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ICF BASEL ISSUE N°12 – MAI 2016 ICH BIN DANN MAL WEG! I'LL BE OFF! WURZELN SCHLAGEN IN DER NEUEN HEIMAT WEIN: EIN GÖTTLICHES GETRÄNK WINE: A DIVINE DRINK 04 22 28

1UP N°12 (05.2016)

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ICF Basel Magazin 1UP N°12 (Mai 2016)

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Page 1: 1UP N°12 (05.2016)

ICF BASELISSUE N°12 – MAI 2016

ICH BIN DANNMAL WEG!I'LL BE OFF!

WURZELN SCHLAGEN IN DER NEUEN HEIMAT

WEIN: EIN GÖTTLICHES GETRÄNKWINE: A DIVINE DRINK

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WHAT COULD I SAY...&WHAT I SEE...

«So what could I say?And what could I do?But offer this heart, Oh GodCompletely to you

I'll standWith arms high and heart abandonedIn awe of the one who gave it allI'll standMy soul Lord to you surrenderedAll I am is yours»

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What could I say... diese Zei-le aus dem Lied „The Stand“ von Hillsong ist mir in den letzten Wochen öfter durch den Kopf gegan-gen. Manches Mal bin ich sprachlos gewesen, über Gottes standhafte Güte und Liebe für die Mensch-heit. Er ist spezialisiert dar-in, Menschen aus Schmerzen und Not wieder aufzurichten, Hoffnung und Zukunft in Herzen zu pflanzen.Ich empfinde es als ein grosses Vor-recht, in einer Kirche dabei sein zu dürfen, die tatsächlich einen Unterschied in dieser Welt macht! Jede Woche setzen Männer und Frau-en ihre Begabungen, Zeit und Fi-nanzen in unserer Kirche ein, um Gottes Liebe und Leidenschaft ein wenig mehr sichtbar und erlebbar zu machen. Sei es im Worship - Bruce Klöti und Roman Albertini haben eine herausragende Arbeit geleistet und die neue GOTTPOP CD auf Hochdeutsch produziert - oder in der Arbeit mit Flüchtlingen, im Ladies-Time, im Aufbau unserer neuen ICF Location in Lörrach und und und. What could I say!

ICF Basel & Baselland haben sich in den letzten Jahren stark ver-ändert: an fast jedem Tag in der Woche ereignet sich Kirche! Es ist ein Haus mit ganz vielen Zimmern, aber mit einer Vision: Menschen finden eine lebendige Beziehung zu Jesus Christus, erleben echte Liebe und Gemeinschaft.

What I see...Wenn ich an unsere Zukunft denke, dann sehe ich eine Kirche, • die gross und mutig genug ist,

um über die Landesgrenzen hin-aus zu wirken, aber klein genug bleibt, um den Einzelnen ein Daheim zu sein

• die eine revolutionäre Gegen-kultur mitten in unserer Ge-sellschaft aufrichtet: eine Kultur der Hoffnung, die Got-tes Bild und sein Potential in jedem Menschen sieht und dafür kämpft, dass es freigelegt wird; eine Kultur der Annahme, Ver-gebung und Ermutigung, in der Zerbrochene wiederhergestellt, Verletzte geheilt und Verzwei-

felte aufgerichtet werden; eine Kultur der Beteiligung und Ex-zellenz, die uns herausfordert, nicht den Rest unserer Zeit, Kraft und Mittel, sondern unser Bestes für Gott zu geben

• die konstant innovativ ist und neue Wege sucht, um die Bot-schaft der Liebe Gottes auf alle erdenkliche Art und Weise zu kommunizieren

• die Gott, die Menschen und das Leben liebt - jung und flexibel im Geist, grosszügig im Herzen, engagiert für eine Welt, die unsere Hingabe braucht!

Ich freue mich sehr auf die nächs-ten Jahre und bin gespannt, was wir gemeinsam erleben werden. Das neue 1UP, das ihr in der Hand haltet, ist dieses Mal ein recht buntes Heft geworden. Unter-schiedliche Beiträge aus den ver-schiedensten Richtungen! Ich bin sicher, da ist für jeden etwas da-bei. Viel Spass beim Lesen!

What could I say... I’ve thought about this line from Hillsong’s “The Stand” many times over the last few weeks. So many times I’ve been speechless, in awe of God’s cons-tant goodness and his love for people. He’s a specialist in rescuing people from difficult and painful situations, planting hope and a future in hearts.

For me it’s a huge privilege to be part of a church that really makes a difference in this world! Every week men and women invest their giftings, time and finances into our church in order to make God’s love and passion a little bit more visible, more real. Whether in worship – Bruce Klöti and Ro-man Albertini have done an amazing piece of work and produced the new GOTTPOP CD in High German – or in our ministry with migrants, in Ladies-Time, in the start-phase of our new ICF location in Lörrach… and, and, and – What could I say!ICF Basel and Baselland have changed a lot over the last few years: church is happening on almost every day of the week! It’s a house with many rooms, but with only one vision:

that people enter into a living relationship with Jesus Christ and experience true love and community.

What I see…When I think of our future, then I see a church…• That’s big and courageous enough to

work across national borders but that stays small enough to still be a home for individuals

• That is a revolutionary counter-cultural force in our society: a culture of hope, that sees God’s image and his potential in every person and that fights for this to be set free; a culture of acceptance, for-giveness and encouragement, in which the broken are restored, the hurting are healed and the despairing put back on their feet; a culture of sharing and excel-lence that challenges us, not to give “the rest” of our time, energy and means for God but our best

• That is constantly innovative and seeks new ways of communicating the message of God’s love in all possible ways and means

• That loves God, people and life – young and flexible in Spirit, generous in heart, engaged for a world that needs our com-mitment!

I’m looking forward to the coming years and I’m excited to see all that we’re going to ex-perience together.The new 1UP, that you hold in your hand, is this time a richly varied magazine - many different contributions out of wildly diffe-rent directions. I’m certain, that there’s so-mething for everyone in it. Happy reading!

Ralf Dörpfeld(Senior Pastor ICF Basel)

What could I say... & What I see... — 03

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ICHBINDANNMALWEG!I'LLBE OFF!INTERVIEW MITPATRICK INDLEKOFERINTERVIEW WITHPATRICK INDLEKOFER

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Autor: Andy Bäumler

Bild links: Patrick Indlekofer (Foto: Privat)

Bild Hintergrund: Sicht aus Flugzeug (Foto: Roman Albertini)

Author: Andy BäumlerRight image: Patrick Indlekofer (Photo: Private)

Background image: View out of the airplane (Photo: Roman Albertini)

Ich bin dann mal weg! — 05

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06 — Ich bin dann mal weg!

Patrick Indlekofer ist in unserer Kirche zum Glauben gekommen und hilft seit einigen Jahren als fröhlicher, gutaussehender, bunt tätowierter Usher im ICF Basel mit. Jetzt hat er sich dazu entschlossen, in die Slums von Manila auszureisen. Die Hälfte der über 15 Millionen Einwohner lebt dort in illegalen Slumgebieten, davon mehr als 100’000 Kinder direkt auf der Strasse. Viele finden in ihren Familien weniger Zuwendung und Akzeptanz als in Strassenbanden. Ihre Mütter und Väter sind vor überwältigende Herausforderungen gestellt; Not, Entwurzelung und mangelnder Wohnraum überfordern viele Eltern. Häufig sind Alkoholismus, Gewalt und Missbrauch die Folgen. Die Organisation Onesimo kümmert sich um diese Kinder und Jugendlichen und hilft ihnen, von Süchten loszukommen, schulische Defizite aufzuholen und erste Schritte im Erwerbsleben zu gehen.Schon drei Mal sind Gruppen vom ICF Basel als Discovery Teams in die Slums von Manila gereist, um die Arbeit von Christine und Christian Schneider kennenzulernen, die die Organisation Onesimo 1995 ins Leben gerufen haben. Patrick war beim ersten Mal dabei und hatte sofort den Wunsch, zu bleiben. Jetzt wird es ernst: Im März geht es nach Südengland für einen sechsmonatigen Sprachaufenthalt. Ende Jahr zieht Patrick dann auf die Philippinen. Und uns nimmt es wunder, wie es ihm beim Gedanken daran geht…

Patrick Indlekofer, a cheerful, good-looking, colourfully tattooed young guy got to know God in our church and for the past few years has been helping in the ICF Basel usher team. Now he has decided to move to the slums of Manila. Half of the 15 million inhabitants live in illegal slum areas, more than 100'000 of them children, living on the streets. Many find less attention and acceptance in their families than in street gangs. Their mothers and fathers are confronted with overwhelming challenges; poverty, uprooting and cramped living spaces overburden many parents. Oftentimes alcoholism, violence and abuse are the result. The organisation Onesimo cares for these children and youth and helps them to break free from addictions, make up their educational shortcomings and take their first steps into their working life.Groups from ICF Basel have now travelled three times to the slums of Manila as Discovery Teams, getting to know the work of Christine and Christian Schneider, who founded the Organisation Onesimo in 1995. Patrick was part of the first trip and had the immediate wish to stay. Now things are coming together: he will be travelling to South England for a 6-month language course. Patrick will then be moving to the Philippines by the end of the year. And we’re interested to know his thoughts on this step he’s taking…

Bild unten: Tondo, Manila (Foto: Roman Albertini)

Bottom image: Tondo, Manila (Photo: Roman Albertini)

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Ich bin dann mal weg! — 07

Patrick, welches Bild erscheint in deinem Kopf, wenn ich Manila sage?

Das ist ein fröhliches, ein schö-nes Bild: viel Lachen und Freude. Wenn man von aussen in die Slums kommt, fragt man sich, woher die Menschen dieses Hoffnungsvolle haben, warum sie so unbeschwert und gelassen wirken in Anbetracht dieser schrecklichen Umstände, die ja nicht wegzureden sind. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden die Menschen versu-chen, etwas zu überspielen. Aber wenn man genauer hinsieht, merkt man: Das ist echt! Das ist mit ein Grund dafür, warum ich mich in den Slums so wohl fühle.

Du hast dich zur Auswanderung ent-schieden – oder zumindest dazu, auf unbestimmte Zeit in die Metro-pole Manila zu ziehen. Erzähl uns, was dich dazu bewogen hat.

Für mich ist es der nächste Schritt im Glauben. Ich wage etwas ganz Neues und bin herausgefordert,

Gott zu vertrauen. Jesus ist zu den Armen und den Schwachen gegangen, hat sein Leben mit diesen Menschen geteilt. Und er sagt: ‚Macht Gottes Sache zu eurer Priorität im Leben, und alles andere wird euch gegeben.‘ Wir singen im ICF dieses Lied, in dem es heisst: „Ich lasse alles hinter mir, es gibt nichts, was ich brauche neben dir“; vielleicht sind Lieder wie dieses daran Schuld, dass ich das mache! (lacht) Die Bibel ist voller Aufforderungen zu Zuversicht, Mut und Vertrauen. Das erlebe ich jetzt ganz praktisch. Ich bin frei vom Materialismus, muss mich ganz auf Gott verlassen und meine Sicherheiten aufgeben. Das ist ein echtes Freiheitsgefühl! Manchmal frage ich mich: Wie sehr geht es in dieser Sache um mich oder um die Armen? Man kann das nicht in Prozenten ausdrücken, aber es ist tatsächlich eine Mischung aus beidem. Es geht auch um mich, um die Frage: Was hat Gott mit meinem Leben vor?

Woher nimmst du den Mut, um in die Slums von Manila auszureisen?

Es ist für mich gar nicht so sehr eine Frage des Mutes. Wenn wir Je-sus auf dem Weg, den er uns vor-ausgeht, nachfolgen, dann brauchen wir keine Angst vor den Herausfor-derungen zu haben, die dann auf uns zukommen. Wir singen das jede Woche in der Celebration. Es ist mir auch schon passiert, dass ich diese Lieder gesungen habe, ohne gross darüber nachzudenken – aber wenn ich diese Worte in mein Herz sinken lasse, dann wird mir klar: Wir brauchen wirklich keine Angst zu haben. Der Weg, den uns Jesus vorausgeht, ist der richtige. Da-ran glaube ich fest. Und so habe ich Ruhe und Frieden über dieser Entscheidung. Er fängt mich auf, selbst wenn ich einmal falle.

Hast du manchmal Zweifel daran, ob dieser Schritt der richtige ist?

Nachdem ich aus Manila wiederkam, wollte ich zuerst hier eine Aus-

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bildung im sozialen Bereich ma-chen, merkte dann aber schnell, dass das nichts für mich ist. Es blieb mein grosser Wunsch, nach Manila zurückzugehen.

Wie kompliziert ist es wirklich, alles hinter sich zu lassen?

Das war bis jetzt relativ einfach! Kompliziert war es nicht, aber aufwändig.Du hast deine Wohnung und dei-nen Job gekündigt, verlässt deine Familie, Freunde, den FCB, deine Kirche ICF Basel. Was davon fällt dir am schwersten?

Die Familie, meine Mutter und mein Vater. Meine besten Freunde. Und sicher auch die Kirche. Ich habe mich schon oft gefragt, wie das sein wird, ohne die lebensnahen Predigten und die Worshipzeiten. Das wird mir sehr fehlen. Aber we-gen dieser Predigten gehe ich ja auch nach Manila. ICF bleibt meine geistliche Heimat. Ich war noch nie in einer anderen Kirche, sie hat mich geprägt auf diesem Weg, auf ganz praktische Art und Weise.

Bist du bezüglich deiner Pläne auf Widerstand gestossen bei deiner Familie oder im Beruf?

Im Gegenteil! Ich habe viel Zu-spruch erfahren, auch von Men-schen, die nichts mit dem Glauben zu tun haben. Diese Menschen se-hen auch, dass die Leistungsge-sellschaft nicht alles sein kann. Sie können diesen Schritt nach-vollziehen und verstehen den Be-weggrund, auch wenn sie es selbst nicht machen würden.

Was wird deine Aufgabe sein in Ma-nila? Hast du da eine Job Descrip-tion oder lebst du dich erstmal ein, ohne konkrete Aufgabe?

Das war auch ein Grund, warum ich mir sicher war, dass Onesimo für mich die richtige Organisation ist. Meine einzige Aufgabe ist es zunächst, Sprache und Kultur

kennenzulernen und einfach mit den Menschen zusammenzuleben. Ich werde wohl viel mehr von den Men-schen dort empfangen, als ihnen etwas zu geben. Was danach genau sein wird, in welchem Projekt ich arbeiten werde, das wird sich dann zeigen.

Was erhoffst du dir von, sagen wir: deinem ersten Jahr im Dienst bei Onesimo?Die Sprache so gut wie möglich zu sprechen, um mich mit den Menschen unterhalten zu können. Und in ei-ner lokalen Gemeinde eingebettet zu sein.

Patrick, what picture comes to mind if I say “Manila”?

It is a happy, a beautiful picture: much laughing and joy. When you come into the slums as an outsider you wonder where peo-ple get this hope. Why they seem so light-hearted and calm despite their horrible si-tuations, which cannot be brushed off. At first glance it seems as if people were trying to cover up their true feelings. But when you take a closer look you realise: It is authentic! That is one of the reasons why I feel so com-fortable in the slums.

You decided to emigrate – or at least to move to the metropolis Manila for an uncertain time. Tell us what brought you to this.

It is the next step in my faith. I am risking something completely new and am challen-ged to trust God. Jesus went to the poor and the weak and shared His life with these peo-ple. And He says, “Make God’s causes your priority in life and everything else will be gi-ven to you.” At ICF we sing a song in which it says: “I leave everything behind me, there is nothing I need apart from you”. Maybe songs like this one are the reason that I am doing this! (laughs) The Bible is full of calls to confidence, courage and trust. I am expe-riencing this very practically. I am free from materialism, needing to trust completely in God and give up my securities. This is a real feeling of freedom! Sometimes I ask myself: How much is this about me and how much about the poor? You cannot express this in percentages, but it really is a mix between both. It is also about me and about the ques-tion: What are God’s plans for my life?

From where do you get your courage to move to the slums of Manila?

It is not so much a question of courage. When we follow Jesus on the road he is wal-king ahead of us, then we don’t need to wor-ry about challenges that will come towards us. We sing this every week in the celebrati-on. It has happened that I have sung these songs without thinking much about them – but when I let the words sink into my heart then I realise: we really have no reason to fear. The road that Jesus walks ahead of us is the right one. I believe this deeply. And therefore I have peace over this decision. He will catch me even if I stumble at times.

Do you sometimes doubt if this is the right step?

When I returned from Manila I initially wanted to train in social work but realised pretty soon that it wasn’t right for me. What remained was my big wish to go back to Manila.

08 — Ich bin dann mal weg!

Wer Patrick schreiben möchte oder ihn

finanziell unterstützen mag, kann das gerne tun!

If you would like to write to Patrick or to support him

financially, please contact him!Patrick Indlekofer

[email protected] Kontonummer:

Private account number:40-735246-6 (IBAN:

CH7309000000407352466)www.onesimo.ch

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How complicated is it really to leave everything behind you?

So far it has been quite easy! Not complica-ted but time-consuming.

You quit your apartment and your job; you’re leaving your family, your friends, the FCB and your church ICF Basel. Which one do you find hardest to leave?

My family, my mum and my dad. My best friends. And definitely also church. I have often wondered how it will be without the relevant, applicable sermons and the wor-ship times. I will miss this very much. But it is due to these sermons that I am going to Manila. ICF will stay my spiritual home. I have never been in another church - ICF has shaped me on my way very practically. Did you meet resistance to your plans from your family or job?

On the contrary! I encountered much en-couragement, also from people who have nothing to do with the Christian faith.

These people also see that our achievement-oriented society is not everything. They can understand this step and the reason even if they wouldn’t do it themselves.

What will your role be in Manila? Do you have a job description or will you settle in first without a clear task?

This was also a reason why I was certain that Onesimo was the right organisation for me. At the beginning my only task will be to get to know the language and the culture and to just share life with the people. Most likely I will receive much more from people than I will be giving them. What I will be doing at later stage and in which project I will be working will become clear as time goes on.

What are your hopes for your first year serving with Onesimo?

To speak the language as well as possible so I can communicate with the people. And to be settled in a local church.

Ich bin dann mal weg! — 09

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ISRAELEIN PERSÖNLICHER REISEBERICHTA PERSONAL TRAVELOGUE

10 — Israelreise

Meine Vorstellung von Israel war bis zu dem Zeitpunkt, da ich selbst meinen Fuss in dieses Land gesetzt habe, ein wenig abstrakt. Sie war geprägt von Bibelverfilmungen und Bilderbüchern und grundsätzlich unverändert seit meiner Kindheit. Gerade deswegen war es schon immer mein Traum, dieses Land zu sehen, um Gott vielleicht auf andere Art und Weise zu erleben.

Until I set foot in this country my image of Israel had been a little abstract. It was shaped by biblical movies and picture books and remained unaltered since my childhood. For this reason it had always been my dream to see this country and to possibly experience God in a different way.

Autorin: Linda Sklenar

Bild rechts: See Genezareth (Foto: Roman Albertini)

Author: Linda SklenarRight image: Sea of Galilee (Photo: Roman Albertini)

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Israelreise — 11

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12 — Israelreise

Wir - die Reisegruppe des ICF (*) - verbrachten die ersten 4 Tage am See Genezareth. Dort bestätigten sich meine Vorstellungen von Is-rael, vom gelobten Land. Der See, oder auch galiläisches Meer ge-nannt, ist umrandet von viel Grün. Besonders das Kibbuz-Hotel, in dem wir übernachteten, war schön gele-gen, nämlich direkt am Wasser. So manches Mal habe ich gestaunt bei der Vorstellung, dass Jesus sich in dieser Gegend aufgehalten hat-te, dass er hier über das Wasser gegangen war. Der Berg der Selig-preisungen hatte für mich etwas Paradiesisches, wobei ich sagen muss, dass ich damit ausschliess-lich die Natur meine und weniger die Kirche, die hier ziemlich tou-ristisch platziert wurde. Ob Jesus genau an dieser Stelle das Brot und die Fische vermehrt hatte, war natürlich sowieso fraglich. Doch darum ging es eigentlich nicht. Es war das Gedenken an dieses Wun-der und ebenso seine Realität, die mich dort berührte. Wir besuch-ten in den folgenden Tagen Ka-naa, Nazareth, Kapernaum. Es war eine Herausforderung, sich nicht

von den vielen Dingen ablenken zu lassen, die uns als Touristen ansprechen sollten. Marktstände, Kirchen über Kirchen, angeblich heilige Reliquien. Ich bevorzugte die Natur dieser Gegend, beson-ders abends war die Atmosphäre am See wunderschön friedlich. Jesus war mir irgendwie zum Greifen nah, und ich kann nicht so richtig be-schreiben, was es mit mir machte, in dieser Umgebung zu sein, in der ER gross geworden war. Nach den Tagen am See Genezareth fuhren wir weiter nach Jerusalem. Oder um es richtig auszudrücken: wir stiegen hinauf nach Jerusa-lem. In dieser Stadt prallen un-glaublich viele Welten aufeinan-der, was manchmal richtig stark spürbar war. Ich könnte seiten-weise über meine Eindrücke in dieser Stadt schreiben, aber ich beschränke mich hier nur auf den eindrücklichsten Moment. Es war im Garten Gethsemane, wo die tausend Jahre alten Olivenbäume stehen. Wir blickten hinüber zur Stadt und ich dachte daran, wie Jesus mit seiner Todesangst zu kämpfen hat-te. Wie er vielleicht ebenfalls

die Stadt anschaute und über sie weinte. Dieser Gedanke hat mich sehr berührt, und als wir in die Kirche aller Nationen eintraten, musste ich unweigerlich selber anfangen zu weinen. In der Kirche war gerade eine philippinische Reisegruppe dabei, Worship-Lieder zu singen, und da konnte ich nicht mehr an mich halten. Ich war ein-fach nur dankbar und auch überwäl-tigt von der Liebe Gottes. Gleich-zeitig brach es mir das Herz, zu wissen, dass er dieses Leid auf sich genommen hatte. Ich glaube nicht, dass es mir jemals bewuss-ter war als in diesem Garten. Ich kann auch seit der Israelreise die Bibel nicht mehr gleich lesen wie vorher, denn alles ist viel le-bendiger geworden. Ich bin froh um diese Reise und dass ich ein-mal mehr erkennen durfte, wie sehr Gott uns Menschen liebt und wel-chen Preis er bezahlt hat, damit wir bei ihm sein können!

(*) Die gemeinsame Rundreise durch Israel, organisiert durch das ICF Basel, fand im Februar 2016 statt.

«Israel ist ein Land der Gegensätze -

kulturell, aber auch geografisch und deshalb absolut faszinierend!»

«Israel is a country of opposites – culturally but also geographically and therefore

completely fascinating!»(Rebekka)

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Israelreise — 13

We – the travelling group from ICF (*) – spent the first four days at the Sea of Gali-lee. There my image of Israel, the Promised Land, was confirmed. The lake is surroun-ded by a lot of green. The kibbutz hotel in which we stayed was particularly beautiful-ly situated – next to the water. Many times I marvelled at the thought that Jesus would have been in this area and that he walked over the water here. The mountain where Jesus spoke out the beatitudes had a feel of paradise for me. At this point I must say that I am referring to the nature rather than the touristy church placed there. It is ques-tionable if Jesus fed the 5000 with bread and fish right at this spot. But this was not important. What moved me was the wonder of this miracle and how it became somehow

more real to me there. In the following days we visited Cana, Nazareth and Ca-pernaum. It was a challenge to not get dis-tracted by the many things set up to attract us as tourists. Market stands, churches upon churches, supposedly holy relicts. I preferred the nature in this area. In the evening the atmosphere at the lake was especially beau-tiful and peaceful. Jesus seemed almost pal-pable to me and I cannot properly describe the feeling it gave me to be in the area where HE grew up.After these days at the Sea of Galilee we tra-velled on to Jerusalem. Or to express it cor-rectly, we went up to Jerusalem. In this city many different worlds crash together and this was very noticeable at times. I could write pages about my impressions in this city but I will limit myself here to the mo-ment that made the most impression on me. It was in the garden of Gethsemane where thousand year old olive trees still stand. We looked over to the city and I thought of how Jesus fought here with his fear of his death. How he possibly also looked towards the city and cried over it. This thought moved me so deeply that as we stepped into the chur-ch of all nations I could not prevent myself crying. A group from the Philippines was

singing worship songs in the church and I just couldn’t hold back. I was so thankful and so moved by God’s love. At the same time by heart broke, knowing that he took this pain on himself. I don’t think I have ever been more conscious of it than in this garden. Since our trip to Israel I read the bi-ble differently – everything has become more vivid. I am thankful for this trip and that I was able to see once again how much God loves us humans and what a price he paid so we can be with him!

(*) The trip through Israel with ICF Basel took place in February 2016.

«In der Synagoge von Nazareth habe ich

verstanden, was es für mein Leben bedeutet, durch meinen Glauben an Jesus in die "Wurzel Jesse" eingepflanzt zu sein!»

«In the synagogue of NazarethI understood what it means

for my life to be rootedin the “root of Jesse” through

my faith in Jesus!»(Gabriela)

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14 — Israelreise

Bild oben: Golanhöhe

(Foto: Roman Albertini)

Top image: Golan Heights(Photo: Roman Albertini)

Bild links: Tanzen auf dem Schiff

(Foto: Andreas Saladin)

Left image: Dancing on the boat(Photo: Andreas Saladin)

Page 15: 1UP N°12 (05.2016)

Israelreise — 15

Bild oben: Kirche aller Nationen,

Gethsemane, Jerusalem

(Foto: Roman Albertini)

Top image: Church of All Nations,Mount of Olives, Jerusalem(Photo: Roman Albertini)

Bild links: Mussa, unser genialer

Busfahrer

(Foto: Andreas Saladin)

Left image: Mussa, our amazing bus driver(Photo: Andreas Saladin)

Bild unten: Verklärungsbasilika,

Berg Tabor

(Foto: Roman Albertini)

Bottom image: Church of Transfiguration,Mount Tabor(Photo: Roman Albertini)

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Staatsflagge: Weiß mit blauen Streifen (wie der jüdische Gebetsmantel Tallit), in der Mitte der blaue Davidstern

Staatswappen: Das Wappen des Staates Israel zeigt die Menora, den siebenarmigen Leuchter.Die Olivenzweige symbolisieren die Sehnsucht des jüdischen Volkes nach Frieden.

Nationalhymne:Ha Tikva (Die Hoffnung)Solange tief im HerzenDie Seele eines Juden sich sehnt,Und gen OstenEin Auge blickt, nach Zion,Ist unsere Hoffnung nicht verloren,Die Hoffnung von zweitausend Jahren,Frei zu sein als Volk in unserem Land,Dem Land Zions und Jerusalems.

Fläche (ohne besetzte Gebiete): 20.766 Quadratkilometer

Einwohner: 7,4 Millionen, davon 1,33 Millionen (19 Prozent) israelische Araber

Hauptstadt: Jerusalem (1980 von Israel proklamiert, aber international nicht anerkannt, die meisten ausländischen Botschaften haben ihren Sitz in Tel Aviv)

Amtssprachen: Hebräisch, Arabisch

Religionen:76 % Juden,20 % Muslime,2.1 % Christen1,9 % Andere

Währung: Neuer Schekel (NIS)

Wichtige Exportartikel: Früchte, Gemüse, Blumen, Hochtechnologieprodukte, geschliffene Diamanten

Staatsform: Republik; Wahlrecht: ab 18 Jahren

Militär: Friedensstärke 168.000 Soldaten, kann bis auf 800.000 erhöht werden. Alle Männer und Frauen im Alter von 18 Jahren werden eingezogen - Männer für eine Dienstzeit von drei Jahren, Frauen für 21 Monate, Reservedienstpflicht besteht für Männer bis 51, für Frauen bis 24 Jahre.

ZAHLEN UND FAKTEN

16 — Israelreise

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Jerusalem

Tel Aviv

See Genezareth

Golanhöhen

Totes Meer

Syrie

n >

< Ägy

pten

Haifa

Libanon >

Jordanien >

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Fast jeden Tag finden unsere Kin-der ein Paket vom Buchhändler im Briefkasten. Unsere Tochter kommt dann jeweils mit einem vorwurfs-vollen Blick auf mich zu und er-mahnt mich: »Papi, schon wieder ein Buch! Du solltest nicht so viele Bücher kaufen!«

Und dann erkläre ich ihr, dass das zu meinem Beruf gehört. Ich lese Bücher. Viele. Und wenn ich mit Ar-

beiten fertig bin und den Feierabend geniesse – dann setze ich mich auf unser Sofa… und lese in einem Buch. Ich kann mir nicht helfen…

Und daraus ist auch die Idee für eine neue Rubrik im 1UP entstanden: Wenn ich schon so viele Bücher ver-schlinge, dann könnte ich doch ei-nige bemerkenswerte Texte an euch weitergeben. Als Gedankenanstoss, manchmal auch als Provokation, als

Herausforderung, bisher Geglaubtes zu überdenken und sich auf neue Gedanken einzulassen…

In diesem Sinne also hier ein ers-ter Text – von einem Freund von mir, dem ich mehr verdanke, als ich hier aufzählen könnte. Er schreibt über das Vorrecht von uns Christen, mit unserem Leben auf jemand anderen hinweisen zu kön-nen… aber lest selbst:

RETHINKEIN LEBEN ALS WEGWEISERLIFE AS A SIGNPOST

Autor: Manuel Schmid

Bild: fotolia.com/id/96323296

Author: Manuel SchmidImage: fotolia.com/id/96323296

18 — ReThink

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Christen sind Wegweiser.

Sie weisen anderen den Weg zum Heil, das nicht sie selber sind. Sie weisen anderen den Weg, in-dem sie von sich wegweisen – auf Christus. Sie sind nicht selbst diese Wahrheit; sie reden, zeugen von dieser Wahrheit.

Gerade weil sie sich nicht in Per-son mit dieser Wahrheit identifi-zieren, weil sie sich nicht über sie behaupten, gerade darum kön-nen sie gelassen von ihr sprechen und für sie sprechen. Das bewahrt sie vor Fanatismus und Intole-ranz. Gerade weil sie die Wahrheit nicht haben, weil sie ihnen nicht verfügbar ist, müssen und können sie darauf vertrauen, dass diese sich selbst beweist und sich plau-sibel macht – jedem, der sich auf sie einlässt.

Gelassen dürfen Christen von sich wegweisen und auf den hinweisen, der die Wahrheit ist und der sich als solche bewähren will.

Die Instanz der Bewahrheitung des Evangeliums liegt nicht in uns, nicht in unserem Leben, nicht in der Vollkommenheit, Rundheit, Per-fektion unseres Lebenswandels und unserer Anschauungen. Das kann uns gelassen machen. Wir müssen nicht Profil zeigen und zu diesem Zweck möglichst viele andere abwerten, die eben als Nichtchristen dieses Profil nicht haben; wir müssen nicht beweisen, dass es Nichtchristen nicht so gut geht, dass sie nicht so gut sind wie Christen. Wir müs-sen für uns nicht irgendeine Form der Überlegenheit behaupten.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Gerade der Scherbenhaufen, den unser Leben oft darstellt und der unter seiner rechtfertigenden Hand zu einem Mosaik werden kann, gerade die Schwächen, mit denen wir leben müssen, die aber zum Wirkraum für Gottes Kraft werden können, gerade die Schuld, die wir auf uns geladen haben, von der er uns aber spürbar entlastet, können zum Wegweiser und Hinweiser auf

die Wirklichkeit und Lebenswahr-heit des lebendigen Gottes werden.Wir dürfen mit der Gestalt eines gerechtfertigten, entlasteten Le-bens ein »Brief Christi« sein, an dem man etwas von dem Autor dieses Briefes, von seiner helfenden und heilenden Kraft ablesen kann.

Oft ist der beste Beleg für die Wirklichkeit des Christus, dass ein Mensch überhaupt noch mit sich leben kann, sich und sein Le-ben aushalten kann, weil er eben mit Christus unterwegs ist. Hier weist dann nichts mehr auf uns und alles auf Christus.

Paulus bringt das auf den Nen-ner: »Wir verkündigen nicht uns selbst.« (2Kor 4,6) Was hätte er denn da verkündigen können? Nein, Paulus muss und kann damit le-ben, dass er der ist, der Chris-tus selbst verfolgt hat: »Saul, Saul, was verfolgst du mich?« Pe-trus muss damit leben, dass er den Herrn verleugnet hat, dann, als es für den Herrn am wichtigsten gewe-sen wäre, in seiner Nähe zu sein.

Wir verkündigen nicht uns selbst.

Es ist das Kennzeichen jeder sektiererischen Einstellung und Wahrheit, dass sie sich, ihren Lebenswandel und ihre Botschaft, mit der Wahrheit identifiziert: Meine Bibelauslegung und die Bi-bel, meine Worte über Gott und das Wort Gottes – sind identisch. Wenn man mir widerspricht, wider-spricht man Gott selbst. Vor die-ser Intoleranz wird bewahrt, wer Christus anschaut und immer neu und immer mehr der Distanz und Differenz zwischen ihm und uns gewahr wird. Das macht tolerant, schafft Raum, auch für andere Aus-legungen, andere Annäherungen an die Wahrheit, andere Begriffe von ihr, von denen ich womöglich so-gar lernen kann. Weil ich und die Wahrheit nicht identisch sind, deshalb kann es zusammen mit mir noch andere geben, die vor der Wahrheit stehen und – vielleicht von sehr unterschiedlichen Stand-punkten aus – auf sie hinweisen.

Heinzpeter Hempelmann: Gott ohne Ge-walt. Warum Toleranz und Wahrheit für den christlichen Glauben zusammengehö-ren, Giessen 2009, 124-127 (Auszüge)

Heinzpeter Hempelmann: Gott ohne Gewalt. Warum Toleranz und Wahrheit für den christlichen Glauben zusammengehören, Giessen 2009, 124-127 (Extracts)

On an almost daily basis our children find a package from Amazon in the letterbox. Our daughter sometimes comes to me with a re-proachful look and scolds me: “Daddy, ano-ther book! You shouldn’t buy so many books.”

And then I explain to her that it’s my job. I read books. Lots of books. And when I’ve finished work for the day and am enjoying my evening – then I sit on the sofa… and read a book. I can’t help it…

And out of this an idea has grown for a new column in 1UP: as I’m already devouring so many books, why don’t I pass some of the more noteworthy on to you? - to provoke your thinking, as a challenge to reconsider what you believe, and to open yourself up to new thoughts…

So here’s the first column – from a friend of mine to whom I owe more than I can re-count here. He writes about our privilege as Christians in being able to point to someone else with our lives. But read it for yourself:

Christians are Signposts

They show others the way to a salvation that they cannot themselves bring. They show others the way by directing attention away from themselves – and towards Christ. They

20 — ReThink

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ReThink — 21

themselves are not the Truth; but they talk and testify to this Truth.

Because they do not identify themselves per-sonally as this Truth and because they’re not maintaining anything about themselves, they can relax and talk about it. This pro-tects them from fanaticism and intolerance. Expressly because they do not have this Truth, because it’s not available to them, they must and do trust that the Truth will testify to its-elf and make itself plausible to every person who opens him or herself up to it.

Christians can direct attention away from themselves and towards the One who is the Truth, the One who will prove Himself as such.

The authority to ‘prove’ the truth of the gos-pel doesn’t rest on us or on our lives; it isn’t in our perfection, in the perfection of our lifestyle or in our worldview. This means we can relax. We don’t have to show how good we are – or to ‘prove’ the truth by devaluing others, who, as unbelievers, don’t walk the same way we do; we don’t have to ‘prove’ that unbelievers live worse lives or aren’t as good as Christians. In fact, we don’t have to assert that we’re superior in any way.

Looking at this from the other side: it’s this pile of rubble that our lives often represent, which can become a mosaic under His sanc-tifying hand; it’s exactly these weaknesses with which we have to live, that become God’s workroom; it’s exactly this guilt we placed upon ourselves, which He takes from us, unburdening us; all these things can be-come signposts and hints to the reality and truth of the living God.

We become “Christ’s living letter” through our justified and unburdened lives, from which one can perceive something of the helping, healing power of its author.

Often, the best evidence for the reality of Christ is that a person can still live with him or herself, that they can cope with their lives simply because they walk with Jesus. And in this, everything points to Him and nothing points to us.

Paul brings it to the point: “For we do not preach ourselves...” (2Cor 4:5). And what would he have had to preach? No, Paul had to live with the fact that he had persecu-ted Christ “Saul, Saul, why do you perse-cute me?” Just as Peter had to live with the

fact that he denied his Lord just at the time when it would have been most important to the Lord for him to stay close.

We do not preach ourselves.

It is a characteristic of every sect’s approach and truth, that they identify their own life-style and own message with the truth: my exegesis of the Bible and the Bible itself, my words about God and the Word of God – are identical. If you contradict me, then you contradict God Himself. We are protec-ted from this intolerance when we look at Christ and become increasingly aware just how far we are away from and different we are to Him. This makes us tolerant, creating room for other understandings – even other approaches to the truth, other descriptions of it; from which we can possibly learn. Because the truth and I are not identical, it makes it possible for me to stand with others, with potentially disparate views, and for all of us to point to the truth.

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WURZELNSCHLAGENINDERNEUENHEIMATGASTBEITRAG VON HEKS – HILFSWERKDER EVANGELISCHEN KIRCHEN SCHWEIZAutorin: Christine Giustizieri,Programmleiterin Neue Gärten beider BaselFotos: HEKS

22 — Gastbeitrag HEKS

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«Ich arbeite sehr gerne im Garten. Er ist für mich ein Stück Heimat. Ich fühle mich danach gut und ausgeglichen.»(Teilnehmender aus dem Iran)

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Familiengärten sind in der Schweiz traditionell sowohl eine Produk-tionsfläche für Obst und Gemüse, als auch sozialer Treffpunkt. In den Schweizer Familiengartenare-alen treffen sich Personen aus

verschiedensten Herkunftsländern - nebeneinander und oft auch mit-einander pflegen sie ihr Gemüse, ihre Blumen, ihre Kräuter. Asyl-suchende, vorläufig Aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge kön-

nen wegen ihres Aufenthaltsstatus aber keine eigene Parzelle pach-ten, da dafür eine C-Bewilligung notwendig ist. HEKS springt in die Bresche, pachtet Gartenparzellen und bewirtschaftet diese gemein-sam mit den Flüchtlingsfamilien.

Das HEKS-Programm "Neue Gärten beider Basel" ist ein vielsei-tiges Angebot zur sozialen In-tegration von Menschen mit einer Fluchtbiographie.

HEKS pachtet Gartenparzellen auf offiziellen Familiengartenarealen im Kanton Basel-Stadt und im Kan-ton Baselland und bewirtschaftet diese im biologischen Gartenbau gemeinsam mit Asylsuchenden und Flüchtlingen. In Basel unterhält HEKS insgesamt 19 Parzellen in den Familiengartenparzellen Drei-spitz, Milchsuppe, Hagnau und Rankhof III. Im Baselland wird in den Gemeinden Oberwil, Ther-wil und Reinach gearbeitet. Die Gärtnerinnen und Gärtner des Pro-grammes stammen aus 10 verschie-denen Ländern. Im Jahr 2015 hat das Programm „Neue Gärten beider Basel“ mit 55 erwachsenen Teil-nehmenden und ihren 78 Kindern in 26 Gärten in Basel-Stadt und Basel-Landschaft zusammengearbei-tet. Die Gartenarbeit ermöglicht den Teilnehmenden eine sinnvol-le, kreative Tätigkeit im Freien. Viele Asylsuchende und Flücht-linge stammen aus Ländern, in denen Land- und Gartenarbeit zu ihrem Alltag gehörte. So brin-gen sie oft sowohl gute gärtne-rische Kenntnisse mit, wie auch den grossen Wunsch, wieder selb-ständig aktiv zu werden, mit der Erde und Pflanzen zu arbeiten. Das Gärtnern stärkt erwiesenermassen die physische und psychische Ge-sundheit der Teilnehmenden; dies kann besonders für traumatisierte Flüchtlinge sehr hilfreich sein. Besonders der Anbau von heimischen Nutzpflanzen und Kräutern schafft über die Gerüche und den Geschmack einen Rückbezug zur Heimat, der helfen kann, den Teilnehmenden hier wieder „Boden unter den Füs-sen“ zu verschaffen und in der

Das HEKS-Programm Neue Gärten beider Basel arbeitet gemeinsam mit Asylsuchenden und Flüchtlingen in Familiengärten und baut so Brücken zur sozialen Integration.

24 — Gastbeitrag HEKS

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Schweiz gestärkt neu zu beginnen. Durch Bildungsinputs und gemeinsa-mes Arbeiten vor Ort vertiefen die Teilnehmenden ihr Wissen über den biologischen Gartenbau und erar-beiten sich neue Kenntnisse über das lokale Klima und die hiesigen Nutzpflanzen und Schädlinge.

Die Familiengärten sind auch ein sozialer Treffpunkt, wo sich die Flüchtlinge mit den Gartennachbarn und den Programmmitarbeitenden in deutscher Sprache austauschen können. Die Unterhaltung im Gar-ten ist ungezwungen, aber effek-tiv. Viele Teilnehmende erwerben ein spezielles Gartenvokabular, fassen aber gleichzeitig Mut, ihr Deutsch zu üben und zu verbessern.

Aus dem nachbarschaftlichen Ne-beneinander im Garten kann ein Miteinander werden: Die Teilneh-menden des Programmes und ihre Gartennachbarn helfen sich beim Giessen, tauschen Tipps zu Un-kraut- oder Schneckenbekämpfung aus, tauschen Samen oder Gemüse oder essen gemeinsam im Garten. All dies wirkt sich positiv auf den Integrationsprozess aus.

Das Programmteam besteht aus ei-ner Programmleiterin und zwei Gar-tenfachmitarbeitenden. Ausserdem wird das Team von drei freiwilli-gen Mitarbeitern unterstützt, die regelmässig mit den Teilnehmen-den im Garten zusammenarbeiten. Die Gartenfachmitarbeitenden ar-

beiten aktiv und regelmässig mit den Teilnehmenden zusammen. Sie vermitteln den biologischen Gar-tenbau und stehen bei allen gärt-nerischen Fragen mit Rat und Tat zur Seite. Im Garten ergeben sich oft gute Gespräche: es entsteht ein offener Raum, der Reflektion und Fragen zulässt. So kann das Programmteam die Teilnehmenden in vielen Fällen zu aktuellen Fragen zum Leben in der Schweiz beraten und sie an Fachstellen oder Ins-titutionen weitervermitteln. Dies reicht vom Velofahrkurs, dem pas-senden Deutschkurs, Unterstützung bei der Wohnungs-, Lehr-/Stellen-suche bis zum Freizeitangebot für die Kinder.

Das Programm trägt Früchte: eine erfolgreiche Ernte entlastet das Familienbudget, es bringt Aner-kennung und Selbstvertrauen. Neue Kontakte im Gartenareal helfen, in der Schweiz heimisch zu werden. Es erlaubt den Teilnehmenden, in der Schweiz "Wurzeln zu schlagen ".

«Der Garten ist mein Essen,mein Trinken, meine Luft.Im Garten fühle ich mich frei. Nach der Gartenarbeit bin ich 'glücklich-müde'»(Teilnehmender aus Syrien)

Gastbeitrag HEKS — 25

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Weitere Informationen zu HEKS

HEKS ist das Hilfswerk der Evan-gelischen Kirchen Schweiz mit Hauptsitz in Zürich und einer Geschäftsstelle für die fran-zösische Schweiz in Lausanne. Die französische Bezeichnung lautet EPER (Entraide Protes-tante Suisse). HEKS wurde 1946 vom Schweizerischen Evangeli-schen Kirchenbund (SEK) ge-gründet und ist seit 2004 als Stiftung organisiert. HEKS leistet Überlebens- und Nothilfe und bekämpft die Ursa-chen von Hunger, Ungerechtig-keit und sozialem Elend. Alle Menschen sollen ein würdiges und in sozialer, wirtschaftli-cher und politischer Hinsicht sicheres Leben führen können. HEKS setzt sich für eine menschlichere und gerechtere Welt ein. Im Zentrum seines En-gagements steht die Würde je-des Menschen. Diese ist Teil der universellen Menschen-

rechte und zeigt sich auch in christlichen Grundwerten wie der Nächstenliebe. Beide As-pekte bilden die Basis für die Arbeit von HEKS. Das Leitbild von HEKS bringt den tiefen Re-spekt für Menschen aller Kul-turen, Ethnien und Religionen zum Ausdruck. Deshalb hilft HEKS bedürftigen Menschen, un-abhängig von ihrer religiösen und ethnischen Zugehörigkeit. In seiner Arbeit orientiert sich das Hilfswerk an Zielen wie Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Die Strategie bezeichnet un-ter anderem die thematischen Schwerpunkte für die Tätig-keiten im Ausland: Entwick-lung ländlicher Gemeinschaf-ten, Friedensförderung und Konfliktbewältigung, Kirchliche Zusammenarbeit und Humanitäre Hilfe. Für die Arbeit in der Schweiz stehen die soziale In-tegration und die Anwaltschaft für Asylsuchende und sozial

Benachteiligte im Zentrum. Das Hilfswerk betreibt in der Schweiz fünf Regionalstellen und ist im In- und Ausland mit rund 200 Projekten engagiert. In 20 Schwerpunktländern be-ziehungsweise -regionen ist HEKS mit eigenen Koordinati-onsbüros präsent. In der Schweiz beschäftigt HEKS 247 Mitarbeitende im Mo-natslohn. Des Weiteren inves-tiert HEKS in die Ausbildung und beschäftigt drei Auszubil-dende (Kaufmännischer Verband) sowie elf PraktikantInnen. 526 Mitarbeitende arbeiten im Stundenlohn.

«Ich arbeite sehr gerne im Garten.Es tut mir gut. Ich fühle mich frei.»(Teilnehmende aus der Türkei)

«Ich habe gelernt, Bäume und Sträucher zu schneiden, wie man biologische Spritzmittel verwendet. Ich habe gelernt, welche Pflanzen hier gut wachsen. Das ist nicht wie in Syrien.»(Teilnehmender aus Syrien)

«Ich lerne immer wieder etwas Neues von meinen Nachbarn.»(Teilnehmender aus Afghanistan)

Im Jahr 2016 feiert das Programm Neue Gärten beider Basel sein

10jähriges Bestehen. Informationen zur

Jubiläumsfeier, die im Herbst stattfinden wird, und zur Programmarbeit finden Sie zu gegebener

Zeit unter:www.heks.ch/schweiz/beide-basel/neue-

gaerten-beider-basel

26 — Gastbeitrag HEKS

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Über Jahrhunderte, ja Jahrtausen-de hinweg wird in der Geschichte über Wein berichtet: in antiken Epen, in der Bibel, in vielfälti-gen geschichtlichen Aufzeichnun-gen bis in unser Zeitalter hinein. In der Antike wurde Wein als ein mystisches Getränk gesehen, denn

er beinhaltete ein doppeltes Ge-heimnis: zuerst den geheimnisvol-len Gärungsprozess, gefolgt von der aussergewöhnlichen euphori-schen Wirkung auf die Geniesser dieses Getränkes. Die Gärung wurde als Umwandlungsprozess betrachtet, ausgelöst durch göttliche Macht, die der Weintraube ein zweites Le-

ben bescherte! Dionysos - in der Antike der Sohn des Zeus und Gott des Weines, der Freude und der Trauben - hat unsere Winzer-Vor-fahren in Altgriechenland wahrlich gut instruiert und motiviert!

Die Wiege des Weins stand aber im antiken Persien. In Shiraz wur-

WEIN:EINGÖTTLICHESGETRÄNKWINE:ADIVINEDRINK

Autor: Jean-Bernard Carruzzo, ein Walliser aus Riehen

Bild rechts: Jean-Bernard Carruzzo (Foto: Raphaël Carruzzo)

Author: Jean-Bernard Carruzzo, a Walliser from RiehenRight image: Jean-Bernard Carruzzo (Photo: Raphaël Carruzzo)

28 — Wein: Ein göttliches Getränk

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den die besten Weine des Mittleren Ostens hergestellt. Mit der heu-tigen Rebsorte hat die Stadt üb-rigens nichts gemein. Unweit von Shiraz befand sich mit Persepolis die Hauptstadt Persiens. Hier ist eine berühmte Weinsage angesie-delt, so oder so ähnlich passiert um 2.500 v. Chr.:Der persische König Djemschid hat-te seine Trauben im Keller einge-lagert. Diese begannen irgendwann zu gären. Zunächst wurde davon ausgegangen, dass böse Geister die Früchte vergiftet hatten. Die Königin kostete davon, getrieben von Selbstmordgedanken aufgrund ihrer Migräne. Als sich die Köni-gin daraufhin aber nicht im Jen-seits wiederfand, sondern noch immer auf der Erde weilend, in bester Stimmung und frei von Kopf-schmerzen, war der Grundstein für die Weinkultur gelegt!

Politiker, Wissenschaftler, Dich-ter und Kirchenvertreter haben den Wein immer wieder erwähnt oder darüber geschrieben. Auch in der Bibel ist mehrfach davon die Rede. Picken wir einige zeitgeschicht-liche Aussagen heraus:

Goethe war ein passionierter Ken-ner und Geniesser edler Tropfen. Man wunderte sich über die Mengen, die in sein Weimarer Haus gelie-fert wurden, allein 1816 insge-samt 900 Liter. Er trank diese natürlich nicht alleine, sondern verwöhnte damit auch seine Freun-de und zahlreichen Besucher. Ei-nes seiner berühmten Zitate lau-tet: « Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken!». Sogar an seinem Todestag am 23. März 1832 verlangte er Wein, mit Wasser verdünnt. Wein entfaltete bei Goethe eine Steigerung seiner Schaffenskraft. So schrieb er bei einer Flasche Burgunder schon mal ein Stück in einer Sitzung nieder.

Der Kardinal von Richelieu schrieb über Wein das Folgende: «Wenn Gott verboten hätte, Wein zu trinken, würde er dann diesen Wein so herr-lich haben wachsen lassen?».

Sankt Benedikt, Verfasser der Or-densregel der Benediktiner, wid-mete sogar ein ganzes Kapitel dem Wein und schrieb einleitend: « Es ist besser, Wein in Massen zu ge-niessen als Wasser im Übermass ! » Es sei erwähnt, dass zu jener Zeit im Mittelalter Wasser meis-tens unsauber und voller Bakteri-en war.

Louis Pasteur war ebenfalls ein grosser Weinliebhaber.«Ein Essen ohne Wein ist wie ein Tag ohne Sonne!», sagte er. Er war ein reeller Hygieniker und such-te minutiös in jedem Glas nach Staubpartikeln. Er war auch der eigentliche Entdecker der Lüftung einzelner Flaschen. Seitdem raten alle Spezialisten, einzelne Weine unter bestimmten Voraussetzungen zu lüften.

Napoléon war ein Liebhaber von burgundischen Grand Crus. Er war ausserdem sehr wachsam und aufmerksam, dass seinen Truppen zwecks „Doping“ immer genügend mindere Weine zur Verfügung stan-den. Seine Majestät jedoch musste jederzeit über eine private Re-serve an Grand Crus aus den bes-ten burgundischen Lagen verfügen können. Er hatte die einzigarti-ge Angewohnheit, vor dem Angriff oder nach der Schlacht die berühm-ten Flaschen aus Pommard, Nuits St. Georges oder Corton mit Wasser verdünnt zu trinken. Skandalös!! Sicher ist, dass niemand gewagt hätte, irgendetwas zu sagen. Es ist zu vermuten, dass halbleere Flaschen durstige Diener sehr er-freut haben!

In der Bibel finden sich ganz un-terschiedliche Angaben zum Thema Wein. Es gibt 176 Aussagen zum Wein selbst; wenn man alles hin-zuzählt, was mit dem Wort „Wein“ zu tun hat, kommt man auf 513 ent-sprechende Bibelstellen. Einer-seits wird Wein als ein Geschenk Gottes betrachtet und spielt eine wichtige Rolle bei den Opferga-ben. Andererseits wird auch vor übermässigem Genuss gewarnt. In

vielen Gleichnissen und in der Offenbarung hat der Wein Symbol-charakter.

Psalm 104,14„Du lässt die Quellen hervor-sprudeln in den Tälern, sie ei-len zwischen den Bergen dahin. Allen Tieren des Feldes spenden sie Trank, die Wildesel stillen ihren Durst daraus. An den Ufern wohnen die Vögel des Himmels, aus den Zweigen erklingt ihr Gesang. Du tränkst die Berge aus deinen Kammern, aus deinen Wolken wird die Erde satt. Du lässt Gras wach-sen für das Vieh, auch Pflanzen für den Menschen, die er anbaut, damit er Brot gewinnt von der Erde und Wein, der das Herz des Menschen

Wussten Sie ausserdem, dass...

...im Gebiet Bordeaux58 Châteaux inzwischen chinesischen Investoren gehören?

...bis 2050 etwa 68% der Rebflächen der Toskana, des französischen Rhônetals und des Bordeaux infolge klimatischer Veränderungen verschwinden werden? Auch Australien, Chile und Süd-afrika werden zu den Ver-lierern gehören. Hingegen werden die Weinberge in Neuseeland und in einigen nordeuropäischen Ländern zulegen.

...2012 die ausländi-schen Wein-Importe in die Schweiz 162 Mio Liter betrugen, davon 130 Mio Rotweine? Ein Drittel der Importe stammte aus Ita-lien und ein Viertel aus Frankreich.

...35% der Exporte aus Bordeaux im Jahr 2011 nach China und Hongkong gingen?

30 — Wein: Ein göttliches Getränk

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erfreut, damit sein Gesicht von Öl erglänzt und Brot das Menschen-herz stärkt.“

Prediger 9,7„Also: Iss freudig dein Brot und trink vergnügt deinen Wein; denn das, was du tust, hat Gott längst so festgelegt, wie es ihm gefiel.“

Jesaja 5,22„Weh denen, die Helden sind, Wein zu saufen, und Krieger in Völle-

rei; die den Gottlosen gerecht sprechen um Geschenke willen und das Recht der Gerechten von ihm wenden.“

Sprüche 20,1„Der Wein macht Spötter, und star-kes Getränk macht wild; wer davon taumelt, wird niemals weise.“

Beim Trinken von gutem Wein sollte also immer Mass gehalten werden; es geht um Genuss und Qualität, nicht

um Quantität. So heisst es in einem französischen Sprichwort: Eine Le-ber und zwei Nieren sind drei gute Gründe, um Mass zu halten.

Ein paar Ratschläge für die Auswahl und den Kauf von Wein

• Vertrauen Sie Ihren eigenen Geschmacksempfindungen mehr als Bewertungen.• Lassen Sie sich bei Ihrer Entdeckungsreise von grossen Weinen nicht von der Etikette leiten.• Ein guter Weinbauer produziert gute Weine, und dies unabhängig von der Beurteilung des Jahrgangs. Es lohnt also, einen sogenannten „kleinen Jahrgang“ eines renommierten Weinguts zu kaufen.

Wein: Ein göttliches Getränk — 31

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Wine has been mentioned in history for hundreds, or even thousands of years: in an-cient epics, in the Bible, in various histori-cal essays, right up to the present day.

In antiquity wine was seen as a mystical drink because it contains a double secret: first the secretive fermentation process, fol-lowed by the exceptionally euphoric effect on the person enjoying this drink. The fer-mentation was seen as a transformational process, initiated through divine power, which gave the grape a second life! Dionysus – in antiquity, the son of Zeus and the god of wine, joy and grapes – apparently inst-ructed and motivated our vintner ancestors really well!

The cradle of wine stood, however, in ancient Persia. In Shiraz the best wines of the Midd-le East were made. The city doesn’t have anything in common with today’s types of grape. Not far from Shiraz stood Persepolis, the capital of Persia. A famous wine legend comes from here, from around 2500 BC:

The Persian King Djemschid had stored his grapes in the cellar. At some point these began to ferment. Initially it was thought that evil spirits had poisoned the fruit. The Queen, driven by suicidal thoughts due to her migraines, tasted some. When the Queen, however, far from finding herself on the other side of life, was still alive and in high spirits, free from her headache, the foundation for the wine culture was laid.

Politicians, scientists, poets and representa-tives of the Church have often mentioned or written about wine. Also in the Bible we find wine mentioned many times.

Here a selection of historical quotations:

Goethe was a passionate connoisseur and enjoyer of good wines. One was amazed at the quantities, which were delivered to his Weimar house – 900 litres in 1816 alone. He didn’t drink it all alone, of course, but spoilt his friends and countless visitors with

it. One of his famous quotes was “Life is much too short to drink bad wine!”. Even on the day he died, he demanded wine di-luted with water. Wine increased Goethe’s creativity. He once wrote a whole piece whilst drinking a bottle of Burgundy.

Cardinal Richelieu wrote about wine: “If God were going to forbid us to drink wine, then why would He have made it so good?”.

St Benedict, who founded the Order of the Benedictines and wrote their regulations, devoted a whole chapter to wine, writing as an introduction: “It’s better to enjoy wine in moderation than water to excess!” It should be mentioned that water at that time, in the Middle Ages, was unclean and full of bacteria.

Louis Pasteur was also a lover of wine. “A meal without wine is like a day without sun” he said. He was passionately hygienic and searched meticulously in every glass for dust particles. It was he who discovered the benefits of allowing certain bottles to brea-the. Since then all specialists have recom-mended allowing wine to breathe in certain situations.

Napoleon was a lover of Burgundy Grand Crus. He was very careful to ensure that his troops always had enough low-quality wine available for “doping”. His Majes-ty, however, always had to have a private supply of Grand Crus of the best burgundy available. He had the unique habit, before an attack or after a battle, of drinking wine diluted with water from bottles of famous wines such as Pommard, Nuits St. George or Corton. Scandalous! What is sure is that no-one would have dared to say anything! It’s probable that his thirsty servants were very happy about the half-empty bottles!

There’s a lot of different information about wine in the Bible. There are 176 statements about wine itself; if one counts every time wine is mentioned in any way then the count goes up to 513. On the one hand,

wine is seen as a gift from God and plays an important role in the sacrificial system. On the other, one is warned from excessive con-sumption. Wine has a symbolic role in many parables and in the book of Revelation.

Psalm 104:14-15“He causes the grass to grow for the cattle, and vegetation for the labour of man, so that he may bring forth food from the earth, and wine which makes man’s heart glad, so that he may make his face glisten with oil, and bread which sustains man’s heart.”

Ecclesiastes 9:7“Go then, eat your bread in happiness and drink your wine with a cheerful heart; for God has already approved your works.”

Isaiah 5:22-23“Woe to those who are heroes in drinking wine and valiant men in mixing strong drink. Who justify the weak for a bribe, and take away the rights of the ones who are in the right!”

Proverbs 20:1“Wine is a mocker, strong drink is a brawler; and whoever is intoxicated by it is not wise.”

One should therefore always ensure mo-deration when drinking a good wine; it’s about enjoyment and quality, not quantity. A French saying is very apt: One liver and two kidneys are three good reasons for mo-deration.

32 — Wein: Ein göttliches Getränk

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Was hat es mit der Weindegustation auf sich?Bei der Degustation geht es darum, die eigenen Geschmacksempfindungen

kennenzulernen. Drei Sinne sind dabei im Spiel:

What’s with wine tasting? Wine tasting is about learning one’s own taste sensitivities.

Three senses play a part:

Der SehsinnDas Auge beurteilt die Robe (die Farbe), die Brillanz und die Viskosität (Glyzerin).

SightThe eye judges the colour, the brilliance

and the viscosity (glycerine)

Der GeruchssinnMit der Nase, die empfindlicher ist als der Gaumen, können Aromen und Buketts in all

ihren Schattierungen entdeckt werden: Blumen-, Frucht-,

Beeren- und mineralische No-ten, aber auch Korkgeschmack oder andere Mängel, weil z.B. der Wein schlecht alterte.

SmellAroma and bouquet in all their facets are discovered with the nose, which is more sensitive than the gums: Flowery, fruity, berry-like and mineral flavours, also if the wine is corked or isn’t aging well.

Der GeschmackssinnDer Mensch besitzt verschie-dene Geschmackszonen. Auf der Zungenspitze nehmen wir Süsses wahr, auf den Seiten Saures und Salziges und ganz hinten Bitteres. Dank des Geschmacks-sinns stellen wir fest, ob der Wein körperreich, schwer oder leicht ist, ob er einen langen

oder kurzen Abgang hat.

TasteWe possess different areas of taste. We taste sweet things with the tip of the

tongue, acid and salt on the sides and bitter right at the back. Thanks to our taste buds we know whether a wine is

full-bodied, heavy or light, and whether the taste lasts long in the mouth.

Wein: Ein göttliches Getränk — 33

A few recommendations for the choice and purchase of wine

• Trust your own taste• Don’t allow your journey of discovery to be directed by the labels on the bottles• A good vineyard produces good wine, independent of the year. It’s worthwhile therefore to buy wine from a well-known vineyard

even during the so-called bad years.

Page 34: 1UP N°12 (05.2016)

Empfehlungen für Ihren Keller als 3er oder 6er Probeset, viel Qualität und Genuss für wenig Geld:

Set 1

Ein weisser Walliser zum Apero, herrlich fruchtig:Johannisberg St.Pierre 2015Ein Rotwein aus Valencia/Spanien, fantastischesPreis-Qualitätsverhältnis:Cepas Viejas Bobal 2013Mein Favorit aus Süditalien :Diodoro Primitivo di Manduria 2013

3 FlaschenCHF 40.-

Set 2

Ein herrlicher fruchtiger Walliser:Chardonnay Barrique St.Pierre 2014Ein wunderbarer Apero-Wein aus Südspanien:Alba Murviedro 2014, Valencia2 fruchtige und körperreiche Rotweine:Cepas Viejas Bobal 2013, Valencia Diodoro Primitivo di Manduria 2013, ApulienDazu ein eleganter Chilener:Tabali Reserva Carmenère 2012Als Schlussbouquet, meine Entdeckung aus Bordeaux, ein Genuss pur aus dieser Region:Château de Reignac 2013, AOC Entre deux Mers

6 FlaschenCHF 80.-

Die Probekartons können hier bestellt werden: www.epicurio.ch/1upFalls Sie an meinem Newsletter (1-2x/Jahr) interessiert sind, können Sie diesen auf www.epicurio.ch abonnieren.

Wie sollte Wein gelagert werden?

Achten sie auf die Raumtempera-tur. Je wärmer gelagert wird, des-to schneller entwickelt sich der Wein. Die Kellertemperatur soll-te lieber konstant bleiben oder nur minimale Abweichungen aufwei-sen. Grosse und kurze Temperatur-schwankungen sind schädlich. Ach-ten Sie auch darauf, dass etwas Feuchtigkeit vorhanden ist (z.B. durch einen Behälter mit Wasser).

Warum dekantiere ich einen Wein?

Eine Flasche eines jungen oder et-was älteren Rotweins eine Stunde vor dem Servieren bloss zu ent-korken, ist vergebliche Mühe. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Oberfläche des Weins, die mit dem im Flaschenhals zirkulie-renden Sauerstoff in Berührung kommt, zu gering ist, um irgend-eine Wirkung zu erzielen.Ganz anders verhält es sich, wenn man den Wein dekantiert. Bei einem jungen Wein dient das Dekantieren

der Anreicherung mit Sauerstoff. Deshalb sollte man ihm mehr Zeit lassen. Bei einem alten Wein hin-gegen dient das Dekantieren der Trennung des Depots. So sollte ein alter, gereifter Wein unmittelbar vor dem Servieren dekantiert wer-den, da man sonst Gefahr läuft, dass er jegliches Bukett verliert. Lässt man einen solchen Wein wäh-rend einer Stunde in der Karaffe stehen, verliert er womöglich sei-ne restliche Frucht. Ein junger Wein dagegen kann von vorsichtigem Dekantieren profitieren.

34 — Wein: Ein göttliches Getränk

Page 35: 1UP N°12 (05.2016)

Recommendations for your cellar - 3 or 6 bottle trial sets, Quality and enjoyment for little money

Set 1

Johannisberg St.Pierre 2015Cepas Viejas Bobal 2013Diodoro Primitivo di Manduria 2013

3 BottlesCHF 40.-

Set 2

Chardonnay Barrique St.Pierre 2014Alba Murviedro 2014, ValenciaCepas Viejas Bobal 2013, Valencia Diodoro Primitivo di Manduria 2013, ApulienTabali Reserva Carmenère 2012Château de Reignac 2013, AOC Entre deux Mers

6 BottlesCHF 80.-

You can order here: www.epicurio.ch/1upIf you’re interested in my newsletter which appears once or twice a year you can order this on www.epicurio.ch

How should wine be stored?

Be conscious of the room temperature. The warmer the room, the more quickly the wine develops. The temperature of the cellar should remain constant or only show mini-mal variation. Large or quick temperature variations are damaging. Make sure that there is enough humidity (using, for examp-le, a container filled with water).

Why should I decant wine?

To uncork a bottle of young or slightly older red wine just one hour before serving it is wasted effort. It has been scientifically pro-ven that the surface area of the wine, which comes into contact with the oxygen circula-ting in the neck of the bottle isn’t enough to produce any sort of effect.It’s totally different when one decants the wine. If you have a young wine, decanting the wine allows enrichment with oxygen.

Therefore you should leave it more time. If you have an older wine, however, decanting it helps to remove any sediment. So an ol-der, more mature wine should be decanted just before serving to ensure the bouquet isn’t lost. If you leave this wine standing in a de-canter for an hour before serving, it could lose its fruitiness. A young wine, however, will only profit from a careful decanting.

Wein: Ein göttliches Getränk — 35

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36 — Ich

ICH*

WARUM ICH TU, WAS ICH TU.WARUM ICH BIN, WIE ICH BIN.

Ich bin unterwegs in meinem Dschungel, ich denke nach, ich frage und wundere mich, über mich, wohl-gemerkt, wie kann man so sein, seit 26 Jahren un-terwegs mit meinem Jesus, und doch spür ich in mir einen Haufen Wut, Anklage, Rebellion und Unruhe. Das macht mir zu schaffen; es pisst mich an, es geht mir an die Nieren: unbrauchbar, wenn ich das nicht ver-stecken kann, ich sollte es endlich mal in den Griff bekommen, mich kontrollieren, Disziplin und all den Krampf, echte Jüngerschaft, hä, die sieht doch an-ders aus.

Funktioniert aber auch nicht, der sanftmütige, der selbstbeherrschte, der bin ich nicht, h****siech, das verreisst mich, das ist kein Leben, ich kann das nicht, da spür ich mich nicht mehr, da kenn ich den Freak im Spiegel nicht mehr, da bin ich nicht mehr ich. Versuchs anders, so klappts nicht.

Wut als Anteil meiner Persönlichkeit? Das ist doch nicht gesund; da lehnt sich mein Verständnis vom ge-sunden Menschen in mir auf, das reibt sich, und doch: ich bin so, vielleicht sollte ich mal in mich reisen, das kennenlernen, was da so wütet; um was gehts denn dabei, wer wütet denn da wegen was auf wen? Und warum umgeb ich mich mit den Wütenden oder denen, die es sein sollten? Und ich fang an zu spüren: mein Herz, mein Gedärm, wer ich bin und warum ich nicht anders bin, warum ich so sein soll und nicht anders, und ich spüre: ich will es nie verlieren! Nie geb ich diese

Gabe her; sie ist göttlich, vom Schöpfer selbst; ein Ausdruck seines Wesens, seiner Herrlichkeit, seiner Liebe: diese Gabe, ein zerstörtes Leben zu spüren und die Wut darüber zu tragen, die Wut, zu der der zerstörte Mensch vielleicht gar nicht mehr fähig ist. Es hat mich immer alles gekostet, mit diesen Menschen zu arbeiten, und immer hab ich es gespürt, was sie kaputtgemacht hat; ich hab es mitgetragen, wie als Prophet vor Gott, die stinkende Scheisse in seinen Thronsaal gebracht, um ihn wütend zu machen und sein Mitleid zu wecken, ich wollte ihn in Bewegung sehen und hab es oft genug, noch nicht genug, niemals ge-nug bis er wiederkommt, aber ich hab ihn bewegt, als eins seiner Kinder, das er nicht mehr loswird, und er liebt mich für meine Aufsässigkeit, weil er nicht nur uns liebt, denen es gut geht, sondern auch diese ge-schlagenen Seelen, diese vergewaltigten Kinder, die Ungeliebten, Unberührten, Verstümmelten, die Penner, die Outcasts, die Junkies, die zerstörten Zerstörer, die Nutzlosen, die an der Tramstation rumgammeln und e chli Münz wollen, die an die Wand pissen, stinken und nerven.

Ich hab ihren Schmerz immer gespürt. Die Prügel, die sie bezogen haben, regelmässig wie du dein Taschen-geld, oder auch unberechenbar; den Widerling, der in sie eindrang, viel zu jung, ungefragt, das zerstö-rend, was noch nicht mal wach war, im Schlaf erdros-selt und für immer tot; die Gleichgültigkeit, mit der ihre Versuche, Aufmerksamkeit zu finden, quittiert

*Autor: Axel „Axxl“ Brandhorst ist Sozialpädagoge

und arbeitet seit 20 Jahren mit Randständigen

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Ich — 37

wurden, die Kälte im unbezogenen Metallbett im rumä-nischen Kinderheim; all den Sadismus, verdammt, ich spüre das, ich will das spüren, es macht mich wütend und ich will diese Köpfe einschlagen, Vergewaltiger zerstümmeln, Menschen erschiessen, die sowas tun, aber ich tus nicht, ich trags zu Gott, die Schande im Thronsaal, schaus dir an, grosser Gott, es passiert, es passiert in deiner Schöpfung, du musst was tun.Er hat, er hat, das Kreuz hat er getan; vollbracht, finished, ein komplettes Werk, es reicht und doch geht es weiter, all die Scheisse, es reicht halt nicht ganz, Gott, etwas hast du uns gelassen, und das tu ich: ich trag es vor dich, so wie Jesus es für mich getragen hat, ich will dich in Aktion sehen, unvor-stellbar, dass es dich weniger interessiert als mich, beweg dich, grosser Gott, dein ist die Rache.

Spinn ich? Verlass dich drauf. Gott liebt sie, die Spinner, das kannst du mir glauben. Und ich seh die Wunder, wenn er ein wenig Ruhe in Leben bringt, die rastlos in der Selbstzerstörung sind; wenn er es fer-tigbringt, dass ich diese Typen lieben kann und diese Liebe ankommt, vielleicht zum ersten Mal, vielleicht auch nicht, und ich sehe den Tropfen Liebe in der Wüste aus Leere, Arschigsein und Hass verdampfen, mehr gibts nicht, mehr geht nicht, mehr hält so ein Mensch vielleicht gar nicht aus, aber dieser Tropfen Dampf verändert das Klima, nicht gross, nicht sicht-bar, aber so anders, dass es gespürt wird. Dafür leb ich, dafür brenn ich und dafür brenn ich auch aus,

wenn ich mich mal wieder verschätzt hab, macht ja nix, ich hab ja ne Quelle, passt schon, wegen mir würd ein Feigling wie ich auch dafür sterben, warum, willst du wissen... find es raus! Es macht süchtig, es ist geil, es berührt was in dir, das haben noch kei-ne Drogen und kein Sex berührt, etwas, das geht nur, wenn du tust, wofür Gott dich gemacht hat; du kommst dem Allmächtigen unglaublich nahe, und ich kann dir was flüstern: so nähetechnisch ist er der Hammer. Er hat mich gemacht und dabei an die Seelen gedacht, die ich berühren soll, und er hat dich gemacht, als er über Innenarchitektur oder Musik oder Lebensmittel-chemie oder Welthungerhilfe nachgedacht hat, keine Ahnung, was er alles so denkt, aber es wäre Scheis-se, wenn ich Innenarchitektur machen würd, ich wär nicht in dem, was in mich reingeflossen ist beim axxl-Schöpfungsakt, und genauso ists bei dir: leb das, an was er gedacht hat, als er dein Gedärm erschuf, denn aus deinem Innersten erfährst du, was es ist. Und wenn du dir komisch vorkommst, anders als die andern, verrückt, durchgeknallt, oder dir gar erzählt wurde, das ist nicht richtig, nicht christlich wie du bist, dann lass dich das bloss nicht glauben!!, nix sei dir peinlich, und vor allem versteck dich nicht, sie haben nur Angst, die dich ausgrenzen, macht nicht so viel, letztendlich helfen sie dir zu spüren, dass du anders bist als sie, das ist gut so, werd dankbar dafür; es ist keine Krankheit, es ist eine Gabe.

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38 — "In der Schweiz, dem Land der Christen"

Autorin: Alejandra Martinez

Bild: Mostafa D. (Foto: privat)

Author: Alejandra MartinezImage: Mostafa D. (Photo: private)

Artikel 13, 14 der iranischen Verfassung erkennt Christentum, Judentum und Zoroastertum als religiöse Minderheiten an. Sie legt fest, dass der iranische Staat sie gerecht behandeln muss und ihre Glaubensausübung, Riten und Zeremonien zu schützen hat. (...) Diese Religionsgemeinschaften dürfen aber keine Aktivitäten gegen den Islam oder die Islamische Republik unternehmen. So müssen sie beispielsweise die Kleidungsvorschriften in der Öffentlichkeit beachten und dürfen unter den Muslimen keine Mitglieder werben. Für den Abfall vom Glauben droht Muslimen im Iran die Todesstrafe.

(Andrea Claudia Hoffmann: Der Iran, die verschleierte Hochkultur.

Diederichs, München 2009, ISBN 978-3-424-35001-2, S. 142-145)

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"In der Schweiz, dem Land der Christen" — 39

„INDERSCHWEIZ,DEMLANDDERCHRISTEN“MOSTAFA D., 30 JAHRE ALT

Der Iran, das frühere Persien, ist ein wunderschönes Land mit einer großartigen Geschichte und märchenhafter Kultur und zählte einmal zu den mächtigsten Staa-ten der Erde. Das iranische Volk kann auf eine lange Tradition im Kunsthandwerk, der Architektur, der Kalligraphie sowie der Poesie zurückblicken.

Das Land gehört zu den zwanzig bevölkerungsreichsten und größten

Staaten der Erde. Es besitzt die größten Erdgas- und viertgrößten Erdölvorräte der Welt, ist der viertgrößte Hersteller von Ze-ment, hat aber auch weltweit die vierthöchste Rate an Drogentoten und ist neben China das Land mit den meisten Hinrichtungen. Bis 1979 hatte der Iran große Fort-schritte erreicht, die durch die islamische Revolution widerrufen wurden, so zum Beispiel die Rechte der Frauen, die Presse- und Mei-

nungsfreiheit, die Kleiderordnung und vieles mehr, da nach der Re-volution die Scharia (islamische Rechtsprechung) als Gesetzes-grundlage eingeführt wurde. Somit gibt es keine Gewaltenteilung im Iran, sondern der oberste geistli-che Führer verfügt über alleinige Macht. Offiziell gilt der Iran als sogenanntes „nicht freies Land“, das die Menschenrechte gravierend missachtet.

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Kindheit und JugendIn Fooladshar, das im Zentrum des Iran liegt - dem trockensten und wärmsten Landesteil - lebte Mostafa, der Sohn einer gewöhnlichen Arbeiterfamilie. Wie die meisten Bewohner dieser Industriestadt arbeitete Mostafas Vater als Mechaniker in einer der zwei großen städtischen Fabriken, den Hauptarbeitgebern der Region. Mostafas Leben verlief ruhig, wie das vieler anderer Jungen in seinem Alter. Am liebsten spielte er mit seinen vier Brüdern und seiner Schwester Fussball. Zuhause hatten er und seine Geschwister ihren Spaß, solange nur die Mutter da war. Diese liess ihnen ihre Freiheit und so einiges durchgehen. Sobald der Vater von der Arbeit nach Hause kam, herrschten andere Regeln und alle verwandelten sich sofort in ruhige und wohlerzogene, äusserst respektvolle Kinder. Die muslimischen Eltern waren im Vergleich zu anderen aber eher liberal eingestellt, auch in Glaubensfragen. In der Schule war Mostafa in allen Fächern herausragend, interessierte sich aber am meisten für Kunst. Mit zwölf Jahren konnte er den Theaterkurs der Schule besuchen. Als er alt genug war, bewarb er sich im renommierten Amphitheater der Stadt und wurde prompt aufgenommen. In den darauffolgenden Jahren konzentrierte er sich auf die Bereiche Direktion und Produktion und übernahm gelegentlich auch Rollen. Doch damit sein Brot zu verdienen, war eigentlich undenkbar. Mostafas Brüder wurden Ingenieure und Immobilienhändler, er selbst entschied sich schliesslich für ein Mechaniker-Studium. Seine große Liebe galt jedoch weiterhin dem Theater – was später sein Leben für immer verändern sollte.

Der FilmEines Tages kam in der Universi-tät ein junger Mann auf Mostafa zu und fragte ihn, ob er interes-siert sei, an einer Filmprodukti-on mitzuwirken. Mostafa hatte bis dahin nur Erfahrungen im Theater gemacht und sagte interessiert

zu. Die Filmgruppe bestand aus rund dreissig Studenten und pro-duzierte hauptsächlich Dokumenta-tionen und Filme mit Schwerpunkt Geschichte und Altertum. Mostafa erkannte nach einigen Tagen über-rascht, dass alle Mitglieder der Filmgruppe ausnahmslos Christen waren und dass die neue Filmpro-duktion die Lebensgeschichte von Jesus sein sollte. Dies stellte jedoch kein Problem für ihn dar, da er selbst kein allzu religiö-ser Moslem und eher liberal ein-gestellt war. Selbstverständlich musste das Filmthema jedoch ge-heim bleiben und niemand durfte erfahren, dass die Filmmitglieder Christen waren!

Verstecken spielenStändig mussten die Crewmitglie-der aufpassen, dass niemand von ihrer Arbeit Wind bekam. Man tat so, als verfilme man irgendeine historische Geschichte. Man muss-te sich ganz sicher sein, wem man etwas anvertrauen konnte und sehr aufpassen, dass keine verräteri-schen Unterlagen oder Requisiten

liegen blieben. Offiziell war es nicht verboten, einen christli-chen Film zu drehen, aber Wer-bung für das Christentum schon. Diese wurde mit dem Tod bestraft. Einen Film über Jesus zu drehen konnte also ohne Weiteres als Werbung gesehen werden. Später fragte Mostafa einmal seine Kol-

legen, weshalb sie dieses grosse Risiko eingegangen waren, gerade ihn als Moslem zur Mitarbeit zu bitten. Die erstaunliche Antwort lautete, er sei als ein so ta-lentierter Künstler bekannt, dass man ihn unbedingt für das Projekt habe gewinnen wollen. Und da sie ihn von der Uni kannten und wuss-ten, dass er dem Glauben offen und kritisch gegenüberstand, ent-schieden sie, dieses Risiko ein-zugehen. Mit der Zeit vertrauten die Christen Mostafa immer mehr und echte Freundschaften entstan-den. Sie luden ihn zu sich nach Hause ein, was ein enormes Risiko für sie und für Mostafa bedeute-te. Mostafa verbrachte gern Zeit mit ihnen, denn sie unterschieden sich von seinen anderen Freunden. Eines Abends drückte ihm einer seiner neuen Freunde eine Bibel in die Hand, sozusagen als Drehbuch. Mostafa solle die vier Evangelien lesen, um ein eigenes Bild von Je-sus zu bekommen und selbst bestim-men zu können, welche Szenen zu-sätzlich verfilmt werden sollten. Er fing am selben Abend an zu le-

sen und fand alles sehr spannend. Er konnte die Bibel kaum weglegen und war begeistert von der Person Jesu. Ab diesem Moment bekam die Produktion eine andere Bedeutung, denn was er abends las, setzte er am nächsten Tag in Szene und das Gelesene wurde vor seinen Augen Realität.

40 — "In der Schweiz, dem Land der Christen"

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Die VeränderungIn der heutigen Zeit ist im Iran ein Abfall vom Islam bzw. die Kon-vertierung zu einem anderen Glau-ben strengstens verboten und kann mit dem Tode bestraft werden. Für das Christentum zu werben und Mus-lime zu bekehren, ist ebenfalls unter Todesstrafe verboten. Aus diesem Grund treffen sich neu konvertierte Christen heimlich in sogenannten Hauskirchen. Der Gottesdienst findet im Wohnzimmer von Christen statt, dabei wech-selt der Gastgeber wöchentlich. Erst kurz vor dem Gottesdienst wird mündlich weitergegeben, wer der nächste Gastgeber sein wird. Es gibt zwar auch offiziell bekann-te Kirchen im Iran, diese dürfen jedoch nur von sogenannten „Alt-Christen“ betreten werden. Das sind Menschen, die bereits vor der Islamischen Revolution bekennende Christen waren und deren Familien meist schon seit Generationen dem christlichen Glauben angehören.

Es dauerte nicht lange, und die christlichen Freunde luden Mosta-

fa zu einer Hauskirche ein. Der Direktor des Filmprojektes war gleichzeitig der Pastor und sprach an einem der Abende über das Leben eines Christen im Alltag. Mosta-fa hatte das Gefühl, dass alles, was gepredigt wurde, irgendwie... richtig war. Er spürte, dass die Worte des Pastors eine lebendige

Wahrheit innehatten, wie er sie nie von anderen Rednern gehört hatte. Es ging um Respekt gegen-über Mitmenschen, es ging um das Recht, zu wählen, um Demokratie. Er sprach über Beziehung zur ei-genen Familie wie auch zu den Nachbarn. Nach diesem Abend ging Mostafa nachdenklich nach Hause und konnte kaum den nächsten Got-tesdienst erwarten. Bald wartete er nicht mehr, bis er eingeladen wurde, sondern fragte bei den An-deren ungeduldig nach dem nächs-ten Treffen. Alles, was er hörte, war so neu und frisch; er konnte nicht genug bekommen. Während-dessen hatte der Dreh des drit-ten Filmabschnitts begonnen und Mostafa fühlte, wie er begann, sich selbst zu verändern. Auch andere spürten die Veränderung und sogar seine Mutter sprach ihn direkt darauf an, denn sie hat-te bemerkt, dass er freundlicher und respektvoller mit ihr umging. Aber natürlich wagte er es nicht, jemandem den wahren Grund für sei-nen Charakterwandel zu erzählen.

SicherheitspolizeiEines Abends verhaftete die Si-cherheitspolizei einige Leute der Crew und beschlagnahmte das ge-samte Filmmaterial. Die Arbeit von nunmehr drei Jahren! Einen Mo-nat später kamen die Leute wieder frei und erzählten dem Rest des Teams, dass sie gezwungen wurden,

alle Namen preiszugeben. Trotzdem besuchten sie weiterhin den wö-chentlichen Gottesdienst in der Hauskirche und besprachen mitei-nander, ob sie die Arbeit am Film wieder aufnehmen sollten. Einer der Freigelassenen hatte vor der Beschlagnahme des Filmmaterials eine Sicherheitskopie gemacht. Man entschloss sich, die Aufnah-men fortzuführen. Obwohl Mostafa grosse Angst hatte, verhaftet zu werden, spürte er, dass es seine Aufgabe war, den Film zu beenden. Er übernahm die Verantwortung für die Produktion und etwaig auf-tretende Probleme. Ausserdem in-vestierte er sein Erspartes, um die Kosten des vierten und letz-ten Teils der Produktion zu de-cken. Mitten in dieser gefährli-chen Zeit entschied sich Mostafa, Christ zu werden und sein Leben ganz Jesus zu übergeben. Nun war er mit ganzem Herzblut dabei. Kurz nach Beendigung der letzten Film-aufnahmen wurde ein Haftbefehl für alle Teammitglieder erlassen, um sie wegen Werbung für Christus festzunehmen und zu verurteilen.

Alle erhielten Vorladungen, denen sie aber nicht Folge leisteten. Im Iran verschwinden nach solchen Vorladungen die Menschen regel-mässig und niemand hört je wieder etwas von ihnen. Sie konnten aber nun nicht einfach mit ihrem Aus-weis ausreisen, da überall nach ihnen gefahndet wurde.

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Flucht und NeubeginnDie Freunde verabschiedeten sich voneinander und verliessen auf verschiedenen Wegen das Land. Mostafa hörte nie mehr von ihnen. Sie konnten keine Handys mitneh-men bzw. bestehende Nummern ver-wenden noch ihre Mailadressen weiter benutzen. Die Möglichkeit, in Kontakt zu bleiben, hatten sie nicht. Mostafa besuchte noch ein-mal seine Eltern und erzählte ih-nen nun endlich, dass er Christ geworden sei und das Land verlas-sen müsse. Sie verstanden seine Entscheidung und verurteilten ihn nicht. Mit Hilfe einiger Freun-de konnte Mostafa unbemerkt das

Land verlassen und in die Türkei fliehen. Dort hörte er, dass es in der Schweiz viele Christen gäbe. Dies schien ihm der richtige Ort für einen Neustart. Mostafa kam Ende 2015 in der Schweiz als Asyl-suchender an. In seiner Asylun-terkunft im Baselland traf er auf einen ehemaligen Asylsuchenden, der immer wieder in der Unterkunft vorbeikam, um nach Landsleuten zu sehen. Dieser Mann stellte Mosta-fa seinen Freunden vor, die ihn gleich zu Weihnachten nach Hause einluden. Mostafa fühlte sich als Fremder in der Fremde und freu-te sich daher sehr darüber. Und was musste er feststellen? Seine

Gastgeber waren Christen - und sie luden ihn in eine internationale Kirche ein - dem ICF Basel. Seit-her besucht er das ICF regelmäs-sig, fühlt sich wohl und schätzt vor allem, dass er nun ohne Angst und ohne sich verstecken zu müssen in die Kirche gehen kann: als wäre es die normalste Sache der Welt. Was aus dem Film wurde, weiss nur Gott, und er wird bestimmt sei-ne Pläne damit haben. Mostafa ist überzeugt davon, dass die Arbeit am Film wichtig war und Früchte trägt. Sein Vertrauen gilt ganz Gottes Plan.

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Baklava — 43

BAKLAVABĀQLAVĀ اولقاب БАКЛАВА ΜΠΑΚΛΑΒΑΣ هوالقهب ՓԱԽԼԱՎԱ ةوالقب

Baklava ist eine Süssspeise, die überwiegend im ori-entalischen Raum zu einem starken Mokka genossen wird. Es heisst, der Begriff Baklava sei verwandt mit dem mongolischen Wort für „Wickeln“.Im Orient ist es üblich, dieses Naschwerk bei freudi-gen Anlässen und religiösen Festlichkeiten Freunden, Bekannten und Nachbarn zu reichen. Ein türkisches

Sprichwort besagt, dass „süss rede, wer süss esse“. Zwei junge Frauen aus dem Norden Syriens haben uns gezeigt, wie man Baklava zubereitet. Die muslimischen Schwestern sind seit etwas mehr als einem Jahr mit ihren beiden Brüdern in der Schweiz. Sie besuchen re-gelmässig den Deutschunterricht im ICF Basel.

Rezept

500g

200g1 Schälchen400g300g1 TL¼ TL

Backblech (Standardgrösse, muss nicht eingefettet werden), Backpinsel, grosses Messer

Zubereitungszeit ca. 60 Minuten

Blätterteig für Baklava (entspricht ca. 20 Teigblättern; erhältlich im türkischen Lebensmittelgeschäft)Walnusskerne (alternativ Haselnüsse, Pistazien)fein gemahlene Nüsse der gleichen ArtZuckerGhee (alternativ Margarine, Butter)gemahlener ZimtAscorbinsäure

300g Ghee in einer Pfanne bei reduzierter Hitze lang-sam flüssig werden lassen. In einer extra Schüssel die Walnüsse grob zerkleinern, Zimt und 1 ½ Esslöffel Zucker dazugeben, vermengen.In einem Topf 400g Zucker mit 2 ½ Gläsern heissem Wasser verrühren, Ascorbinsäure hinzufügen – langsam erhitzen, bis sich die Mischung verflüssigt hat.Jeweils zwei Schichten (Blätter) des Blätterteigs zusammenfügen und auf den Arbeitstisch legen. 2/3 des Teigs mit dem flüssigen Ghee bestreichen, in ei-ner geraden, ca. 5 cm breiten Linie die Walnussmasse legen und nach und nach einrollen, dabei fortlaufend mit Ghee bepinseln. Die fertige Rolle auch aussen

mit Ghee bepinseln und auf das Backblech legen. Wenn alle Teigrollen auf dem Blech liegen, mit einem guten Messer ca. 5cm breite Stücke schneiden.

Bei 170 Grad (Ober-und Unterhitze) 15-20 Minuten ba-cken, bis der Teig leicht gebräunt ist. Zwischen-durch immer wieder Backvorgang kontrollieren. Das Blech aus dem Ofen nehmen und den aufgelösten Zucker langsam über die noch heisse Baklava schöpfen. Mit gemahlenen Nüssen bestreuen.

Leicht abkühlen lassen und noch handwarm mit einem Mokka oder Chai geniessen.

Autorin: Ninette Guida

Fotos: Suzana Gojani

Nach dem Verzehr eine extra Joggingrunde einlegen :-)

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Buchrezension — 45

PerspektivenwechselHast du dir schon mal überlegt, wie unsere Welt aus Sicht der Höl-le, des Teufels ausschaut? Genau dieser Frage geht der Autor C.S. Lewis in seinem Buch «Dienstan-weisungen an einen Unterteufel» nach. Lewis ist dir vielleicht be-reits bekannt als Autor der «Chro-

niken von Narnia» oder «Pardon, ich bin Christ».

Der «Unterteufel» Wormwood steht in diesem Buch im Mittelpunkt. Worm-wood ist ein junger „Versucher“, welcher soeben seine Ausbildung in der höllischen Akademie hin-ter sich hat und nun einen seiner

ersten Praxiseinsätze bewerkstel-ligen soll. Sein Onkel Screwtape, seines Zeichens Staatssekretär eines diabolischen Ministeriums, fungiert dabei als sein Mentor. Das Buch beinhaltet die Sammlung von einunddreissig Briefen, wel-che Screwtape im Laufe der Zeit an seinen Neffen schreibt.

BUCHREZENSION

Autor: Raphael Branger

Bild: BillionPhotos.com

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46 — Buchrezension

Neben Onkel Screwtape und seinem Neffen Wormwood steht ein weiterer Akteur im Zentrum des Geschehens: der «Patient». Der Patient ist ein Mann und lebt – wie der Autor sel-ber – während des 2. Weltkriegs in England. Zunächst ist dieser noch kein Christ. Zum Missfallen von Onkel Screwtape stellt sich Worm-wood aber ziemlich ungeschickt an als junger Versucher. So kommt es, dass der Patient bereits im zwei-ten Kapitel Christ wird. So werden in der Folge auch die meisten The-men stets im «christlichen» Kon-text erörtert.

Verdrehen, Verwirren, VersuchenWenn die Bekehrung des Patien-ten – aus Sicht von Screwtape und Wormwood – auch ein ärgerliches Vorkommnis ist, bleibt Screwtape guten Mutes, dass man den Patien-ten über kurz oder lang wieder vom Glauben an Jesus abbringen kann. Vieles dreht sich dabei um Ablen-kung. Ablenkung von Gott, von dem was «wahr» ist, von dem was Gott möchte, dass wir Menschen es tun. Dies geschieht oft durch harmlose Dinge, z.B. eine Irritation durch die unpassenden Schuhe des Sitz-nachbarn in der Kirche oder das vibrierende Smartphone in der Ho-sentasche.

Einen weiteren Angriffspunkt sieht Screwtape in den zwischen-menschlichen Beziehungen des Pa-tienten. Dieser lebt im gleichen Haus wie seine Mutter, was ordent-liches Konfliktpotential zu haben scheint. Screwtape weiss dieses geschickt auszunutzen und gibt detaillierte Anweisungen weiter. In gleicher Art und Weise erörtert Screwtape, welche Rolle das Gebet hat und wie man es – aus Sicht der Hölle – möglichst unschädlich macht. Später geht es um das Ge-setz der Wellenbewegung in einem menschlichen Leben und wie man be-sonders Wellentäler als Versucher ausnutzen kann. Damit verbunden ist auch das Thema «sich Sorgen machen». Dazu empfiehlt Screwtape, dass Wormwood den Fokus seines Pa-tienten möglichst auf die Zukunft richtet. Denn nur in der Zukunfts-

perspektive lassen sich Sorgen, aber auch Habgier und ungesunder Ehrgeiz schüren.

In diesen und etlichen weiteren Belangen lehrt Screwtape seinen Neffen, wie man durch Verdrehen, Verwirren und Versuchen viele im Kern an und für sich gute Dinge ins Negative und damit zugunsten des Teufels manipulieren kann. Es sind häufig die Extreme, welche gesucht werden. Gleichzeitig, und das stimmt einen während des Le-sens immer wieder positiv, ist die Macht der Versucher begrenzt. So ist die Dauer eines «Angriffs» nie endlos, auch kennt Screwtape kein Rezept gegen die stets neue Gnade und Liebe durch Jesus Christus.

Lewis zeigt in diesem Buch, dass er eine scharfe Beobachtungsgabe hat. Gleichzeitig deckt er dabei einen breiten Strauss an Themen ab, welche direkt aus dem Leben gegriffen sind. Umso grösser ist daher der persönliche Wiedererken-nungseffekt in den geschilderten Situationen. Zuweilen geht ganz vergessen, dass Lewis das Buch vor nunmehr 70 Jahren schrieb.

Über alles gesehen ist das Buch süffig zu lesen, einzig die teil-weise etwas altmodisch anmutenden Schachtelsätze erschweren den Le-sefluss von Zeit zu Zeit. Gleich-zeitig, und das ist sehr hilf-reich, bringt Screwtape seine philosophischen Ausschweifungen

zum Ende eines jeden Briefs stets wieder auf den Punkt.

Es liegt an unsNeben einem – wenn auch nur fikti-ven – Einblick in die Denkweise des Teufels zeigt das Buch auch die Kostbarkeit des Evangeliums auf. So unverständlich die Liebe Gottes für Screwtape und seinen Neffen sind, so klar wird einem plötzlich, warum Gott Leid zu-lässt und die Menschen nicht zum Guten zwingt.

Weil Gott uns aber zu nichts zwingt und der Teufel uns möglichst ru-higstellen will, sind wir am Drü-cker, den guten Absichten auch wirklich Taten folgen zu lassen. Gerade in Bezug auf das Gebet oder die stille Zeit wurde mir persön-lich bewusst, wie leicht ich mich durch allerlei Dinge davon abhal-ten lasse.

Es liegt nun an mir... an uns... etwas zu verändern!

Dienstanweisungen an einen Unterteufel (Originaltitel: The Screwtape Letters), C.S. Lewis, Verlag Herder

"Alles muss erst verdreht werden, bevor es für

uns von Nutzen ist. Wir kämpfen aus einer grausam

benachteiligten Lage heraus."

(Zitat von Screwtape; man beachte, dass sein «Nachteil» aus unserer Sicht als Christen einen hoffnungsvollen «Vorteil»

darstellt!)

"Denke immer daran, dass er das kleine Ungeziefer wirklich gern hat und einen absurden Wert auf die Unverwechselbarkeit jedes einzelnen von

ihnen legt."

(Screwtape)

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Hast du Ideen für Themen, welche im 1UP erscheinen sollten? Kritik an Inhalten dieser Ausgabe? Möchtest du gerne selbst einen Beitrag schreiben oder hast du ein tolles Bild gesehen, welches gedruckt werden könnte?Wir sind offen für Anregungen, Inhalte, Kritik, Fragen und Lob ;-)

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IMPRESSUMRedaktion Editorial: Ninette Guida, Roman Albertini,Ralf Dörpfeld, Manuel Schmid

Grafik Graphic: Roman AlbertiniLektorat Editorial office: Ninette GuidaAutoren Authors: Alejandra Martinez, Axel Brandhorst, Linda Sklenar,Manuel Schmid, Raphael Branger

Gastautoren Guest Authors: Jean-Bernard Carruzzo, Christine Giustizieri (HEKS)Übersetzung Translation: Chris Foreman, Lisa Foreman, Nicci VaughanTitelseite Cover: Jerusalem (Foto Photo: Roman Albertini)Sponsoring: Denova

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