(x)
Verwende x als Parameter
~x(x) =
(x
f(x)
), ~x(x) =
(1
f ′(x)
)
S =
bˆ
a
√1 + f ′(x)2dx
15.2.1 Rotationskorper
K =
{(x, y, z) ∈ R3
∣∣∣∣ a ≤ x ≤ b, y2 + z2 ≤ f(x)2
}Rotationskorper, der durch Rotation des Funktionsgraphen, y = f(x), um diex-Achse entsteht
xnx1
x0
310
Radius= f(ξ)
xi ≤ ξ ≤ xi+1
Vi = πf(ξi)2(xi+1 − xi)
V (Z) =
n−1∑i=0
πf(ξi)2(xi+1 − xi) =
= πR(f2,Z,Ξ)‖Z‖→0−→ π
bˆ
a
f(x)2dx = V
Volumen von K
VK =
bˆ
a
f(x)2dx
Beispiel 93.
x =√
1− x2, Kreislinie − 1 ≤ x ≤ 1
Der Rotationskorper ist die Einheitskugel
V = π
1ˆ
−1
1− x2dx =
= π
(x− x3
3
) ∣∣∣∣1−1
= π
(2
3+
2
3
)=
4π
3
Oberflache von K
O ={
(x, y, z) ∈ R3∣∣ a ≤ x ≤ b, y2 + z2 = f(x)2
}Rotationsflache
Gesucht ist die Flache von O
Z = {x1 < x2 < ... < xn}
311
α
2πf(xi)
2πf(xi+1)
r
S
s :=
√(xi+1 − xi)2 −
(f(xi+1)− f(xi)
)2f(xi+1)− f(xi) = f ′(ξi)(xi+1 − xi)
s = (xi+1 − xi)√
1 + f ′(ξi)2
Flache = (r + s)2 · α2− r2α
2=α
2
(r2 + 2rs+ s2 − r2
)=
=αs
2
(r + (r + s)
)=s
2
(αr︸︷︷︸
2πf(xi)
+α(r + s)︸ ︷︷ ︸2πf(xi+1)
)=
= π(f(xi) + f(xi+1)
)√1 + f ′(ξi)2 · (xi+1 − xi)
O(Z) = π
n−1∑i=0
(f(xi) + f(xi+1)
)·√
1 + f ′(ξi)2 · (xi+1 − xi)
Sei ε > 0, dann ∃δ > 0 : |x− y| < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < εWenn ‖Z‖ < δ, dann |x−ξi| < δ und |xi+1 − ξi| < δ⇒ |f(xi)− f(ξi)| < ε und |f(xi+1)− f(ξi)| < ε∣∣∣∣∣O(Z)− 2π
n−1∑i=0
f(ξi)√
1 + f ′(ξi)2 · (xi+1 − xi)︸ ︷︷ ︸2πR(f√
1+f ′2,Z,Ξ)
∣∣∣∣∣ <
< 2πε
n−1∑i=0
si︷ ︸︸ ︷√1 + f ′(ξi)2(xi+1 − xi)︸ ︷︷ ︸R(√
1+f ′2,Z,Ξ)
≤ 2π · s · ε
312
Wenn f ′ eine Regelfunktion ist[f ist fast uberall differenzierbar
], dann gilt:
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀Z, ∀Ξ : ‖Z‖ < δ
⇒∣∣∣O(Z)− 2πR(f
√1 + f ′2,Z,Ξ)
∣∣∣ < 2πε
∀ε > 0, ∃δ′ > 0 : ∀Z, ∀Ξ : ‖Z‖ < δ′
⇒
∣∣∣∣∣∣2πR(f√
1 + f ′2,Z,Ξ)− 2π
bˆ
a
f(x)√
1 + f ′2dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
δ′′ := min(δ, δ′)
∀ε > 0, ∃δ′′ > 0 : ∀Z, ∀Ξ : ‖Z‖ < δ′′
⇒
∣∣∣∣∣∣O(Z)− 2π
bˆ
a
f(x)√
1 + f ′(x)2dx
∣∣∣∣∣∣ < (2π · s+ 1)ε
Bemerkung 217. Sei f : [a, b] → R, f(x) ≥ 0, fast uberall differenzierbar, dann istdie Oberflache der Rotationsflache
2π
bˆ
a
f(x)√
1 + f ′(x)2dx
Beispiel 94.
1.
x =√
1− x2, −1 ≤ x ≤ 1, y′ = − x√1− x2
,
1 + y′2 = 1 +x2
1− x2=
1
1− x2
O = 2π
1ˆ
−1
√1− x2
1√1− x2
dx = 4π
2.
y = cosh(x), −a ≤ x ≤ a
y′ = sinh(x),√
1 + y′2 = cosh(x)
2π
aˆ
−a
cosh(x)2dx = π
aˆ
−a
(1 + cosh(x)
)dx = π
(x+
sinh(2x)
2
) ∣∣∣∣∣a
−a
=
= π(2a+ sinh(2a)
)[2 cosh(x)2 − 1 = cosh(x)
]
313
15.3 Die Guldin’schen Regeln
f(x) ≥ 0, ∀x ∈ [a, b]
s
(xi+xi+1
2 , 12f(ξi)
)
Naherung fur den Schwerpunkt
n−1∑i=0
(xi+xi+1
2 , 12f(ξi)
)f(ξi)(xi+1 − xi)
n−1∑i=0
f(ξi)(xi+1 − xi)
‖Z‖→0−→
(b
a
xf(x)dx, 12
b
a
f(x)2dx
)b
a
f(x)dx
h =
12
b
a
f()2dx
b
a
f(x)dx
V (x) = π
bˆ
a
f(x)2dx = 2πh
bˆ
a
f(x)dx
15.3.1 Erste Guldin’sche Regel
Das Volumen des Rotationskorpers ist gleich der Flache und dem Weg desSchwerpunktes.
Beispiel 95. R > rV = 2πRπr2
314
R
r
Schwerpunkt eines Kurvenstucks f : [a, b] → R, f(x) ≥ 0, f ist diffe-renzierbar.
n−1∑i=0
((xi+xi+1)
2 , f(xi)+f(xi+1)2
)·√
1 + f ′(ξi)2(xi+1 − xi)
n−1∑i=0
√1 + f ′(ξi)2(xi+1 − xi)
‖Z‖→0−→
‖Z‖→0−→ 1b
a
√1 + f ′(x)2dx
bˆ
a
x√
1 + f ′(x)2dx,
bˆ
a
f(x)√
1 + f ′(x)2dx
h =
b
a
f(x)√
1 + f ′(x)2dx
b
a
√1 + f ′(x)2dx
O = 2π
bˆ
a
f(x)√
1 + f ′(x)2dx = 2πh
bˆ
a
√1 + f ′(x)2dx
15.3.2 Zweite Guldin’sche Regel
Die Oberflache eines Rotationskorpers ist gleich der Lange des rotierenden Bo-gens und dem Weg des Schwerpunktes.
15.4 Die Leibniz’sche Sektorformel
Gesucht ist die Flache des Sektors, der von der Kurve ~x = ~x(t) und der Verbin-dungsstrecke des Anfangs- und Endpunktes mit dem Ursprung begrenzt wird.
315
~x(t0)
~x(t1)
~x(t2)
Z = {a = t0 < t1 < ... < tn = b}
(0, 0)(x(ti), y(ti)
)
(x(ti+1), y(ti+1)
)
Flache:1
2det
(x(ti) x(ti+1)y(ti) y(ti+1)
)=
1
2
(x(ti)y(ti+1)− x(ti+1)y(ti)
)=
=1
2
(x(ti)
(y(ti+1)− y(ti)
)︸ ︷︷ ︸y(τi)(ti+1−ti)
−(x(ti+1)− x(ti)
)︸ ︷︷ ︸x(τi)(ti+1−ti)
y(ti))
=
=1
2
(x(ti)y(τi)− x(τi)y(ti)
)(ti+1 − ti)
Ziel: F (γ) =1
2
bˆ
a
(xy − xy)dt
γ :
{x = x(t)
y = y(t)
u = t0 < t1 < ... < tn−1 < tn = b
∆ti = ti+1 − ti < δ
orientierte Flache
∆(O, γ(ti), γ(ti+1)
)Fi =
1
2
∣∣∣∣xi xi+1
yi yi+1
∣∣∣∣ =1
2(xiyi+1 − xi+1yi)
316
2Fi = xi (yi+1 − yi)− (xi+1 − xi)︸ ︷︷ ︸verwende Mittelwertsatz
yi
Approximation der vom Fahrstrahl uberfahrenen orientierten Flache
F (γ) ≈ 1
2
n−1∑i=0
(xiy(τi1)︸ ︷︷ ︸xiy(ti)+
+(y(τi1 )−y(ti)
)xi
− x(τi2)yi︸ ︷︷ ︸x(ti)yi+
+(x(τi2 )−x(ti)
)yi
)(ti+1 − ti) =
=1
2
n−1∑i=0
(xiyi − xiyi)(ti+1 − ti) +1
2
n−1∑i=0
xi(y(τi1)− y(ti)
)∆ti +
1
2
n−1∑i=0
yi(x(τi2)− x(ti)
)∆ti︸ ︷︷ ︸
Rn
γ (stuckweise) C2 −Kurve
Rn =
n−1∑i=0
xiy(ξi)(τi1 − ti)∆ti
Rn ≤n−1∑i=0
|xi|︸︷︷︸≤M
|y(ξi)|︸ ︷︷ ︸≤N
|τi1 − ti|︸ ︷︷ ︸<δ
∆ti ≤M ·N · δn−1∑i=0
(ti+1 − ti)
γ (stuckweise) gleichmaßig stetig differenzierbar
Sei ε > 0, ∃δ > 0, ∀t, t′ ∈ [a, b] und |t− t′| < δ
⇒ |x(t)− x(t′)| < ε und |y(t)− y(t′)| < ε
|R− n| ≤n−1∑i=0
|xi|︸︷︷︸≤M
|y(τi1)− y(ti)|∆ti < M(b− a)ε
Bemerkung 218. Partielle Integration
F (γ) =1
2
bˆ
a
(xy − xy)dt =1
2
bˆ
a
xydt− 1
2
bˆ
a
xydt
︸ ︷︷ ︸xy∣∣ba−b
a
xydt
=
bˆ
a
xydt− 1
2xy
∣∣∣∣ba
Bemerkung 219. Polare Form
317
F (γ) =1
2
β
α
r2(ϕ)dϕ, ϕi+1 − ϕi = ∆ϕi
Idee: ∆Fi ≈∆ϕiξπ
r2i π =
1
2r2(ξi)∆ϕi
Ist nun: γ =
{x = x(t)
y = y(t)
r2 = x2 + y2, ϕ = arctan(yx
)dϕ =
dϕ
dtdt =
1
1 +(yx
)2 · yx− yxx2dt
Somit F (γ) =1
2
β
α
r2dϕ =1
2
t2ˆ
t1
(xy − xy)dt
polare Parameter
Beispiel Kreissektor (orientiert)
α
R
318
γ =
{x = R · cos(ϕ)
y = R · sin(ϕ)
x · y − x · y = R cos(ϕ)R cos(ϕ)−R(− sin(ϕ)
)r sin(ϕ) =
= R2(
cos(ϕ)2 + sin(ϕ)2)
= R2
F (γ) =1
2
β
α
(xy − xy)dϕ =R2
2
β
α
dϕ =1
2R2(β − α)
Beispiel 96. Hyperbelsektor
−5 −4 −3 −2 −1 1 2 3 4 5
−5
−4
−3
−2
−1
1
2
3
4
5
γ :
{x = c · cosh(µ)
y = c · sinh(µ)
x2 − y2 = c2(
cosh(µ)2 − sinh(µ)2)
= c2
xy − xy = c2 cosh(µ)2 − c2 sinh(µ) = c2
F (γ) =1
2
µ1ˆ
µ0
(xy − xy)dµ =c2
2(µ1 − µ0)
319
Beispiel 97. Rollkurve (Zykloide)
γ :
{x = t− sin(t)
y = 1− cos(t)0 ≤ t ≤ 2π
F (γ) =1
2
2πˆ
0
(xy − xy
)dt =
1
2
2πˆ
0
(t− sin(t)
)sin(t)−
(1− cos(t)
)2dt = 3π
15.5 Krummung ebener Kurven
gegeben seien γ, C2−Kurve
γ : x = x(s), 0 ≤ s ≤ bwird in der Geschwindigkeit 1 durchlaufen
s =
sˆ
0
‖x(s′)‖ds′
γ ist bezuglich der Bogenlange Parametrisiert
Begleitendes Zweibein Tangentenvektor hangt vom Parameter, nicht vomOrt ab.
t∣∣p
= t(s) = ~x′(s) =
(x′(s)y′(s)
), ‖t(s)‖ = 1
Normaleinheitsvektor
n∣∣p
= n(s) = Dt∣∣p
=
(−y′(s)x′(s)
)Zweibein in P:(t
∣∣p, n∣∣p)
Krummung (einer ebenen Kurve) Ist ein Maß fur die Abweichung vonder Tangente in einem Kurvenpunkt P und kann anhand der Rotation des be-gleitenden Zweibeins definiert werden. Aus ‖t(s)‖2 = 1 folgt t2(s) ⊥ t(s).
320
Bemerkung: γ − C2−KurveO = d
ds 〈t(s), t(s)〉 = 〈t′, t〉+ 〈t, t′〉 = 2〈t, t′〉Somit: t′(s) = κ(s′)n(s)
Definition 15.3. κ(s) Krummung von γ in P (x(s))|κ(s)| = ‖t′(s)‖, κ(s) = 〈t′(s), n(s)〉
Wegen t(s) =
(cos(ϕ(s)
)sin(ϕ(s)
) ) , n(s) =
(− sin
(ϕ(s)
)cos(ϕ(s)
) )t′(s) = ϕ′(s)
(− sin
(ϕ(s)
)cos(ϕ(s)
) )= ϕ′(s)n(s)
κ(s) = dϕ(s)ds
Beispiel 98. Kreis mit Radius R
γ :
{x = R · cos
(sR
)y = R · sin
(sR
)t(s) =
(− sin
(sR
)cos(sR
) ) , t′(s) =1
Rn(s)︸ ︷︷ ︸κ(s)
‖t(s)‖ = 1
Ist γ vom Typ C2 in Umgebung von P, dann gibt es einen eindeutig bestimmten Kreismit Radius R und Mittelpunkt M. P stimmt mit γ in zweiter Ordnung uberein. γ und derKreis haben in P selbes t (selbe Tangente) und selbes n (selbe Krummung)
R(s) =1
κ(s)Krummungskreisradius
m(s) = γ(s) +Rn(s)
Die Evolute zu γ ist die Kurve der Krummungskreismittelpunkte.
15.6 Frenetsche Formeln und Hauptsatz der Kurventheo-rie
t =
(cos(ϕ(s)
)sin(ϕ(s)
)) , n =
(− sin
(ϕ(s)
)cos(ϕ(s)
) )t′ = ϕ′(s)
(− sin
(ϕ(s)
)cos(ϕ(s)
) ) = ϕ′(s)n(s)
n′ = ϕ′(s)
(− cos
(ϕ(s)
)− sin
(ϕ(s)
)) = −ϕ′(s)t(s)
Frenetsche Formeln
1.
t′ = κn
321
2.
n′ = −κt
Satz 15.3. Eine ebene Kurve ist durch Angabe der Krummung κ bis auf die Lage eindeutigbestimmt, das heißt:
[a, b], κ = κ(s), auf [a, b]
Beispiel 99. Klathoide (Spinnkurve, Euler-Spirale)
Kurve, deren Krummung linear mit zuruckgelegtem Weg ansteigt. κ(s) = 1R(s)
!= s · 1
a2
Losung: γ :
x = a
√π
sa√π´
0
cos(
12πu
2)du = a
√π · C
(s
a√π
)y = a
√π
sa√π´
0
sin(
12πu
2)du = a
√πS(
sa√π
)C, S Frenet-Integral
15.6.1 Evoluten
Definition 15.4. Ist γ gegeben, dann ergibt sich eine Evolute von γ, in dem ein Faden konstanterLange abgewickelt oder aufgewickelt wird.
Satz 15.4. Ist γ Evolute von C, dann ist C Evolute von γ.
Beispiel 100. Evolute des Kreisesγ : x2 + y2 = R2
Kurven nicht bezuglich Bogenlange parametrisiert
Γ :
{x = x(t)
y = y(t)a ≤ t ≤ b
Satz 15.5. An jeder Stelle der C2-Kurve Γ mit x(t) 6= 0(Regularitatsstelle)
κ(t) =xy − xy√x2 + y2
3 =
∣∣∣∣x yx y
∣∣∣∣‖x‖3
322
Insbesondere hat der Graph von y = f(x) als Kurve Γ die Eigenschaft
κ(s) =f ′′(x)√
1 + f ′(x)23
Beweis. Ubung
Idee Umparametrisierung auf s
Beispiel 101. Parabel
Γ :
{x = x(t) = t
y = y(t) = t2
x =
(12t
), x =
(02
), ‖x‖ =
√1 + 4t2
⇒ κ(t) =
∣∣∣∣x yx y
∣∣∣∣‖x‖3
=
∣∣∣∣1 2t0 2
∣∣∣∣√
1 + 4t23 =
2√
1 + 4t23
Bemerkung 220. Ist Γ C2-Typ beliebig parametrisiert, dann gilt
s =1
|κ|=‖x‖3
|∣∣∣∣x yx y
∣∣∣∣ | und Krummungskreismittelpunkt
MP :
ξ(t) = x(t)− y x
2+y2
xy−xy
ν(t) = y(t) + x x2+y2
xy−xy
Beweis. Ubung
Beispiel 102. Ellipse
323
(xa
)2
+(yb
)2
= 1
Evolute: C :
ξ(t) = a2−b2
a cos(t)3
ν(t) = b2−a2b sin(t)3
Kat. Koordinaten c2 = |a2 − b2|(aξ
c2
) 23
+
(bν
c2
) 23
= 1
15.7 Raumkurven in R3
C3-Kurveγ : x = x(s), a ≤ s ≤ b naturliche Bogenlangen Parametrisierungdas heißt mit Geschwindigkeit 1 durchlaufen
• begleitendes Dreibein:lokales Verhalten in P
x(s) = x(s0) + (s− s0)x′(s0) +1
2!(s− s0)2x′′(s0) +
1
3!(s− s0)3x′′′(s0) + ...
(15.9)
• Tangenten Normalvektor:t|p := x′(s0)Tangente: r(s) = x(s0) + (s− s0)t|p‖t|p‖ = 1
• Normaler Einheitsvektor:n|p = 1
‖t′|p‖ t′|p
⇒ n|p ⊥ t|p
• Binormalvektor:b|p = t|p × n|pKreuzprodukt nur in R3
Geometrische Deutung Normalvektoren t, n, b paarweise orthonormal, bil-den das begleitende Dreibein in P, spannen Koordinatenbaum auf.
• Schmiegebene (von t, n)
• Normalebene (von n, b)
• rektifizierende Ebene (von t, b)
Bemerkung 221. Nach (15.9) liegt γ durch P in zweiter Ordnung in der Schmiegebene.
324
15.8 Krummung und Torsion
Wie in der Ebene
Definition 15.5.
t′ = κn
γ...Krummung (Proportionalitatszahl)Erste Fretnetsche Formel, wobei κ = 〈t′, n〉, |κ| = ‖x′′‖Die Zahl R = 1
κ heißt Krummungskreisradius mit Mittelpunkt m|p := x|p +Rn|pDie Torsion τ einer Raumkurve wird definiert durch τ := −〈b′, n〉 und misst die Abweichung vonder ebenen Kurve. Das Vorzeichen ist so gewahlt, dass sich fur positives Vorzeichen von τ dieKurve in dieselbe Richtung aus der Schmiegebene herauswindet wie b.
Es gilt:
• b′ ⊥ t(da b′ = (t× n)′ = t′ × n+ t× n′ = t× n′
)• b′ ⊥ b
(da ‖b‖2 = 1 Ableitung 〈b, b′〉 = 0
)Also giltb′ = λn fur λ ∈ Rtatsachlich τ = −〈b′, n〉 = −〈λn, n〉 = −λ‖n‖2 = −λSomit b′ = −τnZweite Frenetsche FormelSuche Ausdruck fur n′
Wegen ‖n‖2 = 1 gilt n′ ⊥ ndaher n′ = αt+ βbTatsachlich: 〈n′, t〉 = α‖t‖2 + β 〈b, t〉︸︷︷︸
=0
= α
〈n′, b〉 = α〈t, b〉+ β‖b‖2 = βWegen: n ⊥ t gilt 〈n′, t〉+ 〈n, t′〉 = 〈n, t〉′ = 0⇒ α = 〈n′, t〉 = −〈n, t′︸︷︷︸
κn
〉 = −κ
analog:β = 〈n′, b〉 = −〈n, b′︸︷︷︸
−τn
〉 = τ
⇒ n′ = −γt+ τbDritte Frenetsche FormelInsbesondere Windung
w :=1
κ〈x′′′, b〉 = R〈 x′′′︸︷︷︸
(x′′)′=
(κn)′=
κ′n+κn′
, b〉 = 〈n′, b〉 3. Fr. F= τ‖b‖2 = τ
Bemerkung 222. Was ist bei w = 0? Das heißt τ = 0 in P, dann ist nach (15.9)γ in dritter Ordnung in P eben.Ist w > 0 (beziehungsweise w < 0) in P, dann bewegt sich γ in einer Umgebung von P
325
in Richtung b|p(beziehungsweise −b|p
)Kinematische Deutung der Frenetschen Formeln
1. t′ = κn
2. n′ = −γt+ τb
3. b′ = −τn
Beobachter geht entlang der Kurve mit Geschwindigkeit 1 und nimmt Dreibeinals Bezugssystem. Dann zeigen die Frenetschen Formeln, dass dieses Referenz-System nie Inertialsystem ist (unablassig rotiert). Der Drehimpuls w = wt +wn + wb = τt + κb. Der Drehimpuls ist unabhangig vom Darbouxvektor (w)(proportional).~x(s) Kurve Bogenlange Parametrisiert~x′(s) = ~t(s)~x′′(s) = ~t′(s) ∗ κ(s)~n(s)~x′′′(s) = κ′(s)~n(s) + κ(s)~n′(s) = κ′(s)~n(s)− κ(s)2~t(s) + κ(s)τ(s)~t(s)Taylorentwicklug in s0 = 0
~x(s) = ~x(0) + s~t(0) +s2
2κ(0)~n(0) +
53
6
(κ′(0)~n(0)− κ(0)2~t(0) + κ(0)τ(0)~b(0)
)+O(s4) =
= ~x(0) +
(s− κ(0)2
6s3
)~t(0) +
(s2
2κ(0) +
s3
6κ′(0)
)~n(0) +
s3
6κ(0)τ(0)~b(0) +O(s4)
Lost auch die Geschwindigkeit von ~x(s) auf s, s2, s3
~t
~n
κ
Schmiegebeneκ ist die (ebene) Krummung der auf die Schmiegebene projizierte Kurve.
326
~t
~b
κ
NormalebeneDie Torsion misst, wie schnell sich die Kurve aus der Schmiegebene hinauswin-det.
~t
~b
κ
rektifizierende EbeneFur beliebige Dimensionen erweiterbar.
327
16 Funktionen in mehreren Variablen
U ⊆ Rd U offenf : U → Rf ist stetig in ~x0 ∈ U ⇔ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀~x ∈ U : ‖~x− ~x0‖ < δ⇒ |f(~x)− f(~x0)| < εDie Wahl der Norm ‖·‖ steht uns frei, bei Anderung der Norm is allenfalls δ miteinem Faktor zu multiplizieren.
Beispiel 103.
f(x, y) =
{xy
x2+y2 (x, y) 6= (0, 0)
0 (x, y) = (0, 0)
f(0, y) = 0, f(x, 0) = 0
f(tx, ty) =t2xy
t2(x2 + y2)=
xy
x2 + y2entlang einer Gerade
limt→0
(f(tx, ty)
)=
xy
x2 + y26= (0, 0) im Prinzip Folgenkriterium
Bemerkung 223.”
Zwei Dimensionen sind mehr als zweimal eine Dimension”Die Idee des Beispiels ist eine zweidimensionale Version des Folgenkriteriums; dieses ist
328
besonders gut zum Nachweis der Unstetigkeit geeignet.
U ⊆ Rd, ~x0 ∈ U, f : U \ {~x} → Rlim~x→~x0
(f(~x)
)= A ⇔ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀~x ∈ U : 0 < ‖~x− ~x0‖ < δ ⇒ |f(~x)−A| < ε
Achtung: lim(x,y)→(0,0)
(f(x, y)
)ist etwas anderes als lim
x→0
(limy→0
(f(x, y))
)beziehungsweise lim
y→0
(limx→0
(f(x, y)))
16.1 Ein wenig Topologie des Rd
Rd tragt die durch die Norm ‖·‖2 (und damit jede Norm) gegebene Topolo-gie
Definition 16.1. X ⊆ Rd heißt zusammenhangend [wenn nicht, dann gibt es offene, abgeschlos-sene Mengen in X], wenn u, v offen sind, U ∩ V = ∅ und(X ∩ U) ∪ (X ∩ V ) = X gilt. ⇒ X ∩ U = ∅ oder X ∩ V = ∅das heißt: es ist nicht moglich X durch offene Mengen in zwei disjunkte Teile zu zerlegen.
Satz 16.1. Die zusammenhangenden Teilmengen von R sind genau die Intervalle.
Beweis. Sei I ⊆ R ein Intervall. Angenommen I ist nicht zusammenhangend.
∃U, V ⊆ R offen, U ∩ V = ∅, (I ∩ U)︸ ︷︷ ︸6=∅
∪ (I ∩ V )︸ ︷︷ ︸6=∅
= I
u ∈ I ∩ U v ∈ I ∩ V, oBdA: u < v
s = sup([u, v] ∩ U
)∈ I
[weil u ≤ s ≤ v gilt
]s
?∈ U U
=⇒offen
∃ε > 0 : (s− ε, s+ ε) ⊆ U E zu s = sup([u, v] ∩ U
)s
?∈ V V
=⇒offen
∃ε > 0 : (s− ε, s+ ε) ⊆ V E weil damit sup([u, v] ∩ U
)≤ s− ε gilt
EAngenommen I sei kein Intervall
Das heißt: ∃u < v < w, u,w ∈ I, v /∈ IU = (−∞, v), V = (v,∞), I = (I ∩ U)︸ ︷︷ ︸
6=∅
∪ (I ∩ V )︸ ︷︷ ︸6=∅
Satz 16.2. Sei X ⊆ Rd zusammenhangend, Y ⊆ Rp, f : X → Y stetig. Dann ist f(X) zusam-menhangend in Rp.
329
(Stetige Bilder zusammenhangender Mengen sind zusammenhangend).
Beweis. Angenommen f(X) ist nicht zusammenhangend
U, V ⊆ Rp offen U ∩ V = ∅ f(X) = (f(X) ∩ U)︸ ︷︷ ︸6=∅
∩ (f(X) ∩ V )︸ ︷︷ ︸6=∅
⇒ f−1(U) ∩ f−1(V ) = ∅, f−1(U) ∪ f−1(V ) = X
f−1(U)︸ ︷︷ ︸6=∅
, f−1(V )︸ ︷︷ ︸6=∅
sind offen als Urbilder offeneer Mengen E
Bemerkung 224. Sei U ⊆ Rd zusammenhangend, f : U → R stetig⇒ f(U) ist ein Intervall (Satz 16.1 + Satz 16.2)Das heißt: Seien u, v ∈ U , dann nimmt f jeden Wert zwischen f(u) und f(v) an (ZWS).
Definition 16.2. X ⊆ Rd heißt wegzusammenhangend, wenn es fur je zwei Punkte ~u,~v ∈ X einestetige Kurve ~x : [0, 1]→ X gibt, sodass ~x(0) = ~u, ~x(1) = ~v gilt.
~u~v
Satz 16.3. Sei X ⊆ Rd wegzusammenhangend, dann ist X zusammenhangend.
330
Beweis. AngenommenX ist wegzusammenhangend und nicht zusammenhangend
X =
∈U︷ ︸︸ ︷(X ∩ U)︸ ︷︷ ︸6=∅
∪∈V︷ ︸︸ ︷
(X ∩ V )︸ ︷︷ ︸6=∅
weg-zusammen-
hangend=⇒ ∃~x : [0, 1]→ X, ~x(0) = u, ~x(1) = v
0 ∈ ~x−1(U) offen, 1 ∈ ~x−1(V ) offen
~x−1(U) ∪ ~x−1(V ) = [0, 1]
~x−1(U) ∩ ~x−1(V ) = ∅E
Beispiel 104. X =
{(x, sin
(1x
)) ∣∣∣∣ x ∈ (0, 1)
}∪ {(0, 0)}
ist zusammenhangend, aber nicht wegzusammenhangend.
0.5 1 1.5 2
Satz 16.4. Sei X ⊆ Rd offen und zusammenhangend, dann ist X auch wegzusammenhangend.
331
Beweis. Seien u, v ∈ X
U ={x ∈ X
∣∣ ∃~x : [0, 1]→ X : ~0 = u, ~1 = v}
U ist offen: x ∈ USei B(x, r) ⊆ X (r > 0 wegen X offen)
Sei y ∈ B(x, r)
dann ist ~y(t) =
{~x(2t) 0 ≤ t ≤ 1
2
x+ (2t− 1)(y − x) 12 ≤ t ≤ 1
ein stetiger Weg der u und v verbindet und ganz in X liegt
V = X \ U sei nicht leer, dann ∃v ∈ V@~x das u und v stetig verbindet
∃r > 0 : B(v, r) ⊆ X (X offen)
Dann liegt B(v, r) in V ; sei y ∈ B(v, r) mit y ∈ U
Dann gibt es einen Weg ~x der u und y verbindet und damit einen Weg, der umit v verbindet (oben). X lasst sich als X = U ∪ V als Vereinigung disjunkteroffener Mengen schreiben. u ∈ U , X zusammenhangend ⇒ V = ∅ ⇒ X = U .Das heißt jeder Punkt von X kann durch einen stetigen Weg mit u verbundenwerden.
Definition 16.3. Sei X ⊆ Rd offen und zusammenhangend, dann heißt X ein Gebiet.
U ⊆ Rp ein Gebiet, f : U → R
Graph von f =
{(x1, x2, ...xp, y) ∈ Rp+1
∣∣∣∣ (x1, x2, ..., xn) ∈ U, y = f(x1, x2, ..., xn)
}Die Tangentialebene an den Graph im Punkt
(~x0, f(~x0)
)ist durch p-Koordinaten bestimmt (
”Ab-
leitung”).
g(x0 + h) = g(x0) + g′(x0)h+ hr(h)
f(~x0 + ~h) = f(~x0) + L~h+ ‖~h‖r(~h) und limh→0
(r(~h)
)= 0
L ... lineare Abbildung L : Rp → Rf(~x0 + ~h) ... Tangentialebene, erste Naherunggesucht: L~e1, ..., ~ep
Definition 16.4. Sei U ein Gebiet, f : U → R heißt differenzierbar in ~x0 ∈ V , wenn es eine
332
lineare Abbildung L : Rp → R gibt, sodass
f(~x0 + ~h) = f(~x0) + L~h+ ‖~h‖r(~h) und limh→0
(r(~h)) = 0 ⇔
⇔ limh→0
(f(~x0 + ~h)− f(~x0)− L~h
‖~h‖
)= 0
~h = t~ei
f(~x0 + t~ei)− f(~x0) = L(t~ei) + |t| · ‖~ei‖ · r(t~ei) ⇔
⇔ f(~x0 + t~ei)− f(~x0)
t= L~ei +
|t|t‖~ei‖ · r(t~ei)
limt→0
(f(~x0 + t~ei)− f(~x0)
t
)= L~ei
limh→0
(f(x0
1, ..., x0i−1, x
0i + h, x0
i+1, ..., xn)− f(x01, ..., x
0n)
h
)=:
∂f
∂xi(~x0) =:
=: Partielle Ableitung
L =
(∂f
∂x1,∂f
∂x2, ...,
∂f
∂xn
)(~x0)
Beispiel 105.
f(x, y, z) = x cos(yz) + xyzx
∂f
∂x= cos(yz) + yxy−1zx + xy ln(z)zxxy
∂f
∂y= −xz sin(yz) + zx ln(x)xy
∂f
∂z= −xy sin(yz) + xy+1zx−1
Beispiel 106.
f(x, y) =
{x3
x2+y2 (x, y) 6= (0, 0)
0 (x, y) = (0, 0)
∂f
∂x(0, 0) = lim
x→0
( x︷ ︸︸ ︷f(x, 0)−f(0, 0)
x
)= 1
∂f
∂y(0, 0) = lim
y→0
(f(0, y)− f(0, 0)
y
)= 0
f(x, y) = f(0, 0) + 1 · x+ 0 · y + ‖(x, y)‖r(x, y) = x+ ‖(x, y)‖r(x, y)
f(x, y)− x =x3 − x(x2 + y2)
x2 + y2=−xy2
x2 + y2=√x2 + y2 · r(x, y)
333
⇒ r(x, y) =−xy2
(x2 + y2)32
r(t, t) =−t3
t32√
2=−1
2√
2geht nicht gegen 0 fur t→ 0
Somit ist f nicht differenzierbar
Bemerkung 225. Die Existenz partieller Ableitung reicht nicht fur die Differenzierbar-keit.
Satz 16.5. Sei U ⊆ Rp ein Gebiet und f : U → R eine Funktion. Wenn auf U alle partiellenAbleitungen von f existieren und stetig in ~x0 sind, dann ist f differenzierbar in ~x0
Beweis.
f(x01 + h1, x
02 + h2, ..., x
0p + hp)− f(x0
1, ..., x0p) =
= f(x01 + h1, ..., x
0p + hp)− f(x0
1, x02 + h2, ..., x
0p + hp)+
+f(x01, x
02 + h2, ..., x
0p + hp)− f(x0
1, x02, x
03 + h3, ..., x
0p + hp)+
+f(x01, x
02, x
03 + h3, ..., x
0p + hp)− ...+ f(x0
1, x02, x
03, ..., x
0p−1, x
0p + hp)− f(x0
1, ..., x0p)
MWS=
MWS= h1
∂f
∂x1(x0
1 +O1h1, x02 + h2, ..., x
0p + hp)+
+h2∂f
∂x2(x0
1, x20 +O2h2, x
03 + h3, ..., x
0p + hp)+
+...+ hp∂f
∂xp(x0
1, x02, ..., x
0p−1, x
0p +Ophp) =
=
(h1
∂f
∂x1(~x0) + h2
∂f
∂x2(~x0) + ...+ hp
∂f
∂xp(~x0)
)+
+h1∂f
∂x1(x0
1 +O1h1, x02 + h2, ..., x
0p + hp)− h1
∂f
∂x2(~x0)
...
+hp∂f
∂xp(x0
1, x02, ..., x
0p +Ophp)− hp
∂f
∂xp(~x0)
Sei ε > 0, dann gibt es wegen der Stetigkeit von∂f
∂xiin ~x0[
fur i = 1, ..., p]
ein δ > 0, sodass∣∣∣∣ ∂f∂xi (~x)− ∂f
∂xi~x0
∣∣∣∣ < ε√p
fur ‖~x− ~x0‖ < δ
Wenn also ‖~h‖ < δ gilt, dann gilt auch
‖(O1h1, h2, ..., hp)‖ < δ und ‖(0, O2h2, h3, ..., hp)‖ < δ und ‖(0, 0, ..., Ophp)‖ < δ
334
Also gilt
∣∣∣f(~x0 + ~h)− f(~x0)− L~h∣∣∣ ≤ ε√p|h1|+
ε√p|h2|+ ...+
ε√p|hp|
Cauchy-Schwarz≤
Cauchy-Schwarz≤
√h2
1 + h22 + ...+ h2
p ·
√ε2
p+ ...+
ε2
p= ‖~h‖ε
⇒ |f(~x0 + ~h)− f(~x0)− L~h|‖~h‖
< ε fur ‖~h‖ < δ
⇒ lim~h→~0
(∣∣∣∣∣f(~x0 + ~h)− f(~x0)− L~h‖h‖
∣∣∣∣∣)
= 0
Bemerkung 226. Altertumlich geht man so vor:1.) Definiere die partiellen Ableitungen; wenn diese stetig sind, nennt man f total diffe-renzierbar.
Bemerkung 227. Die lineare Abbildung L aus der Definition der Differenzierbarkeit isteindeutig bestimmt. Ihre Koordinaten haben wir berechnet
df(~x0) =
(∂f
∂x1,∂f
∂x2, ...,
∂f
∂xp
)(~x0)
Einschub V ...Vektorraum uber R
V = L(~e1, ..., ~ep)
V ∗ ={L : V → R
∣∣ L lineare Abbildung}
L(e∗1, ..., e∗p)
e∗i (~ej) =
{1 i = j
0 sonst
Rechenregeln fur Differentiale
d(f + g) = df + dg
d(f · g) = gdf + fdg
d
(1
f
)= − 1
f2df
335
Bemerkung 228. Wenn auf V ein Skalarprodukt gegeben ist, dann ist dadurch
d : V → V ∗
~h 7→ 〈~h, ·〉
ein Isomorphismus gegeben. d ist Basis unabhangig (kanonisch).
φ−1(df) =
∂f∂x1∂f∂x2
...∂f∂xp
=: grad(f)
f(~x0 + ~h)− f(~x0) = 〈grad(f),~h〉+ ‖~h‖r(~h)
∇f”Nabla f”
∇ =
∂∂x1
...∂∂xp
∆f = f(~x0 + ~h)− f(~x0) ≈ ∂f
∂x1∆x1 + ...+
∂f
∂xp∆xp
Satz 16.6. Kettenregel, einfachste FassungSei U ⊆ Rp ein Gebiet, ~x : [a, b]→ U eine differenzierbare Kurve und f : U → R differenzierbar.Dann gilt
d
dtf ◦ ~x(t) =
⟨grad(f)
(~x(t)
), ~x(t)
⟩= df
(~x(t)
)~x(t) =
∂f
∂x1x1 + ...+
∂f
∂xpxp
[f ◦ ~x ist also differenzierbar
]Beweis.
f(~x) = f(~x0) + df(~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖rf (~x) mit lim~x→~x0
(r(~x)
)= 0
~x0 = ~x(t0)
~x(t) = ~x(t0)︸ ︷︷ ︸~x0
+(t− t0)~x(t0) + (t− t0) · r~x(t) mit limt→t0
(~r~x(t)
)f(~x(t)
)= f(~x0) + df(~x0)
((t− t0)~x(t0) + (t− t0)~r~x(t)
)+ ‖(t− t0)
(~x(t0) + ~r~x(t)
)‖rf(~x(t)
)=
= f(~x0) + (t− t0)df(~x0)~x(t0) + (t− t0)
(df(~x0)~r~x(t)︸ ︷︷ ︸−→0t→t0
+
beschrankt fur t→ t0︷ ︸︸ ︷|t− t0|t− t0
· ‖~x(t0) + ~r~x(t) · rf (t)︸ ︷︷ ︸−→0t→t0
)
336
das heißt f(~x(t)) hat in t = t0 eine erste Naherung, ist daher differenzierbarund es gilt
d
dtf ◦ ~x(t0) = df(~x0)~x(t0)
Definition 16.5. Sei U ⊆ Rp ein Gebiet, f : U → R, ~h ein Vektor aus Rp[‖~h‖ = 1
]. Dann heißt d
dtf(~x0 + t~h) =: ∂
∂~hf = D~hf die Richtungsableitung von f in Richtung ~h,
wenn diese Ableitung existiert.
limt→0
(f(~x+ t~h)− f(~x0)
t
)
Bemerkung 229. Wenn f differenzierbar ist in ~x0, dann gilt
∂f
∂~h(~x0) = df(~x0)~h = 〈grad(f),~h〉
Beispiel 107.
f(x, y) =
{x3
x2+y2 (x, y) 6= (0, 0)
0 (x, y) = (0, 0)ist nicht differenzierbar in (0, 0)
f(th1, th2)− 0
t=
t3h31
t+ (h21 + h2
2)=
h31
h31 + h2
2
Damit existiert die Richtungsableitung D~hf ∀~h mit ‖~h‖ = 1
Aber die Steigungen in ~h-Richtung passen nicht in eine Ebene
⇒ f ist also nicht differenzierbar in x0
Bemerkung 230. Sei f : U → R differenzierbar in ~x0.D~hf(~x0) = 〈grad(f),~h〉 ... Zuwachs von f in Richtung ~h
Dieser wird am großten, wenn ~h = grad(f)‖grad(f)‖ (Wenn grad(f) 6= 0)
”Der Gradient zeigt die Richtung des starksten Zuwachs von f”
Bemerkung 231. Sei f : U → R differenzierbar. Sei ~x = ~x(t) eine Kurve entlang dieserf konstant ist.
[Niveaulinie
]f(~x(t)) = f(~x(t0)) = c
⇒ Kettenregel: 〈grad(f), ~x(t)〉 = 0⇔ grad(f) ⊥ ~x(t)
337
Der Gradient steht senkrecht auf alle Niveaulinien.
Definition 16.6. Sei U ein Gebiet, f : U → R. Dann heißt ~x0 ein lokales Minimum[beziehungsweise
Maximum], wenn:
∃δ > 0, ∀~x ∈ U : ‖~x− ~x0‖ < δ ⇒ f(~x) ≥ f(~x0)[beziehungsweise f(~x) ≤ f(~x0)
]
Satz 16.7. Sei U ein Gebiet, f : U → R differenzierbar und ~x0 ein lokales Minimum[beziehungsweise
Maximum], dann gilt:
grad(f)(~x0) = 0[oder df(~x0) = 0
]Beweis. Wir betrachten g~h(t) = f(~x0 + t~h) fur ‖~h‖ = 1. Dann hat g~h in t = 0ein lokales Minimum
[beziehungsweise Maximum
].
Satz im=⇒
Eindimen-sionalen
g′~h(~x0) = 0 = 〈grad(f),~h〉 ⇒ grad(f) = ~0
Satz 16.8. MittelwertsatzSei U ⊆ R ein Gebiet, f : U → R differenzierbar und ~a,~b ∈ U , dann gibt es ein V ∈ (0, 1) sodass
f(~b)− f(~a) = df(a+ V(~b− ~a)
)(~b− ~a)[
Wenn U die Verbindungsgerade von ~a und ~b enthalt]
Beweis. g(t)f(~a+ t(~b− ~a)
), g(0) = f(~a), g(1) = f(~b)
Mittelwertsatz auf g angewandt ergibtg(1)− g(0) = g′(V)(1− 0)
f(~b)− f(~a) = df(~a+ V(~b− ~a)
)(~b− ~a)
Satz 16.9. SchrankensatzSei U ⊆ Rp ein Gebiet, das mit je zwei Punkten auch deren Verbindungsstrecke enthalt (konvex).Sei f : U → R differenzierbar und gelte fur alle v ∈ U , ‖grad(f)‖2 ≤ LDann gilt fur alle ~x1, ~x2 ∈ U : |f(~x2)− f(~x1)| ≤ L‖~x2 − ~x1‖2
Beweis.
|f(~x2)− f(~x1)| = |〈grad(f)(~x1 + V(~x2 − ~x1)), ~x2 − ~x1〉|Cauchy -Schwarz≤
Cauchy -Schwarz≤ ‖grad(f)(~x1 + V(~x2 − ~x1))‖ 2q‖~x2 − ~x1‖2p︸ ︷︷ ︸
Holder
≤
≤ L‖~x2 − ~x1‖2
338
Bemerkung 232. Der Satz bleibt richtig, wenn fur 1p + 1
q = 1,[p, q ≥ 1
]‖grad(f)‖q ≤ L : |f(~x2)− f(~x1)| ≤ L‖~x2 − ~x1‖p
[Holder
]• besonders q =∞, p = 1 :∣∣∣ ∂f∂xj (~x)
∣∣∣ ≤ Lf(~x2)− f(~x1) ∈ L‖~x2 − ~x1‖1
• q = 1, p =∞ :∣∣∣ ∂f∂x1
∣∣∣+∣∣∣ ∂f∂x2
∣∣∣+ ...+∣∣∣ ∂f∂xp ∣∣∣ ≤ L
⇒ |f(~x2)− f(~x1)| ≤ L‖~x2 − ~x1‖∞
Bemerkung 233. f : U → R differenzierbar, ~x : [α, β]→ U eine differenzierbare Kurve,
~x(α) = ~a, ~x(β) = ~b
f(~b)− f(~a) =
β
α
df(~x(t)
)~x(t)︸ ︷︷ ︸
ddt f(~x(t))
dt =
β
α
(∂f
∂x1x1 + ...+
∂f
∂xpxp
)dt
xjdt = dxj =
β
α
∂f
∂x1dx1 + ...+
∂f
∂x− pdxp =
~bβˆ
α~a
df =
ˆ
c
df
[Analysis 3
]
Bemerkung 234. Sei f : U → R stetig differenzierbar. Dann gibt es stetige Funktionenq1, ..., qp sodass
f(~x)− f(~x0) =
p∑j=1
qj(v)(xj − x(0)j )
qj(~x0) =∂f
∂xj(~x0)
g(t) = df(~x0 + t(~x− ~x0)
)f(~x)− f(~x0) =
1ˆ
0
g′(t)dt =
1ˆ
0
df(~x0 + t(~x− ~x0)
)(~x− ~x0)dt =
=
p∑j=1
1ˆ
0
∂f
∂xj
(~x0 + t(~x− ~x0)
)dt
︸ ︷︷ ︸qj(~x)
als Integraleiner stetigen
Funktion
(xj − x(0)
j
)
339
16.2 Hohere Ableitungen
f : U → R, ∂f∂x1
, ..., ∂f∂xp Wenn diese Ableitungen differenzierbar sind, dann
konnen wir ∂∂x
(∂f∂xj
)bilden =: ∂2f
∂xi∂xj= Dxixjf = Dijf
Definition 16.7. U ⊆ Rp sei ein Gebiet, f heißt k-mal stetig differenzierbar, wenn alle Ableitun-gen bis zur Ordnung k existieren und stetig sind.
Ck(U) ={f : U → R
∣∣∣ f k-mal stetig differenzierbar}
C∞(U) =
∞⋂k=1
Ck(U), ∞-oft stetig differenzierbar
Beispiel 108.
f(x, y) = x2ey + y sin(xy)
∂d
∂x= 2xey + y2 cos(xy)
∂f
∂y= x2ey + sin(xy) + xy cos(xy)
∂2f
∂x2= 2ey − y3 sin(x, y)
∂2f
∂y∂x= 2xey + 2y cos(xy)− xy2 sin(xy)
∂2f
∂x∂y= 2xey + 2y cos(xy)− xy2 sin(xy)
∂2f
∂y2= x2ey + cos(xy) + x cos(xy)− x2y sin(xy)
Es fallt auf, dass∂2f
∂x∂y=
∂2f
∂y∂xaber wann gilt das?
Satz 16.10. Satz von SchwarzSei U ⊆ Rp ein Gebiet, f : U → R und existieren die Ableitungen ∂f
∂xi, ∂f∂xj und ∂2f
∂xi∂xj. Wenn
∂2f∂xi∂xj
in a ∈ U stetig ist, dann existiert ∂2f∂xj∂xi
(a) und es gilt ∂2f∂xi∂xj
(a) = ∂2f∂xj∂xi
(a)
Lemma 19. Sei V ⊆ R2 offen ϕ : V → R und existieren ∂ϕϕx und ∂2ϕ
∂y∂x auf V .
Seien a, b ∈ V , [a1, b1] × [a2, b2] ⊆ V . Dann gibt es ein ξ ∈ [a1, b1], µ ∈ [a2, b2]sodass Q = ϕ(b1, b2) − ϕ(a1, b2) − ϕ(b1, a2) + ϕ(a1, a2) − (b1 − a1)(b2 − a −2) ∂
2ϕ∂y∂x (ξµ)
340
a
b
Mittelwertsatz in einer Variablen
Beweis.
u(y) = ϕ(b1, y)− ϕ(a1, y) = (b2 − a1)∂ϕ
∂x(ξ, y)
Q = u(b2)− u(a2) = (b2 − a2)(b1 − a1)∂2ϕ
∂y∂x(ξ, µ)
Beweis von Satz 16.10.
ϕ(x, y) = f(~a+ x~ei + y~ej)
fur x und y des Lemmas verwenden und gleichsetzen
Bemerkung 235. (∂nf
∂xi1∂xi2 ...∂xin
)pi1,i2,...,in=1
n = 2 :
(∂2f
∂xi∂xj
)pi,j=1
symmetrische Metrik
d(2)f....Differential zweiter Ordnung
d(2)f(~v, ~u) =∂
∂~u
(∂f
∂~v
)~v = ~ej , ~u = ~ei ⇒ d(2)f(~ei, ~ej) =
∂2f
∂xi∂xj
d(2)f
(p∑i=1
vi~ei︸ ︷︷ ︸~u
,
p∑j=1
vj~ej︸ ︷︷ ︸~v
)=
∂
∂~u
p∑j=1
∂f
∂xjvj
=
p∑i=1
p∑j=1
∂2f
∂xi∂xjuivj
allgemeiner d(n)f ist n-fache Multilinearform
d(n)f : (Rp)n → R(d(n)f
)(~v1, ~v2, ..., ~vn) =
p∑i1=1
...
p∑in=1
∂nf
∂xi1 · ... · ∂xinvi−1...vin
(d(n)f
)(~v1, ..., ~vn) =
∂
∂~v1
(∂
∂~v2
(...
(∂f
∂~vn
)...
))
341
16.3 Taylor Formel
f(~x) = f(~x0) + ....?
(~x− ~x0) = ~h
g(t) = f(~x0 + t~h)
g′(0) =∂f
∂~h(~x0) = df(~x0)~h
g′′(0) =(D(2)f
)(~x0)(~h,~h)
...
g(n)(0) =(d(n)f
)(~x0)(~h,~h, ...,~h)
g(n+1)(t) =(d(n+1)f
)(~x0 + t~h)(~h,~h, ...,~h)
g(1) = f(~x) = f(~x0 + ~h) =
=
n∑j=0
(d(j)f
)(~x)(~h, ...,~h)
j!+
(d(n+1)f
)(~x0 + V~h)(~h, ...~h)
(n+ 1)!(d(j)f
)(~x0)(~h, ...,~h) =
p∑i1=1
...
p∑ij=1
∂jf
∂xi1 · ... · ∂xij(~x0)hi1 · ... · hij
Satz 16.11. Sei U ⊆ Rp ein Gebiet, f ∈ C(n+1)(U). Seien ~x0 ∈ U , ~h ∈ Rp und gelte ∀t ∈ [0, 1] :
~x0 + t~h ∈ U . Dann gibt es ein V ∈ (0, 1), sodass:
f(~x0 + ~h) = f(~x0) + df(~x0)~h+1
2!df (2)(~x0)(~h,~h) +
1
3!df (3)(~x0)(~h,~h,~h) + ...
...+1
n!df (n)(~x0)(~h, ...,~h) +
1
(n+ 1)!df (n+1)(~x0 + V~h)(~h, ...,~h)
Beweis. Oben
n = 2:
Bemerkung 236.
f(~x0 + ~h) = f(~x0) + df(~x0)~h+1
2!df (2)(~x0)(~h,~h) +O
(‖~h‖3
)
Wenn ∀~h ∈ Rp : df(~x0) = 0, ~h 6= ~0, df (2)(~x0)(~h,~h) > 0 (16.10)
342
⇒ ∃δ > 0, ∀~h ∈ Rp : ‖~h‖ < δ, f(~x0 + ~h) ≥ f(~x0)
das heißt x0 ist ein lokales Minimum
(16.10) < 0 ⇒ ∃δ > 0, ∀~h ∈ Rp : ‖~h‖ < δ, f(~x0 + ~h) ≤ f(~x0)
das heißt, x0 ist ein lokales Maximum
∃~h1,~h2 ∈ Rp : df (2)(~x0)(~h1,~h1) > 0, df (2)(~x0)(~h2,~h2) < 0
das heißt x0 ist ein Sattelpunkt[kein Extremum
]Wenn ∀~h ∈ Rp : df (2)(~h,~h) ≥ 0 und ∃~h 6= ~0 : df (2)(~x0)(~h,~h) = 0
⇒ keine Aussage, ebenso fur ≤ 0
Satz 16.12. Sei U ⊆ Rp ein Gebiet, ~x0 ∈ U mit df(~x0) = 0[grad
(f)(~x0) = ~0
], dann gilt:
1. Wenn df (2)(~x0) positiv definit ist, dann ist v0 ein lokales Minimum.
2. Wenn df (2)(~x0) negativ definit ist, dann ist v0 ein lokales Maximum.
3. Wenn df (2)(~x0) indefinit ist, dann ist ~x0 ein Sattelpunkt.
4. Wenn df (2)(~x0)[positiv oder negativ
]semidefinit ist, dann ist keine Aussage moglich.
Beweis. Oben
Bemerkung 237. Zum Nachweis der Definitheit von df (2)(~x0) kann man das Hauptmi-norenkriterium verwenden.
Bemerkung 238. (∂2f
∂xi∂xj(~x0)
)pi,j=1
heißt Hesse-matrix
343
Beispiel 109.
f(x, y) = 4x3 + 6x2 + 12xy − 12x+ 3y2 − 6y
∂f
∂x= 12x2 + 12x+ 12y − 12
!= 0
∂f
∂y= 12x+ 6y − 6
!=
x2 + x+ y = 1
2x+ y + 1 ⇔ y = 1− 2x
⇒ vx2 − x+ 1 = 1
x2 − x = 0
(x− 1)x = 0 ⇒ x = 1, x = 0, y = −1, y = 1
∂2f
∂x2= 24x+ 12
∂2f
∂y2= 6
∂2f
∂x∂y= 12
⇒ H(x, y) =
(24x+ 12 12
12 6
)det(H(x, y)
)= 144x+ 72− 144 = 72(2x− 1)
det(H(1,−1)
)= 72 > 0 und 36 > 0 Minimum
det(H(0, 1)
)= −71 < 0 und 36 > 0 indefinit
⇒ Sattelpunkt
Bemerkung 239. Ein Punkt ~x0 ∈ U in dem df = 0 gilt[oder Grad(f) = ~0
]heißt
kritischer Punkt[stationarer Punkt
].
Ein kritischer Punkt ~x0 ist ein Extremum, wenn die Hesse-Matrix(
∂2f∂xi∂xj
)pi,j=1
definit
ist.[Kein Extremum wenn indefint
][Keine Entscheidung, wenn semidefinit
]
344
16.4 Differenzierbare Abbildungen
Definition 16.8. Sei U ⊆ Rp und ~F : U → Rq, dann heißt ~F differenzierbar in ~x0 ∈ U , wenn eseine lineare Abbildung A : Rp → Rq gibt, sodass
~F (~x) = ~F (~x0) +A(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~r(~x)
mit lim~x→~x0
(~r(~x)) = ~0
gilt
Bemerkung 240.
~F (~x) =
f1(~x)...
fq(~x)
A =
∂f1∂x1
(~x0) ∂f1∂x2
(~x0) . . . ∂f1∂xp
(~x0)∂f2∂x1
(~x0) ∂f2∂x2
(~x0) . . . ∂f2∂xp
(~x0)...
.... . .
...∂fq∂x1
(~x0)∂fq∂x2
(~x0) . . .∂fq∂xp
(~x0)
A heißt Jacobi-matrix
D~F =∂(f1, ..., fq)
∂(x1, ..., xp)= ~F
Bemerkung 241. Fur den Nachweis der Differenzierbarkeit von ~F genugt der Nachweisder Differenzierbarkeit von f1, ..., fq.[Koordinatenweise differenzierbar ⇔ differenzierbar
]Wenn die Funktion ∂fi
∂xjin ~x0 stetig sind, dann ist ~F in ~x0 differenzierbar.
Satz 16.13. KettenregelSei U ⊆ Rp, V ⊆ Rd offen und seien ~F : U → V und ~G : V → Rs Abbildungen. Sei ~F in ~x0 ∈ Udifferenzierbar und ~G in~y0 = ~F (~x0) ∈ V differenzierbar. Dann ist ~G(~F (~x)) = ~G ◦ ~F (~x) in ~x0 differenzierbar und es gilt
D(~G ◦ ~F )(~x0) = D~G(~F (~x0)
)◦D~F (~x0) = ~G′
(~F (~x0)
)~F ′(~x0)
345
Beweis.
~F (~x) = ~F (~x0) +D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)
~G(~y) = ~G(~y0) +D~G(~y0)(~y − ~y0) + ‖~y − ~y0‖~rG(~y)
~G(~F (~x)
)= ~G(~F (~x0)) +D~G(~y0)
(~y0 − ~y0 +D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)
)+
+∥∥D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)
∥∥ · ~rG(~F (~x)) =
= ~G(~F (~x0)
)+D~G(~y0)D~F (~x0)(~x− ~x0) +
(‖~x− ~x0‖D~G(~y0)~rF (~x)+
+‖D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)‖~rG(~F (~x)
))∥∥∥(‖~x− ~x0‖D~G(~y0)~rF (~x) + ‖D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)‖~rG(~F (~x)
))∥∥∥ ≤≤ ‖~x− ~x0‖ · ‖D~G(~y0)~rF (~x)‖+‖D~F (~x0)(~x− ~x0)‖ · ‖~rG
(~F (~x)
)‖+
+‖~x− ~x0‖ · ‖~rF (~x)‖ · ‖~rG(~F (~x)
)‖ ≤
≤ ‖~x− ~x0‖(‖D~G(~y0)‖ · ‖~rF (~x0)‖︸ ︷︷ ︸
−→0
+ ‖D~F (x0)‖ · ‖~rG(~F (~x)
)‖︸ ︷︷ ︸
−→0
+ ‖~rF (~x)‖ · ‖~rG(~F (~x)
)‖︸ ︷︷ ︸
−→0
)
Die Mathematik ist die Konigin der Wissenschaften und die Arith-metik die Konigin der Mathematik.(Carl Friedrich Gauß)
346
Teil III
Analysis 3
347
Satz 16.14. KettenregelSei U ⊆ Rp, V ⊆ Rd offen und seien ~F : U → V und ~G : V → Rs Abbildungen. Sei ~F in ~x0 ∈ Udifferenzierbar und ~G in ~y0 = ~F (~x0) ∈ V differenzierbar. Dann ist ~G
(~F (~x)
)= ~G ◦ ~F (~x) in ~x0
differenzierbar und es gilt D(~G ◦ ~F )(~x0) = D~G(~F (~x0)
)D~F (~x0) = ~G′
(~F (~x0)
)~F ′(~x0)
Formal (f ◦ ~g)′ = f ′(~g(~x)
)· ~g′(~x)
Beweis.
~x0 ∈ V, ~g(~x0) = ~y0 ∈ U~g(~x) = ~g(~x0) +D~g(~x0)(~x− ~x0) + ~r~g(~x)
f(~y) = f(~y0) + df(~y0)(~y − ~y0) + ~rf (~y)
mit lim~x→~x0
(‖~r~g(~x)‖‖~x− ~x0‖
)= 0
und lim~y→~y0
(‖~rf (~y)‖‖~y − ~y0‖
)= 0 (16.11)
f(~g(~x)
)= f
(~g(~x0)
)+ df(~y0)
(D~g(~x0)(~x− ~x0) + ~r~g(~x)︸ ︷︷ ︸
~g(~x)−~g(~x0)
)+ ~rf
(g(~x)
)=
= f(~g(x0)
)+ df(~y0)D~g(~x0)(~x− ~x0) + df(~y0)~r~g(~x) + rf
(~g(~x)
)‖df(~y0)~r~g(~x)‖‖~x− ~x0‖
≤ ‖df(~y0)‖ ·‖~r~g(~x)‖‖~x− ~x0‖
−→fur ~x→~x0
0
(16.11) ∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀~y ∈ U : ‖~y − ~y0‖ < δ ⇒ ‖rf (~y)‖ < ε‖~y − ~y0‖⇒ ∀δ > 0, ∃δ′ > 0, ∀~x ∈ V : ‖~x− ~x0‖ < δ′[
‖~g(~x)− ~g(~x0)‖ < δ]
‖rf(~g(~x)
)‖ < ε‖~g(~x)− ~g(~x0)‖ (16.12)
‖~g(~x)− ~g(~x0)‖ ≤ ‖D~g(~x0)‖ · ‖~x− ~x0‖+ ‖~r~g(~x)‖∃δ′′ > 0 : ‖~x− ~x0‖ < δ′′ ⇒ ‖~r~g(~x)‖ < ‖~x− ~x0‖‖~g(~x)− ~g(v0)‖ ≤
(‖D~g(~x)‖+ 1
)‖~x− ~x0‖
(16.12) ‖rf(~g(~x)
)‖ < ε
(‖D~g(~x0)‖+ 1
)‖~x− ~x0‖
fur ‖~x− ~x0‖ < min(δ′, δ′′)
⇒ lim~x→~x0
(‖rf(~g(~x)
)‖
‖~x− ~x0‖
)= 0
348
Kettenregel in Koordinaten
f(~y) = f(y1, ..., yq)
~g(~x) =
~g1(x1, ..., xp)~g2(x1, ..., xp)
...~gq(x1, ..., xp)
df =
(∂f
∂y1, ...,
∂f
∂yq
)
D~g =
∂g1∂x1
∂g1∂x2
. . . ∂g1∂xp
∂g2∂x1
∂g2∂x2
. . . ∂g2∂xp
......
. . ....
∂gq∂x1
∂gq∂x2
. . .∂gq∂xp
df ·D~G =
(∂f
∂y1· ∂g1
∂x1+ ...+
∂f
∂yq· ∂gq∂x1
, ...,∂f
∂y1· ∂g1
∂xp+ ...+
∂f
∂yq· ∂gq∂xp
)∂(f ◦ ~g(~x)
)∂xi
=
q∑j=1
∂f
∂yj· ∂gj∂xi
Beispiel 110.
x = r cos(ϕ)
y = r sin(ϕ)
r > 0, 0 ≤ ϕ ≤ 2π
g(r, ϕ) = f(r cos(ϕ), r sin(ϕ)
)∂g∂r = ∂f
∂x cos(ϕ) + ∂f∂y sin(ϕ)
∣∣∣∣ · r sin(ϕ)
∂g∂ϕ = −∂f∂xr sin(ϕ) + ∂f
∂y r cos(ϕ)
∣∣∣∣ · cos(ϕ)
r sin(ϕ)∂g
∂r+ cos(ϕ)
∂g
∂ϕ=∂f
∂y·(r cos(ϕ)2 + r sin(ϕ)2
)∂f
∂y= sin(ϕ)
∂g
∂r+
cos(ϕ)
r
∂g
∂ϕ
∂g∂r = ∂f
∂x cos(ϕ) + ∂f∂y sin(ϕ)
∣∣∣∣ · r cos(ϕ)
∂g∂ϕ = −∂f∂x sin(ϕ) + ∂f
∂y r cos(ϕ)
∣∣∣∣ · (− sin(ϕ))
∂f
∂x= cos(ϕ)
∂g
∂r− sin(ϕ)
r
∂g
∂ϕ
349
g = f ◦ φ
”g = f”
16.5 Der Laplace-Operator
f ∈ C2
∆f =
p∑i=1
∂2f
∂x2i
p = 2
∆f =∂2f
∂x2+∂2f
∂y2
∂f
∂x= cos(ϕ)
∂f
∂r− sin(ϕ)
r
∂f
∂ϕ
∂2f
∂x2=
(cos(ϕ)
∂
∂r− sin(ϕ)
r
∂
∂ϕ︸ ︷︷ ︸∂∂x
)·(
cos(ϕ) · ∂f∂r− sin(ϕ)
r
∂f
∂ϕ
)=
= cos(ϕ) cos(ϕ)∂2f
∂r2− cos(ϕ) sin(ϕ)
(− 1
r2
)∂f
∂ϕ− cos(ϕ)
sin(ϕ)
r
∂2
∂r∂ϕ
sin(ϕ)
r
(− sin(ϕ)
)∂f∂r−
− sin(ϕ)
rcos(ϕ)
∂2f
∂r∂ϕ+
sin(ϕ)
r
cos(ϕ)
r
∂f
∂ϕ+
sin(ϕ)2
r2
∂2f
∂ϕ2
∂2f
∂y2=
(sin(ϕ)
∂
∂r+
cos(ϕ)
r
∂
∂ϕ
)(sin(ϕ)
∂f
∂r+
cos(ϕ)
r
∂f
∂ϕ
)=
= sin(ϕ) sin(ϕ)∂2f
∂r2+ sin(ϕ) cos(ϕ)
(− 1
r2
)∂f
∂ϕ+
sin(ϕ) cos(ϕ)
r
∂2f
∂r∂ϕ+
+cos(ϕ)
rcos(ϕ)
∂f
∂r+
cos(ϕ)
rsin(ϕ)
∂2f
∂r∂ϕ+
cos(ϕ)
r
(− sin(ϕ)
r
)∂f
∂ϕ+
(cos(ϕ)
r
)2∂2f
∂ϕ2
∆f =∂2f
∂x2+∂2f
∂y2=∂2f
∂r2+
1
r
∂f
∂r+
1
r2
∂f
∂ϕ2
f = f(r)
∆f = f ′′(r) +1
rf ′(r)
f ′′(r) +1
rf ′(r) = 0
f ′ = g, g′(r) +1
rg(r) = 0
dg
dr= −g
r,
dg
g= −dr
rˆdg
g= −
ˆdr
r, ln |g| = − ln |r|+ c
350
g(r) =D
r
f(r) =
ˆD
r= D ln |r|+ E
∆ ln(x2 + y2) = 0, (x, y) 6= (0, 0)
16.6 Erinnerung
A : Rp → Rq lineare AbbildungAuf beiden Raumen Normen: ‖·‖1 und ‖·‖2
‖A‖ := sup~x∈Rp\{~0}
(‖A~x‖2‖~x‖1
)Damit gilt ‖A~x‖2 ≤ ‖A‖ · ‖~x‖1
Sei ‖·‖1, ‖·‖2 beides die euklidische Norm
0 ≤ ‖A~x‖2 = ~xT ATA︸ ︷︷ ︸symmetrisch
~x ≤ λmax · ‖~x‖2
mit λmax ist der großte Eigenwert von ATA
‖A‖ =√λmax
Beispiel 111.
f : U → R, U ⊆ Rp offen
~x : I → U, I ⊆ R Intervall
f, ~x differenzierbar
g(t) = f(~x(t)
)g′(t) = df
(~x(t)
)· ~x(t) =
p∑i=1
∂f
∂xi
(~x(t)
)· xi(t) = 〈grad(f), ~x〉
Satz 16.15. SchrankensatzSei ~f : U → Rq und U ⊆ Rq offen, eine differenzierbare Abbildung und sei fur ein K ⊆ U kompakt
‖D~f‖K := sup~x∈K
∥∥∥D~f(~x)∥∥∥. Dann gilt ∀~x, ~y ∈ K
‖~f(~x)− ~f(~y)‖︸ ︷︷ ︸Norm auf Rq
≤ ‖D~f‖K · ‖~x− ~y‖︸ ︷︷ ︸Normauf Rp
Bemerkung 242. ‖D~f‖K hangt von der Wahl der Normen auf Rp und Rq ab.
351
Beweis.
L = ‖D~f‖KZeige: ∀ε > 0 : ∀~x, ~y ∈ K : ‖~f(~x)− ~f(~y)‖ ≤ (L+ ε)‖~x− ~y‖
Angenommen: ∃ε > 0 : ∃~x, ~y ∈ K : ‖~f(~x)− ~f(~y)‖ > (L+ ε)‖~x− ~y‖
Fε(t) = ‖~f(~x+ t(~y − ~x)
)− ~f(~x)‖ − (L+ ε)t‖~x− ~y‖
Fε(1) > 0 und Fε(0) = 0
Dann gibt es fur jedes c ∈(0, Fε(1)
)ein t0 ∈ (0, 1), sodass: Fε(t0) = c
und ∀t ∈ (t0, 1] : Fε(t) > c
t0 = sup{t∣∣ Fε(t) = c
}6= ∅ wegen des Zwischenwertsatzes
ϕ(t) =
>0︷ ︸︸ ︷Fε(t)− Fε(t0)
t− t0︸ ︷︷ ︸>0
> 0
ϕ(t) =‖~f(~x+ t(~y − ~x)
)− ~f(~x)‖ − ‖~f
(~x+ t0(~y − ~x)
)− ~f(~x)‖
t− t0− (L+ ε)‖~x− ~y‖
ϕ(t) ≤‖~f(~x+ t(~y − ~x)
)− ~f
(~x+ t0(~y − ~x)
)‖
t− t0− (L+ ε)‖~x− ~y‖ =
=
∥∥∥∥∥ ~f(~x+ t(~y − ~x)
)− ~f
(~x+ t0(~y − ~x)
)t− t0
∥∥∥∥∥− (L+ ε)‖~x− ~y‖
0 ≤ limt→t+0
(ϕ(t)
)= ‖D~f(~x+ t0(~x− ~y) · (~x− ~y)‖︸ ︷︷ ︸
≤‖D~f‖K‖~x−~y‖=L‖~x−~y‖
−(L+ ε)‖~x− ~y‖ ≤
≤ −ε‖~x− ~y‖ < 0 E
Definition 16.9. Eine Abbildung φ : U → V , U ⊆ Rp, V ⊆ Rq beide offen heißt Diffeomorphis-mus, wenn φ bijektiv ist und sowohl φ als auch φ(−1) stetig differenzierbar sind.(,, Ck-Diffeomorphismus, wenn φ und φ(−1) k-mal stetig differenzierbar”).
Definition 16.10. φ : X → Y , beide metrische Raume, heißt Homoomorphismus, wenn φ bijektivist und φ und φ(−1) stetig sind.
Lemma 20. Sei φ : U → V ein Diffeomorphismus wie oben. Dann gilt
1. p = q
2. Dφ(−1)(x) = Dφ(y)−1 mit x = φ(y)
Beweis.
φ ◦ φ(−1) = idV
Ketten-regel=⇒ Dφ
(φ(−1)(y)
)·Dφ(−1)(y) = idRq
φ(−1) ◦ φ = idU
Ketten-regel=⇒ Dφ(−1)
(φ(x)
)·Dφ(x) = idRp
⇒ p = q
352
Im Eindimensionalen gilt Folgendes: f : I → R stetig differenzierbarund ∀x ∈ I : f ′(x) 6= 0 wobei I ein Intervall ist, dann ist f bijektiv und dieUmkehrabbildung ist differenzierbar.
Beispiel 112.
φ : R× (1, 2)→ {(x, y) ∈ R2∣∣1 < x2 + y2 < 4}
(ϕ, r) 7→(r cos(ϕ), r sin(ϕ)
)Dφ =
(cos(ϕ) −r sin(ϕ)sin(ϕ) r cos(ϕ)
), det(Dφ) = r 6= 0
invertierbare Abbildung, aber φ ist nicht bijektiv.
Idee: gilt wenigstens lokale Umkehrbarkeit?
Indem man den Definitionsbereicht verkleinert
Satz 16.16. Sei φ : U → V bijektiv, U, V ⊆ Rp beide offen, und die Umkehrabbildung φ(−1) :V → U stetig. Sei Dφ(x) ein Isomorphismus (=invertierbar) fur alle x ∈ U , dann ist φ(−1) aufV differenzierbar und es gilt fur y = φ(x):
Dφ(−1)(y) =(Dφ(x)
)−1
Beweis. Zu zeigen: φ(−1) ist differenzierbar in jedem y0 ∈ V .
y0 = φ(x0)
oBdA: x0 = y0 = 0
φ(x) = φ(x+ x0)− φ(x0)
oBdA: Dφ(0) = idRp˜φ(x) =
(Dφ(0)
)−1φ(x)
φ(x) = x+R(x) mit limx→0
(‖R(x)‖‖x‖
)= 0
φ(−1)(y) = y +R∗(y)
x = φ(x) +R∗(φ(x)
)φ(x)− x = −R∗
(φ(x)
)= R(x)
R∗(y) = −R(φ(−1)(y)
)
353
Weil limx→0
(‖R(x)‖‖x‖
)= 0, gibt es fur ein r > 0,
sodass ∀x ∈ U : ‖x‖ < r ⇒ ‖R(x)‖ ≤ 1
2‖x‖
und es gibt wegen der Stetigkeit von φ(−1) ein δ > 0
sodass ∀y ∈ V : ‖<‖ < δ ⇒ ‖φ(−1)(y)‖ < r
φ(−1)(y) = y −R(φ(−1)(y)
)‖φ(−1)(y)‖ ≤ ‖y‖+ ‖R
(φ(−1)(y)
)‖︸ ︷︷ ︸
≤ 12‖φ
(−1)(y)‖Nach Definition von δ und r
nehme an, dass ‖y‖ < δ
1
2‖φ(−1)(y)‖ ≤ ‖y‖ ⇒ ‖φ(−1)(y)‖ ≤ 2‖y‖
‖R∗(y)‖‖y‖
=‖R(φ(−1)(y)
)‖
‖y‖≤ 2‖R(x)‖‖x‖
−→x→0
0
da: y = φ(x), ‖x‖ ≤ 2‖φ(x)‖, ‖φ(x)‖ ≥ 1
2‖x‖
Also gilt: limy→0
(‖R∗(y)‖‖y‖
)= 0
Satz 16.17. Satz von der lokalen UmkehrbarkeitSei φ : U → V , U, V ⊆ Rp, beide offen, eine C1-Abbildung und sei fur ein a ∈ U , Dφ(a)invertierbar (ein Isomorphismus), dann gibt es eine offene Umgebung U0 von a, sodass V0 = φ(U0)offen ist und φ
∣∣U0
: U0 → V0 ein Diffeomorphismus ist.
Beweis. oBdA: (wie im Beweis von Satz 16.16)A = 0 und φ(0) = 0 undDφ(0) =idRp . Man muss nun fur ein r > 0 und ‖y‖ < r die Gleichung φ(x) = y losen.
ϕy(x) = y + x− φ(x), φ(x) = y ⇔ ϕy(x) = x
Die Losung der Gleichung wird damit eine Fixpunktaufgabe
Wahle r > 0, sodass fur alle x ∈ B2r(0) ⊆ U , gilt:
‖Dφ(x)− idRp‖ ≤1
2(das geht, wegen der Stetigkeit von Dφ(x))
Dϕy(x) = idRp −Dφ(x)Satz16.14=⇒ fur x1, x2 ∈ B2r(0) gilt:
‖ϕy(x1)− ϕy(x2)‖ ≤ 1
2‖x1 − x2‖ das heißt ϕy ist eine Kontraktion
Fur ‖y‖ < r, ‖x‖ ≤ 2r (kompakte Teilmenge vonRp)
‖ϕy(x)‖ ≤ ‖y‖+ ‖ x− φ(x)︸ ︷︷ ︸=ϕy(x)−ϕy(0)
‖ = ‖y‖+ ‖ϕy(x)− ϕy(0)‖ ≤ r +1
2‖x‖ < 2r
354
das heißt ϕy : B2r(0)→ B2r(0) und ϕy ist eine Kontraktion
Satz8.12=⇒ ϕy hat einen eindeutig bestimmten Fixpunkt, das heißt:
φ(x) = y hat eine eindeutige Losung x ∈ B2r(0)
Fur jedes y ∈ Br(0) gibt es genau ein x ∈ B2r(0) sodass
φ(x) = y
Dies definiert eine Abbildung
ψ : Br(0)→ B2r(0) mit φ ◦ ψ = idBr(0)
Um die Differenzierbarkeit von ψ nach Satz 16.15 nachweisen zu konnen, benotigtman die Stetigkeit von ψ und die Differenzierbarkeit von Dφ(x) fur ‖x‖ ≤ 2r.
x1, x2 ∈ B2r(0), x1 − x2 = ϕ0(x1)− ϕo(x2) + φ(x1)− φ(x2)
‖x1 − x2‖ ≤ ‖ϕ0(x1)− ϕ0(x2)︸ ︷︷ ︸≤ 1
2‖x1−x2‖
‖+ ‖φ(x1)− φ(x2)‖
1
2‖x1 − x2‖ ≤ ‖φ(x1)− φ(x2)‖
y1, y2 ∈ Br(0), x1 = ψ(y1), x2 = ψ(y2)
‖ψ(y1)− ψ(y2)‖ ≤ 2‖y1 − y2‖ ⇒ ψ ist stetig auf Br(0)
zu zeigen: Dφ(x) ist invertierbar fur ‖x‖ ≤ 2r
Sei v ∈ Rp mit Dφ(x)v = 0
‖Dφ(x)v − v‖ ≤ ‖Dφ(x)− idRp‖ · ‖v‖ ≤1
2‖v‖
‖v‖ ≤ 1
2‖v‖ =⇒ ‖v‖ = 0
Damit ist Dφ(x) invertierbar fur ‖x‖ ≤ 2r
und nach Satz 16.15 ist ψ differenzierbar auf V0 = φ(U0)
V0 ist offen, weil V0 = ψ−1(U0)
Beispiel 113.
φ(x, y) =
(x+ cos(xy)− y − 1x sin(y) + ey − 1
)φ(0, 0) =
(00
)Dφ(0, 0) =
(1− y sin(xy) −x sin(xy)− 1
sin(y) x cos(y) + ey
) ∣∣∣∣∣(0,0)
=
(1 −10 1
)
355
Satz 16.18. Satz von der offenen AbbildungSei φ : U → V , U, V offen in Rp stetig differenzierbar und sei Dφ(x) invertierbar fur alle x ∈ U .Dann ist φ(U) offen.
Beweis. Zu jedem x ∈ U gibt es nach Satz 16.17 eine offene Umgebung Ux, fur
die φ(Ux) offen ist. φ(U) = φ
( ⋃x∈U
Ux
)=⋃x∈U
φ(Ux)︸ ︷︷ ︸offen
= offen
Satz 16.19. Sei φ : U → Rp (U ⊆ Rp offen) injektiv und differenzierbar und sei φ(x) invertierbarfur alle x ∈ U . Dann ist V = φ(U) offen und φ : U → V ein Diffeomorphismus.
Beweis. V = φ(U) offen nach Satz 16.18, dann ist ψ : V → U stetig, weilfur alle X ⊆ U offen, ψ−1(W ) = φ(W ) nach Satz 16.18 offen ist. unter diesenVoraussetzungen ist ψ nach 16.17 differenzierbar → φ ist ein Diffeomorphismus
16.7 Der Hauptsatz uber implizite Funktionen
~f : U → Rp (U ⊆ Rp+q offen), ~f(~x0, ~y0) = ~0
( ~x0︸︷︷︸∈Rp
, ~y0︸︷︷︸∈Rq
) ∈ U
M ={
(~x, ~y)∣∣∣~f(~x, ~y) = ~0
}Suche eine Funktion ~g : U ′ → Rq, x0 ∈ U ′ ⊆ Rp offen
sodass f(~x,~g(~x)
)= ~0 fur ~x ∈ U ′
Dann ist der Graph{(~x,~g(x)
) ∣∣∣ ~x ∈ U ′} ⊆MSeien f und g differenzierbar ~f
(~x,~g(~x)
)= ~0
∂
∂x:
∂ ~f
∂~x+∂ ~f
∂~y· ∂~g∂~x
= 0
∂(f1, ..., fq)
∂(x1, ..., xp)+
∈Rq×q︷ ︸︸ ︷∂(f1, ..., fq)
∂(y1, ..., yq)︸ ︷︷ ︸sollte invertierbar
sein, damitGleichung losbar ist
· ∂(g1, ..., gq)
∂(x1, ..., xp)= 0
∂(g1, ..., gq)
∂(x1, ..., xp)= −
(∂(f1, ..., fq)
∂(y1, ..., yq)
)−1∂(f1, ..., fq)
∂(x1, ..., xp)
Satz 16.20. Hauptsatz uber implizite FunktionenSei U ⊆ Rp+q offen, ~f : U → Rq, ~f differenzierbar auf U. Sei fur (~x0, ~y0) ∈ U (~x0 ∈ Rp, ~y0 ∈ Rq)
356
~f(~x0, ~y0) = 0 und sei∂(f1,...,fp)∂(y1,...,yq)
(~x0, ~y0) invertierbar. Dann gibt es eine offene Menge U ′ ⊆ Rp mit
~x0 ∈ U ′ und eine differenzierbare Abbildung g : U ′ → Rq, sodass ∀x ∈ U ′ : ~f(~x, g(~x)
)= ~0.
Weiters gilt: ∂~g∂x (~x0) = −
(∂ ~f∂~y (~x0, ~y0)
)−1∂ ~f∂~x (~x0, ~y0)
Beweis.
~F : U → Rp+q, ~F (~x, ~y) =
(~x− ~x0
~f(~x, ~y)
)~F (~x0, ~y0) = ~0
∂ ~F
∂(~x, ~y)(~x0, ~y0) =
1 ... 0 0 . . . 0...
. . ....
.... . .
...0 ... 1 0 . . . 0
∂ ~f∂~x (~x0, ~y) ∂ ~f
∂~y (~x0, ~y0)
1 . . . 0
.... . .
...0 . . . 1
∈ Rp×p,(∂ ~f∂~x (~x0, ~y0)
)∈ Rq×p,
0 . . . 0...
. . ....
0 . . . 0
∈ Rp×q,(∂ ~f∂~y (~x0, ~y0))∈ Rq×q
Somit ist∂ ~F
∂(~x~y)(~x0, ~y0) invertierbar
Nach Satz 16.17 [lokale Umkehrabbildung] ∃U = U mit (~x0, ~y0) ∈ U , U offen
und eine Abbildung ~G : ~F (U)→ U mit ~G = ~F (−1)
~G(~z, ~w) =
(~z + ~x0
~g(~z, ~w)
)~f(~z + ~x0, ~g(~z, ~w)
)= ~w
Setze ~w = ~0
~f(~z + ~x0, ~g(~z, 0)
)= ~0→ ~g(x) := ~g(~x− ~x0,~0)
Damit ist der Satz fur U ′ = {~x ∈ Rp∣∣(~x− ~x0,~0) ⊆ U} gezeigt.
Die Ableitungsregel fur ~g folgt aus der Kettenregel wie vorhin
Bemerkung 243. Der Hauptsatz uber implizite Funktionen ist aquivalent zum Satz vonder Umkehrabbildung. (16.17 ⇒ 16.20 siehe Beweis) Umgekehrt 16.20 ⇒ 16.17:
setze f(x, y) = ~F (~y)~x in Satz 16.20 um 16.17 zu zeigen.
357
Beispiel 114.
f(x, y) = x cos(y) + exy − 1
f(0, 0) = 0
∂f
∂x= cos(y) + yexy,
∂f
∂y= −x sin(y) + xexy
∂f
∂x(0, 0) = 1,
∂f
∂y(0, 0) = 0⇒ ∃g : x = g(y) und fur |y| < ε > 0
f(g(y), y) = 0, g′(0) = −(∂f
∂x(0, 0)
)−1∂f
∂y(0, 0) = 0
Beispiel 115.
f(x, y) = 0, f(x0, y0) = 0
Wenn grad(f(x0, y0)
)6= ~0, dann kann man f(x, y) = 0 lokal um (x0, y0) als
Funktionsgraphen beschreiben. Was passiert bei Gradient =0?grad
(f(x0, y0)
)= 0⇒ (x0, y0) stationarer Punkt
• Wenn H =
(∂2f∂x2
∂2f∂x∂y
∂2f∂y∂x
∂2f∂y2
)definit ist, dann hat f(x, y) = 0 in einer
Umgebung von (x0, y0) die einzige Losung x = x0, y = y0
• Wenn H indefinit ist, kann man zwei Funktionsgraphen finden, die einan-der in (~x0, ~y0) schneiden
U ⊆ Rp+q ~f : U → Rq + Voraussetzungen von Satz 16.20
M ={
(~x, ~y) ∈ Rp+q∣∣∣ ~f(~x, ~y) = ~0
}Um (~x0, ~y0) ∈ M lasst sich M durch
{(~x,~g
(~x)) ∣∣∣ ~x ∈ U ′}, also als Funktions-
graph beschreiben. Dieser ist ein p-dimensionale Teilmenge des Rp+q. Wenn
∀(~x, ~y) ∈ U ρ(
∂ ~f∂(~x,~y)
)= q dann kann man lokal um jeden Punkt q Variable
auswahlen, nach denen nach Satz 16.20 aufgelost werden kann.
16.8 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen
Situation: Wie im Satz 16.20 ~f : U → Rq
M = {(~x, ~y) ∈ U∣∣∣f(~x, ~y) = 0}
b : U → R gesucht: Extrema von b∣∣M
Idee: verwende den Hauptsatz um b als Funktion von ~x auf U ′(⊆ Rp offen)zuschreibenh(~x) = b
(~x, g(~x)
)Sei (~x0, ~y0) eine lokale Extremstelle von b auf M und sei ∂
~f∂~y (~x0, ~y0) invertierbar.
358
dann gibt es ein ~g aus dem Satz 16.19
0 =∂h
∂~x(~x0) =
(∂h
∂x1, ...,
∂h
∂xp
)(~x0) =
∂b
∂~x(~x0, ~y0) +
∂b
∂~y(~x0, ~y0) · ∂~g
∂~x(~x0) =
=∂b
∂~x− ∂b
∂~y·
(∂ ~f
∂~y
)−1
︸ ︷︷ ︸:=(λ1,...,λq)
∂f
∂~x= 0
∂b
∂~x− (λ1, ..., λq) ·
∂f
∂~x= 0
das heißt:∂b
∂xi−(λ1∂f1
∂xi+ ...+ λq
∂fq∂xi
)= 0 fur i = 1, ..., p
∂b
∂yj−(λ1∂f1
∂yj+ ...+ λq
∂fq∂xj
)= 0 fur j = 1, ..., q
∂b
∂~y− (λ1, ..., λq)
∂ ~f
∂~y=∂b
∂~y− ∂b
∂~y
(∂f
∂~y
)(−1)
︸ ︷︷ ︸Definition von λ1
∂ ~f
∂~y= 0
Das heißt: in einer Extremstelle von b auf M gelten die Gleichungen
∂b
∂xi−(λ1∂f1
∂xi+ ...+ λq
∂fq∂xi
)= 0 fur i = 1, ..., p
∂b
∂yj−(λ1∂f1
∂yj+ ...+ λq
∂fq∂yj
)= 0 fur j = 1, ..., q
ebenso fk(~x, ~y) = 0 fur k = 1, ..., q
Insgesamt p+ 2q Gleichung
Bemerkung 244. Wenn ρ(∂ ~f∂~y
)< q, dann setzt man q′ = ρ
(∂ ~f∂~y
). Wende die Argu-
mentation von oben auf f , g an, die verbleibenden λi werden 0 gesetzt.
Satz 16.21. Multiplikatormethode von LagrangeSei f : U → Rq, (U ⊆ Rp+q offen) stetig differenzierbar und M = {~x ∈ U : ~f(~x) = 0}. Seib : U → R stetig differenzierbar und nehme in ~x0 ∈ M ein lokales Extremum auf M an. Danngibt es λ1, ..., λq ∈ R, sodass ∂b
∂xi−(
λ1︸︷︷︸Lagrange
Multiplikator
∂f1∂xi
+ ...+ λq∂fq∂~xi
)= 0 fur i = 1, ..., p+ q
Beweis. M = {~x ∈ U∣∣~f(~x) = ~0}
Die Richtungsableitung ∂b∂~v (~x0) muss verschwinden, fur alle Vektoren ~v die in ~x0
tangential an M liegen.〈grad
(b(x0)
), ~v〉 = 0 fur alle ~v tangential an M in x0.
359
Tangentialebene an M in ~x0
T =
q⋂j=1
grad(fj)(~x0)⊥
grad(b(~x0)
)⊥ T ⇔ grad(b)(~x0) ∈ L
(grad(fj)(~x0)j=1,...,q
)
Beispiel 116.
Q(x1, ..., xp) =
p∑i,j=1
qijxixj
qij = qji quadratische Form
Gesucht: Extrema von Q unter Nebenbedingung x21 + ...x2
p = 1
∂
∂xiQ(x1, ..., xp)− λ
∂
∂xi(x2
1 + ...+ x2p) = 0
∂
∂xi
p∑k,l
qklxkxl =
p∑l = 1l 6= i
qilxl +
p∑k = 1k 6= i
qkixk + 2qiixi = 2
p∑l=1
qilxl
Somit hat man: 2
p∑l=1
qilxl − 2λxi = 0
(qij)~x− ~λx = 0 ⇒ λ ist Eigenwert von Matrix (qij)
Sei λ ein Eigenwert und ~v zugehoriger normierter Eigenvektor, dann lost ~x = ~v dieGleichung und die Nebenbedingung und es gilt Q(~v) = λ wegen ~vT (qij)~v − λ~vT v︸ ︷︷ ︸
=1
= 0
Bemerkung 245. Satz 16.21 liefert nur eine notwendige Bedingung fur das Vorliegenlokaler Extrema unter Nebenbedingung. Falls durch die Nebenbedingung eine kompakteMenge definiert wird, weiß man, dass der großte Wert, der so gefunden wurde, ein Ma-ximum ist, ebenso der kleinste ein Minimum.
Beispiel 117. H(x1, ..., xp) =r∑
i,j=1
hijxixj
G(x1, ..., xp) =p∑
i,j=1
gijxixj Sei positiv definit ⇒ (gij) invertierbar
Gesucht: Extrema von H(x1, ..., xp)
360
unter der Nebenbedingung: G(x1, ..., xp) = 1
∂
∂xi(H − λG) = 0 fur i = 1, ..., p
p∑l=1
hilxl −p∑l=1
λgilxl = 0
H~x− λG~x = 0
G−1H~x− λ~x = 0 ⇒ λ ist Eigenwert von G−1H,~x ist Eigenvektor von G−1H
361
17 Differentialgeometrie der (Hyper-)Flachen
Definition 17.1. Eine Abbildung ~F : U → Rp (U ⊆ Rd, d < p, U offen) heißt Immersion (re-
gulare Parametrisierung), wenn ρ(∂ ~F∂~u
)= d fur alle ~u ∈ U
~F (U) heißt dann regulare Flache.
(~F , u) heißt Karte.
Konvention Die Variablen in U werden durch u1, ..., ud bezeichnet. (obereindizes, keine Potenzen)
Einsteinsche Summenkonvention: Wenn ein Index oben und unten vor-kommt, dann wird uber diesen Index von 1 bis d summiert
Beispiel 118.
uigij =
d∑i=1
uigij
der Index i in ∂∂ui ist ein unterer Index.
362
Beispiel 119.
vi = ui(v1, ..., vd)
g(u1, ..., ud)
g(v1, ..., vd) := g(u1(v1, ..., vd), ..., ud(v1, ..., vd)
)∂g
∂vj=
d∑i=1
∂g
∂ui∂ui
∂vj=
∂g
∂ui∂ui
∂vj
dg =∂g
∂uidui =
∂g
∂vjdvj =
∂g
∂ui∂ui
∂vjdvj︸ ︷︷ ︸
=dui
dui =∂ui
∂vjdvj ← lineare Abbildungen
∂
∂vj=∂ui
∂vj∂
∂uiVektoren
Obere Indizes heißen kontravariant, untere kovariant.Durch je:
u1 = u1(t)
...
ud = ud(t)
Wird eine Kurve in U beschrieben, t ∈ I.~F ◦ γ(t) beschreibt eine Kurve auf der Flache ~F (u); eine Flachenkurve.Gesucht ist die Bogenlange dieser Flachenkurve
d
dt~F ◦ γ(t) =
∂ ~F
∂uiui =
d∑i=1
∂ ~F
∂uiui
∥∥∥∥ ddt ~F ◦ γ∥∥∥∥2
= uiuj
⟨∂ ~F
∂ui,∂ ~F
∂uj
⟩︸ ︷︷ ︸Skalarprodukt
in Rp
=
d∑i,j=1
uiuj
⟨∂ ~F
∂ui,∂ ~F
∂uj
⟩
Definiere: gij :=
⟨∂ ~F
∂ui,∂ ~F
∂uj
⟩metrischer Tensor (1. Fundamentalform der Flache)∥∥∥∥ ddt ~F ◦ γ
∥∥∥∥2
= gij uiuj
ˆ
I
√gij uiujdt︸ ︷︷ ︸
ds...Bogenelement
Bogenlange von ~F ◦ γ
363
ds2 = gij uiujdt2 = gijdu
iduj Erste Fundamentalform
Positiv definite quadratische Form
∂ ~F
∂u1, ...,
∂ ~F
∂udbilden eine Basis des Tangentialraum an ~F (U)︸ ︷︷ ︸
=M
im jeweiligen Punkt
p = ~F (u1, ..., ud)
Tp(M) := L
(∂ ~F
∂u1, ...,
∂ ~F
∂ud
)Tangentialraum an M in p
Tp(M) erhalt vom umgebenden Rd ein Skalarprodukt; die Koordinaten dieses Skalarpro-dukts in der Basis ∂F
∂ui sind genau (gij)i,j=1
Wiederholung
~F : U → Rp, U ⊆ Rd, d < p
~F eine Immersion, ρ
(∂ ~F
∂~u
)= d
T~F (~u)(M) := L
(∂ ~F
∂u1, ...,
∂ ~F
∂ud
)dim
(T~F (~u)(M)
)= d
gij =
⟨∂ ~F
∂ui,∂ ~F
∂uj
⟩Skalarprodukt in Rp
~v =∂ ~F
∂uivi, ~w =
∂ ~F
∂ujwj , ~v, ~w ∈ T~F (~u)(M)
〈~v, ~w〉 = viwjgij =
d∑i,j=1
viwjgij
γiu = ui(t), t ∈ I
ds2 = gijduiduj , das heißt: Bogenlange =
ˆ
I
√gij uiujdt︸ ︷︷ ︸
ds
Ab jetzt gilt: p = d+ 1, bedeutet Hyperflache
In diesem Fall gibt es einen Normalvektor ~N auf T~F (~u)(M). ~N wird so gewahlt,
dass ~N(~u) stetig auf U ist. ‖ ~N‖ = 1
d = 2 : ~N(~u) =∂ ~F∂u1 × ∂ ~F
∂u2∥∥∥ ∂ ~F∂u1 × ∂ ~F∂u2
∥∥∥
364
u1
u2 ~F
Idee: Schneide die Flache mit einer zweidimensionalen Ebene die von ~N undeinem gegebene Vektor ~v ∈ T~F (~u)(M) aufgespannt wird. Man definiere dann
die Krummung der Flache in Richtung von ~v als Krummung der Schnittkurve.‖~v‖ = 1
ui = ui(t) beschreibe diese Schnittkurve
~v = vi∂ ~F
∂ui(~u0), uivigij = 1, ‖~v‖ = 1
ui0 = ui(0)
ui(0) = vi, ~v ist der Tangentialvektor an die Kurve in ~F (~u0)
~t =d
dt~F ◦ γ(t) = ui(t) · ∂
~F
∂ui◦ γ(t)
‖~t(0)‖ = 1
~t′ = ui(t) · ∂~F
∂ui◦ γ(t) + uiuj
∂2 ~F
∂ui∂uj◦ γ(t)
~t′(0) hat keinen Anteil in Richtung von T~F (~u)
, weil die Schnittkurve eine ebene Kurve ist in der ( ~N,~v)-Ebene
κ = 〈~t′(0), ~N(~u0)〉... Krummung der Schnittkurve
= uiuj
⟨∂2 ~F
∂ui∂uj, ~N
⟩︸ ︷︷ ︸
hij
Krummung der Schnittkurve in der (~v, ~N)-Ebene in ~F (~u0) ist durch hijvivj
gegeben. hijvivj : quadratische Form in der Richtung ~v, zweite Fundamental-
form.
Bemerkung 246. Großen, die nur von der ersten Fundamentalform abhangen, gehorenzur ,,Inneren Geometrie” der Flache. Solche Großen konnen allein durch die Langenmessungbestimmt werden. hij gehoren nicht zur inneren Geometrie.
365
17.1 Die Dupinsche Indikatrix
d=2 Sei ~x eine Richtung aus dem Tangentialraum
R(~x) =1√|H(~x)|
~x 7→ ~xR(~x)
H
(~x√|H(~x)|
)=
H(~x)
|H(~x)|= ±1
~x
R(~x)
~xH(~x) ist also eine Niveaulinie von H(~x)...Kegelschnitt. Wenn dieser Kegelschnitt
eine
Ellipse
Parabel
Hyperbel
ist, heißt der Punkt der Flache entsprechend
elliptisch
parabolisch
hyperbolisch
.
Der Kegelschnitt heißt die Dupinsche Indikatorix.
elliptischer Punkt: beide Hauptkrummungen haben dasselbe Vorzeichen,das heißt die Schnittkurve hat immer positives oder immer negatives Vorzei-chen.
parabolischer Punkt: eine der beiden Hauptkrummungen verschwindet (ist0)
366
hyperbolische Punkte: die beiden Hauptkrummungen haben verschiedeneVorzeichen.
17.2 Die Gaußsche Krummung und die mittlere Krummung
K := λ1 · ... · λd ... Gaußsche Krummung =Produkt der Hauptkrummungen.(hij − λgi,j)vj = 0(gij)di,j=1 Inverse Matrix zu (gij)
dij=1
gij · gij = δik +
{1 i = k
0 i 6= k
det(hij · gjk − λδki ) = 0
λ1 · ... · λd = det((hij · gjk)di,k=1
)=
det(hij)
det(gij)= k
hki︸︷︷︸Koordinateneiner linearen
AbbildungT~F (~u)M → T~F (~u)M
:= hij · gjk
~v = vi∂ ~F
∂ui
vihki = wk
17.3 Parallelverschiebung von Vektoren
~x(t) = ~F ◦ γ(t) Flachenkurve, ~V (t) ∈ T~x(t)M
367
~V (t)
~F
γ
~V (t) = vi(t) · ∂~F
∂ui(γ(t)
)d
dt~V (t) = vi
∂ ~F
∂ui(γ(t)
)︸ ︷︷ ︸∈T~x(t)M
+vi∂2 ~F
∂ui∂ujuj
∂2 ~F
∂ui∂uj= Γkij︸︷︷︸
Christoffel-Symbole2. Art
∂ ~F
∂uk+ hij ~N
⟨∂2 ~F
∂ui∂uj,∂ ~F
∂ul
⟩= Γkij︸︷︷︸
symmetrischin i und j
glk =: Γij,l Christoffel-Symbol 1. Art
∂
∂ui
⟨∂ ~F
∂uj,∂ ~F
∂ul︸ ︷︷ ︸gil
⟩=
⟨∂2 ~F
∂ui∂uj,∂ ~F
∂ul
⟩︸ ︷︷ ︸
Γij,l
+
⟨∂ ~F
∂uj,∂2 ~F
∂ui∂ul
⟩︸ ︷︷ ︸
Γil,j
∂
∂uigjl = Γij,l + Γli,j
∂
∂ulgij = Γli,j + Γjl,i
∂
∂ujgli = Γjl,i + Γij,l
Γij,l + Γli,j + Γjl,i =1
2
(∂
∂uigjl +
∂
∂ulgij +
∂
∂ujgli
)Γjl,i =
1
2
(− ∂
∂uigjl +
∂
∂ulgij +
∂
∂ujgli
)Γij,l =
1
2
(∂
∂ujgli +
∂
∂uigjl +
∂
∂ulgij
)Γkij = Γij,lg
lk =1
2
(∂
∂ujgli +
∂
∂uigjl +
∂
∂ulgij
)glk
368
Bemerkung 247. Γkij sind Großen der inneren Geometrie!
d
dt~V (t) = vi
∂ ~F
∂ui+ vi
(Γkij
∂ ~F
∂uk︸ ︷︷ ︸∈T~x(t)M
+ hij ~N︸ ︷︷ ︸⊥T~x(t)M
uj
tpr︸︷︷︸Projektionin T~x(t)M
=(vk + Γkijv
iuj) ∂ ~F∂uk
~V heißt Parallelfeld entlang der Kurve ~x(t) = ~F ◦ γ(t), wenn vk + Γkijviuj = 0 fur
k = 1, ..., d beziehungsweise tpr(ddt~V (t)
)= ~0
~V , ~W Parallelfelder entlang von ~x(t) = ~F ◦ γ(t)
d
dt
⟨~V (t), ~W (t)
⟩=
⟨d
dt~V (t), ~W (t)︸ ︷︷ ︸
∈T~x(t)M
⟩+
⟨~V (t),
d
dt~W (t)
⟩⟨tpr
(d
dt~V (t)
)︸ ︷︷ ︸
=~0
, ~W (t)
⟩+
⟨~V (t), tpr
(d
dt~W (t)
)︸ ︷︷ ︸
=~0
⟩= 0
Also lasst die Parallelverschiebung die Skalarprodukte von Parallelfeldern unverandert,also auch die Lange von Vektoren.
369
tpr
(d
dt~V (t)
)=
(∂wk
∂uiui + Γkijw
j ui)∂ ~F
∂uk
~V (t) = ~W(~x(t)
)~W (~x) = wi
∂ ~F
∂ui
~X = xi∂ ~F
∂ui
∇ ~X~W =
(∂wk
∂uixi + Γijw
jxi)∂ ~F
∂uk
Ist die Richtungsableitung von ~W in Richtung von ~X projeziert in T~xM
kovariante Ableitung
Gesucht: Kurven, die ihren Tangentialvektor parallel mitfuhren.
~x(t) = ~F ◦ γ(t)
∇~x(t)~x(t) = 0
setzt eine Bogenlangenparametrisierung voraus
‖~x‖ = 1
17.4 Geodatische Linien
Definition 17.2. Eine Flachenkurve ~x(t) = ~F ◦ γ(t) in Bogenlangenparametrisierung heißtgeodatische Linie, wenn
∇~x~x = ~0
Bemerkung 248. Das heißt: der Tangentialvektor ~x ist ein Parallelfeld entlang derKurve.
γ : ui = ui(t)
~x =∂ ~F
∂uiui
∇~x~x =(uk + uiujΓkij
) ∂ ~F∂uk
∇~x~V =(vk + uivjΓkij
) ∂ ~F∂uk
~v = ~x
uk + Γkij uiuj = 0
k = 1, ..., d System von Differentialgleichungen
370
Gesucht: Zu zwei Punkten a, b ∈ ~F (u) wird jene Kurve gesucht, fur die die Bogenlangeminimal ist und die a und b verbindet.
~x(t) = ~F ◦ γ(t)
~x(0) = a, ~x(s) = b︸ ︷︷ ︸?
sˆ
0
‖~x(t)‖dt != min
︸ ︷︷ ︸Unter allen Kurven
mit ?
Idee
~x(t, ε) = ~F(u1(t) + εv1(t), ..., ud(t) + εvd(t)
)angenommen γ : ui = ui(t) sei eine Losung der Aufgabe
~F(u1(0), ..., ud(0)
)= a
~F(u1(s), ..., ud(s)
)= b
vi(0) = 0, vi(s) = 0, i = 1, ..., d
Die Storung verandert den Anfangs- und den Endpunkt nicht.
gij uiuj = 1
das heißt: die Losungskurve sei in Bogenlange parametrisiert.
J (ε) =
sˆ
0
∥∥∥∥ ∂∂t~x(t, ε)
∥∥∥∥ dtJ ′(0) muss 0 sein, fur jede Wahl von (vi)di=1∥∥∥∥ ∂∂t~x(t, ε)
∥∥∥∥ =
√⟨∂
∂t~x(t, ε),
∂
∂t~x(t, ε)
⟩
J ′(0) =
sˆ
0
⟨∂∂t~x(t, 0), ∂2
∂t∂ε~x(t, 0)⟩
∥∥∥∥ ∂∂t~x(t, 0)
∥∥∥∥︸ ︷︷ ︸=1 nach Annahme
dt =
371
=
sˆ
0
⟨∂
∂t~x(t, 0),
∂2
∂t∂ε~x(t, 0)
⟩dt =
⟨∂
∂t~x(t, 0),
∂
∂ε~x(t, 0)
⟩ ∣∣∣∣∣s
0
−sˆ
0
⟨∂2
∂t2~x(t, 0),
∂
∂ε~x(t, 0)
⟩dt
∂
∂t~x(t, 0) = ui
∂ ~F
∂ui
∂
∂ε~x(t, 0) =
∂
∂ε~F(u1(t) + εv1(t), ..., ud(t) + εvd(t)
) ∣∣∣ε=0
=
=∂ ~F
∂ui(u1(t), ..., ud(t)
)· vi(t)
∂
∂ε~x(0, 0) =
∂
∂ε~x(s, 0) = ~0
Wegen vi(0) = vi(s) = 0
J ′(0) = −sˆ
0
⟨~x(t),
∂ ~F
∂uivi
⟩dt
~x(t) = ui∂
∂ui+ uiuj
∂2 ~F
∂ui∂uj
−sˆ
0
⟨ui∂ ~F
∂ui+ uiuj
∂ ~F
∂ui∂uj,∂ ~F
∂uivi︸ ︷︷ ︸
∈T~x(t)M
⟩dt =
= −sˆ
0
⟨tpr
(ui∂ ~F
∂ui+ uiuj
∂2 ~F
∂ui∂uj
),∂ ~F
∂uivi
⟩dt
!= 0
⇒ tpr
(ui∂ ~F
∂ui+ uiuj
∂2 ~F
∂ui∂uj
)= 0 = ∇~x~x
Das heißt die Losung der Aufgabe muss eine geodatische Linie sein.
Lemma 21. Wenn
sˆ
0
⟨wi∂ ~F
∂ui, vi
∂ ~F
∂ui
⟩dt = 0
fur alle vi wie oben, dann muss wi(t) ≡ 0 sein fur i = 1, ..., dangenommen: wi(t) 6= 0 fur ein i und ein t0 ∈ (0, s), dann gibt es eine Umgebung(t0 − δ, t0 + δ) auf der wi(t)wi(t0) > 0. vj ≡ 0 fur j 6= i. Wahle vi(t) =
wi(t0) ·
{(t− t0 + δ)2 · (t− t0 − δ) fur t ∈ (t0 − δ, t0 + δ)
0 sonst
sˆ
0
⟨wj
∂ ~F
∂uj, vj
∂ ~F
∂uj
⟩dt =
t0+δˆ
t0+δ
gii︸︷︷︸>0
wi(t) · vi(t)︸ ︷︷ ︸>0
dt > 0
372
Beispiel 120. Zylinder:
geodatische Linie
Bemerkung 249. Geodatische Linien gehoren zur inneren Geometrie der Flache (lassensich durch gij beschreiben).
17.5 Vektorfelder
Definition 17.3. Eine Abbildung ~V von M = ~F (U) auf⋃x∈M
TxM heißt ein Vektorfeld, wenn
∀x ∈M : ~V (x) ∈ TxM .~V (x) = vi ∂
~F∂ui fur x = ~F (u1, ..., ud). vi = vi(u1, ..., ud) soll differenzierbar sein (bestenfalls ∞-oft)
373
V (x)
Bemerkung 250.
f : M → Rf = f(u1, ..., ud)
~V f(x) = df(x)~V = vi∂f
∂ui
Rechenregeln
~V (f · g) = g · ~V f + f · ~V g
~W (~V f) = ~W
((vi∂f
∂ui
))= wj
(∂vi
∂uj∂f
∂ui+ vi
∂2f
∂ui∂uj
)=[
~W = wj∂ ~F
∂uj
]
= wj∂vi
∂uj∂f
∂ui+ viwj
∂2f
∂ui∂uj
~W (~V f)− ~V ( ~Wf) =
(wj
∂vi
∂uj− vj ∂w
i
∂uj
)∂f
∂ui
~W · ~V − ~V · ~W ist ein Vektorfeld[~W, ~V
]LIE-Klammer
∇ ~W~V = [... kovariante Ableitung]
= wj(∂vk
∂uj+ viΓkij
)∂ ~F
∂uk
Eigenschaften
1.
∇ ~W~V −∇~V ~W = [ ~W, ~V ]
374
2.
~X〈~V , ~W 〉 = 〈∇ ~X~V , ~W 〉+ 〈~V ,∇ ~X ,
~W 〉
3.
∇ ~W (f, ~V ) =?
4.
∇g ~W ~V =?
Beweis.
1.
∇ ~X~v =
(∂vk
∂ujxj + vixjΓkij
)∂ ~F
∂uk
[X, v] = ~X~v − ~v ~X =
(∂vi
∂uj∂ ~F
∂ui+ vi
∂2 ~F
∂uj∂ui
)duj ~X −
(∂xi
∂uj∂ ~F
∂ui+ xi
∂2 ~F
∂uj∂ui
)duj~v =
=∂vi
∂uj∂ ~F
∂uixj − ∂xi
∂uj∂ ~F
∂uivj + xjvi
∂2 ~F
∂ui∂uj− xivj ∂ ~F
∂ui∂uj︸ ︷︷ ︸=0
=
(∂vi
∂ujxj − ∂xi
∂ujvj)∂ ~F
∂ui
⇒ ∇ ~X~v −∇~v ~X =∂ ~F
∂uk
(∂uk
∂ujxj + vixjΓkij
)− ∂ ~F
∂uk
(∂xk
∂ujvj + xivjΓkij
)2.
~X〈~V , ~W 〉 = 〈∇ ~X~V , ~W 〉+ 〈~V ,∇ ~X
~W 〉
~X〈~V , ~W 〉 = ~X
⟨vi∂ ~F
∂ui, wi
∂ ~F
∂uj
⟩= ~Xviwjgij = d(viwjgij) ~X
= wjgijdvi ~X + vigijdw
j ~X + viwjdgij ~X =
= wjgij∂vi
∂ukxk + vigij
∂wj
∂ukxk + viwj
∂gij∂uk
xk =
= gijxk
(wj
∂vi
∂uk+∂wj
∂ukvi)
+ viwjxk∂
∂ukgij
〈∇ ~X~V , ~W 〉 =
⟨(∂vk
∂ujxj + vixjΓkij
)∂ ~F
∂uk, wl
∂ ~F
∂ul
⟩=
=
(∂vk
∂ujxj + vixjΓkij
)wlgkl
375
〈~V ,∇ ~X~W =
⟨vl∂ ~F
∂ul
(∂wk
∂ujxj + vixjΓkij
)∂ ~F
∂uk
⟩=
=
(∂wk
∂ujxj + wixjΓkij
)vlglk
⇒ 〈∇ ~X~V , ~W 〉+ 〈~V ,∇ ~X
~W 〉 =
=∂vk
∂ujxjwlgkl +
∂wk
∂ujxjvlgkl + vixj Γkijgkl︸ ︷︷ ︸
=Γij,l
wl + wixj Γkijgkl︸ ︷︷ ︸Γij,l
vl =
= gklxj
(∂vk
∂ujwl +
∂wk
∂ujvl)
+ xivjzl (Γij,l + Γil,j)︸ ︷︷ ︸∂
∂uigjl
=
= gjkxi
(∂vj
∂uiwk +
∂wj
∂uivk)
+ xivjwl∂
∂uigjl =
= gijxk
(∂vi
∂ukwj +
∂wj
∂ukvi)viwjxk
∂
∂ukgij = ~X〈~V , ~W 〉
3.
∇f ~X ~V = D~V f ~X =
(∂vi
∂uj∂ ~F
∂ui+ vi
∂2 ~F
∂ui∂uj
)duifxi
∂ ~F
∂ui=
= f
(∂vi
∂uj∂ ~F
∂ui+ vi
∂2 ~F
∂ui∂uj
)duixi
∂ ~F
∂ui= fd~V ~X = f∇ ~X
~V
4.
∇ ~Xf~V = d(f ~V ) ~X = ~V df ~X + fd~V ~X = ~V∇ ~Xf + f∇ ~X
~V
⇒ ∇ ~Xf~V = ~V∇ ~Xf + f∇ ~X
~V = ~V∂
∂ ~Xf + f∇ ~X
~V
376
17.6 Abbildungen zwischen Flachen
x
φ
φ(x)
M
Tx ~F (U)
N
Tφ(x)~G(U)
U U ′
~F ~G
~V
φ : ~F (U)→ ~G(U ′)
~H = φ ◦ ~F : U → ~G(U ′)
~x(t) = ~F ◦ γ(t)
~x(0) = ~x
~x(0) = ~V = ui(0)∂ ~F
∂ui
~y(t) = φ ◦ ~F ◦ γ(t) = ~H ◦ γ(t)
~y(0) = 0φ(~x)
~y(0) = ui(0)∂ ~H
∂ui
Dφ(x) : Tx ~F (U)→ Tφ(x)~G(U ′)
∂ ~F
∂ui7→ ∂(φ ◦ ~F )
∂ui
Ist eine lineare Abbildung zwischen Tangentialraumen
377
Normalenabbildung (spharische Abbildung)
S : x ∈ ~F 7→ ~N(x) ∈ Sd = {~y ∈ Rd+1∣∣‖~y‖ = 1}
DS = Tx ~F (U)→ TN(x)Sd
∂ ~F
∂ui7→
~N
∂ui
~N(x) ⊥ Tx ~F (U)
〈 ~N(~u), ~N(~u)〉 = 1
∂
∂ui〈 ~N, ~N〉 = 0
2
⟨∂ ~N
∂ui, ~N
⟩= 0
~N(x) ⊥ T ~N(x)Sd
das heißt: T ~N(x)Sd = Tx ~F (U)
∂ ~N
∂ui= βji
∂ ~F
∂uj⟨∂ ~N
∂ui,∂ ~F
∂uk
⟩= βji
⟨∂ ~F
∂uj,∂ ~F
∂uk
⟩︸ ︷︷ ︸
=gjk
= βji gjk
∂
∂ui
⟨~N,
∂ ~F
∂uk
⟩= 0 =
⟨∂ ~N
∂ui,∂ ~F
∂uk
⟩+
⟨~N,
∂2 ~F
∂ui∂uk
⟩︸ ︷︷ ︸
=hik
βji gjk = −hikβji = −hikgkj = −hji∂ ~N
∂ui= −hji
∂ ~F
∂uj
DS
(∂ ~F
∂ui
)= −hji
∂ ~F
∂uj
ω := −DS ... Weingarten-Abbildung
ω : Tx ~F (U)→ Tx ~F (U)⟨ω(~V ), ~V
⟩=
⟨vkhjk
∂ ~F
∂uj, vl
∂ ~F
∂ul
⟩= vkhjkv
lgjl = vkvlhkl = H(~V )[~V = vk
∂ ~F
∂uk
]
378
Bemerkung 251. Die Eigenwerte von ω sind die Hauptkrummungen und die Eigenvek-toren die Hauptkrummungsrichtung. (d = 2 Achsen der Dupinschen Indikatrix)
det(hji ) = K = λ1 · ... · λd Gaußsche Krummung
1
dtrace(hji ) =
1
d· hii︸ ︷︷ ︸
mittlereKrummung
=1
d(λ1 · ... · λd)
Erinnerung:
∂2 ~F
∂ui∂uj= Γkij
∂ ~F
∂uk+ hij ~N ... Gauß
∂ ~N
∂ui= −hji
∂ ~F
∂uj... Weingarten
Wollen nun diese beiden Formeln differenzieren:(∂2 ~F
∂ui∂uj
)′=
∂3 ~F
∂ui∂uj∂us=
∂
∂usΓsij ·
∂ ~F
∂us+ Γlij
∂2 ~F
∂uk∂ul+
∂
∂ukhij ~N + hij =
∂ ~N
∂uk=
=∂
∂ukΓsij ·
∂ ~F
∂us+ Γsij
(Γsij
∂ ~F
∂us+ hij ~N
)+
∂
∂ukhij ~N − hijhsk
∂ ~F
∂us=
[I] =
(∂ ~F
∂ukΓsij + ΓsijΓ
skl − hijhsk
)∂ ~F
∂us+
(Γsijhij +
∂
∂ukhij
)~N =
[II] =
(∂
∂ujΓsik + ΓlikΓsjl − hikhsj
)∂ ~F
∂us+
(Γsikhjl +
∂
∂ujhik
)~N
[I]− [II] = 0 =
(∂
∂ukΓsij −
∂
∂ujΓsik + ΓlijΓ
skl − ΓlikΓsjl − hijhsk + hikh
sj
)∂ ~F
∂us+
+
(Γlijhkl − Γlikhjl +
∂
∂ukhij −
∂
∂ujhik
)~N
⇒ ∂
∂ukΓsij −
∂
∂ujΓsik + ΓlijΓ
skl − ΓlikΓsjl = hijh
sk − hikhsj =: Rsijk
Rsijk = −RsikjRiemannscher Krummungstensor (Große der inneren Geometrie)
d = 2 (hijh
sk − hikhsj
)gil = hljh
sk − hlkhsj = gilRsijk
suchen: j = 1, l = 1, k = 2, s = 2
K = h11h
22 − h1
2h12 = det
((hji )
2i,j=1
)= gi1R2
i12
379
17.7 Theorema egregium
Satz 17.1. Die Gaußsche Krummung ist eine Große der inneren Geometrie, anders gesagt: lasstsich alleine durch Langenmessung bestimmen. α, β und γ seien die Winkel zwischen drei Punktenauf einer Sphare, die durch geodatische Linien verbunden sind.
α+ β + γ = π +
ˆ
4
K
Formel von Hatzidakis
380
φ
M N
U U ′
~F ~G
~H = φ ◦ ~F : U → ~G→ (U ′)
gij =
⟨∂ ~F
∂ui,∂ ~F
∂uj
⟩erste Fundamentalform auf M
gij =
⟨∂ ~H
∂ui,∂ ~H
∂uj
⟩erste Fundamentalform auf φ(M) ⊆ N
Definition 17.4. φ : M → N heißt Isometrie, wenn gij = gij fur i, j = 1, ..., d. In diesem Fall istdim
(φ(M)
)= dim(M) = d
1. φ ist eine Isometrie von M und eine Teilmenge des Rd.
2. Die Parallelverschiebung auf M entlang von γ ergibt(weil die Parallelverschiebung nur vonder Metrik abhangt) dasselbe, wie die Parallelverschiebung entlang von φ ◦ γ in Rd undanschließende Anwendung von Dφ(−1):
381
Rd
Dφ
(γ(0)
)
Dφ
(γ(1)
)φ(γ)
M
~V (0) ~V (1) φ
Die Parallelverschiebung in Rd ist aber wegunabhangig. Daher ist auch die Parallelverschie-bung auf M wegunabhangig (zumindest lokal).
3. Dann gibt es ~Vi, i = 1, ..., d orthonormale Basis von Parallelfeldern. Das heißt: Vi(~x) ist eine
Orthonormal-Basis von TxM . Brauchen Koordinaten u1, ..., ud sodass ∂ ~F∂ui = Vi
4. Parametrisierung mit gij = δij
~Vi(u1(t), ..., ud(t)
)Parallelfeld entlang der Kurve γ : u1 = u1(t), ..., ud = ud(t)
~Vi = vli∂ ~F
∂ul
∇~γ ~V =
(∂vli∂uk
uk + Γlkj ukvji
)∂ ~F
∂ul= 0
⇔(∂vli∂uk
+ Γlkjvji
)uk = 0
unabhangig von u1(t), ..., ud(t)
⇒ ∂vli∂uk
+ Γlkjvji = 0 fur k, l, i = 1, ..., d
∂ ~F
∂uj= vij ~Vi
∂2 ~F
∂uj∂uk=
∂
∂ukvij ~Vi + vij
∂Vi∂uk
tpr
(∂2 ~F
∂uj∂uk
)=
∂
∂ukvij ~Vi[
tpr
(∂Vi∂uk
)= 0 weil wegunabhangiges Parallelfeld
]∂
∂ukvij =
∂
∂ujvik i, j, k = 1, ..., d
∂ ~F
∂ui= ~Vi
∂ ~F
∂ui=∂ ~F
∂uj· ∂u
j
∂ui= vji
~Vj
382
∂ ~F
∂uj!= ~Vj
Suchen also Funktionen u1(u1, ..., ud), ..., ud(u1, ..., ud)
mit∂uj
∂ui= vji (u
1, ..., ud)
Wenn es Losungen gibt, dann erfullen diese den Satz von Schwarz:
∂2uj
∂ui∂uk=
∂
∂ukvji =
∂
∂uivjk ⇔
∂
∂ukvij =
∂
∂ujvik
Satz 17.2. Eine Hyperflache M ⊆ Rd+1 ist genau dann lokal isometrisch zu einer Teilmengedes Rd, wenn es auf M eine othonormale Familie von wegunabhangigen Parallelfeldern ~V1, ..., ~Vdgibt. Weiters ist dazu aquivalent, dass es eine Parametrisierung von M gibt, sodass die metrischeFundamentalform die Gestalt gij = δij annimmt.
Ab jetzt: d = 2
wegunabhangiges Parallelfeld ~V = vl ∂~F
∂ul
∂vl
∂uk+ viΓlik = 0
unter welchen Bedingungen haben diese Gleichungen eine Losung?
Notwendige Bedingung: Die zweiten Ableitungen von vl mussen den Satzvon Schwarz erfullen.
∂vl
∂uj∂uk+∂vi
∂ujΓlik + vi
∂
∂ujΓlik = 0
=∂vl
∂uj∂uk− vsΓisjΓlik + vs
∂
∂ujΓlsk = 0
=∂vl
∂uj∂uk− vsΓiskΓlij + vs
∂
∂ukΓlsj = 0
vs(
ΓisjΓlik − ΓiskΓlij +
∂
∂ukΓlsj −
∂
∂ujΓlsk
)︸ ︷︷ ︸
= 0 = Rlskj
= 0
Notwendig fur die Existenz von wegunabhangigen Parallelfeldern ist das Ver-schwinden von Rlskj fur alle s, k, j, l ∈ {1, ..., d}. Tatsachlich ist diese Bedingungauch hinreichend fur die lokale Existenz solcher Parallelfelder.
Rlskj = hskhlj − hkjhls
Rtskj = Rlskjgtl = hskhtj − hkjhtsR2121 = h11h22 − h12h21 = K · det(gij)
Rtskj ≡ 0 ⇔ K ≡ 0
383
Satz 17.3. Eine zweidimensionale Flache im R3 ist genau dann lokal isometrische zu R2 (”ab-wickelbar”), wenn die Gaußsche Krummung identisch verschwindet.
Bemerkung 252. Regelflachen~l : I → R3 [Leitkurve]~r : I → R3 [Richtkurve]
‖~r‖ = 1
~F (u, v) = ~l(u) + v~r(u)
~l(u)
~l
~r(u)
~r(u) const. Zylinder; alle erzeugenden Geraden schneiden einander in einem Punkt.
384
17.8 Bestimmung von Oberflachen - skalare Flachenintegrale
A
M
gesucht: Oberflache von A
u
v
Z2
Z1
385
f : M → Rˆ ˆ
A
fdo =?
~F (B) = A Flache von ~F (B) =
m−1∑i=0
n−1∑j=0
Flache von ~F ([ui, ui+1]× [vj , vj+1])
Z1 = {a = u0 < u1 < ... < um = b}Z2 = {c = v0 < v1 < ... < vn = d}
~F (u, v) = ~F (ui, vj) +∂ ~F
∂u(ui, vj) +
∂ ~F
∂v(ui, vj) · (v − vj) +O
((u− ui)2 + (v − vj)2
)Flache von ~F ([ui, ui+1]× [vj , vj+1]) =[
‖~a×~b‖2 = ‖~a‖2 · ‖~b‖2 − 〈~a,~b〉2 = ‖~a‖2 · ‖~b|2 · sin(^~a,~b)2]
=√g11 · g22 − g2
12︸ ︷︷ ︸√g
·(ui+1 − ui)(vj+1 − vj)
det(
(〈~v′i, ~vj〉)i,j)
Determinante der Gramschen Matrix,
entspricht des Quadrates des Volumens des aufgespannten Parallelepiped
=
m−1∑i=0
n−1∑j=0
√g(ui, vj) · (ui+1 − ui) · (vj+1 − vj) + Fehler
‖Z1‖, ‖Z2‖ −→ 0 −→ˆ ˆ
B
√g(u, v)dudv︸ ︷︷ ︸
do
=
bˆ
a
dˆ
c
√g(u, v)dv
du
[1B(x) =
{1 x ∈ ~F (B)
0 x /∈ B
]fM → R
[a, b)× [c, d)→ B
ˆ ˆ
B
fdo :=
bˆ
a
dˆ
c
f ◦ ~F (u, v)√g(u, v)dv
du
B ”beliebig”
B ⊆ [a, b]× [c, d]
ˆ ˆ
~F (B)
fdo :=
bˆ
a
dˆ
c
1(u, v)f ◦ ~F (u, v)√g(u, v)dv
du
Oberflache von A = ~F (B)
=
ˆ ˆ
~F (B)
do =
ˆ ˆ
B
√g(u, v)dudv
386
17.9 Minimalflachen
Sei ~x : I → R3 eine geschlossene Kurve. Gesucht wird eine Flache, die von ~x(I)berandet wird und unter allen Flachen mit dieser Eigenschaft minimale Ober-flache hat.
u1
u2
I
BA = ~F (B)
γ
~F~F(γ(I)
)
Angenommen ~F : U → R3 ware die Parametrisierung einer Minimalflache mit
~F ◦ γ(t) = ~x(t)
~Fε(u1, u2) = ~F (u1, u2) + εf(u1, u2) · ~N(u1, u2)
mit f ∈ C2(U), f ◦ γ(t) = 0 der Rand von ~Fε(B) = Rand von ~F (B)
gεij =
⟨∂ ~Fε∂ui
,∂ ~Fε∂uj
⟩∂ ~Fε∂ui
=∂ ~F
∂ui+ ε
∂f
∂ui~N + εf
∂ ~N
∂ui=
=∂ ~F
∂ui+ ε
∂f
∂ui~N − εfhki
∂ ~F
∂uk
∂ ~F
∂uj+ ε
∂f
∂uj~N − εfhlj
∂ ~F
∂ul
gεij = gij − εfhljgil − εfhki gjk +O(ε2) =
= gij − 2εfhij +O(ε2) = gik(δkj − 2εfhkj
)det(gεij)
2ij=1 = det
((gij)i,j
)︸ ︷︷ ︸=g
·det(δkj − 2εfhkj +O(ε2)
)=
= g(1− 2εfhii +O(ε2)
)J (ε) =
ˆ ˆ
B
√gεdu1du2 =
ˆ ˆ
B
√g√
1− 2εfhii +O(ε2)du1du2
J ′(0)!= 0 (weil bei ε = 0 ein Minimum vorliegt)
J (0) =
ˆ ˆ
B
√g−2fhii2√
1du1du2 !
= 0 ∀f wie oben
=⇒ hii = 0
Wenn ~F eine Parametrisierung einer Minimalflache ist, dann verschwindet diemittlere Krummung identisch.
387
17.10 Krummung von Flachenkurven
I
γ
~F
Will die Krummung der Kurve ~x(t) = ~F ◦ γ(t) in Bezug auf die Flache analy-
sieren. ‖~x‖ = 1 (Bogenlangenparametrisierung).
~t = ~x = ui∂ ~F
∂ui
uiujgij = 1(⇔ ‖~x‖ = 1
)~t = ui
∂ ~F
∂ui+ uiuj
∂2 ~F
∂ui∂uj︸ ︷︷ ︸=0
= ui∂ ~F
∂ui+ uiujΓkij
∂ ~F
∂uk+ uiujhij︸ ︷︷ ︸
Normal-krummung
κN
~N
κN = uiujhij ... Normalkrummung der Kurve
∥∥∥∥∥(uk + uiujΓkij) ∂ ~F∂uk
∥∥∥∥∥ ... Krummungteil in der Tangentialebene = |κg|
~t = κ~n Kurvennormalvektor
κ2 = κ2g + κ2
N
κg ... geodatische Krummung
∇~t~t, ~t, ~S
~S = ~N × ~t ... Seitenvektorfeld
κg =⟨∇~t~t, ~S
⟩Erinnerung: Ebene Kurven
~y = ~y(t) in R2 Bogenlange
~t = ~y′ =
(cos(ϕ(t)
)sin(ϕ(t)
)) , κ = ϕ′
388
Sei ~V (t) ein Parallelfeld entlang der Kurve ~F ◦ γ, ‖~V ‖ = 1.
^(~V (t),~t(t)
)= ϕ(t)
〈~V (t),~t(t)〉 = cos(ϕ(t)
)〈~V (t), ~S(t)〉 = − sin
(ϕ(t)
)−ϕ(t) sin
(ϕ(t)
)=
⟨d
dt~V (t),~t(t)
⟩+ 〈~V (t), ~t〉 =
= 〈∇~t~V︸︷︷︸=0
,~t(t)〉+ 〈~V (t), ∇~t~t︸︷︷︸propor-tional
zu~Sκg ~S︸ ︷︷ ︸
⊥~t
〉
−ϕ′ sin(ϕ) = κg〈~V , ~S〉 = −κg sin(ϕ)
ϕ′ = κg
~S
~t
~Vϕ
389
18 Der Satz von Stone-Weierstraß
Will eine moglichst weitreichende Verallgemeinerung des Approximationssatzesvon Weierstraß (Satz 12.9).
Definition 18.1. Eine MengeA heißt eine Algebra, wennA ein R (beziehungsweise C)-Vektorraumist und weiter aus S eine Multiplikation von Elementen erklart ist. (Assoziativ und distributiv;wenn auch kommutativ, dann ist A kommutative Algebra).
Beispiel 121.
1. R, C
2. Mn×n(R) = {n× n−Matrizen uber R} nicht-kommutative Algebra.
3. C(X) stetige Funktionen auf dem metrischen Raum X ist eine kommutative Algebramit der punktweisen Multiplikation.
4. CR(X), CC(X)
Definition 18.2. Sei A eine Algebra mit einer Norm ‖·‖ : A → R+0 , sodass ‖·‖ eine Vektorraum-
norm auf dem Vektorraum A ist. Weiters soll gelten ∀a, b ∈ A : ‖a · b‖ ≤ ‖a‖ · ‖b‖. Wenn (A, ‖·‖)ein vollstandiger metrischer Raum ist, dann heißt A Banach-Algebra.
Beispiel 122. K kompakt,(C(K), ‖·‖sup
)ist eine Banach-Algebra.
Der Approximationssatz von Weierstraß (Satz 12.9) besagt, dass die Algebra der Poly-nomfunktionen auf dem Intervall [a, b] dicht in der Banach-Algebra C([a, b]) liegt.Unser Ziel ist eine Bedingung an A ⊆ C(K) die sicherstellt, dass A = C(K) gilt. (Aliegt dicht in C(K)).
Lemma 22. Sei K ein kompakter (metrischer) Raum und A ⊆ C(K)R
eine
Algebra. Dann gilt:
1. f ∈ A =⇒ |f | ∈ A
2. f, g ∈ A =⇒ max(f, g) ∈ A 3 min(f, g)
Beweis.
1. f ist als stetige Funktion auf K beschrankt. ∃M : ∀x ∈ K : |f(x)| ≤ M .Nach dem Approximationssatz von Weierstraß (Satz 12.9) gibt es zu jedemε > 0 ein Polynom p, sodass ∀y ∈ [−M,M ] : |p(y) − |y|| < ε. Dann gilt| p(f(x)
)︸ ︷︷ ︸∈A
−|f(x)|| < ε. ∀x ∈ K X
2. min(a, b) = a+b−|a−b|2 und max(a, b) = a+b+|a−b|
2 fur a, b ∈ R. Wende nun1. an X
390
Definition 18.3. A ⊆ C(K) Algebra trennt Punkte, wenn ∀x1, x2 ∈ K, x1 6= x2, ∃f ∈ A :f(x1) 6= f(x2)
Satz 18.1. Stone-WeierstraßSei K ein kompakter (metrischer) Raum und A ⊆ CR(K) eine Algebra. Wenn A die konstantenFunktionen enthalt und Punkte trennt, dann ist A dicht in CR(K)
Beweis. f ∈ CR(K), ε > 0
1.
∀x1, x2 ∈ K : ∃g ∈ A : f(x1) = g(x1), f(x2) = g(x2)
x1 6= x2 :
∃h ∈ A : h(x1) 6= h(x2)
g(x) =h(x)− h(x1)
h(x2)− h(x1)
(f(x2)− f(x1)
)+ f(x1)
2.
Sei x0 ∈ K fest und z ∈ K. Dann gibt es eine Funktion gz ∈ A,
sodassgz(x0) = f(x0)gz(z) = f(z)
nach 1.
Dann gibt es wegen der Stetigkeit von gz eine offene Umgebung Uz von z,
sodass ∀x ∈ Uz : gz(x) < f(x) + ε gilt.((f − gz)−1
((−∞, ε)
))ist offen
K ⊆⋃z∈K
Uz
Kkompakt
=⇒ ∃m, z1, ..., zm ∈ K,
sodass K ⊆m⋃j=1
Uzj
lx0(x) = min(gz1(x), ..., gzm(x)
)∈ A (nach Lemma)
lx0(x0) = f(x0)
∀x ∈ K : lx0(x) < f(x) + ε
weil fur x ∈ Uzi lx0(x) ≤ gzj (x) < f(x) + ε gilt
3. Fur jedes z ∈ K gibt es also eine Funktion lz ∈ A mit lz < f + ε undlz(z) = f(z).Wegen der Stetigkeit von lz gibt es eine offene UmgebungVz von z, sodass
391
∀x ∈ Vz : lz(x) > f(x)− ε gilt.
K ⊆⋃z∈K
Vz
Kkompakt
=⇒ ∃n, z1, ..., zn : K ⊆n⋃j=1
Vzj
m(x) = max(lz1(x), ..., lzn(x)
)∈ A
f(x)− ε < m(x) < f(x) + ε
das heißt: ‖f −m‖sup < ε
Korollar 18.1.1. Sei A ⊆ CC(K) eine Algebra, die die konstanten Funktionen enthalt, Punktetrennt und unter Konjugation abgeschlossen ist. Soll heißt: f ∈ A ⇒ f ∈ A. Dann liegt A dichtin CC(K).
Beweis. Wenn f ∈ A ⇒ <(f) = f+f2 ∈ A und =(f) = f−f
2i ∈ A. Damit kannman den Beweis von Satz 18.1 fur Real- und Imaginarteil getrennt fuhren.
Bemerkung 253. Ohne komplexe Konjugation ist die Aussage falsch:K = {z ∈ C
∣∣|z| ≤ 1} und A = C[z], dann z /∈ A
Korollar 18.1.2. Sei K kompakt, A ⊆ CR(K) eine Algebra. Dann gilt f ∈ A genau dann, wenn∀ε > 0, ∀x1, x2 ∈ K, ∃g ∈ A : |f(x1)− g(x1)| < ε und |f(x2)− g(x2)| < ε.
Beweis.
”⇒ ” Sei f ∈ A. ε > 0. Dann gibt es ein g ∈ A, sodass ∀x ∈ K : |f(x)−g(x)| < ε
(x = x1 beziehungsweise x = x2 liefert dann die Aussage).
”⇐ ” x1, x2 ∈ K : ∃g : |g(x1) − f(x1)| < ε
2 , |g(x2) − f(x2)| < ε2 , halte x1 fest
und nenne gx2= g
|gx2(x1)− f(x1)| < ε2 , |gx2
(x2)− f(x2)| < ε2
Gehe nun weiter wie in Schritt 2: Es gibt eine offenen Umgebung von x2
auf der gx2(x) < f(x)+ε gilt. Damit konstruiert man, wie in Schritt 2, die
Funktion lx1(x) = min(gz1(x), ..., gzm(x)
). Dann gilt
{lx1(x1) > f(x1)− ε
2lx1(x) < f(x) + ε
}Schritt 3: Analog wie im Beweis von Satz 18.1. Es gibt eine UmgebungVz von z, sodass ∀x ∈ Vz : lz(x) > f(x) − ε. Wie vorhin: m(x) =max
(lz1(x), ..., lzn(x)
), |m(x)− f(x)| < ε
Korollar 18.1.3. Sei A ⊆ CC(K) eine Algebra, die unter komplexer Konjugation abgeschlossen
392
ist, dann ist f ∈ CC(K) aus A genau dann, wenn
∀ε > 0, ∀x1, x2 ∈ K, ∃g ∈ A : |f(x1)− g(x1)| < ε ∧ |f(x2)− g(x2)| < ε
Korollar 18.1.4. Sei A ⊆ CC(K) eine Algebra, die Punkte trennt, unter komplexer Konjugationabgeschlossen ist und fur die ∀x ∈ K : ∃g ∈ A : g(x) 6= 0 gilt. Dann gilt A = CC(K).
Beweis. Wenn es fur x1 eine Funktion g mit g(x1) 6= 0 gibt und fur x2 eineFunktion h mit h(x2) 6= 0. l trenne x1 und x2, das heißt: l(x1) 6= l(x2).
m(x) = l(x)−l(x1)l(x2)−l(x1)
(f(x2)− f(x1)
)· h∗(x)
h∗(x2) + f(x1)
(g∗(x)
g∗(x1)+
h∗(x)
h∗(x2)
)︸ ︷︷ ︸=1 bei
x = x1
x = x2
∃g(x1) 6= 0, g∗(x) = l(x)−l(x2)l(x1)−l(x2) · g(x)
∃g∗ ∈ A : g∗(x1) 6= 0 g∗(x2) = 0∃h∗ ∈ A : h∗(x2) 6= 0 h∗(x1) = 0
Beweis (Zweite Version): Sei f ∈ CC(K). Dann zeigt man, dass ∀x1, x2 ∈ K :
∃g ∈ A :f(x1) = g(x1)f(x2) = g(x2)
gilt. Daraus folgt nach dem letzten Korollar dass
f ∈ A. Seien x1, x2 ∈ K, x1, 6= x2, ∃l, g, h ∈ A :l(x1) 6= l(x2)g(x1) 6= 0h(x2) 6= 0
g∗(x) =l(x)− l(x2)
l(x1)− l(x2)· g(x)
g(x1)
g∗(x1) = 1g∗(x2) = 0
⇒ g∗ ∈ A
h∗(x) =l(x)− l(x1)
l(x2)− l(x1)· h(x)
h(x2)
h∗(x2) = 1h∗(x1) = 0
⇒ h∗ ∈ A
m(x) = f(x1) · g∗(x) + f(x2) · h∗(x) ∈ Am(x1) = f(x1)m(x2) = f(x2)
Beispiel 123.
Cper(R) ={f : R→ C
∣∣∀x ∈ R, f(x) = f(x+ 2π)}
2π − periodischen stetigen Funktionen∼= C(R/2πZ)
R/2πZ ={
[x]∣∣x ∈ R} , [x] = x+ 2πZ
x ∼ y ⇐⇒ x− y2π
∈ Z
Aquivalenzrelation
393
−2π 0 2π 4π
−2π0
2π
4π
[x]↔(
cos(x)sin(x)
)∈ Π
Π ist kompakt
Die Funktion eikx ist 2π - periodisch
A = span{eikx∣∣k ∈ Z}
1 ∈ A X
∀x, y ∈ R, x− y /∈ 2πZ, eix 6= eiy
eikx = eikx
das heißt: die trigonometrischen Polynomen∑
k=−m
akeikx ak ∈ C
liegt dicht in den stetigen 2π - periodischen Funktionen
394
19 Fourier-Reihen
u(x, t) ... Temperatur zum Zeitpunkt t > 0 im Punkt [x].das heißt u(x, t) = u(x+ 2π, t)
uxx = ut ... Warmeleitungsgleichungu(x, t) = X(x)T (t) ... simple Losung
X ′′(x)T (t) = X(x)T ′(t)
X ′′
X︸︷︷︸Funktion
von x
=T ′
T︸︷︷︸Funktion
von t
= const = −λ2
man wird sehen, dass nur const ≤ 0 sinvoll sind
X ′′ = −λ2X, T ′ = −λ2T → T (t) = Ce−λ2t
X(x) = eµx
X ′′ = µ2eµxµ2eµx = −λ2eµx
µ2 = −λ2 µ = ±iλ
X(x) = Aeiλx +Be−iλx
X(0) = x(2π)
A+B = Ae2πiλ +Be−2πiλ
A(1− e2πiλ) = −B(1− e−2πiλ) = −Be−2πiλ(e2πiλ − 1)
e2πiλ = 1 (A,B beliebig) ⇒ λ ∈ Ze2πiλ 6= 1
B = Ae2πiλ
X ′(0) = X ′(2π)
Aiλ−Biλ = Aiλe2πiλ −Biλe−2πiλ
Aiλ−Aiλe2πiλ = Aiλe2πiλ −Aiλe−2πiλ · e2πiλ
0 = 2Aiλ(e2πiλ − 1︸ ︷︷ ︸6=0
) ⇒ A = 0⇒ B = 0
X ′′ = λ2X, x = eµx, µ2 = λ2, µ = ±λX(x) = Aeλx +Be−λx
X(0) = A+B = Ae2πλ +Be−2πλ = X(2π)X ′(0) = λA− λB = λAe2πλ − λBe−2πλ = X(2π)
uk(x, t) = eikx · e−k2t, k ∈ Z
u(x, t) =∑k∈Z
akuk(x, t), ak ∈ C
fur∑k∈Z
k2|ak| <∞ ist eine Losung
gegeben: u(x, 0) = f(x) 2π − periodisch∑k∈Z
akeikx = f(x)
395
Frage: gibt es fur jedes f (2π - periodisch und ?) Koeffizienten ak, k ∈ Z,
sodass:∑k∈Z
akeikx = f(x) gilt?
∑k∈Z
akeikx e−k
2t︸ ︷︷ ︸k 6=0
−→0fur t→∞
t→∞−→ a0
2πˆ
0
u(x, t) dx =∑k∈Z
ak ·2πˆ
0
eikx dx ·e−k2t
k 6= 0 :eikx
ik
∣∣∣∣∣2π
0
= 0
⇒2πˆ
0
f(x) dx = 2πa0
Wenn f(x) =∑k∈Z
akeikx gleichmaßig konvergiert, dann kann man:
2πˆ
0
f(x)e−inx dx =∑k∈Z
ak
2πˆ
0
eikxe−inx dx︸ ︷︷ ︸=0 fur k 6=n
schreiben
= 2πan
cn =1
2π
2πˆ
0
f(x)e−inx dx
Programm Sei f Regelfunktion und 2π - periodisch, dann kann man
an =1
2π
2π
0
f(x)e−inx dx
bestimmen.
Frage konvergiert∑k∈Z
akeikx ? moglicherweise zu viel.
Sn(f)(x) =
n∑k=−n
akeikx konvergiert Sn
(f)(x)? gegen f(x)?
396
Bemerkung 254. f reellwertig
cn =1
2π
2πˆ
0
f(x)e−inx dx =1
2π
2πˆ
0
f(x)e−inx dx = c−n
n ≥ 1 :
cn =1
2(an − ibn)
c0 =1
2a0
c−n =1
2(an + ibn)
∞∑n=−∞
cneinx =
1
2a0 +
∞∑n=1
(1
2(an − ibn)einx +
1
2(an + ibn)einx
)=
=1
2a0 +
∞∑n=1
(an cos(nx) + bn sin(nx)
)reelle Schreibweise der Reihe
cn =1
2(an − ibn) =
1
2π
2πˆ
0
f(x)(
cos(nx)− i sin(nx))︸ ︷︷ ︸
=e−inx
dx
an =1
π
2πˆ
0
f(x)cos(nx)n≥0
dx
bn =1
π
2πˆ
0
f(x)sin(nx)n≥1
dx
a0
2=
1
2π
2πˆ
0
f(x) dx
Sn(f)
=
n∑k=−n
ckeikx =
a0
2+
n∑k=1
(ak cos(kx) + bk sin(kx)
)n-te Partialsumme
ck =1
2π
2πˆ
0
f(y)e−ikydy
S(f)(x) =
1
2π
2πˆ
0
n∑k=−n
eikxf(y)e−ikydy =1
2π
2πˆ
0
f(y)
n∑k=−n
eik(x−y)dy =
[y = x+ z]
=1
2π
2π+xˆ
x
f(x+ z)
n∑k=−n
eikzdz
397
da 2π - periodisch: =1
2π
2πˆ
0
f(x+ z)
n∑k=−n
eikz︸ ︷︷ ︸Dn(z)
dz
Dn(z) ... Dirichlet-Kern
Dn(x) =
n∑k=−n
eikx = e−inx−1 + ei(2n+1)x
−1 + eix= (geometrische Summenformel)
= e−inxei(n+ 1
2 )x(ei(n+ 1
2 )x − e−i(n+ 12x))
eix2
(eix2 − e−i x2
) =2i sin
((n+ 1
2
)x)
2i sin(x2
)
Dn(x) =sin((n+ 1
2
)x)
sin(x2
)Dn(0) = lim
x→0
(Dn(x)
)= 2n+ 1
Sn(f)(x) =
1
2π
π
−π
f(x+ y) · Dn(y)︸ ︷︷ ︸=Dn(−y)
dy
398
Tn(f)(x) =
1
n
n−1∑k=0
Sk(f)(x)
Tn(f)(x) =
1
2π
π
−π
f(x+ y)1
n
n−1∑k=0
Dk(y)︸ ︷︷ ︸Fn(y)
Fejer-Kern
dy
Fn(y) =1
n
n−1∑k=0
Dk(y)
sin(y
2
)2
Fn(y) =1
n
n−1∑k=0
sin
((k +
1
2
)y
)sin(y
2
)=
=1
2n
n−1∑k=0
(cos(ky)− cos
((k + 1)y
))=
1
2n
(1− cos(ny)
)=
=1
nsin(ny
2
)2
Fn(y) =1
n
(sin(ny2
)sin(y2
) )2
≥ 0
Satz 19.1. Satz von FejerSei f : R → R 2π-periodisch und stetig, dann konvergiert
(Tn(f))n∈N gleichmaßig auf R gegen
f .
Beweis. f ist gleichmaßig stetig. ε > 0 : Dann gibt es ein δ > 0, sodass:
∀x, y ∈ R : |x− y| < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε
Tn(f)(x)− f(x) =
1
2π
π
−π
(f(x+ y)− f(x)
) 1
n
(sin(ny2
)sin(y2
) )2
dy
[weil
1
2π
π
−π
Fn(y)dy = 1
]∃M : ∀x ∈ R : |f(x)| ≤M
|Tn(f)(x)− f(x)| ≤ 1
2π
δˆ
−δ
| f(x+ y)− f(x)︸ ︷︷ ︸<ε
| 1n
(sin(ny2
)sin(y2
) )2
dy +
+
−δˆ
−π
| f(x+ y)− f(x)︸ ︷︷ ︸≤2M
| · Fn(y)dy +
π
δ
| f(x+ y)− f(x)︸ ︷︷ ︸≤2M
|Fn(y)dy
≤
399
≤ 1
2π
ε · δˆ
−δ
Fn(y)dy + 4M ·π
δ
Fn(y)dy
≤≤ 1
2π
(ε ·
π
−π
Fn(y)dy
︸ ︷︷ ︸=2π
+4M ·π
δ
Fn(y)dy
)
Fn(y) =1
n
(sin(ny2
)sin(y2
) )2
≤ π2
ny2
0 ≤ y ≤ π
sin(x) ≥ 2x
π
0 ≤ x ≤ π
2
|Tn(f)(x)− f(x)| ≤ ε+
4M
2π·π
δ
π2
ny2dy ≤
≤ ε+ 2M ·∞
δ
π
ny2dy = ε+
2π
n· Mδ
‖Tn(f)− f‖∞ = sup
x|Tn(f)(x)− f(x)| ≤ ε+
2πM
nδ
lim supn→∞
‖Tn(f)− f‖∞ ≤ ε
gilt fur jedes ε > 0 ⇒ limn→∞
‖Tn(f)− f‖∞ = 0
|Sn(f)(x)− f(x)| ≤
≤ 1
2π
δˆ
−δ
|f(x+ y)− f(x)| · |Dn(y)|dy +
−δˆ
−π
2M · |Dn(y)|dy +
π
δ
2M · |Dn(y)|dy
π
−π
|Dn(y)|dy =
π
−π
∣∣∣∣∣ sin((n+ 1
2
)y)
sin(y2
) ∣∣∣∣∣ dy ≥
≥ 2 ·
2π2π+1ˆ
0
2∣∣sin ((n+ 1
2
)y)∣∣
ydy +
∑k=1
2 · 2
2π(k+1)2n+1ˆ2πk2n+
∣∣sin ((n+ 12
)y)∣∣
ydy
∣∣∣∣sin((n+1
2
)y
)∣∣∣∣ ≥0 ≤ y ≤ 2π
2n+ 1
400
sin(x) ≥ 1
πx(π − x)
0 ≤ x ≤ π2π
2n+1ˆ
0
2∣∣sin ((n+ 1
2
)y)∣∣
ydy ≥ 2
π
2π2n+1ˆ
0
2 ·(n+ 1
2
)y(π −
(n+ 1
2
)y)
ydy =
=2
π(2n+ 1)
2π2n+1ˆ
0
(π −
(n+
1
2
)y
)dy
︸ ︷︷ ︸=π
2 ·2π
2n+1
= 2π
2π(k+1)2n+1ˆ2πk2n+1
∣∣sin ((n+ 12
)y)∣∣
ydy ≥ 2n+ 1
2π(k + 1)
2π(k+1)2n+1ˆ2πk2n+1
∣∣∣∣sin((n+1
2
)y
)∣∣∣∣ dy =4
2π(k + 1)
π
−π
|Dn(y)|dy ≥ 2π +2
π
n∑k=1
1
k + 1
Daher kann man den Beweis des Satzes 19.1 fur den Dirichlet-Kern nicht ver-wenden...
Satz 19.2. Sei f : R→ R eine 2π-periodische Regelfunktion, dann gilt fur alle x ∈ R:
limn→∞
(Tn(f)(x))
=f(x+) + f(x−)
2
f(x+) = limt→x+
(f(t)
), f(x−) = lim
t→x−
(f(t)
)
401
Beweis. ∣∣∣∣Tn(f)(x)− f(x+) + f(x−)
2
∣∣∣∣ =
=
∣∣∣∣∣∣ 1
2π
π
−π
(f(x+ y)− f(x+) + f(x−)
2
)Fn(y)dy
∣∣∣∣∣∣ ≤≤ 1
2π
0ˆ
−π
|f(x+ y)− f(x−)|Fn(y)dy +1
2π
π
0
|f(x+ y)− f(x+)|Fn(y)dy ≤
f ist Regelfunktion: ε > 0, ∃δ > 0 : |y| < δ, |f(x)| ≤M
|f(x+ y)− f(x+)| < ε fur y > 0
|f(x+ y)− f(x−)| < ε fur y < 0
≤ 1
2π
0ˆ
−δ
εFn(y)dy +1
2π
δˆ
0
εFn(y)dy +1
2π
π
δ
Fn(y)dy +1
2π2M
−δˆ
−π
Fn(y)dy ≤
≤ 1
2π
0ˆ
−π
εFn(y)dy +1
2π
π
0
εFn(y)dy +1
2π
π
δ
Fn(y)dy +1
2π2M
−δˆ
−π
Fn(y)dy
≤ ε+2M
π
π
δ
π2
ny2dy ≤ ε+
2M
π
∞
δ
π2
ny2dy ≤ ε+
2πM
nδ
n→∞⇒ limn→∞
(Tn(f)(x))
=f(x+) + f(x−)
2
Bemerkung 255. Sei f : R→ R eine 2π-periodische Regelfunktion. Wenn(Sn(f)(x))n∈N
konvergiert, dann gilt:
limn→∞
(Sn(f)(x))
=f(x+) + f(x−)
2
Beweis. Wenn(Sn(f)(x))n∈N konvergiert, dann gilt (nach Ubung Analysis 1)
limn→∞
(Tn(f)(x))
= limn→∞
(Sn(f)(x))
und daher limn→∞
(Sn(f)(x))
=f(x+) + f(x−)
2
402
Beispiel 124.
f(x) = cos(ax) fur − π ≤ x ≤ πf(x+ 2π) = f(x) a ∈ R \ Z
a0 =1
π
π
−π
cos(ax) dx =1
π
sin(ax)
a
∣∣∣∣π−π
=2 sin(aπ)
aπ
an =1
π
π
−π
cos(ax) · cos(nx)︸ ︷︷ ︸= 1
2
(cos(
(n+a)x)
+cos(
(n−a)x))dx =
1
2π
[sin((n+ a)x
)n+ a
+sin((n− a)x
)n− a
]π−π
=
=2
2π
((−1) sin(aπ)
n+ a− (−1)n sin(aπ)
n− a
)=
(−1)n−1
πsin(aπ) · 2a
n2 − a2
bn =1
π
π
−π
cos(ax) · sin(nx)︸ ︷︷ ︸ungerade
dy = 0
sin(aπ)
aπ+
∞∑n01
(−1)n−1
πsin(aπ)
2a
n2 − a2cos(nx) konvergiert gleichmaßig in x
Nach der Bemerkung gilt daher cos(ax) =sin(aπ)
aπ+
∞∑n=1
(−1)n−1
πsin(aπ)
2a
n2 − a2cos(nx)
x = 0 :1
sin(aπ)=
1
aπ+
∞∑n=1
(−1)n−1
π· 2a
n2 − a2
π
sin(aπ)=
1
a+
∞∑n=1
(−1)n−1 2a
n2 − a2Partialbruchzerlegung von
π
sin(aπ)
x = π : cos(aπ) =sin(aπ)
aπ+
∞∑n=1
(−1)n−1
πsin(aπ)
2a
n2 − a2(−1)n
π cot(aπ) =1
a−∞∑n=1
2a
n2 − a2Partialbruchzerlegung des cot
−π π
403
19.1 Dirichtletsche Konvergenztheorie der Fourier-Reihen
Lemma 23. Lemma von Riemann-LebesgueSei f : [a, b]→ R eine Regelfunktion. Dann gilt:
limt→±∞
bˆ
a
f(x)eitx dx
= 0 (19.13)
a b
Beweis. Plan:
1. f Indikatorfunktion eines Intervalls
2. f Treppenfunktion (= Linearkombination von 1.)
3. Approximation von Regelfunktionen durch Treppenfunktionen
1.
f = 1
β
α
eitx =eitx
it
∣∣∣∣βx=a
=
beschrankt︷ ︸︸ ︷eitβ − eitα
it−→t→±∞
0
2. Sei f eine Treppenfunktion, also endliche Linearkombination von Indika-torfunktionen. Dann folgt aus 1. die Aussage (1) fur f
404
3. Sei f eine Regelfunktion und ε > 0. Dann gibt es eine Treppenfunktion ϕ,sodass:
‖f − ϕ‖[a,b] <ε
2(b− a)∣∣∣∣∣∣bˆ
a
f(x)eitx dx
∣∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∣bˆ
a
(f(x)− ϕ(x)
)eitx dx +
bˆ
a
ϕ(x)eitx dx
∣∣∣∣∣∣ ≤≤
bˆ
a
|f(x)− ϕ(x)|︸ ︷︷ ︸< ε
2(b−a)
dx +
∣∣∣∣∣∣bˆ
a
ϕ(x)eitx dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
2+
∣∣∣∣∣∣bˆ
a
ϕ(x)eitx dx
∣∣∣∣∣∣Nach 2. gibt es ein T, sodass fur alle t ∈ R mit |t| ≥ T :∣∣∣∣∣∣
bˆ
a
ϕ(x)eitx dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
2
Dann gilt fur |t| ≥ T :∣∣∣∣∣∣bˆ
a
f(x)eitx dx
∣∣∣∣∣∣ < ε
2+ε
2= ε
Lemma 24. Fassung fur das Riemann-IntegralSei f : [a, b]→ R Riemann-integrierbar, dann gilt:
limt→±∞
bˆ
a
f(x)eitx dx
= 0
Beweis. 1. und 2. analog wie oben.
3. Wenn f Riemann-integrierbar ist, dann gilt ∀ε > 0, ∃ϕ Treppenfunktion:
bˆ
a
|f(x)− ϕ(x)|dx < ε
Sei ε > 0, dann gibt es ϕ Treppenfunktion
bˆ
a
|f(x)− ϕ(x)|dx <ε
2∣∣∣∣∣∣bˆ
a
f(x)eitx dx
∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ
a
|f(x)− ϕ(x)|︸ ︷︷ ︸< ε
2
dx +
∣∣∣∣∣∣bˆ
a
ϕ(x)eitx dx
∣∣∣∣∣∣weiter wie oben
405
Definition 19.1. Sei f : [a, b] → R eine Regelfunktion. f heißt in x0 ∈ (a, b) verallgemeinertdifferenzierbar, wenn:
limx→x0−
(f(x)− f(x0−)
x− x0
)und lim
x→x0+
(f(x)− f(x0+)
x− x0
)existieren.
Satz 19.3. Satz von DirichtletSei f : R→ R eine 2π-periodische Regelfunktion. Wenn f in x0 ∈ R verallgemeinert differenzier-bar ist, dann gilt:
limn→∞
(Sn(f)(x0)
)=f(x0+) + f(x0−)
2=a0
2+
∞∑n=1
(an cos(nx0) + bn sin(nx0)
)
Beweis.
Sn(f)(x0)− f(x0+) + f(x0−)
2=
1
2π
π
−π
f(x0 + y)Dn(y)dy − f(x0+) + f(x0−)
2=
=1
2π
0ˆ
−π
(f(x0 − y)− f(x0−)
)Dn(y)dy +
1
2π
π
0
(f(x0 + y)− f(x0+)
)Dn(y)dy =
=1
2π
0ˆ
−π
(f(x0 + y)− f(x0−)
) sin((n+ 1
2
)y)
sin(y2
) dy =
=1
2π
0ˆ
−π
f(x0 + y)− f(x0−)
y︸ ︷︷ ︸Regelfunktion auf[−π,0]
· y
sin(y2
)︸ ︷︷ ︸stetig auf
[−π,0]
sin
((n+
1
2
)y
)dy
fur n→∞ konvergiert dieses Integral nach dem Lemma von Riemann-Lebesguegegen 0. Ebenso gilt:
limn→∞
1
2π
bˆ
a
(f(x0 + y)− f(x0+)
)Dn(y)dy
= 0
Beispiel 125. f(x) = x fur −π < x < π
406
bn =1
π
π
−π
x sin(nx) dx =1
π
(− x · cos(nx)
n
∣∣∣∣∣π
−π
+
π
−π
cos(nx)
ndx
︸ ︷︷ ︸=0
)=
=1
π
(−πn
(−1)n − π
n(−1)n
)bn =
2
n(−1)n−1
2
∞∑n=1
(−1)n−1
nsin(nx) =
x fur −π < x < π
0 fur x = −π0 fur x = π
g(x) =
∞∑n=1
sin(nx)
n=
12 (π − x) 0 < x < 2π
0 x = 0
0 x = 2π
Sn(g)(x) =
n∑k=1
sin(kx)
k
407
S′n(g)(x) =
n∑k=1
cos(kx)
Dn(x) = 1 + 2
n∑k=1
cos(kx)
S′n(g)(x) =
1
2
sin((n+ 1
2
)x)
sin(x2
) − 1
2= 2 sin
(α− β
2
)· cos
(α+ β
2
)=
=sin((n+ 1
2
)x)− sin
(x2
)2 sin
(x2
) =�2 sin
(nx2
)cos(n+1
2 x)
�2 sin(x2
)sin(nx2
)= 0 nx
2 = kπ x = 2kπn k = 1, 2, ..., n− 1
cos(n+1
2 x)
= 0 n+12 x = (2k+1)π
2 x = (2k+1)πn+1 k = 0, 1, ..., n
408
Sn(g)( π
n+ 1
)=
n∑k=1
1
ksin
(kπ
n+ 1
)=
n+1∑k=1
n+ 1
kπsin
(kπ
n+ 1
)π
n+ 1
ψ(x) =sin(x)
xx0, x1, ..., xn+1
xk =kπ
n+ 1
xk+1 − xk =π
n+ 1
ψ ist stetig auf R
R
(ψ,
{0,
π
n+ 1,
2π
n+ 1, ...,
n+ 1
n+ 1π
},
{π
n+ 1, ...,
n+ 1
n+ 1π
})
−→n→∞
π
0
sin(x)
xdx ≈ π
2· 1, 08...
GIBBSsches Phanomen
409
19.2 Besselsche Theorie der Fourier-Reihen
f : [−π, π] → R Riemann-integrierbar. Suche Approximationen an f durchtrigonometrische Polynome:
a0
2+
n∑k=1
(ak cos(kx) + bk sin(kx)
)= Bn
π
−π
(f(x)−
(a0
2+
n∑k=1
(ak cos(kx) + bk sin(kx)
)))2
dx!= min
π
−π
(f(x)2 − 2f(x)Bn(x) +Bn(x)2
)dx =
=
π
−π
f(x)2 dx−2
a0
2
π
−π
f(x) dx +
n∑k=1
ak π
−π
f(x) cos(kx) dx +bk
π
−π
f(x) sin(kx) dx
+
+
π
−π
Bn(x)2 dx
π
−π
Bn(x)2 dx =a2
0
�42�2π +
n∑k=1
a2k
π
−π
cos(kx)2 dx +b2k
π
−π
sin(kx)2 dx
+
+2a0
2
n∑k=1
ak π
−π
cos(kx) dx︸ ︷︷ ︸=0
+bk
π
−π
sin(kx) dx︸ ︷︷ ︸=0
+
+2∑k,l=1k<l
(akal
π
−π
cos(kx) cos(lx) dx
︸ ︷︷ ︸=0
+akbl
π
−π
cos(kx) sin(lx) dx
︸ ︷︷ ︸=0
+
+albk
π
−π
cos(lx) sin(kx) dx
︸ ︷︷ ︸=0
+bkbl
π
−π
sin(kx) sin(lx) dx
︸ ︷︷ ︸=0
)
=
π
−π
f(x)2 dx +2π
a0
2− 1
2π
π
−π
f(x) dx
2
− 1
2π
( π
−π
f(x) dx
︸ ︷︷ ︸πa0
)2
+
x
n∑k=1
π
ak − 1
π
π
−π
f(x) cos(kx) dx
2
+
bk − 1
π
π
−π
f(x) sin(kx) dx
2−
−n∑k=1
1
π
π
−π
f(x) cos(kx) dx
2
+
π
−π
f(x) sin(kx) dx
2
410
Dieser Ausdruck nimmt sein Minimum an, genau fur:
ak =1
π
π
−π
f(x) cos(kx) dx, k = 0, ..., n
bk =1
π
π
−π
f(x) sin(kx) dx, k = 1, ..., n
das heißt.: Bn = Sn(f)
erteilt dem Integral ein Minimumπ
−π
(f(x)− Sn
(f)(x))2
dx =
π
−π
f(x)2 dx−π
(a2
0
2+
n∑k=1
(a2k + b2k)
)π
−π
f(x)2 dx =
π
−π
(f(x)− Sn
(f)(x))2
dx +π
(a2
0
2+
n∑k=1
(a2k + b2k)
)Man lese daraus ab:
a20
2+
∞∑k=1
(a2k + b2k) ≤ 1
π
π
−π
f(x)2 dx (Bessel-Ungleichung)
das heißt: die Summe konvergiert
Bisher wusste man aus dem Lemma von Riemann-Lebesgue nur, dass:
limk→∞
(ak) = limk→∞
(bk) = 0
Sei f fast uberall differenzierbar (das heißt: f ist Stammfunktion einer Regel-funktion).
n ≥ 1 : an =1
π
π
−π
f(x) cos(nx) dx =1
πf(x) · sin(nx)
n
∣∣∣∣∣π
−π︸ ︷︷ ︸=0
− 1
π
π
−π
f ′(x)sin(nx)
ndx
an = − 1
nb′n
a′n =1
π
π
−π
f ′(x) cos(nx) dx
b′n =1
π
π
−π
f ′(x) sin(nx) dx
bn =1
π
π
−π
f(x) sin(nx) dx =
=1
πf(x)
(−cos(nx)
n
) ∣∣∣∣∣π
−π
+1
π
π
−π
f ′(x)cos(nx)
ndx
411
Aus der (Bessel-Ungleichung) folgt:
∞∑n=1
((a′n)2 + (b′n)2
)≤ 1
π
π
−π
(f ′(x)
)2dx
∞∑n=1
((a′n)2 + (b′n)2
)=
∞∑n=1
n2(a2n + b2n) konvergiert
a0
2+
∞∑n01
(an cos(nx) + bn sin(nx)
)konvergiert sicher, wenn:
∞∑n=1
(|an|+ |bn|) konvergiert
( ∞∑n=1
|anbn
|
)2
=
( ∞∑n=1
1
n· n · |an
bn
|
)2 Cauchy-Schwarz≤
∞∑n=1
1
n2︸ ︷︷ ︸π2
6
·∞∑n=1
n2anbn
<∞
Satz 19.4. Sei f : R → R, 2π-periodisch und fast uberall differenzierbar, dann konvergiert dieFourier-Reihe von f absolut und gleichmaßig gegen f .
Bemerkung 256.
ck =1
2π
2πˆ
0
f(x)e−ikx dx
k ≥ 0 : ck =1
2
(ak − ibk
), c−k =
1
2
(ak + ibk
)
Sn(f)
=
n∑k=−n
ckeikx
2πˆ
0
2
|Sn(f)(x)|︸ ︷︷ ︸
Sn
(f)·Sn(f) dx =
2πˆ
0
n∑k=−n
n∑l=−n
ckeikxcle
ilx dx =
=
n∑k=−n
n∑l=−n
ckcl ·2πˆ
0
ei(k−l)x dx = 2π
n∑l=−n
|cl|2
2πˆ
0
|f(x)− Sn(f)|2 dx +2π
n∑k=−n
|ck|2 =
2πˆ
0
|f(x)|2 dx
412
Aus dieser Gleichung folgt:
2π
∞∑k=−∞
|ck|2 =
2πˆ
0
|f(x)|2 dx ⇐⇒ limn→∞
2πˆ
0
∣∣f(x)− Sn(f)(x)∣∣2 dx
= 0
Definition 19.2. Sei f Regelfunktion auf [a, b],. Dann setze man :
‖f‖2 =
bˆ
a
|f(x)|2
12
L2-Norm
∥∥f − Sn(f)∥∥2
2+∥∥Sn(f)∥∥2
2= ‖f‖22 = 2π
n∑k=−n
|ck|2
Skalarprodukt: 〈f, g〉 =
bˆ
a
f(x)g(x) dx
〈f, f〉 = ‖f‖22Dann gilt: |〈f, g〉|2 ≤ ‖f‖22 · ‖g‖22
Sei (fn)n∈N eine Folge von Regelfunktionen mit ‖f − fn‖2 → 0.zum Beispiel: fn → F gleichmaßig =⇒ ‖fn − f‖ → 0
Beispiel 126. n = 2k + n′ mit n′ < 2k. Setze fn(x) = 1[ n′2k,n′+1
2k
](x)
‖f‖22 =
1ˆ
0
(1[ n′
2k,n′+1
2k
](x)
)2
dx =1
2k<
2
n→ 0
2k+1 > n ≥ 2k
das heißt fn → 0 im Sinne der L2-Norm fur kein x ∈ [0, 1) gilt fn(x)→ 0
413
Dieses Beispiel zeigt, dass Konvergenz im Sinne der L2-Norm nicht die punktweise Kon-vergenz impliziert.
f 7→ Sn(f)∈ L
({einx, ..., einx
})ist die orthogonale Projektion vom Raum der Regelfunktionen auf L
({e−inx, ..., einx
})
Satz 19.5. Sei f : R→ C eine 2π-periodische Regelfunktion. Dann gilt:
2π
∞∑k=−∞
|ck|2 =
2πˆ
0
|f(x)|2 dx Parsevalsche Gleichung
Beweis. Sei f zuerst stetig auf R und 2π-periodisch. Dann weiß man:
Tn(f)→ f gleichmaßig auf R.
Es genugt nachzuweisen, dass ‖f − Sn(f)‖2 ≤ ‖f − Tn
(f)‖2 ≤ 2π‖f − Tn
(f)‖∞
n→∞−→ 0
Nach der Uberlegung oben gilt daher: limn→∞
(‖Sn
(f)‖22)
︸ ︷︷ ︸=2π
∞∑k=−∞
|ck|2
= ‖f(x)‖22
Bemerkung 257. Sei f 2π-periodische Regelfunktion. Dann gibt es fur jedes ε > 0 einestetige Funktion fε, sodass ‖f − fε‖2 < ε
414
‖f − Sn(f)‖2 ≤ ‖f − fε‖2 + ‖fε − Sn
(fε)‖2 + ‖Sn
(f)− Sn
(fε)︸ ︷︷ ︸
Sn
(f−fε
) ‖2
︸ ︷︷ ︸≤‖f−fε‖2
lim supn→∞
(‖f − Sn
(f)‖2)≤ 2ε
⇒ limn→∞
(‖f − Sn
(f)‖2)
= 0
Satz 19.6. Satz von Carleson (1966)Fur jede Funktion f mit ‖f‖2 <∞ gilt Sn
(f)(x)→ f(x) fast uberall im Sinne von Lebesque.
Bemerkung 258. Bemerkung zur Parsevalschen Gleichungf , g seien Regelfunktionen
f(n) =1
2π
2πˆ
0
f(x)e−inx dx
g(n) =1
2π
2πˆ
0
g(x)e−inx dx
Dann gilt: 〈f, g〉 = 2π
∞∑n=−∞
f(n)g(n)
Beweis.
zw =1
4
(|z + w|2︸ ︷︷ ︸
(z+w)(z+w)
− |z − w|2︸ ︷︷ ︸(z−w)(z−w)
+ i|z + iw|2︸ ︷︷ ︸(z+iw)(z−iw)
− i|z − iw|2︸ ︷︷ ︸(z−iw)(z+iw)
)=
=1
4
(��zz + zw +��zw +��ww −��zz + zw +��zw −��ww +��izz + zw −��zw +���iww −��izz + zw −��zw −���iww
)〈f, g〉 =
1
4
(‖f − g‖22 − ‖f − g‖22 + i‖f + ig‖22 − i‖f − ig‖22
)2‖f‖22 + 2‖g‖22 = ‖f + g‖22 + ‖f − g‖22
Beispiel 127. Das isoperimetrische ProblemGegeben sei eine rektifizierbar geschlossene Kurve γ : [0, 2π]→ C. Was ist die großtmogliche
415
Flache, die von γ umschlossen wird?
|γ(t)| = 1 ! Bogenlangenparametrisierung
⇒ Bogenlange = 2π
2πˆ
0
|γ(t)|dt =
2πˆ
0
|γ(t)|2dt
F =1
2=
2πˆ
0
γ(t)γ(t)dt
γ = x+ iy
γ · γ = (x− iy)(x+ iy) = xx+ yy + i( xy − xy︸ ︷︷ ︸Leibnizsche-Sektorformel
)
γ(t) =
∞∑n=−∞
γ(n)eint
2π =
2πˆ
0
|γ(t)|2dt = 2π
∞∑n=−∞
n2|γ(n)|2
γ(t) =
∞∑n=−∞
inγ(n)eint
∞∑n=−∞
n2|γ(n)|2 = 1
2πˆ
0
γ(t) cot γ(t)dt = 2π
∞∑n=−∞
γ(n) · inγ(n)
F = π
∞∑n=−∞
n|γ(n)|2
Angenommen F > 0
π − F = π
( ∞∑n=−∞
n2|γ(n)|2 −∞∑
n=−∞n|γ(n)|2
)=
= π
∞∑n=−∞
(n2 − n︸ ︷︷ ︸≥0
)|γ(n)︸︷︷︸>0
|2 ≥ 0
416
”=” γ(n) = n fur n 6= 0, γ(0), γ(1)
”beliebig”.
γ(0) beliebig
γ(t) = γ(0) + γ(1) · eit
|γ| = |γ(1) · eit| = 1⇒ |γ(1)| = 1
das heißt: F = π genau dann, wenn γ der Einheitskreis ist.
19.3 Die Poissonsche Summenformel
f : R→ C erfulle geeignete Bedingungen.
ϕ(x) =
∞∑n=−∞
f(x+ 2nπ)
ϕ(x) ist 2π-periodisch, wenn die Reihe absolut konvergiert.Zum Beispiel: |f(x)| ≤ c
|x|1+ε fur ε > 0 und x 6= 0.
ϕ(k) =1
2π
2πˆ
0
∞∑n=−∞
f(x+ 2nπ) · e−ikx dx =
=
∞∑n=−∞
1
2π
2πˆ
0
f(x+ 2nπ) · e−ik(x+2nπ) dx =
=
∞∑n=−∞
1
2π
2(n+1)πˆ
2nπ
f(x)e−ikx dx =
=1
2π
∞
−∞
f(x)e−ikx dx
Definition 19.3.
f(t) =1√2π
∞
−∞
f(x)e−itx dx
heißt die Fourier-Transformation von f . Existiert fur f mit
∞
−∞
|f(x)|dx <∞
Ebenso wie beim Beweis des Lemmas von Riemann-Lebesgue zeigt man:
lim|t|→∞
(f(t)
)= 0
417
Wenn |f(t)| ≤ c|t|1+η fur η > 0 gilt, konvergiert die Fourier-Reihe von ϕ:
ϕ(x) =
∞∑k=−∞
1√2π· f(k)eikx =
∞∑n=−∞
f(x+ 2nπ)
∞∑n=−∞
f(2nπ) =1√2π
∞∑k=−∞
f(k)
f(x) =1√2π
∞
−∞
f(t)eitxdt ist die Umkehrtransformation
Satz 19.7. Poissonsche SummenformelSei f : R→ C so, dass es c, c′ > 0 und ε, η > 0 gibt mit
∀x ∈ R : |f(x)| ≤ c
|x|1+ε
∀t ∈ R.∣∣∣f(t)
∣∣∣ ≤ c′
|t|1+η
Seien T, T ∈ R+ mit T · T = 2π. Dann gilt
√T
∞∑n=−∞
f(nT ) =√T
∞∑n=−∞
f(nT )
Beweis.
ϕ(x) =
∞∑n=−∞
f
(T
2π(x+ 2nπ)
)... 2π-periodisch, Reihe konvergiert gleichmaßig
ϕ(k) =1
2π
2πˆ
0
ϕ(x)e−ikx dx =
∞∑n=−∞
1
2π
2πˆ
0
f
(T
2π(x+ 2nπ)
)· e−ik(x+2nπ) dx =
=1
2π
∞
−∞
f
(Tx
2π
)· e−ikx dx =
1
��2π
∞
−∞
f(y) · e−i2πykT dy
��2π
T[Tx
2π= y, x =
2πy
T
]
=
√2π
T· f(
2πk
T
)=
√T T
Tf
(2πk
T
)=
√T
Tf
(2kπ
T
)
ϕ(x) =
∞∑k=−∞
√T
Tf
(2kπ
T
)eikx konvergiert absolut und gleichmaßig
⇒ ϕ : R→ C ist stetig
x = 0 :√T
∞∑n=−∞
f(nT ) =√T
∞∑n=−∞
f(nT )
418
Beispiel 128.
f(x) = e−|x|
f(t) =1√2π
∞
−∞
e−|x|e−ixt dx =1
2π
0ˆ
−∞
ex(1−it) dx +
∞
0
ex(−1−it) dx
=
=1√2π
ex(1−it)
1− it
∣∣∣∣∣0
x=−∞
+ex(−1−it)
−1− it
∣∣∣∣∣∞
x=0
=
1√2π
(1
1− it+
1
1 + it
)=
2√2π(1 + t2)
erfullt die Bedingung
√T
∞∑n=−∞
e−|n|·T =√T
∞∑k=−∞
2√
2π(1 + k2T 2)
∞∑n=−∞
e−|n|·T = 1 + 2
∞∑n=1
e−nT︸ ︷︷ ︸e−T
1−e−T
=1 + e−T
1− e−T=
=eT2 + e−
T2
eT2
− e−T2 = coth
(T
2
)T =
2π
T,
T
T=
2π
T 2
coth
(T
2
)=
√T
T
1√2π·∞∑
k=−∞
2
1 4k2π2
T 2
=1
T·∞∑
k=−∞
2T 2
T 2 + 4k2π2=
=
∞∑k=−∞
2T
T 2 + 4k2π2
Partialbruchzerlegung des coth.
419
Beispiel 129.
f(x) = e−x2
2
f(t) =1√2π
∞
−∞
e−x2
2 e−ixt dx = e−t2
2
ϑ(t) =
∞∑k=−∞
e−n2πt =
∞∑n=−∞
f(n√
2πt)
[x2
2= n2πt
]T =
√2πt, T =
√2π
t,
T
T= t
√T
∞∑n=−∞
e−n2πt =
√T
∞∑k=−∞
e−k2πt
√tϑ(t) = ϑ
(1
t
)... ϑ-Funktion
τ ∈ H ={x+ iy
∣∣ y > 0}
∞∑n=−∞
ein2πτ = ϑ(τ)
√iτ ϑ(τ) = ϑ
(−1
τ
)
Bemerkung 259. Es gibt stetige Funktionen, deren Fourier-Reihe auf einer dichten Teil-menge des Definitionsbereichs divergiert. Diese Funktionen oszillieren stark. Die Takagi-Funktion ist zu brav.
420
20 Parameterintegrale
Situation f : U × [a, b] → C, U ⊆ X metrischer Raum. Dann ist ein Para-meterintegral:
F (x) =
bˆ
a
f(x, t)dt
Suche Bedingungen unter denen F (x) stetig, beziehungsweise differenzierbarist.
Beispiel 130. Erinnerung
Γ(s) =
∞
0
e−tts−1ds mit <(s) > 0
Satz 20.1. Sei f : U × [a, b]→ C stetig auf U × [a, b], dann ist:
F (x) =
bˆ
a
f(x, t)dt
stetig auf U .
Beweis.
|F (x)− F (x0)| =
∣∣∣∣∣∣bˆ
a
(f(x, t)− f(x0, t)
)dt
∣∣∣∣∣∣Wahle x0 ∈ K ⊆ U , mit K kompakt, dann ist f auf K×[a, b] gleichmaßig stetig.
∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x ∈ K, ∀t ∈ [a, b] : d(x, x0) < δ ⇒ |f(x, t)− f(x0, t)| <ε
b− a
d(x, x0) < δ ⇒ |F (x)− F (x0)| ≤bˆ
a
|f(x, t)− f(x0, t)|dt <ε
b− a· (b− a) = ε
Korollar 20.1.1. Sei U ⊆ R ein Intervall U = [c, d], dann ist ein iteriertes Integral:
dˆ
c
F (x) dx =
dˆ
c
bˆ
a
f(x, t)dt
dx
421
Satz 20.2. Sei U ⊆ Rn offen und f : U × [a, b]→ C habe die folgenden Eigenschaften:
(i) ∀x ∈ U ist t 7→ f(x, t) stetig
(ii) ∀t ∈ [a, b] ist f(x, t) nach xk (k ∈ N) differenzierbar
(iii) (x, t) 7→ ∂f∂xk
(x, t) ist stetig auf U × [a, b]
Dann ist F (x) =b
a
f(x, t)dt auf U nach xk stetig differenzierbar und es gilt:
∂F
∂xk=
bˆ
a
∂f
∂xk(x, t)dt
Bemerkung 260. Wenn die Bedingungen fur alle k = 1, ..., n erfullt sind, dann ist fdifferenzierbar auf U . (Satz 16.5)
Beweis. Es genugt den Satz fur n = 1 und f : U × [a, b] → R zu zeigen.Betrachte:
F (x)− F (x0)
x− x0−
bˆ
a
∂f
∂x(x0, t)dt =
bˆ
a
(f(x, t)− f(x0, t)
x− x0− ∂f
∂x(x0, t)
)dt
(20.14)
Nach (ii) kann man auf x 7→ f(x, t) fur jedes feste t den Mittelwertsatz derDifferentialrechnung anwenden:
∃ξ(t) ∈
{(x0, x)
(x, x0)
f(x, t)− f(x0, t)
x− x0=∂f
∂x(ξ(t), t)
(20.14) =
bˆ
a
(∂f
∂x(ξ(t), t)− ∂f
∂x(x0, t)
)dt
Sei x0 ∈ K ⊆ U kompakt, dann ist wegen (iii) (x, t) 7→ ∂f∂x (x, t) gleichmaßig
stetig.
∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x ∈ K : |x− x0| < δ ⇒∣∣∣∣∂f∂x (x, t)− ∂f
∂x(x0, t)
∣∣∣∣ < ε
b− a
Damit gilt fur |x− x0| < δ∣∣∣∣∣∣F (x)− F (x0)
x− x0−
bˆ
a
∂f
∂x(x0, t)dt
∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ
a
∣∣∣∣∂f∂x (ξ(t), t)− ∂f
∂x(x0.t)
∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< εb−a
dt <ε
b− a· (b− a) = ε
422
Das heißt:
limx→x0
(F (x)− f(x0)
x− x0
)=
bˆ
a
∂f
∂x(x0, t)dt
x 7→bˆ
a
∂f
∂x(x, t)dt ist nach Satz 20.1 stetig.
Satz 20.3. f : [a, b]× [c, d]→ C stetig, dann gilt:
bˆ
a
dˆ
c
f(x, y)dy
dx =
dˆ
c
bˆ
a
f(x, y) dx
dy
Beweis.
φ1(η) =
bˆ
a
ηˆ
c
f(x, y)dy
dx
φ2(η) =
ηˆ
c
bˆ
a
f(x, y) dx
dy
φ′2(η) =
bˆ
a
f(x, y) dx nach dem Hauptsatz
φ1 erfullt die Bedingung von Satz 20.2
φ′1(η) =
bˆ
a
f(x, η) dx
φ1(c) = φ2(c) = 0⇒ φ1(η) = φ2(η) fur η ∈ [c, d]
Bemerkung 261. Der Satz gilt durch Induktion fur n-fach iterierte Integrale.
Beispiel 131.
Jn(t) =1
π
π
0
cos(t sin(x)− nt) dx
Bessel-Funktion
423
Beispiele wie Γ(s) werden von den bisherigen Fallen nicht abgedeckt.
Satz 20.4. Sei f : U × [a, b) → C stetig. Weiters gelte fur alle x ∈ U und alle t ∈ [a, b),
|f(x, t)| ≤ g(t) fur eine Funktion g : [a, b)→ R+, fur dieb
a
g(t)dt <∞ gilt, dann ist
F (x) =
bˆ
a
f(x, t)dt
stetig.
Beweis.
|F (x)− F (x0)| =
∣∣∣∣∣∣bˆ
a
(f(x, t)− f(x0, t)
)dt
∣∣∣∣∣∣ (20.15)
∀ε > 0, ∃a < B < b : ∀β > B :
bˆ
β
g(t)dt <ε
4
f : K × [a,B], x0 ∈ K ⊆ U kompakt
f ist auf K × [a,B] gleichmaßg stetig
∃δ > 0, ∀x ∈ K : d(x, x0) < δ ⇒ |f(x, t)− f(x0, t)| <ε
2(B − a)
(20.15) ≤B
a
|f(x, t)− f(x0, t)|dt+
bˆ
B
2g(t)dt < ε
Satz 20.5. Sei f : U × [a, b]→ C, U ⊆ Rn offen und gelte:
(i) ∀x ∈ U ist t 7→ f(x, t) stetig
(ii) ∀t ∈ [a, b] ist f(x, t) nach xk (k ∈ N) differenzierbar
(iii) (x, t) 7→ ∂f∂xk
(x, t) ist stetig auf U × [a, b]
(iv) Es gibt g : [a, b)→ R+, sodass ∀x ∈ U , ∀t ∈ [a, b): |f(x, t)| ≤ g(t) undb
a
g(t)dt <∞.
(v) Es gibt h : [a, b)→ R+, sodass ∀x ∈ U , ∀t ∈ [a, b) :∣∣∣ ∂f∂xk (x, t)
∣∣∣ ≤ h(t) undb
a
h(t)dt <∞.
424
Dann ist F (x) =b
a
f(x, t)dt auf U nach xk stetig differenzierbar und es gilt ∂F∂xk
=b
a
∂f∂xk
(x, t)dt.
Beweis. Es genugt den Satz fur U ⊆ R und f reellwertig zu zeigen.∣∣∣∣∣∣F (x)− F (x0)
x− x0−
bˆ
a
∂f
∂x(x0, t)dt
∣∣∣∣∣∣ =
∣∣∣∣∣∣bˆ
a
(f(x, t)− f(x0, t)
x− x0− ∂f
∂x(x0, t)
)dt
∣∣∣∣∣∣ ≤Sei ε > 0, dann gibt es ein a < B < b, sodass fur alle β ∈ (B, b) :
bˆ
β
g(t)dt <ε
8
bˆ
β
h(t)dt <ε
4
≤
∣∣∣∣∣∣B
a
(f(x, t)− f(x0, t)
x− x0− ∂f
∂x(x0, t)
)dt
∣∣∣∣∣∣+
∣∣∣∣∣∣bˆ
B
(∂f
∂x(ξ(t), t)− ∂f
∂x(x0, t)dt
)∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸≤b
B
2h(t)dt< ε2
Nach Satz 20.2 ist das erste Integral < ε2 fur |x− x0| < δ, dann ist F differen-
zierbar mit der behaupteten Ableitung.
425
Beispiel 132.
Γ(s) =
∞
0
e−tts−1ds mit <(s) > 0
0 < δ ≤ s ≤M
e−tts−1 ≤ g(t) =
{e−ttδ−1 0 < t ≤ 1
e−ttM−1 t > 1
∞
0
g(t)dt <∞
∂
∂se−tts−1 = e−t ln(t)ts−1∣∣∣∣ ∂∂se−tts−1
∣∣∣∣ ≤ h(t) =
{|ln(t)|tδ−1 0 < t ≤ 1
ln(t) · e−ttM−1 t > 1
∞
0
h(t)dt <∞
⇒ Γ′(s) =
∞
0
e−t ln(t)ts−1dt
Γ′(1) = −γ =
∞
0
e−t ln(t)dt =
[t = eu
dt = eudu
]=
∞
−∞
e−eu
ueudu =
∞
−∞
ueu−eu
du
Beispiel 133.
f(t) =1√2π
∞
−∞
e−x2
2 eixt dx
|e− x2
2 e−ixt| ≤ e− x2
2 = g(x)∣∣∣∣ ∂∂te− x22 e−ixt∣∣∣∣ = |x| · e− x
2
2 = h(x)
f ′(t) =1√2π
∞
−∞
e−x2
2 (−ix)︸ ︷︷ ︸i ddx
(e−
x22
) e−ixtdx =
=1√2π
ie− x22 · e−ixt︸ ︷︷ ︸=0
∣∣∣∣∞x=−∞
− i∞
−∞
e−x2
2 (−it)e−ixt dx
=
426
= − 1√2πt
∞
−∞
e−x2
2 e−ixt dx = −tf(t)
f ′(t)
f(t)= −t→ ln(|f(t)|) = − t
2
2+ C
f(t) = f(0) · e− t2
2
∞
o
e−tt−12 dt = Γ
(1
2
)=√π
f(0) =1√2π
∞
−∞
e−t2
2 dt =1√2π·√
2π = 1
f(t) = e−t2
2(d
dx
)ne−
x2
2 = Hn(x) · e− x2
2
Grad(Hn) = n
Beispiel 134.
1ˆ
0
ln(1 + x)
1 + x2dx =? = f(1)
f(α) =
α
0
ln(1 + αx)
1 + x2dx
f ′(α) =
α
0
x
(1 + αx)(1 + x2)dx +
(1 + α2)
1 + α2=
=
α
0
(− α
α2 + 1· 1
1 + αx+
α+ x
(1 + α2)(1 + x2)
)dx +
ln(1 + α2)
1 + α2=
= − �α
α2 + 1· 1
�αln(1 + αx)
∣∣∣∣α0
+α
1 + α2arctan(x)
∣∣∣∣α0
+1
2(1 + α2)ln(1 + x)
∣∣∣∣α0
+ln(1 + α2)
1 + α2=
=��
����
− ln(1 + α2)
1 + α2+
α
1 + α2arctan(α) +
1
2(1 + α2)ln(1 + α2) +
���
��ln(1 + α2)
1 + α2=
=2α arctan(α) + ln(1 + α2)
2(1 + α2)=
(1
2ln(1 + α2) · arctan(α)
)′f(α)? =
1
2ln(1 + α2) arctan(α) +�C
427
da f(0) = 0
1ˆ
0
ln(1 + x)
1 + x2dx =
1
2ln(2)
π
4=π
8ln(2)
Knobelaufgabe
∞
0
e−t∞∏n=1
(1− e−2nt
) dtt
=?
20.1 Ein wenig uber Variationsrechnung
Gegeben: F : [a, b] × U → R mit U ⊆ R2 offen und zusammenhangend und
F ∈ C2([a, b]× U
)φ[y] =
bˆ
a
F(x, y(x), y′(x)
)dx fur Funktionen y : [a, b]→ R
und ∀x ∈ [a, b] :(y(x), y′(x)
)∈ U
Gesucht: y ∈ C2([a, b]
), sodass φ[y] = extremal
y(a) = y0, y(b) = y1
Angenommen y erteile φ[y] ein Extremum und y(a) = y0, y(b) = y1
φ[y + tv] =
bˆ
a
F(x, y(x) + tv(x), y′(x) + tv′(x)
)dx
v ... Storfunktion
⇒ v(a) = v(b) = 0
Sei v fest, dann ist: J(t) = φ[y + vt] eine Funktion in einer Variablen, die furt = 0 ein Extremum hat.
J ′(0) =
bˆ
a
(v(x) · ∂F
∂y(x, y(x), y′(x)
)+ v′(x)
∂F
∂y′(x, y(x), y′(x)
))dx =
=
bˆ
a
v(x)∂F
∂ydx + v(x)
∂F
∂y′
∣∣∣∣ba︸ ︷︷ ︸
=0
−bˆ
a
v(x)d
dx
∂F
∂y′dx =
=
bˆ
a
v(x)
(∂F
∂y− d
dx
∂F
∂y′
)dx
!= 0 (20.16)
Lemma 25. Fundamentallemma von Du Bois-ReymondSei f : [a, b] → R stetig und gelte fur alle v ∈ C2
([a, b]
)mit v(a) = v(b) = 0
b
a
v(x)f(x) dx = 0, dann gilt f(x) = 0 fur alle x ∈ [a, b].
428
Beweis. Angenommen f(x0) 6= 0 fur x0 ∈ (a, b). Dann ∃δ > 0: ∀x ∈ (x0 −δ, x0 + δ) ⊆ (a, b) : f(x) · f(x0) > 0
v(x) =
(
1− (x−x0)2
δ
)3
fur |x− x0| < δ v ∈ C2([a, b]
)0 sonst v(a) = v(b) = 0
f(x0)
bˆ
a
f(x)v(x) dx =
x0+δˆ
x0−δ
f(x0) · f(x) ·
(1−
(x− x0
δ
)2)3
dx ≥
≥ f(x0)2
2·x0+δˆ
x0−δ
f(x0) · f(x) ·
(1−
(x− x0
δ
)2)3
dx > 0
Wenn f(a) 6= 0, dann gibt es ein x0 > a mit f(x0) 6= 0 ebenso fur f(b) 6= 0
(20.14) −→ ∂F
∂y− d
dx
∂F
∂y′= 0
Euler-Lagrange-Gleichung
Differentialgleichung 2. Ordnung fur y. y(a) = y0 und y(b) = y1 Randwertauf-gabe
Satz 20.6. Sei f : [a, b] × U → R zweimal stetig differenzierbar. Sei y : [a, b] → R mit y ∈
C2([a, b]
)eine Funktion, die dem Funktional φ[y] =
b
a
F(x.y(x), y′(x)
)dx ein Extremum erteilt.
Dann gilt:
∂F
∂y− d
dx
∂F
∂y′= 0
Bemerkung 262.
∂F
∂y− ∂2F
∂x∂y′− y′ ∂
2F
∂y∂y′− y′′ ∂
2F
(∂y′)2= 0
429
Bemerkung 263. Untersuche den Fall, dass F nicht explizit von x abhangt.
∂F
∂y− d
dy
∂F
∂y′= 0
∣∣∣∣ · y′y′∂F
∂y− y′ d
dy
∂F
∂y′= 0
ˆy′∂F
∂ydx−y′ · ∂F
∂y′+
ˆy′′︸ ︷︷ ︸
[Kettenregel]
=F−y′ ∂F∂y′=C
∂F
∂y′dx
Beispiel 135. BrachistochronenproblemGesucht y = y(x), sodass ein Massepunkt, der entlang der Kurve
(x, y(x)
)abrollt die
kurzeste Zeit braucht.
g
(x, y(x)
)
430
��mv2
2=��m · g · y(x)
v =√
2g · y(x)
bˆ
a
√1 + (y′)2
√y
dx = min
√1 + (y′)2
√y
− y′ �2y′
�2√
1 + (y′)2√y= C
1 +���(y′)2 −���(y′)2 = C
√y√
1 + (y′)2
√y√
1 + (y′)2 = D
r (rt, r)
(rt− r sin(t)︸ ︷︷ ︸
x(t)
, r − r cos(t)︸ ︷︷ ︸y(t)
)
t
rt
y′ =y
x=
dydtdxdt
= �r sin(t)
�r(1− cos(t)√r(1− cos(t)
)·√
1 +sin(t)(
1− cos(t))2 =
=√r√
1− cos(t)
√1− 2 cos(t) + cos(t)2 + sin(t)2
1− cos(t)=
=√r
√1− cos(t) ·
√2(1− cos(t)
)1− cos(t)
=√
2r konstant
431
Beispiel 136.
bˆ
a
y√
1 + (y′)2 dx
[Kurve, die von einer Rotationskurve die kleinste Oberflache erzeugt
]Unter der Nebenbedingung:
bˆ
a
√1 + (y′)2 dx = konstant
Lagrange Multiplikatoren Methode
F = y√
1 + (y′)2 − λ√
1 + (y′)2
432
Beispiel 137.
H = R× R+
ds2 =dx2 +dy2
y2
433
21 Mehrdimensionale Integralrechnung
Will zuerst Funktionen f : [a, b]× [c, d]→ R integrieren.
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy =?
ac b
d
Z2
Z1
Z1 = {a = x0 < x1 < ... < xm = b}Z2 = {c = y0 < y1 < ... < yn = d}
(Z1,Z2) bildet eine Zerlegung des Rechtecks [a, b]× [c, d] in Teilrechtecke
‖Z1‖ = max{xi+1 − xi, i = 0, ...,m− 1}‖Z2‖ = max{yj+1 − yi, j = 0, ..., n− 1}
R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)ij
)=
m−1∑i=0
n−1∑j=0
f(ξij , ηij)(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)
Riemannsche Zwischensumme zu der Zerlegung (Z1,Z2)
und den Stutzstellen (ξij , ηij)
Definition 21.1. f : [a, b]× [c, d]→ R heißt Riemann-integrierbar mit Integral A, wenn
∀ε > 0, ∃δ > 0∀Z1,Z2
∀(ξij , ηij): ‖(Z1,Z2)‖ < δ ⇒ |R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)ij)−A| < ε
A =
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy
434
Seien Z1,Z2 Zerlegungen von [a, b] beziehungsweise [c, d].
mij = inf{f(x, y)
∣∣∣ x ∈ [xi, xi+1], y ∈ [yj , yj+1]}
Mij = sup{f(x, y)
∣∣∣ x ∈ [xi, xi+1], y ∈ [yj , yj+1]}
S(f, (Z1,Z2)
)=
m−1∑i=0
n−1∑j=0
mij(xi+1 − xi)(yj+1 − yi)
S(f, (Z1,Z2)
)=
m−1∑i=0
n−1∑j=0
Mij(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)
Bemerkung 264. Z1 ⊆ Z ′1 und Z2 ⊆ Z ′2, dann gilt:
S(f, (Z1,Z2)
)≤ S
(f, (Z ′1,Z ′2)
)S(f, (Z1,Z2)
)≥ S
(f, (Z ′1,Z ′2)
)⇒ S
(f, (Z1,Z2)
)≤ S
(f, (Z1,Z2)
)Jede Untersumme ist kleiner als jede Obersumme.
Definition 21.2. ¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy = sup(Z1,Z2)
(S(f, (Z1,Z2)
))unteres Riemann-Darboux-Integral¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy = inf(Z1,Z2)
(S(f, (Z1,Z2)
))oberes Riemann-Darboux-Integral
f ist Riemann-Darboux integrierbar, wenn
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy =
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy
Der gemeinsame Wert wird dann mit˜
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy bezeichnet.
Satz 21.1. f : [a, b]× [c, d]→ R ist genau dann Riemann-Darboux-integrierbar, wenn
∀ε > 0, ∃Z1,Z2 : S(f, (Z1,Z2)
)− S
(f,Z1,Z2)
)< ε
Beweis. Wie im Eindimensionalen
435
Satz 21.2. f : [a, b]×[c, d]→ R ist genau dann Riemann integrierbar, wenn f Riemann-Darboux-integrierbar ist.
Beweis.
”⇒” Sei f Riemann-integrierbar mit Integral A und ε > 0.
∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ ∀(ξij , ηij)
|R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)ij)−A| <ε
3
S(f, (Z1,Z2)
)= supξijηij
(R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)
)≤ A+
ε
3
S(f, (Z1,Z2)
)= inf
(ξij ,ηij)
(R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)
)≥ A− ε
3
S(f, (Z1,Z2)
)− S
(f, (Z1,Z2)
)≤ 2ε
3< ε
⇒ f ist Riemann-Darboux-integrierbar
”⇐” Sei f Riemann-Darboux-Integrierbar:
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy =
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy = ASatz21.1⇐⇒
Satz21.1⇐⇒ ∀ε > 0, ∃(Z1,Z2) : S
(f, (Z1,Z2)
)− S
(f, (Z1,Z2)
)< ε
⇒ f ist beschrankt
∃M ∈ R : ∀x ∈ [a, b] und ∀y ∈ [c, d] : f(x, y) ≤Mzeige: ∀ε > 0 : ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ
⇒ S(f, (Z1,Z2)
)− S
(f, (Z1,Z2)
)< ε
zeige: ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ
⇒
{S(f, (Z1,Z2)
)< A+ ε
S(f, (Z1,Z2)
)> A− ε
Beweis. Sei ε > 0 und M = sup(x,y)∈[a,b]×[c,d]
(f(x, y)
)⇒ ∃(Z1
1 ,Z12 ) : S
(f, (Z1
1 ,Z12 ))< A+
ε
2
Z11 =
{a = x1
0 < ... < x1n1
= b}
und Z12 = {c = y1
0 < ... < y1m1
= d}∆x1
i = x1i+1 − x1
i und ∆y1i = y1
i+1 − y1i
N1. = #(Z11 ,Z1
2 ) = (1 + n1) · (1 +m1)
δ1 := min(∆x1i ,∆y
1i ) und δ := min
(δ1,
√ε
10 ·M ·N1
)
436
Sei (Z1,Z2) mit ‖(Z1,Z2)‖ < δ
Z1 = {a = x0 < ... < xn = b} und Z2 = {c = y0 < ... < ym = d}Mij = sup
{f(x, y)
∣∣ x ∈ (xi, xi+1) und y ∈ (yi, yi+1)}
K ′ ={
(i, j)∣∣ ∃(k, l) : x1
k ∈ (xi, xi+1) und y1l ∈ (yi, yi+1)
}K ′′ = (Z1,Z2) \K ′
|(Z1,Z2)‖ < δ enthalt jedes Intervall um (Z1,Z2) genau einen Punkt von (Z1,Z2)
#K ′ ≤ N1
S(f, (Z1,Z2)
)=
n−1∑i=0
m−1∑j=0
Mij∆xi∆xj =∑
(i,j)∈K′Mij∆xi∆yj +
∑(i,j)∈K′′
Mij∆xi∆yj
(Z21 ,Z2
2 ) := (Z1,Z2) ∪ (Z11 ,Z1
2 )
K ′2 :Rechtecke, die durch Teilung eines Rechtecks in (Z1,Z2),
durch einen Punkt von (Z11 ,Z
12 ) entstanden sind.
[xi,xi+1]×[yi,yi+1] geteilt um (x1k,y
1l )
⇒ #K ′2 ≤ 4 ·N1
K ′′2 : Rechtecke von (Z1,Z2) die nicht geteilt werden.
⇒ S(f, (Z2
1 ,Z22 ))
=
n2−1∑i=0
m2−1∑j=0
Mij∆x2i∆y
2j =
=∑
(i,j)∈K′2
M2ij∆xi∆y
2j +
∑(i,j)∈K′′2
M2ij∆x
2i∆y
2j
Da ‖(Z21 ,Z2
2 )‖ ≤ ‖(Z1,Z2)‖ ⇒ 0 ≤ S(f, (Z1,Z2)
)− S
(f, (Z2
1 ,Z22 ))
=
=∑
(i,j)∈K′Mij︸︷︷︸≤M
∆xi∆yj︸ ︷︷ ︸≤δ2
+
������
���∑
(i,j)∈K′′Mij∆xi∆yj−
−∑
(i,j)∈K′2
M2ij︸︷︷︸
≤M
∆x2i∆y
2j︸ ︷︷ ︸
≤δ2
−
���
���
���
∑(i,j)∈K′′2
M2ij∆x
2i∆yj︸ ︷︷ ︸
K′′2 =K′′
∆xi=∆x2i
∆yj=∆y2j
<
< M · δ2 ·N1 +M · δ2 · 4 ·N1 = 5 ·M ·N1 · δ2 = 5 ·M ·N1 ·ε
10 ·M ·N1=ε
2
⇒ S(f, (Z1,Z2)
)≤ S
(f, (Z2
1 ,Z22 ))︸ ︷︷ ︸
≤S(f,(Z1
1 ,Z12 )) +
ε
2≤ S
(f, (Z1
1 ,Z12 ))
+ε
2≤ A+
ε
2
⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ ⇒ S(f, (Z1,Z2)
)< A+ ε
S(f, (Z1,Z2)
)> A− ε analog
437
⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ
⇒ S(f, (Z1,Z2)
)− S
(f, (Z1,Z2)
)< ε
Sei ξij ∈ (xi, xi+1)× (yi, yi+1) Stutzstellen
A+ ε > S(f, (Z1,Z2)
)≥ R
(f, (Z1,Z2), ξij
)≥ S
(f, (Z1,Z2)
)> A− ε
⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ∀ξij :
‖(Z1,Z2)‖ < δ ⇒∣∣R(f, (Z1,Z2), ξij
)−A
∣∣ < ε
Satz 21.3. Satz von FubiniSei f : [a, b] × [c, d] → R Riemann-integrierbar und sei fur jedes y ∈ [c, d], f(·, y) : [a, b] → RRiemann integrierbar. Dann gilt:
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy =
dˆ
c
bˆ
a
f(x, y) dx
dy
Beweis. Sei ε > 0, dann gibt es (Z1,Z2) sodass
S(f, (Z1,Z2)
)− S
(f, (Z1,Z2)
)< ε
(x, y) ∈ [xi, xi+1]× [yj , yj+1]
mij ≤ f(x, y) ≤Mij
mij(xi+1 − xi) ≤xi+1ˆ
xi
f(x, y) dx ≤Mij(xi+1 − xi)
mij(xi+1 − xi)(yj+1 − yj) ≤xi+1ˆ
xi
f(x, y) dx(yj+1 − yj) ≤Mij(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)
[Setze y = ηj
]S(f, (Z1,Z2)
)≤ R
bˆ
a
f(x, ·) dx,Z2, (ηj)j
≤ S(f, (Z1,Z2))
⇒ S(f, (Z1,Z2)
)≤ S
bˆ
a
f(x, ·) dx,Z2
≤ S bˆ
a
f(x, ·) dx,Z2
≤ S(f, (Z1,Z2))
⇒ S
bˆ
a
f(x, ·) dx,Z2
− S bˆ
a
f(x, ·) dx,Z2
< ε
438
Das heißt y 7→bˆ
a
f(x, y) dx ist Riemann-integrierbar, und
dˆ
c
bˆ
a
f(x, y) dx
dy =
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy
Bemerkung 265. f, g : [a, b]× [c, d]→ R Riemann-integrierbar.Dann sind f ± g und λf Riemann integrierbar und es gilt:
¨
[a,b]×[c,d]
λf(x, y) + µg(x, y) dx dy = λ
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy +µ
¨
[a,b]×[c,d]
g(x, y) dx dy
Wenn ∀(x, y) ∈ [a, b]× [c, d] : f(x, y) ≥ g(x, y) gilt, dann gilt:
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy ≥¨
[a,b]×[c,d]
g(x, y) dx dy
Beispiel 138.
¨
[0,1]
√x2 + y2 dx dy =
1ˆ
0
1ˆ
0
√x2 + y2 dx
dy
1ˆ
0
√x2 + y2 dx =
1yˆ
0
√y2(1 + t2)ydt = y2
1yˆ
0
√1 + t2dt
[x = ty, dx = ydt
]1
2t√
1 + t2 +1
2Arsinh(t)
1
2
√1 + t2 +
1
2t · t√
1 + t2+
1
2√
1 + t2=
1 + t2 + t2 + 1
2√
1 + t2=√
1 + t2
¨
[0,1]
=
1ˆ
0
y2
(1
2t√
1 + t2 +1
2Arsinh(t)
) ∣∣∣∣∣1y
t=0
dy =
439
=1
2
1ˆ
0
y2
1
y
√1 +
(1
y
)2
+1
2Arsinh
(1
y
) dy =
=1
2
1ˆ
0
(√1 + y2 + y2 Arsinh
(1
y
))dy
Bemerkung 266. Stetige Funktionen sind Riemann-integrierbar.
Bemerkung 267. f, g : [a, b]× [c, d]→ R beide Riemann-integrierbar⇒ f · g Riemann-integrierbar.
Bemerkung 268. f : [a1, b1]× [a2, b2]× ...× [as, bs]→ R
R(f, (Z1, ...,Zs), (~ξi1,...,is)
)=
=
m1−1∑i1=0
m2−1∑i2=0
...
ms−1∑is=0
f(~ξi1,...,is) · (x1,i1+1 − x1,i1) · ... · (xs,is+1 − xs,is)
Zl ={al = xl,0 < xl,1 < ... < xl,ml = bl
}l = 1, ..., s
‖(Z1, ...,Zs)‖ = maxl‖Zl‖
∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀(Z1, ...,Zs), (~ξi1,...,is) :
‖(Z1, ...,Zs)‖ < δ ⇒ |R(f, (Z1, ...,Zs), (~ξi1,...,is)
)−A| < ε
mi1,...,is = inf{f(~x), ~x ∈ [x1,i1 , x1,i1+1]× ...× [xs,is , xs,is+1 ]
}Mi1,...,is = sup
{f(~x), ~x ∈ [x1,i1 , x1,i1+1]× ...× [xs,is , xs,is+1 ]
}
S(f, (Z1,Z2)
)=
m1−1∑i1=0
...
ms−1∑is=0
mi1,...,is(x1,i1+1 − x1,i1) · ... · (xs,is+1 − xs,is)
S(f, (Z1,Z2)
)=
m1−1∑i1=0
...
ms−1∑is=0
mi1,...,is(x1,i1+1 − x1,i1) · ... · (xs,is+1 − xs,is)
440
Fubini
(x1, ..., xs) = (~y, ~z) + Permutation der Indizes
~y = (y1, ..., yt)
~Z = (z1, ..., zr)
r + t = sˆ· · ·ˆ
[a1,b1]×...×[as,bs]
f(~x) dx1 ...dxs =
=
ˆ· · ·ˆ
[at+1,bt+1]×...×[as,bs]
ˆ· · ·ˆ
[a1,b1]×...×[at,bt]
f(~y, ~z) dy1, ..., dyt
dz1 ...dzr
1
2− ez=
∞∑s=0
Fss!z2 ⇒ Fs ∼
(1
ln(2)
)s· s!
Satz 21.4. FubiniSei f : [a, b]× [c, d]→ R Riemann-integrierbar und seien fur jedes x ∈ [a, b], y 7→ f(x, y) und furjedes y ∈ [c, d] x 7→ f(x, y) Riemann-integrierbar. Dann existieren die beiden iterierten Integrale
bˆ
a
dˆ
c
f(x, y)dy
dx =
dˆ
c
bˆ
a
f(x, y) dx
dy =
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy
Beweis. Unter der Voraussetzung gilt nach Satz 21.2:
bˆ
a
dˆ
c
f(x, y)dy
dx =
¨
[a,b]×[c,d]
f(x, y) dx dy =
dˆ
c
bˆ
a
f(x, y) dx
dy
Beispiel 139.
¨
[0,1]×[1,2]
xy dx dy =
2ˆ
y=1
1ˆ
x=0
xy dx
dy =
2ˆ
1
(xy+1
y + 1
) ∣∣∣∣∣1
x=0
dy =
=
2ˆ
1
dy
1 + y= ln(1 + y)
∣∣∣21
= ln
(3
2
)¨
[0,1]×[1,2]
xy dx dy =
1ˆ
x=0
2ˆ
y=1
xydy
dx =
1ˆ
0
xy
ln(x)
∣∣∣∣∣2
y=1
dx =
1ˆ
0
x2 − xln(x)
dx = ...
441
21.1 Jordan-Messbarkeit
B ⊆ R2
B beschrankt
B ⊆ [a, b]× [c, d]¨
[a,b]×[c,d]
1B(x, y) dx dy = Flache von B, wenn 1B Riemann-integrierbar ist
1B ist Riemann-integrierbar ⇔¨
[a,b]×[c,d]
1B dx dy =
¨
[a,b]×[c,d]
1B dx dy
Seien Z1 und Z2 Zerlegungen von [a, b] beziehungsweise [c, d].
Z1 ={a = x0 < ... < xm = b
}Z2 =
{c = y0 < ... < yn = d
}mij =
{0 [xi, xi+1]× [yj , yj+1] ∩Bc 6= ∅1 [xi, xi+1]× [yj , yj+1] ⊆ B
Mij =
{0 [xi, xi+1]× [yj , yj+1] ∩B = ∅1 [xi, xi+1]× [yj , yj+1] ∩B 6= ∅
S(1B , (Z1,Z2)
)=
∑i,j
[xi,xi+1]×[yj ,yj+1]∩B 6=∅
(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)
B
442
infZ1,Z2
(S(1B , (Z1,Z2)
))=
¨
[a,b]×[c,d]
1B(x, y) dx dy = außerer Inhalt von B
S(1B , (Z1,Z2)
)=
∑i,j
[xi,xi+1]×[yj ,yj+1]⊆B
(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)
supZ1,Z2
(S(1B , (Z1,Z2)
))=
¨
[a,b]×[c,d]
1B(x, y) dx dy
B
Definition 21.3. B ⊆ R2 beschrankt heißt Jordan-messbar, wenn der innere und der außereInhalt von B ubereinstimmen. Der gemeinsame Wert heißt dann der Jordansche Inhalt von B ⇔1B ist Riemann-integrierbar.
Bemerkung 269. Die Jordan-messbaren Mengen bilden einen Ring J.
A,B ∈ J ⇒
A ∪B ∈ J und A4B ∈ JA ∩B ∈ J und A4B ∈ JA ∪B ∈ J und A \B ∈ J
1A∪B = 1A + 1B − 1A · 1B1A4B = 1A + 1B − 21A1B
(Ai)i∈N Jordan-messbar, paarweise disjunkt
µ
( ∞⋃i=1
Ai
)=
∞∑i=1
µ(Ai) E
Die Menge
∞⋃i=1
Ai ist moglicherweise nicht Jordan-messbar
443
Aus einem Inhalt µ kann man durch
µ∗(A) = inf
∑j
µ(Ij)
∣∣∣∣∣A ⊆⋃j
Ij , Ij ∈ J
ein außeres Maß definieren. Aus dem außeren Maß erhalt man eine σ-Algebra von mess-baren Mengen und ein Maß µ.
Frage ∀A ∈ J : µ(A) = µ(A)?
Antwort Ja, wenn:
µ
( ∞⊎i=1
Ai
)=
∞∑i=1
µ(Ai) gilt, wenn:
∞⊎i=1
Ai ∈ J.
Beispiel 140. Z
µ(a+mZ) =1
mist ein Inhalt
Betrachte µ∗({a}) = infm
{µ(a+mZ)
}= 0
⇒ µ∗ ≡ 0
Satz 21.5. f : [a, b]→ R ist genau dann Riemann-integrierbar, wenn f beschrankt und Lebesguefast uberall stetig ist.
Beweis.
Zn =
{a+ k
b− a2n
, k = 0, ..., 2n}
Zn+1 ⊇ Zn ⇒ ‖Zn‖ = 2−n(b− a) −→ 0
S(f,Zn) =
2n−1∑k=0
Mk(b− a)2−n =[Mk = sup
x∈[a+k b−a2n ,a+(k+1) b−a2n ]
(f(x)
)]
=
bˆ
a
fn(x) dx
444
fn(x) =
2n−1∑k=0
Mk1[a+k b−a2n ,a+(k+1) b−a2n ](x)
x ∈ [a, b] :(fn(x)
)n↓
f(x) = limn→∞
(fn(x)
)punktweise
fn(x) ≥ f(x) ⇒ f(x) ≥ f(x)
f ist messbar und beschrankt
bˆ
a
f(x)dλ(x) (λ Lebesgue-Maß)
bˆ
a
f(x)dλ(x) = limn→∞
bˆ
a
fn(x)dλ(x)
=
bˆ
a
f(x) dx
S(f,Zn) =
2n−1∑k=0
mk(xk+1 − xk) =[mk = inf
x∈[a+k b−a2n ,a+(k+1) b−a2n ]
(f(x)
)]
=
bˆ
a
fn(x) dx
fn(x) =
2n−1∑k=0
mk1[a+k b−a2n ,a+(k+1) b−a2n ](x)
∀x ∈ [a, b) :(fn(x)
)n↑
fn(x) ≤ f(x)
fn(x) = limn→∞
(fn(x)
)punktweise
f ist messbar und beschrankt
bˆ
a
f(x)dλ(x) = limn→∞
(ˆ: abfn(x)dλ(x)
)=
bˆ
a
f(x) dx
f ist Riemann-integrierbar ⇐⇒bˆ
a
(f(x)− f(x)
)dλ(x) = 0
f(x)− f(x) ≥ 0 ⇐⇒ f(x) = f(x) λ− fast uberall
Sei D die Menge der Unstetigkeitsstellen von f und
R =
{a+ b−a
2n k
∣∣∣∣n ∈ N, k = 0, ..., 2n}
, dann gilt:
445
{x ∈ [a, b]
∣∣f(x) 6= f(x)}⊆ D ⊆ {x ∈ [a, b]
∣∣f(x) 6= f(x)}∪R. Wenn f(x) = f(x)λ-fast uberall ⇒ λ(D) = 0Das heißt: Wenn f Riemann-integrierbar ⇒ D ist NullmengeSei D Nullmenge ⇒ λ
({x ∈ [a, b]
∣∣f(x) 6= f(x)})
= 0
⇒b
a
(f(x)− f(x)
)dλ(x) = 0 ⇒ f ist Riemann-integrierbar.
Bemerkung 270. Riemann-integrierbar impliziert die Beschranktheit.
Bemerkung 271. Es gibt Funktionen, die auf dem Cantorschen Diskuntinuum keineRegelfunktionen sind, aber Riemann-integrierbar sind.{
(x, y) ∈ R2∣∣1B ist unstetig in (x, y)
}= ∂B
Satz 21.6. B ⊆ R2 ist genau dann Jordan-messbar, wenn ∂B eine Lebesgue-Nullmenge ist.
Sei f : R→ R, R ⊆ Rs ein Parallelepiped und B ⊆ R Jordan-messbar.
ˆ
B
f(~x) dx1, ...,dxs :=
ˆ
R
1B(~x)︸ ︷︷ ︸Produkt von
Riemann--integrierbaren⇒ Riemann-
integrierbar
f(~x) dx1, ...,dxs
Integration uber Normalbereiche:s=2:
ϕ,ψ : [a, b]→ RB =
{(x, y) ∈ R2
∣∣a ≤ x ≤ b, ϕ(x) ≤ y ≤ ψ(x)}
Der Bereich zwischen zwei Funktionsgraphen ϕ und ψ
446
x
y
a b
B
¨
B
f(x, y) dx dy =
bˆ
x=a
dˆ
c
f(x, y)1B(x, y) dy
dx =
[∀x : c ≤ ϕ(x) < ψ(x) ≤ d
]
=
bˆ
x=a
ψ(x)ˆ
y=ϕ(x)
f(x, y) dy
dx
B ... Normbereich bezuglich der x-Achse
C ={
(x, y) ∈ R2∣∣c ≤ y ≤ d, ρ(y) ≤ x ≤ σ(y)
}ρ, σ : [c, d]→ R
¨
C
F (x, y) dx dy =
dˆ
y=c
σ(y)ˆ
x=ρ(y)
F (x, y) dx
dy
447
Beispiel 141.
¨
x2+y2≤1
(x2 + y2) dx dy =
1ˆ
x=−1
√
1−x2ˆ
y=−√
1−x2
(x2 + y2) dy
dx =
=
1ˆ
−1
[x2y +
y3
3
]√1−x2
y=−√
1−x2
=
1ˆ
−1
(2x2√
1− x2 +2
3(1− x2)
√1− x2
)dx =
=
1ˆ
−1
2
3
√1− x2 +
4
3x2√
1− x2 dx =
[x = cos(t), dx = − sin(t) dt
]=
π
0
(2
3sin(t) +
4
3cos(t)2 sin(t)
)sin(t) dt =
π
0
2
3sin(t)2︸ ︷︷ ︸=π
3
+4
3cos(t)2 sin(t)2 dt =
=π
3+
4
3
π
0
cos(t)2 sin(t)︸ ︷︷ ︸− 1
3
(cos(t)3
)′ sin(t) dt =π
3+
4
3
−1
3cos(t) sin(t)︸ ︷︷ ︸
=0
∣∣∣∣∣π
0
+1
3
π
0
cos(t)4 dt
=
=π
3+
4
9
π
0
cos(t)2(1− sin(t)2) dt =π
3+
4
9
π
2− 4
9
π
0
cos(t)2 sin(t)2 dt =
I =π
3+
4
3
π
0
cos(t)2 sin(t)2 dt =5π
9− 4
9
π
0
cos(t) sin(t)2 dt
16
9
π
0
cos(t) sin(t)2 dt =2π
9
π
0
cos(t)2 sin(t)2 dt =π
8
⇒ I =π
3+
4
3· π
8=π
2
448
21.2 Normalbereich in hoheren Dimensionen
a1 ≤ x1 ≤ b1ϕ2, ψ2 : [a1, b1]→ R
a2 ≤ ϕ2(x1) ≤ ψ2(x1) ≤ b2ϕ3, ψ3 : [a1, b1]× [a2, b2]→ R
a3 ≤ ϕ3(x1, x2) ≤ ψ3(x1, x2) ≤ b3ϕ4, ψ4 : [a1, b1]× [a2, b2]× [a3, b3]→ R
...ϕs, ψs : [a1, b1]× ...× [as−1, bs−1]→ R
B ={
(x1, ..., xs) ∈ Rs∣∣∣ a1 ≤ x1 ≤ b1, ϕ2(x1) ≤ x2 ≤ ψ2(x1), ϕ(x1, y1) ≤ x3 ≤ ψ3(x1, x2), ...
..., ϕs(x1, ..., xs−1) ≤ xs ≤ ψs(x1, ..., xs−1)}
Normalbereich mit Dimension s (die Indizes der Variablen konnen beliebig permutiert werden)ˆ· · ·ˆ
B
F (x1, ..., xs) dx1, ...,dxs =
=
b1ˆ
x1=a1
ψ2(x1)ˆ
x2=ϕ2(x)
. . . . ψs(x1,...,xs−1)ˆ
xs=ϕs(x1,...,xs−1)
F (x1, ..., xs) dxs
. . . .
dx2
dx1
Transformationsformel s=1
bˆ
a
f(x) dx
S(f,Z) =
n−1∑i=0
Mi(xi+1 − xi)
S(f,Z) =
n−1∑i=0
mi(xi+1 − xi)
x = g(t)
g : [c, d]→ [a, b] bijektiv und streng monoton wachsend
xi = g(ti)
c = t0 < t1 < ... < tn = d
S(f,Z) =
n−1∑i=0
Mi
(g(ti+1)− g(ti)
)︸ ︷︷ ︸=g′(τi)·(ti+1−ti)
≥n−1∑i=0
f(g(τi)
)· g′(τi)(ti+1 − ti) =
= R(f(g(·))g′(·), Z, τi
)≥ S(f,Z)
⇒dˆ
c
f(g(t)
)g′(t) dt↔ R
(f(g(·))g′(·), Z, τi
)
449
c d a bti+1 − ti xi+1 − xi
g
g′(τi) ist der Umrechnungsfaktor der Lange in t in die Langen in xX,Y ⊆ Rs offen, ϕ : X → Y sei ein C1 - Diffeomorphismus, f : Y → RRiemann-integrierbarˆ· · ·ˆ
Y
f(x1, ..., xs) dx1, ...,dxs =
ˆ· · ·ˆ
X
f ◦ ϕ(t1, ..., ts)[?]
dt1, ...,dts
[?]
= Volumsrechnungsfaktor
Einfachster Fall
f = 1ϕ(B)
B ∈ BX ... σ-Algebra der Borel-Mengen die von den offenen Mengen (auf X)
erzeugte σ-Algebra
1ϕ(B) ◦ ϕ(x) =
{1 ϕ(x) ∈ ϕ(B)
0 sonst
λs(ϕ(B)
)=
ˆ· · ·ˆ
B
[?]
dt1, ...,dts
noch einfacher: ϕ : Rs → Rs Vektorraumisomorphismus
λs(ϕ(B)
)= µ(B)
µ ist Maß auf Rs
µ(~v +B) = λs(ϕ(~v +B)
)= λs
(ϕ(~v) + ϕ(B)
)= λs
(ϕ(B)
)= µ(B)
µ ist translationsinvariant ⇒ µ = c · λs, c ∈ R+
1. ϕ orthonormale Matrix ϕ · ϕT = id
µ(B1(0)︸ ︷︷ ︸Kugelum 0mit
Radius 1
)= λs
(ϕ(B1(0)
))= λs
(B1(0)
)⇒ c = 1
2. ϕ = diag(d1, ..., ds) mit di > 0
µ([0, 1]s
)= λs
([0, d1]× [0, d2]× ...× [0, ds]
)= |d1|...|ds|
3. ϕ ... Isomorphismus
ϕ · ϕT = ψ ist symmetrisch und positiv definit
ψ = vd2vT
450
d ... Diagonalmatrixv ... orthogonale Matrix
ρ = d−1vTϕ ... ist orthonormal
ρρT = d−1vT ϕϕT︸︷︷︸vd2vT
vd−1 = id
⇒ ϕ = vdρ ⇒ µ(B) = |det(d)|︸ ︷︷ ︸=| det(ϕ)|
λs(B)
Volumen des, von den Vektoren v1, ..., vs aufgespannten Parallelepipeds ist
|det(~v1, ..., ~vs)|
Vermutung[?]
= |det(Dϕ)|
Lemma 26. X,Y ⊆ Rs offen, ϕ : X → Y ein C1 - Diffeomorphismus, danngilt: {
ϕ(B)∣∣∣ B ∈ BX} = BY
Beweis. ϕ ist als stetige Abbildung messbar, ebenso ϕ(−1), B ∈ BX
ϕ(B) =(ϕ(−1)
)(−1)
(B) =(ϕ(−1)
)−1
(B) ∈ BY
A ∈ BY : A = ϕ(ϕ(−1)(A)︸ ︷︷ ︸∈BX
)
Satz 21.7. Transformationsformel fur mehrfach Integrale, JacobiSeien X,Y ⊆ Rs offen, ϕ : X → Y ein C1 - Diffeomorphismus, dann gilt:
1. ∀B ∈ BX :
λs(ϕ(B)
)=
ˆ· · ·ˆ
B
|det(Dϕ)|dt1, ...,dts
2. ∀f : Y → R+0 messbar gilt:
ˆ· · ·ˆ
Y
f dx1, ...,dxs =
ˆ· · ·ˆ
X
d ◦ ϕ(t1, ..., ts)|det(Dϕ)|dt1, ...,dts
3. Eine messbare Funktion f : Y → R ist genau dann integrierbar auf Y , wenn f ◦ϕ|det(Dϕ)|auf X integrierbar ist. Dann gilt:
ˆ· · ·ˆ
Y
f(x1, ..., xs) dx1, ...,dxs =
ˆ· · ·ˆ
X
f ◦ ϕ(t1, ..., ts)|det(Dϕ)|dt1, ...,dts
451
Beweis.
κ = {∅} ∪
{(~a,~b
] ∣∣∣∣∣ ~a,~b ∈∞⋃n=1
2−nZs, [~a,~b] ⊆ X
}
Bemerkung 272.
κ ⊆ P(X) ist ein Halbring, wenn ∅ ∈ κ
A,B ∈ κ, ∃H1, ...,Hk ∈ κ : A \B =
k⊎i=1
Hi
A,B ∈ κ⇒ A ∩B ∈ κσ(κ) = BX weil jede offene Menge in X sich als abzahbare Vereinigung
von Mengen aus κ schreiben lasst.
Zeige zuerst:
∀I ∈ κ : λs(ϕ(I)
)=
ˆ· · ·ˆ
I
|(Dϕ)|dt1, ...,dts
Sei ε > 0 und I =n⊎ν=1
Iν fur Iν ∈ κ. Iν seien Wurfel mit Seitenlange ρ (ρ
kann beliebig klein gemacht werden).Wahle ρ > 0, weil nach Definition I ⊆ X ist, existiert M = sup
~x∈I
∥∥(Dϕ)−1(~x)∥∥(
‖ · ‖ Matrixnorm zur euklidschen Norm ‖ · ‖2)
Dann gibt es ein r > 0, sodass:
sup~x,~y∈I‖~x,~y‖<r
∥∥Dϕ(~x)−Dϕ(~y)∥∥ < ε
M√s
~x 7→ Dϕ(~x) ist gleichmaßig stetig auf der kompakten Menge I
ρ <r√s
: Dann gilt fur b ∈ Iν : Iν ⊆ Br(b) ⊆ X
452
Iν
ρ√s < r
ρ
Wahle ~aν ∈ Iν sodass:∣∣det(Dϕ(~aν)
)∣∣ = min~x∈Iν
∣∣det(Dϕ(~x)
)∣∣Tν = Dϕ(~aν) ... lineare Abbildung, Isomorphismus
Bemerkung 273. Nach Schrankensatz gilt fur ~h : X → Rs:
‖~h(~x)− ~h(~y)‖ ≤ ‖~x− ~y‖ sup0≤t≤1
(D~h(~x+ t(~y − ~x)
)wenn ∀t ∈ [0, 1] : ~x+ t(~y − ~x) ∈ X
~h(~x) = ϕ(~x)− ϕ(~aν)− Tν(~x− ~aν)
‖~h(~x)− ~h(~aν)‖ = ‖ϕ(~x)− ϕ(~aν)− Tν(~x− ~aν)‖ ≤≤ ‖~x− ~aν‖ sup
0≤t≤1
∥∥Dϕ(~x+ t(~aν − ~x)
)− Tν
∥∥ ≤≤ ‖~x− ~aν‖ sup ‖Dϕ(...)−Dϕ(~aν)‖︸ ︷︷ ︸
< εM√s
‖ϕ(~x)− ϕ(~aν)− Tν(~x− ~aν)‖ ≤ ‖~x− ~aν‖︸ ︷︷ ︸<ρ√s
ε
M√s<ερ
M
453
ϕ(Iν) ≤ ϕ(~aν) + Tν(Iν − ~aν) +B ερM
(~0)
B ερM
(~0) = Tν(T−1ν (B ερ
M(~0))≤ Tν
(Bερ(~0)
)‖T−1
ν ‖ ≤Mϕ(Iν) ≤ ϕ(~aν) + Tν
(Iν − ~aν +Bερ(~0)
)Iν +Bερ(~0) ≤Wurfel der Seitenlange ρ(1 + 2ε)
λs(ϕ(Iν)
)≤ λs
(Tν(Iν +Bερ(~0)
))≤ |det(Tν)|ρs(1 + 2ε)s = |det(Tν)|λs(Iν)(1 + 2ε)s
Iν +Bερ
ερIν
s
ρ+2ερρ(1+2ε)
λs(ϕ(I)
)=
=
n∑ν=1
λs(ϕ(Iν)
)≤ (1 + 2ε)s
n∑ν=1
∣∣det(Iν)∣∣λs(Tν)︸ ︷︷ ︸
Untersumme
S(| det(Dϕ)|,Z
)≤ (1 + 2ε)s
ˆ· · ·ˆ
I
∣∣det(Dϕ)∣∣dt1, ...,dts
ε→ 0 liefert λs(ϕ(I)
)≤ˆ· · ·ˆ
I
|det(Dϕ)|dt1, ...,dts
Sei f : Y → R+
0 messbar, dann gilt:
ˆ· · ·ˆ
Y
fdλs ≤ˆ· · ·ˆ
X
f ◦ ϕ∣∣det(Dϕ)
∣∣dλsGilt zuerst fur messbare Funktionen und nach Konstruktion des Integrals furalle messbaren positiven Funktionen.Wenn die Ungleichung fur ψ = ϕ(−1) : Y → X und die Funktion f ◦ϕ
∣∣det(Dϕ)∣∣ :
454
X → R+
0 an.
ˆ· · ·ˆ
X
f ◦ ϕ∣∣det(Dϕ)
∣∣ ≤ ˆ · · · ˆY
f ◦ ϕ ◦ ψ︸ ︷︷ ︸f
∣∣det(Dϕ)∣∣ ◦ ψ∣∣det(Dψ)
∣∣︸ ︷︷ ︸=1
dλs
[Dϕ ◦ ψdψ = id
]ˆ· · ·ˆ
X
f ◦ ϕ∣∣ det(Dϕ)
∣∣dλs ≤ ˆ · · · ˆY
fdλs
⇒ˆ· · ·ˆ
X
f ◦ ϕ∣∣det(Dϕ)
∣∣dλs =
ˆ· · ·ˆ
Y
fdλs −→ 2.X
⇒ λs(ϕ(B)
)=
ˆ· · ·ˆ
B
∣∣ det(Dϕ)∣∣dλs, ∀B ∈ BX −→ 1.X
Nach 2. gilt:
ˆ· · ·ˆ
Y
|f |dλs <∞
⇔ˆ· · ·ˆ
X
∣∣∣f ◦ ϕ∣∣det(Dϕ)∣∣∣∣∣dλs <∞ −→ 3.X
Beispiel 142.
ϕ :R+ × [0, 2π) → R2 \
{~0}
(r, ϑ) 7→(r cos(ϑ), r sin(ϑ)
)Dϕ =
(cos(ϑ) sin(ϑ)−r sin(ϑ) r cos(ϑ)
)det(Dϕ) = r 6= 0
∞
−∞
e−x2
2 dx ·∞
−∞
e−y2
2 dy =
¨
R2
e−x2+y2
2 dλ2(x, y) =
ˆ
R2
2πˆ
0
e−r2
2 rdϑdr =
= 2π
∞
0
re−r2
2 dr = 2π[−e− r
2
2
]∞0
= 2π
⇒∞
−∞
e−x2
2 dx =√
2π
455
22 Vektorfelder, Kurven-/Oberflachenintegraleund Integralsatze
22.1 Skalare Oberflachenintegrale
U ⊆ Rs offen, φ : U → Rn mit n ≥ s, φ injektive Immersion und f : φ(U)→ Rsei eine C1-Abbildung
Gesucht ˆ
φ(U)
f do
Zerlege U mit Zerlegung Z1, ...,Zs entlang der Koordinatenachsen.
R(f, (Z1, ...,Zs), (ηi1,...,is)
)=
n1−1∑i1=0
...
ns−1∑is=0
f ◦ φ(ηi1,...,is)
Oberflache von φ(
[xi1 , xi1+1]× ...× [xis , xis+1])
︸ ︷︷ ︸≈ Flache von (2)
φ(xi1 , ..., xis) +Dφ(xi1 , ..., xis)([xi1 , xi1+1]× ...× [xis , xis+1]
)(22.17)
√det(Dφ ·DφT
)· (xi1+1 − xi) · ... · (xis+1 − xis) = s-dimensionale Oberflache von (2)
Beispiel 143. Betrachte den Fall von vorhin fur n = 3 und fur s = 2. Seien ~v, ~w ∈ R3
F ={s~v + t~w
∣∣ s, t ∈ [0, 1]}
Gesucht ist die Flache F
1. Kreuzprodukt: ‖~v × ~w‖
2. Determinante der gramschen Matrix:√‖~v‖2 · ‖~w‖2 − 〈~v, ~w〉2 =
√det
(‖~v‖2 〈~v, ~w〉〈~w,~v〉 ‖~w‖2
)
‖~v × ~w‖ =√‖~v‖2 · ‖~w‖2 − 〈~v, ~w〉2 =
√det
(‖~v‖2 〈~v, ~w〉〈~w,~v〉 ‖~w‖2
)(Dφ ·DφT
)ij
=∂φ
∂xi·(∂φ
∂xj
)T= gij
Oberflachenelement =√
det(gij) · (xi1+1 − xi1) · ... · (xis+1 − xis)
456
R(f, (Z1, ...,Zs), (ηi1,...,is)
)=
=
n1−1∑i1=0
...
ns−1∑is=0
f ◦ φ(ηi1,...,is) ·√
det(gij)(xi1 , ..., xis)(xi1+1 − xi1) · ... · (xis+1, ..., xis)
Ist eine Riemann-Summe fur das Integral
ˆ· · ·ˆ
U
f ◦ φ√
det(gij) dx1, ...,dxs
det(gij) = g
Uberprufe, ob der Wert der Integrals von der Parametrisierung abhangt:
B ⊆ Rn
φ : U → Rn B = φ(U)ψ : V → Rn B = ψ(V )
φ, ψ injektive Immersionen
B
ψ
U
V
T
φ
φ−1 : B → U
ψ : V → U
T = ψ−1 ◦ φφ = ψ ◦ T
457
ˆ· · ·ˆ
B
f do .. berechnet mit der Parametrisierung von ψ0φ ◦ T
=
ˆ· · ·ˆ
V
f ◦ ψ√g dy1, ...,dys
g = det(gij)
gij =
(∂ψ
∂yi,∂ψ
∂yj
)y1
...xs
= T
x1
...xs
φ = ψ ◦ T
∂φ
∂x1=
s∑j=1
∂ψ
∂yj· ∂yj∂xi⟨
∂φ
∂xi,∂φ
∂xk
⟩=
s∑j=1
s∑l=1
∂yj∂xi· ∂yl∂xk·⟨∂ψ
∂yj,∂ψ
∂yl
⟩︸ ︷︷ ︸
gjl
gij =
s∑j=1
s∑l=1
gjl ◦ T∂yj∂xi· ∂yl∂xk
det(gij) = det(gjl) · det(DT )2
√g =
√g ◦ T |det(DT )|
ˆ· · ·ˆ
V
f ◦ ψ√g dy1, ...,dys
Trans-formations-
=formel
ˆ· · ·ˆ
U
f ◦ ψ ◦ T︸ ︷︷ ︸φ
√g ◦ T · | det(DT )︸ ︷︷ ︸√
g
dx1, ...,dxs
=
ˆ· · ·ˆ
U
f ◦ φ√g dx1, ...,dxs =:
ˆ· · ·ˆ
B
f do
do =√g dx1, ...,dxs ... skalares Oberflachenelement
Beispiel 144.
B = S2 ⊆ R3
B ={
(x, y, z) ∈ R3∣∣∣ x2 + y2 + z2 = 1
}φ(ϑ, ϕ) =
sin(ϑ) cos(ϕ)sin(ϑ) sin(ϕ)
cos(ϑ)
0 ≤ ϑ ≤ π0 ≤ ϕ ≤ 2π
458
∂φ
∂ϑ=
cos(ϑ) cos(ϕ)cos(ϑ) sin(ϕ)− sin(ϑ)
∂φ
∂ϕ=
− sin(ϑ) sin(ϕ)sin(ϑ) cos(ϕ)
0
g11 = 1, g12 = 0, g22 = sin(ϑ)2
√g = sin(ϑ)
do = sin(ϑ)dϑdϕ
f :
{S2 → R
(x, y, z) 7→ x2
ˆ· · ·ˆ
B2
x2 do =
π
ϑ=0
2πˆ
ϕ=0
sin(ϑ)2 cos(ϕ)2 sin(ϑ)dϕdϑ
= π
π
0
sin(ϑ)(1− cos(ϑ)2)dϑ = π −(
cos(ϑ)− cos(ϑ)3
3
) ∣∣∣∣∣π
0
=4π
3
22.2 Kurvenintegrale
Definition 22.1. Sei U ⊆ R2 (beziehungsweise R3). Eine Abbildung ~V : U → R2 (beziehungsweise
R3) heißt ein Vektorfeld. ~V ∈ C1(U)
γ :
{I → Ut 7→ ~x(t)
I ... Intervall
C1 −Kurve (beziehungsweise stuckweise C1 −Kurve)⟨~x(t), ~V
(~x(t)
)⟩‖~x‖
= Tangentialanteil von ~V(~x(t)
)
459
y
y
~x
γ
ˆ
γ
⟨~x(t), ~V
(~x(t)
)⟩‖~x‖︸ ︷︷ ︸
Kraft in Tangentialrichtung
ds =
ˆ
I
⟨~x, ~V ◦ ~x
⟩‖~x‖
· ‖~x‖dt =
ˆ
I
⟨~x, ~V ◦ ~x
⟩dt
Arbeit im Vektorfeld ~V entlang des Weges ~x = ~x(t)
Sei ~y = ~y(t) eine andere Parametrisierung derselben Kurve. τ = τ(t) der zu-gehorige Parameterwechsel und τ ist monoton wachsend und differenzierbar.~x(t) = ~y
(τ(t)
)ˆ
I′
⟨~y, ~V ◦ ~y
⟩dτ =
ˆ
I
⟨~y(τ(t)
), ~V ◦ ~y ◦ τ(t)︸ ︷︷ ︸
~x(t)
⟩· τ(t) dt =
ˆ
I
⟨~x(t), ~V ◦ ~x(t)
⟩dt
τ = τ(t), dτ = τ(t) dt
Wenn die Kurve in umgekehrter Richtung durchlaufen wird, dann andert dasKurvenintegral sein Vorzeichen.
ˆ
γ
~V d~x :=
ˆ
I
⟨~x, ~V ◦ ~x
⟩dt =
ˆ
I
⟨~V ◦ ~x, d~x
⟩=
ˆ
γ
V1 dx +V2 dy +V3dz
~V =
V1
V2
V3
460
Beispiel 145. Leibnitzsche Sektorformel
ˆ
C
−y dx +xdy =
bˆ
a
(− y(t) · x(t) + x(t) · y(t)
)dt
C :
{x = x(t)
y = y(t)
1
2
ˆ
C
−y dx +xdy = Flache des von der Kurve C begrenzten Sektors
Unter welchen Bedingungen hangt
ˆ
γ
~V d~x
nur von Anfangs- und Endpunkt der Kurve γ ab?In diesem Fall sagt man, dass
ˆ
γ
~V d~x
461
wegunabhangig ist.Wegunabhangigkeit ist eine Eigenschaft von ~V .
Bemerkung 274. Sei ~V ein Vektorfeld, sodass
ˆ
γ
~V d~x
wegunabhangig ist. Seien γ1, γ2 zwei Kurven mit demselben Anfangs- und Endpunkt.
ˆ
γ1
~V d~x =
ˆ
γ2
~V d~x
ˆ
γ1−γ2
~V d~x = 0 =
ˆ
γ1
~V d~x−ˆ
γ2
~V d~x
γ(t) =
{γ1(2t) 0 ≤ t ≤ 1
2
γ2(2− 2t) 12 ≤ t ≤ 1
γ2(0) = γ1(0)
γ2(1) = γ1(1)
γ2
γ1
462
ˆ~V d~x wegunabhangig ⇔ ∀γ :
˛
γ
~V d~x = 0
Sei
˛
γ
~V d~x wegunabhangig: ~x0 ∈ U fest φ(~x) =
~xˆ
~x0
~V d~x :=
ˆ
γ~x
~V d~x
γ~x :
[0, 1] → U
γ~x(0) = ~x0
γ~x(1) = ~x
Wahle γ~x so, dass γ(i)~x (t) =
{~x+ ~ei(t− 1) fur 1− ε ≤ t ≤ 1
irgendwie sonst
φ(~x) =
1ˆ
0
~V ◦ γ(i)~x (t)~γ
(i)~x dt =
1−εˆ
0
~V ◦ ~γ(i)~x (t)~γ
(i)~x (t) dt +
1ˆ
1−ε
~V ◦ γ(i)~x (t)~ei︸ ︷︷ ︸Vi
dt
∂φ
∂xi= Vi
Grad(φ) = ~V
φ heißt Stammfunktion von ~V Potential
Wenn ~V ∈ C1(U) ist, dann ist φ ∈ C2(U)
∂2φ
∂x∂y=∂V2
∂x=
∂2φ
∂y∂x=∂V1
∂y
∂2φ
∂x∂z=∂V3
∂x=
∂2φ
∂z∂x=∂V1
∂z∂2φ
∂y∂z=∂V3
∂y=
∂2φ
∂z∂y=∂V2
∂z
Bemerkung 275. Wenn ~V : U → R2 (beziehungsweise R3) ein wegunabhangiges Kur-venintegral ergibt, dann gelten die Integrabilitatsbedingungen:
∂V2
∂x=∂V1
∂ybeziehungsweise
∂V1
∂z=∂V3
∂xund
∂V2
∂z=∂V3
∂y
Beispiel 146.
ˆ
x2+y2=r2
−y dx +x dy
x2 + y2=
2πˆ
0
−r sin(t) ·(− r sin(t)
)+ r cos(t) · r cos(t)
r2dt = 2π
x = r cos(t)y = r sin(t)
463
∂(− yx2+y2
)∂y
=−(x2 + y2) + y · 2y
(x2 + y2)=
y2 − x2
(x2 + y2)2
∂(
x(x2+y2)
)∂x
=(x2 + y2)− x · 2x
(x2 + y2)2=
y2 − x2
(x2 + y2)2
∂V2
∂x=∂V1
∂y
ϕ
´= ϕ
(1, 0)
´= 0
~x
φ(~x) = Arg(x+ iy) ist eine Stammfunktion auf R2 \{
(x, 0)∣∣ x ∈ R−0 }
Wenn es zu ~V eine Stammfunktion φ gibt, also Grad(φ) = ~V ,
dann ist
ˆ
γ
~V d~x wegunabhangig
γ : ~x = ~x(t)
t ∈ [a, b)
bˆ
a
~V ◦ ~x · ~x dt =
bˆ
a
Grad(φ) ◦ ~x · ~x︸ ︷︷ ︸dφ◦~xdt
dt = φ ◦ ~x(t)
∣∣∣∣ba
= φ(~x(b)
)− φ
(~x(a)
)
Definition 22.2. Eine offene Menge U ⊆ R2 beziehungsweise R3 heißt sternformig bezuglich
464
x0 ∈ U , wenn ∀x ∈ U : ∀t ∈ [0, 1] : ~x0 + t(~x− ~x0) ∈ U
~x
~x0
Satz 22.1. Sei U ⊆ R2 (beziehungsweise R3) sternformig und ~V : U → R2 (beziehungsweise R3)ein C1-Vektorfeld, das
∂V2
∂x=∂V1
∂y,
∂V2
∂z=∂V3
∂yund
∂V1
∂z=∂V3
∂x
erfullt, dann gibt es ein φ : U → R sodass Grad(φ) = ~V (⇔ das zugehorige Kurvenintegral istwegunabhangig).
Beweis.
φ(~x) =
1ˆ
0
~V(~x0 + t(~x− ~x0)
)· (~x− ~x0) dt
∂φ
∂xi=
1ˆ
0
(t∂~V
∂xi
(~x0 + t(~x− ~x0)
)· (~x− ~x0) + Vi
(~x0 + t(~x− ~x0)
))dt =
=
1ˆ
0
(t
(∂V1
∂xi·(x1 − x(1)
0
)+∂V2
∂xi
(x2 − x(2)
0
)+∂V3
∂xi
(x3 − x(3)
0
))+ Vi
)dt
465
i = 1 :
∂φ
∂x1=
1ˆ
0
(t
(∂V1
∂x1
(x1 − x(1)
0
)+∂V1
∂x2
(x2 − x(2)
0
)+∂V − 1
∂x3
(x3 − x(3)
0
))+ V1
)dt =
=
1ˆ
0
td
dtV1
(~x0 + t(~x− ~x0)
)+ V1 dt = tV1
(~x0 + t(~x− ~x0)
)∣∣∣∣10
+
1ˆ
0
(− V1 + V1
)dt = V1(~x)
Bemerkung 276. Alles bisher gesagt gilt auch in beliebigen Dimensionen:
U ⊆ Rn
~V : U → Rn C −Vektorfeld
γ : [a, b]→ U Kurve in U
ˆ
γ
~V d~x =
bˆ
a
~V ◦ γ · ~γd~x Die Integrabilitatsbedingungen
1 ≤ i < j ≤ n∂Vi∂xj
=∂Vj∂xi
Satz 22.1 bleibt ebenfalls richtig.
22.3 Bemerkungen zu skalaren Oberflachenintegralen
1. ~v1, ..., ~vs ∈ Rn linear unabhangig
V ={t1v1 + t2v2 + ...+ t2v2
∣∣ ti ∈ [0, 1]}
s-dimensionales Parallelepiped
s = n : |det(~v1, ..., ~vn)| = vol(V )
det((~v1, ..., ~vn) · (v1, ..., ~vn)T
)= det
((〈~vi, ~vj〉
)ni,j=1
)1 ≤ s < n: Bestimme auf L
({~v1, ..., ~vs}
)eine Orthonormal-Basis ~f1, ..., ~fs
↓φ~e1,...,~es
in L({~f1, ..., ~fs}
)hat V dasselbe Volumen wie φ(V ) in L
({~e1, ..., ~es}
)vol(φ(V )
)2= det
(⟨~vi, ~vj
⟩si,j=1
)
466
2. U ⊆ Rs, φ : U → Rn eine injektive C1-Immersion.
vols(φ(U)
)=?
∂φ
∂u1, ...,
∂φ
∂us... linear unabhangige Vektoren
~Ns+1, ..., ~Nn ... Normalvektoren auf∂φ
∂uifur i = 1, ..., s⟨
~Ni, ~Nj
⟩= 0 fur i 6= j und ‖Ni‖ = 1 fur i = s+ 1, ..., n
Ni sollen differenzierbar von u1, ..., us abhangen
ψ :
{U × [−ε, ε]n−s → Rn
(u1, ..., un) 7→ φ(u1, ..., us) + us+1~Ns+1(u1, ..., us) + ...+ un ~Nn(u1, ..., us)
∂ψ
∂ui=
∂φ
∂ui+ us+1
∂ ~Ns+1
∂ui+ ...+ un
∂ ~Nn∂ui
i = 1, ..., s
∂ψ
∂ui= ~Ni
ı = s+ 1, ..., n
⟨∂ψ
∂ui,∂ψ
∂uj
⟩=
gij +
∑l
ul(·) 1 ≤ i, j ≤ s
0 i ≤ s j > s
δij s < i, j ≤ n
λn
(ψ(U × [−ε, ε]n−s
))∼ (2ε)n−s · vols
(φ(U)
) 16.7=
16.7=
ˆ· · ·ˆ
U×[−ε,ε]n−s
√√√√det
(gij +
n∑l=s+1
ul(·)
)du1, ..., dun =
=
ˆ· · ·ˆ
U
ˆ· · ·ˆ
[−ε,ε]n−s
√g(1 +O(ε)
)du1, ..., dus, dus+1, ..., dun =
=
ˆ· · ·ˆ
U
√g du1, ..., dus(2ε)
n−s(1 +O(ε))
vol(φ(U)
)= limε→0
(λn
(ψ(U × [−ε, ε]n−s)
) 1
(2ε)n−s
)=
ˆ· · ·ˆ
U
√g du1, ..., dus
Definition 22.3. Seien γ1, γ” zwei Kurven in U ⊆ Rp gegeben durch Parameterisierungenγi : ~x = xi(t) mit t ∈ [0, 1].γ1 und γ2 sollen gemeinsame Anfangs- und Endpunkte haben:~x1(0) = ~x2(0) und ~x1(1) = ~x2(1)Die beiden Kurven γ1 und γ2 heißen dann homotop, wenn es eine stetige Abbildung H : [0, 1]2 → U
467
gibt, sodass:
H(0, t) = ~x1(t) und H(1, t) = ~x2(t) fur t ∈ [0, 1] gilt
H(u, 0) = ~x1(0) fur u ∈ [0, 1] und H(u, 1) = ~x1(1)
H(12, ·)
γ2 = H(1, ·)
γ1 = H(0, ·)
Bemerkung 277. Ein Gebiet U ⊆ R2 heißt einfach zusammenhangend, wenn jedes Paarvon Kurven γ1 und γ2 aus U mit gemeinsamen Anfangs- und Endpunkten homotop ist.(wenn jede geschlossene Kurve nullhomotop︸ ︷︷ ︸
homotop zurtrivialen Kurve~x(t)=~x(0)
ist)
22.4 Der Integralsatz von Gauß in der Ebene
Satz 22.2. Sei U ⊆ R2 ein Gebiet und ~V : U → R2 ein C1−Vektorfeld. Sei B ⊆ U ein Normal-bereich bezuglich beider Achsen mit stetigen Randkurven, dann gilt:
ˆ
∂B
~V d~x =
¨
B
(−∂V1
∂y+∂V2
∂x
)dx dy
468
Beweis.
B ={
(x, y) ∈ R2∣∣∣ a ≤ x ≤ b, f(x) ≤ y ≤ g(x)
}=
={
(x, y) ∈ R2∣∣∣ c ≤ y ≤ d, h(y) ≤ x ≤ j(y)
}˛
∂B
V1 dx +V2 dy =
˛
∂B
V1 dx +
˛
∂B
V2 dy
x = j(y)x = h(y)
y = f(x)
y = g(x)
˛
∂B
V1 dx =
bˆ
a
V1
(x, f(x)
)dx−
bˆ
a
V1
(x, g(x)
)=
= −bˆ
a
(V1
(x, g(x)
)− V1
(x, f(x)
))dx = −
bˆ
a
g(x)ˆ
f(x)
∂V1
∂ydy
dx =
¨
B
−∂V1
∂ydx dy
˛
∂B
V2 dy =
dˆ
c
V2
(j(y), y
)dy−
dˆ
c
V2
(h(y), y
)dy =
=
dˆ
c
j(y)ˆ
h(y)
∂V2
∂xdx dy =
¨
B
∂V2
∂xdx dy
469
Bemerkung 278.
ˆ
∂B1
~V d~x
ˆ
∂B2
~V d~x
B1 ∩ B2 = ∅∂B1 ∩ ∂B2 ... Kurve
Das heißt:
˛
∂(B1∪B2)
~V d~x =
˛
∂B1
~V d~x+
ˆ
∂B2
~V d~x
Die Gultigkeit des Integralsatzes von Gauß kann auf endliche Vereinigungen von Normal-bereichen bezuglich beider Achsen ausgedehnt werden.
Interpretation ˛
∂B
~V d~x =
∂B ... Kreislinie um ~x0
~x = ~x0 +
(r cos(t)r sin(t)
)
=
2πˆ
0
(V1
(~x0 +
(r cos(t)r sin(t)
))·(− r · sin(t)
)+ V2
(~x0 +
(r cos(t)r sin(t)
))· r cos(t)
)dt =
=
2πˆ
0
⟨~V
(~x0 +
(r cos(t)r sin(t)
)),
(−r sin(t)r cos(t)
)⟩dt ... Wirbel um ~x0
470
¨
B
(−∂V1
∂y+∂V2
∂x
)︸ ︷︷ ︸
W
dx dy
R
0
2πˆ
0
W
(~x0 +
(r cos(t)r sin(t)
))+ rdrdt
limR→0
1
R2π
¨
B
W dx dy
= W (~x0)
∣∣∣∣∣∣∣1
R2π
¨
‖~x0−~x‖≤R
(W (~x0)−W (~x)
)dx dy
∣∣∣∣∣∣∣ ≤1
R2π
¨
‖~x0−~x‖≤R
∣∣W (~x0)−W (~x)∣∣dx dy
(22.18)
∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀~x : ‖~x0 − ~x‖ < δ ⇒∣∣W (~x0)−W (~x)
∣∣ < ε
fur Rδ gilt dann (22.18) < ε
limr→0
1
r2π
˛
‖~x0−~x‖=r
~V d~x
= W (~x0) = −∂V1
∂y(~x0) +
∂V2
∂x(~x0)
Wirbeldichte von ~V
~V heißt wirbelfrei, wenn −∂V1
∂y + ∂V2
∂x = 0 gilt.
Linke Seite des Gaußschen Integralsatzes
˛
γ
~V d~x = ... γ ist eine geschlossene Kurve
=
¨
B
−∂V1
∂y+∂V2
∂xdx dy = 0, wenn γ = ∂B
Wenn der Definitionsbereich von U so beschaffen ist, dass jede geschlosseneKurve Rand eines Gebietes ist dann gilt, dass aus der Gultigkeit der Integrabi-litatsbedinung folgt, dass integral uber jede geschlossene Kurve 0 ist und somitwegunabhangig.
∂V1
∂y=∂V2
∂x⇒
˛
γ
~V d~x = 0
471
γ
Noch einmal
˛~V d~x =
bˆ
a
⟨~V ◦ γ,~t
⟩ds ... Tangentialanteil von ~V entlang von γ
bˆ
a
⟨~V , ~n
⟩ds = Normalanteil von ~V entlang von γ
~nds =
(dy−dx
)~tds =
(dxdy
)
=
bˆ
a
~V ·(
dy−dx
)=
˛
γ
−V2 dx +V1 dy
472
~n
~t
~V
˛
∂B
−V2 dx +V1 dy =
¨
B
∂V2
∂y+∂V1
∂xdx dy =
=
¨
B
∂V1
∂x+∂V2
∂y︸ ︷︷ ︸Quelldichte
dx dy
limR→0
1
R2π
˛
‖~x−~x0‖=R
−V2 dx +V1 dy
=∂V1
∂x+∂V2
∂y
Beispiel 147.
˛
γ
−y dx +xdy
x2 + y2
γ geschlossene Kurve in R2 \ {0}
γ : ~x =
(r cos(t)r sin(t)
)˛
γ
−y dx +xdy
x2 + y2= 2π
473
γ
−π
π
φ(x, ) = Arg(x+ iy) ist eine Stammfunktion von ~V auf R2 \(R−0 × {0}
)˛
γ
−y dx +x dy
x2 + y2= Arg
(x(π) + iy(π)
)−Arg
(x(−π) + iy(−π)
)= π − (−π) = 2π
# Umlaufe von γ um den ursprung; Umlaufzahl
22.5 Oberflachenintegrale
Sei ~V : U → R3 (mit U ⊆ R3 offen) ein C1−Vektorfeld. Sei O ⊆ U eine Flache,gegeben durch eine Parametrisierung:
O = φ(V )
V ⊆ R2
φ Immersion
O~N
~V (~x)
474
‖ ~N‖ = 1
gesucht:”Fluss von ~V durch O”
¨
O
⟨~V , ~N
⟩do
hangt von der Orientierung der Flache ab. Die Orientierung wird durch die Wahlder Normalvektors ~N festgelegt. ( ~N soll stetig vom Punkt abhangen).
Bemerkung 279. O muss orientierbar sein. Das heißt, es muss einen stetig vom Ortabhangigen Normalvektor auf O geben.
¨
O
⟨~V , ~n
⟩do =
¨
V
⟨~V ◦ φ,±
∂φ∂u ×
∂φ∂v
�����
∥∥∥∂φ∂u × ∂φ∂v
∥∥∥⟩·��
����∥∥∥∥∂φ∂u × ∂φ
∂v
∥∥∥∥︸ ︷︷ ︸√g
du dv
φ : (u, v) 7→
x(u, v)y(u, v)z(u, v)
¨
V
⟨~V ◦ φ,±∂φ
∂u× ∂φ
∂v
⟩=
¨
O
⟨~V , d~o
⟩d~o = ~Ndo vektorielles Oberflachenelement
d~o = ±∂φ∂u× ∂φ
∂v
∂φ
∂u× ∂φ
∂v=
∂x∂u
∂y∂u
∂z∂u
×
∂x∂v
∂y∂v
∂z∂v
=
∂y∂u
∂z∂v− ∂z
∂u∂y∂v
∂z∂u
∂x∂v− ∂x
∂u∂z∂v
∂x∂u
∂y∂v− ∂y
∂u∂x∂v
(∂y
∂u
∂z
∂v− ∂z
∂u
∂y
∂v
)du dv = dy ∧dz =
=
(∂y
∂udu +
∂y
∂vdv
)∧
(∂z
∂udu +
∂z
∂vdv
)=[
dy ∧ dz = −dz ∧dydx ∧dx = 0
]=���
����∂y
∂u
∂z
∂udu ∧du +
∂y
∂u
∂z
∂vdu ∧dv +
∂y
∂v
∂z
∂udv ∧du +���
����∂y
∂u
∂z
∂udv ∧dv =
=
(∂y
∂u
∂z
∂v− ∂z
∂u
∂y
∂v
)du ∧dv
475
Schreibweise ¨
O
V1 dy ∧dz +V2 dz ∧dx +V3 dx ∧dy
¨
V
(·)
du ∧ dv ←→ du ∧ dv = ±du dv
Bemerkung 280.
¨
O
⟨~V , d~o
⟩ist von der Parametrisierung unabhangig
Beispiel 148.
¨
‖~x‖=1
xdy ∧dz +y dz ∧dx +z dx ∧dy
x = cos(ϕ) sin(ϑ)y = sin(ϕ) cos(ϑ)z = cos(ϑ)
←→ 0 ≤ ϕ ≤ 2π0 ≤ ϑ ≤ π
~N =
xyz
do = sin(ϑ)dϑdϕ
2πˆ
ϕ=0
π
ϑ=0
⟨xyz
,
xyz
⟩︸ ︷︷ ︸
1
sin(ϑ)dϑdϕ = 4π
dx = − sin(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ cos(ϕ) cos(ϑ)dϑdy = cos(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ sin(ϕ) cos(ϑ)dϑdz = − sin(ϑ)dϑ¨
xdy ∧dz +y dz ∧dx +z dx ∧dx =
=
¨
[0,2π]×[0,π]
cos(ϕ) sin(ϑ)(
cos(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ sin(ϕ) cos(ϑ)dϑ)∧(− sin(ϑ)dϑ
)+
+ sin(ϕ) sin(ϑ)(− sin(ϑ)dϑ
)∧(− sin(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ cos(ϕ) cos(ϑ)dϑ
)+
+ cos(ϑ)(− sin(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ cos(ϕ) cos(ϑ)dϑ
)∧(
cos(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ sin(ϕ) cos(ϑ)dϑ)
=
476
=
¨cos(ϕ)2 sin(ϑ)3dϑ∧dϕ+ sin(ϕ)2 sin(ϑ)3dϕ∧dϕ+ sin(ϕ)2 cos(ϑ)2 sin(ϑ)dϑ∧dϕ+
+ cos(ϕ)2 cos(ϑ)2 sin(ϑ)dϑ∧dϕ =
=
¨ (sin(ϑ)3 + cos(ϑ)2 sin(ϑ)
)dϑ∧dϕ
ϑ
ϕ
ϑ
ϕ
=
¨sin(ϑ)dϑ · dϕ
477
22.6 Der Integralsatz von Stokes
U ⊆ R3, ~V : U → R3 ein C1−Vektorfeld, O ⊆ U eine Flache, berandet von derKurve γ
u
v
B Oφ
˛
γ
~V d~x =
˛
γ
V1 dx +V2 dy +V3 dz =
=
˛
∂B
V1
(∂x
∂udu +
∂x
∂vdv
)+ V2
(∂y
∂udu +
∂y
∂vdv
)+ V3
(∂z
∂udu +
∂z
∂vdv
)=
=
˛
∂B
(V1∂x
∂u+ V2
∂y
∂u+ V3
∂z
∂u
)du +
(V1∂x
∂v+ V2
∂y
∂v+ V3
∂z
∂v
)dv =
=
¨
B
[−
(����∂V1
∂x
∂x
∂v+∂V1
∂y
∂y
∂v+∂V1
∂z
∂z
∂v
)· ∂x∂u− V1���∂2x
∂u∂v−
−(∂V2
∂x
∂x
∂v+����∂V2
∂y
∂y
∂v+∂V2
∂z
∂z
∂v
)· ∂y∂u−����
V2∂2y
∂u∂v
−
(∂V3
∂x
∂x
∂v+∂V3
∂y
∂y
∂v+����∂V3
∂z
∂z
∂v
)· ∂z∂u−����
V3∂2z
∂u∂v+
+
(����∂V1
∂x
∂x
∂u+∂V1
∂y
∂y
∂u+∂V1
∂z
∂z
∂u
)· ∂x∂v
+����
V1∂2x
∂u∂v
+
(∂V2
∂x
∂x
∂u+����∂V2
∂y
∂y
∂u+∂V2
∂z
∂z
∂u
)· ∂y∂v−����
V2∂2y
∂u∂v
+
(∂V3
∂x
∂x
∂u+∂V3
∂y
∂y
∂u+����∂V3
∂z
∂z
∂u
)· ∂z∂v−����
V3∂2z
∂u∂v
]=
478
=
¨
B
[(∂V3
∂y− ∂V2
∂z
)(∂y
∂u
∂z
∂v− ∂z
∂u
∂y
∂v
)+
(∂V1
∂z− ∂V3
∂x
)(∂z
∂u
∂x
∂v− ∂x
∂u− ∂x
∂u
∂z
∂v
)(∂V2
∂x− ∂V1
∂y
)(∂x
∂u
∂y
∂v− ∂y
∂u
∂x
∂v
)]du dv =
¨
O
∂V3
∂y −∂V2
∂z∂V1
∂z −∂V3
∂x∂V2
∂x −∂V1
∂y
d~o
∂V3
∂y −∂V2
∂z∂V1
∂z −∂V3
∂x∂V2
∂x −∂V1
∂y
=: rot(~V ) Rotation von ~V
˛
∂O
~V d~x =
¨
O
rot(~V )d~o
∇ =
∂∂x
∂∂y
∂∂z
rot(~V)
= ∇× ~V
Satz 22.3. Integralsatz von StokesSei U ⊆ R3 offen, ~V : U → R3 ein C1−Vektorfeld und O ⊆ U eine orientierbare Flache mitstuckweise differenzierbarer Randkurve (gegeben durch eine C1−Immersion φ : V → U mit V ⊆R2), dann gilt:
ˆ
∂O
~V d~x =
¨
O
rot(~V)d~o
Beweis. Direkte Folgerung aus dem Satz von Gaußschen Integralsatzes in derEbene (siehe oben).
Bemerkung 281. rot(~V)
ist die Wirbeldichte von ~V in folgendem Sinne:
Sei γr der Kreis mit Radius r um ~x0 ∈ U in der auf ~N senkrecht stehenden Ebene.; dieOrientierung von γr sei so gewahlt, dass die Rechtsschraubenregel gilt.Linke Seite: ˛
γr
~V d~x ... Anteil von ~V in Tangentenrichtung in den Kreis
479
Rechte Seite: ¨
Kr( ~N,~x0)
rot(~V)d~o =
¨
Kr( ~N,~x0)
⟨rot(~V), ~N⟩
do
Kr
(~N, ~x0
)={~y ∈ R3
∣∣∣ ‖~x0 − ~y‖ ≤ r und⟨~x0 − ~y, ~N
⟩= 0}
limr→0
1
r2π
¨
Kr( ~N,~x0)
⟨rot(~V), ~N⟩
do
=⟨
rot(~V)
(~x0), ~N⟩
2-dimensionale Winkeldichte in der auf ~N senkrecht stehenden Ebene
Bemerkung 282. Ein Vektorfeld ~V fur das rot(~V)≡ ~0 gilt, heißt wirbelfrei.
Wenn U so beschaffen ist, dass jede geschlossene Kuve γ ein Flachenstuck aus U berandet,dann gilt:
˛
γ
~V d~x =
¨
O
rot(~V)d~o mit ∂O = γ
Wenn dann ~V wirbelfrei ist, dann gilt:
˛
γ
~V d~x = 0
fur jede geschlossene Kurve γ in U . Dann ist das Kurvenintegral
ˆ~V d~x
wegunabhangig.
22.7 Der Integralsatz von Gauß im Raum
~V : U → R3 ein C1−Vektorfeld‹
∂B
~V d~o
︸ ︷︷ ︸Oberflachenintegral
uber eine geschlosseneFlache, die ein Gebiet
berandet
=
˚
B
Qdx dy dz
︸ ︷︷ ︸Q ... Quelldichte
480
Berechne Q durch”Gebiets-Differentiation”:
‹
‖~x−~x0‖=r
~V d~o =
~x = ~x0 + r
cos(ϕ) sin(ϑ)sin(ϕ) sin(ϑ)
cos(ϑ)
0 ≤ ϕ ≤ 2π0 ≤ ϑ ≤ π
d~o =
cos(ϕ) sin(ϑ)sin(ϕ) sin(ϑ)
cos(ϑ)
r2 sin(ϑ)dϑdϕ
=
2πˆ
ϕ=0
π
ϑ=0
⟨~V (~x),
cos(ϕ) sin(ϑ)sin(ϕ) sin(ϑ)
cos(ϑ)
⟩ r2 sin(ϑ)dϑdϕ
~V (~x) =
V1(~x0) + ∂V1
∂x (~x0)(x− x0) + ∂V1
∂y (~x0)(y − y0) + ∂V1
∂z (~x0)(z − z0) + o(r)
V2(~x0) + ∂V1
∂x (~x0)(x− x0) + ∂V2
∂y (~x0)(y − y0) + ∂V2
∂z (~x0)(z − z0) + o(r)
V3(~x0) + ∂V1
∂x (~x0)(x− x0) + ∂V3
∂y (~x0)(y − y0) + ∂V3
∂z (~x0)(z − z0) + o(r)
2πˆ
ϕ=0
π
ϑ=0
V1(~x0) cos(ϕ) sin(ϑ)2dϑdϕ = 0
π
ϑ=0
2πˆ
ϕ=0
r3 cos(ϕ)2 sin(ϑ)3dϑdϕ = r3π
π
0
sin(ϑ)(1− cos(ϑ)2
)dϑ =
= − cos(ϑ) +cos(ϑ)3
3
∣∣∣π0
=4πr3
3π
ϑ=0
2πˆ
0
r3 sin(ϕ) cos(ϕ) sin(ϑ)3dϑdϕ = 0
‹
‖~x−~x0‖=r
~V d~o =4πr3
3
(∂V1
∂x(~x0) +
∂V2
∂y(~x0) +
∂V3
∂z(~x0)
)+ o(r3)
limr→0
(1
4πr3
3
‹~V d~o =
∂V1
∂x+∂V2
∂y+∂V3
∂z
)= div
(~V)
= ∇ · ~V
Divergenz von ~V
‹
∂B
V1 dy ∧ dz = (22.19)
481
B ... Normalberech bezuglich aller drei Achsen
B ={
(x, y, z) ∈ R3∣∣∣ (x, y) ∈ Bz, f1(x, y) ≤ z ≤ g1(x, y)
}=
={
(x, y, z) ∈ R3∣∣∣ (x, z) ∈ By, f2(x, z) ≤ y ≤ g2(x, z)
}=
={
(x, y, z) ∈ R3∣∣∣ (y, z) ∈ Bx, f3(y, z) ≤ x ≤ g3(y, z)
}f(y, z)
yz
∂f∂y
10
×∂f
∂z
01
=
1
−∂f∂y
−∂f∂z
(22.19) =
¨
Bx
V1
(g3(y, z), y, z
)=
¨
Bx
V1
(f3(y, z), y, z
)dy dz
¨
Bx
(V1
(g3(y, z), y, z
)− V1
(f3(y, z), y, z
))dy dz =
=
¨
Bx
g3(y,z)ˆ
x=f3(y,z)
∂V1
∂x
(x, y, z
)dx dy dz =
=
˚
B
∂V1
∂x
(x, y, z
)dx dy dz
Analog fur:
‹
∂B
V2 dz ∧ dx und
‹
∂B
V3 dx ∧dy
Anwendung [Warmeleitungsgleichung]
B ⊆ R3
∂B stuckweise glatt, das heißt ist Bild unter einer differentierbaren Abbildung
B kompakt
u : B × R+0 → R
u(~x, t) ... Temperatur im Punkt ~x > zum Zeitpunkt t ≥ 0
V ⊆ BV mit glattem Rand
∂u
∂t... Temperaturanderung
482
B
V
˚
V
∂u
∂tdx dy dz ... kummulierte Temperaturanderung in V
‹
∂V
Grad(u)d~o ... Fluss des Temperaturgradienten durch ∂V
a2
˚
V
=∂u
∂tdx dy dz =
‹
∂V
Grad(u)d~o =
˚
V
div(
Grad(u))
dx dy dz
˚
V
(a2 ∂u
∂t−∆u
)dx dy dz = 0
∀V ⊆ B mit glattem Rand
⇒ a2 ∂u
∂t−∆u = 0 Warmeleitungsgleichung
Anfangbedingung:
u (~x, 0) = f (~x) fur ~x ∈ B
Randbedingung:
1. [Dirichlet-Randwertproblem]
u (~x, t) = 0 fur ~x ∈ ∂B
2. [Neumann-Randwertproblem]
∂u
∂~n(~x, t) = 0 fur ~x ∈ ∂B
~n ⊥ ∂B
483
u (~x, t) = X (~x)T (t)[a := 1
]X (~x) · T ′(t) = T (t) ·∆X (~x)
T ′(t)
T (t)=
∆X (~x)
X (~x)= −λ konstant
T (t) = c · e−λt
∆X = −λX ... Eigenwerte von ∆
Bemerkung 283.
−λ ≤ 0 ←→ λ ≥ 0
Die Eigenwerte sind diskret
Die zugehorigen Eigenfunktionen spannen den L2(B) auf
span(Xλ,−λ Eigenwert
)... ist dicht in C(B)
u (~x, t) =∑λ
aλe−λtXλ (~x)
f (~x) = u (~x, 0) =∑λ
aλXλ (~x)
Im Sinne, dass:
limT→∞
ˆB
(f (~x)−
∑λ<T
aλXλ (~x)
)2
dx dy dz
−→ 0
Rand:
1.
X (~x) = 0 fur ~x ∈ ∂B
2.
∂X
∂~n(~x) = 0 fur ~x ∈ ∂B
u ≡ const ist eine Losung fur 2.
a0 +∑λ>0
aλe−λtXλ (~x) = u (~x, t)
limt→∞
(u (~x, t)
)= a0
B = R3
∆u = ut
484
u (~x, t) =1
t32
exp
(−‖~x‖
2
4t
)∂u
∂t= −3
2
1
t52
exp
(−‖~x‖
2
4t
)+
1
t32
exp
(−‖~x‖
2
4t
)· ‖~x‖
2
4t2=
=1
t52
exp
(−‖~x‖
2
4t
)(−3
2+‖~x‖2
4t
)∂u
∂x= − 1
t32
exp
(−‖~x|
2
4t
)· x
2t
∂2u
∂x2= − 1
t32
exp
(−‖~x‖
2
4t
)(− x
2t
)· x
2t− 1
t32
exp
(−‖~x‖
2
4t
)· 1
2t=
=1
4t72
exp
(−‖~x‖
2
4t
)· x2 − 1
2t52
exp
(−‖~x‖
2
4t
)
∆u =1
4t72
exp
(−‖~x‖
2
4t
)· ‖~x|2 − 3
2
1
t52
exp
(−‖~x‖
2
4t
)
∀~y ∈ R3 ist1
t32
exp
(−‖~x− ~y‖
2
4t
)eine Losung
˚
R3
1
t32
exp
(−‖~x‖
4t
)dx dy dz =
∞
−∞
e−x2
4t · 1√t
dx ·∞
−∞
e−y2
4t · 1√t
dy ·∞
−∞
e−z2
4t1√t
dz
∞
−∞
e−x2
4t · 1√t
dx =
∞
−∞
e−u2
2 du = 2√u
[u =√
4t · u]
Ht (~x, ~y) =1
8π√πt
32
exp
(−‖~x− ~y‖
2
4t
)... Warmeleitungskern
g (~x, t) =
˚
R3
f (~y)1
8π√πt
32
exp
(−‖~x− ~y‖
2
4t
)dV (~y)︸ ︷︷ ︸
dy1 dy2 dy3
Sei f : R3 → R mit
˚
R3
|f (~x)|dx1 dx2 dx3 <∞
g lost ∆g =∂g
∂t|f (~x)| ≤M
limt→0
(g (~x, t)
)= f (~x)
485
Genugt fur ~x = ~0, wenn f stetig in ~x ist.
ˆ
R3
f (~y)1
8π√πt
32
exp
(−|~x‖
4t
)dy1 dy2 dy3−f
(~0)
=
˚
‖~y‖<tα
...+
˚
‖~y‖>tα
...− f(~0)
=
=
˚
‖~y‖<tα
(f (~y)− f
(~0)) 1(
2√πt)3 exp
(−‖~y‖
2
4t
)dy1 dy2 dy3 +
˚
‖~y‖>tα
...
weil f stetig in ~y = 0 ist, gibt es ein δ > 0, sodass∣∣∣f (~y)− f(~0)∣∣∣ < ε fur ‖~y‖ < δ
fur tα < δ gilt:(α > 0
)∣∣∣∣∣∣∣˚
‖~y‖<tα
...dy1 dy2 dy3
∣∣∣∣∣∣∣ ≤ ε˚
R3
1(2√πt)3 exp
(−‖~y‖
2
4t
)dy1 dy2 dy3 =
= ε
∣∣∣∣∣∣∣˚
‖~y‖>tα
(f (~y)− f
(~0)) 1(
2√πt)3 exp
(−‖~y‖
2
4t
)dy1 dy2 dy3
∣∣∣∣∣∣∣ ≤≤ 2M · 1(
2√πt)3 · ˚‖~y‖>tα
... = 2M1(
2√πt)3
y =
r cos(ϕ) sin(ϑ)r sin(ϕ) sin(ϑ)
r cos(ϑ)
2πˆ
ϕ=0
π
ϑ=0
∞
r=tα
r2 sin(ϑ)er2
4t drdϑdϕ = 2M1(
2√πt)3 · 4π
∞
tα
r2e−r2
4t dr =
=�πM
�π√πt
32
·ˆ
12 tα− 1
2
4tu2e−u2√
4tdu =8M√π
ˆ
12 tα− 1
2
u2e−u2
du −→t→0
0
das heißt: limt→0+
(g (~x, t)
)= f (~x)
α <1
2
486
22.8 Alternierende Differentialformen
ˆP dx +Qdy =
ˆ~V d~x,
¨~vd~o,
˚f dx dy dz︸ ︷︷ ︸
Sind bereits bekannt¨f dx ∧ dy ∧dz︸ ︷︷ ︸
Integrand=:ω
φ : (u, v, w) 7→ (x, y, z)
f · dx ∧ dy ∧dz =
= f ◦ φ(∂x
∂udu +
∂x
∂vdv +
∂x
∂wdw
)∧
(∂y
∂udu +
∂y
∂vdv +
∂y
∂wdw
)∧
(∂z
∂udu +
∂z
∂vdv +
∂z
∂wdw
)=
= f ◦ φ(∂x
∂u
∂y
∂v
∂z
∂w− ∂x
∂u
∂y
∂w
∂z
∂v− ∂x
∂v
∂y
∂u
∂z
∂w+∂x
∂v
∂y
∂w
∂z
∂u+∂x
∂w
∂y
∂u
∂z
∂v− ∂x
∂w
∂y
∂v
∂z
∂u
)du ∧dv ∧dw
f ◦ φ det
(∂(x, y, z)
∂(u, v, w)
)du∧dv ∧ dw
~V d~x = V1 dx +V2 dy +V3 dz
∂f
∂xdx +
∂f
∂ydy +
∂f
∂zdz
df (~v) = df ·
v1
v2
v3
= v1∂f
∂x+ v2
∂f
∂y+ v3
∂f
∂z=∂f
∂~v= ~vf
(V1 dx +V2 dy +V3 dz
)v1
v2
v3
= V1v1 + V2v2 + V3v3
~V d~o = V1 dy ∧dz +V2 dz ∧dx +V3 dx ∧dy︸ ︷︷ ︸σ ...Bilinearform
σ(~v1,~v2)=−σ(~v2,~v1)
(~v1, ~v2)
d(V1 dx +V2 dy +V3 dz
)= dV1∧dx +dV2∧dy +V3∧dz =
=
(∂V1
∂xdx +
∂V1
∂ydy +
∂V1
∂zdz
)∧dx +
(∂V2
∂xdx +
∂V2
∂ydy +
∂V2
∂zdz
)∧ dy +
+
(∂V3
∂xdx +
∂V3
∂ydy +
∂V3
∂zdz
)∧dz(
∂V3
∂y− ∂V2
∂z
)dy ∧dz +
(∂V1
∂z− ∂V3
∂x
)dz ∧dx +
(∂V2
∂x− ∂V1
∂y
)dx ∧dy
d(V1 dy ∧dz +V2 dz ∧dx +V3 dx ∧dy
)=
=
(∂V1
∂xdx +
∂V1
∂ydy +
∂V1
∂zdz
)∧dy ∧dz +
(∂V2
∂xdx +
∂V2
∂ydy +
∂V2
∂zdz
)∧dz ∧dx +
+
(∂V3
∂xdx +
∂V3
∂ydy +
∂V3
∂zdz
)∧dx ∧dy =
(∂V1
∂x+∂V2
∂y+∂V3
∂z
)dx ∧dy ∧ dz
d · d = 0
487
ˆ
∂B
ω =
ˆ
B
dω
︸ ︷︷ ︸Algemeiner Integralsatz von Stokes
Gilt in beliebigen Dimensionen
Sometimes it is the people no one can imagine anything of who dothe things no one can imagine.(Alan Turing)
488