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Rituale im griechischen Tempel. Überlegungen zur Funktion von Tempelrampen, in: D. Panagiotopoulos – I. Kaiser – Ο. Kouka (Hrsg.), Ein Minoer im Exil. Festschrift für Wolf-Dietrich

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Ein Minoer im ExilFestschrift für Wolf-Dietrich Niemeier

Universitätsforschungenzur prähistorischen Archäologie

Aus dem Institut für Klassische Archäologieder Universität Heidelberg

Band 270

2015

Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn

Ein Minoer im Exil

Festschrift für Wolf-Dietrich Niemeier

herausgegebenvon

Diamantis PanagiotopoulosIvonne Kaiser

Ourania Kouka

2015

Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn

ISBN 978-3-7749-3971-4

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.Detailliertere bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Copyright 2015 by Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn

Gedruckt mit finanzieller Unterstützung vom Institute for Aegean Prehistory (INSTAP)

Redaktion: Danae LangeSatz: Jürgen Franssen, Heidelberg

Umschlagbild: Rekostruktionszeichnung Barbara Niemeier

VORWORTDER HERAUSGEBER

Die Reihe „Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie“ soll einem in der jüngeren Vergangenheit entstandenen Bedürfnis Rechnung tragen, nämlich Exa-mensarbeiten und andere Forschungsleistungen vor-nehmlich jüngerer Wissenschaftler in die Öffentlichkeit zu tragen. Die etablierten Reihen und Zeitschriften des Faches reichen längst nicht mehr aus, die vorhandenen Manuskripte aufzunehmen. Die Universitäten sind des-halb aufgerufen, Abhilfe zu schaffen. Einige von ihnen haben mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln unter zumeist tatkräftigem Handanlegen der Autoren die vorliegende Reihe begründet. Thematisch soll darin die ganze Breite des Faches vom Paläolithikum bis zur Ar-chäologie der Neuzeit ihren Platz finden.

Ursprünglich hatten sich fünf Universitätsinstitute in Deutschland zur Herausgabe der Reihe zusammengefun-den, der Kreis ist inzwischen größer geworden. Er lädt alle interessierten Professoren und Dozenten ein, als Mithe-rausgeber tätig zu werden und Arbeiten aus ihrem Bereich der Reihe zukommen zu lassen. Für die einzelnen Bände zeichnen jeweils die Autoren und Institute ihrer Herkunft, die im Titel deutlich gekennzeichnet sind, verantwortlich. Sie erstellen Satz, Umbruch und einen Ausdruck. Bei gleicher Anordnung des Umschlages haben die verschie-denen beteiligten Universitäten jeweils eine spezifische Farbe. Finanzierung und Druck erfolgen entweder durch sie selbst oder durch den Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, der in jedem Fall den Vertrieb der Bände sichert.

Herausgeber sind derzeit:

Kurt Alt (Mainz) Nikolaus Boroffka (Berlin)

Peter Breunig (Frankfurt am Main)Philippe Della Casa (Zürich)

Manfred K.H. Eggert (Tübingen)Clemens Eibner (Heidelberg)Frank Falkenstein (Würzburg)

Ralf Gleser (Münster)Bernhard Hänsel (Berlin)

Alfred Haffner (Kiel)Albert Hafner (Bern)

Svend Hansen (Berlin)Ole Harck (Kiel)

Joachim Henning (Frankfurt am Main)Christian Jeunesse (Strasbourg)Albrecht Jockenhövel (Münster)

Tobias L. Kienlin (Köln)Rüdiger Krause (Frankfurt am Main)

Klára Kuzmová (Trnava)Amei Lang (München)Achim Leube (Berlin)

Andreas Lippert (Wien)

Jens Lüning (Frankfurt am Main)Joseph Maran (Heidelberg)

Carola Metzner-Nebelsick (München)Johannes Müller (Kiel)

Ulrich Müller (Kiel)Michael Müller-Wille (Kiel)

Mária Novotná (Trnava)Bernd Päffgen (München)

Diamantis Panagiotopoulos (Heidelberg)Christopher Pare (Mainz)

Hermann Parzinger (Berlin)Britta Ramminger (Hamburg)

Jürgen Richter (Köln)Sabine Rieckhoff (Leipzig)

Wolfram Schier (Berlin)Heiko Steuer (Freiburg im Breisgau)

Thomas Stöllner (Bochum)Biba Teržan (Berlin)Ulrich Veit (Leipzig)

Karl-Heinz Willroth (Göttingen)Andreas Zimmermann (Köln)

Untersuchungen zur Verortung von Ritualen in griechischen Heiligtümern haben in den letzten Jahren zugenommen. Dabei wurden verschiedene Räume ins Blickfeld genommen: in erster Linie Altäre, aber auch Prozessionswege, Nebenbauten, Statuen etc. In dem Beitrag wird nun der Tempel selbst in den Mittelpunkt gerückt, der Raum, dem sogar bisweilen jegliche Funktion im Ritus abge-sprochen wurde. Ausgegangen wird dabei von der architektonischen Besonderheit einer Gruppe von dorischen Tempeln, nämlich Rampen, die meist zentral zur Eingangsfront des Tempels führen. Nach einer Analyse der Verbreitung und der Gestalt dieser Rampen werden verschiedene Möglichkeiten ihrer Funktion diskutiert.

Einführung

Rituale sind regelmäßig wiederkehrende religiöse Handlungen, die entweder im Kollektiv oder individuell durchgeführt werden1. Sie umfassen zahlreiche performative Elemente, wie etwa Versammlung, Prozession; Opfer und Spende; Gebet, Gesang, Musik und Tanz, Essen und Trinken, Berührung etc. Größere Heiligtümer verfügen daher meist über mehrere rituelle Räume, in denen einzelne Riten stattfanden, wie der Altar für das Blutopfer, Räume für Kultmahlzeiten, Stadien und Sportanlagen für Spiele2. Was aber geschah im griechischen Tempel?

Altertums- und Religionswissenschaftler sind sich weitgehend darüber einig, dass der Tempel nicht der zentrale Ort des Rituals war, sondern vielmehr der zugehörige, meist davor gelegene Altar, an dem das blutige Opfer stattfand3. Im Gegensatz zu den christlichen Gotteshäusern, welche die Versammlung der Gemeinde behausen, war das antike griechische Heiligtum nach allgemeiner Auffassung von einer Versammlung am Altar im Freien geprägt. Walter Burkert

✳ Dem Jubilar sei für sein Angebot einer Kooperation gedankt, die mich 2009 erstmals auf die Ausgrabung nach Kalapodi führte. Die Idee zur Untersuchung von Tempelrampen entstand dort, weshalb ihm diese Überlegungen gerne gewidmet werden. Frühere Fassungen dieses Beitrags wurden an den Archäologischen Instituten der Universitäten Berlin (HU), Salzburg und Wien vorgetragen. Für Hinweise, Anregungen, Kritik bzw. die Bereitstellung noch unveröffentlichter Beiträge danke ich N. Hellner, A. Hennemeyer, D. Doepner, G. Ladstätter, M. Kerschner, K. Müller, J. Mylonopoulos, S. Prignitz, E. Sioumpara, E. Stavrianopoulou und H. Wienholz. Die Aufbereitung der Abbildungen ist der Umsicht von H. Birk und J. Engelhardt zu verdanken, eine sorgfältige redaktio nelle Durchsicht U. Schulz.

1 Lang 1998. Griechische Rituale und Ritualdynamik sind in den letzten Jahren vermehrt ins Zentrum des Forschungsinteresses gerückt, s. etwa die umfangreiche Publikation Thesaurus cultus et rituorum antiquorum (ThesCRA), den SFB 619 in Heidelberg (Teilprojekt B2), vgl. Chaniotis 2011.

2 Vgl. das Inhaltsverzeichnis von Thesaurus cultus et rituorum antiquorum 4, 2005, 1 (Kultorte).3 Etwa Burkert 1988, ferner: Burkert 2010, 146; Roux 1984, 159; Coldstream 1985, 68; Schmitt 1992, 1; Bremmer

1996, 33; Østby 2001, 17; Pedley 2005, 60; Mylonopoulos 2006; Mylonopoulos 2011a, 45. Zum Altar: Rupp 1991.

Katja Sporn

Rituale im griechischen TempelÜberlegungen zur Funktion von Tempelrampen✳

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ging sogar soweit, den Tempel lediglich als Kulisse für das Geschehen am Altar zu deuten4. Eine untergeordnete Bedeutung des Tempelinnenraumes sahen auch Bauforscher in dem geringen Aufwand bestätigt, welcher der Gestaltung des Inneren im Verhältnis zum Äußeren beigemessen wurde. Manche Forscher streiten sogar ab, dass überhaupt alle Tempel eine rituelle Funktion hatten und stellen für einige eine praktische oder ökonomische Funktion als Schatzhäuser in den Mittelpunkt. Das bekannteste Beispiel ist die Diskussion um den Parthenon in Athen5. In der neueren Literatur wird für den griechischen Tempel eine kombinierte Funktion als Schatzhaus für den kostbaren Besitz der Gottheit und als Haus des Kultbildes bevorzugt, wobei die Gewichtung der beiden Funktionen unterschiedlich beurteilt wird6. Im Gegensatz zu manchen frühen Bauten, die auch eine Funktion als Bankett- oder Versammlungshaus hatten, wird diese Zweckbestimmung dem freistehenden kanonischen griechischen Tempel seit hocharchaischer Zeit abgesprochen7.

Es ist nicht möglich, eine pauschale Aussage zur Funktion griechischer Tempel über alle Epochen, Regionen und Kulte hinweg zu treffen. Griechische Tempel sind wie viele Bauten multifunktionale Raumkörper, deren tatsächliche Funktionen nur durch sorgfältige Analysen erschließbar sein können. Eine systematische Untersuchung aller verfügbaren archäologischen, literarischen und epigraphischen Informationen zum griechischen Tempel in religionswissen-schaftlicher Perspektive ist ein Forschungsdesiderat, auch wenn in den letzten Jahrzehnten zahl-reiche Untersuchungen zu Einzelaspekten entstanden sind8. Ziel des Beitrages ist weniger, diese Forschungslücke zu schließen, als einige alte sowie manche neue Argumente für eine rituelle Funktion des Tempels darzulegen.

Rituale um das Kultbild

Auch wenn die Identifikation und wesensimmamente Bedeutung des Kultbildes ein komplexes Problem darstellt, soll unter ,Kultbild‘ hier der Einfachheit halber das wichtigste Bild der Gottheit in ihrem Tempel begriffen werden, das seit archaischer Zeit meist einen zentralen Platz im rück-wärtigen Raum der Cella einnimmt und seit klassischer Zeit monumentale Gestalt haben kann9. Dieses Gottesbild ist nicht nur als passive Figur zu betrachten, in deren Blickfeld das Opfer am Altar stattfand10. Es ist zwar nicht daran zu zweifeln, dass das Opfer am Altar ein wichtiger

4 Burkert 2010, 146.5 So trennt etwa Roux 1984, 159–66 zwischen „temples-trésors“ (Parthenon, Athener-Tempel in Delos) und „temples-

sanctuaires“ (Erechtheion). Zum Parthenon: Preisshofen 1984; Nick 2002, 119–32 (mit Darlegung der Argumente, sie schließt aber auf eine kultische Funktion); Knell 2007, 195.

6 Die Superiorität der Schatzhausfunktion betonen Hägg 2000, 282; Sinn 2005, 88; des Hauses des Kultbildes etwa Knell 2007; Burkert 2010, 140–6; Mylonopoulos 2011a, 47. Da nicht jeder Tempel über ein Kultbild verfügt, kann die Behausung eines solchen nicht die wichtigste Funktion gewesen sein.

7 Etwa Sinn 2005, 88.8 Etwa der Bedeutung der Innenräume (Hollinshead 1999), der Ausstattung mit Skulptur und Malerei (Paliompeis

1996), der Funktion von Kultbildschranken (Metzler 1995; Mattern 2007; Mylonopoulos 2011b) und der Aufstellung von Privatbildnissen (Sporn 2014).

9 s. dazu etwa Boschung 2007; Eich 2011.10 s. dazu bereits Bergquist 1967, 111–2 und ausführlich Scheer 2000, 54–66; Bettinetti 2001, 137–231; Linant de

Bellefonds et al. 2004, 417–68. – Zuletzt zweifelte Eich 2011, 428–30 wieder eine zentrale Bedeutung des Kultbildes im Ritual in der griechischen Frühzeit an und betonte, dass die meisten diesbezüglichen Quellen erst aus der Kaiserzeit stammen.

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identitätsstiftender Akt der Polisgemeinde war. Dafür spricht auch der große Raum, der dort für die Versammlung der Gemeinde zur Verfügung stand, und schließlich sind Opfer am Altar äußerst beliebte Szenen in der griechischen Vasenmalerei. Aber auch das Kultbild selbst diente der Kommunikation zwischen Gott und Mensch.

Kultbilder waren eingebunden in zahlreiche Rituale. So wurden sie bekleidet, gewaschen, gereinigt und gespeist. In Athen widmeten sich diesen Ritualen sogar drei Feste: die Kallynteria, die Plynteria und die großen Panathenäen, an denen der neue Peplos übergeben wurde. Den Kultbildern wurden Teile von den Opfergaben entweder auf Kulttischen in ihrer Nähe dar-gebracht oder man legte ihnen Fleischstücke des Opfertieres sogar auf Hände und Knie. Auch Blumen wurde ihnen gereicht und Weihrauch verbrannt. Zuweilen bewegte man sie sogar, wobei für die griechische Antike gilt, dass häufiger die Menschen zum Götterbild gingen als umgekehrt, wie Tanja Scheer lakonisch bemerkte11. Aber tatsächlich näherte man sich dem Götterbild selbst, betete oder flehte vor ihm und stand nicht lediglich vor den verschlossenen Türen des Tempels. Viele Tempel boten zwar eine eingeschränkte Zugänglichkeit12, die persönliche Kommunikation mit dem Kultbild spielte aber den Schriftquellen zufolge eine wichtige Rolle. So ließen sich schon Hekabe und die Trojanerinnen den Athenatempel in Ilion aufschließen, um Athena ein Gewand als Opfergabe auf die Knie zu legen und um das Kriegsende zu bitten13. In zahlreichen Tempeln nachweisbare Schranken trennten die Kultbilder von den Besuchern. Sie sollten insbesondere das Kultbild, aber auch andere wertvolle Gaben im Tempel vor unbefugtem Zugriff schützen und sind nur im Zusammenhang mit einer Öffnung der Tempel verständlich14.

Der Tempel als Versammlungsort

Nicht nur im freien Raum des Heiligtums, sondern auch innerhalb einer geschlossenen Architektur fanden Versammlungen von Gläubigen statt. Besonders am Beginn der monu-mentalen Sakralarchitektur in spätgeometrischer und früharchaischer Zeit lässt sich dies für manche Tempel nachweisen. Einerseits können Sakralbauten mit umlaufenden Sitzbänken und/oder Herdstellen eine solche Funktion eingenommen haben15. Auch manche geo-metrische Apsidialbauten konnten eine sakrale Funktion innehaben, wie Spuren von Speise- und Trankopfern belegen16. Versammlungen der Kultgemeinde innerhalb der Tempelcellae wurden für westgriechische Tempel archaisch-klassischer Zeit im Hinblick auf ihre weiten Cellae

11 Scheer 2000, 60. Zu Kultbildern in Prozessionen s. Bettinetti 2001, 185–210; Linant de Bellefonds et al. 2004, 477–83 (C. Lochin).

12 s. dazu Krauter 2004; Boschung 2007, 82 Anm. 51; Lupu 2009, 18–21.13 Hom. Il. 6, 297, s. dazu Bettinetti 2001, 26–7. In Arist. equ. 31 fragt sich eine Sklavin, ob es nicht das Beste sei, sich

vor ein Götterbild zu werfen, um Gehör zu finden.14 Zu Kultbildschranken s. ausführlich Mattern 2007; nun auch Mylonopoulos 2011b, zu einer lex sacra aus Mylasa,

die konkret den Zutritt ins Tempelinnere jenseits der Balustrade zwischen dem silbernen Thymiaterion-Altar und der trapeza des Gottes verbietet Lupu 2009, 20. Mattern und Mylonopoulos betonen die Implikation von Kultbildschranken für die regelmäßige Zugänglichkeit bzw. Öffnung des Tempels zum Schutz des Kultbildes (und weiterer Gegenstände) vor Beschädigung im Gegensatz zu Cain 1995, der die Schranken im Kontext der musealen Präsentation hellenistischer Kultbilder verstand. Mylonopoulos spricht sich aber im Gegensatz zu Mattern gegen eine Intention zur Bedeutungssteigerung des Kultbildes („Präsentation durch Isolation“) aus, da nicht nur das Kultbild, sondern auch trapezai und andere Gegenstände durch Schranken abgeschirmt waren. Das eine schließt das andere jedoch nicht aus.

15 Zu Bänken in geometrischen Tempeln s. Mazarakis Ainian 1997, 279–80. 16 Gimatzidis 2011.

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vorgeschlagen, worin allerdings ein grundsätzlicher Unterschied zum kontemporären mutter-ländischen Tempelbau gesehen wurde17. Allerdings sind auch hier gemeinschaftliche Rituale bis-weilen belegt.

Opfer im Tempel

Pausanias bezeugt für den Demetertempel von Hermione das Töten von Rindern in der Cella18. Im Rahmen des Festes warteten vier alte Frauen auf Sitzgelegenheiten (thronoi) auf die vier einzeln in den Tempel getriebenen Rinder, um ihnen die Kehle durchzuschneiden. Auch bei den Kleinen Panathenäen in Athen sollte im Alten Tempel der Athena ein (leider inhaltlich nicht gesichertes) Opfer durchgeführt werden, und Pausanias nennt explizit Opfer für den olympi-schen Zeus am Altar im Zeustempel von Olympia19. Solche gemeinschaftlichen blutigen Opfer in der Tempelcella sind allerdings selten explizit belegt. Ein Zeichen persönlicher Frömmigkeit stellt das Gelübde der Troerinnen dar, der Athena zwölf Kühe en neo bei Erfüllung ihrer Bitte zu opfern20. Eine hellenistische Opfervorschrift aus Kos sieht die Darbietung von in Haut gewi-ckelten Teilen des Opfertieres auf der hestia im Tempel der Hera vor, die nicht aus dem Tempel entfernt und nur vor Ort verspeist werden dürfen21.

Opfer, Opferstellen und Kulttische im Tempelinneren sind nicht nur literarisch, sondern auch archäologisch bezeugt22. Auf den Kulttischen (trapezai) erhielten die Götter v. a. vegetari-sche Opfer und Speisen. Für die göttliche Speisung war bisweilen eine Kline im Inneren aufge-stellt23. In vielen Fällen wurden in Tempeln zudem an dezentraler Stelle Strukturen gefunden24, die literarische Zeugnisse von Brandopferstellen oder Herdfeuern archäologisch stützen25. Eine Sondergruppe hat einen Brandopferaltar, die eschara, an zentraler Stelle im Inneren, und zwar der Herdtempel, der sich in geometrischer Zeit aus dem Megaron entwickelte26. Dort konnte eine kleine Kultgemeinde gleichermaßen das Opfer zubereiten und speisen. Wurden die Gemeinden größer, eignete sich diese Form des Sakralbaus nicht mehr, auch dürfte das blutige Opfer im

17 Mertens 1984, 163–70, s. hier unten Anm. 33.18 Paus. II 35. 5–8; zu Opfer im Tempel s. auch Nick 2002, 64–9.19 Alter Athenatempel: IG II2 334 Z. 9 f. (335/334 v. Chr.); Nick 2002, 66. 233 Test. 109. Olympia: Paus. V 14, 4.20 Hom. Il. 6, 297.21 Sokolowski 1969, Nr. 151 B Z. 9, Nick 2002, 66 Anm. 390.22 Kulttische: Gill 1991; trapezomata: Gill 1974. Zu trapezomata und theoxenia Bettinetti 2001, 211–32, ferner Hölscher

2007, 29–37.23 Hölscher 2007, 30 (Athen, Asklepios).24 Ausführlich: Roux 1991. Beispiele etwa in Antikyra (Athena-Tempel, frühes 6. Jh. v. Chr.), Ikarion (Apollon, 4. Jh.

v. Chr.), Aulis (5. Jh. v. Chr.?).25 So etwa ein Altar für Poseidon und eine Feuerstelle der Hestia im Apollontempel von Delphi (Paus. X 24.4), ferner

Altäre im Zeustempel von Olympia (Paus. V 14.4.), im athenischen Erechtheion (Paus. I 26. 5), im Artemistempel von Troizen (Paus. II 31.2), vgl. dazu Corbett 1970, 150; Roux 1984, 165; Scheer 2000, 64, sowie einen Altar der Homonoia im Tempel der Athena Magarsia in Antiochia (160 v. Chr.), Graf 1996, 61.

26 Zum Herdtempel s. Mazarakis Ainian 1997, 279–80. Sie waren besonders auf Kreta, aber auch auf den Kykladen und im kykladisch-ionischen Raum (Thasos) sowie in Ostgriechenland (Emporio auf Chios) verbreitet, Brandopferspuren im Inneren weisen auch Tempel B in Thermos (Papapostolou 2008) und das Heraion von Perachora auf. Zur Bedeutung Scheer 2000, 142; Nick 2002, 64–7. Dagegen sieht Mattern 2007, 158 mit Anm. 44 keine Kontinuität zwischen geometrischen Herdhäusern und dem „klassischen Tempelbau“. Allerdings ist die Gestalt des geometrischen Tempels sowohl von der Sozialstruktur als auch vom Ritual abhängig. Selbst wenn die Gesellschaftsstruktur sich ändert, müssen sich nicht wesentliche Teile des Rituals geändert haben.

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Inneren keinen hygienischen Anforderungen entsprochen haben. Auf Kreta hielten sich solche Bauten länger und wurden mancherorts selbst in klassisch-hellenistischer Zeit noch genutzt27.

Abgegrenzte Innenräume und kultische Bedürfnisse

Für den Apollontempel von Delphi (Abb. 1) liegt uns eine der umfassendsten Beschreibungen zum antiken Ritual vor. Hier ist belegt, dass die Orakelbefragung im Inneren stattfand, in einem Adyton, einem Raum, der nur zur Befragung des Orakels betreten werden durfte28. Solche Adyta, Räume, die nicht von außen, sondern nur über die Cella zugänglich waren, sind in zahlreichen Tempeln bekannt. Da anders als am Beispiel des Apollontempels von Delphi meist deren Funktion nicht über literarische Quellen gesichert ist, blieb stets viel Raum für Spekulationen.

Erst Mary Hollinshead unternahm eine zusammenfassende Untersuchung solcher Adyta gemeinsam mit dem Opisthodom29. Ihre terminologische Analyse ergab zunächst, dass adyton lediglich einen nicht betretbaren Bereich bezeichnet, völlig unabhängig von dessen Lage im Sakralraum oder dessen Verwendung. Weder Geheimriten noch Orakel noch Inkubationen fanden dort zwingend statt. Hollinshead kam nach einer Untersuchung aller rund 70 sicheren oder möglichen Innenräume griechischer Tempel (einschließlich der in Unteritalien/Sizilien) zu dem Schluss, dass sich Riten in ihrem Inneren kaum nachweisen lassen30. Sie schlug dagegen vor, diese Räume entsprechend dem epigraphischen Zeugnis für den Opisthodom im Parthenon als Schatzhäuser für das Tempelinventar oder andere Wertgegenstände zu betrachten. Auch wenn grundsätzlich bekannt ist, dass in zahlreichen griechischen Tempeln wertvolle Gegenstände verwahrt wurden, bedeutet das jedoch nicht, dass dies ihre einzige Zweckbestimmung war. Ein wichtiger Schlüssel zu dieser Interpretation fehlt nämlich im wahrsten Sinne des Wortes, denn es wurde nicht untersucht, ob die Räume tatsächlich durch eine verschließbare Tür abge-trennt waren. Innere Räume können unterschiedliche Funktionen gehabt haben, doch eine der Möglichkeiten mag wie im Fall von Delphi (Abb. 1) auch ein Ritus oder sogar wie in Bassai oder unteritalischen Tempeln die Aufstellung des Kultbildes gewesen sein31.

Architektonische Sonderlösungen in Westgriechenland und Kleinasien: Treppen

Unteritalische Tempel bieten neben den weiten Cellen und den abgetrennten Räumen für Kultbilder häufig eine weitere Besonderheit, nämlich innere Steintreppen (Abb. 2). Auch hier-für wurden zunächst profane Funktionen vorgeschlagen, wie etwa die Zugänglichkeit zum Dach zwecks Reinigung und Instandhaltung. Zu Recht wandte Margaret Miles in ihrer ein-schlägigen Untersuchung ein, dass dafür ephemere Leitern oder Gerüste ausreichten32. Die Treppenaufgänge führten offenbar über den Pronaos und nicht über die Cella, da das Fehlen innerer Säulenstellungen eine Empore in der weiträumigen Cella unwahrscheinlich macht. Auch hier liegt nahe, dass die Aufgänge mit einem Ritus im Tempelinneren zusammenhingen, ob nun

27 Sporn 2002, 301 (koine hestia im Apollonion von Hyrtakina); 345.28 Gleiches vermutet Niemeier 2010, 106 nun für das Adyton des früharchaischen Tempels von Kalapodi (um 700

v. Chr.), vgl. Friese 2010, 130–2. 167–9 zu Delphi und Didyma (mit weiterer Lit.), ferner Hellner 2014.29 Hollinshead 1999, vgl. aber auch Thalmann 1976.30 s. jedoch manche explizite Nennungen, s. die Inschrift von Eleutherna, Lupu 2009, Nr. 23 A 22 mit Kommentar

auf S. 333 (zu adytta [sic]: „sacred places, not to be entered“).31 Mertens 1984, 174. Zu Delphi und Bassai zusammenfassend: Gruben 2001, 80–1. 132–5.32 Miles 1998–9; s. auch die Diskussion bei Mertens 1984, 172–4.

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mit Epiphanien, bei denen entweder ein Götterbild oder ein Priester auf der Empore erscheint, bleibt dahingestellt, lässt sich jedenfalls nicht durch andere Quellen belegen33.

Das rituelle Geschehen war jedenfalls in Unteritalien in das Innere der Cella gerichtet, wo dem-nach die Kultgemeinde versammelt war. Von einer besonderen Bedeutung des Innenraumes unteritalischer Tempel zeugt schließlich deren Größe, die durch das häufige Fehlen einer inne-ren Säulenstellung bedingt ist. In Kombination mit den Innentreppen vermutete bereits Dieter Mertens die Beteiligung einer größeren Kultgemeinde am Geschehen im Tempel und damit vom Mutterland abweichende Kultformen. Auch ionische und kykladische Tempel archaischer Zeit verfügen über weiträumige Innenräume34. Am Dionysostempel von Yria auf Naxos ist die Entwicklung vom Versammlungstempel geometrischer Zeit mit umlaufenden Sitzbänken und Eschara zum archaischen Tempel mit vorgelagertem Altar und zugehörigen Oikoi-Hestiatoria besonders gut nachvollziehbar35.

Mittlerweile wurden nicht nur die Innentreppen, sondern auch die Außentreppen dieser Bauten systematisch untersucht (Abb. 2)36. Eine Gruppe von immerhin elf sizilischen Tempeln archaischer und klassischer Zeit sowie eine Reihe kleinasiatischer Tempel spätklassisch-hellenis-tischer Zeit zeichnet sich nämlich durch die Besonderheit aus, dass Treppen verschiedener Gestalt – entweder prächtige Freitreppen oder schmale Stufenanlagen – auf den Stylobat führen. Auch diese Treppen sind Indiz für größere Gruppen von Personen, die die Tempel (Peristasis oder Cella) selbst betraten37.

Handelt es sich bei der erleichterten Zugänglichkeit durch Fronttreppen, der Betonung des Innenraumes, der Versammlung der Gemeinde und Opferhandlungen im Inneren also lediglich um eine weitgehend auf Westgriechenland beschränkte Besonderheit, der rituelle Handlungen einzelner Priester in Tempeln des griechischen Mutterlandes gegenüberstehen? In dieser Diskussion blieb bislang ein Element weitgehend unbeachtet: steinerne Rampen, die an einigen mutterländischen Tempeln auf den Stylobat führen.

33 Zu Epiphanietüren im Giebel von kleinasiatischen Tempeln der Artemis in Ephesos und Magnesia s. Bingöl 1999. Plin. nat. 14, 9 erwähnt ausdrücklich, dass die aufs Dach des Artemisions führenden Treppen prachtvoll waren. Auch im Apollontempel von Didyma sind derartige Treppenanlagen erhalten, die als Aufgang zur Dachterrasse gedeutet werden, s. dazu und dem Befund in Unteritalien Mertens 1984, 172–4 (Funktion unklar).

34 Mertens 1984, 163–70; Leypold 2005, 101 (zu Ionien/Kykladen).35 Gruben 2001, 375–83.36 Becker 2003, 109–80. 283–4. Treppenanlagen sind innerhalb Siziliens weitgehend auf Agrigent und Selinunt

beschränkt, in Kleinasien setzen sie in Ionien ein und finden Nachahmer in Pergamon, s. ferner einen hellenis-tischen Tempel mit Freitreppe in Gortyn: Lippolis et al. 2003, 855–79, bes. Abb. 19b. 23. S. aber auch die schmalen Zwischenstufen auf der Krepis vor der Fassade des Apollontempels von Syrakus (Mertens 2006, 109, Abb. 169) und dem Parthenon (s. etwa Hurwit 1999, 162, Abb. 127) sowie die Stufen zwischen Pronaos und Cella am helle-nistischen Artemistempel von Sardis (Hellmann 2006, 192, Abb. 256).

37 Mertens 2006, 121 (zu Selinunt Tempel C): „Die mächtige, ganz die Ostfront einnehmende Freitreppe mit über-aus angenehmen Steigungsverhältnis gestattete nämlich größeren Mengen von Kultteilnehmern, in gemessenem feierlichem Schritt das Propteron zu betreten, um von dort eine Prozession durch die weiten Hallen um den Kernbau anzutreten. Anschließend, nach neuerlichem Sammeln und Verweilen in der östlichen Peristase, wird der Weg durch das gewaltige mehrflügelige Bronzetor des Pronaos in den Naos und bis in dessen dunkle Tiefe vor das Adyton mit dem Kultbild geführt haben […]“. Andere betonen die Rolle der Treppen zur Gliederung der Front, vgl. Gruben 1980, 241; Becker 2003, 165–6 (Betonung der Tempelfront geht am Heraklestempel von Agrigent auf das erstmalige Auftreten des Opisthodom zurück, bequemere Begehbarkeit als frühere, hohe Krepiden, Gliederung des Gebäudesockels)

Rituale im griechischen Tempel 355

Eine mutterländische Lösung: Tempelrampen

Verbreitung und Chronologie

Obgleich die Existenz solcher Rampen weithin bekannt ist, fehlt bislang eine zusammenfas-sende Untersuchung ihrer Entwicklung, Verbreitung, Anlage und Funktion38. Tempelrampen waren in der Antike keineswegs weit verbreitet (Abb. 3a–b). Vielmehr sind bislang nur dreizehn39 Strukturen dieser Art bekannt, wobei eine besondere Konzentration auf der Peloponnes festzu-stellen ist, während sie in Unteritalien und Kleinasien mit einer möglichen – jedoch nicht gesi-cherten – Ausnahme am Tempel der Hera in Foce del Sele bei Paestum40 bislang fehlen.

Sie treten fast nur an dorischen Peripteraltempeln auf. Die Rampe überbrückt dabei die Krepis, die meist dreistufig ist. Fast alle Tempel verfügen über nur eine Rampe, die von der Ostseite her nach oben zum Eingang des Naos führt. Zwei Rampen haben dagegen der archaische Südtempel von Kalapodi (Abb. 4), nach dem Ausgräber und Jubilar Wolf-Dietrich Niemeier das Apollonion von Abai, und der spätklassische Tempel der Athena Alea in Tegea (Abb. 8).

Der Südtempel von Kalapodi ist gleichzeitig der älteste der Reihe41. Er wurde spätestens um die Mitte des 6. Jhs. v. Chr. errichtet, 480 v. Chr. von den Persern zerstört und verfügt über je eine Rampe mittig vor den Schmalseiten. Vor wenigen Jahren wurde der Westgiebel in Sturzlage unmittelbar vor der Tempelfront und über der Westrampe entdeckt. Die Ostrampe ist derjeni-gen im Westen architektonisch überlegen, mit einer Breite von 3,16 m um ca. 0,46 m breiter als diese und trägt Spuren einer erhabenen Wange. Aufgrund der Sturzlage des Giebels über der Westrampe ist diese sicher vor 480 v. Chr. zu datieren, entstand wahrscheinlich aber bereits mit dem Tempel. Die genaue Datierung der Rampen ist im Allgemeinen ein Problem, da sie in der Regel nicht in die Krepis einbinden und demnach auch später als der eigentliche Tempelbau sein könnten. Wenn jedoch die Gesteinsart, die Quadergröße und die Bearbeitung denjenigen des Tempels entsprechen, kann von einer gleichzeitigen Entstehung ausgegangen werden.

38 Sioumpara 2011, 255 Anm. 1077. 1079 bietet bislang die umfangreichste Liste von Rampen im sakralen Kontext. Sie hat mich freundlicherweise darauf hingewiesen, dass einige Korrekturen in ihrer Liste notwendig sind. Die derzeit gesicherten Rampen werden im Anschluss besprochen.

39 G. Ladstätter wies mich zudem auf die ungewöhnlich lange Struktur vor der Ostseite des unpublizierten hellenis-tischen Tempels auf dem Prophitis Ilias von Lebadeia hin. Dort führt eine rund 10 m lange Steinstruktur auf die Krepis des niemals fertig gestellten riesigen Tempels, die nur als Rampe gedeutet werden kann. Sie ist aus dem gleichen Stein wie die Euthynterie und die Krepis und in einem Bauvorgang errichtet. S. zu dem Tempel vorläufig Gadoglou 2008 (ohne Nennung der Struktur).

40 Allerdings herrscht über die Interpretation des Fundes keine Einigkeit. Nach dem Bauforscher Krauss lassen sich die erhaltenen abgestuften Verschalungsplatten nur zu einer Rampe ergänzen (Krauss 1951, 89–90, Abb. 27, Taf. 10 (Steinplan). 40 (in der seitlichen Rekonstruktionszeichnung reicht die Rampe bis auf den Stylobat). Er wird gefolgt von der neueren Literatur, etwa De La Genière & Greco 1998; Tocco 2000, 216–8, Abb. 4 (Steinplan). Dagegen wenden die Ausgräber Zancani Monturo und Zanotti Bianco ein (Krauss 1951, 90 Anm. 1), dass die ausgegra-benen drei Stufen vor der Krepis den Originalbefund darstellen. Sie weisen auch darauf hin, dass Spuren eines leicht gekrümmten, gestampften Erdwegs erhalten sind, der den Stufenaltar mit der Rampe verbindet (Zancani Monturo & Zanotti Bianco 1951, 23, Abb. 4). Der Tempelbau ist im 2. Viertel des 6. Jhs. v. Chr. entstanden, erfuhr jedoch eine Restrukturierungsphase im späten 5. Jh. v. Chr. Da der oberste Fundamentblock des Tempels zur Auflage des anstoßenden Blockes abgearbeitet wurde, dürften die Blöcke gleichzeitig mit dem Fundament datie-ren.

41 s. zu den Ausgrabungen der Jahre 2004–2013 durch W.-D. Niemeier vorläufig Niemeier 2013. Zur räumlichen Führung im spätgeometrischen/archaischen Tempel s. Hellner 2014.

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Wahrscheinlich in die Entstehungszeit des spätarchaischen Tempels (530/520–500/490 v. Chr.) weist die nur fragmentarisch erhaltene Rampe am Tempel von Trapeza bei Aigion in der Nordwestpeloponnes. Der Rekonstruktion des Steigungswinkels von 6,5° zufolge endete sie knapp unterhalb des Stylobats und griff über die für peloponnesische Tempel typische zweistufige Krepis ein42. Sie muss also mit dem Tempel entstanden sein, dessen Dachrand um 530/520 v. Chr. entstanden ist, während die Giebelskulpturen zwischen 500 und 480 v. Chr. skulpiert wurden.

Die drittälteste gesicherte Tempelrampe ist gleichzeitig das wohl bekannteste Exemplar: Am Aphaiatempel von Ägina (500–480 v. Chr. oder kurz nach 480 v. Chr.) verbindet sie den Altar über einen gepflasterten Weg mit dem Stylobat des Tempels. Hier wird besonders deutlich, dass die steinerne Rampe den Weg zwischen Tempel und Altar erleichtern soll, und zwar nicht nur bis zur Fassade, sondern hinauf bis auf den Stylobat43. Allerdings reicht die Rampe selbst nicht bis zum Stylobat, sondern nur bis zur zweiten Stufe der Krepis. Dort gleicht eine Zwischenstufe den Höhenunterschied von 40,1 cm zum Stylobat aus. Dieser Sprung findet sich auch wieder am nächsten Tempel, dem frühklassischen Zeustempel von Olympia, allerdings ist dort nicht bekannt, ob der Höhenunterschied von 25–30 cm durch eine Stufe ausgeglichen wurde44.

Anhand des Grabungsbefundes lässt sich nicht klären, ob auch die Rampe des letzten der Tempel des 5. Jh. v. Chr., dem Heraion von Argos45, über einen solchen Sprung verfügte. Während dies in älteren Untersuchungen in Anlehnung an die Beispiele von Ägina und Olympia ange-nommen wurde, entschied sich Ch. Pfaff in seiner Publikation der Architektur des Tempels dagegen. Alle folgenden, jüngeren Exemplare des 4., 3. und frühen 2. Jhs. v. Chr., verbinden das Bodenniveau vor dem Tempel direkt mit dem Stylobat.

Der spätklassische Apollontempel von Delphi (Phase VI, 366–320 v. Chr., Abb. 1) leitet die Tempel des 4. Jhs. v. Chr. ein. Er verfügt über eine Rampe, die ebenso wie die Ostrampe von Kalapodi gerahmt ist, allerdings hier, um über eine Rinne Wasser abfließen zu lassen46. Die Oberfläche ist aufgerauht, um Rutschfestigkeit zu sichern. Die Rampe liegt axial dem Chioten-Altar gegenüber.

In Epidauros ist eine relative Dichte an Rampen festzustellen (Abb. 7): die meisten Tempelbauten sind mit einer Rampe im Osten versehen, so der Asklepiostempel (370 v. Chr.)47, die Tholos (360–320 v. Chr.)48, der Artemistempel (Ende 4. / frühes 3. Jh. v. Chr.)49 und der Tempel L (der Aphrodite?, Anfang 3. Jh. v. Chr.)50. Die Rampe am Artemistempel ist mit dem Altar über eine

42 Die neueren Ausgrabungen von A. Vordos sind bislang nicht publiziert. Für die Informationen zu Trapeza gilt gilt dem leitenden Bauforscher der Grabung Nils Hellner mein herzlicher Dank, s. demnächst Hellner in Druck, Vordos in Druck.

43 Furtwängler 1906, 25, Taf. 2.4; Dinsmoor 1950, 106; Bankel 1993, Abb. 88a, Taf. 54. Zur neuen Datierung nach 480 v. Chr. s. Gill 1988 und Stewart 2008, 593–7. – Ein leicht gekrümmter Pflasterweg verbindet den nicht axial aufein-ander bezogenen Tempel und den Altar bereits am Artemistempel von Korfu, vgl. Schleif 1944, 62–3, Abb. 46; 70, Abb. 56. Ähnlich ist die Situation am Heraion von Foce del Sele in Paestum, auch wenn hier unklar ist, ob es sich um eine Rampe oder um Stufen handelt, s. oben Anm. 39.

44 Curtius & Adler 1892, Taf. 8. 9; Smith 1924, 61; Dinsmoor 1950, 152. Nach den Untersuchungen von Arnd Hennemeyer dürfte diese Rampe jünger sein als der Tempel, jedoch nicht jünger als das 4. Jh. v. Chr. (freundlicher Hinweis Hennemeyer, der den Befund publizieren wird).

45 Pfaff 2003a, 69–71.46 Courby 1927, 15, Abb. 4. 13, Taf. 4.47 Roux 1961, 90–1, Taf. 27 (Steinplan). 28 (Grundriss); Knell 1971, 209 (Rampenbreite 2,31–2,34 m, um ca. 5 cm breiter

als das Mitteljoch); Knell 1983, 213. Zu der Inschrift s. Eliopoulos 1940 und hier unten Anm. 67.48 Roux 1961, 131, Taf. 37–9.49 Roux 1961, 206. 216, Taf. 53–4; 57, 3; 61, 1.50 Roux 1961, 240, Taf. 65–6.

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Steinpflasterung verbunden, während die Rampe des Tempels L sehr gut gearbeitet und nach Roux gemeinsam mit derjenigen der Propyläen des Hestiatorion (sog. Gymnasium)51 eine der schönsten Rampen von Epidauros ist. Epidauros ist damit ein Ort, an dem Rampen nicht nur an Sakralbauten verschiedener Funktion und Zuweisung, sondern auch an Funktionsbauten wie dem Propylon des Hestiatorion (spätes 4./1. Hälfte 3. Jh. v. Chr.) und den Großen Propyläen im Norden (300–250 v. Chr.)52 belegt sind.

Am spätklassischen Tempel der Athena Alea in Tegea (nach 352 v. Chr., wahrscheinlich 345–335 v. Chr., Abb. 8) führen zwei Rampen auf den Stylobat53. Außer der üblichen Position einer Rampe im Osten befindet sich dort eine weitere im Norden. Es wird vermutet, dass sie über eine Tür an der Nordseite der Cella einen direkten Zugang für die von der Stadt bzw. von der nahe gelegenen Quelle kommenden Besucher ermöglichte.

Schließlich verfügt mit dem Zeustempel von Nemea (330/320 v. Chr.) ein weiterer über eine Rampe, die das Gebäude direkt mit dem axial davor gelegenen Altar verbindet54.

Während die Existenz einer Rampe am hellenistischen Asklepiostempel von Korinth sich anhand zweier östlich des großteils dem Steinraub anheim gefallenen Tempel gelegenen Blöcke nicht sichern lässt55, sind in zwei Tempeln Messenes Rampen vorgelagert.

Der früheste Bau ist der kleine Tempel der Artemis Orthia, der wohl bald nach der Stadtgründung 369 v. Chr. errichtet wurde56. Auch diese Rampe verfügt über Querrillen auf der obersten Steinschicht, um Rutschfestigkeit zu erzeugen. Sie ist etwas schmaler als das Mitteljoch des Prostylos (die Säulen sind aber lediglich rekonstruiert). Die jüngste bekannte Rampe stammt vom Zentraltempel im Asklepieion von Messene aus dem späten 3./frühen 2. Jh. v. Chr.57 Auch diese Rampe war wahrscheinlich mit Querrillen aufgerauht. Sie ist breiter als das Mitteljoch.

Ein weiterer Tempel in Messenien hat eine Rampe: der kleine Antentempel des Pamissos bei Aghios Floros (Abb. 9). Seine Datierung ist nicht gesichert, die Funde reichen jedenfalls vom 7. Jh. v. Chr. bis in die Kaiserzeit58. Die 1,75 m breite Rampe gewährleistet hier eine direkte, durchge-hende Verbindung zum Altar und ist 5,88 m lang. Da sie aus dem gleichen Kalkstein gebaut ist wie

51 Kyriaki & Palaiokrassa 1988, 21–35. 118, Plan 48; Leypold 2008, 60–8, Taf. 44–8. Die Rampe ist 4,42 m (so Leypold, nach Sioumpara 2011, 42: 4,20 m) breit und 7 m lang. Das Propylon wurde entweder in den letzten Jahren des 4. Jhs. v. Chr. oder in der 1. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. an den Bau des späten 4. Jhs. v. Chr. angefügt.

52 Roux 1961, 274, Taf. 73. 79, 2. Die zur Stadt gerichteten Nordpropyläen verfügen über zwei Rampen, im Norden und im Süden. Während die Nordrampe teils zerstört ist, ist die südlich gelegene gut erhalten (B. 2,46 m, L. 5,54 m).

53 Dugas 1924, 17. 69–71, Taf. 9–11. 83B (nur Fundamente erhalten); Winter 1982, 391; Norman 1984, 188. Die Nordtür zur Cella wird zwar allgemein angenommen, ist aber nicht gesichert und wird nur aufgrund der Rampe in Verbindung mit Fragmenten eines kleineren Türrahmens vermutet, deren Fundort jedoch nicht bekannt sind (Dugas 1924, 43–4. Büsing 1970, 31–3, Abb. 45–6 rekonstruiert den Tempel sogar ohne Tür, geht aber gar nicht auf die Rampe ein). Da die Zugehörigkeit des kleinen Türrahmens zu einem Zugang über die Rampe nicht gesichert ist, dürfen auch nicht die Abnutzungsspuren des Rahmens als Beweis für rege Frequentierung dieser hypotheti-schen Tür gedeutet werden (so allerdings Dugas 1924, 44; Leypold 2005, 107–8).

54 Hill 1966, 6–8.55 De Waele 1911, 426, Taf. 49, 1; Roebuck 1951, 32–3.56 Themelis 1991, 86–95, Abb. 1–2; Themelis 1994, Abb. 2–4; Müth 2007, 164–7, Abb. 92.57 Sioumpara 2011, 41–3, Abb. 8–9; 254–5, Taf. 9, 1. Nur die Fundamentbettung ist in situ erhalten (B. min. 2,59 m,

L. 3,38 m), daneben zwei Fragmente der Deckschicht ex situ.58 Valmin 1938, 425. 434. 435, Plan 7, Abb. 86, Taf. 31, 5; Papachatzis 1979, 110–1, Abb. 35–6. Zur Datierung: Lienau

& Olshausen 2000, 211 (zu frühe Datierung in das 6. Jh. v. Chr.) ; Luraghi 2008, 120 (hellenistisch); Kennell & Luraghi 2009, 251. Jedenfalls ein Dachsystem ist aus dem 3. Jh. v. Chr. (vgl. Themelis 1994, 153. 160, Abb. 13), aber es scheinen auch ältere Dachterrakotten gefunden worden sein (Valmin 1938, 431 geht von einer Erneuerung des Dachs um 380 v. Chr. aus).

Katja Sporn358

die Pflasterung des Altares und der Sockel des Tempels dürfte eine gleichzeitige Datierung mit dem gesamten Komplex naheliegen, auch wenn sie nicht in die Krepis einbindet.

Gestalt

Die im Osten gelegenen Rampen nehmen immer Bezug auf die Tempelfront. Sie beziehen sich dabei meist auf das Mitteljoch und sind entweder etwas breiter (Argos, Heraion; Epidauros, Hestiatorion und Asklepios-Tempel; Messene, Asklepios-Tempel)59 oder schmaler (Tegea, Athena Alea; rekonstruiert: Messene, Artemis Ortheia-Tempel) als dieses. Eine funktionale Erklärung der größeren Breite kann es kaum geben, da die Breite des Interkolumniums der Peristasis die maximale Durchgangsbreite vorgibt60. In absoluten Zahlen schwanken die Breiten der gesicher-ten Rampen zwischen 1,7 m (Messene, Artemis Ortheia) und mind. 3,25 m (Heraion vom Argos) (Abb. 3b). Manche Rampen sind sehr sorgfältig gebaut, während andere deutlich summarischer ausgeführt sind als der Tempelstylobat. Da nur wenige Rampen vollständig erhalten sind, lässt sich ihr ursprünglicher Belag kaum rekonstruieren.

Funktion

Rampen kommen in Griechenland im sakralen Kontext außer an Tempeln (und der Tholos von Epidauros) auch an Propyla61 und Altären62 vor. In Korinth führt eine Rampe in den sog. underground shrine herab63, außerdem bildet eine Rampe eine Verbindung zwischen dem Asklepieion und Lerna64. Außerhalb von sakralen Kontexten stehen die Rampen, über die am Diolkos die Schiffe hochgezogen wurden und eine Rampe (oder eine Treppe?) an der Peirene-Quelle65. Rampen treten also dort auf, wo schweres Gewicht gezogen (Diolkos) oder getragen wird (Peirene-Quelle). Provisorische Rampen aus Erde wurden zudem beim Bau von Tempeln aufgeschüttet bzw. aus Spolien bei Belagerungen errichtet66. Welche Funktion haben sie aber am Tempel?

Ihre Existenz wurde meist einfach hingenommen, Deutungsversuche blieben dagegen weit-gehend aus. Paul Corbett hat 1970 in seinem Aufsatz zur Funktion griechischer Tempel zu Recht festgestellt, dass der gewaltige Aufwand für Steinrampen nur mit einer gesteigerten Frequentierung der Tempel zu erklären sei67. Über die immensen Kosten allein für das Material, nicht aber die

59 s. ausführlich Sioumpara 2011, 42.60 Sioumpara 2011, 43.61 s. oben zu Epidauros, ferner das Pelopion von Olympia (Mallwitz 1972, 133–5, Abb. 103, Anfang 4. Jh. v. Chr.),

daneben das Propylon das Apollonheiligtums von Delos (Vallois 1944, 109. 238–43) und das Ostpropylon des Heiligtums von Zeus Soter in Megalopolis (Lauter-Bufé 2009, 34–5, Beil. 5–6, 325–300 v. Chr.). Am monumen-talsten ist wohl die Rampe am Aufgang zu den Propyläen der Akropolis von Athen, die an ihrem Hauptdurchgang in mnesikleischer Zeit einen Durchgang von 3,2 m Breite und ein Gefälle von 12°30 hatte, welcher als Passage der Opfertiere interpretiert wird, Hurwit 1999, 192–6; Dinsmoor & Dinsmoor 2004, 84–6, Abb. 10.12. Das Gefälle erscheint allerdings für Rinder zu steil, s. unten Anm. 72.

62 Hellenistischer Dionysosaltar von Kos: Stampolidis 1987, 168–9.63 Pfaff 2003b, 127.64 Roebuck 1951 Plan C.65 Pfaff 2003b, 135. 139.66 Zu den Resten von Baurampen s. Arancio 1952, 13–5 (sizilische Tempel); Bankel 1993, 50 (Aphaia); Belagerungsrampe

von Palaiopaphos Maier 2008.67 Corbett 1970, 153.

Rituale im griechischen Tempel 359

Verlegung, informiert uns die große Bauinschrift des Asklepiostempels von Epidauros68. Aus ihr geht hervor, dass ein gewisser Mnasillos 4320 Drachmen für das Baumaterial des Fliesenbelags und der Rampe (wohl potibasis69) erhielt. Zum Vergleich: Alle Akrotere kosteten nur 2240 Drachmen. Dieser gewaltige, kostenreiche Aufwand spricht auch dafür, dass die Rampen nicht lediglich ein funktionales Element waren, das seinen Ursprung in technischen Aspekten (etwa Herstellung des Kultbildes, Einbringen schwerer Weihgschenke) hatte. Auch der Hinweis, dass es sich wohl um eine peloponnesische architektonische Besonderheit handelt70, trägt nicht zur Erklärung der Ursache dieser Besonderheit bei.

Betrachtet man zum Vergleich Nachbarkulturen, so fällt auf, dass sie weder an etruskischen noch an römischen Tempeln vorkommen und in der römischen Kaiserzeit in Griechenland keine neuen Tempelrampen gebaut werden. Mithin sind sie also ein griechisches Phänomen. Allerdings sind sie in der altägyptischen Sakralarchitektur so wichtig, dass sie als Standard am ägyptischen Tempel gelten können. Innerhalb der großräumigen Tempelanlagen verbinden hier Rampen die verschiedenen Teile des heiligen Raumes miteinander und erleichtern bei den Prozessionen, in denen auch Kultbilder mitgeführt werden, die Bewegung71.

Welche Form der Frequentation erhielten die Rampen an griechischen Tempeln? Die Mitführung von Kultbildern in Prozessionen ist in Griechenland bei Weitem nicht so gängig wie in Ägypten und insbesondere für keinen der Tempel mit einer Rampe belegt72. Verschiedene andere Möglichkeiten kommen in Betracht. Grundsätzlich ist möglich, dass die Rampen die Beförderung von einem Gefährt auf Rädern in die Peristasis ermöglichen sollten und somit auch eine profane Funktion haben könnten. Allerdings ist dies zumindest für die frühen Exemplare unwahrscheinlich. Dagegen spricht deutlich der Absatz, der an den frühen Rampen unterhalb des Stylobats nachzuweisen ist. Zum Lastentragen in den Tempel (etwa bei der Errichtung des Kultbildes oder zur Aufstellung von Weihegeschenken) wären ephemere Lösungen ausreichend.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass Opfertiere vor dem Schlachten am Altar über die Rampen in die Cella oder zumindest in den Vorraum in das Angesicht des Gottes gebracht wurden, wie Scheer vermutete73. Es wurden oben bereits Schriftquellen genannt, die vereinzelt derartige Rituale bezeugen, aber dies betrifft entweder frühe Tempel oder solche in kleineren Gemeinden. Außerdem gehen Untersuchungen zufolge offenbar Rinder lieber auf Stufen als auf Rampen74. Die Tempel Griechenlands mit einer Rampe sind jedoch meist prominent, entweder die wichtigs-ten Tempel regionaler oder sogar überregionaler Bedeutung, also jedenfalls Orte, an denen eine größere Kultgemeinde zusammentraf (Oympia, Delphi, Kalapodi, Ägina/Aphaia).

Aber nicht allein das Cellainnere muss Ziel des Rampenaufgangs gewesen sein, sondern auch der Pronaos oder die Peristasis sind möglich. Auch Pronaoi von Tempeln wurden durchaus für rituelle Akte verwendet. Vom Pronaos des Zeustempels von Olympia wissen wir etwa, dass

68 IG IV2 102, Col AI Z. 38, Prignitz 2014, 49 ad Z. 38. Prignitz geht wegen der hohen Entlohnung davon aus, dass der Betrag außer dem Material auch die Verlegung umfasste.

69 Die genaue Bezeichnung ist nicht erhalten, wurde aber zunächst mit poistasis, später mit potibasis, dorisch für prosbasis, ergänzt, s. Eliopoulos 1940, ebenso Prignitz 2014, 49.

70 Pfaff 2003a, 71; Miles 2004, 651; Sioumpara 2011, 255.71 Østby 2001; zu den Funktionen der Tempel in Ägypten s. van der Plas 1994.72 s. oben Anm. 11. 73 Scheer 2000, 63.74 Freundlicher Hinweis von Holger Wienholz. Die Landwirtschaftsverwaltung Baden-Württemberg empfiehlt

Rinder-Rampen mit einer maximalen Steigung von 15 % bzw. 8,5°, darüber hinaus sollen Stufen gebaut werden <https://www.landwirtschaft-bw.info/pb/,Lde/646039> (24.7.2014).

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dort die Zweige, mit denen die Sieger am letzten Tag der olympischen Spiele bekränzt wurden, zunächst auf einem Dreifuß, später auf einem Tisch aufgestellt waren. Zudem konnten in den Peristasen Statuen und kleine Schreine untergebracht sein75. Auch die Anbringung von Friesen oder Metopen an manchen dieser Tempel innerhalb der Peristasis, wie etwa am Parthenon76, sowie von Inschriften, wie etwa den delphischen Sprüchen, zeugen davon, dass die Peristasis zum Betreten vorgesehen war. Vitruv77 bezeichnet die Peristasis des griechischen Tempels sogar explizit als eine Stätte für ambulationes, eine Wandelhalle.

Unabhängig davon, ob Mensch oder Tier den Stylobat betraten, ob sie in der Peristasis wan-delten oder in die Cella selbst gingen, die Rampen zeigen jedenfalls, dass an diesen Tempeln die Frequentation durch eine größere Menge vorgesehen war. Rampen müssen nicht immer die gleiche Funktion gehabt haben: der Athena-Tempel von Tegea (Abb. 8) verfügt über zwei Rampen, eine an der Ostseite und zusätzlich eine, die an der Nordseite über eine erschlossene Tür direkt in die Cella führt. Diese rekonstruierte Seitentür zur Cella dürfte wie die ähnlichen in Bassai, Lykosoura und Lousoi eine rituelle Funktion gehabt haben, etwa im Rahmen einer Epiphanie78. Doch die Rampe bedeutet zweifelsohne – wie die Treppe von der Halle in Lousoi –, dass nicht nur etwas an der Tür gezeigt wurde, sondern dass etwas heraus- oder hereinkam. Neueren Thesen zufolge diente die Tür dem Zugang der von der Stadt Tegea kommenden Bevölkerung, was auch für Kalapodi vorgeschlagen wurde79, aber das würde genau bedeuten, dass die Tempelcella frequen tiert wurde. Auch die beiden eingangs besprochenen Rampen am Tempel von Kalapodi sind in ihrer Funktionalität nicht geklärt. Nur Spekulationen könnten sie mit Prozessionen in der Peristasis in Verbindung setzen80, die Dieter Mertens auch für die weiten unteritalischen Tempelperistasen voraussetzt, aber nicht gesichert sind. Jedenfalls ist bemerkenswert, dass Rampen eine weitgehend mutterländisch-griechische Besonderheit sind, während Steintreppen in den Tempeln Griechenlands selten sind. Da sich die Verbreitungsgebiete quasi ergänzen, mag es sein, dass Rampen und Treppen die gleiche Funktion hatten: einen erleichterten Zugang für eine größere Gruppe von Menschen, die auch gemessenen Schrittes bei einer Prozession in den Tempel gelangen konnten. Die oft geringe Breite der Treppen spricht allerdings dafür, dass die Personen meist nur hintereinander oder allenfalls in Zweierreihen den Tempel betraten.

Ergebnisse

Griechische Tempel waren mehr in Rituale eingebunden als zumeist angenommen. Selbst wenn Opfer in der Regel am Altar dargebracht wurden, fanden auch in ihrem Inneren verschie-dene Kulthandlungen im Kontext privater wie öffentlicher Frömmigkeit statt. Dafür sprechen Überlieferungen von Ritualen um das Kultbild, Schranken, die Besucher im Tempelinneren

75 Zum Nordpteron des Parthenon s. Hurwit 1999, 23, Abb. 21. 162, Abb. 127 (Grundriss, nach den Untersuchungen von M. Korres). Auf den tempelseitigen Eckblöcken der Rampe des Asklepieions von Messene wurden Weihegeschenkbasen gefunden, Sioumpara 2011, 43.

76 Ferner am Hephaisteion, in Bassai und Selinunt Tempel F.77 Vitruv, de arch. 3. 3. 8, 3. 3. 6.78 Ladstätter 2001, 142–53, Abb. 2 mit einem Vergleich der Tempelgrundrisse.79 Zu Kalapodi: Hellner 2014. Allerdings ist gegen dieses Argument einzuwenden, dass in der Regel die griechi-

schen Tempel archaisch-klassischer Zeit bewusst nicht zum Propylon gerichtet waren und man sich den Weg zum Eingang – wie am Parthenon – erst „ergehen“ musste.

80 So auch Hellner 2014.

Rituale im griechischen Tempel 361

von dem Kultbild und anderen Weihegaben fernhielten, sowie kleinere Schreine, Altäre und Kulttische in manchen Tempelcellae. Darüber hinaus belegt die Existenz von Rampen, die seit hocharchaischer Zeit bis zum Hellenismus an einer Reihe mutterländischer Tempel von einer direkten Frequentierung des Zugangs zur Peristasis und der Cella auftreten, und zwar häufig in direkter Verbindung zum axial davor gelegenen Altar. Die Rampen sind zu aufwendig, um ledig-lich formale Funktionen zu haben, oft aber wiederum vom bautechnischen Anspruch zu wenig repräsentativ, um allein formal-ästhetischen Kriterien (etwa Betonung der Mittelachse) Genüge zu leisten. Es müsste nun untersucht werden, welche Zeugnisse von Ritualen im Tempelinneren tatsächlich im archäologischen Befund zutage traten. Mit Opferresten durchsetzte Brandspuren im Tempelinneren im Bereich von Opferstellen könnten Aufschluss geben, ferner auch Zeugnisse von Kultgeschirr im Tempelinneren, das nicht nur zur Aufbewahrung dort lagerte. In diesem Zusammenhang ist auch die Existenz von steinernen Perirrhanterien am Eingang zum Tempel von Bedeutung. Sie belegen Reinigungsrituale, die nicht nur am Eingang zum Heiligtum, sondern auch am Übergang zum Tempel selbst durchgeführt wurden81. Der häufig prächtigste Bau eines Heiligtums, der griechische Tempel, war damit viel mehr als nur eine Fassade für das Ritual, er war auch selbst Ort von Ritualen.

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Abb. 1: Apollontempel von Delphi (Ausschnitt aus EFA, Cliché no 19639)

Abb. 2: Sizilische Tempel mit Innen- bzw. Außentreppen (nach Mertens 1984, Beil. 26, 1–3. 6–9)

Katja Sporn370

Abb. 3a: Verbreitung von Tempelrampen in Griechenland (Aufbereitung Hans Birk nach Vorlage Verf.)

Abb. 4: Archaischer Südtempel von Kalapodi (Aufbereitung Hans Birk nach Vorlage W.-D. Niemeier)

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Katja Sporn372

Abb. 5a–b: Heiligtum der Aphaia auf Ägina und Tempelfassade (Abb. 5a nach Ohly 1981, 29, Abb. 15; Abb. 5b nach Ohly 1976, Beil. E)

a

b

Rituale im griechischen Tempel 373

Abb. 6: Rekonstruktionsversuche der Rampe am Heraion von Argos (nach Pfaff 2003a, Abb. 52)

Abb. 7: Tempel mit Rampen in Epidauros (nach Roux 1961, Taf. 28. 54. 65 [Copyright EFA Cliché no 879, Zeichnung E. Hansen])

Katja Sporn374

Abb. 8: Tegea, Tempel der Athena Alea (nach Norman 1984, 183, Abb. 9)

Abb. 9: Aghios Floros, Tempel des Pamissos (nach Valmin 1938, Taf. 7)