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lngrid Baumgärtner· Hg.
VOM KÖNIGSHOF ZUR STADT KASSEL IM MITTELALTER
~ eureg1overlag . ~
- ~ ~ 7- ~
IMPRESSUM
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Eine Veröffentlichung in der Reihe Die Region trifft sich - die Region erinnert sich der Kasseler Sparkasse
Herausgegeben von lngrid Baumgärtner
Titelbild: HStAM, Urk. 56 Nr. 2271; Hessisches Staatsarchiv Marburg; MGH DD Kl15 Grafische Gestaltung: atelier grotesk, Kassel Gesamtherstellung: euregioverlag, Kassel Druck: Grafische Werkstatt von 1980 GmbH
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk, Fernsehen und sonstige elektronische Medien, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, auszugsweisen Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind vorbehalten.
© 2013 euregioverlag D-34127 Kassel, Naumburger Str. 40 www.euregioverlag.de
ISBN 978-3-933617-53-8 Printed in Germany
INHALT
GRUSSWORT BÜRGER, LANDGRAF, ZÜNFTE, KLERUS
Bertram Hilgen 7 ZUR ENTWICKLUNG DES KASSELER STADTRECHTS
Gisela Naegle 86
VORWORT
lngo Buchholz 9 KIRCHEN, JENSEITSVORSORGE UND STIFTUNGEN
IM MITTELALTERLICHEN KASSEL
Christian Philipsen 104
KASSEL 913.
DIE URKUNDLICHEN ERSTERWÄHNUNGEN DIE MITTELALTERLICHE STADTGESCHICHTE
lngrid Baumgärtner 11 KASSELS IN DER HESSISCHEN LANDESCHRONISTIK
DES 15. UND 16. JAHRHUNDERTS
DIE FUNKTION KASSELS UND SEINER PFALZ Thomas Fuchs 122
FÜR DAS KÖNIGTUM
REICHSGUT UND KÖNIGLICHE RAUMKONZEPTE IM WANDEL ZEUGEN MITTELALTERLICHER STADTGESCHICHTE
Caspar Ehlers 38 IM HEUTIGEN KASSEL
Kari-Hermann Wegner 134
STADTGRUNDRISS UND STADTPLANUNG
IM MITTELALTER
Christian Presche 50 ANHANG
Abkürzungsverzeichnis 150
STADTRAT UND STADTORGANISATION Abbildungsnachweis 151
Christian Presche 72 Autorinnen und Autoren 152
1 LAV NRW W, Stift Meschede- Urkunde 1a, Breite: 45,5 cm, Höhe: 38,7 cm; mit freundlicher Genehmigung des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen; MGH 00 K l16
10
KASSEL 913. DIE URKUNDLICHEN ERSTERWÄHNUNGEN
lngrid Baumgärtner
Kassel besitzt, wie viele im Mittelalter entstandene Sied
lungen, keine Gründungsurkunde. Die Feiern zum 1.1oo
jährigen Bestehen Kassels im Jahr 2013 beruhen auf zwei
Urkunden vom 18. Februar· 913, die erstmals die Existenz
des Ortes bezeugen. Denn an diesem Tag stellte König
Konrad I. (911-918) in Kassel zwei Diplome aus, in denen er
einflussreichen Klöstern althergebrachte Rechte bestätigte
(Abb. 1 und Abb. 3). 1 Die Adressaten waren keine Kasseler
Institutionen, sondern angesehene klösterliche Gemein
schaften aus der nördlichen Hälfte seines Reiches: das
westfälische Frauenstift Meschede in Sachsen und die Be
nediktinerabtei Hersfeld in Franken. Beide geistlichen Ein
richtungen hatten die mit diesem Akt gewährten Privilegien
wie Immunität, freie Abtswahl und Grundbesitz längst von
seinem Vorgänger, dem letzten ostfränkischen Karolinger
herrscher, erhalten. Der Vorgang war also keineswegs spek
takulär. Vielmehr spiegelt er das Alltagsgeschäft eines Königs
wider, der insbesondere zu Beginn seiner Regierungszeit
mit der Erneuerung überkommener Zugeständnisse das Ver
trauen in seine Person zu festigen suchte. Die Glaubwürdig
keit der Bittsteller und die vorgelegten altehrwürdigen Schrift-
Regel keine Abschriften urkundlicher Ausfertigungen zu
rück, sondern übergab die Beweismittel den Empfängern,
die für die Aufbewahrung verantwortlich zeichneten.
Die Verbindung zwischen den damaligen Geschehnis
sen und dem Stadtjubiläum Kassels ergibt sich also allein
aus dem Standort, an dem die Dokumente ausgefertigt
wurden. Die beiden Rechtsakte selbst beziehen sich weder
vom Inhalt noch von den beteiligten Personen her auf Kas
sel und seine Region. Sie sind nicht einmal in den Archiven
vor Ort überliefert. Gleichwohl sind sie "verhandelt [wor
den] zu Kassel", actum Chassal/a2 oder actum Chassel/a3
(Abb. 2a und 2b), wie der Ausstellungsort in leicht von
einander abweichender Schreibweise bezeichnet ist. Die
Vorgänge fanden also schlichtweg in Kassel statt, einer
Ansiedlung, die, wie die Forschungen der letzten Jahre auf
gezeigt haben, damals eine noch recht bescheidene Aus
dehnung aufwies.4
stücke dienten dabei als Nachweis für die Rechtmäßigkeit 2a Ortsangabe; LAV NRWW, Stift Meschede - Urkunde 1a, Ausschnitt
der erbetenen Vorrechte, denn der Königshof behielt in der 2b Ortsangabe; HStAM, Urk. s6 Nr. 2271, Ausschnitt
11
3 HStAM, Urk. 56 Nr. 2271, Breite oben: 58,8 cm, unten: 58,1 cm, Höhe links: 51,2 cm, rechts: 50,4 cm; mit freundlicher Genehmigung des Hessischen Staatsarchivs Marburg; MGH DD K I 15
12
Im Folgenden sollen die beiden Ersterwähnungsurkun
den genauer untersucht und in ihren diplomatischen, so
zialen und historischen Kontext eingeordnet werden. Da
bei ist insbesondere danach zu fragen, welche Bedeutung
sie für die Stadt Kassel und ihre Geschichte besitzen. Die
Beantwortung dieser Frage wird in sechs Schritten erfol
gen: Erstens ist der Inhalt dieser Königsdiplome zu erör
tern, zweitens ist deren Aufbau und die Beurkundungs
praxis zu analysieren, drittens ist die Rolle des reisenden
Königs als Aussteller zu beleuchten, viertens ist zu über
legen, wie das damalige Kassel überhaupt ausgesehen
haben mag, fünftens ist die weitere Entwicklung Kassels
vom Königshof zur Stadt im Mittelalter anhand des Inhalts
des vorliegenden Bandes kurz zu umreißen und sechstens
ist abschließend nach dem Stellenwert solcher Diplome
für die Stadtgeschichte und für unser heutiges Geschichts
bewusstsein zu fragen.
Die Königsdiplome und ihr Inhalt
Die eine der beiden Urkunden, die heute im Landesarchiv
Nordrhein-Westfalen in Münster aufbewahrt wird, richtet
sich an die Stiftsdamen von Meschede (Abb. 1). Der König
garantiert ihnen die Immunität, also die Freiheit vom Zu
griff weltlicher Verwalter sowie deren Steuer- und Ab
gabenforderungen. Zudem gesteht er ihnen das Recht zu,
die Äbtissinnen ihres Stifts in freier Wahl zu bestimmen.
Eine solche Befreiung von allen Leistungen und Diensten
gegenüber den zuständigen Adeligen einschließlich des
Wahlrechts konnte nur der König selbst gewähren, denn
sie begründete klösterliche Sonderrechte. So war die Über
tragung von Immunität und Wahlrecht gewissermaßen
ein königliches Herrschaftsinstrument, um das Kloster aus
dem Herrschaftsbereich eines adeligen Herrn herauszu-
__,.__ Itinerar (Luftlinie)
....... Itinerar, erschlossen
e Aufenthaltsort
+ Bischofssitz
r Kloster
SACHSEN
4 Karte mit Reiseweg König Konrads I. von Weilburg/Lahn über Corvey und Kassel nach St raßburg ; St ift Meschede und Reichsabtei Hersfeld
lösen und es direkt dem König zu unterstellen. Auch wenn
die konkreten Details und praktischen Konsequenzen nicht
näher ausgeführt sind, verweisen die Zusätze "wie sie es
bereits zu den Zeiten früherer Könige innehatten" und "so
wie bisher" 5 (Übersetzung im Anhang) darauf, dass die
Stärkung der Macht der Stiftsdamen keine Neuerung be
deutete, sondern nur eine bestehende Tradition fortsetzte.
Übrigens wird auch Meschede in diesem Diplom erstmals
erwähnt, da mögliche Vorgängerurkunden heute nicht
mehr überliefert sind.
Aus anderen Quellen wissen wir, dass das im Sauerland
gelegene Frauenstift (Abb. 4) spätestens um die Mitte des
13
9· Jahrhunderts gegründet wurde. 6 Es konnte im Mittel
alter lange dauern, bis Entwicklungen schriftlich fixiert
wurden; dafür musste es meist einen triftigen Grund ge
ben. Schriftstücke wie diese dienten zwar dem Nachweis
von Rechten und Besitzverhältnissen, aber noch im Mittel
alter selbst und in späteren Zeiten sind viele von ihnen ver
loren gegangen. Feuersbrünste, Naturkatastrophen, Ver
wüstungen und Klosterauflösungen bedingten ebenso wie
das Aussterben von Adelsgeschlechtern, der gewählte Auf
bewahrungsortund die Lagerungsweise die Chancen und
Zufälle der Überlieferung und bestimmten damit die Dauer
der Archivierung.7 1n Kassel ist bekanntlich ein Großteil der
Bestände im Zweiten Weltkrieg verbrannt, so dass neben
archäologischen und baulichen Überresten fast nur noch aus
wärts deponiertes Schriftgut für die Erforschung der mit
telalterlichen Stadtentwicklung herangezogen werden kann.
ln Meschede werden die Äbtissin und die adeligen
Stiftsdamen erfreut gewesen sein, als der Bote mit König
Konrads Diplom eintraf und ihnen das Ergebnis des Besuchs
beim Herrscher mitteilte. Denn das Immunitätsprivileg för
derte das Prestige der standesbewussten Gemeinschaft.
Das Stift war vermögend und der Herrscher zeigte durch
aus Interesse an dessen weiterer Entwicklung. Es war nicht
zuletzt Konrads Vermittlung zu verdanken, dass in seiner
Regierungszeit, also zwischen 911 und 918, die Reliquien
der Heiligen Walburga nach Meschede gelangten und die
Stiftsdamen das anfangs nur Maria geweihte Kloster zu
einer Wallfahrtsstätte der Walburga-Verehrung erweitern
konnten. ln der Urkunde von 913 schlug sich der Name des
späteren Patroziniums St. Walburga noch nicht nieder.
Zahlreiche Schenkungen hoher Adeliger, Könige und Kai
ser folgten, darunter im Jahre 958 Zoll- und Marktrechte
seitens König Ottos I. sowie weiterer Grundbesitz unter
14
seinen kaiserlichen Nachfolgern, etwa die Güter Völlingen
unter Otto II. und Stockhausen unter Otto 111.8 Nicht zuletzt
gewährte ihnen Otto I. 958 auch das Recht, das persönliche
Vermögen der meist wohlhabenden Stiftsdamen nach deren
Tod einzuziehen. Die klösterliche Gemeinschaft konnte also
in den nachfolgenden Jahrzehnten beträchtlichen Reich
tum ansammeln und bis zum Ende des 10. Jahrhunderts
mehr als 400 Gutshöfe unterschiedlicher Größe, davon
200 im oberen Sauerland, unter ihre Kontrolle bringen.
Im anderen der beiden am 18. Februar in Kassel (Chas
salla) ausgestellten Diplome (Abb. 3), welches heute im
Hessischen Staatsarchiv Marburg liegt, bestätigte Konrad I.
der im Hessengau gelegenen Reichsabtei Hersfeld ihre Im
munität, also das Recht auf Selbstverwaltung einschließ
lich der freien AbtswahL Diese Rechtsverleihung besaß
eine besondere politische Brisanz, denn das Kloster sollte
damit erneut dem Einfluss der sächsischen Liudolfinger,
der politischen Gegner und Konkurrenten der Konradiner
im Reich, entzogen werden. Bereits der Vorgänger Kon
rads, König Ludwig IV. das Kind, hatte go8 den Versuch
unternommen, eine zukünftige Weitergabe der Abtswürde
an Laien oder klosterfremde Kleriker zu verhindern und
dem Kloster seinen Besitz unangetastet und vollständig zu
sichern.9 Herzog Otto der Erlauchte scheint das begüterte
Kloster bis zu seinem Tod am 30. November 912 als Laien
abt verwaltet zu haben; sein Sohn Heinrich drängte entge
gen Ludwigs urkundlicher Schutzerklärung auf die Nach
folge. So unterstrich der individuell gewählte Wortlaut
zweifellos sehr bewusst, dass der von Christus zur Regie
rung des Reiches eingesetzte Herrscher "kraft königlicher
Vollmacht" (id ipsum nostri imperii auetoritote firmamus)
handelte, um die Klosterbrüder von allen Leistungen und
Diensten gegenüber einem weltlichen Herrn zu entbinden.
Schon Kaiser Karl der Große und seine Nachfolger hat
ten dieses Benediktinerkloster, das einige Jahrzehnte älter
und mindestens ebenso ehrwürdig wie das Damenstift
Meschede war, gefördert und mit reichem Grundbesitz im
hessisch-thüringischen Raum ausgestattet. 10 Seit 775 un
terstand der Hersfelder Konvent nicht nur dem persön
lichen Schutz des Königs, sondern verfügte auch über das
Recht der freien AbtswahL Neben seinem Reichtum an
Grundbesitz war das Kloster gegen Ende des 10. Jahrhun
derts vor allem für seine Bibliothek berühmt. Die könig
liche Gewährung der Immunität 843 sollte dazu dienen,
sowohl die Mönche als auch die Besitzungen unmittelbar
der herrscherliehen Rechtsprechung im Reich zu unterstel
len und somit vor dem Zugriff von weltlichen Machthabern
der Region zu schützen.11 Otto der Erlauchte hatte dieses
Privileg durchbrachen und die bemittelte Abtei seiner
eigenen Befehlsgewalt unterstellt. Beim Übergang des
Herzogtums an den Sohn antwortete der König mit der Er
neuerung alter klösterlicher Freiheiten. Auch spätere Herr
scher unterstützten die Reichsabtei, etwa Heinrich II. am
10. August 1011 in Kaufungen, als er eine unfreie Magd vom
Reichsrecht in das klösterliche Eigentum übergab und da
mit nicht nur Hersfeld förderte, sondern auch ein Diplom
in Auftrag gab, das den Ort Kaufungen erstmals erwähnt. 12
Aufbau und Beurkundung
Am Beispiel der beiden formal nur wenig voneinander ab
weichenden Urkunden für Meschede (Abb. 1) und Hersfeld
(Abb. 3), deren Abschrift und Übersetzung im Anhang bei
gegeben ist, kann der Aufbau solcher Diplome gut veran
schaulicht werden. Er entspricht ohnedies den üblichen
Formen der königlichen Kanzlei. 13 Beide Dokumente aus
Pergament sind querformatig, fast sogar quadratisch, und
in regelmäßiger Linienführung beschrieben: die erste
Reihe und die untere Signumzeile in feierlich verlängerter
Schrift, der restliche Text in diplomatischer Minuskel. Der
großzügige Schriftspiegel verrät den geübten Schreiber
der königlichen Kanzlei. Das einleitende Protokoll beginnt
jeweils mit einer symbolischen und einer verbalen Invoka
tion, also mit einem vorangestellten, stark in die Länge
gezogenen und reich mit Schlangenlinien ausgestalteten
Chrismonzeichen und einer nachfolgenden verbalen An
rufung Gottes, ausgedrückt in den Worten "Im Namen der
Heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit" (Abb. sa und sb).
Allein die grafische Gestaltung vermittelte dem Empfän
ger bereits eine Vorstellung von der Erhabenheit des
königlichen Ausstellers.
sa Anrufung Gottes und Chrismon; LAV NRW W, Stift Meschede - Urkunde 1a, Ausschnitt
sb Anrufung Gottes und Chrismon; HStAM,
Urk. 56 Nr. 2271 , Ausschnitt
15
Es folgt, noch immer in der ersten Zeilenhälfte, der sinnen kamen. Die Grafen gehörten in den nachfolgenden
Name des Ausstellers mit Titel, hier König Konrad, auf des- Generationen zu den angesehenen Geschlechtern im Nor-
sen Gottesgnadentum die traditionelle Devotionsformel den des Reiches. Sie stellten in der Regel die Vögte, also die
verweist: "Konrad, durch Gottes Gunst und Gnaden König" Laienvertreter des Klosters in weltlichen Angelegenheiten;
(Abb. 6a und 6b}. Die Empfänger der Urkunden, also die sie verwalteten den Besitz, gewährten Schutz und Schirm,
Stiftsdamen von Meschede bzw. die Hersfelder Benedik- waren Vorsitzende im Landgericht und übernahmen die
tiner, sind jeweils nicht einleitend aufgeführt, sondern erst Aufgaben der Landesverteidigung. Die Verleihung der Im-
später im weiteren Kontext genannt. munität und die Übertragung des Wahlrechts bedeuteten
6a Aussteller; LAV NRW W, Stift Meschede - Urkunde 1a, Ausschnitt
6b Aussteller; HStAM, Urk. 56 Nr. 2 271 , Ausschnitt
Der eigentliche Text beginnt in beiden Fällen ohne for
melhafte Handlungsbegründung direkt mit der pub/icatio, also dem Wunsch, dass der Rechtsinhalt allen Getreuen be
kannt gegeben werde. Die folgende Erzählung erläutert
jeweils den Sachverhalt. Außer den Entstehungsumstän
den, möglichen Vorurkunden und gewährten Rechten, wie
Immunität und Wahlrecht, werden hier vor allem die Pe
tenten, also die in der Regel am Hof anwesenden Bittstel
ler, sowie die Empfänger genannt.
Im Fall von Meschede vertrat der "ehrwürdige Graf Her
mann" von Werl das Gesuch der Stiftsdamen, die natürlich
nicht selbst zum Hof reisen konnten. Hermann I. gilt als der
mutmaßliche Stammahn der ansonsten erst später be
zeugten, aufsteigenden Familie der Grafen von Werl,14 der
vermeintlichen Stifter dieses Frauenklosters, aus deren Ge
schlecht auch die von den Stiftsdamen gewählten Äbtis-
16
deshalb zwar eine unmittelbare Schmälerung des gräf
lichen Einflusses auf die klösterliche Gemeinschaft, aber
gleichzeitig auch eine dauerhafte Erhöhung des Prestiges
durch die königsnahe Stellung des Stifts.
Als engagierter Fürsprecher für die Benediktiner von
Hersfeld hatte der zuständige Erzbischof Hatto von Mainz
bereits 908, noch unter Ludwig dem Kind, interveniert.15
Hatto, der im Februar 913 das Alter von 6o Jahren über
schritten hatte und nur wenige Monate später am 15. Mai
starb, war einer der mächtigsten Männer im Reich. Unter
den ostfränkischen Karolingern, Kaiser Arnulf von Kärnten
und dessen Sohn König Ludwig IV. dem Kind, hatte er es in
beständiger Königstreue geschafft, in maßgebliche poli
tische Funktionen aufzusteigen. Als Gegner der Liudolfin
ger hatte er im November 911 entscheidend zu Konrads
Königserhebung beigetragen. Der einflussreiche Ratgeber
konnte also erwarten, dass der König dem Gesuch nach
einer Bekräftigung der von den Vorgängern erlassenen Pri
vilegien nachkommen würde, zu mal die Abtei überdies im
Hessengau, den Stammlanden der Konradiner, lag. Mög
licherweise war der Rechtsakt auch eine Folge der voraus
gegangenen Verhandlungen mit den sächsischen Großen.
Jedenfalls dürfte sich diese urkundliche Bestätigung, die
eigentlich zum Alltagsgeschäft eines Herrschers nach Amts-
antritt zu zählen ist, vor diesem Hintergrund ganz speziel
ler Aufmerksamkeit erfreut haben, richtete sie sich doch
gegen einen gemeinsamen Feind, die Liudolfinger.
Nach den lntervenienzen folgt der eigentliche Rechts
inhalt, also die lmmunitätsverleihung, in der Regel verbun
den mit der Willenserklärung, diese Rechtshandlung auch
umzusetzen und ihr Fortleben dauerhaft zu gewährleisten.
Im Falle von Meschede verband man die Immunität mit der
freien Wahl, die bei Hersfeld nicht mehr eigens erwähnt
wurde, obwohl die Mönche bereits seit langem damit aus
gezeichnet waren. Eine Androhung von Sanktionen für den
Fall der Zuwiderhandlung war in beiden Fällen nicht nötig,
da Konsens über den Rechtsakt bestand und eine Sanktion
nur Dritte hätte treffen können. Auch die Aufzählung der
Beglaubigungsmittel ist jeweils kurz gehalten. Sie umfasst
den Hinweis auf die eigenhändige Bekräftigung des Königs
sowie den Siegelbefehl (Abb. 7a und 7b).
Das dreiteilige Schlussprotokoll oder Eschatokoll, das in
beiden Diplomen nahezu identisch ist, enthält wichtige
Teile, deren Erscheinungsformen den würdevollen Rang
des Ausstellers und das Potential seiner Kanzlei selbst in
diesen schlichten Routineausfertigungen nochmals visuell in
Szene setzen: ln der vorletzten Zeile, der Signumzeile mit
auffällig verlängerter Schrift, die mit der legitimierenden
7a Siegelbefehl; LAV NRW W, Stift Meschede- Urkunde 1a, Ausschnitt
7b Siegelbefehl; HStAM, Urk. 56 Nr. 2271, Ausschnitt
Eingangszeile korrespondiert, dominiert das Monogramm
des Königs, das aus den einzelnen Buchstaben des Herr
schernamens CHVNRAD gebildet wurde (Abb. 8a und 8b).
Das skripturale Element wurde grafisch aufbereitet und mit
einer Art persönlicher ,Unterschrift' versehen. Denn der Herr
scher selbst setzte darin den sogenannten Vollziehungs
strich. Erst diese Signatur verlieh, zusammen mit dem Sie
gel, dem Dokument seine rechtskräftige Wirksamkeit.
Konrad zeichnete im Allgemeinen mit dem geknickten
Mittelbalken des Buchstabens A im oberen Teil der mitti
gen Raute, die von den Buchstaben V und A im Zentrum
des Monogramms gebildet wird. Auffällig ist jedoch, dass
die beiden in Kassel gezeichneten Monogramme leicht von-
Sa Signumzeile und Monogramm; LAV NRW W, Stift Meschede Urkunde 1a, Ausschnitt
Sb Signumzeile und Monogramm; HStAM, Urk. 56 Nr. 2271, Ausschnitt
17
einander abweichen. ln der Hersfelder Urkunde (Abb. 8b)
lässt sich diese eigenhändige Unterschrift gut erkennen,
da der v-förmige A-Balken in anderer Strichstärke und hel
lerer Tintenfarbe eindeutig vom restlichen Monogramm
abweicht. Bei der Mescheder Ausfertigung (Abb. 8a) ent
spricht hingegen der geknickte Mittelbalken des A in Strich
stärke und Tintenfarbe der Linienführung der gesamten
Raute, während die horizontalen Striche, welche die Buch
stabenRund D5 mit den Ecken des zentralen Rhombus ver
binden, sehr dünn und hell wirken und damit vom Gesamt
bild abweichen. Deshalb könnte man also zunächst einmal
diese beiden feinen Querstriche für den königlichen Voll
ziehungsstrich halten.
Wolfhard Vahl, Archivoberrat am Hessischen Staats
archiv Marburg, hat jedoch in der Korrespondenz darauf
hingewiesen, dass dies der einzige Fall wäre, in dem König
Konrad I. nicht mit dem geknickten Mittelbalken des A sein
Monogramm komplettiert hätte. Bei genauerer Betrach
tung der Abbildung ist zudem festzustellen, dass der ver
wackelte horizontale Strich, der das R mit der Raute verbin
det, nur durch eine kräftige Knickfalte im Pergament, die
für das Foto nicht völlig geglättet werden konnte, verzo
gen ist und nicht- wie man verführt wäre zu vermuten -
der ungeübten Hand des Königs entsprang. Eine Überprü
fung am Originallässt erahnen, dass die wie gewohnt vom
Schreiber vorgezogenen Querstriche eigentlich eine glatte
Linie bilden. Auch wenn sie besonders dünn ausgefallen
ist, dürfte sie nicht als Vollziehungsstrich gedient haben.
Es ist daher mit Wolfhard Vahl davon auszugehen, dass
König Konrad I. auch die Mescheder Urkunde mit dem ge
knickten A-Balken unterfertigt hat.
Rechts daneben folgt, leicht nach unten versetzt, die
Rekognitionszeile mit dem Namen des Notars oder Kanz-
18
lers (Abb. 9a und 9b). Der verantwortliche Kanzler war
Bischof Salomon 111. von Konstanz, der stellvertretend (ad
vicem) für den abwesenden Erzkaplan Pilgrim die Ausfer
tigung beider Urkunden beglaubigte, also prüfte und ge
genzeichnete. Der Bischof, der bereits unter Konrads Vor
gänger im Herrscheramt, Ludwig IV. dem Kind, als Kanzler
amtiert hatte, war des Königs engster Berater und ein Ge
währsmann für die Fortsetzung karolingischer Tradition.
Formal stand Salomons Vorgesetzter Pilgrim, seit 907 Erz
bischof von Salzburg, Spross eines altbayrischen Adels
geschlechts und bereits von Ludwig IV. mit umfänglichen
Privilegien ausgestattet, kraft seines Amtes allen am Hof
tätigen Geistlichen vor. Denn Konrad hatte ihn 912 in die
allseits begehrte Erzkaplanwürde eingesetzt und damit,
strategisch geschickt, einen politisch einflussreichen Ver
bündeten im Südosten des Reiches nicht nur ausgezeich
net, sondern auch für die Zukunft an sich gebunden. So
wurden die Diplome im Namen des Erzbischofs rekognos
ziert, auch wenn der Amtsträger wegen der Pflichten in
seinem eigenen Erzbistum nur selten am Hof zugegen war.
Realiter übernahm deshalb der Kanzler, Bischof Salomon,
alle seine Funktionen in Kanzlei und Hofkapelle.
ga Rekognitionszeile; LAV NRW W, Stift MeschedeUrkunde 1a, Ausschnitt
gb Rekognitionszeile; HStAM, Urk. 56 Nr. 2271, Ausschnitt
Natürlich schrieb ein Leiter der Kanzlei solche Privile
gien nicht allein oder gar persönlich. Dem Verfassen und
der Reinschrift widmeten sich weitere Geistliche, die dem
Kreis der Hofkapelle angehörten, aber selten namentlich
bekannt sind, weshalb sie mit Buchstaben bezeichnet wer
den. Den in Kassel tätigen Schreiber bezeichnet die For
schung seit der Edition von Theodor Sickel als Salomon B
oder SB, was für den zweiten fassbaren Schreiber {B) unter
Kanzler Salomon (S) steht. 16 Wegen deshin Chassalla bzw.
Chasse/la wird eine oberdeutsche Herkunft vermutet. SB
begleitete den König wohl seit August 912, arbeitete nach
dem Diktat eines weiteren Kanzleimitglieds, das Konzept
und Stil prägte, und versah fortan fast alle Schreibarbeiten.
Dabei ist anzunehmen, dass sich die Kanzlei im Som
mer und Herbst 912, als der zur Rekognition ermächtigte
Notar Udalfried zum Bischof von Eichstätt befördert wur
de, insgesamt neu formierte. Der frisch hinzukommende
SB löste Udalfrieds erfahrenen Mitarbeiter Salomon A ab,
der über viele Jahre hinweg, und zwar von Ludwig IV. bis zu
Heinrich 1., in der königlichen Kanzlei nachzuweisen ist und
bis Ende August 912 immer wieder Niederschriften über
nommen hatte.17 SA, der auch als Diktator wirkte und an
hand der von ihm gestalteten Herrschermonogramme ein
deutig zu identifizieren ist, 18 erhielt später unter König
Heinrich I. sogar das Rekognitionsrecht, so dass wir seinen
Namen Sirnon kennen. Der Reinschreiber SB war, so die
bisherige Forschung, sein namenlos gebliebener Schüler.
Dieser Annahme eines einzigen Nachfolgers widerspre
chen neuerdings die Beobachtungen von Wolfhard Vahl,
der mich darauf hingewiesen hat, dass die von SB stam
menden und heute noch erhaltenen zehn Monogramme
allein wegen der Unterschiede im abschließenden Ds dif
ferenzierter zuzuweisen sind. Seiner Meinung nach ist es
möglich, die überlieferten Exemplare in drei Gruppen ein
zuteilen, die sich klar voneinander trennen lassen, auch
wenn sich ihre Anwendung zeitlich überschneidet. Dies
würde bedeuten, dass sie von drei verschiedenen, abwech
selnd oder zusammen in der Kanzlei arbeitenden Schrei
bern stammen, die man als Salomon B1 (MGH DD K l14-
16), Salomon B2 (MGH DD K I 22 und 29) und Salomon 83
(MGH DD K l2o, 28, 34-36) bezeichnen könnte. Die beiden
am 18. Februar 913 in Kassel ausgestellten Urkunden tragen
folglich Monogramme von der Hand des Salomon B1.
ln der Regel fand die Rekognitionszeile ihren Abschluss
im Siegel, dem königlichen Beglaubigungszeichen, das in
beiden vorliegenden Ausfertigungen fehlt. Davon übrig
geblieben istjeweils nur derdunkle Wachsabdruck um den
ehemals darunterliegenden Kreuzschnitt, der immer noch
das Auge auf sich lenkt. Selbstverständlich war die könig
liche Kanzlei für diese autorisierende Besiegelung zustän
dig, die festen Vorgaben folgte: Das zur Siegelführung be
rechtigte Mitglied machte, wie hier ausgezeichnet zu er
kennen ist (Abb. 1oa und 10b), einen Schnitt in das Perga
ment, zwängte dann das Wachs hindurch und drückte
zuletzt den Siegelstempel auf, dessen plastische Relief
darstellung reproduzierbar war. Die Dreidimensionalität
1oa Kreuzschnitt im Pergament; LAV NRW W, Stift Meschede- Urkunde 1a, Ausschnitt 1ob Kreuzschnitt im Pergament; HStAM,
Urk. 56 Nr. 2271, Ausschnitt
19
11 Drittes Siegel König Konrads I. an der Urkunde von
912 Juli 1, ausgestellt in Frankfurt für die Reichsabtei Fulda; HStAM, Urk. 75, Nr. 61; MGH DD K I 8
12 Viertes Siegel König Konrads I. an der Urkunde von
912 April12 für die Reichsabtei Fulda, später besiegelt;
HStAM, Urk. 75, Nr. 6o; MGH DD K l7
20
dieses Bildzeichens zog, ähnlich wie das skriptural geform
te Monogramm, die besondere Aufmerksamkeit des Be
trachters auf sich. 19 So spiegelt dieser letzte Urkunden
abschnitt, der den Rechtsinhalt absichert und erhöht, nicht
nur die Alltagsgeschäfte der Kanzlei, sondern vor allem die
Macht und die Autorität des Herrschers wider.
Das ursprünglich angebrachte Rundsiegel ist von jeder
der beiden Urkunden entweder abgefallen oder abgeris
sen worden. Es muss jedoch dem dritten Herrschersiegel
Konrads entsprochen haben, das - nachdem die ersten
beiden provisorischen Siegelstempel, die, recht grob und
schematisch gearbeitet, offensichtlich nur kurze Zeit zum
Einsatz gekommen waren- vom April 912 bis mindestens
zum Corveyer Rechtsakt vom 3· Februar 913 in Gebrauch
war (Abb. 11).20 Immerhin stammen die beiden in Kassel
ausgestellten Privilegien vom Schreiber SB, der schon 15
Tage zuvor in Corvey tätig war, wo er das dritte Siegel be
nutzte. Ein neues, nur leicht abweichendes, aber noch fei
ner ausgeführtes viertes Typar Konrads ist erst vom 24. Mai
914 an nachweisbar,21 könnte aber bereits früher verwen
det worden sein. Eine der beiden Fuldaer Urkunden vom
12. April 912 ist erst später mit diesem vierten Siegel ver
sehen worden (Abb. 12)Y
ln beiden Versionen präsentiert sich Konrad in spät
karolingischer Tradition als stehende Halbfigur, den Ober
körper fast frontal, während der Kopf gleichsam antikisie
rend nach links ins Profil gedreht istY Die auffällig große
und gerade Nase sowie ein eindrucksvolles Auge beherr
schen das bartlose Gesicht. Im strähnig leicht nach hinten
gebürsteten Haar, das oberhalb des Nackens endet, ist eine
einfache Krone zu erkennen, von der, wie der Wachsab
druck von 912 bezeugt, mehrere Iiiien- oder kreuzförmige
Aufsätze emporragen. Der reich gegliederte Mantel, der
den Oberkörper bedeckt, wird auf der rechten Schulter von
einem Knoten bzw. einer Fibel gehalten. Der rechte Arm ist
stark angewinkelt, seine Hand hält eine dünne, das ganze
Siegelbild samt Umschrift durchquerende Lanze, an der
oberhalb der rechten Schulter ein Fahnentuch weht. Die
verdeckte Linke trägt den Schild, dessen gewölbte Vorder
seite erst im vierten Typar gebuckelt, also mit einer runden
Wölbung versehen, dargestellt ist. ln bewusster Anknüp
fung an seine Vorgänger hatte Konrad I. diese Halbkörper
abbildung in kriegerischer Haltung entwickeln lassen. Die
Schrägen von Lanze und Schild umrahmen den Siegelführer
und erhöhen sein proportionalleicht vergrößertes Haupt.
Die schlichte Umschrift, die nur die oberen zwei Drittel
ausfüllt, betont Namen und Titel:+ CHVONRADVS REX.
Gegenüber dieser monumentalen Zurschaustellung herr
scherlicher Erhabenheit verliert die letzte Zeile der Be
urkundungen visuell an Bedeutung. Sie enthält die Datie
rung mit Zeit und Ort, die, wie immer bei mittelalterlichen
Herrscherurkunden, in mehrfacher Form erfolgte. ln den
vorliegenden Exemplaren datierte der Schreiber jeweils
nach vier Arten: 24 dem römischen Kalender, der Inkarna
tion, der Indiktion und dem Regierungsjahr.
Die erste Angabe "Gegeben am 12. Tag vor den Kalen
den des Märzes" (Abb. 13a und 13b) richtet sich nach dem
antiken römischen Kalender, der bestimmte Monatstage
13a Datierung nach dem römischen Kalender; LAV NRW W, Stift Meschede - Urkunde 1a, Ausschnitt
13b Datierung nach dem römischen Kalender; HStAM, Urk. 56 Nr. 2271, Ausschnitt
für die Berechnung weiterer Tage nützte. Hier handelt es
sich um den zwölften Tag vor dem 1. März, wobei die Zäh
lung mit dem Festdatum selbst begann.
Die zweite Datierungsform war die christliche Zeitrech
nung, das Jahr der Inkarnation oder Geburt Christi "im Jahr
der Fleischwerdung des Herrn 913" (Abb.14a und 14b).
14a Datierung nach lnkarnationsjahr; LAV NRW W, Stift Meschede Urkunde 1a, Ausschnitt
14b Datierung nach lnkarnationsjahr; HStAM, Urk. 56 Nr. 2271 , Ausschnitt
Die dritte Datierung erfolgte nach der Indiktion, einem
aus der Spätantike stammenden Steuerzyklus, der häu
figsten Jahresangabe in der europäischen Vormoderne
(Abb. 15a und 15b). Das rechnerische Bezugsjahr lag drei
Jahre vor der christlichen Zeitrechnung und eine Einheit
umfasste jeweils fünfzehn Jahre, so dass die neue Indiktion
im 62. Zyklus mit dem Jahr 913 begann.
15a Datierung nach Indiktion; LAV NRW W, Stift Meschede - Urkunde 1a, Ausschnitt
15b Datierung nach Indiktion; HStAM, Urk. 56
Nr. 2271 , Ausschnitt
21
Zuletzt nennt der Notar noch das Regierungsjahr, das
zweite Jahr der Herrschaft des Herren Konrad, der zu die
sem Zeitpunkt das Reich seit 15 Monaten lenkte (Abb. 16a
und 16b).
16a Datierung nach Regierungsjahr; LAV NRW W, Stift Meschede
Urkunde 1a, Ausschnitt 16b Datierung nach Regierungsjahr; HStAM, Urk. 56 Nr. 2271, Ausschnitt
Die Nennung des Ausstellungsortes (Abb. 2a und 2b)
und ein flüchtiger Segenswunsch beschließen beide Aus
fertigungen, die der großzügig gewährende Befehlsgeber
den demütig empfangenden Bittstellern übergab. Auch
dies war Teil der Kommunikation, die - wie Hagen Keller
herausgearbeitet hat25- das Einvernehmen zwischen dem
Herrscher und seinen Getreuen konsolidierte. Ferner ver
raten die situationsbedingt angepassten Formeln, dass
Konrad die Diplome gezielt als Mittel seiner Politik ein
setzte und es verstand, damit bei Bedarf um Anhänger und
Unterstützer zu werben.26 Da wir nicht wissen, welche der
beiden Urkunden Konrad I. am 18. Februar 913 zuerst aus
gestellt hat, besitzt Kassel bekanntlich zwei Ersterwäh
nungsurkunden.
22
Der reisende König und sein Hof
Gerade weil der König die Diplome in Kassel ausstellen
ließ, stellt sich die Frage, was ihn überhaupt an diesen Ort
geführt hat und in welcher Gesellschaft er sich befand.
Denn am Ausstellungsort war kein Bischofssitz und auch
kein Kloster, sondern allenfalls ein einfacher Königshof, in
dem der Herrscher auf seinen Reisen Halt machen konnte.
Ebenso wie die anderen Könige des Früh- und Hochmittel
alters hatte auch Konrad I. keine zentrale Residenz, um das
Reich dauerhaft zu verwalten. Er zog mit dem Hof durch
sein Herrschaftsgebiet und fand Unterkunft bei Bischöfen,
in Klöstern, in Wohnsitzen adeliger Unterstützer oder in
königlichen Pfalzen oder Wirtschaftshöfen. Ein solcher
Königshof konnte in der Regel den König und seine engere
Umgebung aufnehmen. Das übrige Gefolge lagerte meist
auf dem freien Feld. So wurden die Amtsgeschäfte gleich
sam im Umherreisen erledigt.
Der Franke Konrad war der erste ostfränkische Herr
scher, der nicht der Familie der Karolinger angehörte. Nach
seiner Wahl am 7./10. November 911 war es keine leichte
Aufgabe, die verschiedenen Teile des Ostfrankenreiches
zusammenzuhalten und davon Besitz zu ergreifen Y Die
Gründe für die ständige Mobilität liegen deshalb auf der
Hand: Gerade in den Krisengebieten, aber auch bei seinen
Anhängern musste er Präsenz zeigen, um seine Herrschaft
auszuüben und sie vor Ort durchzusetzen. Durch seine An
wesenheit schuf er Recht und Ordnung, denn im Vergleich
zur Moderne fehlten damals Gewaltmonopol, Gewalten
teilung und institutionalisierte staatliche Strukturen. Schon
der Umritt nach der Krönung war eine Herrschaftspraxis,
um die Huldigungen der wichtigsten Herrschaftsträger zu
empfangen. Die Zusammentreffen mit den Großen des
Reiches, die an den Hof kamen, wenn der König in der
Nähe war, waren wichtig, um politische, verwaltungstech
nische und juristische Fragen zu besprechen. Ziel dürfte es
gewesen sein, immer wieder Konsens durch Beratung zu
erreichen. Die Großen suchten dabei nach günstigen Ge
legenheiten, um sich die alten Privilegien der Vorgänger
neu bestätigen zu lassen oder sogar eine Erweiterung ihrer
Besitzungen und Rechte für die geleisteten treuen Dienste
zu erbitten.
Ferner wäre es vermutlich schwierig gewesen, das Ge
folge und die wechselnde Besucherschaft dauerhaft an
einem einzigen Ort zu verpflegen, wiewohl die Königs
güter, die sog. Tafelgüter, der höfischen Versorgung dien
ten. Auch wenn Konrad -wie jeder andere König -seine
Kernlandschaften und Lieblingspfalzen hatte, in denen er
längere Winter- oder Festtagsaufenthalte einlegte, sollte
keine Region zu stark belastet werden. Das Reisekönigtum
war deshalb eine komplexe Angelegenheit; die Routen
mussten sorgfältig geplant und die Aufenthaltsorte recht
zeitig vorbereitet werden.
Die Abfolge der erhaltenen Urkunden erlaubt es uns
heute, die Reisebewegungen des Königs durch das Reich
nachzuvollziehen und in einer Karte zu veranschaulichen
(Abb. 17).28 Nach intensiven Bemühungen um die Etablie
rung seiner Herrschaft, einer regen Reisetätigkeit und
zahlreichen Privilegienverleihungen im ersten Regierungs
jahr lagerte Konrad I. im Winter 912/913 vermutlich im
Hessengau oder im Lahngau, den mainfränkischen Stamm
landen der Konradiner, wo er zuletzt am 28. November in
seinem Eigenstift Weilburg eine Schenkung ausgestellt
hatte.29 Für Dezember und Januar können wir seine Wege
nicht bestimmen. Erst am 3· Februar finden wir ihn in
Corvey im Herzogtum Sachsen wieder, dem nördlichsten
Punkt seines ltinerars,30 ehe er - sei es zu Pferd über die
winterlich verschneiten Straßen oder teilweise auch zu
Schiff über die zeitig aufgetauten Flüsse Weser und Fulda
-nach Kassel und dann an den oberen Rhein weiterreiste.
Am 12. März urkundete er bereits in Straßburg,31 um von
dort aus zu seinem (innerhalb Jahresfrist) dritten Feldzug
nach Lothringen aufzubrechen, denn er wollte das Land,
das den Konradinern während der Thronvakanz von 911 zu
sammen mit Familienbesitz entglitten war, vom westfrän
kischen König Karl dem Einfältigen zurückerobern.
Auf einem solchen Zug reiste der König nicht allein,
sondern mit seinem Gefolge, dessen Zusammensetzung
sich für den Aufenthalt in Kassel nur vage rekonstruieren
lässt: Ein treuer Begleiter war Bischof Salomon 111. von
Konstanz, der Kanzler, der für die Ausfertigung unserer
beiden Urkunden verantwortlich zeichnete. Der schwä
bische Bischof, der bis Frühjahr 913 in fünf Diplomen inter
venierte, war anfangs oft am Königshof, bis ihn seine Feh
de gegen den mächtigen schwäbischen Adligen Erchanger
ganz in Beschlag nahm und der König ihn 914 sogar aus
dessen Gefangenschaft befreien musste. Zweifellos war
zumindest noch ein anderer Kanzleigeistlicher anwesend,
der oberdeutsche Reinschreiber SB, möglicherweise auch
dessen Lehrer Simon, der Diktator SA.
Den Hof in Kassel müssen freilich noch weitere Per
sonen aufgesucht haben, nämlich die Bittsteller und Für
sprecher der privilegierten Institutionen zusammen mit
ihrer jeweiligen Eskorte, insbesondere Graf Hermann von
Werl als der hochrangige Petent für die Stiftsdamen von
Meschede. Ob Erzbischof Hatto von Mainz erneut als Für
sprecher für Hersfeld auftrat, ein Vertreter des Klosters
selbst die Hersfelder Bitte vortrug oder Konrad sogar einen
eigenen Plan realisierte, lässt sich angesichts der vagen
Andeutung "sind wir daran erinnert worden" (admoniti
23
SACHSEN
--ltmerar -- 911 bis 913 } .
-- 914 bis 915 • ----. Itinerar o•'-"~=--t -- 916 bis 918 '
e Aufenthalt ohne Beurkundung
+ Bischofssitz
A. Kloster
• Königsgut
24
Aufenthalte König Konrads I. 911-918
1 Aachen 14 Lorsch Juni? 912 22.Juni 913
2Aitheim 15 Neuburg 20.? September 916 6. Juli 916
3Arbon 16 Ötlingen 29. Dezember 911 21 . Januar 917
4 Badman 17 Oferdingen 11. Januar 912 September? 914 25. September 912
18 Regensburg 5 Corvey 29. Juni 916 3· Februar 913
19 St. Gallen 6 Forchheim 26.-29. Dezember 911 10. November 911 24./25. Mai 914 20 Straßburg 9· September 918 14. März 912
12. März 913 7 Frankfurt 1. Juli 912 21 Trebur 8. August 912 August? 912 ].Juni 914 12. September 918 8. Februar 915 4· Mai 916 22Twiel 3· November 917 März/April? 915 21. April 918
23Uim 8 Fulda Januar/Februar? 912 12. April 912 3· Oktober 912
9 Grane 24 Velden Mai/Juni? 915 5· März 912
10 Heiligenberg 25 Weilburg 23. August 912 28. November 912
24. Apri1914 11 Hersfeld 9-Juli 914 24. Juni 918 9· August 915
12 Kassel 26 Würzburg 18. Februar 913 6. November 915
4·15· Juli 918 13 Konstanz 25. Dezember 911
17 Itinerar Konrads I. 911-918; Karten
entwurf nach einer Vorlage des Von
derau Museums Fulda, Überarbeitung
Bernhard Wollborn
sumus) nicht belegen. Möglicherweise hatte Hatto, der
vorbehaltlose Unterstützer Konrads und entschiedene
Gegner der sächsischen Liudolfinger, den König sogar mit
eindrucksvoller Gefolgschaft auf seiner Reise nach Corvey
begleitet. Jedenfalls ist anzunehmen, dass man in diesen
Tagen über die Vorgänge im sächsischen Herzogtum be
riet. Die Nachfolge des am 30. November verstorbenen
Herzogs Otto von Sachsen, des mächtigsten Rivalen Kon
rads, muss der Grund für die Anwesenheit des Königs im
Norden gewesen sein. Ottos Sohn Heinrich, der das Herzog
tum übernommen hatte und später als Heinrich I. sogar
Nachfolger im Königsamt werden sollte, wollte seine Aner
kennung als Herzog erzwingen; im Übergriff auf Interessen
gebiete der Komadiner und auf Besitzungen der Mainzer
Kirche in Sachsen und Thüringen war er dabei sofort mit
König Konrad und Erzbischof Hatto in Konflikt geraten.
Es ist kaum daran zu zweifeln, dass Konrad plante, die
Situation im Norden vor dem geplanten Lothringenfeldzug
zu beruhigen und die sächsische Machtausweitung ein
zudämmen. Die spätere Geschichtsschreibung hat Hattos
Rolle im Konflikt zwischen beiden Geschlechtern mit Skan
dalgeschichten ausgeschmückt und den weiter anhalten
den Dissens auf sein Wirken zurückgeführt. Der etwa fünf
zig Jahre später schreibende sächsische Chronist Widu
kind32 unterstellte dem Mainzer Erzbischof sogar einen
hinterlistigen Mordanschlag, bei dem eine als Gastgeschenk
überreichte Goldkette während eines Versöhnungsessens
dazu dienen sollte, die vom Herzog angestrebte Führung
im Reich zu verhindern. Auch wenn die Erzählungen um
den Mainzer übertrieben scheinen, könnte Hatto gemein
sam mit dem König nach Norden gereist sein, um ihm bei
den schwierigen Verhandlungen in Corvey tatkräftig zur
Seite zu stehen. Zu den Ergebnissen dieser in ihrem Kern-
anliegen, der Friedenswahrung, gescheiterten Expedition
gehörte jedenfalls, dass der junge Liudolfingerherzog aus
den umkämpften thüringisch-sächsischen Grenzzonen zu
den Komadinergebieten weichen musste und Hersfeld
seine Immunität mit dem Recht auf freie Abtswahl zurück
erhielt. Letzteres wurde dann in Kassel beurkundet, bevor
sich die Wege der beiden Verbündeten wieder getrennt
haben könnten .
Der Ausstellungsort Kassel
Für die Ortsgeschichte von Kassel besitzen die Dokumente
eine doppelte Bedeutung: Es handelt sich erstens um die
ältesten schriftlichen Belege für die Existenz einer Ansied
lung, aus der heraus sich die Stadt Kassel entwickelte. Kas
sel trat damit aus dem Schatten der Schriftlosigkeit. Die
Angaben sagen uns zweitens, dass der König hier verweilte,
es also eine königliche Unterkunft gegeben haben muss.
Dabei ist zu vermuten, dass am Standort der heutigen
Stadt Kassel im Jahr 913 ein Königshof existierte, der wie
derum einen grundherrschaftliehen Güterkomplex voraus
setzte.
Ansonsten wissen wir vergleichsweise wenig über die
Anfänge Kassels. Über Alter und Bedeutung des Orts
namens können wir nur spekulieren. Früher wurde oft an
genommen, dass die älteste hier überlieferte Form Chas
sal/a oder Chasse/la entweder vom lateinischen Begriff
casteil um abgeleitet ist oder ein Gewässername einfach auf
die Siedlung übertragen wurde. Beides ist inzwischen un
wahrscheinlich geworden. Der Ursprung scheint eher auf
einen alten Flurnamen zurückzugehen, welcher der ältes
ten germanisch-deutschen Ortsnamenschicht entstammen
dürfte. Als Teil einer Ortsnamengruppe mit e/ als Suffix
dürfte Cassel/a, wie Christian Presche in seiner Dissertation
25
• vor 1180
1140-1180 ~ ~
$~~ 1180-1200
1200-1264
0 1264-1328
18 Stadtplan Kassel , Entwicklungsphasen bis 1180; Entwurf nach einer Vorlage von Christian Presche
aufgezeigt hat,33 immerhin auf die Chatten, also die vor
fränkische Zeit, zurückgehen, zumalsich deren Siedlungs
gebiete mit den Verbreitungsgebieten jener Ortsnamen
gruppe weitgehend überschneiden. Der Name Kassel diente
wohl als Flurbezeichnung in der Nähe von Gewässern ver-
26
einzelt auch einer Lokalisierung, ohne dass damit die in
haltliche Bedeutung des Begriffs genau erfasst wäre.
Wie bereits angedeutet, legen die Ortsangaben in bei
den Urkunden einen Königshof mit einem grundherrschaft
liehen Güterkomplex nahe (Abb. 18).34 Über das Aussehen
19 Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung mit Regierungspräsidium Kassel; Fotografie Christian Presche
dieses Kasseler Hofes wissen wir nur wenig, außer dass er
vermutlich mit einer bäuerlichen Siedlung in der Gegend
des Marställer Platzes verbunden war und in dessen Süd
westen gelegen haben mag. Als Hof (curtis) wurde damals
sowohl die königliche Hofhaltung als auch der zentrale
Wirtschaftshof einer Grundherrschaft (Villikation) bezeich
net, aus deren Erträgen der König sich und sein Gefolge
während eines Aufenthaltes versorgen konnte. Dieser land
wirtschaftlich bestimmte Gutshof mit Ställen für die Vieh
haltung, Scheunen zur Lagerung von Vorräten, Arbeits
häusern zum Backen, Brauen und Weben sowie Werkstät
ten für Handwerker wurde in der Abwesenheit des Herr
schers von einem Meier oder vil/icus bewirtschaftet, der
Verwaltung und Rechtsprechung in einer Hand vereinte.
Eine verkehrsgünstige Lage der Domäne konnte dazu bei
tragen, einen lokalen und mitunter sogar regional aus
strahlenden Stützpunkt für Verwaltung und Gewerbe zu
schaffen sowie den Nachschub für den in Bewegung be
findlichen königlichen Hof und sogar das Heer in der enge
ren Umgebung zu gewährleisten. Bereits in der zweiten
Hälfte des 8. Jahrhunderts dürfte sich neben dem Königs
hof auf dem Plateau des späteren Altmarkts und an der
Ahnamündung eine gewerbliche Siedlung entwickelt haben.
Zum Anwesen selbst gehörte in der Regel ein abhän
giger Untertanenverband, die familia, mitunter auch eine
Kirche und vor allem ein pa/atium, ein aus Stein erbauter
Komplex zur Seherbergung des Königs.35 Dieser Bau könnte
sich auf einem Geländesporn an der Stelle befunden ha
ben, die heute vom Regierungspräsidium eingenommen
wird (Abb. 19). Unsere beiden Urkunden könnten somit
genau dort ausgestellt worden sein. Die hervorgehobene
Positionierung dürfte eine Kontinuität vom königlichen
Palatium hin zur späteren gräflichen und landgräflichen
Burg begünstigt haben.
27
Die Holzbauten des Wirtschaftshofes selbst (curtis) sind
deutlich schwerer zu verorten. Sie müssen an anderer Stelle
gelegen haben, wobei eine Lokalisierung auf dem erhöh
ten Ahnaberg - eine These, die zuletzt noch Karl Heine
meyer stützte36 - aus topografischen Gründen ausscheiden
dürfte. Denn Christian Presche hat herausgearbeitet, dass
der Ahnaberg jenseits einer hochwassergefährdeten Senke
lag, was bedeutet, dass in diesem Fall der Zugang zur curtis
über die feuchten Niederungen immer wieder gefährdet
gewesen wäre.37 Mit höchster Wahrscheinlichkeit ist des
halb von einem Standort in der Nähe des Pa Iatium im Areal
zwischen Steinweg und Marställer Platz auszugehen.
Ein zweiter Aufenthalt Konrads I. (911-918) in Kassel ist
nicht belegt. Erst 940 machte wieder ein König in Cassella
halt, dem Ort, an dem Otto I. nicht nur eine Schenkung ur
kundlich bestätigte, sondern späteren Geschichtsschrei
bern zufolge einige Jahre danach, möglicherweise 945,
auch einen Streit zwischen Hermann von Schwaben und
Konrad von Lothringen , zwei Herzögen seines Reiches, bei
gelegt haben soll.38 1008 übertrug König Heinrich II. den
Kasseler Herrenhof mit allen abhängigen Bauernstellen
und zugehörigen Ländereien seiner Gemahlin Kunigun
de.39 Die Schenkung bildete die Entschädigung für Bam
berger Besitzungen, die der König seiner Frau als Morgen
gabe, also als Heiratsgut am Morgen nach dem Beilager,
überlassen und später dann anderweitig genutzt hatte.
Kurz darauf verlegte er die königliche Hofhaltung - also
zumindest das pa/atium, nicht unbedingt den Kasseler
Wirtschaftshof- nach Kaufungen, das nun zum Ziel der
königlichen Reisen wurde.
Am Standort des heutigen Kassels blieb eine befestigte
Siedlung zurück, die vielleicht den königlichen Wirtschafts
hof, aber vielleicht auch nur einen kleineren Nebenhof um-
28
fasste. ln jedem Fall stand Kassel fortan in Konkurrenz mit
dem aufsteigenden Kaufungen und seinem Königshof.40
Nach Kassel kamen die Könige erst im ausgehenden 11. und
im 12. Jahrhundert zurück. Gegen Mitte des 12. Jahrhun
derts lässt sich die Kasseler Siedlung erneut in den Quellen
fassen, nun aber unter anderen Vorzeichen, denn das
königliche Lehen war in den Jahren um 1152/54 in den Be
sitz der thüringischen Landgrafen übergegangen.41 Mit
einem Neubau der Burg und der Gründung eines mit Pri
vilegien versehenen Prämonstratenserinnenstifts auf dem
Ahnaberg scheint Graf Heinrich Raspe II. Kassel ausgebaut
zu haben, nachdem sich seine Mutter Hedwig , Witwe
Landgraf Ludwigs I. von Thüringen, mit ihrem damals noch
minderjährigen jüngeren Sohn dort niedergelassen hatte.
Dies war in einer Zeit, als die Machthaber daran interessiert
waren, Städte zu gründen, und gleichzeitig darauf abziel
ten, die territoriale Herrschaft zu sichern, die Verwaltung
zu verdichten und den Raum wirtschaftlich zu erschließen.
Bei diesem Prozess der Urbanisierung scheint Kassel den
Markt Kaufungen geschlagen zu haben. Der Text einer nicht
datierten, aber spätestens im Juni 1189 ausgestellten land
gräflichen Urkunde bezeichnet Kassel als Stadt (civitas). Auch
dieses Mal haben wir keine Gründungsurkunde, sondern er
neut ,nur' ein Privileg für eine klösterliche Gemeinschaft, das
Prämonstratenserstift von Spieskappel im heutigen Schwalm
Eder-Kreis.42 Mit diesem befreite Landgraf Ludwig 111. die
Brüder und Schwestern von allen Zöllen und Abgaben, die
sie vorher beim Einkauf von Lebensmitteln, Bekleidung
und anderen Gütern in seinen Städten (civitates) zu zahlen
hatten; außer den hessischen Städten Kassel und Münden
gehörten dazu nur noch die thüringischen civitates Creuz
burg, Eisenach, Gotha und Breitungen, die allesamt erst im
vorausgehenden Jahrzehnt ausgebaut worden waren.
Vom Königshof zur Stadt- zum Inhalt des Bandes
Spätestens mit diesem Landgrafenprivileg begann ein neuer
Abschnitt auf dem Weg vom Königshof zur Stadt, gewis
sermaßen die eigentliche Stadtgeschichte Kassels, mit der
sich die nachfolgenden Beiträge dieses Bandes beschäf
tigen werden. Ziel ist es, einige ausgewählte Probleme der
mittelalterlichen Entwicklung zu veranschaulichen. Nur
Caspar Ehlers erörtert zunächst noch die Funktion des
Kasseler Königshofes für das Königtum und das Reichsgut,
um die urkundlichen Ersterwähnungen von 913 in den
Zusammenhang des Reiches und der damit verbundenen
übergreifenden Raumkonzepte einzuordnen.
Anschließend behandelt Christian Presche wichtige stadt
historische Grundlagen. Er thematisiert die Entwicklung
von Stadtgrundriss und Stadtplanung im Kassel des 12. bis
14. Jahrhunderts, um die städtebaulichen Eingriffe in die
natürliche Topografie als Mittel einer komplexen Stadt
planung vorzustellen. Zudem unternimmt er erfolgreich
den Versuch, die Bedeutung, Entwicklung und Zusam
mensetzung des Stadtrats sowie die Stadtorganisation des
12. bis 15. Jahrhunderts zu beleuchten, indem er die poli
tischen Konflikte im Zuge der Emanzipation vom Stadt
herrn, die Umstrukturierungen in den drei Teilstädten Alt
stadt, Unterneustadt und Freiheit bis zu deren Vereinigung
zwischen Mai 1377 und Juni 1378 sowie die weiteren Aus
einandersetzungen zwischen Rat, Patriziat, Gemeinde und
Landgrafen darstellt.
Zwei weitere Beiträge widmen sich den Themenfeldern
Recht und Kirchenwesen. Gisela Naegle skizziert die Ent
wicklung des Kasseler Stadtrechts von der ersten überlie
ferten Verschriftlichung 1239 bis zu den Regelungen gegen
Ende des 15. Jahrhunderts. Dabei entwirft sie ein anschau
liches Bild von dem sich immer wieder wandelnden Auto-
nomiespielraum der Stadtgemeinde und den erfassten
Rechtsbereichen, die von Friedensregelungen und Zunft
gesetzen bis hin zu Luxusgesetzgebung und Ehe- und
Erbvorschriften reichten. Christian Philipsen beleuchtet
die kirchliche Struktur der Stadt, insbesondere die altstäd
tische Pfarrkirche St. Cyriakus und andere geistliche In
stitutionen wie das Elisabethhospital und das Karmeliter
kloster. Dabei betrachtet er die Stadt als Sakralgemein
schaft, deren Begründung im christlichen Glauben sich in
Frömmigkeit und reichen Stiftungen äußerte.
Zuletzt geht es um die Mittelalterrezeption in der Ge
schichtsschreibung an der Wende zur Neuzeit und um die
noch erhaltenen Zeugnisse im heutigen Stadtbild. Thomas
Fuchs erläutert, wie und warum sich die mittelalterliche
Stadtgeschichte in den hessischen Landeschroniken des
15. und 16. Jahrhunderts von Wigand Gerstenberg und
Johannes Nuhn bis zu Wigand Lauze und den Hessischen
Congeries nur unter dem Vorzeichen der landgräflichen
Herrschaft niederschlug, so dass die Stadt nahezu bis zum
Bruch des 18. Jahrhunderts mit den älteren Traditionen als
Objekt fürstlichen Handeins imaginiert wurde. Zuletzt er
klärt Kari-Hermann Wegner auf eindrückliche Weise die
noch verbliebenen baulichen und bildliehen Zeugen mit
telalterlicher Stadtgeschichte im heutigen Kassel. Sein Ziel
ist es, den durch konfessionelle Prägung, Zerstörung und
Wiederaufbau verstellten Blick auf die Vergangenheit wie
derzubeleben und ein Bewusstsein für die- ihres ehema
ligen Kontexts beraubten- historischen Objekte zu schaf
fen.
Stadtgeschichte und Geschichtsbewusstsein
Die diesjährigen Feierlichkeiten geben zuletzt noch einen
Anstoß, abschließend nach dem Umgang mit Jubiläen und
29
20 AdolfWagner, König Konrad 1. , Festpostkarte zur Tausendjahrfeier 1913; Kassel, Stadtmuseum, lnv. Nr. Po 0333.01
Vergangenheit zu fragen und die vorliegenden Ausführun
gen mit einem kurzen Rückblick auf die Tausendjahrfeier
im Jahr 1913 zu verbinden. Damals hat die aufblühende
Großstadt Kassel das tausendjährige Bestehen ausgiebig
gefeiert: Es erschien nach allerhand Kontroversen nicht nur
Hugo Brunners ,Geschichte der Residenzstadt Cassel',43 son
dern es gab im September auch einen historischen Fest
zug, bei dem Zehntausende von Menschen die Straßen der
Innenstadt säumten. Bei diesem Umzug begeisterten gleich
sam wiederauferstandene Landgrafen aus den verschiede
nen Jahrhunderten in historischen Kostümen die Kasseler
Bevölkerung. Geschichte sollte greifbar werden: Der Drang
zum Nachspielen und Nachstellen historischer Episoden
war übermächtig. Posaunenchöre weckten am Morgen die
Bürgerschaft; Fanfarenklänge riefen zum Festakt im Rat
haus mit großen Reden und musikalischen Einlagen.
30
Am Vorabend des Ersten Weltkriegs feierte Kassel sich
selbst. Der Stadtbibliothekar und Archivar Paul Heldeibach
verherrlichte später noch die große Einigkeit der Bürger
schaft, die "in starkem Gefühl der Zusammengehörig
keit"44 verbunden war. Selbst Jörg Adrian Huber rühmt
noch heute, höchst unkritisch und wenig reflektiert, diese
Gemeinschaft der Kasseler Bürger, die- seinen Worten zu
folge - in den nachkommenden Jahren des Ersten Welt
kriegs "mehr als nötig" war.45 Damit schreibt er dem Jubilä
um eine Funktion zu, die weit über gemeinsame Feierlich
keiten hinausging und politische Dimensionen erlangte.
Eine farbige Ansichtskarte, deren Original in mehreren
Exemplaren im Kasseler Stadtmuseum zu bewundern ist,
zeigt das Geschehen (Abb. 20 ). Entworfen hat sie der Kas
seler Buchillustrator, Historien-, Tier- und Landschaftsmaler
Adolf Wagner (1861-1933), der nach einem Kunststudium
in Kassel, Düsseldorf, München, Berlin und Straßburg von
1894 bis 1924 als Zeichenlehrer an der Kasseler Akademie
wirkte, wo er 1906 zum Professor befördert wurde.46 Die
Karte selbst ist das erste Exemplar einer Serie, die zur Tau
sendjahrfeier 1913 erschien und verschiedene Szenen aus
der Stadtgeschichte in der Manier der Historienmalerei des
19. Jahrhunderts wiederbelebte. Druckvorlage dürfte, nach
freundlicher Auskunft von Kari-Hermann Wegner, wahr
scheinlich ein Aquarell gewesen sein.
Die Inszenierung zeigt Geschichte in völlig idealisierter
Form: den König in übertrieben wertvoller Amtstracht mit
Krone und Goldumhang auf seinem klappbaren Reisethron,
um ihn herum die Mitglieder seines Hofstaats in römischer
Toga und mit nahezu preußischen Helmen; vor ihm kniet
ein Bittsteller, dem er ein Schriftstück überreicht. Das His
torien bild entspringt selbstverständlich der Phantasie. Es
zeigt einen König, der ein Diplom überreicht, während
zwei Geistliche seiner Kanzlei im Hintergrund eine weitere
Urkunde betrachten und die damals anwesenden Vertrau
ten nicht zu identifizieren sind. Dafür sind, den Vorstellun
gen der modernen Stadtbürger entsprechend, die wehr
haften Wachen mit Rüstung, Schild, Lanze und Umhang
bizarr in Szene gesetzt.
Wie und warum verändern sich also Geschichtsdarstel
lungen im Laufe der Zeit? Ein Jubiläum beinhaltet immer
auch einen Blick zurück in die Geschichte, zurück in eine
Zeit, aus der unsere Vorfahren kommen. Doch wie vermit
teln wir die Vergangenheit und mit welchem Ziel? Soll
Geschichte nachgespielt und dargestellt werden, auch
wenn wir nicht wissen, was vorgefallen ist? Soll ein Königs
hof, dessen Gestalt wir nicht kennen, nachgebaut werden?
Was bringt uns also dieser Blick zurück in eine Zeit, in der
Kassel seine Konturen gewann? Was ist der Grund dafür,
dass wir solche Jubiläen begehen?
Sie sind -verkürzt formuliert- Teil einer Selbstverge
wisserung, einer Selbstverortung im Ablauf von Vergan
genheit, Gegenwart und Zukunft. Attraktiv am Mittelalter
scheint seine Andersartigkeit zu sein: der Blick zurück in
fremde Welten, die ihren Reiz in Buntheit, unbeschwertem
Genuss und Ursprünglichkeit finden -ganz im Gegensatz
zur Komplexität und Unüberschaubarkeit unserer heu
tigen technisierten Welt. Nicht zuletzt deshalb gehört es
zum Brauch von Politik und medialem Betrieb, Vergangen
heit unter aktuellem Zugriff zu thematisieren, ja sogar Ge
schichte als Mittel der Politik zu verwenden. Konkret be
nannte dies etwa Hans Filbinger (1913-2007) im Kontext
der Eröffnung der Staufer-Ausstellung, welche die Landes
regierung von Baden-Württemberg anlässlich des 25-jähri
gen Jubiläums ihres Bundeslandes im Jahr 1977 ins Leben
gerufen hatte. Damals war intendiert, im Rückblick auf die
berühmten Staufer auch die "geglückte Staatsbildung im
deutschen Südwesten"47 zu feiern und damit letztlich die
Vereinigung von Schwaben und Badenern historisch zu
legitimieren.
Schon immer wurde diese heile Welt aber nicht nur mit
Bewunderung betrachtet, sondern auch mit ideologiekriti
schem Misstrauen.48 Man vermutete Nostalgie und Flucht
vor den Problemen der Gegenwart, die Entmündigung des
Individuums, eine religiös motivierte Politik und deren
negative Folgen. Das Schlagwort ,Zurück ins Mittelalter'
für vermeintlich mittelalterliche Zustände (achten Sie hier
einmal auf die Sprache der Medien) signalisiert die Abkehr
oder gar eine Bedrohung der Errungenschaften der Moderne.
Das Mittelalter also zwischen Aneignung und Absto
ßung? Wie finden wir heute zwischen all diesen Wertun
gen unseren Platz? Zwar können die Nachbauten histori
scher Gebäude und das Nachspielen historischer Ereignisse
einen Eindruck davon vermitteln, wie die Existenzbedin
gungen der Menschen vor 1.100 Jahren aussahen und wie
das Zusammenleben in einer solchen Gesellschaft organi
siert war. Es können auch Vergleiche angestellt werden,
um sich den Bedingungen weiter anzunähern. Und mit
einem gewissen Erstaunen erkennen wir vielleicht sogar,
dass das Reisekönigtum damaliger Zeiten, mit all seinen
Strapazen zu Pferd, auf schlechten Straßen und in ein
fachsten Unterkünften, durchaus mit dem Unterwegssein
heutiger Politiker konkurrieren kann.
Solche Vergleiche, Rekonstruktionen und Wertungen
bedürfen jedoch bestimmter Voraussetzungen. Dazu ge
hören archäologische Funde und ihre Deutungen, his
torische Forschungen und das Wissen um eine Zeit, deren
Alterität auch ihre Anziehungskraft bildet, die Debatte um
31
den richtigen historischen Ort (im realen und übertrage
nen Sinne) und das Bemühen, die Ereignisse aus unter
schiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und lebendig wer
den zu lassen.
Moderne Forschungsansätze können helfen, dieses Wis
sen weiter zu präzisieren und in neue Zusammenhänge zu
stellen, wie etwa die Interaktions- und Verflechtungs
geschichte, die dazu beitragen kann, Königshöfe und
Königspfalzen als Kontaktzonen zwischen verschiedenen
Bevölkerungssubstraten, aber auch zwischen unterschied
lichen Religionen, wie Heiden und Christen, zu untersu
chen, oder die Globalgeschichte, die uns hilft, die Phäno
mene interkulturell zu bewerten und mit gleichartigen
Phänomenen in anderen Kulturen zu vergleichen. Gerade
32
weil wir wenig über die Ursprünge Kassels wissen, können
solche Perspektivwechsel weitere Anregungen geben. An
gesichts der Heterogenität unserer gegenwärtigen Stadt
gesellschaft, der ethnischen und religiösen Pluralität im
täglichen Miteinander, kann die Vergangenheit ein ge
meinsames Fundament sein, das verbindet und Begeg
nungen auf einer anderen Ebene, nämlich im gemeinsa
men Blick zurück auf das Fremde und Andere, ermöglicht.
Im Jubiläumsjahr haben deshalb- neben der Universität
auch Institutionen wie das Stadtmuseum und seine Freun
de, das Stadtarchiv und die zahlreichen Kasseler Museen
eine besondere Verantwortung dafür, dass dieses Mit
einander von einem soliden Wissen über die eigene Ge
schichte getragen wird.
Anhang1
913 Februar 18, Chassella Original: Landesarchiv NRW- Abteilung Westfalen, Stift Meschede
- Urkunde 1a. Edition: MGH DD K l16. Regest: johann Friedrich Böhmer (Hg.), Regesta lmperii. Bd. 1: Die
Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 751-918, bearb. v. Engelbert Mühlbacher u. johann Lechner, ND Hildesheim 1966, n. 2086, S. 828; Rll n. 2086, in: Regesta lmperii Online, URI: http://www.regesta-
1.1n nomine sanctae et individuae trinitatis. Chunradus
divina favente clementia rex.
Noverit omnium fidelium nostrorum praesentium sci
licet et futurarum industria, qua Iiter
2.nos divino admoniniti instinctu pro aeternae remunera
tionis commercio cogitantes, maxime de monasteriis ab
antecessoribus nostris constitutis, ut etiam nostris tem
poribus iustitia
3.ab eis concessa fruantur: quapropter sanctis monialibus
in monasterio Mescedi nuncupato propter amorem Dei ac
sanetarum eius, sicut rogavit nos Heriman venerabilis
4.comes noster, immunitatem atque electionem quam
temporibus precedentium regum habuerunt concedimus,
ut quandocumque necessitas evenerit, potestatum inter
se
s.abbatissam eligendi habeant, sicut actenus habuerunt.
lussimus quoque hoc preceptum inde conscribi per
quod volumus firmiterque iubemus, quatenus haec aucto
6.ritas firma stabilisque permaneat; manu quoque nostra
eam firmavimus et anuli nostri impressione assignari iussi
mus.
imperii.de/id/o913-02-18_2_0_1_1_0_4468_2o86 (abgerufen am 22.06. 2013); Manfred Wolf (Bearb.), Quellen zur Geschichte von Stift und Freiheit Meschede (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen 37; Westfälische Urkunden. Texte und Regesten 3), Münster1g81, Nr.1a.
Abbildung: LBA Online, Zugangsnr. so8g; Lutz u. Hammes, Ersterwähnungsurkunde (wie Anm. 1).
Übersetzung: Lutz u. Hammes, Ersterwähnungsurkunde (wie Anm. 1 ).
Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Kon
rad, durch Gottes Gunst und Gnade König.
Der Aufmerksamkeit aller unserer Getreuen, der gegen
wärtigen wie der zukünftigen, sei zur Kenntnis gebracht:
Durch göttlichen Anreiz angetrieben und in Erwartung des
ewigen Lohnes denken wir besonders an die von unseren
Vorgängern gegründeten Klöster, damit sie sich der von
unseren Vorgängern gewährten Rechte auch zu unseren
Zeiten erfreuen mögen. Deshalb gewähren wir den from
men Nonnen im Meschede genannten Kloster um der Lie
be Gottes und seiner Heiligenwillen- so wie uns der ehr
würdige Herrmann, unser Graf, bat- die Immunität und
das Wahlrecht, wie sie es bereits zu den Zeiten früherer
Könige innehatten, so dass, wann auch immer die Notwen
digkeit es erfordert, sie die Macht haben, die Äbtissin aus
ihren Reihen zu wählen, so wie bisher.
Wir haben auch befohlen, dass diese Urkunde sodann
aufgesetzt wird, wodurch wir wollen und nachdrücklich
befehlen, dass dieser Beschluss sicher und dauerhaft fort
bestehen möge. Wir haben sie auch eigenhändig bekräf
tigt und befohlen, sie mit dem Aufdruck unseres Siegels zu
beglaubigen.
33
Signum domni Chuonradi (Monogramm) piissimi re-
gis.
Salomon cancellarius advicem Piligrimi archicappellani
recognovit et subscripsit (Rekognitionszeichen) (Spuren
des aufgedrückten, abgegangenen Siegels).
Data XII. kaiendas Marcii anno incarnationis Domini
DCCCCXIII, indictione I, anno vero regni domni Chuonradi
II, actum Chassella, feliciter in Dei nomine amen.
Anhang 2
913 Februar18, Chassalla Original: Hessisches Staatsarchiv Marburg, Urk. 56. Nr. 2271. Edition: MGH DD K l15. Regest: Johann Friedrich Böhmer (Hg.). Regesta lmperii. Bd. 1: Die
Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 751-918, bearb. v.
,Jn nomine sanctae et individuae trinitatis. Choonradus
divina favente clementia rex.
Noverit omnium fidelium nostrorum praesentium scili
cet et futurarum industria, qua Iiter fratres coenobii sancti
Uuicberdi cum assiduis praecibus patrocinium inierunt Ot
tonis
2.venerandi ducis cui temporibus domni Hludouuici regis
subdidi fuerunt, nec non et Hathonis sublimi archiepiscopi
atque nostrum, tune tempore ducis, supplementum quae
sierunt, ut nostris interventibus apud regem immunitas
3.eis regalis concederetur, quatenus post obiturn praefati
ducis abbatem eligendi inter se et causas ad monasterium
rite pertinentes regendi potestatem habeant, quod libenti
animo, quia animae
34
Handzeichen des Herrn Konrad, des allerfrömmsten
Königs (Monogramm).
Der Kanzler Salomon hat an Stelle des Erzkaplans Pil
grim geprüft und gegengezeichnet.
Gegeben am 12. Tag vor den Kalenden des Märzes im Jahr
der Fleischwerdung des Herrn 913, in der ersten Indiktion,
im zweiten Jahr der Regierung des Herren Konrad, verhan
delt zu Kassel. Im Namen Gottes Glück und Segen, Amen.
Engelbert Mühlbacher u. Johann Lechner, ND Hildesheim 1966, n 2085, 5. 828; Rll n. 2085, in: Regesta lmperii Online, URI: http://www. regesta-imperii.de/id/0913-02-18_1_0_1_1_0_4467_2085 (abgerufen am 22.06.2013).
Abbildung: LBA Online, Zugangsnr. 3381.
Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Kon
rad, durch Gottes Gunst und Gnade König.
Der Aufmerksamkeit aller unserer Getreuen, der gegen
wärtigen wie der zukünftigen, sei zur Kenntnis gebracht,
wie die Mönche des Klosters des heiligen Wigbert nur un
ter beharrlichen Bitten das Patronat des verehrungswürdi
gen Herzogs Otto, dem sie zu Zeiten des Herrn König Lud
wig unterstellt waren, eingegangen sind und sowohl die
Unterstützung des erhabenen Erzbischofs Hatto als auch
unsere, damals zur Zeit als Herzog, erbeten haben. So wur
de ihnen auf unsere Fürsprache beim König hin die Immu
nität als königliches Recht gewährt, insofern sie nach dem
Ableben des vorgenannten Herzogs die Erlaubnis haben
sollen, den Abt unter sich frei zu wählen und die dem Klos-
4.nostrae profeeturn inde crescere non dubitamus, a rege
impetravimus. Nunc autem quia fautore omnium Christo
propitio regni gubernacula suscepimus, admoniti sumus,
cum immunitate concessa ipsis iam
s.dictis fratribus id ipsum nostri imperii auctoritate firma
mus et pro amore aeterni regis sanctorumque eius atque
aucmento regni nostri hoc eis pleniter et inconvulse conce
dentes hanc nostri precepti inde
6.auctoritatem conscribi precipimus et manu propria nos
tra eam firmavimus atque anuli nostri impressione assi
gnari iussimus.
Signum domni Chuonradi (Monogramm) piissimi regis.
Salomon cancellarius advicem Piligrimi archicapellani
recognovit et subscripsit (Rekognitionszeichen) (Spuren
des aufgedrückten, abgegangenen Siegels).
Data XII. kaiendas Martii anno incarnationis Domini
DCCCCXIII, indictione I, anno vero regni domni Chuonradi
serenissimi regis II, actum Chassalla, feliciter in Dei nomine
amen.
ter herkömmlich zugehörigen Besitzungen und Rechte zu
verwalten. Dies haben wir geneigten Sinnes, weil wir nicht
daran zweifeln, dass daraus ein Nutzen für unsere Seele er
wachse, vom König erwirkt. Nun aber, da wir durch den
Gönner Aller, den gnädigen Christus, die Regierung des
Reiches empfangen haben, sind wir daran erinnert worden
und bekräftigen, nachdem die Immunität den bereits ge
nannten Mönchen selbst zugestanden worden ist, dies
Selbige durch die Autorität unserer Herrschaft. Und da wir
ihnen dieses aus Liebe zum ewigen König und zu seinen
Heiligen sowie zur Mehrung unseres Reiches vollständig
und unangetastet zugestehen, haben wir angeordnet, des
wegen diese Willenserklärung unserer Anweisung nieder
zuschreiben. Und wir haben sie mit unserer eigenen Hand
bekräftigt und befohlen, sie mit dem Aufdruck unseres
Siegels zu beglaubigen.
Handzeichen des Herrn Konrad, des allerfrömmsten
Königs (Monogramm).
Der Kanzler Salomon hat an Stelle des Erzkaplans Pil
grim geprüft und gegengezeichnet.
Gegeben am 12. Tag vor den Kalenden des Märzes im
Jahr der Fleischwerdung des Herrn 913, in der ersten Indik
tion, im zweiten Jahr der Regierung des höchst erlauchten
Herren König Konrad II., verhandelt zu Kassel. Im Namen
Gottes Glück und Segen, Amen.
35
MGH DD K l15 und 16; HStAM, Urk. 56, Nr. 2271; LAV NRW W, Stift Meschede, Urkunde 1a; Lichtbildarchiv älterer Originalurkunden Marburg Online
(fortan LBA Online), Zugangsnr. 3381 und 5089. Faksimile der Urkunde für Meschede vgl. Alexandra Lutz u. Barbara Hammes (Hg.), Ersterwähnungsurkunde Kassels 18. Februar 913. Immunität und Wahlrecht für das Kloster Meschede ( Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Stift Meschede, Urkunde 1a),
[Kassel2012] . Für die Unterstützung bei den Redaktionsarbeiten und die Beschaffung der Abbildungen sei vor allem Lena Thiel M.A. und Dr. Christian
Presche herzlich gedankt; beide haben mit Geduld und großem Engagement am vorliegenden Band mitgearbeitet. Ein besonderer Dank für die hervorragende Zusammenarbeit geht auch an das Hessische Staatsarchiv
Marburg (allen voran Herrn Dr. Wolfhard Vahl und Herrn Dr. Francesco Roberg}, das Stadtarchiv und das Stadtmuseum in Kassel (Frau Dr. Alexandra
Lutz und Herrn Dr. Alexander Link) sowie an das Vonderau Museum in Fulda (Herrn Dr. Georg Stasch), deren Leiterinnen und Leiter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immerwieder Fragen beantwortet und Materialien zur Verfügung gestellt haben.
2 MGH DD K l15; HStAM. Urk. 56, Nr. 2271. 3 MGH DD K l16; LAV NRW W, Stift Meschede, Urkunde 1a; Manfred Wolf
(Bearb.), Quellen zur Geschichte von Stift und Freiheit Meschede (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen 37; West
fälische Urkunden. Texte und Regesten 3). Münster1981, Nr. 1a. 4 Zur Stadtgeschichte im frühen und hohen Mittelalter vgl. Winfried Schich,
Die Entstehung der Stadt Kassel. 1075 Jahre Kassel- 8oo Jahre Stadt Kassel
(Quellen und Perspektiven zur Entwicklung Kassels 1), Kassel1989, 3· Auflage 1992; Kassel Lexikon, Bd. 1-2, Kassel2009; Christian Presche, Kassel im Mittelalter. Zur Stadtentwicklung bis 1367 (Kasseler Beiträge zur Geschichte und Landeskunde 2), Kassel2013 (im Druck). Zur Frage der Verlegung des Königs
hofes nach Kaufungen vgl.lngrid Baumgärtner u. Christian Presche, Kaufungen 1011. Die urkundliche Ersterwähnung im Kontext, Kassel2011, S.15-19.
5 MGH DD K 116: quam temporibus precedentium regum habuerunt und sicut actenus habuerunt; vgl. Wilhelm Diekamp, Westfälisches Urkundenbuch. Fortsetzung von Erhards Regesta historiae Westfaliae, Supplement1 (bis
1019), Münster 1885, nr. 357· Bald nach ihrem Regierungsantritt bestätigen das Privileg auch die nachfolgenden ottonischen Herrscher, König Otto I.
in Quedlinburg, Kaiser Otto II. in Duisburg und König Otto 111. in Wieden
brück; vgl. MGH DD 0 112 von 937 Juli 2; MGH DD 0 II 65 von 973 November 22 und MGH DD 0 11120 von 985 September 2.
6 Wolf. Quellen (wie Anm. 3).
7 Arnold Esch, Überlieferungs-Chance und Überlieferungs-Zufall als methodisches
Problem des Historikers, in: Historische Zeitschrift 240 (1985}, S. 529-570. 8 MGH DD 01190 von 958 Januar12 mit Marktrechten und der Nachlass
schenkung; MGH DD 0 11172 von 978 März 25 zum HofVöllinghausen;
DD 0 111254 von 997 September 29 zum Gut Stockhausen. 9 Vgl. MGH DD LK 63 von 908 Oktober 5; Matthias Becher, Von den Karo
lingern zu den Ottonen. Die Königserhebungen von 911 und 919 als Marksteine des Dynastiewechsels im Ostfrankenreich, in: Hans-Werner Goetz (Hg.) unter Mitarbeit von Sirnon Elling, Konrad I. Auf dem Weg zum
"Deutschen Reich"?, Bochum 2006, S. 245-264, hier S. 258f.
36
10 Zur Abtei Hersfeld vgl. Paul Görlich, Auf den Spuren der Abtei Hersfeld in
Oberhessen, in: Hessische Heimat 48 (1997), S. 33-36; Johannes Burkhardt u. a., Hersfeld, in: Friedhelm Jürgensmeier, Franziskus Büll u. Regina Elisabeth Schwerdtfeger (Bearb.), Die Benediktinischen Mönchs- und Nonnen
klöster in Hessen (Germania Benedictina 7), München 2004, 5. 589-629;
Ludwig Unger, Hersfeld, Johannesberg, in: ebenda, S. 630-632; Ludwig Unger, Hersfeld, Petersberg, in: ebenda, S. 633-634; Mathias Kälble, Die Reichsabtei Hersfeld und die Anfänge der Propstei Göllingen, in: Sybille Putzke (Hg.), Das Benediktinerkloster zu Göllingen. Ergebnisse der For
schung 2005-2009, Altenburg 2010, S. 11-26. 11 HStAM, Urk. 56, Nr. 2266 (MGH DD LD 32) und HStAM, Urk. 56, Nr. 2267
(MGH DD LD 33). beide von 843 Oktober 31 und ausgestellt von König Ludwig dem Deutschen für die Reichsabtei Hersfeld; vgl. Hans Weirich (Bearb.), Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld, Bd. 1 (VHKH 19/1},
Marburg 1936, Nr. 33, S. 55-59; Rll n. 1373 und n. 1374, in: Regesta lmperii Online, URI: http:/fwww.regesta-imperii.de/id/o843-10-31..3_0_1_1_o_
3092_1374 und URI: http://www.regesta-imperii.de/id/o843-10-31_2_o_1_ 1_0..3091_1373 (abgerufen am 14.06.2013); LBA Online, Zugangsnr. 3377
und 3971. 12 Baumgärtner u. Presche, Kaufungen 1011 (wie Anm. 4).
13 Zu Entstehung, Aufbau und Überlieferung mittelalterlicher Urkunden vgl. Thomas Vogtherr, Urkundenlehre (Hahnsche Historische Hilfswissen
schaften 3). Hannover 2oo8; Reinhard Härte!, Notarielle und kirchliche Urkunden im frühen und hohen Mittelalter (Historische Hilfswissenschaften). Wien- München 2011.
14 Zu Graf Hermann von Werl vgl. Paul Leidinger, Untersuchungen zur Geschichte der Grafen von Werl. Ein Beitrag zur Geschichte des Hoch
mittelalters (Studien und Quellen zur westfälischen Geschichte 5), Pader
born 1965, S. 73· 15 MGH DD LK 63 von 908 Oktober 5; Rll n. 2054, in: Regesta lmperii Online,
URI: http:/fwww.regesta-imperii.defid/o9o8-10-o5_1_0_1_1_0_4417_2054 (abgerufen am 22.06.2013). Vgl. Gerd Althoff, Verformungen durch mündliche Tradition. Geschichten über Erzbischof Hatto von Mainz, in: Karl Hauck u. Nikolaus Staubach (Hg.), lconologia sacra. Mythos, Bildkunst
und Dichtung in der Religions- und Sozialgeschichte Alteuropas (Arbeiten
zur Frühmittelalterforschung 23), Berlin 1994, S. 438-450; Verena Poste! , Nobiscum partiri: Konrad I. und seine politischen Berater, in: Goetz, Kon
rad I. (wie Anm. 9), S. 129-149; Wilfried Hartmann, König Konrad I. und die Kirche, in: Goetz, Konrad I. (wie Anm. 9), S. 93-109 zu den geistlichen Intervenienten; Franz Staab, Das Erzstift Mainz im 10. und 11. Jahrhundert.
Grundlegung einer Geschichte der Mainzer Erzbischöfe. Von Hatto I. (891-
913) bis Ruthard (1089-1109), Bingen am Rhein 2008, S. 21-56, bes. S. 53f.
zum Sterbedatum des Erzbischofs, daser-wenig überzeugend- für den
18. Januar (statt für Mai) 913 annimmt; Winfried Wilhelmy (Hg.), Glanz der späten Karolinger. Erzbischof Hatto I. von Mainz (891-913), Regensburg
2013. 16 Erstmals fassbar in MGH DD K I 9 von 912 August 8; vgl. Theodor Siekeis
Einführung zu den Urkunden Konrads 1., in: ebenda, S. 1.
17 Zuletzt MGH DD K 110 von 912 August 23.
18 MGH DD K 11 und 6-g. Für die Informationen zu den Monogrammen und
Siegeln Konrads sowie zu den hier zitierten Urkunden des Hessischen Staatsarchivs Marburg bedanke ich mich bei Herrn Dr. Wolfhard Vahl , der
mit größter Geduld immer wieder meine Fragen beantwortet und die Digitalisate für den Band zur Verfügung gestellt hat.
19 Vgl. Hagen Keller, Zu den Siegeln der Karolinger und der Ottonen. Ur
kunden als ,Hoheitszeichen' in der Kommunikation des Königs mit seinen
Getreuen, in: Frühmittelalterliche Studien 32 (1998), S. 400-441. 20 MGH DD K I 6 und 8-14; gut sichtbar etwa an MGH DD K 16 = HStAM,
Urk. 75, Nr. 59 von 912 April12 für die Reichsabtei Fulda; MGH DD K I 8 von
912 Juli 1 in Frankfurt für das Kloster Fulda = HStAM, Urk. 75, Nr. 61. 21 MGH DD K l2o; verwendet bis zur letzten Beurkundung Konrads am
9· September 918. 22 MGH DD K l7 = HStAM, Urk. 75. Nr. 6o von 912 April12 mit dem vierten Siegel
Konrads; es wird vermutet, dass diese Urkunde für die Reichsabtei Fulda
überhaupt erst später oder möglicherweise dann erneut besiegelt wurde. 23 Otto Posse, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige von 751 bis 1806,
Bd. 1-5. Dresden 1909-1913, ND Leipzig 1983, hier Bd. 1, S. 11 und Tafel 6, Abb. 1-5 sowie Bd. s. S. 10f.; zu der vom Nachfolger fortgeführten Bildtradition des Siegels vgl. Rainer Kahsnitz, Siegel König Heinrichs 1., in:
Matthias Puhle, Otto der Große. Magdeburg und Europa, Bd. 2: Katalog, Mainz 2001, S. 1o6f.
24 Ausführlicher erklärt bei Baumgärtner u. Presche, Kaufungen 1011
(wie Anm. 4). S. 13-14. 25 Vgl. Keller, Siegel der Karolinger (wie Anm. 19). 26 Vgl. Hans-Werner Goetz, Der letzte ,Karolinger'? Die Regierung Konrads I.
im Spiegel seiner Urkunden, in: Archiv für Diplomatik 26 (1980), S. 56-125, hier S. 72.
27 Vgl. Becher, Von den Karolingern (wie Anm. g); Goetz, Konrad I. (wie
Anm. g); Gudrun Vögler, König Konrad I. (911-918) (Vonderau Museum
Fulda. Kataloge 14), Fulda 2005. 28 Vgl. Goetz, Der letzte ,Karolinger' (wie Anm. 26), S. 75f. mit dem Itinerar
Konrads für die Jahre 911-912 und 913 sowie S. 84 einem Ortsitinerar. 29 MGH DD K 113 von 912 November 28 mit Schenkung an das Stift Weilburg;
vgl. Goetz, Der letzte ,Karolinger' (wie Anm. 26), S. 72-go.
30 MGH DD K 114 von 913 Februar 3 mit Bestätigung des Wahlrechts, Zehntbezugs und der Immunität für Corvey.
31 MGH DD K l17 von 913 März12 mit Bestätigung der Besitzungen,lmmunität, des Wahlrechts und der Zollbefreiung für Murbach.
32 Widukind von Corvey, Res gestae Saxonicae I, 22, ed. Paul Hirsch u. Hans
Eberhard Lohmann, MGH SS rer. Germ. [6o], Hannover1935, ND198g,
S. 32-35; Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Widukinds
Sachsengeschichte, Adalberts Fortsetzung der Chronik Reginos, Liudprands Werke, ed. Albert Bauer u. Reinhold Rau (Ausgewählte Quellen zur Deut
schen Geschichte des Mittelalters. Freiherrvom Stein-Gedächtnisausgabe 8),
Darmstadt1977, S. 48-55. Vgl. Althoff, Verformungen (wie Anm.15).
S. 441 und S. 448-450. 33 Vgl. Presche, Kassel im Mittelalter (wie Anm. 4), Kap. II B, S. 63-78; Karl
Heinemeyer, Königshöfe und Königsgut im Raum Kassel (Veröffentlichungen
des Max-Pianck-lnstituts für Geschichte 33), Göttingen 1971, S. 33-51 .
34 Presche, Kassel im Mittelalter (wie Anm. 4). Kap. 111, S. 97- 133. 35 Presche, Kassel im Mittelalter (wie Anm. 4) , Kap. IV B 3, S. 173-176.
36 Vgl. Willi Görich , Neuesaus der hessischen Stadtplanforschung, in: ZHG 74
(1963), S. 31-55. hier S. 43- 45; Wilhelm Alfred Eckhardt, Kaufungen und Kassel. Pfalz- Kloster- Stadt, in: Otto Perst (Hg.), Festschrift zum 6o. Geburtstag von Karl August Eckhardt (Beiträge zur Geschichte der Werra
landschaft und ihrer Nachbargebiete 12), Marburg - Witzenhausen 1961,
S. 21-53, hier S. 42- 45; Heinemeyer, Königshöfe (wie Anm. 33), S. 211 - 213. 37 Presche, Kassel im Mittelalter (wie Anm. 4) , Kap. 111 B, S. 118-131.
38 MGH DD 0 123 von 940 Februar12 mit der Schenkung des Ortes Mörsch an den Bischofvon Speyer; vgl. Presche, Kassel im Mittelalter (wie Anm. 4) ,
Kap. II B 1 und Kap. IV A 1, S. 63-68 und 134- 143. 39 MGH DD H II 182 von 1008 Mai 24 mit Schenkung des Kasseler Hofs; vgl.
Daniela Müller-Wiegand, Vermitteln- Beraten - Erinnern. Funktionen der
Aufgabenfelder von Frauen in der ottonischen Herrscherfamilie (919- 1024), Kassel2oos, S. 245- 259; Baumgärtner u. Presche, Kaufungen 1011 (wie
Anm. 4); Presche, Kassel im Mittelalter (wie Anm. 4) , Kap. II B 1 und
Kap. IV A 2, S. 63-68 und 143-151. 40 Baumgärtner u. Presche, Kaufungen 1011 (wie Anm. 4), S. 17- 22.
41 MGH DD K lll270 von 1152 Februar 2j15; MGH DD F l74 von 1154 Mai 3 mit Bestätigung einer Güterschenkung an das Kloster Ahnaberg; vgl. Schich ,
Entstehung (wie Anm. 4), S. 10-16; Presche, Kassel im Mittelalter (wie
Anm. 4), Kap. V, hier Kap. VA 2, S. 183- 193. 42 Undatierte Urkunde, 1187- 1189; vgl. Otto Dobenecker, Regesta diploma
tica necnon epistolaria historiae Thuringiae, Jena 1900, Bd. 2, Reg. 834; LBA Online Zugangsnr. 5523: videlicet i[n] civitatibus meis Casselo, Mundin, Cruceburg, /senacha, Godaha, Breidingin; vgl. Schich, Entstehung (wie
Anm. 4), S. 16 u. 20; Presche, Kassel im Mittelalter (wie Anm. 4), Kap. VI,
hier Kap. VIA 2, S. 264-274. 43 Hugo Brunner, Geschichte der Residenzstadt Cassel 913-1913, Kassel1913. 44 Paul Heidelbach, Kassel. Ein Jahrtausend hessischer Stadtkultur,
Kassel - Basel1957, S. 294. 45 Jörg Adrian Huber, Stadtgeschichte Kassel, Petersberg 2012, S. 285. 46 Paul Schmaling , Künstlerlexikon Hessen - Kassel, 1777-2000, mit den
Malerkolonien Willingshausen und Kleinsassen, Kassel2001, S. 6os; Kari
Hermann Wegner, Bilder aus dem alten Kassel. Gemälde und Graphiken
1870-1940 (Quellen und Perspektiven zur Entwicklung Kassels 4), Kassel
1995. s. 70f. u. s. 118f. 47 Gerd Althoff, Sinnstiftung und lnstrumentalisierung: Zugriffe auf das
Mittelalter. Eine Einleitung, in: Gerd Althoff (Hg .), Die Deutschen und ihr
Mittelalter, Themen und Funktionen moderner Geschichtsbilder vom Mittelalter, Darmstadt1gg2, S. 1-6, hier S. 4·
48 Vgl. Otto Gerhard Oexle, Das entzweite Mittelalter. in: Althoff, Die Deut
schen (wie Anm. 47). S. 7-28; Janos M. Bak,jörg jarnut, Pierre Monet u. Bernd Schneidmüller (Hg.), Gebrauch und Missbrauch des Mittelalters, 19.-21. Jahrhunderts I Uses and Abuses of the Middle Ag es: 19th. 21th Cen
tury I Usages et mesusages du Moyen Äge du XIX" au XXI" siede (Mittel alterStudien 17), Paderborn 2oog.
37