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217 10 Diagnose-Register 10.1 Einleitung Ziel und Zweck dieses Registers ist das rasche Auf- finden der für ein bestimmtes orthopädisches Krankheitsbild infrage kommenden orthopädie- technischen Versorgungen. Das Register beginnt mit den Systemerkran- kungen des Bewegungsapparats und geht dann über zu lokalisierten Erkrankungen und Unfallfol- gen: Wirbelsäule, obere und untere Extremitäten – jeweils von proximal nach distal. Es stellt in Stich- 10.2 Systemerkrankungen des Bewegungsapparats 10.2.1 Angeborene Fehlbildungen der Extremitäten (Dysmelien) Der internationalen Einteilung der angeborenen Fehlbildungen der Extremitäten werden in Tab. 10.1 die alten europäischen Bezeichnungen gegenübergestellt. International sind zu unter- scheiden: Transversale Fehlbildungen (Abb. 10.1a-e): Diese werden zu Unrecht auch „angeborene Amputationen“ genannt: die Extremität war nie vollständig entwickelt. Winzige Finger oder Zehenbürzel am Stumpfende sind zu belassen worten zunächst das Krankheitsbild vor, und zwar je nach Bedeutung für die Technische Orthopädie verschieden ausführlich, und verweist dann auf die in den vorangegangenen Kapiteln beschriebe- nen orthopädietechnischen Versorgungsmöglich- keiten, um die direkte Verbindung zwischen Diag- nose und Technischer Orthopädie herzustellen. Das Register erhebt keinen Anspruch auf Voll- ständigkeit. als wichtige Sensoren, aber auch aus psycholo- gischen Gründen. Operative Korrekturen indi- ziert bei Durchspießung durch den Knochen (Humerus, Tibia/ Fibula) oder bei Achsenfehl- stellungen. Keine Nachamputation! Techni- sche Orthopädie: analog zur Prothesenversor- gung (Kap. 6). Longitudinale Fehlbildungen: Hier ist nur ei- ne Hälfte angelegt, z.B. Tibia mit 1. und 2. Ze- henstrahl. Zwei Lösungen sind möglich: Kon- servatives Vorgehen mit meist mehreren, an- spruchsvollen Operationen und Versorgung mit Orthoprothesen oder Nachamputation mit Prothesenversorgung. Die Verfasser empfehlen das erstgenannte Vorgehen. Plus-Fehlbildungen: Vor Ende des zweiten Le- bensjahres operative Korrektur: Polydaktylie: Entfernen der Doppelbildungen. Riesenwuchs: Zuwarten stimuliert das lokale Wachstum: Re- duktion auf Normalgröße, möglichst ohne Am- putation. Zunächst sind die Eltern die Patienten, nicht das Kind. Sie setzen meist viel zu hohe Erwartungen in die Technische Orthopädie. Aber auch die best- mögliche Prothese vermag die Fehlbildung nicht Tabelle 10.1 Einteilung der angeborenen Fehlbildungen der Extremitäten Internationale Einteilung Alte europäische Bezeichnungen Transversale Fehlbildungen Peromelie, Amelie, Aplasie Longitudinale Fehlbildun- gen Ektromelie, Phokomelie, Hypoplasie Plus-Fehlbildungen Polydaktylie, Gigantismus, Riesenwuchs Baumgartner , Grundkurs Technische Orthopädie l, (ISBN 3131250712 ) © 2003 Georg Thieme Verlag

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217

10 Diagnose-Register

10.1 Einleitung

Ziel und Zweck dieses Registers ist das rasche Auf-finden der für ein bestimmtes orthopädischesKrankheitsbild infrage kommenden orthopädie-technischen Versorgungen.

Das Register beginnt mit den Systemerkran-kungen des Bewegungsapparats und geht dannüber zu lokalisierten Erkrankungen und Unfallfol-gen:Wirbelsäule, obereunduntereExtremitäten–jeweils von proximal nach distal. Es stellt in Stich-

10.2 Systemerkrankungen des Bewegungsapparats

10.2.1 Angeborene Fehlbildungender Extremitäten (Dysmelien)

Der internationalen Einteilung der angeborenenFehlbildungen der Extremitäten werden inTab. 10.1 die alten europäischen Bezeichnungengegenübergestellt. International sind zu unter-scheiden:➤ Transversale Fehlbildungen (Abb. 10.1a-e):

Diese werden zu Unrecht auch „angeboreneAmputationen“ genannt: die Extremität warnie vollständig entwickelt.Winzige Finger oderZehenbürzel am Stumpfende sind zu belassen

worten zunächst das Krankheitsbild vor, und zwarje nach Bedeutung für die Technische Orthopädieverschieden ausführlich, und verweist dann aufdie in den vorangegangenen Kapiteln beschriebe-nen orthopädietechnischen Versorgungsmöglich-keiten, um die direkte Verbindung zwischen Diag-nose und Technischer Orthopädie herzustellen.

Das Register erhebt keinen Anspruch auf Voll-ständigkeit.

als wichtige Sensoren, aber auch aus psycholo-gischen Gründen. Operative Korrekturen indi-ziert bei Durchspießung durch den Knochen(Humerus, Tibia/ Fibula) oder bei Achsenfehl-stellungen. Keine Nachamputation! Techni-sche Orthopädie: analog zur Prothesenversor-gung (Kap. 6).

➤ Longitudinale Fehlbildungen: Hier ist nur ei-ne Hälfte angelegt, z.B. Tibia mit 1. und 2. Ze-henstrahl. Zwei Lösungen sind möglich: Kon-servatives Vorgehen mit meist mehreren, an-spruchsvollen Operationen und Versorgungmit Orthoprothesen oder Nachamputation mitProthesenversorgung. Die Verfasser empfehlendas erstgenannte Vorgehen.

➤ Plus-Fehlbildungen: Vor Ende des zweiten Le-bensjahres operative Korrektur: Polydaktylie:Entfernen der Doppelbildungen. Riesenwuchs:Zuwarten stimuliert das lokale Wachstum: Re-duktion auf Normalgröße, möglichst ohne Am-putation.

Zunächst sind die Eltern die Patienten, nicht dasKind. Sie setzenmeist viel zu hohe Erwartungen indie Technische Orthopädie. Aber auch die best-mögliche Prothese vermag die Fehlbildung nicht

Tabelle 10.1 Einteilung der angeborenen Fehlbildungender Extremitäten

Internationale Einteilung Alte europäischeBezeichnungen

Transversale Fehlbildungen Peromelie, Amelie, Aplasie

Longitudinale Fehlbildun-gen

Ektromelie, Phokomelie,Hypoplasie

Plus-Fehlbildungen Polydaktylie, Gigantismus,Riesenwuchs

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Abb. 10.1a–e Transversale Fehlbildungen. Alte euro-päische Terminologie.a Amelie.b Phokomelie.

c Ektromelie.d Peromelie.e Links Syndaktylie, rechts: Spalthand.

aus der Welt zu schaffen. Keine Amputation zurBeseitigung des Ärgernisses oder zur Vereinfa-chung der Prothesenversorgung!

!Wichtig ist: sachliche Aufklärung statt falsche Ver-sprechungen und voreilige Verordnung von Hilfs-mitteln! Wenn machbar: praktische Demonstrationdurch Zusammenführen mit vergleichbaren Fällen.

Ziele der Technischen Orthopädie sind:➤ altersgemäße Entwicklung fördern,➤ Tarnen durchKosmetik: zuerst den Eltern, nach

der Pubertät den Kindern zuliebe,➤ Wachstumslenkung.

10.2.1.1 Untere Extremitäten

Für die Technische Orthopädie gilt: Versorgungerst ab Stehbeginn mit Prothesen, Ortho-Prothe-sen oder Orthesen.

Abb. 10.2a–c Fibulaaplasie rechts. Genu valgum, Pes valgus.a Weichwandschaft. b Korrektur des Fußes unter die Lotlinie. c Orthoprothese (Botta).

a b c

10 Diagnose-Register

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Abb. 10.3a–c Phokomelie.a Fuß bindegewebig mit Becken verbunden; rechts:längsovaler Schaft.

a b

Abb. 10.4 Schreiben mit den Füßen.

Zu dringen ist vonAnfang an auf eine volle End-belastbarkeit, und zwar durch exakte Stumpfbet-tung und Lotaufbau, selbst bei schwer deformier-ten Extremitäten. Eine Ortho-Prothese mit vollerEndbelastung stimuliert das Längenwachstum,vermeidet Kontrakturen und Achsenfehlstellun-gen. Selbst abenteuerlich aussehende Fehlbildun-gen sind überraschend gut belastbar, wenn siemechanisch gefordert werden (Abb. 10.2a-c,Abb. 10.3a-c und 5.21a–c, S. 47).

Vor dem Schulalter gelenklose Fuß- und Knie-Passteile. Bei doppelseitigen Fehlbildungen Geh-leistung eingeschränkt, oberhalb der Knie nebstProthesen Indikation für Rollstuhlversorgung(Kap. 7).

10.2.1.2 Obere Extremitäten

Ziele der Versorgung sind:➤ Funktion verbessern, z.B. Greifen,➤ Kosmetik, Tarnung.

Zur Prothesenversorgung stehen verschiedeneMöglichkeiten zur Verfügung, darunter auch derVerzicht (Kap. 6.3).

Bei einseitigem Defekt auf Höhe Unterarm abKindergarten zuerst passive, ab Schulalter aktivbewegliche Hand oder Hook. Auch myoelektri-sche Versorgung möglich. Ohne Prothese fühlen

sich Patienten mit angeborener Fehlbildung oftfreier, vor allem bei Fehlbildungen oberhalb desEllbogens und bei doppelseitigen Defekten. KeinZwang zur Prothesenversorgung! Ohne Prothesekeine Beeinträchtigung der Sensibilität, keine Pro-these verschmutzt sich.

Lassen sich bei doppelseitigen Fehlbildungendie Spitzen der Extremitäten nicht mehr berüh-ren, übernehmen die Füße automatisch die Funk-tion der Hände (Abb. 10.4).

10.2 Systemerkrankungen des Bewegungsapparats

c

b Prothese im Rohbau.c Fertiggestellt, mit Schlesierbandage (Botta).

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Orthesen bei Klumphand sind indiziert als Ver-such zur Funktionsverbesserung, nicht aber zurStellungskorrektur.

Technische Hilfen bei multiplen Fehlbildun-gen: Elektro-Rollstuhl, Schreib-, Ess-, Toiletten-Hilfen (Kap. 7, Kap. 8).

10.2.2 Achondroplasie

Hyperlordose LWS: Kreuz-Stützmieder (Kap. 5),Wirkung fraglich.Genua vara: Orthesen zur Korrektur: zwecklos.Wichtig sind Hilfsmittel:➤ Sitzkissen zum Ausgleich der Rumpflänge,➤ Motorfahrzeug mit erhöhtem Sitz und Hand-

bedienung (Abb. 8.15, S.210),➤ Elektrorollstuhl mit verstellbarer Sitzhöhe

(Kap. 7) und➤ Anpassungen inWohnung und amArbeitsplatz

(Kap. 8).

10.2.3 Osteogenesis imperfecta

Untere Extremitäten: Oberschenkelorthesen mitsperrbarem Knie, als Schutz vor Trauma und zumAusgleich eines Beinlängenunterschiedes und vonAchsenfehlstellungen (Kap. 5.1). Achsenkorrektu-ren durch Orthesen sind aber nicht möglich.

Gehfähigkeit eingeschränkt, ab Pubertätweiterabnehmend: Elektrorollstuhl mit elektrisch ver-stellbarer Sitzhöhe (Kap. 8).Obere Extremitäten: Humerus-Fracture-Bracenach Sarmiento zur Frakturbehandlung und -pro-phylaxe (Kap. 5.4).Wirbelsäule: Orthese bei Gibbus und Skoliose beiSitzpatienten (Kap. 5.3).

Hilfsmittel zum Ausgleich des Kleinwuchses:wie Achondroplasie (10.2.2).

10.2.4 Tibiapseudarthrose

Unterschenkel-Hülsenorthese mit steifemSprunggelenk zur Kompression durch volle axialeBelastung bei quer verlaufender Pseudarthrose ander distalen Tibia; primär oder als Nachbehand-lung nach Entfernung von Osteosynthese-Mate-rial (Kap. 5.1).Zusätzliche Abnahmepunkte: Unterschenkelteilrotationsstabil dank dreieckigem Querschnitt,exakt dem Verlauf der Tibiakante entsprechend.Die Orthese geht bis an die Tuberositas tibiae, oh-

ne proximale Entlastung. Fuß in Neutralstellung.Schwachstelle: Einknicken oder Risse im Schaftauf Höhe des oberen Sprunggelenks.Schuhzurichtungen: Pufferabsatz und Mittelfuß-rolle (Kap. 3.3).

10.2.5 Osteoporose derWirbelsäule

Orthesen nur bei hochgradigem Schmerzsyn-drom, gleichzeitiger Gymnastik und medikamen-töser Osteoporose- und Schmerztherapie.Prinzip: so wenig wie nötig, vom Lendenmiederbis zum Rahmen-Korsett mit Achselstützen; Os-teoporose-Mieder (Kap. 5.2).Chronische Beschwerden mit sekundärer Spinal-kanalstenose: Kreuzstützmieder (Kap. 5.2); Einla-gen mit Weichbettung und Fersenkeil (Kap. 3.4).

Pufferabsatz und Ballenrolle zum Dämpfenaxialer Stöße und leichterem Abrollen (Kap. 3.3);Hüftgelenkshose (Kap. 5.1).

10.2.6 Chronische (rheumatoide)Polyarthritis

Stadium I und II

Hand: Lagerungsorthese zur Immobilisation derGelenke und Funktionsverbesserung der Handmöglichst in Funktionsstellung und zur Kontrak-turprophylaxe (Kap. 5.4.3).

Stadium III/IV

Hand: Lagerungsorthese gegen Ulnar-Deviation.Finger-, Daumen- und Handgelenksorthese zurKorrektur von Fehlstellungen und zur Stabilisie-rung (Kap. 5.4.3).Fuß: Kontrakter Knick-Senk- und Spreizfuß.„Windmühlenfuß“. Hammerzehen und Halluxvalgus. Haut und Sohlenpolster atrophisch. Stüt-zende Einlagen nach Gipsabdruck mit Weichbet-tung (3.4). Keine Korrekturversuche bei Kontrak-turen und Ankylosen!

Abrollhilfen, Zurichtungen am Schaft (Kap.3.3), orthopädischeMaßschuhe (Kap. 4.1). Gehhil-fen mit Handgriffen nach Maß (Kap. 8). Rollstuhl(Kap. 7), Treppenaufzug.Hilfsmittel: Ess- und Schreibzeug mit verdicktemGriff und Hilfsmittel für Haushalt, Toilette undBett (Kap. 8.4).

10 Diagnose-Register

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10.2.7 Spondylarthritisankylopoetica(Bechterew-Krankheit)

➤ Einlagen mit weicher Fußbettung (Kap. 3.4),➤ Pufferabsätze, Ballenrolle (Kap. 3.3),➤ Schlüpfschuhe und Anziehhilfen, Sitzhilfen

(Kap. 8).

Rumpforthese vermag Kyphosierung nicht aufzu-halten. Wichtig: aktive Physiotherapie, Sport.

10.2.8 Arthritis urica

Fuß: Großzehengrundgelenk: Immobilisation desGelenks und Entlastung der geschwollenenWeichteile durch Hallux-rigidus-Rolle oder -Fe-der und Pufferabsatz sowie Weiten des Schafts(Kap. 3.3). Leichtes Schuhwerk mit breiter, tief ge-zogener Lasche und Klettverschlüssen.Sprunggelenk:wie in Kap. 5.1.4.1.Knie:wie in Kap. 5.1.7.

10.2.9 Algodystrophie,Sudeck Dystrophie

Stadium I– III: Hand: Lagerungsorthesen in Funk-tionsstellung (Kap. 5.4.3), Kälteschutz.Stadium IV: orthopädisches Schuhwerk (Kap. 3,Kap. 4).

10.2.10 Arthromyogryposismultiplex congenita

OperativeMaßnahmen zur Korrektur von Achsen-fehlstellungen und Mobilisation der Gelenke ha-ben den Vorrang.

Altersgemäßes Steh- und Gehtraining durchOrthesen und/oder orthopädisches Schuhwerk(Kap. 4.1, Kap. 4.2) von möglichst geringem Ge-wicht.

Stabilisierung der Hand mit funktionellenHandschienen (Kap. 5.4.3), Schreib- und Esshilfen.Toilettenhilfen (Kap. 8.4). BehindertengerechterArbeitsplatz. Sitzschale nach Maß.

Bei stark reduzierter oder aufgehobener Gehfä-higkeit Rollstuhl zur Pflege und zum Duschen.Elektrorollstuhl mit elektrisch verstellbarer Sitz-höhe (Kap. 7). Lagerungs- und Quengelorthesenan Ellenbogen (Kap. 5.4) und Knie (Kap. 5.1.7.).

10.2.11 ProgressiveMuskeldystrophie

Ziele: Den zu erwartenden Verlust der Gehfähig-keit hinausschieben durch Kontrakturen vorbeu-gende Operationen in der Frühphase und durchBeinorthesen und Schuhwerk (Kap. 1).

Nachtschienen zur Prophylaxe von Kontraktu-ren vermögen deren Entwicklung nachweislichnicht zu verzögern.

Oberschenkel-Orthesen (Kap. 5.1.8) zur Stabili-sierung der Kniegelenke nur bei Kontrakturen�15�–20�. Die orthopädietechnische Versorgungsucht jedes Gramm an Gewicht einzusparen.

An die Stelle der Skoliose-Orthesen (Kap. 5.3)ist die operative Stabilisierung der Wirbelsäule inder frühen Rollstuhlphase getreten (Cobb-Winkel�20�).

Sitzschale zur Dekubitusprophylaxe. Rollstuhl:erst von Hand, später elektrisch angetrieben (Kap.7). Hilfen zum Essen, Schreiben, Toilette. Elekt-risch verstellbares Bett mit Rufanlage (Kap. 8). Ap-parativ-assistierte Atemtherapie.

10.2.12 ZerebraleBewegungsstörungen

Orthesen zum Korrigieren von Kontrakturen undzum Stabilisieren von Extremitäten und der Wir-belsäule.

! Cave: Druckstellen bei starker Spastizität, beiKrampfneigung und bei herabgesetzter Sensibilität.

Die Immobilisation von Hand und Fuß in be-stimmten Stellungen durch Orthesen bzw. Schuh-werk ermöglicht es, die Spastizität in vielen Fällenzu reduzieren.

Untere Extremitäten:➤ Ziele:

– Kontrakturprophylaxe und– Herstellen oder Verbessern der Steh- und

Gehfähigkeit.– Reduktion der Spastizität.

Lagerungsorthese zur Erhaltung oder Wiederer-langen der physiologischen Muskellänge; Unter-schenkel-Fußorthese zur Hemmung der Extenso-ren-Spastizität und Stabilisierung des Fußes(Abb. 5.18, S. 44). Spezialschuhemit fester Fersen-kappe (Abb. 10.5a-c).

10.2 Systemerkrankungen des Bewegungsapparats

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Abb. 10.5a–c Spezialschuh nach Murri: SagittalerSchnitt durch den Schuh, Ansicht der lateralen Hälfte (a).Frontaler Schnitt durch das mediale Plateau, Ansichtnach dorsal (b).1 Laterale Gegenstütze.2 Die Zehenrampe ermöglicht eine Dorsalflexion derZehen; dadurch wird eine Inhibition der Streckerspas-tizität angestrebt.

3 Mediale und laterale Schaftversteifung. Sie wird unterdie Brandsohle geführt. Sie sollte bis zum distalen An-teil der Metatarsalia geführt werden.

4 Mediales Plateau. Dieses soll unter dem Sustentacu-lum tali angebracht werden.

Die mediale und laterale Schaftversteifung sollte dieAchillessehne frei lassen (c).

Orthopädische Schuhzurichtungen an hoch-wertigen Konfektionsschuhen.

Talus-Repositions-(TR-)Ringorthese nach Mo-nique Baise zur Korrektur und Stabilisierung desreversiblen Knick-Platt-Fußes (Abb. 10.6a-c).

Die dynamische Orthese (dAFO) nach NancyHylton strebt nicht eine Achsenkorrektur an, son-dern eine Verbesserung des Zusammenspiels zwi-schen Propriozeption und gezielter Muskelaktivi-tät. Die Orthese besteht aus zwei Teilen: einerexakt angepassten Einlage zur Verbesserung vonPropriozeption und Gleichgewichtssinn und einer

Fuß-Unterschenkelorthese als flexible Stütze desSkeletts (Abb. 10.7). Die aktive Kontrolle über denRückfuß ist Voraussetzung für die Nancy-Hylton-Orthese. Andernfalls braucht es einen Hebelarm,der den ganzen Unterschenkel umfasst.

Sitz- und Liegeschalen nach Maß zur Dekubi-tusprophylaxe und Erleichterung der Pflege. Roll-stuhl mit Spezialsteuerung durch Körperteile,welche von der Spastizität verschont gebliebensind, z.B. Fuß oder Mund. Verzögerungsschaltungfür Athetotiker (Kap. 7). Hilfsmittel für Alltag,Schule und Beruf (Kap. 8).

a

c

b

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TR-Ringorthese

Drehmoment

Frontalansicht

lateral medial

Abb. 10.6a–c Talus-Repositi-ons-(TR-)Ringorthese nach Mo-nique Baise.a Wirkungsweise der Ringorthe-se: Aufrichtemechanismus.

b Frontalansicht.c Ringorthese von lateral.

Abb. 10.7 Unterschenkelorthese nach Nancy Hylton.Die Einlage ist nicht sichtbar (Foto: Dr. B. Knecht, Zürich).

b

a

c

10.2 Systemerkrankungen des Bewegungsapparats

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10.2.13 Poliomyelitis(Kinderlähmung)

Läsion der grauen (polio = grau) motorischen Vor-derhornzellen des Rückenmarks; damit rein mo-torische Lähmungen bei voll erhaltener Sensibili-tät. Nicht progredient. Erkrankungmeist imKlein-kindesalter: Je früher die Erkrankung und je mas-siver das Lähmungsbild, um so größer die Gefahrvon Kontrakturen, Achsenfehlstellungen, Fußde-formitäten und Wachstumsrückstand.Wirbelsäule: Lähmungsskoliose, meist als S-för-mige Kyphoskoliose mit Rippenbuckel: Orthesenzur Korrektur und Retention (Kap. 5.3). BeiWachstumsabschluss Spondylodese. Sitzschalezur Stabilisierung der Wirbelsäule, keine Korrek-turwirkung.Untere Extremität: Prophylaxe von Kontrakturendurch Lagerungsorthesen. Kontrakturbehandlungan Knie und Fuß durch Gipsredression und Quen-gelorthesen. Operativ: Tenotomie, Sehnenverlän-gerung, -transfer, knie- und hüftnahe Osteoto-mien. Nach Wachtumsabschluss: Osteotomien,Arthrodesen, Verlängerungsosteotomie. Für dieSteh- und Gehfähigkeit ist die Kraft der drei größ-ten Beinmuskeln Mm. glutaeus maximus, quadri-ceps femoris und triceps surae maßgebend. Dabeigilt als Faustregel:➤ ein Muskel ausgefallen: stabilisierendes

Schuhwerk, keine Orthese,➤ zwei Muskeln ausgefallen: Unterschenkelor-

these mit Dorsalsperre (Kap. 5.1.5),➤ alle drei Muskeln gelähmt: Oberschenkelor-

these mit Kniesperre und evtl. Beckenteil (Kap.5.1.8).

Als Folge des gestörten Muskelgleichgewichtskönnen sich Deformitäten entwickeln:➤ Hüfte: Subluxation bis Luxation, Beugekon-

traktur: Oberschenkelorthese mit Beckenteil,➤ Knie: Genu varum/valgum, Genu flexum/re-

curvatum,➤ Fuß: Spitz-, Klump-, Hacken-, Hohlfuß.

Obere Extremitäten seltener betroffen. Stabilisie-rung durch Orthesen: Opponens-Schiene, Radia-lis-Schiene (Kap. 5.4.3).

Orthesen dürfen die Zirkulation in keiner Wei-se behindern. Gefahr des „Postpolio-Sydroms“mitgestörter Durchblutung, gefördert durch chroni-schen Druck durch Beinorthesen. Möglichst keineaxiale Entlastung durch Tuberaufsitz!

Bei schweren multiplen Lähmungen Rollstuhlmit Sitzkissen (Kap. 7). ADL-Hilfen, elektrisch ver-stellbares Bett (Kap. 8.4).

10.2.14 Spina bifida undMyelomeningozele

Dieses Krankheitsbild wird auch angeboreneQuerschnittlähmung genannt. Beachte wichtigeUnterschiede, auch zu den Poliomyelitisfolgen:➤ Die Myelomeningozele, vor allem der LWS, hat

eine Kyphose der Wirbelsäule bis zum „Ta-schenmesser-Phänomen“ zur Folge. Darüberdruckempfindliche vernarbte Weichteile: Ope-rative Korrektur: Spondylotomie, Spondylode-se.

➤ Meist sind mehrere Segmente asymmetrischbetroffen. Entsprechend asymmetrische Or-thesenversorgung anstreben.

➤ Lähmungsfolgen an den Extremitäten:– Achsenfehlstellungen,– Kontrakturen, aber auch falsche Beweglich-

keit der Gelenke.➤ Sekundäre Folgen: Hydrocephalus mit Hirn-

drucksymptomen mit Schädigung der Hirn-funktion:– Seh- und Hörschwäche,– Intelligenzrückstand,– Krampfbereitschaft.

Bei Hydrozephalus: Ventil für einen künstlichenAbfluss des Liquors. Revision oder Ersatz im LaufedesWachstums, regelmäßige Kontrollen erforder-lich.➤ Urin- und Stuhlinkontinenz beanspruchen be-

sondere Hilfsmittel und viel Zeit zur Körper-pflege. Wegen ihrer Bedeutung für die Nieren-und Blasenfunktion hat sie den Vorrang vor zuZeit raubenden orthopädietechnischen Versor-gungen. Ausnahmen: Stehhilfen.

➤ In den Behandlungsplan einzubauen sind wei-tere mögliche Therapien:– Seh- und Hörschulung,– Logopädie sowie– Operationen: Strabismus, Liquorableitung.

Ziel der Technischen Orthopädie: entwicklungs-synchrone Versorgung mit Hilfsmitteln (Abb.10.8).Hilfsmittel: Rollen-, Liege- und Sitzbrett zurselbstständigen Fortbewegung. Steh- und Sitzhil-fen: Parapodium, Paraplegikum, Bauchliegebrett,Rollstuhl. Wichtig: Hände und Kopf bleiben frei.

10 Diagnose-Register

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Abb. 10.8 Entwicklungssynchrones Versorgungsschema nach Kuhn (1977).

Wirbelsäule: Orthesen zum Stützen der WS undzum Schutz der Weichteile im Bereich der Myelo-meningozele:

– im Sitzen durch Sitzschale und Rumpforthe-sen und

– im Liegen durch Liegeschale nach Maß.

Beinorthesen: Redressierende Orthesen sindkontraindiziert: Fehlstellungen sind operativ zukorrigieren. Wegen der aufgehobenen Sensibilitäterhöhtes Risiko von Druck- und Scheuerstellenmit schlechter Heilungstendenz. Bei jeder Erst-versorgungOrthese nach5, 15und60Minuten zurSuche nach Druckstellen ausziehen.

! Ohne Motivation des Patienten und seiner Elternzur Mitarbeit, vor allem zur Prophylaxe von Druck-stellen, sind aufwändige Versorgungen kontraindi-ziert!

Orthesen verschieden je nach Höhe der (asym-metrischen) Läsion und dem körperlichen undpsychischen Allgemeinzustand. Wichtig: mög-lichst leichte Konstruktion (Ferrari-Konzept).

➤ L5/S1: den Rückfuß stabilisierende Schuhe, Un-terschenkelorthese.

➤ L4–L1: Oberschenkelorthesen mit sperrba-rem, evtl. rückverlagertem Knie.

➤ oberhalb L1: Oberschenkelorthesemit Becken-teil.

Reziprozierende Gehorthese bei intaktem Hüft-beuger (M. ileopsoas) und gelähmten Streckern:die Beugekraft des einen Beinswird über Kabelzü-ge oder Hebelwaage mechanisch auf die Ortheseder Gegenseite zur aktiven Extension des Beinsübertragen. Therapiegerät für Steh- und Gehtrai-ning, keine Dauerversorgung (Abb. 10.9).

Weitere Gehmuster mit stabilisierender Or-these für Beine und Becken (Parapodium, Paraple-gicum):➤ Swivelgang: Fortbewegung durch Rotation des

Körpers in der Transversalebene.➤ Pendelgang: Durchschwingen zwischen 2

Stockstützen.

Mit jeder höheren Läsion oberhalb L4 nimmt dieGehleistung ab und reduziert sich bei thorakalerSpina bifida auf Stehtraining imWachstumsalter.

10.2 Systemerkrankungen des Bewegungsapparats

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Abb. 10.9 Isozentrische reziprozierende GehortheseRGO (Motloch) (Foto: Preisler).

Nach der Pubertät wird der Zeitaufwand fürOrthesen und Gehtraining zu groß; soziale Inte-gration, Ausbildung und Beruf haben den Vorrang.

Der Rollstuhl (Kap. 7) bietet sich an als das ein-fachere und risikoärmere Fortbewegungsmittelbis zu Höchstleistungen an, z.B. Marathonläufen.Weitere Hilfsmittel: Rollator, Rollstuhl. Stehhilfen,Pkw mit Handsteuerung vom Rollstuhl aus.ADL-Hilfen.

10.2.15 Querschnittlähmung

Versorgung von Patienten mit Querschnittläh-mung überschneidet sich z.T. mit der bei Spina bi-fida und Myelomeningozele.

Die Rehabilitationsmöglichkeiten sind ab-hängig von Höhe und Vollständigkeit der Läh-mung (Tab. 10.2).

Die orthopädietechnische Versorgung ist weit-gehend abhängig von der Motivation des Patien-ten. Sie erhöht den bereits beträchtlichen und

wichtigeren Zeitaufwand für Körperpflege und-training. Sportrollstühle befähigen Paraplegikerzu Höchstleistungen. Für Paraplegiker sind zurDekubitus-Prophylaxe Sitzkissen notwendig.

Schutz von Knien und Füßen bei Fehlstellun-gen oder Spastizität.

10.2.16 Neurogene Arthropathien

Angeborene oder erworbene sensorische Läh-mungen, Folge einer Erkrankung des Nervensys-tems, mit oder ohne motorische Ausfälle.Neuro-Osteoarthropathie: Zerfall von Knochenund Gelenken. Beispiele: „Diabetesfuß“ (Kap.10.5.23), angeborene Analgesie, Syringomyelie.Technische Orthopädie: Orthesen und orthopädi-sches Schuhwerk (Kap. 3, Kap. 4) als Stütze undzum Schutz der Gelenke undWeichteile. Röntgen-bilder mit Orthopädiehandwerker besprechen!

Ziele:➤ Schutz des Fußes vor Trauma und Kälte, vor al-

lem aber vor Perforation der Haut von außen(Schuhwerk) und von innen (Knochenfrag-mente). Amputationsprophylaxe!

➤ Verbesserung der Steh- und Gehfähigkeit: Lot-aufbau, Abrollhilfen.

Keine Stellungskorrekturen, die von Hand ohneKraftaufwand nicht möglich sind. Der Patientmerkt nicht, wo ihn der Schuh drückt. Daher alleArten von Orthesen nach 5 Minuten Tragezeit zurPrüfung von Druckstellen ausziehen lassen. Beinegativem Befund wiederholen nach 5, 15 und 60Minuten. Bei progredienten Arthropathien sindenge Kontrollen sowie Mitarbeit des Patientenund seiner Angehörigen unerlässlich. Bei Weich-teilödemen Kompression durch elastische Bindenoder Strümpfe. Gleichzeitig Ödemausschwem-mung durch medikamentöse und physikalischeMaßnahmen.

10.2.17 Hämophile Arthropathie

Die gestörte Blutgerinnung kann schon bei einemBagatelltrauma rezidivierende Hämatome in Ge-lenken zur Folge haben. Bei der Resorption des Er-gusses kommt es zur Einlagerung von Eisen in dieSynovialis und in der Folge zu schweren Destruk-tionen des Gelenks. Betroffen sind vor allemSprunggelenk, Knie- und Ellenbogengelenk.

10 Diagnose-Register

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227

Tabelle 10.2 Rehabilitationsmöglichkeiten bei Querschnittslähmung je nach Vollständigkeit der Lähmung

Höhe Orthesen, Schuhe Stock Rollstuhl Auto fahren Weitere Maß-nahmen

L5/Sakrum Einlagen, hohe Schuhe,Innenschuhe

Handstöcke nein Servohilfen

L4–L2 Unterschenkelorthesen➤ � 6 Jahre ohne,➤ � 6 Jahre mitSprunggelenk.

➤ evtl. Dorsalfeder,Pufferabsatz, Rolle

Hand- und Krück-stöcke

Greifreifen, Sitz-kissen abnehmbar

wie oben, Getrie-beautomat

Sportrollstuhl

L1–Th12 Oberschenkelorthesen➤ � 6 Jahre ohne Ge-lenke,

➤ � 6 Jahre mit sperr-barem Knie.

➤ Sprunggelenke mitDorsalsperre und-feder, kein Tuber-aufsitz

Krückstöcke, Ach-selkrücken, evtl. 4-Punkt-Handstöcke

wie oben, evtl. mitStehhilfe, evtl.Elektrorollstuhl

wie oben, Hand-bedienung undPlatz für Rollstuhl

Sportrollstuhl,Spina bifida: rezi-prozierender Ge-happarat zur Be-wegungsthera-pie, Stehhilfen:Parapodium,Bauchlagebrett,Toilettenhilfen

Th11–Th3 wie oben, aber Gehfä-higkeit nur Schritte aufebenem Boden. Indika-tionen daher relativ

wie oben Selbstfahrer wie oben Sitz-schale

Treppenaufzug,Toiletten- und Ba-dehilfe, Bett elek-trisch verstellbar

Th2–C8 aufgegeben – Elektroantrieb,Lehne rückklapp-bar, Stehhilfe

wie oben, Kopf-stütze

wie oben

C6/C7 Handorthesen:Schreib- und EsshilfenFlexor-Hinge-Splint

– wie oben, Kopf-stütze

– wie oben, Liege-schale, Schreib-computer

C5–C2 Atemhilfe – wie oben, Steue-rung mit Mund-stück, Atmung,Unterkiefer

– Schreibcomputermit Mund- oderAtemsteuerung

Wichtigste Therapie: Substitution der fehlendenGerinnungsfaktoren. Gelenkschutz.Operationen im Erwachsenenalter: Synovialekto-mie, Lösen von Kontrakturen, Gelenkersatz.

Technische Orthopädie: Flächenförmige, an dieDeformität von Gelenk undWeichteilen sorgfältigangepasste➤ Orthesen zum Schutz vor Trauma und zur Ent-

lastung der Gelenke,

➤ Sprunggelenk: hoher Innenschuh (Kap. 4.2),➤ Unterschenkelorthese, ohne, mit teilweise

oder vollständig eingeschränkter Beweglich-keit (Kap. 5.1.5),

➤ Knie: Orthese wie bei Gonarthrose (Kap. 5.1.7),➤ orthopädische Schuhzurichtungen: Pufferab-

satz, Keilabsatz, Mittelfußrolle (Kap. 3.3), ggf.Maßschuhe, Arthrodesestiefel,

➤ Ellenbogenorthese (Kap. 5.4.2).

10.2 Systemerkrankungen des Bewegungsapparats

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228

10.3 Wirbelsäule

10.3.1 Muskulärer Schiefhals

Angeboren, gehäuft nach Steißgeburt. Differenti-aldiagnose: Klippel-Feil-Syndrom.Technische Orthopädie: Kopf-Schultergips (Mi-nervagips) oder entsprechende Orthese (Kap.5.2.2.2) in maximaler Korrekturstellung. Zur post-operativen Behandlung. Wirkung fraglich als reinkonservative Maßnahme.

10.3.2 Haltungsinsuffizienz

Fehlentwicklung der Wirbelsäule im Wachstumin der Sagittalebene des Wachstums.

Geradehalter mit fraglicher Wirkung (Kap.5.2.2.3).

In schweren Fällen Aufrichte-Orthese, kombi-niertmit aktiver Gymnastik bis zumAbschluss desWachstums. Der Beckenteil der Orthese wird inFlexion der Wirbelsäule abgegipst. Das Hypo-mochlion liegt distal des Kyphose-Scheitels. Akti-ve Aufrichtung der Wirbelsäule. Vorderer Gegen-halt durch Sternalpelotte oder Achselpelotten(Kap. 5.2.2.4).

Orthesen sind nach abgeschlossenem Wachs-tum kontraindiziert.

10.3.3 Scheuermann-Krankheit

Bei Rundrücken und Schmerzen in aufrechter Hal-tung: Physiotherapie und Aufrichte-Orthese wiebei Haltungsinsuffizienz (Kap. 5.2.2.4).

10.3.4 Säuglingsskoliose

Großbogige, C-förmige Skoliose mit minimaleroder fehlender Rotation.

Die Skoliose korrigiert sich spontan im Laufedes Wachstums. Ausnahme: spastische Halbsei-tenlähmung, Wirbelfehlbildungen.

Redressierende Orthesen sind unnötig, gefähr-den die psychomotorische Entwicklung des Kin-des und verängstigen die Eltern.

!Wichtig sind Verlaufskontrollen zum definitivenAusschließen einer progredienten schweren Formder Skoliose und damit zur Indikation für Skoliose-orthese (Kap. 5.3).

10.3.5 Spondylolyse,Spondylolisthesis

Hyperlordose der LWS, die Olisthesis führt zur Bil-dung einer Stufe.Technische Orthopädie: stabilisierendes, kypho-sierendes Lendenmieder mit Kreuzpelotte nachMaß entsprechend der Stufe, ohne Druck auf dieDornfortsätze (Kap. 5.2.2).Ziel: vermeiden schmerzhafter Extrembewegun-gen. Stabilisierung bei körperlich schwerer Arbeit.Der Gleitvorgang dagegen lässt sich nicht rück-gängig machen.

In resistenten Fällen Spondylodese.

10.3.6 Spondylitis

Im akuten Stadium schmerzhaft. Entwicklung ei-ner Kyphose bis Gibbus durch den Kollaps derWirbelkörper mit Gefahr von Paraparese und Pa-raplegie. Senkungsabszesse.TechnischeOrthopädie: Entlastung und Ruhigstel-lung der Wirbelsäule durch Liegeschale nach Maßaus Gips oder Kunststoff (Kap. 5.2.2). NachMobili-sation mit Gipskorsett bis zur Bildung eines Wir-belblocks, evtl. reklinierendes Lendenmieder.

Sitzkissen oder -koffer zum Ausgleich der ver-ringerten Rumpfhöhe.

10.3.7 Spondylose,Spondylarthrose,Osteochondrose

Versorgung: Lendenmiedermit Kreuzpelotte oderÜberbrückungsmieder nach Hohmann zur Immo-bilisation und Fixation der Lendenwirbelsäule, vorallem zum Vermeiden von Extrembewegungen(Kap. 5.2.2). Bei adipösen Patienten kaum reali-sierbar. Gleichzeitig Physiotherapie.

10.3.8 Zervikobrachialgie,Zervikale Diskopathie

Versorgung: Halsorthese zur Ruhigstellung, beiDiskopathie in Flexion, und zum Schutz vor Kälte.Ausschalten von Extrembewegungen (Kap. 5.2.1).Lagerung auf Spezialkissen in Entlastungsstellung

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mit teilweiser Einschränkung der Rotation. Glis-son-Extension zur Therapie.

10.3.9 Lumbale Diskopathie

Einengung der Foramina intervertebralia. Ein-schränken von Lordose und Drehbewegungen.

10.4 Obere Extremität

10.4.1 Amputation undProthesenversorgung(Kap. 6.1 und 6.3)

10.4.2 Schulterluxation

Posttraumatisch, seltener angeboren.

Technische Orthopädie:➤ Akut: Nach Reposition Ruhigstellung mit

Schulterverband (Kap. 5.4.1).➤ Posttraumatisch: habituell, nicht operabel, zur

Rezidivprophylaxe: Luxationsorthese (Kap.5.4.1).

➤ Angeboren: schlechte Akzeptanz, Wirkungfraglich.

10.4.3 Epicondylitis humeri

Technische Orthopädie:➤ Akut: Immobilisation durch Oberarm-Hand-

Orthese samt Fingern in Funktionsstellung fürzwei bis drei Wochen.

Technische Orthopädie: Kyphosierende Lumbal-orthese zur:➤ Ruhigstellung,➤ Entlastung,➤ Ausschaltung von Extrembewegungen und➤ Schmerzstillung (Kap. 5.2).

➤ Chronisch: lokaler Druck auf Sehnenplattedurch Epikondylitis-Spange oder -bandage(Kap. 5.4.2).

10.4.4 Handgelenksarthrose,Skaphoid-Pseudarthrose

Technische Orthopädie: palmare Radialis-Schienebzw. Navikulare-(Skaphoid-)Schiene zur Stabili-sierung und Immobilisierung in Funktionsstel-lung (Kap. 5.4.3).

10.4.5 Karpaltunnel-Syndrom

TechnischeOrthopädie: Lagerung vonHandgelenkund ggf. Daumen und Finger mit palmarer Lage-rungsschiene in Funktionsstellung (Kap. 5.4.3), oftals Nachtlagerungsschiene. Die Orthese muss bisin das proximale Drittel des Unterarms reichen.Der Querschnitt des Handgelenks ist rechteckig,nicht oval oder gar kreisrund. Druckstellen überden Processus styloides vermeiden.

10.4 Obere Extremität

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230

10.5 Untere Extremität

10.5.1 Amputation undProthesenversorgung(Kap. 6.1 und 6.2).

10.5.2 Angeborene Hüftdysplasie

Ergebnis abhängig von Frühdiagnose, Grad derDysplasie und adäquater Orthesenversorgung oh-ne Risiko einer Femurkopfnekrose (Luxationsper-thes). Operative Maßnahmen zur besseren Über-dachung und zur Retention sind selten mehr indi-ziert.

Technische Orthopädie: Orthesen zur Repositionund Retention (Kap. 5.1.9.5).

10.5.3 Instabile Hüfte

Ursachen: Lähmung, Zustand nach Reposition ei-ner luxierten Hüftprothese, Zustand nach Entfer-nung einer Hüftprothese.

Indikationen:➤ erneute Luxation vermeiden,➤ Hüftgelenk stabilisieren,➤ Bein extendieren bei fehlendem Hüftgelenk

(s. Abb. 5.39, S. 60) und➤ Beinlängenausgleich (Kap. 5.1.6).

Technische Orthopädie: Hüftorthese mit Becken-(Lenden-)- und Oberschenkelteil, durch seitlichesGelenk miteinander verbunden. VorfabrizierteModule. Der Bewegungsumfang dieses Gelenks isteinstellbar oder auch sperrbar (Kap. 5.1.9.2). Beispastischen Lähmungen Spreizkeil, Steh- undGehhilfen.

10.5.4 Coxa vara congenita

Abduktionshemmung, Hüfte in Adduktionsfehl-stellung, kompensatorisches Genu valgum, Bein-verkürzung (Abb. 10.10). Beinlängenausgleichvollständig nur bei voller Belastbarkeit (Kap.5.1.6). Absatz nach lateral verbreitert (Kap. 3.3).Fersenkappe seitlich verstärkt, besser in hohenSchuhen; Pufferabsatz, Ballenrolle.

Ultima ratio bei schmerzhafter, nicht belastba-rerer Pseudarthrose: Oberschenkelorthese mitExtensionswirkung zwischen Tubersitz und San-dale (Kap. 5.1.9.2).

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Abb. 10.10a, b Entwicklung der Coxa vara congenita.Derselbe Patient mit 10 Jahren (a) und mit 30 Jahren (b).

10.5.5 Morbus Perthes

Ziel: Zentrieren und Entlasten des Hüftkopfs.Technische Orthopädie: Einstellen der Hüfte inAbduktion und Innenrotation, axiale Entlastung(Kap. 5.1.9).

10.5.6 Koxarthrose

Bewegungsumfang eingeschränkt, in den Endgra-den schmerzhaft. Kontraktur vor allem in Adduk-tion, Innenrotation und Flexion. FunktionelleBeinverkürzung. Erlanger Hüftorthese (Kap. 5.1.9),zuerst versuchsweise!

Pufferabsatz, Flügelabsatz, niedrige Absätze(Kap. 3.3). Richtungsrolle nach außen (Kap. 3.3).Beinlängenausgleich (Kap. 5.1.6). Schuhe ohneSchnürung.Hilfsmittel: Gehhilfen: Hand- oder Krückstockmitanatomischem Handgriff, für die Gegenseite. An-ziehhilfen für Schuhe und Strümpfe (Kap. 8). Er-höhter Toilettensitz; Coxarthrose-Stuhl, auch Ar-throdese-Stuhl genannt, mit herunterklappbaremSitzteil unter der betroffenen Hüfte.

10.5.7 Beinlängenunterschied

Die Indikationsstellung zum Beinlängenausgleichist Sache des Arztes.

Nicht jeder Beinlängenunterschied ist auszu-gleichen. Nicht allein die im Liegen oder im Stehengemessene Differenz ist maßgebend. Zu berück-sichtigen sind Anamnese, Ursachen, Stellung und

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Funktion des Bewegungsapparats, vor allem derWirbelsäule.

Bei Knie- und Hüftsteife, nach Beinamputatio-nen ist eine leicht kürzere Beinlänge von Vorteil,um in der Schwungphase ein Stolpern, ein Anhe-ben des Beckens oder Mähbewegungen zu ver-meiden.

Vor der definitiven Verordnung eines Aus-gleichs ist eine dynamische Gehprobe mit „Rö-mersandalen“ (Abb. 5.19a, b, S. 45) die sicherereLösung. Eine jahrelang bestehende Beinlängendif-ferenz ist, wenn überhaupt, besser schrittweiseals auf einen Schlag auszugleichen.

Operativer Ausgleich durch Verkürzungs-oder/und Verlängerungsosteotomie.Technische Orthopädie: Kap. 5.1.6, S. 45.

10.5.8 Achsenfehlstellungen imKniegelenk

➤ Genu valgum, X-Bein:– Absatz nach innen verbreitern oder/und

Schuhinnenrand erhöhen, Fersenkappe me-dial verstärken (Kap. 3.3).

– Oberschenkelorthese bei instabilem Knie(Kap. 5.1.8, Kap. 5.1.7).

➤ Genu varum, O-Bein:– Absatz nach lateral verbreitern oder/und

Schuhaußenrand erhöhen.– Fersenkappe seitlich verstärken.– Knieorthesen wenig wirksam, evtl. bei in-

operablem instabilem Knie.➤ Genu recurvatum (Kap. 5.1.7.9):

– bis 5�–10�: kurze gelenkfreie Rekurvations-Schiene,

– �10�: Oberschenkelorthese mit Sandale,freiem Kniegelenk mit Anschlag. Sprungge-lenk frei. Oberschenkelteil reicht bis an dieLeiste heran.

10.5.9 Habituelle Patellaluxation

Technische Orthopädie:➤ nach Reposition Ruhigstellung in 10�-Flexion

durch nicht abnehmbare Orthese.➤ Zur Rezidivprophylaxe Kniebandage mit seitli-

cher Verstärkung und Zügelung. Öffnung fürdie Patella (Kap. 5.1.7).

➤ Bei stärkerer Beanspruchung Tape-Verband.➤ Flache Absätze.➤ Zehenrolle (Kap. 3.3).

10.5.10 Gonarthrose

Beweglichkeit eingeschränkt, belastungsabhängi-ge Beschwerden.

Technische Orthopädie:➤ Kniebandage mit freier Patella (Kap. 5.1.7),➤ bei aktiven jüngeren Patienten Knieführungs-

orthese (Kap. 5.1.7), bei älteren Patienten ggf.Osteoarthrose-Orthesen oder entlastende Ap-parate.

➤ Niedrige Absätze, gepuffert (Kap. 3.3),➤ nach innen/außen verbreitert bei Valgus/Va-

rusgonarthrose,➤ Zehenrolle (Kap. 3.3),➤ Handstock auf der Gegenseite.

10.5.11 Os tibiale externum

Os tibiale externum, Naviculare cornutum: nachmedial vorstehend, auf dem Scheitel der Innen-längswölbung, besonders bei Knick-Senk-Fuß mitVorfußabduktion.Technische Orthopädie: Einlage mit Supinationder Ferse. Längswölbungstütze, anatomisch exaktangepasst, ohne Druck auf die „Exostose“. Schaftpunktuell weiten.

10.5.12 Haglund-Exostose

Vorstehender, druckempfindlicher Höcker. Darü-ber Bursa.Technische Orthopädie: Fersenkappe erhöhen,anatomisch anpassen (Kap. 3.3). Einfacher in ho-hen Schuhen. Absatz erhöhen und puffern.

10.5.13 Silfverskjöld-Exostose

Höcker am Fußrücken, darüber Bursa.Technische Orthopädie: breite, gepolsterte, überder Exostose ausgeweitete Lasche (Kap. 3.3); keineSchnürung über dem Höcker.

10.5.14 Morbus Köhler I

Osteonekrose des Os naviculare.Technische Orthopädie: Längswölbung stützenund Ruhigstellen durch Einlage (Kap. 3.4). HohesSchuhwerk, gepufferter Keilabsatz, Mittelfußrolle(Kap. 3.3).

10.5 Untere Extremität

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10.5.15 Morbus Köhler II

Metatarsale-Köpfchen verkürzt, verbreitert undnach dorsal verschoben.

Technische Orthopädie: Einlage mit Schrägschnittund herzförmiger retrokapitaler Pelotte (Kap. 3.4)(Abb. 10.11).

10.5.16 Oberes Sprunggelenk:Instabilität

Fibulare Bandruptur: Indikationen zur Orthesen-versorgung (Kap. 5.1.4.1):➤ konservative und postoperative Therapie und➤ Rezidivprophylaxe.

10.5.17 Oberes Sprunggelenk:Arthrose

Technische Orthopädie: Stabilisieren im schmerz-freien Bereich:➤ schalenförmige Einlage (Kap. 3.4),➤ Orthese (Kap. 5.1.4.1),➤ hohes Schuhwerk,➤ Pufferabsatz und➤ Mittelfußrolle (Kap. 3.3), Arthrodeseschuh.

10.5.18 Zustand nachKalkaneusfraktur

Akutstadium: Fersenentlastungsorthese (Kap.5.1.4.3, S. 41). Anatomische Rekonstruktion nurausnahmsweise möglich.

Residualstadium: Folgen:➤ inkongruente Gelenkflächen: posttraumati-

sche Arthrose des unteren Sprunggelenks undChopart-Gelenk.

➤ Unteres Sprunggelenk blockiert mit oftschmerzhaften Wackelbewegungen.

➤ Arthrose am Vorderrand des oberen Sprungge-lenks, Dorsalflexion eingeschränkt, schmerz-haft. Höhenverlust am Fersenbein führt zuBeinlängenverkürzung.

➤ Kalkaneus-Achse steht spitzfüßig.➤ Vorfuß in funktioneller Hackenfußstellung:

schmerzhafte Überlastung der Gelenke amVorderrand bzw. Fußrücken.

➤ Die Ferse „tritt in ein Loch“.

Abb. 10.11 Morbus Köhler II. OrthopädietechnischeVersorgung: retrokapitale Pelotte unter dem betroffe-nen Metatarsale (nach Baehler).

➤ Kalkaneus kontrakt in Varusfehlstellung, selte-ner in Valgus.

➤ Kompression der langen Sehnen und des N. ti-bialis durch vorstehende Fragmente. Folgen:– kontrakte Hammer- und Krallenzehen,– Fußverkürzung 5–10mm,– vernarbtes, atrophisches Weichteilpolster,– nicht belastbare Operationsnarben,– nach plantar oder zur Seite vorstehende

Fragmente.

Zum exakten Ausmessen der Formveränderun-gen: vergleichende Röntgenaufnahmen aufeinan-der legen: Füße im Stehen seitlich auf ebenemBoden, Fersen axial (Abb. 10.12).

Technische Orthopädie: (Kap. 3.4, Kap. 3.5):➤ Bettungseinlage, gepolstert zur axialen Stoß-

dämpfung (Kap. 3.4).➤ Ausgleich desHöhenverlusts durch Fersenpols-

ter.➤ Varusfehlstellung ausgleichen durch Verbreite-

rung des Absatzes nach lateral undVerstärkungder seitlichen Fersenkappe.

➤ Fersenkappe gepolstert, seitlich ausgeweitet,evtl. erhöht.

➤ Bei schwerer Deformität hohe orthopädischeMaßschuhe.

➤ Ausnahme: Entenschnabel-Fraktur: Nach ope-rativer Reposition und Osteosynthese keine or-thopädietechnischen Maßnahmen erforder-lich. Bei konservativer Behandlung Fersenkap-pe der Restdeformität anpassen.

10 Diagnose-Register

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233

0�

.

1

Abb. 10.12a, b Dem exakten Ausmessen der Formver-änderungen dienen seitliche Röntgenaufnahmen der Fü-ße (a) sowie die Fersen axial (b).1 nach plantar gerichtetes Fragment2 Inkongruenz des unteren Sprunggelenks3 Höhenverlust4 Dorsalflexion eingeschränkt, schmerzhaft5 Fragment stößt an Malleolus6 Fersenbein verbreitert7 Inkongruenz im Chopart-Gelenk

10.5.19 Fersensporn, Fasciitisplantaris

Die Beschwerden sind nicht parallel zur Größe desSporns. Sie werden verursacht durch eine Inserti-onstendinose der Plantarfaszie. Wichtig ist derklinische Befund mit exakter Lokalisation derschmerzhaften Stellen.

Technische Orthopädie: schmerzhaften Bereichdurch Palpation herausfinden und mit Lippen-stift markieren. Gewichtsverlagerung von derFerse auf Mittel- und Vorfuß, Pufferabsatz(Abb. 10.13). Hinterer Fersensporn: Fersenkappeweiten, erhöhen, polstern. Absatz erhöhen, puf-fern.

10.5.20 Achillessehnenruptur

TechnischeOrthopädie als Alternative zur operati-ven Versorgung oder zur postoperativen Nachbe-handlung. Fuß und Unterschenkel in Spitzfußstel-lung immobilisieren (Kap. 5.1.4.2), Spezialschuh.

Abb. 10.13 Entlasten eines Fersensporns durch exaktangepasste, asymmetrische (und nicht kreisförmige)Vertiefung. Zusätzlich breiter, gepufferter und erhöhterAbsatz.

10.5.21 Morton-Neuralgie

Druckdolentes Neurofibrom des plantaren Inter-digitalnervs auf Höhe der Metatarsale-KöpfchenIII/IV, seltener II/III. Spreizfuß führt zur Kompres-sion durch angespannte intermetatarsale Liga-mente.

TechnischeOrthopädie: Einlagenmit herzförmigerPelotte (Abb. 10.20, S.239). Schuhwerk mit brei-tem Vorfußteil ohne seitliche Kompression auf dieMetatarsale-Köpfchen. Ballenrolle mit nach distalauslaufender Sohlenversteifung (Kap. 3.3).

10.5.22 Metatarsalefraktur

Folgen: Kallus, meist spindelförmig. Distales Frag-ment oft nach dorsal verschoben, verkürzt, ver-dreht mit entsprechender Fehlstellung der Zehe.

Technische Orthopädie: Einlage mit exakter Ent-lastung des Kallus (Abb. 10.14); Pufferabsatz, Mit-telfußrolle.

10.5 Untere Extremität

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Abb. 10.14 Metatarsalfrakturen können zu Fehlstellun-gen des distalen Fragments in Verkürzung, Dorsalexten-sion und Innenrotation führen. Retrakapitale Entlastungunter Berücksichtigung des Knochenkallus.

10.5.23 Diabetes-Fuß

(vgl. Kap. 10.2.16, neurogene Arthropathien).

Drei Typen (nach Arlt):➤ Typ 1: Angiopathie mit verminderter arteriel-

ler (und venöser) Durchblutung,➤ Typ 2: Neuropathie mit motorischen und vor

allem sensorischen Ausfällen und➤ Typ 3: Mischtyp.

Typ 1: Weichteile atrophisch, livid verfärbt, Fußunterkühlt. Angioplastische oder gefäßchirurgi-sche Maßnahmen zur Verbesserung der arteriel-len Durchblutung. Physiotherapie.

Technische Orthopädie: Einlagen mit Weichbet-tung, Schuhwerk: gefütterter Schaft, ohne stören-de Nähte, Entlastung der druckgefährdeten Stel-len (Abb. 10.15). Abrollhilfen (Kap. 3.3).

Typ 2: Wichtigste Folge: Neuro-Osteoarthropa-thie.

Abb. 10.15 Besonders druckgefährdete Stellen amFuß.1 Zehenkuppen und -rücken über Mittelgelenken.2 Medialer Rand vom Kopf des Metatarsale I.3 Lateraler Rand vom Kopf des Metatarsale V.4 Basis des Metatarsale V.5 Naviculare cornutum, Os tibiale externum.6 Fersenapophyse.7 Malleolus tibialis und fibularis.

Technische Orthopädie: Schuhwerk passend zuAnatomie und Biomechanik. Keine Korrekturver-suche (Abb. 10.16a-c, Abb. 10.17a-e). Malum per-forans: Ulkus zur Abheilung bringen durch kon-servative und operative Maßnahmen. Platzbedarfvon Verbandmaterial und Binden im Schuh be-rücksichtigen.

10 Diagnose-Register

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Abb. 10.16a–c Diabetesfuß.a Diabetischer Schaukelfuß: Die Ferse steht spitzfüßig,der Vorfuß hackenfüßig, oft instabil. Ein Fragmentspießt sich in die Sohle.

b Der vorstehende Knochen und der Scheitel der Rollewerden mit Lippenstift markiert, ferner die Längsach-se von Kalkaneus und Vorfuß.

c Folienprobe.

b

c

10.5 Untere Extremität

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236

a

b

c

d e

Abb. 10.17 Legende gegenüber

10 Diagnose-Register

Baumgartner , Grundkurs Technische Orthopädie l, (ISBN 3131250712 ) © 2003 Georg Thieme Verlag

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� Abb. 10.17a–e Diabetische Neuropathie am Rückfuß.Operatives Vorgehen.a Präoperativer Zustand mit Auflösung von Talus, Knö-chelgabel und teilweise Kalkaneus. Fehlstellung desRückfußes in Supination.

b, c Débridement der Knochentrümmer, distale trans-versale Schnittfläche von Tibia und Fibula. Nach Repo-sition des Fußes vier Wochen Ruhigstellung mit Fixa-teur externe zwischen Kalkaneus und Tibia. Anschlie-ßend Unterschenkel-Gehgips.

d Nach sechs Wochen Unterschenkelorthesen zur Stabi-lisierung des Fußes. Volle axiale Belastung (analogerZustand auch auf der Gegenseite).

e Konservatives Vorgehen: Linker Rückfuß stark ge-schwollen, in Varus umgekippt, jedoch noch knapp re-ponierbar: Stabilisiert mit hohem orthopädischemMaßschuh mit voller axialer Belastung (OSM A. Krur-sel, Münster).

10.5.24 Klumpfuß, Pes equinovarus

Zum Klumpfuß gehören folgende Abweichungenvon der Norm:➤ Spitzfuß,➤ Rückfußvarus,➤ Adduktion und Supination des Vorfußes,➤ Innentorsion der Tibia,➤ Wadenatrophie.

Ein Klumpfuß kann aus sehr verschiedenen Ursa-chen entstehen:➤ angeboren (Säuglings-Klumpfuß),➤ Spina bifida, Myelomeningozele,➤ Poliomyelitis,➤ zerebrale Lähmung,➤ Trauma.

Leitbild der Therapie ist die häufigste Form, derangeborene Klumpfuß. Er ist „auf Klumpfuß pro-grammiert“ und bedarf daher während der gan-

zen Wachstumsperiode der Beobachtung und ei-ner differenzierten konservativen und operativenBehandlung. Er spricht auf konservative Behand-lung verschieden an. Schlecht korrigierbar: „re-bellischer Klumpfuß“. Nach Abschluss desWachs-tums funktionell gutes Ergebnis, allerdings mitRestdeformität.

Technische Orthopädie: s. Kap. 5.1.2, S. 34.

10.5.25 Sichelfuß, Pes adductus

Der Sichelfuß ist meist angeboren. Restdeformitätbeim korrigierten Klumpfuß, seltener Lähmungs-folge. Vorfuß adduziert, oft proniert, Rückfuß inValgus. Leichte, passiv korrigierbare Form nichtbehandlungsbedürftig. Korrektur durch Orthesenmöglichst vor Gehbeginn.

Technische Orthopädie: s. Kap. 5.1.3, S. 36.

10.5.26 Knick-Platt-Fuß,Pes planovalgus

Rückfuß in Valgus � ca. 20�, Längswölbung abge-flacht, Vorfuß abduziert.

Physiologisch bei Gehbeginn: Im Fersenstandkippt die Ferse in Varus. Längswölbung durchMuskelzug. Nicht behandlungsbedürftig.

Wichtig: das Wachstum nicht behinderndeKinderschuhe (Kap. 3.1).

Pathologisch bei zerebralen Bewegungsstö-rungen, Lähmungen (Poliomyelitis), Ruptur derTibialis-Posterior-Sehne.

Technische Orthopädie:➤ wenn Fehlstellung korrigierbar:

– Einlage mit supinierendem Fersenkeil (Kap.3.4).

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Abb. 10.18a–c Fuß und Schuh bildeneine funktionelle Einheit.a Unkorrigierter Knickfuß.b Ein Supinationskeil allein korrigiertden Valgus nicht.

c Korrektur erst durch Supinationskeilund eng anliegende verstärkte Fersen-kappe oder durch Fersenschale (nachCaillet).

10.5 Untere Extremität

Baumgartner , Grundkurs Technische Orthopädie l, (ISBN 3131250712 ) © 2003 Georg Thieme Verlag

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– Gegenhalt durch schalenförmige Einlageoder enge Fersenkappe (Abb. 10.18a-c).

– Längswölbung angehoben mit Scheitel un-ter Sustentaculum tali.

– Evtl. Detorsionsschnitt mit Anheben vonMetatarsale V.

➤ wenn kontrakt:– Einlage nach Gipsabdruck, Weichbettung

(Kap. 3.4),– orthopädische Schuhzurichtungen (Kap.

3.3): Absatz gepuffert, Flügelabsatz nach in-nen oder Schuhinnenrand-Erhöhung, Fer-senkappe medial verstärken, Ballenrolle beistarker Abduktion als Richtungsrolle.

10.5.27 Hackenfuß, Pes talus

Selten angeboren, Lähmungsfolge: Poliomyelitis,zerebrale Bewegungsstörung, posttraumatisch.

Dorsalflexion �20�: Anschlag am oberenSprunggelenk verspätet oder fehlend. Fuß-Boden-kontakt (Fersenauftritt) verspätet; fehlende rück-hebelndeWirkungaufdie StabilisierungdesKnies.

Technische Orthopädie: Schleppenabsatz mit Ze-henrolle (Kap. 3.3). Fuß-Unterschenkelorthese(Kap. 5.1.5) mit Anschlag des Sprunggelenks in0�–5�-Plantarflexion.

10.5.28 Spitzfuß, Pes equinus

Lähmungsfolge: Poliomyelitis, zerebrale Bewe-gungsstörung, Hemiplegie, Arthrogryposis, Myo-pathie, Ischias- und Peronaeusparese. Anbehan-delter Klumpfuß. Posttraumatisch.

Dorsalflexion völlig aufgehoben. In der Sagit-talebene nur Plantarflexion möglich. In extremenFällen steht der Fuß in der Verlängerung des Un-

terschenkels. Häufig zusätzlich Fersenvarus undInversion des ganzen Fußes. Überlastung von Bal-len und äußerem Fußrand. Funktionelle Beinver-längerung. Standfläche verringert (Abb. 5.20a–d,S. 46).

Technische Orthopädie:➤ Fuß korrigierbar: Hängefuß, Fallfuß:

– Fußheberorthese (Kap. 5.1.4.4),– Absatzerhöhung (beidseits).

➤ Fuß kontrakt:– Absatz erhöhen, bis Unterschenkelachse zur

Sohle in Neutralstellung steht.– Ferse horizontal einbetten.– Flügelabsatz nach außen oder Außenrand-

erhöhung (Kap. 3.3).– Mittelfußrolle.– Beinlängenausgleich (Kap. 5.1.6).

10.5.29 Hohlfuß, Pes cavus

Familiäre Disposition. Folge einer neurologischenErkrankung: Sensibilität, Reflexe. Kontraktur derPlantaraponeurose. Zustand nach Poliomyelitis.

Längswölbung verstärkt in Höhe und Breite.Sprengung verstärkt, Standfläche verkürzt, Fersein Varusstellung, Ballen verbreitert, überlastet. Ze-hen kontrakt in Hammer- und Krallenstellung.

Mit orthopädietechnischenMitteln nicht korri-gierbar.

Osteotomien, Arthrodesen, Weichteileingriffemit wechselndem Erfolg.

Technische Orthopädie: Ferse im physiologischemWinkel von 10� zumBoden nach distal hin aufstei-gend einstellen: Die jetzt noch bestehende Inflexi-on des Vorfußes bestimmt die Absatzhöhe.Weite-re Maßnahmen:

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Abb. 10.19a, b Orthopädischer Maß-schuh beim Hohlfuß.a Die stufenförmige Bettung dehntden Hohlfuß und flacht ihn unterBelastung ab (nach Baehler).

b Orthopädieschuhtechnische Versor-gung: Ferse horizontal einbetten.Sprengung durch gepufferten Ab-satz von entsprechender Höhe aus-gleichen, eine Varusstellung der Fer-se durch Verbreiterung des Absat-zes nach außen und Verstärkungder seitlichen Fersenkappe. Ballen-rolle. Genügend Platz für Zehen.

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➤ Einlage mit stufenförmiger Bettung (Kap. 3.4),➤ Pufferabsatz, nach lateral verbreitert (Kap. 3.3),➤ Fersenkappe seitlich verstärkt und➤ genügend Platz für Zehen lassen.

In der Regel Indikation für orthopädische Maß-schuhe (Kap. 4.1) (Abb. 10.19a, b).

10.5.30 Spreizfuß, Senk-Spreiz-Fuß,Pes planotransversus

Erworben: familiäre Disposition, ungeeignetesSchuhwerk, rheumatische Erkrankungen, Läh-mungsfolgen.

Ballen verbreitert, Querwölbung abgeflacht,durchgedrückt. Überlastung Metatarsale-Köpf-chen II–V und Minderbelastung von I und V.

Längswölbung:➤ abgeflacht: Senk-Spreizfuß,➤ verstärkt: Hohl-Spreizfuß.

Sekundäre Fehlstellungen der Zehen: Hallux val-gus, Metatarsus quintus varus, Krallen- und Ham-merzehen.

Technische Orthopädie:➤ Fuß korrigierbar:

– Einlage mit pelottenförmiger oder quererretrokapitaler Entlastung (Abb. 10.20a, b).

– Weichschaum-Einlage (Kap. 3.4) zur Kom-pensation der Sohlenatrophie.

– Schuhzurichtungen (Kap. 3.3): Platz für Bal-len und Zehen sowie für die Einlage. Absatz:niedrig bei Senk-Spreiz-Fuß, hoch bei Hohl-Spreiz-Fuß, der natürlichen Sprengung desFußes entsprechend.

– ggf. Vorfußkompressionsbandage.

Abb. 10.20 Herzförmige und quere Pelotte zur retro-kapitalen Entlastung (nach Baehler).

➤ Fuß kontrakt:– Weichschaumbettung, kein Korrekturver-

such.– Quere retrokapitale Entlastung,– Pufferabsatz,– Ballen- oder Schmetterlingsrolle.

10.5.31 Hammer- und Krallenzehen

Hammerzehe: Schwiele über Mittelgelenk und anKuppe.

Krallenzehe: Schwiele überMittel- und Endge-lenk. Die Kuppe berührt den Boden nicht.

Technische Orthopädie: Korrekturorthese in Sili-kontechnik (Kap. 5.1.1), Druckschutzmittel, Vor-fußkappe gezielt weiten, Einlage mit Zehenpols-ter. Sohlenversteifung, Ballenrolle (Kap. 3.3.3).

10.5.32 Hallux valgus

Großzehe in Valgus und Pronation, „Exostose“ vonKopf Metatarsale I nach medial, Sesambeine nachlateral luxiert.

Sekundäre Deformitäten der benachbarten Ze-hen: „pied triangulaire“. Meist mit Spreiz- oderHohlfuß kombiniert (Kap. 10.5.29, Kap. 10.5.30).

Technische Orthopädie: Platz für Ballen und Vor-fuß, Ballenrolle (Kap. 3.2, Kap. 3.3). Zehenorthesezur postoperativen Ruhigstellung (Abb. 5.2, S. 34).Einlagenversorgung mit querer Rollentechnik zurGewölbestütze (ohne die Innenrotation des erstenStrahls zu verstärken).

ab

10.5 Untere Extremität

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