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Römische Großbronzen am UNESCO-Welterbe Limes

Antikes Know-How und moderne Technik

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Römische Großbronzen am

UNESCO-Welterbe Limes

Begleitbuch zur Ausstellung „Gebrochener Glanz. Römische Großbronzen am UNESCO-Welterbe Limes“

LVR-LandesMuseum Bonn vom 20. März bis 20. Juli 2014

Limesmuseum Aalen vom 16. August 2014 bis 22. Februar 2015

Museum Het Valkhof Nijmegen vom 21. März bis 21. Juni 2015

Eine Veröffentlichung des Landschaftsverbandes Rheinland/LVR-LandesMuseum Bonn, des Archäologischen Landes-

museums Baden-Württemberg und des Museum Het Valkhof Nijmegen

Gebrochener Glanz

Römische Großbronzen am UNESCO-Welterbe Limes

Eine Ausstellung des LVR-LandesMuseums Bonn, des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg und

des Museum Het Valkhof Nijmegen

in Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt a. M.

gefördert durch die VolkswagenStiftung

9Inhalt

Inhalt

Grusswort

Inhalt

Vorwort Gabriele Uelsberg, Jörg Heiligmann,

Marijke Brouwer

Römische Großbronzen am UNESCO-Welterbe Limes Martin Kemkes

Römische Großbronzen in Italien Andrea Salcuni

Stadt – Status – Statue Bronzestatuen in zivilen Kontexten

Susanne Willer

Die Bronzestatue aus Waldgirmes Gabriele Rasbach

Ein (?) zerschlagenes Reiterstandbild aus Kempten Sascha Heckmann

Statuenfragmente aus Augst Beat Rütti

Der bronzene Pferdekopf aus AugsburgManfred Hahn

Großbronzen von Aventicum (Avenches)Marie-France Meylan Krause

Das vergoldete Gewandfragment aus Tongeren Claudia Sarge und Igor Van den Vonder

Ein außergewöhnlicher Hortfund aus Maastricht Titus A. S. M. Panhuysen

Ars vivendiDer Ausstattungsluxus römischer Villen und StadthäuserUlrike Theisen

Der Xantener Knabe Hans-Joachim Schalles

Der Faustkämpferarm von Blicquy Claudia Sarge

Pantheon trifft Provinz Bronzene Götterbilder in Tempeln und HeiligtümernLouis Swinkels

Die sog. Rosmerta Ellen Riemer

Die Große Mainzer Jupitersäule Ellen Riemer

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10 Inhalt

Die zwei Tempel in Ulpia Noviomagus/Nijmegen Elly N.A. Heirbaut und Harry van Enckevort

Das Heiligtum der Vagdavercustis auf dem Kalkarberg bei Kalkar, Kr. Kleve Steve Bödecker und Claudia Sarge

Das Fragment einer Panzerstatue vom Kasbruch bei Neunkirchen Claudia Sarge

Die goldene Monumentalhand aus Bregenz Gerhard Grabher

Ein rätselhaftes Bronzerelief aus Mittelstrimmig Axel von Berg und Manuela Mirschenz

Der Tempelbezirk von Tawern Sabine Faust

Zu Ehren des Kaiserhauses Bronzebildnisse in militärischen Kontexten

Martin Kemkes

Naaldwijk Jasper de Bruin

Porträtkopf in Nijmegen Hans-Joachim Schalles

Monumentale Statuen aus Bonn Jennifer Morscheiser und Claudia Sarge

Gordian III. Susanne Willer

Kaiserstatuen als Metallschrott im Kastell Aalen Martin Kemkes

Die Panzerstatue vom Limestor bei Dalkingen Sascha Heckmann

Die Adlerkopfschwerter von Weißenburg Sascha Heckmann

Ein Beinfragment aus dem römischen Auxiliarkastell von Lussonium Fazekas Ferenc, Antal Szabó,

Zsuzsanna Váradyné Péterfi und Zsolt Visy

Zwischen Ruhm und Recycling Ursachen der Zerstörung römischer

Bronzestatuen am Limes

Manuela Mirschenz

Kopf des Kaisers Severus Alexander Cornelia Weber-Lehmann

Der bronzene Hortfund vom Hessenberg in Nijmegen Christel Veen

Aus einer Statue wird Falschgeld Claudia Klages

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11Inhalt

Münz-, Schmuck- und Bronzehorte von Frankfurt-Niedereschbach Dirk Bettge, Peter Fasold, Andrea Hampel,

Reinhard Stupperich, Angelika Ulbrich und

David Wigg-Wolf

Vergrabene Statuenteile aus Groß-Gerau, „Auf Esch“ Carsten Wenzel

Hightech trifft Antike

Römischen Bronzegießern auf der Spur

Frank Willer und Ronny Meijers

Metallkundliche Untersuchungen an den Großbronzen vom Limes Roland Schwab und Frank Willer

Bronzen im Magnetfeld Das Wirbelstromverfahren

Frank Willer

Antikes Know-how und moderne TechnikBleihaltige Limesbronzen im Vergleich

mit heutigen Gusswerkstoffen

Hans-Achim Kuhn und Frank Willer

3D-Scanning Olivia J. M. Straub

Die Computertomographie Dietmar Meinel und Frank Willer

Durchleuchtet Röntgenuntersuchungen an den Großbronzen

Holger Becker und Frank Willer

Ungesehenes sichtbar machen Die HDR-Mikroskopie

Frank Willer

Gusssimulation des Gordiankopfes Andreas Bührig-Polaczek und Monika Wirth

Experimenteller Nachguss des Gordiankopfes in Blei-Zinn-Bronze Rainer Ellerbrok

Über die Herkunft des Bleis Roland Schwab und Frank Willer

Dünnschliffuntersuchungen an Gusskernenaus römischen Großbronzen Gerwulf Schneider und Frank Willer

Gold – Ein unvergängliches Material Vergoldungstechniken an Bronzestatuen

Kati Bott und Frank Willer

Recycling − ein alter Hut Frank Willer

Rom oder Provinz? Werkstattfragen Frank Willer

Leihgeber und Kooperationspartner

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185Römischen Bronzegießern auf der Spur

1a Mikroskopaufnahme bei 100facher Vergrößerung, dunkel korrodierte Zinnseigerungsschicht an einem Fragment aus dem Bonner Lager Fund Nr. (OV10/002 Stelle 4-12).b Anschliffprobe desselben Fragments, Probennummer (GBL540), mit einer 0,4−0,6 mm starken dunklen Zinnseigerungs-schicht an der Oberfläche.

Am Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie in

Mannheim sind die chemischen Analysen der Material-

proben von über 500 Statuenfragmente durchge-

führt worden. Dort wurden die Legierungen bestimmt.

Sie ergaben, dass für die Herstellung der Statuen im

Limesgebiet vor allem bleihaltige Zinnbronzen mit

Zinngehalten zwischen 5 und 10 Gewichtsprozenten

bei Bleigehalten von 10−30 % Verwendung fanden.

Um Fragen zu den Materialeigenschaften dieser Bron-

zen nachzugehen, wurden die gewonnenen Daten

mit denen moderner Werkstoffe verglichen. Bron-

zen mit vergleichbarer chemischer Zusammensetzung

Antikes Know-how und moderne Technik Bleihaltige Limesbronzen im Vergleich mit heutigen Gusswerkstoffen

Hans-Achim Kuhn und Frank Willer

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zinnreiche Phase

Blei

186 Römischen Bronzegießern auf der Spur

bewähren sich heute noch, z. B. in Werkzeugmaschi-

nen, Pumpen und Druckmaschinen. Aus den Kennt-

nissen über die Materialeigenschaften dieser moder-

nen Werkstoffe lassen sich Rückschlüsse auf die Antike

ziehen.

Schon seit vielen Jahren arbeitet das LVR-Lan-

desMuseum Bonn mit dem Zentrallabor der Wieland-

Werke AG, einem der weltweit führenden Unterneh-

men für kupferbasierte Werkstoffe, erfolgreich bei der

Untersuchung antiker Kupferwerkstoffe unter Berück-

sichtigung antiker Verfahren zusammen. Dort wurden

die Legierungen der Nachgüsse getestet und im Rah-

men des Forschungsprojektes Fragmente von Groß-

bronzen aus dem Kastell von Koblenz-Niederberg und

dem Legionslager von Bonn näher untersucht. In der

werkseigenen Versuchsgießerei wurden gemäß der

antiken Legierungszusammensetzung und des Metall-

gefüges 5,5 mm dicke Flachgüsse – entsprechend der

durchschnittlichen Wandstärke der untersuchten Sta-

tuen − nachgegossen. Auch die Bronzegießerei Sander,

Bonn, und das LVR-LandesMuseum führten Gießversu-

che durch, bei denen mit den Statuen vergleichbare

Platten mit Wandstärken zwischen 3,5 mm und 11 mm

hergestellt wurden. Neben Güssen bei verschiedenen

Formtemperaturen wurde auch der Einfluss des Bleis

überprüft.

Die recht aufwändigen Versuche und nachfol-

genden Werkstoffanalysen ergaben, dass moderne,

genormte Legierungen für Lagerwerkstoffe mit denen

der römischen Bleibronzen zwar vergleichbar sind, es

jedoch durchaus Unterschiede in den Gießeigenschaf-

ten gibt, die aufgrund fehlender moderner Zuschläge

sowie in dem antiken Gießverfahren begründet sind.

So werden moderne bleifreie Zinnbronzen wegen

der besseren Gießbarkeit in Induktionsöfen erschmol-

zen und mit Phosphor legiert. Dadurch wird die

Schmelze dünnflüssiger. Die römischen Gießer muss-

ten mit einfachen Erdöfen und Blasebälgen auskom-

men und kannten diese Wirkung des Phosphors nicht,

wohl aber hatten sie schnell die Erfahrung gesammelt,

dass durch die Zugabe von Blei die ansonsten zähe

Literatur:

M. Schmauder/F. Willer, Ein spätantiker Schlossbeschlag im

Römisch-Germanischen Museum Köln, mit einem Beitrag von

A. Kuhn/F. Willer zur Herstellung und Eigenschaft der Legie-

rung CuZn22Sn3Fe0,4.

Kupfer-Zinn-Schmelze dünnflüssiger wird und zudem

erst später völlig durchstarrt. Dies war für die Fül-

lung großer Gussformen eine wesentliche Vorausset-

zung. Zudem sorgte das Blei für eine bessere mecha-

nische Bearbeitung nach dem Guss. Und nicht zuletzt

trug wohl auch der günstigere Metallwert dazu bei,

dass römische Gießereien Statuen mit deutlichem Blei-

zuschlag gegossen haben.

Es ist erstaunlich, dass der Einfluss der Erstarrungs-

geschwindigkeit auf die Verteilung des Bleis und der

übrigen Legierungsbestandteile mit denen der römi-

schen „Bleibronzen“ auch ohne moderne Zuschläge

und unter Berücksichtigung des antiken Verfahrens

durchaus vergleichbar ist. Mit den üblichen lichtmikros-

kopischen Vergrößerungen ist eine Unterscheidung der

Mikrostruktur römischer Bleibronzen von den Gefügen

heutiger kommerziell verfügbarer Werkstoffe nicht

ohne weiteres möglich − dazu sind sich die Legierun-

gen der Antike und der Moderne zu ähnlich.

Mikroskopische Aufnahmen der Anschliffproben

ließen im Gussgefüge Bleitropfen und eine Anreiche-

rung von Zinn an der Oberfläche der Bronze erkennen.

Solche sog. Seigerungen sind auch für moderne Bron-

zen mit Zinngehalten größer als 6 Gewichtsprozenten

typisch. Sie entstehen schon beim Guss, können aber,

wie Versuche ergaben, auch nachträglich durch Erhit-

zen (Tempern) der Bronze erreicht werden. Das Ergeb-

nis ist eine silbrige Oberfläche, die sich durch Korrosi-

onseinflüsse in einen schwarzen Farbton verändert. Es

ist also nicht auszuschließen, dass man neben der Ver-

goldung noch weitere farbgebende Verfahren ein-

setzte, um die Oberfläche von Bronzestatuen in der Flä-

che farblich zu gestalten.