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Anaesthesist 2006 · 55:635–642 DOI 10.1007/s00101-006-0987-6 Online publiziert: 15. Februar 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 H. Ihmsen · C. Jeleazcov · J. Schüttler · H. Schwilden · F. Bremer Anästhesiologische Klinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Pharmakodynamik zweier unterschiedlicher Propofolformulierungen Originalien Das für die intravenöse Anästhesie und Sedierung vielfach eingesetzte Hypno- tikum Propofol ist inzwischen in di- versen galenischen Formulierungen ver- fügbar, die sich v. a. in der Zusammen- setzung der Fettemulsion unterscheiden. Während Propofol zunächst als Emulsi- on mit langkettigen Triglyzeriden („long chain triglycerides“, LCT) auf den Markt gebracht wurde (Disoprivan® 1), wer- den in neueren Propofolformulierungen auch mittelkettige Triglyzeride („medium chain triglycerides“, MCT) verwendet, v. a. weil damit eine Reduktion des Injek- tionsschmerzes verbunden ist [5]. Die ga- lenische Formulierung kann das pharma- kokinetische und -dynamische Profil ver- ändern, wie sich an Tierversuchen mit fettfreiem und lipidformuliertem Propo- fol zeigte [6]. Einerseits zeigte sich in die- sen Studien eine von der Formulierung beeinflusste pulmonale Speicherung, die zu einer Veränderung des Verteilungs- volumens führte, andererseits waren der Blut-Hirn-Verteilungskoeffizient und in- folgedessen die halbmaximale Effektkon- zentration EC 50 formulierungsabhängig. Schließlich könnte die Formulierung auch über eine Änderung der Propofol-Eiweiß- Bindung Pharmakokinetik und -dynamik beeinflussen. In einer früheren Arbeit zur Pharmakokinetik von Disoprivan® 1, und Propofol 1 MCT Fresenius® haben wir herausgefunden, dass sich diese bei- den unterschiedlichen Propofolformulie- rungen in ihrem pharmakokinetischen Profil nicht unterscheiden [12]. Für die Dosierung eines Medikaments ist jedoch neben der Pharmakokinetik die Pharma- kodynamik, insbesondere die Konzentra- tions-Wirkungs-Beziehung entscheidend. In Arbeiten anderer Autoren wurde zwar die Pharmakodynamik unterschiedlicher Lipidformulierungen von Propofol un- tersucht, jedoch zum Teil nur anhand von klinischen Parametern, wie Orientierung oder Reaktionsvermögen [21, 23]. Oder es wurde zwar das EEG als objektives Maß für den hypnotischen Effekt benutzt, je- doch ohne ein pharmakodynamisches Modell zu bestimmen [5]. Ziel der vor- liegenden Arbeit war daher, die Pharma- kodynamik der beiden Propofolformulie- rungen Disoprivan® 1 und Propofol 1 MCT Fresenius® mithilfe pharmakokine- tisch-pharmakodynamischer Modellbil- dung vergleichend zu untersuchen. Da- zu wurden arterielle Propofolplasmakon- zentrationen gemessen und der hypno- tische Effekt anhand der aus dem spon- tanen Elektroenzephalogramm (EEG) ab- geleiteten Medianfrequenz des EEG-Pow- erspektrums quantitativ erfasst. Zusätz- lich wurden als klinische Zeichen der Se- dierungstiefe die Reaktion auf akustische Reize sowie der Lidrand- und der Korne- alreflex untersucht. Ebenfalls wurden die hämodynamischen Effekte registriert. Methode Probanden Wie im Fall der früher publizierten Ar- beit zur Pharmakokinetik [12] entstam- men auch die in der vorliegenden Arbeit analysierten Daten einer umfassenderen klinischen Probandenstudie. Hierzu wur- den – nach Zustimmung der Ethikkom- mission und schriftlicher Einverständnis- erklärung – unterschiedliche Propofol- formulierungen randomisiert und dop- pelblind im Cross-over-Design 10 männ- lichen Probanden im Alter von 24–33 Jah- ren (27±3 Jahre, MW±SD) und mit einem Körpergewicht von 69–90 kg (82±7 kg, MW±SD) appliziert. Die Probanden mussten Nichtraucher und, nach medizi- nischer Anamnese, Laborscreening sowie ausführlicher körperlicher Untersuchung, gesund sein. Ausschlusskriterien waren exzessiver Alkohol-, Kaffee- oder Teekon- sum sowie Drogen- oder Medikamenten- missbrauch. Weiteres Ausschlusskriteri- um war die Einnahme von zentralnervös wirksamen Substanzen oder von Medika- menten mit Einfluss auf die Pharmakoki- netik oder Pharmakodynamik von Pro- pofol. Die Probanden durften in den letz- ten 8 h vor der Propofolapplikation keine Nahrung zu sich genommen haben. Infusion Der Abstand zwischen der Applikation von Disoprivan® 1 (AstraZeneca, Wedel) und Propofol 1 MCT Fresenius® (Frese- nius-Kabi, Bad Homburg) betrug min- destens 7 Tage. Die Infusion erfolgte über einen venösen Zugang (BD Angiocath™ 20G, Becton Dickinson, Heidelberg) im Bereich des Handrückens der dominan- ten Hand. Zur Verringerung des Injekti- onsschmerzes wurde vor Beginn der Pro- pofolinfusion 1 mg/kgKG Lidocain intra- venös bei kurzzeitiger Stauung des ve- nösen Blutflusses im Unterarmbereich 635 Der Anaesthesist 6 · 2006 |

[Pharmacodynamics of two different propofol formulations]

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Anaesthesist 2006 · 55:635–642

DOI 10.1007/s00101-006-0987-6

Online publiziert: 15. Februar 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

H. Ihmsen · C. Jeleazcov · J. Schüttler · H. Schwilden · F. Bremer

Anästhesiologische Klinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Pharmakodynamik zweier unterschiedlicher Propofolformulierungen

Originalien

Das für die intravenöse Anästhesie und

Sedierung vielfach eingesetzte Hypno-

tikum Propofol ist inzwischen in di-

versen galenischen Formulierungen ver-

fügbar, die sich v. a. in der Zusammen-

setzung der Fettemulsion unterscheiden.

Während Propofol zunächst als Emulsi-

on mit langkettigen Triglyzeriden („long

chain triglycerides“, LCT) auf den Markt

gebracht wurde (Disoprivan® 1), wer-

den in neueren Propofolformulierungen

auch mittelkettige Triglyzeride („medium

chain triglycerides“, MCT) verwendet,

v. a. weil damit eine Reduktion des Injek-

tionsschmerzes verbunden ist [5]. Die ga-

lenische Formulierung kann das pharma-

kokinetische und -dynamische Profil ver-

ändern, wie sich an Tierversuchen mit

fettfreiem und lipidformuliertem Propo-

fol zeigte [6]. Einerseits zeigte sich in die-

sen Studien eine von der Formulierung

beeinflusste pulmonale Speicherung, die

zu einer Veränderung des Verteilungs-

volumens führte, andererseits waren der

Blut-Hirn-Verteilungskoeffizient und in-

folgedessen die halbmaximale Effektkon-

zentration EC50 formulierungsabhängig.

Schließlich könnte die Formulierung auch

über eine Änderung der Propofol-Eiweiß-

Bindung Pharmakokinetik und -dynamik

beeinflussen. In einer früheren Arbeit zur

Pharmakokinetik von Disoprivan® 1,

und Propofol 1 MCT Fresenius® haben

wir herausgefunden, dass sich diese bei-

den unterschiedlichen Propofolformulie-

rungen in ihrem pharmakokinetischen

Profil nicht unterscheiden [12]. Für die

Dosierung eines Medikaments ist jedoch

neben der Pharmakokinetik die Pharma-

kodynamik, insbesondere die Konzentra-

tions-Wirkungs-Beziehung entscheidend.

In Arbeiten anderer Autoren wurde zwar

die Pharmakodynamik unterschiedlicher

Lipidformulierungen von Propofol un-

tersucht, jedoch zum Teil nur anhand von

klinischen Parametern, wie Orientierung

oder Reaktionsvermögen [21, 23]. Oder es

wurde zwar das EEG als objektives Maß

für den hypnotischen Effekt benutzt, je-

doch ohne ein pharmakodynamisches

Modell zu bestimmen [5]. Ziel der vor-

liegenden Arbeit war daher, die Pharma-

kodynamik der beiden Propofolformulie-

rungen Disoprivan® 1 und Propofol 1

MCT Fresenius® mithilfe pharmakokine-

tisch-pharmakodynamischer Modellbil-

dung vergleichend zu untersuchen. Da-

zu wurden arterielle Propofolplasmakon-

zentrationen gemessen und der hypno-

tische Effekt anhand der aus dem spon-

tanen Elektroenzephalogramm (EEG) ab-

geleiteten Medianfrequenz des EEG-Pow-

erspektrums quantitativ erfasst. Zusätz-

lich wurden als klinische Zeichen der Se-

dierungstiefe die Reaktion auf akustische

Reize sowie der Lidrand- und der Korne-

alreflex untersucht. Ebenfalls wurden die

hämodynamischen Effekte registriert.

Methode

Probanden

Wie im Fall der früher publizierten Ar-

beit zur Pharmakokinetik [12] entstam-

men auch die in der vorliegenden Arbeit

analysierten Daten einer umfassenderen

klinischen Probandenstudie. Hierzu wur-

den – nach Zustimmung der Ethikkom-

mission und schriftlicher Einverständnis-

erklärung – unterschiedliche Propofol-

formulierungen randomisiert und dop-

pelblind im Cross-over-Design 10 männ-

lichen Probanden im Alter von 24–33 Jah-

ren (27±3 Jahre, MW±SD) und mit einem

Körpergewicht von 69–90 kg (82±7 kg,

MW±SD) appliziert. Die Probanden

mussten Nichtraucher und, nach medizi-

nischer Anamnese, Laborscreening sowie

ausführlicher körperlicher Untersuchung,

gesund sein. Ausschlusskriterien waren

exzessiver Alkohol-, Kaffee- oder Teekon-

sum sowie Drogen- oder Medikamenten-

missbrauch. Weiteres Ausschlusskriteri-

um war die Einnahme von zentralnervös

wirksamen Substanzen oder von Medika-

menten mit Einfluss auf die Pharmakoki-

netik oder Pharmakodynamik von Pro-

pofol. Die Probanden durften in den letz-

ten 8 h vor der Propofolapplikation keine

Nahrung zu sich genommen haben.

Infusion

Der Abstand zwischen der Applikation

von Disoprivan® 1 (AstraZeneca, Wedel)

und Propofol 1 MCT Fresenius® (Frese-

nius-Kabi, Bad Homburg) betrug min-

destens 7 Tage. Die Infusion erfolgte über

einen venösen Zugang (BD Angio cath™

20G, Becton Dickinson, Heidelberg) im

Bereich des Handrückens der dominan-

ten Hand. Zur Verringerung des Injekti-

onsschmerzes wurde vor Beginn der Pro-

pofolinfusion 1 mg/kgKG Lidocain intra-

venös bei kurzzeitiger Stauung des ve-

nösen Blutflusses im Unterarmbereich

635Der Anaesthesist 6 · 2006 |

gegeben. Die Infusion wurde als „tar-

get controlled infusion“ (TCI) mit eige-

ner Software (IvFeed 4.0, Klink für An-

ästhesiologie, Erlangen) und einer Infusi-

onsspritzenpumpe (Perfusor® fm, Braun,

Melsungen) unter Verwendung eines

pharmakokinetischen Modells [16], re-

alisiert. In den ersten 45 min wurde die

Propofolzielkonzentration linear anstei-

gend mit einer Anstiegsgeschwindigkeit

von 0,2 μg*ml−1*min−1 so lange erhöht,

bis im EEG „Burst-suppression-Muster“

auftraten. In den folgenden 30 min wur-

de die Propofolzielkonzentration so ge-

wählt, dass die Medianfrequenz des EEG-

Powerspektrums 2–3 Hz betrug, anschlie-

ßend wurde die Infusion gestoppt. Sobald

der Proband wieder zu Person, Raum und

Zeit orientiert war, schloss sich ein zwei-

ter Infusionszyklus nach demselben Sche-

ma an.

Blutentnahmen, Analytik, pharmakokinetische Modellbildung

Zur Bestimmung der Propofolplasma-

konzentrationen wurden aus der A. radi-

alis der nichtführenden Hand jedem Pro-

banden während eines Versuchs insge-

samt 43 Blutproben zu jeweils 2,5 ml ent-

nommen. Während der ersten 35 min der

Infusionsphasen erfolgten die Blutentnah-

men im Abstand von 5 min, danach im

Abstand von 15 min. In der ersten Stun-

de der Aufwachphasen wurden Proben

im Abstand von 2–10 min genommen,

anschließend bis zur 6. Stunde nach Infu-

sionsende in Abständen von 15–60 min.

Unmittelbar nach der Entnahme wurden

die Blutproben zentrifugiert und die Plas-

men bei −70°C eingefroren. Die Propofol-

plasmakonzentrationen wurden mithil-

fe der Hochleistungs-Flüssigkeits-Chro-

matographie („high performance liquid

chromatography“, HPLC) und elektro-

chemischer Detektion bestimmt [18]. Die

Nachweisgrenze dieser Methode war 1 ng,

die Inter- und Intra-Assay-Variationsko-

effizienten betrugen 1,7 und 7,7. Für

jeden Probanden wurde ein individuelles

Abb. 1 8 Verlauf der mittleren gemessenen Propofolkonzentrationen (MW±SE) und der mittleren gemessenen EEG-Medianfrequenzen (MW±SD) für die beiden Propofolformulierungen

636 | Der Anaesthesist 6 · 2006

Originalien

pharmakokinetisches Drei-Komparti-

ment-Modell bestimmt [12]. Dies ermög-

lichte es, die individuellen Propofolplas-

makonzentrationen zu jedem beliebigen

Zeitpunkt zu berechnen und mit den zu-

gehörigen pharmakodynamischen Mess-

größen in Beziehung zu setzen.

EEG-Ableitung, pharmakodynamische Modellbildung

Die kontinuierliche Aufzeichnung des

EEG begann 30 min vor Infusionsstart und

wurde beendet, sobald die Probanden wie-

der voll orientiert waren. Das EEG wur-

de mit einem CATEEM® System („compu-

ter aided topographical electroencephalo-

metry“, Medisyst, Linden) und einer Elek-

trodenhaube (Electro-Cap®, Electro-Cap

International, Eaton, USA) entsprechend

dem internationalen 10- bis 20-System

mit Cz als gemeinsamer Referenz abgelei-

tet. Die Impedanz der Ableitungen wur-

de mithilfe eines Elektrodengels kleiner

als 5000 Ω gehalten. Wegen der geringe-

ren Artefaktanfälligkeit, besonders gegen-

über Kopfbewegungen und Muskelpoten-

zialen, wurden die zentralen (C3,4–Cz) und

okzipitalen (O1,2–Cz) Ableitungen verwen-

det. Die weitere EEG-Analyse erfolgte für

diejenige Ableitung mit der geringsten Ar-

tefaktbehaftung. Für die pharmakodyna-

mische Modellbildung wurde das EEG-

Signal einer ausführlichen visuellen Off-

line-Analyse unterzogen, um insbesonde-

re Bewegungsartefakte zu eliminieren. Das

analoge EEG-Signal wurde mit einer Ab-

tastrate von 128 Hz, einem Bandpassfilter

von 0,25–35 Hz und einem 50-Hz-Netzfil-

ter digitalisiert und in Blöcken von jeweils

8-s-Epochenlänge analysiert. Die Medi-

anfrequenz (MEF) des Powerspektrums

(0,5–32 Hz) wurde als quantitatives Maß

für den EEG-Effekt verwendet. Dieser Pa-

rameter zeigt eine deutliche Konzentra-

tions-Wirkungs-Beziehung und ist daher

für die pharmakodynamische Modellbil-

dung des hypnotischen Effektes geeignet

[4]. Der zeitliche Verlauf der MEF wur-

de mithilfe einer gleitenden Mittelwert-

bildung über 8 Epochen geglättet; hierbei

wurden nur artefaktfreie Epochen in die

Mittelung einbezogen. Burst-suppression-

Muster wurden mithilfe eines eigens ent-

wickelten Algorithmus identifiziert. Da-

Zusammenfassung · Abstract

Anaesthesist 2006 · 55:635–642 DOI 10.1007/s00101-006-0987-6

© Springer Medizin Verlag 2006

H. Ihmsen · C. Jeleazcov · J. Schüttler · H. Schwilden · F. Bremer

Pharmakodynamik zweier unterschiedlicher Propofolformulierungen

Zusammenfassung

Hintergrund. Propofol ist heute in diversen

Formulierungen erhältlich. Wir haben die

Pharmakodynamik zweier Propofolformu-

lierungen anhand des Elektroenzephalo-

gramms (EEG) und klinischer Zeichen verglei-

chend untersucht.

Material und Methoden. Zehn Probanden

erhielten Disoprivan® 1%, und Propofol 1%

MCT Fresenius® computergesteuert mit an-

steigenden Propofolzielkonzentrationen. Aus

den gemessenen arteriellen Propofolplas-

makonzentrationen wurde für die Median-

frequenz des EEG-Powerspektrums ein sig-

moides Emax-Modell mit Effektkompartiment

bestimmt. Zusätzlich wurden die Reaktion

auf akustische Reize sowie Lidrand- und Kor-

nealreflex als klinische Zeichen der Pharma-

kodynamik registriert.

Ergebnisse. Die beiden Propofolformu-

lierungen zeigten keine Unterschiede so-

wohl bezogen auf das EEG (EC50 2,1±0,6 bzw.

2,1±0,5 μg/ml für Disoprivan bzw. Propo-

fol Fresenius) als auch auf die klinischen Zei-

chen. Die Pharmakodynamik war durch ei-

ne steile Konzentrations-Wirkungs-Bezie-

hung und eine deutliche Hysterese zwi-

schen Propofolplasmakonzentration und Ef-

fekt (ke0 0,12±0,04 bzw. 0,12±0,5 min−1) ge-

kennzeichnet.

Schlussfolgerungen. Die untersuchten Li-

pidformulierungen haben keinen Einfluss auf

die Pharmakodynamik von Propofol.

Schlüsselwörter

Propofol · Galenische Formulierung · Pharma-

kodynamik · EEG · Cross-over-Studie

Pharmacodynamics of two different propofol formulations

Abstract

Background. Propofol is nowadays available

in various lipid formulations. We compared

two different propofol formulations with re-

spect to pharmacodynamics, using the EEG

and clinical signs.

Materials and methods. Ten volunteers re-

ceived Diprivan® 1% and Propofol 1% MCT

Fresenius® as a computer controlled infusion

with increasing propofol target concentra-

tions. A sigmoid Emax model with effect com-

partment was estimated for the median fre-

quency of the EEG power spectrum, based on

measured arterial propofol plasma concen-

trations. Clinical pharmacodynamics were as-

sessed by reaction on acoustic stimuli, eyelid

reflex and corneal reflex.

Results. The drugs did not differ in pharma-

codynamics with respect to EEG (EC50 2.1±0.6

for Diprivan and 2.1±0.5 μg/ml for Propofol

Fresenius) and clinical signs. The pharmaco-

dynamic model was characterized by a steep

concentration effect relationship and a dis-

tinct hysteresis between propofol plasma

concentration and effect (ke0 0.12±0.04 and

0.12±0.5 min−1).

Conclusions. The investigated lipid formula-

tions have no influence on the pharmacody-

namics of propofol.

Keywords

Propofol · Formulation · Pharmacodynamics ·

EEG · Cross-over study

637Der Anaesthesist 6 · 2006 |

zu wurde die EEG-Epoche in 32 Stücke zu

jeweils 250 ms geteilt, und jedes Stück an-

hand von Mittelwert und Standardabwei-

chung des EEG-Signals daraufhin unter-

sucht, ob eine Unterdrückung der EEG-

Aktivität (Nullsignal) vorlag. Für jede Epo-

che wurde so die „burst suppression ratio“

(BSR) als Verhältnis der Dauer der EEG-

Unterdrückung zur Gesamtepochendau-

er bestimmt [19]. Burst-suppression-Mus-

ter sind durch starke Hochfrequenzanteile

charakterisiert, die trotz zunehmender

Narkosetiefe zu einem paradoxen Anstieg

der MEF führen. Daher wurde die MEF im

Falle von Burst-suppression-Mustern wie

folgt definiert [19]: MEF=MEF0*(1−BSR);

hierbei bezeichnet MEF0 die aus dem

Powerspektrum bestimmte Medianfre-

quenz. Die so definierte MEF geht mit zu-

nehmender Unterdrückung der EEG-Ak-

tivität gegen Null. Das pharmakodyna-

mische Modell für die MEF war ein sig-

moides Emax-Modell:

E0 max

E 50

CE E E

C EC

γ

γ γ= −+

Dabei bezeichnet E den Effekt, d. h. die ge-

messene MEF, E0 den Ausgangswert der

MEF, Emax den maximalen Effekt, EC50

die Konzentration bei halbmaximalem Ef-

fekt, und der Hill-Exponent γ definiert die

Steilheit der Konzentrations-Wirkungs-

Kurve. Um eine Hysterese, d. h. eine Ver-

zögerung des Effektes gegenüber der Pro-

pofolplasmakonzentration zu berücksich-

tigen, wurde ein Effektkompartiment als

Ort der Wirkung angenommen [11]. Die

Zeitkonstante ke0 beschreibt den Zusam-

menhang zwischen der Plasmakonzen-

tration CP und der Effekt-Konzentrati-

on CE:

( )Ee0 P E

dCk C C

dt= ⋅ −

Die Parameter des pharmakodynamischen

Modells (E0, Emax, EC50, γ und ke0) wur-

den für jeden Probanden mittels nichtli-

nearer Regression (NONMEM®, Globo-

Max LLC, Hanover, MD, USA) bestimmt.

Die Plasmakonzentration CP wurde dabei

mittels der in der pharmakokinetischen

Analyse bestimmten individuellen phar-

makokinetischen Modelle berechnet [12].

Die Pharmakodynamik in der Population

wurde durch die Mittelwerte der Parame-

ter charakterisiert. Die Güte des Modells

wurde anhand der Vorhersagefehler MD-

PE und MDAPE quantifiziert [22].

Klinische Zeichen

Nach dem Start der Propofolinfusion

wurde im Abstand von 2 min die Reakti-

on auf laute Ansprache und auf einen defi-

nierten Signalton (1000 Hz, 80 dB) getes-

tet. Wenn der Proband darauf nicht mehr

reagierte, wurden im weiteren Verlauf

der Lidrandreflex und der Kornealreflex

überprüft. In der Aufwachphase wurden

entsprechend die Rückkehr von Korneal-

und Lidrandreflex sowie die Rückkehr der

Reaktion auf die akustischen Reize regis-

triert. Im weiteren Verlauf wurde im Ab-

stand von 5 min die „observer’s assess-

ment of alertness/sedation (OAA/S) sca-

le“ benutzt, um die Erholung der Proban-

den zu charakterisieren. Die OAA/S-Skala

erfasst den Sedierungsgrad auf einer Ska-

la von 1 (bewusstlos) bis 5 (alert) anhand

der Parameter „Reaktion auf Ansprache“,

„Sprachqualität“, „Gesichtsausdruck“ und

„Augenausdruck“ [3].

Hämodynamik

Während des Versuches wurde kontinuier-

lich ein EKG abgeleitet (Siemens SC9000,

Siemens, Erlangen). Die aus dem EKG be-

stimmte Herzfrequenz, der am arteriellen

Zugang invasiv gemessene Blutdruck so-

wie die pulsoxymetrisch bestimmte Sau-

erstoffsättigung wurden im Abstand von

5 min registriert. Blutgasanalysen wurden

während der Infusion einmal am Ende

der Anstiegsphase und einmal während

der Erhaltungsphase durchgeführt. Bei

Hypoxämie (SaO2<95, paO2<70 mmHg)

wurde den Probanden 3 l/min Sauerstoff

über eine Nasensonde verabreicht. In tief-

er Sedierung wurde im Fall einer pharyn-

gealen Atemwegsbehinderung ein naso-

pharyngealer Tubus gesetzt.

Statistik

Die pharmakodynamischen Parame-

ter wurden mit dem t-Test für gepaarte

Stichproben auf signifikante Unterschiede

Abb. 2 9 Mittlere gemes-sene EEG-Medianfrequenz vs. mittlere gemessene Pro-pofolplasmakonzentrati-on für die beiden Propofol-formulierungen. Die Pfeile zeigen den zeitlichen Ver-lauf. Die durchgezogene Li-nie stellt jeweils den ersten Infusionszyklus, die gestri-chelte den zweiten Infusi-onszyklus dar

638 | Der Anaesthesist 6 · 2006

Originalien

(p<0,05) zwischen den beiden Propofol-

formulierungen untersucht. Bei anderen

Studien zur Pharmakodynamik von Pro-

pofol zeigte der Parameter EC50 eine in-

terindividuelle Variabilität von ca. 25

[9]. Sieht man einen Unterschied von 30

oder mehr zwischen den beiden Gruppen

als relevant an, dann beträgt die Teststär-

ke bei 10 Probanden 0,8. Die statistische

Auswertung erfolgte mit STATISTICA®

6.0 (StatSoft, Tulsa, OK, USA).

Ergebnisse

Die Gesamtdosis betrug im ersten Zy-

klus 741±174 mg für Disoprivan® 1 und

748±165 mg für Propofol 1 MCT Freseni-

us® (MW±SD). Im zweiten Zyklus wurden

615±139 mg Disoprivan® und 644±139 mg

Propofol 1 MCT Fresenius® appliziert.

. Abb. 1 zeigt die mittleren gemessenen

Propofolkonzentrationen und EEG-Medi-

anfrequenzen für beide Gruppen im zeit-

lichen Verlauf. Gegenüber der Propofol-

plasmakonzentration wurde für die MEF

die für Propofol typische Hysterese beob-

achtet (. Abb. 2). Die gemessenen Pro-

pofolkonzentrationen konnten durch ein

Drei-Kompartiment-Modell beschrieben

werden; dabei gab es zwischen den bei-

den Propofolformulierungen keine Unter-

schiede in den pharmakokinetischen Pa-

rametern [12]. Die Ergebnisse der phar-

makodynamischen Modellbildung sind

in . Tab. 1 zusammengefasst. Die beiden

untersuchten Propofolformulierungen

wiesen keine Unterschiede in den pharma-

kodynamischen Parametern auf. . Tab. 2

zeigt die zu den beobachteten klinischen

Zeichen gehörenden berechneten Propo-

folplasmakonzentrationen und die nach

dem pharmakodynamischen Modell be-

rechneten Effektkonzentrationen. Für bei-

de Substanzen wurde, auch bezogen auf

die klinischen Zeichen, eine Hysterese in

dem Sinne beobachtet, dass die Propofol-

plasmakonzentrationen bei Verlust der

Reaktionen und Reflexe höher waren als

bei Wiederkehr der entsprechenden Zei-

chen. Diese Differenz war bezogen auf die

aus der EEG-Analyse bestimmten Effekt-

konzentrationen nicht vorhanden. In bei-

den Gruppen fiel der Blutdruck um ma-

ximal ca. 30; die Herzfrequenz stieg um

maximal ca. 20 (. Tab. 3). Es wurden

keine Apnoephasen >10 s beobachtet. Bei

beiden Sub stanzen wurde in jeweils 4 von

10 Probanden Sauerstoff über eine Nasen-

sonde appliziert. Während der tiefen Se-

dierungsphase war ein nasopharyngealer

Tubus in 5 (Disoprivan® 1) bzw. 7 (Pro-

pofol 1 MCT Fresenius®) Fällen notwen-

dig.

Diskussion

In der vorliegenden Studie sollte unter-

sucht werden, ob die Zusammensetzung

der Emulsion einen Einfluss auf die Phar-

makodynamik von Disoprivan® 1 und

Propofol 1 MCT Fresenius® hat. Für die

Tab. 1 Pharmakodynamisches Modell

Disoprivan®1% Propofol 1% MCT Fresenius®

E0 [Hz] 8,8±1,2 9,2±0,9

Emax [Hz] 7,2±1,1 7,7±0,8

EC50[μg/ml] 2,1±0,6 2,1±0,5

γ 8,6±3,5 6,5±2,3

ke0 [min−1] 0,12±0,04 0,12±0,05

MDPE [%] –0,6±3,2 −2,0±1,4

MDAPE [%] 15,4±4,3 15,9±2,4

Ergebnisse der pharmakodynamischen Modellbildung für die Medianfrequenz des EEG-Powerspektrums (MW±SD).E0Ausgangswert, Emaxmaximaler Effekt, EC50Konzentration bei halbmaximalem Effekt, γ Hill-Exponent, ke0Transferkonstante zwischen zentralem und Effektkompartiment, MDPEmittlerer Vorhersagefehler, MDAPE mittlerer absoluter Vorhersagefehler.

Tab. 2 Klinische Zeichen

Disoprivan®1% Propofol 1% MCT Fresenius®

Plasmakonz. Effektkonz. Plasmakonz. Effektkonz.

[μg/ml] [μg/ml] [μg/ml] [μg/ml]

Reaktion auf

Ansprache

Verlust 3,8±1,0 1,8±1,0 3,6±0,7 1,8±0,8

Wiederkehr 1,2±0,5 2,3±0,7 1,5±0,6 2,3±0,6

Reaktion auf

Signalton

Verlust 4,4±1,2 2,4±1,2 4,1±0,6 2,2±0,8

Wiederkehr 1,3±0,5 2,4±0,7 1,6±0,6 2,5±0,7

Lidrandreflex Verlust 3,9±1,0 2,0±1,1 3,7±0,6 1,8±0,7

Wiederkehr 1,2±0,4 2,3±0,7 1,5±0,6 2,3±0,6

Kornealreflex Verlust 5,0±1,3 2,8±1,3 4,7±0,9 2,8±1,0

Wiederkehr 1,4±0,8 2,7±0,9 1,7±0,6 2,6±0,7

EEG burst

suppression

Auftreten 7,1±2,4 5,3±1,8 6,7±1,0 5,1±1,2

Verschwinden 4,2±1,7 5,6±1,7 3,9±1,5 5,4±1,4

OAA/S=5

(alert)

0,8±0,3 1,2±0,4 0,8±0,3 1,2±0,3

Klinische Zeichen und zugehörige Propofolplasma- sowie Propofol-Effekt-Konzentrationen (MW±SD). Die Plasmakonzentration wurde jeweils mithilfe des individuellen pharmakokinetischen Modells berech-net. Zur Berechnung der Effektkonzentration wurde der Parameter ke0 aus der individuellen pharmako-dynamischen Modellbildung benutzt.OAA/S „observer’s assessment of alertness/sedation“.

Tab. 3 Hämodynamik

Disoprivan®1% Propofol 1% MCT

Fresenius®

Systolischer Blutdruck

[mmHg]

Ausgangswert 134±23 136±13

Minimum 91±10 92±9

Diastolischer Blut-

druck [mmHg]

Ausgangswert 69±6 70±7

Minimum 51±5 53±4

Herzfrequenz [1/min] Ausgangswert 64±9 64±11

Maximum 75±8 78±10

Hämodynamische Parameter (MW±SD) während Propofolinfusion für die beiden untersuchten Propo-folformulierungen.

640 | Der Anaesthesist 6 · 2006

Originalien

Anwendung von TCI ist dabei besonders

die halbmaximale Konzentration EC50

von Bedeutung. Da TCI-Systeme typi-

scherweise eine mittlere absolute Abwei-

chung von der Zielkonzentration von ca.

25 zeigen [8], würde ein Unterschied der

EC50 von mehr als 30 bei Anwendung

von TCI sich auch klinisch relevant als

vermehrter oder verminderter Bedarf zei-

gen. Bei dem gewählten Studiendesign mit

10 Probanden im Cross-over-Vergleich

wäre ein solcher Unterschied mit einer

Teststärke von 80 nachweisbar. Wie in

der früheren Untersuchung zur Pharma-

kokinetik von Disoprivan® 1 und Propo-

fol 1 MCT Fresenius® [12], wurden auch

in der vorliegenden Arbeit zur Pharma-

kodynamik keine Unterschiede zwischen

den beiden Propofolformulierungen be-

obachtet. Sowohl der EEG-Effekt als auch

die klinischen Zeichen und die hämody-

namischen Nebenwirkungen waren nahe-

zu identisch, und die Daten zeigten keinen

Trend, der sich evtl. durch eine größere

Fallzahl statistisch erhärten ließe. Unsere

Ergebnisse bestätigen die Befunde ande-

rer Autoren, die ebenfalls keinen Einfluss

der Lipidzusammensetzung auf die Phar-

makodynamik von Propofol fanden, da-

bei allerdings keine integrierte pharmako-

kinetisch-pharmakodynamische Modell-

bildung anhand des EEG durchführten [5,

15, 21, 23]. Lediglich eine neuere Patienten-

studie fand einen Einfluss der Formulie-

rung auf den pharmakodynamischen Pa-

rameter ke0, allerdings nur für eine Pro-

pofolformulierung (Ivofol®, Juste, Spani-

en) von insgesamt 5 untersuchten, dar-

unter auch Propofol 1 MCT Fresenius®

[2]. Die Ergebnisse dieser Studie werden

allerdings durch die geringe Anzahl von

nur 5 Blutentnahmen und die Verwen-

dung von venösen statt arteriellen Blut-

proben eingeschränkt. Im Falle von fett-

freiem Propofol [6], Propofol mit Cyclo-

dextrin als Trägersubstanz [7] und Pro-

pofol in Form eines wasserlöslichen „pro-

drug“ [9] zeigten sich hingegen z. T. deut-

liche Unterschiede gegenüber lipidformu-

liertem Propofol, sodass die Verwendung

von Lipiden als Trägersubstanz die Phar-

makokinetik und -dynamik von Propo-

fol grundsätzlich zwar beeinflusst, jedoch

im vorliegenden Fall Unterschiede in der

Zusammensetzung der Fettemulsion von

marginaler Bedeutung sind.

Da die Wahl des EEG-Parameters zur

Quantifizierung des pharmakodyna-

mischen Effektes die Ergebnisse der phar-

makodynamischen Modellbildung beein-

flusst, sind die Schätzwerte einzelner Mo-

dellparameter nur schwer mit denen an-

derer Studien zu vergleichen, bei denen

statt der EEG-Medianfrequenz die spek-

trale Eckfrequenz, der Bispektralindex

(BIS®) oder andere aus dem EEG abge-

leitete Größen verwendet wurden [1, 20].

Andererseits stimmt der in dieser Studie

gefundene Wert von ca. 2 μg/ml für die

Propofolkonzentration bei Verlust der

Reaktion auf Ansprache mit der Literatur

überein [10, 20]. In der vorliegenden Stu-

die wurde die Medianfrequenz des EEG-

Powerspektrums als Maß für den hypno-

tischen Effekt verwendet, weil dieser Pa-

rameter ebenso wie andere aus dem Pow-

erspektrum abgeleitete Größen, wie z. B.

die spektrale Eckfrequenz oder die Leis-

tung in einzelnen Frequenzbändern, für

die pharmakodynamische Modellbildung

des hypnotischen Effektes geeignet ist [4].

In den letzten Jahren hat neben den Pa-

rametern des Powerspektrums der BIS®

(Aspect Medical Systems) bei der Unter-

suchung des EEG-Effektes zunehmend

Bedeutung gefunden [1]. Abgesehen von

der wissenschaftlich unbefriedigenden

Tatsache, dass der genaue Algorithmus

zur Berechnung des BIS® nicht öffentlich

zugänglich und der Anteil bispektraler

Größen am BIS® unklar ist, kommen neu-

ere Untersuchungen zu dem Schluss, dass

das Bispektrum des EEG im Vergleich

mit dem Powerspektrum nicht signifi-

kant mehr Information bezüglich des

hypnotischen Effektes enthält [14, 17]. In

einer Untersuchung verschiedener spek-

traler und bispektraler EEG-Parameter

zeigte sich zudem, dass das für die phar-

makodynamische Modellbildung bedeu-

tungsvolle Signal-Rausch-Verhältnis für

die bispektralen Parameter schlechter war

als für die spektralen [13]. Schließlich ha-

ben wir in einer weiteren Studie sowohl

die EEG-Medianfrequenz als auch den

BIS® zur pharmakodynamischen Mo-

dellbildung von Propofol verwendet und

sind dabei zu vergleichbaren Ergebnis-

sen gekommen [9], sodass es unwahr-

scheinlich ist, dass der Befund der vorlie-

genden Studie, nämlich die pharmakody-

namische Äquivalenz der beiden Propo-

folformulierungen, entscheidend von der

Wahl der Medianfrequenz als EEG-Para-

meter abhängig ist.

Aus den Ergebnissen dieser Arbeit

zur Pharmakodynamik und der voran-

gehenden zur Pharmakokinetik von Diso-

privan® 1 und Propofol 1 MCT Frese-

nius® lässt sich zusammenfassend schluss-

folgern, dass diese beiden Propofolformu-

lierungen zumindest bei dem hier unter-

suchten Kollektiv von jungen Gesunden

sich nicht in ihrem pharmakokinetisch-

pharmakodynamischen Profil unter-

scheiden. Da auch die hämodynamischen

Nebenwirkungen vergleichbar sind, soll-

ten beide prinzipiell in gleicher Weise do-

siert werden können. Für den Einsatz von

TCI bedeutet dies, dass für diese beiden

Sub stanzen dasselbe pharmakokinetische

Modell verwendet werden kann und auch

bei der Wahl der Zielkonzentration die

Formulierung nicht berücksichtigt wer-

den muss.

Fazit für die Praxis

Die Galenik der hier untersuchten Propo-

folformulierungen Disoprivan® 1% und

Propofol 1% MCT Fresenius® hat bei jun-

gen Gesunden keinen Einfluss auf die

Pharmakodynamik von Propofol. Da in

einer früheren Untersuchung ebenfalls

kein Unterschied in der Pharmakokine-

tik festgestellt wurde, können beide Pro-

pofolformulierungen zumindest bei Pati-

enten der ASA-Risikoklasse 1 bis 2 (Ame-

rican Society of Anesthesiologists) in

gleicher Weise dosiert werden. Bei An-

wendung einer TCI können gleiche Ziel-

konzentrationen gewählt werden.

Korrespondierender AutorDr. H. IhmsenAnästhesiologische Klinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-NürnbergKrankenhausstraße 12, 91054 [email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor

weist auf eine Verbindung mit folgender Firma hin:

Diese Arbeit wurde gefördert durch die Fresenius-Kabi

GmbH, Deutschland.

Trotz des möglichen Interessenkonflikts ist der Beitrag

unabhängig und produktneutral.

641Der Anaesthesist 6 · 2006 |

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MRT im Vorfeld der intra-venösen Thrombolyse – deutliche Verbesserung der Behandlungsergebnisse

Bei Patienten mit akutem Schlaganfall gibt

die Magnetresonanztomografie (MRT)

deutliche Hinweise darauf, ob eine Be-

handlung mit einem blutgerinnselauflö-

senden Medikament sinnvoll ist, auch

wenn seit dem Auftreten der Symptome

bereits mehr als drei Stunden vergangen

sind. Die Zahl der positiven Behandlungs-

ergebnisse kann dadurch deutlich gestei-

gert werden. Das hat eine Studie nachge-

wiesen, die im Rahmen des Kompetenz-

netzes Schlaganfall an den Schlaganfall-

Zentren in Hamburg, Heidelberg und Köln

durchgeführt wurde (Thomalla G. et al.

(2006) Outcome and symptomatic blee-

ding complications of intravenous throm-

bolysis within 6 hours in MRI-selected stro-

ke patients: comparison of a German mul-

ticenter study with the pooled data of AT-

LANTIS, ECASS, and NINDS tPA trials. Stroke

37: 852–858).

Die intravenöse Thrombolyse, ist die

einzige derzeit zugelassene Therapie des

akuten Schlaganfalls mit guten Gene-

sungschancen für den Patienten. Die Zu-

lassung der intravenösen Thrombolyse ist

allerdings auf eine Therapie innerhalb von

drei Stunden nach Auftreten der Symp-

tome begrenzt. Dieses Zeitfenster ist seit

langem in der Diskussion.

In einer jetzt veröffentlichten Studie

wurden die Behandlungsergebnisse von

172 Patienten ausgewertet, die in den drei

beteiligten Zentren innerhalb von sechs

Stunden im Schlaganfall-MRT untersucht

und mit intra venöser Thrombolyse behan-

delt worden waren. Drei Monate nach der

Behandlung wiesen 48 Prozent dieser Pati-

enten kein oder nur ein minimales neuro-

logisches Defizit auf, wurden also im Alltag

nicht beeinträchtigt. Dieses positive Be-

handlungsergebnis wurde in vergangenen

Studien, in denen die Patienten nicht mit

dem MRT, sondern nur mit dem Compu-

tertomografen untersucht worden waren,

nur bei 40 Prozent der Betroffe nen erzielt.

Quelle: Universitätsklinikum

Hamburg-Eppendorf

Fachnachrichten

642 | Der Anaesthesist 6 · 2006