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Eisen 30 Bayerische Archäologie 2 / 2016 D ie Oberpfälzer Dogger- und Krei- deerze bildeten über Jahrhun- derte das wirtschaftliche Rückgrat der Region nördlich von Regensburg und gehörten zu den wichtigsten Eisenerz- vorkommen Bayerns, die europäische Bedeutung besaßen. Die Montanwirt- schaft hat den Kultur- und Naturraum der westlichen mittleren Oberpfalz nachhaltig geprägt und verändert. Mit Einstellung des Bergbaues auf Eisen durch die Schließung der Gruben am Erzberg in Amberg (1964), St. Anna (1974) und Eichelberg (1977) in Sulz- bach-Rosenberg sowie der Grube Leo- nie im Auerbacher Revier (1984) ging hier in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. die Ausbeutung von Eisenerz zu Ende. Mit Schließung der Maxhütte in Sulz- bach-Rosenberg im September 2002 fand die Oberpfälzer Montanwirtschaft dann ihr weitgehendes Ende. Obgleich der Raum um die Bergstädte Auerbach, Sulzbach und Amberg ge- meinhin als »Ruhrgebiet des Mittelal- ters« bezeichnet wird, liegen die An- fänge von Abbau und Verhüttung der Oberpfälzer Eisenerze und der Weiter- verarbeitung des Eisens weitestgehend im Dunkeln. Nachdem das spätmittel- alterliche und frühneuzeitliche Montan- wesen der mittleren Oberpfalz schon seit Längerem ein Betätigungsfeld der Wirtschaftshistoriker darstellt, bestand in der historischen Forschung letzt- endlich nur Einigkeit darüber, dass die ersten schriftlichen Erwähnungen des Bergbaues am Anfang des 14. Jhs. kei- nesfalls als Beginn der Ausbeutung von Eisenerz und der Verarbeitung von Ei- sen in diesem Raum gelten können. Aufgrund des Fehlens einer direkten schriftlichen Überlieferung zu Bergbau, Verhüttung und Weiterverarbeitung aus der Zeit vor 1300 wird die Bedeu- tung von Archäologie und Archäometrie für die Oberpfälzer Montangeschichte leicht offenkundig. Doch während diese Erkenntnis in anderen Bergbauregionen des deutsch- sprachigen Raums in den letzten Jahr- zehnten zur Etablierung einer konse- quenten montanarchäologischen Ar- beit führte, die zu einem enormen For- schungsfortschritt im Verständnis der frühen Montangeschichte beitrug, gilt dies für die Oberpfalz erst in Ansätzen. Denn eine systematische Prospektion zum mittelalterlichen Montanwesen, wie sie andernorts Grundlage einer in- terdiziplinären Erforschung ist, fehlt hier. Von einer problemorientierten Grabungs- oder gar Forschungstätigkeit kann keine Rede sein. Besonders prob- lematisch ist dabei, dass sich montange- schichtliche Relikte oftmals auf Flächen beinden, die nicht in den »klassischen Bodendenkmalarealen« liegen. Sie sind in der Regel unscheinbar in der Feldlur Eisen für König, Reich und Adel Zu den mittelalterlichen Anfängen des Montanwesens in der mittleren Oberpfalz Von Mathias Hensch Ausschnitt aus der Lagerstättenkarte von Bayern mit den Darstellung der Eisenerzvorkommen auf der mittleren und im südlichen Abschnitt der nörd- lichen Frankenalb sowie im Oberpfäl- zer Bruchschollenland (Fe, rot).

Eisen für König, Reich und Adel. Zur Frühzeit des mittelalterlichen Montanwesens in der mittleren Oberpfalz

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Eisen

30 Bayerische Archäologie 2 / 2016

Die Oberpfälzer Dogger- und Krei-

deerze bildeten über Jahrhun-

derte das wirt schaftliche Rückgrat der

Region nördlich von Regensburg und

gehörten zu den wichtigsten Eisenerz-

vorkommen Bay erns, die europäische

Bedeutung besa ßen. Die Montanwirt-

schaft hat den Kultur- und Naturraum

der westlichen mittleren Oberpfalz

nachhaltig geprägt und verändert. Mit

Einstellung des Bergbaues auf Eisen

durch die Schlie ßung der Gruben am

Erzberg in Amberg (1964), St. Anna

(1974) und Eichelberg (1977) in Sulz-

bach-Rosenberg sowie der Grube Leo-

nie im Auerbacher Revier (1984) ging

hier in der zweiten Hälfte des 20. Jhs.

die Ausbeutung von Eisenerz zu Ende.

Mit Schließung der Maxhütte in Sulz-

bach-Rosenberg im September 2002

fand die Oberpfälzer Montan wirtschaft

dann ihr weitgehendes Ende.

Obgleich der Raum um die Bergstädte

Auerbach, Sulzbach und Amberg ge-

meinhin als »Ruhrgebiet des Mittelal-

ters« bezeichnet wird, liegen die An-

fänge von Abbau und Verhüttung der

Oberpfälzer Eisenerze und der Weiter-

ver arbeitung des Eisens weitestgehend

im Dunkeln. Nachdem das spätmittel-

alterliche und frühneuzeitliche Montan-

we sen der mittleren Oberpfalz schon

seit Längerem ein Betätigungsfeld der

Wirtschaftshistoriker darstellt, bestand

in der historischen Forschung letzt-

endlich nur Einigkeit darüber, dass die

ersten schriftlichen Erwähnungen des

Bergbaues am Anfang des 14. Jhs. kei-

nesfalls als Beginn der Ausbeutung von

Eisenerz und der Verarbeitung von Ei-

sen in diesem Raum gelten können.

Aufgrund des Fehlens einer direkten

schriftlichen Überlieferung zu Bergbau,

Verhüttung und Weiterverarbeitung

aus der Zeit vor 1300 wird die Bedeu-

tung von Archäologie und Archäometrie

für die Oberpfälzer Montangeschichte

leicht offenkundig.

Doch während diese Erkenntnis in

anderen Bergbauregionen des deutsch-

sprachigen Raums in den letzten Jahr-

zehnten zur Etablierung einer konse-

quenten montanarchäologischen Ar-

beit führte, die zu einem enormen For-

schungsfortschritt im Verständnis der

frühen Montangeschichte beitrug, gilt

dies für die Oberpfalz erst in Ansätzen.

Denn eine systematische Prospektion

zum mittelalterlichen Montanwesen,

wie sie andernorts Grundlage einer in-

terdiziplinären Erforschung ist, fehlt

hier. Von einer problemorientierten

Grabungs- oder gar Forschungstätigkeit

kann keine Rede sein. Besonders prob-

lematisch ist dabei, dass sich montange-

schichtliche Relikte oftmals auf Flächen

beinden, die nicht in den »klassischen

Bodendenkmalare alen« liegen. Sie sind

in der Regel unscheinbar in der Feldlur

Eisen für König, Reich und AdelZu den mittelalterlichen Anfängen des Montanwesens in der mittleren OberpfalzVon Mathias Hensch

Ausschnitt aus der Lagerstättenkarte

von Bayern mit den Darstellung der

Eisen erzvorkommen auf der mittleren

und im südlichen Abschnitt der nörd-

lichen Frankenalb sowie im Oberpfäl-

zer Bruchschollenland (Fe, rot).

31Bayerische Archäologie 2 / 2016

Oberpfalz

oder in heute bewaldeten Gebieten, oft-

mals in Bach- oder Flussnähe verborgen

und nicht in jedem Fall, anders als etwa

Pingenfelder, obertägig ohne Weiteres

als Spuren des Montanwesens erkenn-

bar. Dies gilt insbesondere für Verhüt-

tungs- und Weiterverarbeitungplätze.

Somit sind sie nicht ohne Weiteres als

Denkmalläche zu erfassen und unter

Schutz zu stellen.

Die Erforschung der Montangeschich-

te einer Bergbauregion ist zudem nur

in koordinierter Zusammenarbeit von

Archäologie, Kulturgeographie, Boden-

kunde, Archäobotanik und Archäomet-

rie zu leisten, kann dann aber wiederum

ein enorm großes geschichtliches Poten-

zial erschließen, das weit über die rein

wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung

hinausgeht, sondern auch zahlreiche

Aspekte von Herrschafts-, Technik- und

Siedlungsgeschichte berührt. Das Feh-

len einer profesionellen und systema-

tisch betriebenen Montanarchäologie

in der mittleren Oberpfalz ist daher ein

dringendes Desiderat denkmalplegeri-

scher Arbeit in Bayern.

Rahmenbedingungen

Der wirtschaftliche Aufschwung im

fränkischen Reich führte ab dem mitt-

leren 8. Jh. zu einem deutlichen Bevöl-

kerungswachstum und somit zu einem

erhöhten Bedarf an Rohstoffen, beson-

ders auch an Metallen. Damit einher

ging eine Erweiterung bestehender Ab-

baukapazitäten und Erschließung neuer

Erzlagerstätten. Bereits Karl der Große

erließ im sog. Capitulare de villis um

800 die Anordnung, dass die zuständi-

gen königlichen Beamten über die Ein-

künfte aus den Eisen- und Bleigruben

jährlich Rechenschaft abzulegen ha-

ben. Hier lässt sich zugleich erkennen,

dass in der Karolingerzeit, anders als

oftmals zu lesen, auch die Ausbeutung

von Eisenerzen zu großen Teilen unter

die königlichen Regalien iel, zumindest

in Regionen, in denen die Vorkommen

eine beherrschende Rohstoffressource

darstellten. Das früh- und hochmittel-

alterliche Königtum und die mit ihm

verbundenen Adelssippen hatten dem-

nach an der Eisenproduktion einen er-

heblichen Anteil. Wie die Gewinnung

anderer Bodenschätze fand die Eisen-

produktion vom 8. bis zum 12. Jh. daher

wohl zu großen Anteilen auch mit Hilfe

grundherrlicher Organisationsformen

statt. Dabei spricht die enge Verbindung

von karolingischem, ottonischem und

salischem Königtum und Reichsaris-

tokratie gerade in Nordostbayern für

eine direkte Einluss nahme königsna-

her Adelssippen bei der Ausbeutung von

Bodenschätzen.

Die ökonomische Stellung der Großen

im Nordgau, dem Raum nördlich und

nordwestlich von Regensburg, zeigt sich

wohl auch darin, dass von hier aus ab

dem 9. Jh. immer wieder politische Op-

position gegen das Königtum ausging,

die auch zu militärischer Konfrontati-

on führte. Die enorme Machtfülle der

Politische Organisationsräume und

wichtige Plätze herrschaftlicher Prä-

senz (Königshöfe, Pfalzen und Burgen)

in Nordbayern während der karolin-

gischen und ottonischen Zeit; im Die-

denhofener Kapitular von 805

genannte Orte sind grün dargestellt.

Eisen

32 Bayerische Archäologie 2 / 2016

Amtsträger auf dem Nordgau mag also

neben dessen strategischer und ver-

kehrsgeographischer Bedeutung auch

mit dem Zugriff auf die reichen Erzvor-

kommen in Verbindung ge standen ha-

ben. So lässt die Verteilung frühmittel-

alterlicher Zentralorte, Königshöfe und

Burgen des Raums deren Anlage auch

in Hinblick auf Erzvorkommen und Er-

reichbarkeit von Holz und Wasser ver-

muten.

Im Hochmittelalter können wir dann

eine weitere Verlagerung der Kontrolle

über das Eisen erzeugende Montanwe-

sen vom König hin zum Adel vorausset-

zen, was für die territoriale Entwicklung

der Oberpfalz von großer Bedeutung

war, denn die hier amtenden und resi-

dierenden Adelsfamilien, wie die bis zu

Beginn des 11. Jhs. wahrscheinlich in

Sulzbach ansässigen Markgrafen »von

Schweinfurt«, die Grafen von Sulzbach

des 11. und 12. Jhs. und die diepoldingi-

schen Markgrafen nach 1105 stiegen zu

Dynastien von europäischem Rang auf.

Hinweise auf frühe Montan-tätigkeit in der schriftlichen Überlieferung

Die unmittelbare schriftliche Über-

lieferung zum mittelalterlichen Mon-

tanwesen ist für den gesamten deutsch-

sprachigen Raum sehr dürftig. So ver-

wundert es nicht, dass direkte Nennun-

gen bergmännischer oder montanhand-

werklicher Tätigkeiten in den ohnehin

spärlichen schriftlichen Zeugnissen des

8. bis 12. Jhs. auch für Nordbayern weit-

gehend fehlen. Doch berichtet etwa Ot-

fried von Weißenburg (ca. 800–875),

dass »am Main Erze und Kupfer« ge-

fördert worden seien. Ob diese vielleicht

mythisch geprägte Überlieferung tat-

sächlich einen frühen Bergbau im obe-

ren Maingebiet nachzuweisen im Stan-

de ist, sei dahingestellt. Dem anonymen

Annalista Saxo zufolge, dessen Chronik

um die Mitte des 12. Jhs. entstand, sol-

len »fränkische Bergleute« schon um

das Jahr 1000 in die Harzer Gruben

gerufen worden seien, um dort die Auf-

schließung neuer Erzvorkommen zu

unterstützen. Dass hiermit tatsächlich

Bergleute aus der heutigen Oberpfalz

oder Oberfranken gemeint sein könn-

ten, wie vermutet wurde, ist nicht di-

rekt zu belegen, jedoch keinesfalls aus-

zuschließen. Zur gleichen Zeit, als die

Chronik des Annalista Saxo entstand,

sollen Bergleute »aus Bayern« auch von

fränkischen Neusiedlern im Gebiet der

heutigen Slowakei und in Siebenbürgen

angetroffen worden sein.

Die Zentralorte des früheren Mittelal-

ters mit den ihnen angegliederten Sied-

lungskammern in Nord- und Ostbayern

hatten ohne Frage einen erheblichen

Bedarf an Eisenprodukten und speziali-

sierten Handwerkern. Die geopolitische

Lage Regensburgs etwa verdeutlicht die

wichtige Funktion der frühmittelalterli-

chen Metropole am nördlichen Donau-

bogen als Drehscheibe von Handel und

Verkehr, von dem die Montanregion an

der Vils als Rohstoflieferant und stark

frequentier ter Verkehrsraum schon

früh proitieren konnte. Das gilt auch

für den verkehrs- und wirtschaftsgeo-

graphischen Anschluss der mittleren

Oberpfalz an die zentralen karolingi-

schen Herrschafts räu me in der Francia

orientalis, den heute fränkischen Lan-

desteilen des Freistaats. Dass der gro-

ße Eisenbedarf dieser herrschaftlichen

Kernräume vor allem aus den zentra-

len Regionen der Eisenerzvorkommen

Nordbayerns gedeckt wurde, liegt nahe.

Beim Eintritt des Bergbaues der mitt-

leren Oberpfalz in die schriftliche Über-

lieferung um 1300 bestand jedenfalls

bereits ein gut ausgebautes und herr-

schaftlich strukturiertes Montan wesen,

das saisonal nicht allein die Lagerstät-

ten bis in größere Teufen nutzte, son-

dern auch eine lorierende Weiterver-

arbeitungsindustrie belieferte und auf

umfangreiche ökonomische Organisati-

onsgefüge zurückgreifen konn te.

Interessante Hinweise auf herrschaft-

lich gesteuerte Montantätigkeiten in

Nordostbayern bereits zur Karolinger-

zeit liefert das Diedenhofener Kapitular

Karls des Großen von 805. In diesem

erlässt der Kaiser ein Ausfuhrverbot

für Schwerter und Kettenhemden in die

slawischen Herrschaftsräume. Es soll-

te von königlichen Verwaltern durch-

gesetzt werden, deren administrative

und organisatorische Bezugsorte na-

mentlich genannte Königshöfe von der

Niederelbe bis nach Oberösterreich wa-

ren. Es fällt auf, dass das Netz dieser

Kontrollorte in Nordostbayern beson-

ders engmaschig gelegt ist (Bild S. 31).

Mit Hallstadt bei Bamberg, Forchheim,

Premberg und Regensburg werden hier

gleich vier dieser Plätze königlicher Exe-

kutive genannt. Man gewinnt den Ein-

druck, als sei dies deshalb der Fall, weil

in diesem Raum der Rohstoff und mögli-

cherweise auch die Kompetenz zur Her-

stellung speziali sierter Eisenprodukte

wie Waffen, in Nachbarschaft zum sich

herausbildenden mährischen Staatsge-

füge, unmittelbar verfügbar, zudem das

Grubenmeiler des 8./9. Jhs. in Eglsee

unweit des Amberger Erzbergs

33Bayerische Archäologie 2 / 2016

Oberpfalz

Erz von hoher Qualität und Quantität

war und ferner wohl ein besonders reger

Warenverkehr herrschte. Es ergäbe sich

folglich ein Zusammenhang zwischen

der Verfügbarkeit von hochwertigen

Eisenerzen, der Anwesenheit speziali-

sierter Handwerker zur Herstellung von

Waffen und der Positionierung der für

die Überwachung des Waffenembar-

gos zuständigen Königshöfe. Auch für

die Siedlungskammer um den in der

sogann ten Devisio regnorum Karls des

Großen von 806 genannten Königshof

Lauterhofen zwischen Neumarkt und

Sulzbach-Rosenberg kann man Ver-

gleichbares annehmen (Bild S. 31). Die

villa Lutrahahof nimmt hier gemein-

sam mit dem verkehrsgeographisch

wichtigen Königshof Ingol stadt an der

Donau eine iskalische Sonder rolle in

der Konzeption bei der jedoch niemals

zur Umsetzung gelangten Reichs teilung

ein, die am ehesten in einem ökono-

misch-politischen Hinter grund begrün-

det gewesen sein dürfte.

Doch auch aus ottonisch-frühsalischer

Zeit gibt es schriftliche Zeugnisse für die

mittlere Oberpfalz, die einen Kontext

mit dem Montanwesen vermuten lassen.

Um 1010/1020 etwa wird in Smidimul-

ni, dem heutigen Schmidmühlen, eine

Ladestatt an der Vils genannt. Ist schon

die Erwähnung des Schiffsverkehrs auf

der Vils für die ottonische Zeit hoch

spannend, so lässt der Ortsname, der

als »Mühle, in der geschmiedet wird«

zu lesen ist, einen deutlichen Hinweis

auf die Nutzung von Wasserkraft zur Ei-

senverarbeitung bereits zu dieser frühen

Zeit erkennen. Weitere Ortsnamen des

Raums, wie Schmidt stadt, Schmidheim

oder Schmid gaden, deren Entstehung

aus sprachge schicht licher Sicht durch-

aus in karolingischer Zeit liegen kann,

mögen frühe Funktionssiedlungen zur

spezialisierten Eisenverarbeitung über-

liefern. Auch aus der Erstnennung von

Amberg in einer königlichen Schenkung

Konrads II. an den Bamberger Bischof

von 1034 lassen sich Anzeichen für der-

artige Tätigkeiten in Verbindung mit

dem Schiffsverkehr auf der Vils erken-

nen. Hier ist zudem die Übertragung

offensichtlich bereits lange bestehender

königlich-ökonomischer Privilegien an

andere Herrschaftsträger zu erkennen.

Zur Beurteilung des frühen Bergbaus

der Region ist es auch von Interesse,

dass die Eisenerze im Amberg-Sulzba-

cher Revier schon im 14. Jh. trotz großer

Probleme bei der Wasserhaltung und

Bewetterung in großem Maßstab im Un-

tertagebau gewonnen wurden. Zugleich

war zu die sem Zeitpunkt bereits eine

große Anzahl mo derner Hammerwer-

ke in Betrieb. Der erhebliche Aufwand

bei der Er schließung der Oberpfälzer

Erze im Spätmittelalter würde durch

eine lange Erfahrung und genaue Vor-

stellung von Quantität und Qualität der

Erze der Region sowie eine weitgehende

Er schöpfung oberlächennaher Erzvor-

kom men schon während des 14. Jhs. er-

klärbar.

Die Ressource Holz – massive Eingriffe in den Naturraum

Das Montanwesen spielte zudem ins-

besondere für die Waldentwicklung eine

entscheidende Rolle, denn es war stark

auf bestimmte Standorte ixiert, die im-

mer im Umfeld der Erzlagerstätten zu

suchen sind, wobei Erz-, Holz- und Was-

serreichtum zusammentreffen mussten.

Da die Erze in der Regel vor Ort verhüt-

tet wurden, betrieb man Köhlerei in der

näheren Umgebung der Erzvorkommen

und Verhüttungsplätze. Oftmals fand

im frühen und beginnenden Hochmit-

telalter auch die Weiterverarbeitung des

Eisens unmittelbar am Ort statt. Maß-

geblich war demnach die Verfügbarkeit

von Rohstoffen und Energie. Der Trans-

port des Holzes über weite Strecken war

bis in die frühe Neuzeit oftmals weder

Werkzeuge, Abfalls- und Halbfertig pro dukte, u.a. zur Produktion von Ket ten-

hem den aus Werkstatt zusam men hän gen von der frühmittelalterlichen Burg Sulz-

bach (1–8, 11–16), kleiner Barren aus Gusseisen des frühen 11. Jhs. (10)

Eisen

34 Bayerische Archäologie 2 / 2016

ökonomisch noch technisch zu reali-

sieren, der enorme Holzbedarf musste

also aus der unmittelbaren Umgebung

gedeckt werden. Dass im Raum Am-

berg-Sulzbach bislang kaum frühe Gru-

benmeiler archäologisch bekannt sind,

liegt sicher einzig an den schlechten

Überlieferungsbedingungen, sind doch

auch diese obertägig in der Regel nicht

zu erkennen und liegen weit abseits

denkmalverdächtiger Areale auf heute

bewaldeten oder überackerten Flächen.

Einen der wenigen Grubenmeiler ken-

nen wir seit kurzem aus Eglsee unweit

des Amberger Erzbergs (Bild S. 32). Der

bei einer kleinräumigen Sondage des

BLfD entdeckte Meiler ließ sich anhand

seiner Holzkohlefüllung mittels 14C-

Analyse in das 8./9. Jh. datieren. Für

den Sommer 2016 sind hier im Rahmen

der Erschließung eines Neubaugebiets

archäologische Untersuchungen vor-

gesehen, die sicher weitere Ergebnisse

liefern.

Die These von den im frühen Mittel-

alter gänzlich unberührten Waldlä-

chen in der Oberpfalz ist aber bereits

nach heutigem Kenntnisstand nicht

mehr aufrecht zu erhalten. Im Gegen-

teil, berei ts zur Karolingerzeit ist es

durch eine extensive Waldnutzung zur

Erschöpfung größerer Waldbestände

in der mittleren Oberpfalz gekommen.

Die Zusammensetzung des Waldes in

der Oberpfalz wird sich mit einer Ver-

schiebung von Laubmischwäldern hin

zu Sekundärhölzern dadurch schon früh

deutlich verändert haben. Interessant

ist diesbezüglich die Verwendung von

Wacholder als Baumaterial in der um

800 entstandenen Holz-Erde-Befesti-

gung der Burg Ammerthal südlich von

Sulzbach-Rosenberg. In offenen Land-

schaften und stark beweideten Gebieten

ist Wacholder aufgrund seiner Unver-

träglichkeit für Weidetiere oft der einzig

in größerer Zahl vorkommende Baum

und war somit eine wichtige Holzres-

source. Und auch Pollenanalysen an Bo-

denproben des 9. und 10. Jhs. sowie das

Tierknochenmaterial aus der früh- und

hochmittelalterlichen Burg Sulzbach

belegen eine offene Landschaft, in der

zwischen Acker-, Weide- und Grünland-

lächen nur mehr einzelne Waldbestän-

de stockten und extensive Schafhaltung

betrieben wurde.

Eisen und Herrschaft im früheren Mittelalter – eine symbiotische Verbindung

Nach gängiger Vorstellung der Histo-

riker gab es im Karolingerreich nur we-

nige Eisenproduktionsstätten, an denen

für den überörtlichen Handel gearbeitet

wurde. Solche frühen Produktionszen-

tren werden besonders in Regionen

vermutet, die in direkter königlicher

oder herzoglicher Abhängigkeit stan-

den. Schon im Laufe des 9., zunehmend

aber im 10. Jh. wurden diese Zentren

in die Auseinandersetzungen um das

Königsgut und die Veränderungen des

Grafenamtes hineingezogen, was eine

zunehmende Einlussnahme der Reichs-

aristokratie beim Montanwesen zur Fol-

ge hatte. Diese Rahmenbedingun gen

waren im Nordgau des 8. bis 11. Jhs.

in einem hohen Maße gegeben. Dabei

dürften die wichtigen Plätze herrschaft-

licher Konzentration mit den ihnen an-

geschlossenen grundherrschaftlichen

Organisationsformen die entscheiden-

den Faktoren im ökonomischen Gefü-

ge der Montanregion auf der mittleren

Frankenalb und im Bruchschollenland

dargestellt haben. So inden sich im

räumlichen Kontext mehrerer frühmit-

telalterlicher Befestigungen und Kö-

nigshöfe im Raum Amberg-Sulzbach

konkrete Hinweise auf umfangreiche

metallurgische Tätigkei ten, deren ge-

naue Erforschung freilich noch aussteht.

In Sulzbach, einem der wichtigsten

Zentralorte des 8. bis 12. Jhs. Nordost-

bayerns, lässt sich für die Zeit um 900

neben der Eisenerzverhüttung ein spe-

zialisiertes Metallhandwerk nachwei-

Kümmersbruck, Bachweg: Blick auf

den westlichen Teil der Grabungsflä-

che im Bereich des karolingischen

Schmiede are als (o.). U.: Lage der bei-

den archäologisch untersuchten Areale

frühmittelalterlicher Eisenproduktion

in Küm mers bruck in der Uraufnahme

1808 bis 1864. Im Bild auf der re. S.:

zwei große, nebeneinander liegende

Essegruben von dort aus dem 9. Jh.

35Bayerische Archäologie 2 / 2016

Oberpfalz

sen. Hier fanden sich im Randbereich

der Kernburg die Reste einer Werkstatt,

in der man komplexe polymetallurgi-

sche Prozesse, mit Verarbeitung unter-

schiedlicher Metalle und Legierungen

wie Bronze, Messing, Zink und Eisen,

durchführte. Das Fundmaterial belegt,

dass hier u.a. Kettenhemden produziert

wurden, also äußerst aufwändige Rüs-

tungsprodukte, deren Herstellung di-

rekt in herrschaftlichem Kontext zu se-

hen ist (Bild S. 33). Dabei wurden nicht

allein Ringe aus Eisen gefertigt, sondern

auch solche aus Messing, die der gold-

glänzenden Verzierung der Säume dien-

ten.

In diesem Zusammenhang ist eine

Schriftquelle von 981 interessant. In ei-

nem Nachaufgebot zum Romzug Kaiser

Ottos II., dem sog. Indiculus loricato-

rum, wird der Nordgaugraf Heinrich/

Hezilo, dessen Hauptburg im 10. Jh.

wahrscheinlich die Burg Sulzbach war,

zur Nachstellung von 40 Panzerreitern

aufgefordert. Dies waren zum Teil dop-

pelt bis dreifach so viele, wie andere hier

genannte weltliche Herrschaftsträger zu

stellen hatten bzw. zu stellen imstande

waren. Demnach zeigt sich hier wo-

möglich nicht nur das politische, son-

dern auch das ökonomische Potential

der Nordgaugrafen, die durch den Zu-

griff auf die in ihrem Herrschaftsbereich

vorhandenen Rohstoffe und Spezialis-

ten auch direkt an der Produktion von

Waffen partizipierten und diese steuern

konnten. Die Herstellung von Rüstungs-

gütern im Oberpfälzer Montanrevier zur

karolingisch-ottonischen Zeit ist mit

den Befunden aus Sulzbach also bereits

nachgewiesen. Dass das im späten Mit-

telalter in Nürnberg und Lauf zu Waffen

verarbeitete Eisen aus Lagerstätten der

mittleren Oberpfalz kam, wird schon

lange nicht mehr in Zweifel gezogen. Im

frühen Mittelalter aber kam der Hand-

werker zum Rohstoff und nicht umge-

kehrt. Und noch lange Zeit später war

der Raum offenbar in die herrschaftli-

che Waffenproduktion eingebunden. Es

ist beispielsweise kaum bekannt, dass

Sulzbach noch unter Kaiser Karl IV. ein

wichtiger Lieferant von Rüstungsgütern

an die Krone war.

In diesen Kontext grundherrlicher Ei-

senverarbeitung gehört wahrscheinlich

auch die 4 km nordöstlich von Sulzbach

gelegene frühmittelalterliche Befesti-

gung auf dem Frohnberg an der Vils

(Bild S. 31). Magnetische Messungen

durch Jörg Faßbinder (2008) zeigen

vielfältige Anomolien auf der Hoch-

läche, die darauf hinweisen, dass der

Frohnberg möglicherweise Standort

spezialisierter Eisenverarbeitung war.

An den Hängen, in den Hanggräben und

auf der Hochläche inden sich zahlrei-

che Schlackeabfälle der Eisenerzverhüt-

tung und der Weiterver arbeitung von

Eisen. Die Nutzung einer großlächigen

Befestigung für Eisen verarbeitende Tä-

tigkeiten lässt auch hier an die Herstel-

lung von herrschaftsnahen Produkten

wie Waffen denken.

Auch die auf der frühmittelalterlichen

Burg Sulzbach nachgewiesene Tiegel-

metallurgie ist bezüglich der Entwick-

lung des Montanwesens von größerer

Bedeutung. Die Analytik im Tiegelver-

fahren geht nämlich weit über das reine

Gießen von Metall hinaus. Die Probier-

kunst im Tiegel bildete die Grundlage,

auf der ein Übergang der Nutzung rei-

cher Erze während der frühen Bergbau-

epochen zu den oft ärmeren Erzen des

späten Mittelalters gelang. In diesen Zu-

sammenhang gehört u.a. auch der Fund

eines kleinen Eisenbarrens, mit einem

Kohlenstoffgehalt von ca. 3,59 Gew.-%

(Bild S. 33, Nr. 10). Der Barren lässt sich

anhand seiner Fundlage in die Zeit um

1000 n. Chr. datieren und zählt somit

zu den ältesten bekannten europäischen

Gegenständen aus bewusst hergestell-

tem Gusseisen. Metallurgische Unter-

suchungen zeigen, dass das Eisen di-

rekt in eine Form gegossen wurde, das

Gussstück anschließend zurück in den

Ofen gestellt wurde und über einen län-

geren Zeitraum langsam abkühlte. Wir

fassen hier eine intensive Beschäftigung

mit den metallurgischen Eigenschaften

von Eisen und damit verbunden einen

beginnenden Technologiefortschritt.

Die Anwesenheit von Leuten, die es ver-

standen, komplizierte metallurgische

Prozesse nachzuvollziehen und anzu-

wenden, gibt daher eindeutige Hinwei-

se auf ein herrschaftlich strukturiertes

Montanwesen in der Oberpfalz lange

vor dessen erster Erwähnung. Hier zeigt

sich zudem, dass besonders für Aufga-

benbereiche, die ein hohes Fachwissen

erforderten, früh mit der Beteiligung

von »Experten« in rechtli cher Sonder-

stellung zu rechnen ist.

Kümmersbruck – ein Hot-spot frühmittelalterlicher Eisenproduktion

Ein beeindruckendes Bild von der

Leistungsfähigkeit des frühmittelalter-

lichen Montanwesens in der mittleren

Oberpfalz liefern jüngste Ausgrabungen

in Kümmersbruck an der Vils, ca. 5 km

Eisen

36 Bayerische Archäologie 2 / 2016

südöstlich von Amberg. 2014 konnten

beim Bau eines Supermarktes am Ostu-

fer der Vils Reste eines ursprüglich grö-

ßeren Verhüttungsplatzes untersucht

werden, zu dem u.a. Rennöfen und

Röstplätze sowie ein auffallend großes

Grubenhaus gehörten. Mehrere 14C-

Proben aus Holzkohlen weisen diesen

Verhüttungsplatz dem späten 7./frühen

8. Jh. zu. Nur etwa 500 m östlich dieses

Platzes wurde dann im Sommer 2015

am Bachweg ein Areal ausgegraben, auf

dem zur Karolingerzeit spezialisierte Ei-

senverarbeitung in fast »industriellem«

Maßstab betrieben wurde. Die Struk-

tur diese Platzes ist bislang in Europa

weitgehend einmalig und lässt sich nur

durch eine straffe grundherrschaftliche

Organisation erklären, deren Träger

beim karolingischen Königtum bzw.

dem mit ihm agierenden Nordgaugrafen

zu suchen sind.

Der wahrscheinlich mehr als 4000 qm

große Handwerksplatz lag nördlich des

Krummbachs, der 600 m westlich in die

Vils mündet. Das Bachbett verlief bis in

das 19. Jh. deutlich näher am archäolo-

gisch untersuchten Areal als heute. Ob-

wohl die Grenzen des handwerklich ge-

nutzten Bereichs nicht erfasst wurden,

belegen weit über 400 Befunde eine

dichte Bebauung des Geländes mit grö-

ßeren Pfostengebäuden, in denen sich

zahlreiche Schmiedeplätze und Ein-

bauten befanden. Auffallend ist, dass

sich trotz der hohen Befundichte kaum

Überschneidungen der Baustrukturen

feststellen ließen. Dies spricht für eine

vergleichsweise kurze, aber extrem in-

tensive Nutzung des Areals.

Die bislang untersuchten Esseplätze

belegen unterschiedliche Größen und

Konstruktionen der Schmiedeplätze.

Zum Teil waren sie erstaunlich groß,

so dass sich die Frage ergibt, was genau

für Chargen in diesen mächtigen Essen

verarbeitet wurden. Die Essen wurden

über einen, manchmal offenbar auch

über mehrere Blasebälge belüftet, deren

Standort sich in der Regel gut erkennen

ließ. Die Luft wurde dabei mit Hilfe von

Tondüsen in die zumeist länglich-ovalen

Essegruben eingeblasen. Eine Vielzahl

von Stakensetzungen in den Essegru-

ben und um sie herum deutet aufwendig

konstruierte Einbauten an, die zum ei-

nen die Feuerplatte trugen, über die aber

auch Luftzufuhr, Ableitung von Rauch-

gasen und Schutz gegen Funkenlug

bewerkstelligt werden konnten. In der

Verfüllung der Schmiedegruben fanden

sich häuig verglühte Steine, die einen

Aufbau oder eine steinerne Einfassung

andeuten. Da die Essen im Inneren der

Pfostengebäude standen, muss es eine

wirksame Art der Entlüftung und des

Feuerschutzes gegeben haben, zumal

sich nirgends nachweisen ließ, dass die

zugehörigen Gebäude niedergebrannt

wären. Die Befunde machen es zudem

wahrscheinlich, dass die Schmiede im

Stehen arbeiteten. Schon in karolingi-

scher Zeit hat es bereits Hochessen ge-

geben, die einen aufwendigen Überbau

besaßen, wie eine Abbildung aus dem

Utrechter Psalter der Zeit um 820 n.

Chr. zeigt.

Tausende Schlackebrocken und Holz-

kohlen aus nahezu allen Befundstruktu-

ren zeigen, mit welcher Dynamik hier ge-

arbeitet wurde. Bemerkenswert ist, dass

sich neben Schmiedeschlacken auch

Kümmersbruck, Bachweg: Li. o.

schmal-längliche Essegrube des 9. Jhs.

mit Steinversturz in der Verfüllung;

links ist der Standort des Blasebalgs zu

erkennen. Im Bild ganz u. große, rund-

liche Essegrube des 9. Jhs. mit zahlrei-

chen Stakensetzungen und Pfostengru-

ben der Blasebalg konstruktion. M.:

Darstellung einer Schmiedeesse (Hoch-

esse) mit dachartigem Überbau im

Utrechter Psalter, um 820, fol. 20.

37Bayerische Archäologie 2 / 2016

eine sehr hohe Zahl an Verhüttungs-

schlacken fand, obwohl auf dem Gelän-

de kein Verhüttungsofen nachgewiesen

werden konnte. Dies zeigt, dass Verhüt-

tungtätigkeiten großen Maßstabs in un-

mittelbarer Nähe des untersuchten Are-

als stattfanden. Hierfür sprechen auch

große Mengen an geröstetem und klein-

gepochtem Eisenerz. Den Verhüttungs-

schlacken könnte als Retourschlacken

zudem eine Funktion als Flussmittel

innerhalb des Verarbeitungsprozesses

zugekommen sein. Eine solche Deutung

gewinnt an Wahrscheinlickeit, wenn

man sich die aus dem Fundmaterial er-

sichtliche Produktpalette der Kümmers-

brucker Schmiede ansieht. Obwohl das

Gelände nach Aufgabe der Produktion

offenbar planmäßig geräumt und sämt-

liches wiederverwendbares Material

inklusive des Bauholzes mitgenommen

wurde, fanden sich genügend Funde,

die einen Einblick in die Produktpalette

ermöglichen. Demnach wurden neben

Geschosseisen, Schlüsseln und Schlös-

sern auch Klingen unterschiedlicher Art

hergestellt, wie zahlreiche Messer, eine

Handsichel sowie das Bruchstück eines

schweren Langsaxes zu belegen schei-

nen. Die Herstellung bzw. Endfertigung

von Klingen ist zudem durch einige als

Gesenke verwendete Steine im Fundgut

zu belegen.

Bei der Herstellung von Klingen wurde

in der Regel die Technik des Feuerver-

schweißens angewandt, bei der Stahl-

bahnen, oftmals unterschiedlicher Här-

te, bei großer Hitze und hohem Druck

unter Zuhilfenahme von Flussmitteln

miteinander verschweißt wurden. Wäh-

rend die zahlreichen 14C-Daten in den

Zeitraum vom ausgehenden 8. bis spä-

ten 9. Jh. gehören, belegt ein von F.

Herzig (BLfD) dendrochronlogisch auf

das Jahr 886 n. Chr. datiertes Stück

Buchenholzkohle das Ende der Produk-

tion am Bachweg in Kümmersbruck zur

Regierungszeit Kaiser Karls III. Nach

ersten Untersuchungen an Holzkohlen

erscheint es denkbar, dass der Grund

hiefür in einer weitgehenden Erschöp-

fung der Holzressourcen in der Umge-

bung lag.

Mulagir – ein sagenhaftes Schwert aus Regensburg

Vielleicht steckt in der Überlieferung

des um 1100 aufgeschriebenen Rolands-

lieds, dem berühmten Heldenepos über

Hruotland, Markgraf der bretonischen

Mark, der 778 auf einem Kriegszug Karls

des Großen von den Basken erschlagen

wurde, somit ein wahrer Hinweis auf

das Potential der karolinigischen Ei-

senproduktion in der Oberpfalz. Hier

wird nämlich erzählt, dass Mulagir, das

Schwert von Rolands Stiefvater Genelun,

das »beste Schwert, das im ganzen Fran-

kenreich von keinem zweiten übertrof-

fen wurde«, in Regensburg geschmiedet

worden sei. Welch qualitätvolle Waffen

die karolingische Elite im Nordgau mit

sich führte, zeigt uns auch eine bislang

wenig beachtete Prunklügellanzenspit-

ze der Zeit um 800 vom Schlüpfelberg

in der westlichen Oberpfalz (Bild re.).

Mit ihren silber- und kupfertauschier-

ten, sowie feuervergoldeten Einlagen ist

sie bislang einmalig und gehört zu den

qualitätvollsten Waffen dieser Art, die

wir kennen.

Die Bedeutung des Montanwesens

für die mittelalterliche Geschichte der

Oberpfalz zeichnet sich also deutlich

ab. Ein genaues Verständnis montan-

geschichtlicher Abläufe ist für die In-

terpretation der Siedlungs- und Herr-

schaftsgeschichte des nordöstlichen

Bayerns unerlässlich. Die Archäologie

ist in der Lage, das Bild dieser komple-

xen und wichtigen Abläufe nachzuzeich-

nen und ganz neue Ergebnisse in der

Beurteilung historischer Vorgänge der

Region nördlich der Donau zu liefern.

Dr. Mathias Hensch, Mittelalter-

archäologe, beschäftigt sich seit

vielen Jahren intensiv mit der früh-

und hochmittelalterlichen Siedlungs-,

Herrschafts- und Wirtschafts-

geschichte der Oberpfalz.

Lit.: M. Hensch, Montanarchäologie in der Oberpfalz – von der Forschung vergessen? In: Ber. zur bayer. Bodendenkmalplege 43/44, 2002/3, München 2005, 273–288M. Hensch, Territory, Power and Settle-ment – Observations on the Origins of Settlement Around the Early Medieval Power Sites of Lauterhofen and Sulzbach in the Upper Palatinate. In: Jiří Macháček, Šimon Ungerman (Hrsg.), Praktische Funktion, gesellschaftliche Bedeutung und symbolischer Sinn der frühgeschichtlichen Zentralorte in Mitteleuropa, Studien zur Archäologie Europas, Bonn 2011, 421–458M. Hensch, Zur Struktur herrschaftlicher Kernräume zwischen Regensburg und Forchheim in karolingischer, ottonischer und frühsalischer Zeit. In: P. Ettel, L. Werther (Hrsg.), Zentrale Orte und zentra-le Räume des Frühmittelalters in Süd-deutschland. RGZM Tagungen 18, Mainz 2013, S. 267–308A. Berg, Untersuchungen zum mittelal-terlichen Handwerk in Regensburg (in Vorbereitung)

Prunkflügellanzenspitze der Zeit um

800 vom Schlüpfelberg bei Mühlhau-

sen, Lkr. Neumarkt i.d.Opf.